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FSP München - Amboss

Bronchialkarzinom ......................................................................................................................... 2
Symptomatische Cholezystolithiasis .............................................................................................. 4
Kolonkarzinom ............................................................................................................................. 17
Ösophaguskarzinom .................................................................................................................... 20
Zenker-Divertikel.......................................................................................................................... 23
Ulcus ventriculi............................................................................................................................. 24
GERD (Gastroösophageale Refluxkrankheit) ............................................................................... 27
Urolithiasis ................................................................................................................................... 29
Herzinfarkt ................................................................................................................................... 35
Herzinsuffizienz ............................................................................................................................ 42
Hyperthyreose.............................................................................................................................. 48
Hypothyreose ............................................................................................................................... 53
Infektiöse Mononukleose (Pfeiffersches Drüsenfieber) ................................................................ 55
Morbus Hodgkin (Hodgkin-Lymphom) ......................................................................................... 58
Akute Leukämien ......................................................................................................................... 62
Epilepsie ....................................................................................................................................... 67
Migräne ....................................................................................................................................... 71
Diskusprolaps ………………………………………………………………………………………80
Phlebothrombose (Tiefe Beinvenenthrombose) ........................................................................... 84
Ulcus cruris venosum ................................................................................................................... 88
Inliner-Unfall ................................................................................................................................ 90
Motorradunfall ............................................................................................................................ 92
Fahrradumfall (distale Raduisfraktur) ......................................................................................... 94
Fahrradunfall – Polytrauma ......................................................................................................... 95
Morbus Crohn (Enterocolitis regionalis) ....................................................................................... 96
Colitis ulcerosa ............................................................................................................................103
Clostridium-difficile-Infektion (Antibiotika-assoziierte Kolitis) ...................................................109
Diarrhö ........................................................................................................................................112
Asthma bronchiale ......................................................................................................................120
Patellarfraktur ............................................................................................................................146
Pneumonie ..................................................................................................................................147
Sinusitis (Nasennebenhöhlenentzündung) .................................................................................161
Synkope.......................................................................................................................................165
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pAVK……………………………………………………………………………………………176
Sprunggelenksfraktur ………………………………………………………………………………….186

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Bronchialkarzinom
Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose?
Bronchialkarzinom, da das Röntgenbild eine einsei- tige (rechtsseitige) Hilusverbreiterung (Tumor, evtl.
auch zusätzlich Lymphknotenpaket) und Verschat- tungen im rechten oberen Mediastinum (vergrößer- te
Lymphknoten) zeigt (Abb. 75.2). Die vom rechten Hilus nach peripher reichende strei ge Verdichtung
spricht für eine partielle Belüftungsstörung (Dys- telektase) des rechten Oberlappens. Husten, Aus- wurf und
Gewichtsabnahme sind häu ge unspezi - sche Symptome eines Bronchialkarzinoms.

Welche diagnostischen Maßnahmen schla gen Sie vor? Begründen Sie Ihren Vorschlag!
▪CT des Thorax zur Darstellung von Morphologie und Ausdehnung des Primärtumors und zur Su- che nach
Metastasen. Bei peripheren Herden evtl. CT-gesteuerte Punktion und Biopsie zur Diagno- sesicherung.
▪Bronchoskopie: Ziele sind eine Biopsie der Raum- forderung zur Diagnosesicherung – falls möglich – und
die Suche nach endoluminalem Tumorwachs- tum. Ggf. kann ergänzend ein endobronchialer Ultraschall
(EBUS) durchgeführt werden.
▪bei Nachweis vergrößerter Lymphknoten im Rönt- genbild: Endosonogra e oder Mediastinoskopie bzw.
Thorakoskopie mit dem Ziel einer Biopsie – falls eine Biopsie mit o. g. Methoden nicht möglich oder das
Ergebnis unklar ist.
▪Abdomensonogra e, evtl. ergänzend Abdomen- CT, zur Suche nach Metastasen (Staging)
▪Skelettszintigra e (bei gesicherter Diagnose) zur Suche nach Metastasen (Staging)
▪CT des Schädels (bei gesicherter Diagnose) zur Suche nach Metastasen (Staging)
▪Bestimmung der Tumormarker NSE, SCC, CYFRA, CEA (bei gesicherter Diagnose), um einen
Ausgangsbefund vor Einleitung der Therapie zu erhalten (kein Suchtest!)
▪Lungenfunktionsanalyse und Blutgasanalyse, als Ausgangsbefund der Lungenfunktion vor Ein- leitung
einer Therapie.
▪PET-CT zum Staging (sensitivste Methode zum Nachweis von Metastasen)

Welche histologischen Typen der vermuteten Erkrankung kennen Sie und wie sind diese prog nostisch zu
bewerten?
▪kleinzelliges Bronchialkarzinom: frühzeitige Metastasierung und schnelles Wachstum, daher schlechte
Prognose
nicht kleinzelliges Bronchialkarzinom (Adeno- karzinom, Plattenepithelkarzinom, großzelliges
Karzinom): Diese Tumortypen metastasieren nicht so frühzeitig wie das kleinzellige Bronchi- alkarzinom,
daher ist bei regional begrenztem Tumor evtl. ein kurativer Therapieansatz möglich (somit insgesamt bessere
Prognose!).

Das Bronchialkarzinom ist ein hochmaligner Tumor, der sich vom Epithel der Bronchialwand herleitet. Es
ist das häu gste Malignom des Mannes (Männer sind 10-mal häu ger betro en als Frauen, jedoch steigt die
Inzidenz bei Frauen). Der Altersgipfel liegt zwischen dem 55. und 65. Lebensjahr.
Ätiologie: Die wichtigste Ursache sind inhalierte Karzinogene, insbesondere die beim Zigarettenrau- chen
inhalierten Verbrennungsprodukte. Ein wei- teres Karzinogen ist Asbest. Die Latenzzeit bis zum Auftreten
des Karzinoms beträgt ca. 15–30 Jahre.
Einteilung: Nach der Lokalisation unterscheidet man zentrale (häu gste Form, s. beschriebener Pa- tient)
und periphere Bronchialkarzinome (Sonder- form: Pancoast-Tumor = in der Lungenspitze lokali- siertes
Bronchialkarzinom). Zur Einteilung nach dem histologischen Typ s. Frage 75.3. Zur Stadieneintei- lung s.
u.
Klinik: Im Frühstadium sind – insbesondere pe- riphere – Bronchialkarzinome meist asymptoma- tisch. In
späteren Stadien äußern sie sich meist durch unspezi sche Symptome wie Husten, Aus- wurf,
Gewichtsabnahme, Abgeschlagenheit. Even- tuell treten Hämoptysen auf, bei Verschluss eines Bronchus
durch das Karzinom Atelektase und Pneu- monie. Ein Pancoast-Tumor kann durch In ltration des
Grenzstrangs ein Horner-Syndrom hervorru- fen. Bronchialkarzinomzellen sezernieren häu g Hormone, z. B.
ACTH oder PTHrP, ein Parathormon- ähnliches Peptid (s. Fall 7; paraneoplastisches Syn- drom).
Leitsymptome des Bronchialkarzinoms sind Hämoptysen, Gewichtsverlust, Schwäche und Dys- pnoe.
Diagnostik: s. Frage 75.2. Bei V.a. Bronchialkarzi- nom fertigt man Röntgenaufnahmen des Thorax in 2
Ebenen an. Eine ausgedehnte pulmonale Raum- forderung wie in Abb. 75.2 bedarf, da fast jede 2.

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pulmonale Raumforderung auf ein Malignom (Pri- märtumor oder Metastase) zurückgeführt werden kann,
einer de nitiven Abklärung. Bei einer Größe der Raumforderung wie in Abb. 75.2 und beim Vor- liegen von
Risikofaktoren (Rauchen) und den o.g. Symptomen ist der Röntgenbefund bis zum Beweis des Gegenteils
als Malignom anzusehen.
Die weiterführende Diagnostik dient der Siche- rung der Diagnose und der Festlegung des Tumor-
ausbreitungsstadiums. Eine Diagnosesicherung ist nur durch Biopsie der Raumforderung möglich. Große,
zentral gelegene Tumoren sind oft broncho- skopisch erreichbar, entweder durch transbronchi- ale Biopsie
(unter Röntgen-Durchleuchtung) oder – bei Tumoreinbruch in das Bronchialsystem – direkt. Periphere
Raumforderungen können von extern punktiert werden, z.B. CT-gesteuert. Gelingt eine histologische
Sicherung unter Anwendung dieser Methoden nicht, sollte eine Probethorakotomie zur histologischen
Sicherung angestrebt werden. Zu den Alternativen bei Nachweis von Lymphknotenvergrö- ßerungen im
Röntgenbild s. Frage 75.2. Tumormarker sind zum Zeitpunkt der Diagnosestellung nur bei 50% der
Bronchialkarzinome erhöht und somit zur Diagnosesicherung nicht geeignet.
Ist ein maligner Lungentumor histologisch ge- sichert, muss unter Anwendung der in Frage 75.2 genannten
Untersuchungen die Ausbreitung des Tumors festgelegt werden (Staging). Häu gste Me- tastasierungsorte
sind Lymphknoten, Leber, Gehirn, Nebennieren, Lunge (kontralateral zum Primarius) und Skelett.
Stadieneinteilung: Für das Staging des Bronchial- karzinoms wird heute die UICC-Klassi kation (2010)
eingesetzt (Tab. 75.1).
Therapie: Sie erfolgt in Abhängigkeit vom histolo- gischen Typ, von Größe und Lage des Primärtumors
sowie dem Vorhandensein und der Lokalisation von Metastasen. Operation, Chemotherapie und Radiatio
stehen zur Verfügung. Unter Berücksichtigung des bei Diagnosestellung oft bereits fortgeschrittenen
Tumorstadiums ist der Therapieansatz meist palli- ativ. Ein kurativer Therapieansatz mit Lobektomie wird in
der Regel nur bei lokalisierten nicht kleinzel- ligen Bronchialkarzinomen gewählt.
Nachsorge: Nachsorgeuntersuchungen sollten ab- hängig vom therapeutischen Vorgehen mindestens
halbjährlich erfolgen. Dabei sollten eine Röntgenauf- nahme des Thorax oder, bei besonderen Fragestel-
lungen, eine CT durchgeführt werden. Die Indikati- on zur Bestimmung von Tumormarkern (NSE, SCC,
CYFRA, CEA) ergibt sich bei präoperativ erhöhten Werten.
Prognose: Sie hängt vom klinischen Tumorstadium und dem histologischen Typ ab. Bei lokalisierten Tu-
moren, die mit kurativem Ansatz operiert werden können (ca. 10 % der Patienten), beträgt die 5-Jahres-
Überlebensrate über 60%. Nicht kurativ operable Patienten haben eine deutlich schlechtere Prognose (die 5-
Jahres-Überlebensrate im Stadium IV ist 1 %).

welche anderen diagnostischen Maßnahmen brauchen wir


welche D. D
warum kann es keine Pneumonie sein (kein Fieber, keine Erkältung und kein Eitersputum
welche Blutlaborwerte sollte wir beachten für die KM (ich habe Kreatinin gesagt)
warum Kreatinin
was sollten wir noch beachten
was enthält das KM und was soll deshalb noch beachtet werden
wo genau im Körper das Jod verarbeitet wird
wann dürfen wir kein KM geben und habe gesagt bei Überfunktion

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Symptomatische Cholezystolithiasis
Cholelithiasis, Cholezystitis und Cholangitis
Abstract
Die Cholelithiasis beschreibt das Vorhandensein von Steinen in Gallenblase oder Gallenwegen.
Die Prävalenz liegt bei Erwachsenen in Deutschland bei etwa 15–20%, Frauen sind häufiger betroffen. Ca.
75% aller Betroffenen bleiben symptomlos und i.d.R. ohne Behandlungsbedarf. Wenn sich Koliken oder
rezidivierende rechtsseitige Oberbauchbeschwerden zeigen, besteht eine (relative) Indikation für
die Cholezystektomie, da einmal symptomatisch gewordene Patienten in der Folgezeit ein höheres
Komplikationsrisiko aufweisen.

Die häufigsten Komplikationen der Cholezystolithiasis sind die Cholezystitis und, bei Steinabgang in
die Gallenwege, die Choledocholithiasis. Die akute Cholezystitis erfordert neben einer antibiotischen
Therapie die Durchführung einer Cholezystektomie binnen 24 Stunden. Bei einer Choledocholithiasis liegt
infolge einer Obstruktion und Stase begleitend fast immer eine eitrige Cholangitis vor, sodass neben einer
Steinextraktion und Restitution des Galleflusses per ERCP eine antibiotische Therapie erforderlich ist. Als
weitere schwere Komplikation der Choledocholithiasis kann eine biliäre Pankreatitis auftreten.
Definition
• Cholelithiasis = Gallensteine (unabhängig von der Lokalisation)
• Cholezystolithiasis = Steine in der Gallenblase
• Choledocholithiasis = Steine im Ductus choledochus
• Cholezystitis = Entzündung der Gallenblase
• Cholangitis = Entzündung der Gallenwege

Epidemiologie
• Cholelithiasis
• Prävalenz: Etwa 15–20% in der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland
• Geschlecht: ♀ > ♂ (2:1)
• Cholezystektomie
• Prävalenz: Ca. 200.000 Cholezystektomien pro Jahr in Deutschland
Ein Fünftel der erwachsenen Deutschen hat eine Cholelithiasis – ein Fünftel dieser Gallensteinträger werden
im Laufe des Lebens symptomatisch oder erleiden eine Komplikation!
Ätiologie
Cholelithiasis und Pathogenese von Gallensteinen
• Lösungsungleichgewicht der in der Gallenflüssigkeit enthaltenen Substanzen
• Steinbildend: Cholesterin, Calciumcarbonat, Bilirubin
• Lösend: Gallensäuren, Lecithin
• Steinarten und -häufigkeiten
• Cholesterinsteine und gemischte Steine (80%), hoher Cholesterinanteil, weich
• Bilirubinstein (10%), sehr hart
• Calciumcarbonatstein (10%)
• Risikofaktoren
• 6 x F-Regel
• Fat (Adipositas)
• Female (weiblich)
• Fertile (Fruchtbarkeit, Schwangerschaft)
• Forty (Alter >40 Jahre)
• Fair (hellhäutig)
• Family (Familienanamnese, genetische Prädisposition)
• Grunderkrankungen mit vermehrter Gallensteinbildung
• Gestörter enterohepatischer Kreislauf
• Gallensäureverlust-Syndrom z.B. bei Morbus Crohn oder nach Resektionen
des terminalen Ileums
• Fasten, schnelle Gewichtsabnahme bzw. parenterale Ernährung
• Hämolytische Anämien Durch vermehrten Anfall von Bilirubin, bspw.
bei Sichelzellanämie, Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase-Mangel.

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• Hyperparathyreoidismus
• LPAC-Syndrom („Low phospholipid associated cholelithiasis“)
• Caroli-Syndrom
• Morbus Meulengracht
• Zystische Fibrose
• Myotone Dystrophie
Cholezystitis
• Bakterielle Entzündung (E. coli, Klebsiella, Enterobacter, Anaerobier)
• Akute kalkulöse Cholezystitis: 90% durch Steinbildung mit Stase, Obstruktion und/oder
Mikrotraumen der Gallenblasenwand
• Akalkulöse Cholezystitis (Stressgallenblase): Bei schwerer Krankheit, Operationen und
Traumata
• Chronische Cholezystitis: Folgezustand von (wiederholten) akuten Cholezystitiden, die
unter konservativer Therapie, bzw. spontan, narbig verheilen
• Extremformen: Schrumpfgallenblase (narbig atrophiert)
und Porzellangallenblase (narbig verkalkt)
Cholangitis
• Aszendierende bakterielle Infektion: Durch aufsteigende Bakterien aus dem Duodenum,
begünstigt durch Steine und/oder Strikturen
• Risikofaktoren
• Obstruktionen, Strikturen, Stenosen (z.B. tumorbedingt) und/oder sonstige anatomische
Prädispositionen
• Endoskopische Interventionen (ERCP) und/oder Fremdmaterialien
am Gallengang (ERCP mit Stenteinlage)
• Resektionen an den Gallenwegen und Hepatikojejunostomien (häufig rezidivierende
Episoden einer Cholangitis)
Symptome/Klinik
Symptomatische Cholezystolithiasis
Kein einzelnes Symptom ist alleine spezifisch genug, um die Art des Gallensteinleidens definitiv zu
bestimmen. Geleitet von Wahrscheinlichkeiten und der Zusammenschau mit bildgebenden und
labormedizinischen Befunden sind Symptomatik und Verlauf jedoch für jede Therapieentscheidung relevant.
• Allgemeinsymptome
• Übelkeit, Erbrechen
• Völlegefühl, Blähungen
• Oberbauchschmerz: Rechtsseitig und/oder im Epigastrium
• Gallenkolik: Starke, kolikartige Schmerzen im rechten Oberbauch, ggf. Ausstrahlung in
Epigastrium und Rücken
• Schmerzprojektion: Rechte Schulterregion (Head-Zonen)
• Triggerfaktoren
• Reizmahlzeit: Oft nach fettreichen Mahlzeiten
• Nächtliches Auftreten bei erhöhtem Vagotonus
Maximal 25% der Patienten mit einer Cholezystolithiasis entwickeln eine klinische Symptomatik bzw.
Komplikationen!
Gallenkoliken mit einer Dauer von >5 Stunden sprechen für ein kompliziertes Gallensteinleiden!
Die Hälfte aller symptomatischen Patienten entwickelt binnen eines Jahres nach der ersten Gallenkolik
ein Rezidiv oder eine Komplikation!
Zusätzliche Zeichen bei Cholezystitis
• Tendenziell eher Dauer- und Druckschmerz, Koliken möglich
• Murphy-Zeichen bzw. akutes Abdomen
• Fieber und weitere Symptome einer Sepsis
Große Konkremente begünstigen eher eine Cholezystitis, kleinere Konkremente verursachen hingegen eher
eine Choledocholithiasis und/oder Pankreatitis!
Zusätzliche Zeichen bei Choledocholithiasis
• Schmerzen tendenziell stark und kolikartig; Druckschmerz eher diffus und schwierig punktuell zu
lokalisieren
• Ggf. gürtelförmige Ausstrahlung als Hinweis auf eine biliäre Pankreatitis

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• Ikterus bei extrahepatischer Cholestase
• Heller Stuhl, dunkler („rostroter“) Urin
• Pruritus bei längerem Bestehen
Eine Choledocholithiasis und eine Cholangitis liegen häufig gemeinsam vor!
Zusätzliche Zeichen bei Cholangitis
• Charcot-Trias II : Es gibt auch eine Charcot-Trias (I) bei Multipler Sklerose mit
Kleinhirnbeteiligung – hier kommt es dann aber zu einem Intentionstremor, Nystagmus und
skandierender Sprache.
• Rechtsseitiger Oberbauchschmerz
• Ikterus
• (Hohes) Fieber
• Biliäre Sepsis: Häufig starke Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes, ggf. klinische Zeichen
der Sepsis (qSOFA)
Die voll ausgeprägte Charcot-Trias zeigt sich höchstens bei einem Drittel der Patienten –
durch Sonographie und Laborwerte kann die diagnostische Sicherheit erheblich gesteigert werden!
Verlaufs- und Sonderformen
Gallenblasenhydrops
• Definition: Prall-elastische Vergrößerung der Gallenblase (Transversaldurchmesser >5 cm)
• Ursachen
• Zystikus-Obstruktion: Durch Sludge, Konkrement oder Strikturen,
hierbei i.d.R. symptomatisch und mit fließendem Übergang in eine Cholezystitis
• Obstruktion durch externe Kompression: Korrelat des Courvoisier-Zeichens, bspw. durch
Malignome (Pankreaskarzinom, cholangiozelluläres Karzinom)
• Differentialdiagnose: Atone Gallenblase, bspw. nach parenteraler Ernährung oder bei diabetischer
Neuropathie
• Therapie: Bei Zeichen der Cholezystitis entsprechende Therapie, bei asymptomatischen Formen
ohne Auffälligkeiten der Wandung Ursachenabklärung
Mirizzi-Syndrom
• Definition: Kompression des Ductus hepaticus communis durch Steine im Gallenblasenhals oder
im Ductus cysticus – durch eine Penetration des Steines sind Fistelungen zwischen Gallenblase und
Hauptgallengang möglich
• Klinik: Symptome wie bei Choledocholithiasis
Diagnostik
Anamnese
• Schmerzen: Erfragen der klinischen Zeichen und Details der Symptomatik
• Lokalisation und Ausstrahlung (ggf. Eingrenzung möglich)
• Schmerz bei Erschütterung (bzw. weitere Anzeichen eines Peritonismus)
• Charakter (Kolik und/oder Dauerschmerz)
• Verlauf und Dauer (länger andauernde Koliken sprechen für kompliziertere
Erkrankungszustände)
• Zusammenhang mit Nahrungsaufnahme
• Ähnliche Episoden in der Vergangenheit
• Auffälligkeiten von Stuhlgang oder Miktion: Insb. heller, acholischer Stuhl oder dunkler, rostroter
Urin
• Begleitsymptome: Etwa dyspeptische Beschwerden, Völlegefühl, Fieber, Übelkeit, Erbrechen
• Allgemeine Anamnese
• Vorerkrankungen: Zum Ausschluss/Nachweis seltenerer ätiologischer Faktoren der
Gallensteinbildung
• Voroperationen: Insb. Eingriffe des Gastrointestinaltraktes : Bei Roux-Y-Rekonstruktionen
kann die Papillenregion endoskopisch unerreichbar sein.
• Medikation
Untersuchung des Abdomens
• Inspektion, Auskultation, Perkussion
• Murphy-Zeichen: Leitsymptom der Cholezystitis!
• Ein positives Murphy-Zeichen beschreibt den schmerzbedingten reflektorischen Abbruch
der Inspiration während der rechte Oberbauch palpiert wird.

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• Durch die Inspiration wird die druckempfindliche Gallenblase nach kaudal gegen die
palpierende Handgedrückt. Diese Untersuchung kann im Liegen oder, wie von John Murphy
(dem Namensgeber des Zeichens) beschrieben, im Sitzen durchgeführt werden. Bei
Unklarheit, ob die Gallenblase selbst schmerzhaft ist oder ggf. nur die Umgebung, kann die
Untersuchung unter sonographischer Palpation mit dem Schallkopf zur Klärung beitragen.
• Druckschmerz über Epigastrium bzw. rechtem Oberbauch:
• Bei allen Formen der symptomatischen Cholelithiasis und auch insb. bei der
akalkulösen Cholezystitis möglich
• Abwehrspannung und Resistenzen:
• Hinweis auf eine Peritonitis (bei Cholezystitis oder Cholangitis), Hinweis auf komplizierten
Verlauf und dringliche Therapieindikation!

Abdomensonographie
• Die Abdomensonographie ist das Mittel der 1. Wahl – Untersuchung immer auch im Hinblick auf
andere Ursachen eines akuten Abdomens
• Besonderes Augenmerk: Intra- und extrahepatische Gallenwege, Gallenblase und ggf.
darstellbare Konkremente
• Sensitivität bei Cholezystolithiasis: Nahezu 100%
• Sensitivität bei Choledocholithiasis: Ca. 50%
• Die Gallenblasenwand ist verdickt und ödematös aufgequollen (typische 3er-Schichtung sichtbar)
(echoreich – echoarm – echoreich).
• Bei der chronischen Cholezystitis ist die Gallenblase sonographisch mit Wandverdickung und
Schrumpfung darzustellen.
• Im Gallenblasenlumen zeigen sich multiple Gallensteine als rundliche echoreiche Areale

Labor
Dient der Diagnosesicherung und Prüfung vorliegender Komplikationen wie bspw. einer Pankreatitis.
• Allgemeine Parameter: Blutbild, Kreatinin, Natrium, Kalium, (Calcium, Phosphat)
• Leberwerte und Cholestasezeichen: AST, ALT, GGT, AP, Bilirubin, Lipase
• Hämolyseparameter: LDH
• Entzündungszeichen: CRP, (PCT)
• Gerinnungsstatus: Quick, PTT
Cholezystitis, Choledocholithiasis und Cholangitis können auch gleichzeitig vorliegen – in solchen Fällen
sind für die Therapieplanung häufig weitere diagnostische Maßnahmen und eine chirurgisch-internistische
Kooperation erforderlich!
Erweiterte Diagnostik
• Endosonographie
• Indikationen
• Ausschluss einer Mikrolithiasis der Gallenwege bei Verdacht
auf Choledocholithiasis und uneindeutigen Befunden in Sonographie und Labor
• Differentialdiagnostik zum Ausschluss von Raumforderungen im
pankreatikobiliären System
• Therapeutische Konsequenz
• Bei Mikrolithiasis: ERCP mit Papillotomie und Gangsanierung durch
Steinextraktion , Cholezystektomie im Anschluss
• Bei Cholezystitis: ERCP, auch nach OP zur Sanierung residualer Mikrolithen in
den Gallenwegen
Die Endosonographie ist bei Cholelithiasis besonders gut zum Nachweis papillennaher Prozesse geeignet!
• MRT bzw. MRCP
• Indikation
• Ausschluss einer Mikrolithiasis, insb. Darstellung des gesamten
Gallengangssystems und papillenferner Pathologien (z.B. auch Mirizzi-Syndrom)
• Kombiniert mit MRT-Sequenzen der Oberbauchorgane auch zur Tumorsuche
geeignet
• Therapeutische Konsequenz: Bei Mikrolithiasis im Gangsystem
→ ERCP zur Papillotomie und Gangsanierung

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Ob eine Endosonographie oder MRCP bei Verdacht auf eine Mikrolithiasis zum Einsatz kommt, hängt im
Wesentlichen von der lokal verfügbaren Expertise ab!
• CT-Abdomen
• Indikation: Insb. präoperativ bei Verdacht auf komplexe Pathologie der Gallenwege und
unklarer Primärdiagnostik, bspw. bei Verdacht auf Gallensteinileus zur OP-Planung
• Röntgen-Abdomen
• Indikation: Am ehesten zur Ausschlussdiagnostik bei Verdacht auf einen Ileus bzw.
eine Hohlorganperforation.
• ERCP: Kein Primärdiagnostikum, eher zur therapeutischen Intervention bei Nachweis einer
Gallengangsobstruktion
• Siehe: ERCP
Bei gleichzeitigem Fehlen von klinischen (Ikterus), laborchemischen und sonographischen (DHC-
Erweiterung) Zeichen einer Choledocholithiasis ist die diagnostische Sicherheit in etwa gleich hoch wie bei
Nachweis der Steinfreiheit per ERCP – bei erheblich geringerem Komplikationsrisiko durch die Diagnostik!
Befundkonstellationen bei biliären Erkrankungen
Differentialdiagnostische Übersicht der Cholelithiasis
Klinik Sonographie Labor
Cholezystolith Dauerschmerz Konkremente mit Blande
iasis , Kolik, eher dorsalem Schallschatten, ggf. Sludge
diffuser
Druckschmer
z
Cholezystitis Schmerz, Gallenblase auffällig! Entzündungszeichen
Kolik Wandverdickung >3 Leukozytose
Fieber mm (postprandial >5 mm) CRP↑, PCT↑
Murphy- Dreischichtung der Wand , ggf. mit Ggf. leichter Anstieg
Zeichen umgebender freier Flüssigkeit im der Transaminasen AST und A
Gallenblasenbett LT möglich
Konkremente Keine Cholestase!
Vergrößerung
der Gallenblase(schmerzhafter Gallenbl
asenhydrops)
Choledocholit Eher diffuser, Gallenwege auffällig! Cholestasezeichen
hiasis schlecht DHC-Durchmesser ≥ 7 mm , AP↑ , GGT↑, Bilirubin↑
lokalisierbarer erweiterte intrahepatische Gallenwege
Druckschmer Gangkonkremente I.d.R. auch Transaminasen↑
z, Koliken
Ggf. Ggf. Lipase↑ bei biliärer
gürtelförmige Pankreatitis
r
Oberbauchsch
merz
Cholangitis Charcot-Trias Gallenwege auffällig: Wie Cholestase: Wie
Hohes Fieber bei Choledocholithiasis bei Choledocholithiasis
Ikterus Entzündungszeichen
Rechtsseitiger • Leukozytose
Oberbauchsch • CRP↑, PCT↑
merz Ggf. Lipase↑ bei biliärer
Zeichen Pankreatitis
der Sepsis
Wahrscheinlichkeit einer simultanen Choledocholithiasis bei Cholezystolithiasis
• Hohe Wahrscheinlichkeit:

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• Beim Vollbild der Befundkonstellation einer Choledocholithiasis (s.o.)
• Klinik, Labor und Gallenwege auffällig!
• Mittlere Wahrscheinlichkeit:
• Nur teilweise auffällige Befunde, aber kein Vollbild der Befundkonstellation
einer Choledocholithiasis
• Niedrige Wahrscheinlichkeit:
• Bei unauffälligem Labor und unauffälliger Sonographie der Gallenwege
• Anamnestisch Fehlen von biliärer Pankreatitis, entfärbtem Stuhlgang bzw. rötlich
verfärbtem Urin

Differentialdiagnosen
• Differentialdiagnosen außerhalb der biliären Organe
• Differentialdiagnostische Erwägungen bei akutem Abdomen
• Weitere Differentialdiagnosen des rechtsseitigen bzw. epigastrischen
Oberbauchschmerzes
• Abdominell
• Akute Leberkapselschwellung (z.B. bei akuter
Hepatitis, Stauungsleber)
• Gastroösophagealer Reflux, Gastritis, GI-Ulkusleiden: Ggf. sollte
bei Indikationsstellung zur Operation im Rahmen einer
symptomatischen Cholezystolithiasis ohne Entzündungszeichen
eine gastrale Ursache der Beschwerden vor der Operation
ausgeschlossen werden. Ist bspw. eine gastroduodenale
Ulkuskrankheitfeststellbar, so kann bei ansonsten fehlender
Dringlichkeit einer Cholezystektomie auch das Ulkusleiden
therapiert werden. Bei Sistieren der Beschwerden kann auf
eine Cholezystektomie verzichtet werden.
• Appendizitis
• Akute Pankreatitis
• Gallenblasenpolyp
• Sphincter-Oddi-Dysfunktion : Pathologische Tonuserhöhung des
Musculus sphincter oddi mit Auftreten von Gallenkoliken und
biliärer Schmerzsymptomatik bei i.d.R. bereits
cholezystektomierten Patienten. Therapeutisch ist im Regelfall eine
endoskopische Papillotomie zielführend.
• Extraabdominell
• Insb. Nephrolithiasis
• Hinterwandinfarkt
• Pneumonie
Therapie
Allgemeines Vorgehen bei symptomatischer Cholelithiasis, Cholezystitis und Choledocholithiasis
• Nahrungskarenz
• Spasmolytika (Mittel der Wahl ist Butylscopolamin)
• Analgetika (z.B. Metamizol): Früher galten Opioide und
insb. Morphin (Ausnahme Pethidin und Buprenorphin) aufgrund ihres Potentials, einen
Papillenspasmus auszulösen, bei Gallenkoliken als streng kontraindiziert. Diese strenge Empfehlung
ist inzwischen aufgeweicht worden.
• Siehe auch: Symptomatische Therapie der Gallenkolik
Asymptomatische Cholezystolithiasis (Zufallsbefund) [1]
• I.d.R. Keine Indikation zur Cholezystektomie!
• Ausnahme-Indikationen bei asymptomatischer Cholezystolithiasis
• Chronische Cholezystitisformen mit Ausbildung
einer Porzellangallenblase bzw. Schrumpfgallenblase
• Gallenblasenpolypen >1 cm Durchmesser
• Gallensteine ≥3 cm Durchmesser

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• Im Rahmen onkologischer Resektionen
(z.B. Gastrektomie bei Magenkarzinom, Whipple-Operation bei Pankreaskarzinom)
Symptomatische Cholezystolithiasis
• Frühzeitige, elektive Cholezystektomie [1]
• In der Schwangerschaft: Frühzeitige elektive Cholezystektomie empfohlen
• ERCP-Indikation bei Cholezystolithiasis: Nicht generell indiziert, Indikationsstellung abhängig
von der Wahrscheinlichkeit einer simultanen Choledocholithiasis bei Cholezystolithiasis
• Bei hoher Wahrscheinlichkeit: ERCP
• Bei mittlerer Wahrscheinlichkeit: MCRP oder Endosonographie der Gallenwege
• Bei niedriger Wahrscheinlichkeit: Keine Intervention und keine Bildgebung
erforderlich
• Medikamentöse Litholyse bzw. Steinprophylaxe: In der Akutsituation und auch zur generellen
Prophylaxe nicht empfohlen, da häufig nutzlos! [1]
• Einsatz von Ursodesoxycholsäure (UDCA) in Sonderfällen zu erwägen, um das
Risiko einer Steinbildung zu reduzieren
• Zur Prophylaxe rezidivierender Cholangitiden
• Bei Patienten mit schnellem Gewichtsverlust (>1,5 kg pro
Woche) UDCA in niedriger Dosierung wirksam
• Bei Patienten mit LPAC-Syndrom
• Therapiedauer mind. 4–6 Monate
Die asymptomatische Cholezystolithiasis soll i.d.R. nicht operativ behandelt werden (DGIM - Klug
entscheiden in der Gastroenterologie).
Gallenblasensteine, die den Patienten nicht stören, sollten bei Fehlen von Risikofaktoren für Malignität
(große Polypen, chronische Cholezystitis) auch den behandelnden Arzt nicht stören!
Cholezystitis und Cholangitis
• Bei jeder akuten Cholezystitis oder Cholangitis: Antibiotische Therapie und Intervention durch
Operation (Cholezystitis) bzw. ERCP (Choledocholithiasis)
• Kombinationstherapie: Ceftriaxon + Metronidazol
• Bei Zeichen der Sepsis: Initial breiteres Spektrum abzudecken, Mittel der Wahl
ist Piperacillin/Tazobactam, alternativ Carbapenem (z.B. Meropenem)
• Bei akuter Cholezystitis [1]
• Frühzeitige Cholezystektomie binnen 24 Stunden
• Nur noch in Ausnahmefällen: Rein konservative Therapie (insb. bei schwer
kranken Patienten mit hohem Operationsrisiko zu erwägen)
• Vorgehen: Analgesie und Nahrungskarenz gefolgt von
einer Cholezystektomie im entzündungsfreien Intervall binnen sechs
Wochen
Choledocholithiasis
• Antibiotische Therapie bei begleitender Cholangitis: Häufig tritt bei Obstruktionen
der Gallenwege eine bakterielleCholangitis auf, die Einleitung einer antibiotischen Therapie ist vor
bzw. spätestens bei der endoskopischen Intervention erforderlich.
• Bei Fehlen einer Cholangitis muss vor einer Intervention auch keine antibiotische
Prophylaxe erfolgen [1]
• Primäre Endoskopische Intervention: ERCP (endoskopisch retrograde
Cholangiopankreatikographie)
• Zur Darstellung und Extraktion von Gallensteinen (Diagnostik und Therapie in einer
Sitzung!)
• Prinzip
• Kontrastmitteldarstellung der Gallenwege und/oder Pankreasgänge nach
endoskopischem Aufsuchen und Sondieren der Vaterschen Papille
• Nach Kontrastmittelgabe: Röntgen-Durchleuchtung mit Lokalisation pathologischer
Prozesse
• Leitbefund bei Choledocholithiasis: Gangkonkremente zeigen sich als
Kontrastmittelaussparung
• Therapeutisches Vorgehen [1]
• Endoskopische Papillotomie

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• Steinextraktion: Häufig mittels aufblasbarem Ballonkatheter oder mit speziellen
Körbchen-Kathetersystemen („Dormiakörbchen“)
• Bei großen, nicht extrahierbaren Konkrementen
• Immer zumindest Sicherung des Galleflusses durch Papillotomie und
Einlage eines die Obstruktion überbrückenden Kunststoff-
Stents anzustreben
• Steinzertrümmerung (Lithotripsie): I.d.R. mechanisch durch über
die Papille an das Konkrement geführten Lithotripsie-Katheter
• Ultima ratio: Chirurgisches Vorgehen mit Cholezystektomie und
Gallengangsrevision (T-Drainage), bspw. bei endoskopisch nicht
erreichbarer Papille
• Komplikationen: Durchschnittliche Gesamtkomplikationsrate 10%
• 1% Perforation, insb. nach Papillotomie
• 3% Blutung, insb. nach Papillotomie
• 3% Cholangitis durch bakterielle Infektion
• 5% Post-ERC(P)-Pankreatitis: Postinterventionelle Schmerzen mit
gleichzeitiger Pankreasenzymerhöhung (Lipase, Amylase), insb. bei
Darstellung des Ductus pancreaticus bzw. schwieriger Intervention mit
intraduktalen Druckschwankungen
• Prophylaxe: Diclofenac oder Indometacin [1]
• Bei asymptomatischer Choledocholithiasis (Zufallsbefund): Individuelle Entscheidung zur
endoskopischen Intervention
• Bei symptomatischer Choledocholithiasis und gleichzeitig vorliegender Cholezystolithiasis [1]
• Zunächst: Endoskopische Intervention
• Folgend: Cholezystektomie innerhalb von 72 Stunden
Klinisches Management der Gallensteinleiden
Antibiotikatherapie bei Cholezystitis und Cholangitis
Wirkstoffe
• Erstrang-Antibiotika
• Ceftriaxon + Metronidazol
• oder Ciprofloxacin + Metronidazol
• oder Ampicillin/Sulbactam
• Antibiotika bei Zeichen der Sepsis
• Piperacillin/Tazobactam
• oder Meropenem
Einleitung und Dauer der Therapie nach Indikation
• Bei symptomatischer Cholezystolithiasis ohne Infektion: I.d.R. keine Antibiotikatherapie erforderlich
• Bei akuter Cholezystitis
• Mit Operation:
• I.d.R. Beginn bei Diagnosestellung, bei eitriger Entzündung Fortführung postoperativ
für etwa fünf Tage, bei milderen Fällen abhängig von klinischen und laborchemischen
Entzündungszeichen
• Mit zunächst konservativer Therapie: Beginn bei Diagnosestellung und Fortführung bis zum
klinischen und laborchemischen Abklingen der Entzündung
• Bei Cholangitis: Sofortiger Beginn bei Diagnosestellung; Fortführen bis zur kompletten Drainage
der Gallenwege bzw. vollständigen Beseitigung einer Obstruktion
• Bei Choledocholithiasis: Antibiotikatherapie nur bei vorliegender Cholangitis, Beginn der Therapie in
diesem Fall vor einer ERCP [1]
• Bei fehlender Cholangitis und kompletter Sanierung der Gallenwege durch ERCP:
Keine antibiotische Therapieerforderlich
• Bei primär unvollständiger Beseitigung der Obstruktions bzw. therapeutisch nicht-
erfolgreicher ERC(P): Beginn der Antibiotikatherapie und Fortführung bis Steinextraktion
bzw. Gallenwegsdrainage erfolgt ist und die Entzündungsparameter sich abfallend zeigen
• Bei Fremdmaterial in den Gallenwegen: Antibiotische Therapie fortführen,
bis eine suffiziente Drainage und Gangsanierung erfolgt ist

13
Spätestens bei einer endoskopischen Intervention an den Gallenwegen entsteht eine bakterielle Infektion –
eine antibiotische Therapie ist dann eminent wichtig!
Symptomatische Therapie der Gallenkolik bzw. von Schmerzzuständen [1]
• Kombinierte Anwendung von analgetischen und spasmolytischen Wirkstoffen!
• Analgesie
• Leichte Schmerzen: Paracetamol
• Mittlere bis starke Schmerzen: Metamizol (Novaminsulfon)
• Alternativ: NSAR wie Ibuprofen
• Starke Schmerzen: Opioide, z.B. Piritramid
• Spasmolyse
• Butylscopolamin
Supportive Therapie bei Gallenkolik
• Thromboseprophylaxe
• Parenterale Volumenzufuhr: Vollelektrolytlösungen
• Kostform: I.d.R. zunächst Nahrungskarenz
• Bei konservativer Therapie: Kostaufbau über Tee, Zwieback und fettarme Speisen bei
nachlassenden Beschwerden
• Nach Cholezystektomie: Siehe Postoperatives Management bei Cholezystektomie
• Nach ERCP und vollständiger Steinextraktion: Vollkost ab etwa 6–8 Stunden nach
Intervention sofern keine Anzeichen für Komplikationen bestehen
• Bei unvollständiger Steinextraktion: Bei i.d.R. in den Folgetagen anstehenden,
weiteren Interventionen wenn überhaupt nur flüssige Kost bis zum Vorabend der
Intervention
Cholezystektomie
Präoperatives Management bei Cholezystektomie
• Nahrungskarenz
• Parenterale Volumenzufuhr mit Vollelektrolytlösung und Analgesie (bedarfsabhängig)
• Chirurgische Aufklärung: Komplikationen der Cholezystektomie
• Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin,
• Ggf. Bridging bei Patienten mit Antikoagulation beachten
• Ggf. Prä-/perioperative Antibiotikatherapie

Laparoskopische Cholezystektomie (Standardverfahren)


• Kontraindikationen
• Absolut: Gallenblasenkarzinom
• Relativ: Blutgerinnungsstörung, Mirizzi-Syndrom, intraperitoneale Verwachsungen nach
Voroperationen
• Durchführung: Empfohlen wird eine 4-Trokartechnik
• Rückenlage des Patienten in Allgemeinnarkose (Intubationsnarkose)
• Einbringen von vier Zugängen [1]
• Alternativ: Single-Port-Cholezystektomie
• Anheben der Leber und Darstellung der Gallenblase
• Präparation des Calot-Dreiecks = Anatomischer Raum gebildet aus Ductus cysticus (mit
Gallenblaseninfundibulum), Ductus hepaticus communis und Leberunterfläche
• Unterbindung des Ductus cysticus sowie der A. cystica mittels Clips
• Durchtrennung der geclippten Strukturen
• Ablösen der Gallenblase aus dem Gallenblasenbett
• Spülung, Blutstillung, Extraktion der Gallenblase, evtl. (insb. bei entzündlichem Prozess)
mit Einlage einer Drainage
• Rückzug mit schichtweisem Verschluss der Zugänge inklusive Hautnaht
• Steriler Verband
NOTES-Cholezystektomie
NOTES (Natural Orifice Transluminal Endoscopic Surgery) bezeichnet minimal invasive
Operationsverfahren, bei denen neben einem „traditionellen“ laparoskopischen Zugang natürliche
Körperöffnungen wie Magen, Vagina, Blase oder Rektum als Zugangsweg für die Instrumente genutzt
werden.

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• Zugangsweg: Nabel (Platzierung der Optik) und Vagina
• Vorteile
• Besseres kosmetisches Ergebnis und weniger Wundinfekte und Narbenbrüche im Bereich
des Nabels im Vergleich zur laparoskopischen Cholezystektomie
• Kein Vorteil bezüglich des Behandlungsergebnisses!
• Komplikationen
• Wie bei Komplikationen der Cholezystektomie
• Zusätzlich: Verletzung von Adnexen, Blase, Douglas-Abszess
Konventionelle bzw. „offene“ Cholezystektomie
• Der häufigste Grund für ein offenes Operationsverfahren ist der Wechsel (Konversion) von der
laparoskopischen Cholezystektomie
Absolute Indikationen Relative Indikationen
• Intoleranz eines Pneumoperitoneums • Ausgeprägte intraabdominelle
• Gallenblasenkarzinom Adhäsionen
• Simultane Cholezystektomie bei größeren • Blutgerinnungsstörung
abdominellen Eingriffen • Mirizzi-Syndrom
• Zugangsweg: Rippenbogenrandschnitt rechts bzw. Erweiterung auf quere Oberbauchlaparotomie
rechts
• Potentielle Vorteile: Möglichkeit der operativen Gallengangsrevision und Drainageneinlage
• Nachteile: Wesentlich größere Narbe, größere Inzidenz von Narbenbrüchen

Postoperatives Management bei Cholezystektomie


• Kostaufbau
• Am Operationstag: Tee, klare Flüssigkeiten (Suppe)
• Ab dem 1. postoperativen Tag: Schonkost bis Vollkost
• Mobilisation
• Mobilisation ab Operationstag möglich, bei größeren
periumbilicalen Inzisionen Hebebeschränkung für mindestens zwei Wochen
• Physio- und atemtherapeutische Maßnahmen, insb. bei älteren Patienten zur
Pneumonieprophylaxe
• Medikation
• Bedarfsorientierte Schmerzmedikation nach WHO-Stufenschema
• Bedarfsorientierte, antiemetische Therapie, bspw. mit Granisetron
• Antibiotikatherapie
• Abführende Maßnahmen , z.B. mittels Suppositorien
• Kontrolluntersuchungen
• Untersuchung des Abdomens: Postoperativ ist gerade nach einer laparoskopischen
Operationstechnik das Abdomen oftmals zunächst gebläht. Dies sollte im Verlauf regredient
sein.
• Wundkontrolle (z.B. im 2-Tages-Rhythmus nach 2. postoperativem Tag)
• Laborkontrollen :
Blutbild, Elektrolyte, Retentionsparameter, Transaminasen, Cholestaseparameter, CRP
• Empfehlungen für die Patienten / Entlassungsmanagement
• Duschen ab dem 2. postoperativen Tag; Baden und Saunagänge erst nach Abschluss der
Wundheilung
• Wund- und Befundkontrollen durch Hausarzt
• Einnahme der Schmerzmedikation nach Bedarf
• Fadenzug (etwa 10. postoperativer Tag)
Komplikationen der Cholezystektomie
Komplikationen der Cholezystektomie
• Verletzung des Ductus hepatocholedochus oder eines Ductus hepaticus oder der A. hepatica (insb.
versehentliches „Clippen“)
• Galleleckage: Sekretion von Gallenflüssigkeit (Gallenfistel) in die Bauchhöhle
• Blutung (insb. aus dem Leberbett, der A. cystica)
• Verletzung umliegender Organe (Darm, Leber)

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• Perforation der Gallenblase
• Peritonitis
• Wundheilungsstörung, Abszess
• Thrombose, Embolie
Komplikationsmanagement nach Cholezystektomie
• Interdisziplinär chirurgisch und gastroenterologisch!
• Abszesse und Biliome: Können i.d.R. interventionell drainiert werden (Sonographisch
gesteuerte Punktion und Drainage)
• Galleleckagen: I.d.R. durch eine Kombination von
endoskopischer Papillotomie (Druckentlastung!) und zeitweiser Überbrückung der
Ganginsuffizienz mit einem Kunststoffstent (Schienung!) beherrschbar
• Chirurgische Versorgung: Am ehesten bei schweren Verletzungen und Blutungszuständen bzw.
bei irrtümlichem Abbinden von Lebergefäßen erforderlich
Postcholezystektomiesyndrom
• Definition: Anhaltende oder neu aufgetretene Oberbauchbeschwerden nach Cholezystektomie
• Epidemiologie: Bis zu 50%
• Ätiologie
• Operationsbedingt: I.d.R. früh auffällig als Komplikationen der Cholezystektomie
• Residuale Choledocholithiasis nach Cholezystektomie: Belassene Konkremente in den
Gallengängen
• Sphincter-Oddi-Dysfunktion, Papillenstenose
• Extrabiliäre Genese (Pankreatitis, gastroduodenale Ulkuskrankheit, Reizdarmsyndrom)
• Extraintestinale Ursachen
• Klinik: Oberbauchschmerzen, dyspeptische Beschwerden, Kolik, Druckgefühl
• Diagnostik: Sonographie, CT, MRCP, ÖGD
• Therapie: Befundabhängig, z.B. ERCP mit Papillotomie und Steinextraktion bei nachgewiesenen
Gangsteinen, diätetische Maßnahmen, Behandlung eines Ulkusleidens
Die beste Prävention eines Postcholezystektomie-Syndroms ist die richtige Indikationsstellung
zur Cholezystektomie – der Eingriff sollte niemals aus Verlegenheit bei unsicherer Befundlage erfolgen.
Komplikationen
• Entzündlich
• Extremformen der akuten Cholezystitis (hohe Gefahr der Perforation,
dringliche Cholezystektomie-Indikation)
• Gallenblasenempyem = Eiteransammlung mit Ausfüllung der Gallenblase
• Gallenblasengangrän
• Nach Jahren mit wiederholten subklinischen Entzündungszuständen
(Chronische Cholezystitis)
• Ausbildung einer Porzellangallenblase
• Schrumpfgallenblase
• Leberabszess
• Cholangitis und Choledocholithiasis
Sowohl bei einer Porzellangallenblase als auch bei einer Schrumpfgallenblase ist das Risiko für ein
Gallenblasenkarzinom wesentlich erhöht!
• „Mechanisch“
• Gallenblasenperforation
• Gallensteinileus: Perforation, Penetration und/oder Fistelung zwischen
entzündeter Gallenblase und Gastrointestinaltrakt → Gallensteinübertritt in
den Darm → Gallensteinileus + Luftübertritt aus dem Darm in die Gallengänge (Aerobilie)
• Mechanischer Ileus bei Obstruktion durch abgegangenen Gallenstein bzw. durch
entzündliche Verwachsung infolge einer Penetration
• Typisches Zeichen: Aerobilie
• Akute Pankreatitis biliärer Genese
• Papilleninsuffizienz (endoskopische Beurteilung)
• Gallenstein-Rezidiv

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Nennen Sie Risikofaktoren für diese Erkran kung!
1. Adipositas („fat”)
2. weibliches Geschlecht: Frauen sind doppelt so häu g betro en wie Männer („female”).
3. Einnahme von Östrogenpräparaten
4. Alter (Risiko steigt mit zunehmendem Alter) („forty”)
5. cholesterinreiche Kost
6. parenterale Ernährung
7. hereditäre Faktoren („family”), helle Haut („fair”)
8. Schwangerschaft („fertile”)
„6 × F-Regel”: female, fair, fat, forty, fertile, family

Nennen Sie typische Komplikationen der Erkrankung!


▪Gallenblasenhydrops bei Verschluss des Ductus cysticus durch Konkrement
▪akute Cholezystitis, evtl. komplizierend:
▪Perforation
▪Abszessbildung, Gallenblasenempyem bei Ver-schluss des Ductus cysticus durch Konkrement ▪chronisch-
rezidivierende Cholezystitis (Porzellangallenblase)
▪akute Cholangitis
▪biliäre Pankreatitis bei Verschluss des Ductus choledochus durch Konkrement(e)

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?


Die Indikation zur Therapie ist nur bei symptomati- schen Patienten gegeben. Die Therapieoptionen lauten:
▪symptomatische Therapie:
▪Analgetika, Spasmolytika (Butylscopolamin)
▪zunächst Nahrungskarenz, bis eine klinische Besserung eintritt, dann fettreduzierte Kost
▪bei Cholezystitis, Cholangitis und Empyem: Antibiotika (Fluorchinolone, bei Anaerobierin- fektion
zusätzlich Metronidazol)
▪konservative Therapie:
orale Litholyse mittels Chenodesoxycholsäure oder Urodesoxycholsäure, ggf. anschließend
extrakorporale Stoßwellenlitho- trypsie (ESWL, s. Kommentar)
▪operative Therapie:
Cholezystektomie (laparos- kopisch oder konventionell)

Welches Analgetikum verordnen Sie der Patientin?


Pethidin, denn es steigert im Gegensatz zu anderen Opioiden den Tonus des Sphinkter Oddi nicht und löst
daher keinen Sphinkterspasmus aus.

DD Diagnosen, was spricht dafür und was dagegen


ulcus, Pankreatitis, MI.
Enzyme für Pankreatitis?
Amylase und Lipase im Blut, im Stuhl
was sehen wir im Sono was könnte es noch sein
( Cholezystitis (Gallenblasenentzündung , Cholangitis (Entzündung der Gallengänge),
Choledocholithiasis/Stein im Gallengang)
wenn wir im Sono nichts finden?
Gastroskopie(ulcus ventrikuli)
Risikofaktoren und Aufklärung von Gastroskopie.
Behandlung von ulcus ventriculi
(H. Pylori =Antibiose , PPH=Protonenpumpenhemmer gegen die Magensäure-), H2-Rezeptor-Blocker
(Antihistaminika).
Was hat der Patient gegessen? Schnitzel und Pommes.
Was nimmt der Patient gegen Verstopfung? Movicol
Was werden Sie machen? körperliche Untersuchung, labordiagnostik (Blutbild, CRP, BSG, Bilirubin, ...)

17
Warum blutbild, CRP, und BSG?? ,, er meinte diese spielen keine Rolle in Cholelithiasis? weil es zu
Cholezystitis kommen kann
Bilirubin ist nicht Spezifisch, was kann auch erhöhte Bilirubin verursachen? Hämolyse
Spezifisch Test für Stein? Sonographie
Wie kann Stein bei Sonographie anerkannt werden?? Verschattung!!
Wie funktioniert Sonographie???? Cholezystitis bei Sonografie? Gallenblasewand verdickt
Therapie? Cholezystektomie,, Was noch? Lithotripsie.
Ein Verfahren zur Behandlung ein Choledocolithiasis? ERCP. Wie heist das? Endoskopische Retrograde
Cholangio Pankreatikographie
Andere DD? Ulkus Ventrikuli. Was spricht dafür und dagegen? Für: sodbrennen und oberbauchschmerzen,
gegen: der pt. hat plötzliche schmerzen
Wie können Sie Ulkus Ventrikuli Diagnose bestimmen? Gastroskopie. Was ist die wichtigste Komplikation?
Perforation. Was sind die wichtigste folge dafür? Blutung und Peritonitis
Andere DD? Pankreatitis , spricht dafür: gürtelformige Schmerzen und Nausea . Dann hat er unterbrochen,
was ist die schlimmeste pankreas krankheit? Pankreaskopfkarzinom. Wie ist die Prognose? Sehr schlecht.
Was sprecht gegen Pankreas Krankheit? Der pt. trinkt kein viel Alkohol. Wie behandeln Sie Pankreatitis?
Flüssigkeitszuführ, Nahrüngkarenz und Antibiotika.
Kann es Nieren Krankheit sein? Ja Als Atypische Vorstellung. Urolithiasie. Diagnostik maßnahme?
Sonographie. Wichtigste laborwerte für Nieren? Kreatinin. Die Nieren sind in Abdomen und sie sind in
Peritoneum, richtig? Nein sie sind retroperitonial
Werden Sie ein Thorax Rontgen anforderen? Ja. Warum? Um Pneumonie auszuschließen. EKG? Ja zur
sicherheit da der Patient Risikofaktoren hat aber ich halte es für unwahrscheinlich.

18
Kolonkarzinom
Welche therapeutischen und diagnostischen Maßnahmen sollten Sie auf jeden Fall durchführen?
Begründen Sie Ihr Vorgehen!
Anamnese, klinische Untersuchung sowie diagnostische Erstmaßnahmen erbringen den Verdacht auf ein
Kolonkarzinom. Daher ist folgendes therapeutisches und diagnostisches Vorgehen notwendig:
- stationäre Aufnahme: Nahrungskarenz; parenterale Ernährung; Schmerztherapie, z. B. mit
Butylscopolamin (z. B. Buscopan®), Tramadol (z. B. Tramal®) oder Metamizol (z. B. Novalgin®)
- abführende Maßnahmen, z. B. Hebe-Senk-Einläufe, orthograde Spülung des Darms mit hypertoner
Flüssigkeit (cave: bei ausgeprägter Stenose kann es durch die orthograde Spülung zu einem Ileus
und ggfs. Ruptur des vorgeschalteten Darmabschnittes kommen)
- nach abführenden Maßnahmen Kolon-Kontrast- einlauf oder Koloskopie mit Biopsie zur Abklärung
des stenosierenden Prozesses

Erläutern Sie die UICC-Stadieneinteilung des kolorektalen Karzinoms

Welche Operation muss durchgeführt werden?


Hemikolektomie rechts mit Ileotransversostomie, regionale Lymphadenektomie

Welche Therapie sollte ergänzend durchgeführt werden?


Wegen des Lymphknotenbefalls muss postoperativ eine adjuvante Chemotherapie mit 5-Fluorouracil und
Folsäure (z. B. Leukovorin) und evtl. zusätzlich mit Oxaliplatin oder Irinotecan durchgeführt wer- den
(FOLFOX bzw. FOLFIRI).

Bei Kontraindikationen gegen eine FOLFOX-The- rapie kann auch eine orale Chemotherapie mit Ca-
pecitabin erfolgen. Durch die Zugabe von humani- sierten Antikörpern gegen VEGF z. B. Bevacizumab
(Avastin®) oder gegen EGF-Rezeptor z. B. Cetuxi- mab (Erbitux®) zu den klassischen Chemothera- peutika
können bei fortgeschrittenen Karzinomen höhere Ansprechraten erzielt werden. Vor dem Einsatz von EGF-
Rezeptor-Antikörpern muss der KRAS-Mutationsstatus geklärt werden, da diese Antikörper bei einer
KRAS-Mutation keine Wir- kung haben.

Wie hoch schätzen Sie die 5-Jahres- Überlebensrate aller Kolonkarzinome?


5-JÜR ca. 45 %

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Epidemiologie. Das kolorektale Karzinom ist das zweithäufigste Karzinom – nach dem Bron- chialkarzinom
beim Mann und dem Mammakarzi- nom bei der Frau –, in Europa mit steigender Inzi- denz. Beim
Kolonkarzinom sind Frauen und Män- ner gleichermaßen betroffen, beim Rektumkarzi- nom Männer
doppelt so häufig wie Frauen.

Ätiologie. Prädisponierende Faktoren sind fa- miliäre Disposition, entzündliche Darmerkrankun-


gen (Colitis ulcerosa, Morbus Crohn), villöse Ade- nome sowie eine ballaststoffarme, fettreiche Er- nährung.

Klinik. Das Kolonkarzinom bleibt lange klinisch stumm oder äußert sich durch unspezifische Symptome wie
Flatulenz, Darmkrämpfe, chronische Anämie, Leistungsknick sowie Gewichtsabnahme. Jede Änderung der
Stuhlgewohnheiten nach dem 40. Lebensjahr ist karzinomverdächtig. Bei Tumo- ren in distalen
Kolonabschnitten finden sich Blut- und Schleimbeimengungen im Stuhl, bei proximal lokalisierten eher
okkulte Blutungen mit einer chro- nisch hypochromen Anämie. Bei fortgeschrittener Erkrankung kann es zu
zunehmenden Stenosierungserscheinungen bis zum Ileus kommen.

Diagnostik. Aufgrund der fehlenden Frühsymptome wird in über der Hälfte der Fälle das Kolon- karzinom
erst bei Vorliegen von Lymphknoten- oder Fernmetastasen diagnostiziert.
Neben Anamnese und klinischer Untersuchung (rektale Untersuchung! Bis zu 10% der kolorektalen
Karzinome ertastbar!) gehört zur Basisdiagnostik eine vollständige Koloskopie bis zum Zäkum mit
Biopsien, da in 5 % der Fälle ein weiteres Kolonkarzinom vorliegt. Ein Röntgen des Kolons mit
Kontrastmittel ist ebenfalls möglich (▶ Abb. 35.1). Bei histologisch nachgewiesenem Kolonkarzinom
erfolgt zum Staging eine Sonografie des Abdo- mens und ein Röntgen-Thorax, wobei heutzutage meist
eine CT von Thorax und Abdomen durchgeführt wird. Hiermit können Lymphknoten- so- wie
Fernmetastasen nachgewiesen werden. Eine Bestimmung der Tumormarker CEA und CA 19–9 zur
Verlaufskontrolle sollte ebenfalls erfolgen. Bei Verdacht auf Infiltration von Organen des kleinen Beckens
muss ein urologisches/gynäkologisches Konsil durchgeführt werden.

Therapie. Bei nachgewiesenem Karzinom muss die vollständige Tumorresektion mit Einhaltung eines
ausreichenden Sicherheitsabstandes erfol- gen. Dies bedeutet in Abhängigkeit von der Tumor- lokalisation
eine (erweiterte) Hemikolektomie rechts, eine Transversumresektion oder (erweiter- te) Hemikolektomie
links. Hierbei werden die je- weiligen Lymphabf lussgebiete (Meso mit Lymph- knoten) mitentfernt.
Regionäre solitäre Leber- metastasen können ebenfalls reseziert werden. Lymphknoten- und Fernmetastasen
(UICC III und IV) sind die Indikation für eine adjuvante Chemo- therapie (s. Antwort zu Frage 35.4).
In Einzelfällen kann auch im UICC-Stadium II bei ausgewählten Risikosituationen (T 4, Tumorper-
foration/-einriss oder Operation unter Notfall- bedingungen) eine adjuvante Chemotherapie er- wogen
werden.

Die anamnestischen Angaben deuten am ehesten auf ein Kolonkarzinom hin, aufgrund:
• Alter > 50 Jahre alt
• Alternanz Diahhöe-Obstipation
• Bauchschmerzen
• B-Symptome: Fatigue, Zeichen von Anämie (Blässe und Dyspnoe)

Als Differzieldiagnosen kämen in Frage:


• Reizdarmsyndrom
• Divertikulis
• Morbus Crohn
• Colitis Ulcerosa
• Kolonpolypen

Diagnostik
• Körperlich Untersuchung
§ Abdomenplapation
§ Digital-rektalen Untersuchung
• Blutabnahme : Hb-wert, Ht-wert,

20
• Koloskopie mit Biopsieprobe
• Abdomensonographie
• CT des Abdomens
• ACE, CA19-9

21
Ösophaguskarzinom
Welche Verdachtsdiagnose stellen Sie?
Dysphagie für feste, später auch flüssige Speisen, Gewichtsabnahme, retrosternaler Schmerz, reduzierter
Allgemeinzustand
• Allgemeinsymptome
• Retrosternale Schmerzen, Rückenschmerzen
• Appetitlosigkeit
• Gewichtsverlust
Das Ösophaguskarzinom ist ein „stummes“ Karzinom und wird in der Regel erst im fortgeschrittenen
Stadium symptomatisch!

Nennen Sie Risikofaktoren für diese Erkrankung!


● Alkohol-, Nikotinabusus
● Barrett-Syndrom (Zylinderepithelmetaplasie) als Komplikation einer Refluxösophagitis (sog. Barrett-
Ösophagus, Endobrachyösophagus)
● Ösophagusverätzungen
● Nahrung: Nitrosamine, Aflatoxine, Betelnüsse
● Vitamin- und Eisenmangel
● humane Papillomaviren
● Achalasie

Welche Untersuchungen sollten durchgeführt werden?


- Ösophagoskopie mit Biopsien und Histologie: direkter Tumornachweis
- Röntgenbreischluck: Stenose, unregelmäßige Wandbegrenzung
- Endosonografie: Beurteilung der Tiefeninfiltration sowie des Lymphknotenbefalls
- Computertomografie des Thorax, bei distalem Ösophaguskarzinom auch des Abdomens:
Nachweis von Fernmetastasen
- Sonografie des Abdomens: Nachweis von Lebermetastasen und Lymphknotenvergrößerungen
- PET-CT: Nachweis von Fernmetastasen und ggfs. eines Therapieansprechens
- Labor: zur Verlaufskontrolle Blutbild, Leberwerte, Nierenwerte, CEA, SCC
- Skelettszintigrafie: bei Knochenschmerzen oder AP-Erhöhung
- Bronchoskopie/Mediastinoskopie: bei V.a. Ausdehnung auf das Bronchialsystem
- Ggfs.Staginglaparoskopie: bei distalen Ösophagustumoren zum Ausschluss einer
Peritonealkarzinose

Komplikationen
- Frühe lymphogene Metastasierung
- Frühe Infiltration benachbarter Strukturen
- Stenosierung
- Ösophagitis
- Ösophagotracheale Fistel à Aspirationspneumonie

Metastasierungswege des Ösophaguskarzinoms


• Lymphogen: Früh
• Zervikale Lymphknoten, insb. bei hochsitzenden Tumoren
• Infiltration von Nachbarstrukturen
• Findet früh statt, da nur der abdominelle Teil des Ösophagus von einer Tunica serosa
überzogen ist
• Z.B. Trachea, Wirbelkörper oder Blutgefäße
• Hämatogen: Spät
• Leber
• Lunge, Pleura
• Skelett

22
Adenokarzinom
Pathogenese: Gastroösophagealer Reflux führt zur Schädigung des ösophagealen Plattenepithels → Ersatz
durch Zylinderepithel vom intestinalen Typ mit Becherzellen (=„Barrett-Metaplasie“)
→ Dysplasie → Adenokarzinom

Was spricht dafür/dagegen diese Diagnosen?

DD
- Gastroösophageale Refluxkrankheit:
o typische Refluxsymptomen
o Ösophagogastroduodenoskopie: Probeentnahme bei suspekten Läsionen (Barrett-
Metaplasie?)
o Langzeit-pH-Metrie (über 24 h) der unteren Speiseröhre: Registrierung von
Refluxepisoden mit pH ≤4 zur Diagnostik und Therapiekontrolle mittels nasaler Sonde
- Magenkarzinom
o Oberbauchbeschwerden (Völlegefühl, Nüchternschmerz)
o Akute Magenblutung (ggf. Teerstuhl)
o Hepatomegalie, Aszites (Metastasen)
o Tumormarker zur Primärdiagnostik nicht geeignet; aber zur Verlaufskontrolle verwertbar,
wenn bei Erstdiagnose Erhöhungen bestanden: CA 72-4, CA 19-9, CEA
o Gastroskopie
- Achalasie
o Jahrelange Anamnese im Gegensatz zum Ösophaguskarzinom; typisch ist eine Zunahme
der Dysphagie bei psychischer Belastung.
o Typisch: Erleichterung des Schluckaktes durch Nachtrinken
o Manometrie
§ Inkomplette oder fehlende Erschlaffung des unteren Ösophagussphinkters
o Ösophagusbreischluck
§ eine dynamische Untersuchung, bei der die Ösophaguspassage unter
Durchleuchtung verfolgt wird und somit Aussagen über den Schluckakt möglich
sind. Erkrankungen mit einer gestörten Funktion des Ösophagus, wie die Achalasie,
lassen sich mit dieser Methode gut darstellen. Weiterhin stellen sich aber auch
Stenosen, Divertikel, Perforationen oder Unregelmäßigkeiten der
Schleimhautoberfläche dar.
- Zenker Divertikel
o Röntgenkontrastmitteldarstellung: Dabei wird der Patient während des Schluckaktes
durchleuchtet und die Passage des Kontrastmittels von der Mundhöhle über den
kompletten Ösophagus bis über die Cardia in den Magen verfolgt.
- Larynxkarzinom
o Heiserkeit
o Laryngoskopie: Unregelmäßige, knotige oder ulzerierende Veränderungen
o CT oder MRT sowie Sonographie des Halses zur Beurteilung der Tumorausdehnung
- Schilddrüsenkarzinom
o Strumaknoten
o Dysphagie
o Heiserkeit (Rekurrensparese)
o Lymphknotenvergrößerung zervikal bzw. Supraclaviculär
o Calcitonin: medullären Schilddrüsenkarzinom
o Sonographische Untersuchung der Schilddrüse

Was ist eine Achalasie? Fehlende Motilität und geringe Öffnung des unteren Schließmuskels (Sphinkter)
Zenker Divertikel? Ausstülpung in der Speiseröhre, nur operativ entfernen
Warum hat der Patient Meläna? OGI-Blutung
Und Gewichtsverlust? Inappetenz, Dysphagie, Karzinom.
Was erwarten Sie vom Blutbild? Anämie.

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Welche weiteren Untersuchungen veranlassen Sie? Bariumhaltiges KM Röntgen, Abdomensonografie,
Schilddrüsensonografie, ÖGD.
Was müssen wir beachten vor die ÖGD? Marcumar absetzen./Gerinnungsstörung ausschließen
Aufklärung ÖGD

24
Zenker-Divertikel
Aussackungen der Speiseröhre werden je nach Genese in Traktions-
und Pulsionsdivertikel unterschieden. Traktionsdivertikel treten dabei im mittleren Abschnitt
des Ösophagus auf, während im Bereich des oberen und unteren Sphinkters erhöhter intraluminaler Druck
zur Ausbildung von Pulsionsdivertikeln führen kann. Die klinische Symptomatik hängt dabei von der Größe
der Aussackung ab und äußert sich meist durch zunehmende Schluckstörungen, Aspiration und
retrosternales Druckgefühl. Neben der typischen Symptomatik ist vor allem zur Abgrenzung eines
Karzinoms sowie zur Einschätzung des Schweregrads weitere Diagnostik hilfreich
(Röntgenkontrastdarstellung, Endoskopie). Divertikel des mittleren und distalen Ösophagus bleiben meist
symptomarm und bedürfen keiner Therapie. In etwa 70 % aller Fälle liegt jedoch ein zumeist
symptomatisches „Zenker-Divertikel“ im Bereich des oberen Ösophagussphinkters vor – dieses sollte unter
anderem aufgrund der erhöhten Gefahr einer Aspirationspneumonie reseziert werden.

Was sind die Differenzialdiagnosen?


o Ösophaguskarzinom
o Larynxkarzinom
o Schilddrüsenkarzinom
o Zenker-Divertikel

Was machen wir dann?


- Röntgenkontrastmitteldarstellung
- Endoskopie
Was erwarten Sie vom Blutbild? Anämie
Wie können wir eine Anämie diagnostizieren?
Worauf können Sie Meläna zurückführen? OGI-Blutung
Welche Untersuchungen müssen wir unbedingt machen? Bariumhaltiges KM Röntgen - ÖGDskopie
Was müssen wir beachten, wenn wir eine Gastroskopie anordnen möchten? (Marcumar absetzen)
Sollen wir andere Medikamente wegen Blutzucker-Entgleisung geben? (Insulinspritzen)
Handelt es sich um einen Notfall? (Nein)

25
Ulcus ventriculi
Die gastroduodenale Ulkuskrankheit beschreibt einen ulzerierenden Gewebedefekt im Bereich der Wand
des Magensbzw. des Duodenums. Klinisch kommt es meist zu epigastrischen Schmerzen, jedoch können
Ulzera auch asymptomatisch sein und erst durch Komplikationen wie Blutungen oder Perforation klinisch
manifest werden. Die häufigste Ursache ist eine Helicobacter-pylori-Infektion, weitere mögliche Gründe
können in der Einnahme von NSAR, anderen Noxen oder Stress liegen. Diagnostisch wegweisend sind
insbesondere der makroskopische Befund in der Endoskopie sowie ggf. der Nachweis von Helicobacter
pylori.
Therapeutisch erfolgt in der Regel eine medikamentöse Senkung der Säureproduktion (z.B.
mittels Protonenpumpeninhibitoren), je nach Ätiologie erfolgen weitere Maßnahmen wie beispielsweise
eine Helicobacter-pylori-(HP)-Eradikationstherapie oder die Karenz der entsprechenden Noxen. In seltenen
Fällen – vor allem bei Vorliegen von Komplikationen wie Perforation oder starker Blutung – kann eine
chirurgische Intervention notwendig werden. Differentialdiagnostisch muss beim Magenulkus auch immer
an ein Magenkarzinom gedacht und dies sicher ausgeschlossen werden.

• Helicobacter-pylori-(HP-)positive Ulkuskrankheit
• Chronische HP-Gastritis
• Bei >90% der Patienten mit duodenalem Ulkus und bei ca. 75% der Patienten mit
Magenulkus ist die Magenschleimhaut mit HP besiedelt
• HP-negative Ulkuskrankheit
• Risikofaktoren
• Einnahme nichtsteroidaler Antirheumatika (NSAR), insbesondere in Kombination
mit Glucocorticoiden
• Unter NSAR-Gabe ist je nach Dosierung das Ulkusrisiko etwa 5-fach
erhöht
• Bei gleichzeitiger Gabe von Glucocorticoiden sogar um den Faktor 10–15!
• Einnahme von SSRI
• Rauchen, Alkohol
• Alter >65 Jahre
• Chronische Niereninsuffizienz mit Urämie
• Positive Ulkusanamnese
• Selten: Hyperparathyreoidismus, Zollinger-Ellison-Syndrom (Gastrinom)

Ulcus ventriculi
• Lokalisation: Meist kleine Kurvatur oder Antrum
Ulcus duodeni
• Lokalisation: Meist im Bulbus duodeni

Allgemeine Symptome
• Epigastrische Schmerzen
• Evtl. Blutungszeichen (Anämie, Hämatemesis, Meläna)
• Besserung durch Antazida
• Asymptomatische Verläufe sind möglich
• Völlegefühl
• Übelkeit
• Erbrechen
• häufiges Aufstoßen
• Gewichtsverlust
• Appetitlosigkeit

Spezifische Symptome
• Ulcus ventriculi
• Schmerzen unmittelbar nach Nahrungsaufnahme oder
• Schmerzen unabhängig von Nahrungsaufnahme

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• Ulcus duodeni
• Nüchternschmerzen (insbesondere nachts)
• Linderung der Schmerzen durch Nahrungsaufnahme

Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD) mit Biopsien


• Mehrere Biopsien! → Helicobacter pylori ist fleckförmig verteilt, größere Sicherheit
ein Magenkarzinom zu entdecken
• Ca. 10% der Ulcera ventriculi >2 cm sind maligne (Magenkarzinom!) – Biopsien aus dem
Randbereich und aus dem Grund eines Ulcus ventriculi sind daher obligat
• Gastrointestinale Blutung – Bei der gastroduodenalen Ulkuskrankheit sind Blutungen häufig, diese
können diagnostiziert und ggf. blutstillend behandelt werden

Helicobacter pylori-Diagnostik
• Vorzugsweise endoskopische Biopsien bei akuten Erkrankungen (s. Helicobacter-pylori-
Diagnostik)
• Immer Histologie mit Färbung und direktem mikroskopischen Nachweis
und(!) Urease-Schnelltest mit Nachweis einer Ammoniakbildung durch Urease
des Helicobacter pylori
• Der Urease-Schnelltest wird bei Verdacht auf eine Infektion mit
Helicobacter pylori (HP) durchgeführt. Dabei werden endoskopisch
gewonnene Gewebeproben auf ein "Testkit" mit Harnstoff gegeben. Die
Urease des HP führt über den Abbau des Harnstoffs zu einer Freisetzung
von Ammoniak sowie zu einem pH-Anstieg, der mittels Farbumschlag
nachgewiesen und so einen Hinweis auf eine HP-Infektion liefern kann.

Wenn HP-negativ und keine NSAR-Einnahme


• Bestimmung von Gastrin : Bei Gastrinom (Zollinger-Ellison-Syndrom) stark erhöht
• Bestimmung von Serumcalcium und Parathormon: Bei
primärem Hyperparathyreoidismus erhöht

Therapie

HP-Eradikationstherapie wenn HP-positiv: Die Tripeltherapien werden für 7-14 Tage, die Bismuth-
Quadrupeltherapie für 10 Tage empfohlen.
- Bismuth-Quadrupeltherapie: PPI + Bismuth + Tetracyclin + Metronidazol
- Französische Tripeltherapie: PPI + Clarithromycin + Amoxicillin
- Italienische Tripeltherapie: PPI + Clarithromycin + Metronidazol

HP-negative Ulzera
• Karenz der Noxen: Keine NSAR, Reduktion von Rauchen, Alkohol und Stress
• Protonenpumpeninhibitoren

Interventionell
• Endoskopische Blutstillung: Unterspritzung, Clip, Fibrinkleber etc.
• Unterspritzung blutender Läsionen mit verdünnter Adrenalin-Lösung
• Hämoclips in verschiedenen Größen und Variationen zur mechanischen Blutstillung
• Operation bei Komplikationen (endoskopisch nicht beherrschbare Blutung, Perforation)
• Notfall-OP-Verfahren siehe Komplikationen

Komplikationen
- Blutung
- Perforation von Magen/Duodenum
o Röntgen-Abdomen
§ Abdomenübersichtsaufnahme im Stehen → Subphrenische Luftsichel

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§Abdomenübersichtsaufnahme in Linksseitenlage → Freie Luft zwischen Leber und
lateraler Bauchwand/Zwerchfell
- Magenausgangsstenose
- Karzinomatöse Entartung beim Ulcus ventriculi

Differentialdiagnosen
• Andere Ursachen für Oberbauchschmerzen (z.B. Cholezystolithiasis oder Pankreatitis)
• Magenkarzinom
• Gastritis
• Myokardinfarkt mit atypischer Schmerzprojektion
• Zollinger-Ellison-Syndrom

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GERD (Gastroösophageale Refluxkrankheit)
Die Refluxkrankheit ist eine durch pathologischen Reflux von Mageninhalt ausgelöste entzündliche
Erkrankung der Speiseröhre (Ösophagus).

Die Prävalenz der Refluxkrankheit nimmt mit dem Alter zu. Sie beträgt in Deutschland ungefähr 25%. In
10% der Fälle entwickelt sich eine Refluxösophagitis.

Der Ruhetonus des unteren Ösophagussphinkters kann durch Einwirkung verschiedener Substanzen und
Gewohnheiten, die den Reflux fördern, gesenkt werden. Dazu gehören:
• Alkohol
• Nikotin (Rauchen)
• Essgewohnheiten ("Völlerei")
• Adipositas, Triglyzeride, Fettsäuren
• Medikamente
o Anticholinergika
o Calciumantagonisten
o Nitrate

Die Refluxkrankheit äußert sich in einer Reihe von klinischen Symptomen, die anamnestisch wegweisend zu
weiteren diagnostischen Maßnahmen sein sollten:
• Sodbrennen, saures Aufstoßen
• Dysphagie
• retrosternaler Schmerz
• Verstärkung der Schmerzen postprandial, bei Verbeugung kopfüber und Liegen
Die Refluxkrankheit kann auch eine Reihe von extraösophagealen Symptomen verursachen, die man unter
dem Begriff laryngo-pharyngealer Reflux (LPR) zusammenfasst, z.B. Husten oder Heiserkeit.
Im fortgeschrittenen Stadium kann sich eine Anämie infolge von Blutungen aus dem Ösophagus einstellen.

Komplikationen
Eine unbehandelte Refluxkrankheit kann zu ernsthaften bis lebensbedrohlichen Komplikationen führen:
• Refluxösophagitis
• Barrett-Syndrom (Präkanzerose)
• Blutungen
• Stenose und Striktur des Ösophagus
• Adenokarzinom
Auch extraösophageale Komplikationen wie Laryngitis, chronischer Husten und Zahnerosionen sind
beschrieben.
Durch Stenosierung kann das Lumen des Ösophagus vollständig verschlossen werden, so dass sich durch
fehlende Nahrungsaufnahme eine Kachexie ausbildet.

Diagnose
Standard in der Diagnostik ist die 24-Stunden-pH-Messung im Ösophagus.
Zusätzlich ist die Speiseröhre endoskopisch zu untersuchen, um das vorliegende Stadium
der Krankheit festzustellen.
Stadien
Die Refluxkrankheit wird nach Savary und Miller in mehrere Stadien eingeteilt. Als Grundlage für die
Einteilung dient der endoskopische Befund der Speiseröhre.
• Stadium 0: Refluxbeschwerden, jedoch endoskopisch keine Läsionen
• Stadium I: fleckförmige Läsionen
• Stadium II: streifige, longitudinal konfluierende Läsionen
• Stadium III: zirkulär konfluierende Läsionen
• Stadium IV: Komplikationen wie z. B. Barrett-Ösophagus oder Stenosen

Therapie

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In den Stadien I und II ist eine konservative Therapie indiziert. Die Basis bildet die Vermeidung
refluxfördernder Nahrungs- (z.B. scharfer und/oder saurer Speisen) und Genussmitel (Alkohol, Nikotin)
sowie die Veränderung der Lebensgewohnheiten (Gewichtsreduktion, leichte Oberkörperhochlagerung
während der Bettruhe). Medikamentös erfolgt die Gabe von Protonenpumpeninhibitoren (z.B. Pantoprazol).
Sie kann ggf. durch H2-Rezeptor-Antagonisten (z.B. Ranitidin) oder Antazida (z.B. Natriumbikarbonat)
ergänzt werden.
Bei fehlendem Ansprechen auf konservative Therapie und ab Stadium III ist eine chirurgischeTherapie
indiziert. Sie umfasst die Anlage einer Fundusmanschette (Fundoplicatio) um das distale Ende des
Ösophagus und stellt eine mechanische Refluxbarriere her.
Bei Versagen einer Therapie mit Protonenpumpenhemmern sollte auch an das Vorliegen einer eosinophilen
Ösophagitis gedacht werden.
In Stadium IV ist eine Bougierung durchzuführen. Eine Fundoplicatio oder Hemigastrektomie können
folgen. Eine Resektion des stenosierten Teilabschnittes des Ösophagus ist nur in seltensten Fällen indiziert.
Die Letalität bei der Resektion des Ösophagus ist zu hoch, um diesen Eingriff als Standard rechtfertigen zu
können.

30
Urolithiasis
Die eiweißreiche Kost der Wohlstandsgesellschaften führt durch höhere Calcium-, Harnsäure- und
Oxalatausscheidungen über den Urin dazu, dass Harnsteine in diesen Ländern ein häufiges Krankheitsbild
darstellen. Weitere Ursachen sind insbesondere in pathologisch veränderten Stoffwechselvorgängen
(z.B. Hyperparathyreoidismus) zu finden. Das potentiell äußerst schmerzhafte Krankheitsbild macht sich
durch Koliken entlang des gesamten Urogenitaltraktes bemerkbar. Einen wegweisenden Befund stellt
die Hämaturie dar. Neben der symptomatischen Therapie mit Analgetika und Spasmolytika steht die
Rezidivprophylaxe im Vordergrund. Günstig ist grundsätzlich eine reichliche Flüssigkeitszufuhr sowie die
Anpassung der Ernährung. Bleibt ein spontaner Steinabgang aus oder ist er aufgrund der Größe oder Lage
des Konkrements unwahrscheinlich, so ist eine interventionelle Steintherapie notwendig.

Harnsteine (Urolithiasis) können im gesamten Urogenitaltrakt lokalisiert sein (Niere = Nephrolithiasis mit
Unterscheidung von Nierenbecken-, Nierenkelch- und
Nierenausgusssteinen, Harnleiter = Ureterolithiasis, Harnblase= Zystolithiasis, Harnröhre = Urethralithiasis)
• Beginn der Symptome häufig nach Übertritt des Steines in den Ureter
• Allgemein
• Unruhiger Patient
• Ggf. Makrohämaturie
• Fieber, Dysurie, ggf. Schüttelfrost: Dringender Verdacht auf komplizierte
Harnwegsinfektion!
• Abdominelle Symptomatik
• Kolikartige Schmerzen (Flanke und Abdomen)
• Mögliche Schmerzausstrahlung in Unterbauch, Leiste, Schamlippen oder Hoden
• Ggf. klopfschmerzhafte Nierenlager
• Übelkeit und Erbrechen
• Paralytischer Subileus möglich (reflektorisch)

Je nach Lage des Steins kann sich eine Urolithiasis wie eine Hodentorsion, aber auch wie eine Appendizitis
präsentieren!
Diagnostisch-therapeutischer Ablauf bei akuter Kolik
• Anamnese und körperliche Untersuchung
• Abnahme einer Urin- und Blutprobe
• Sonographie und bei fortbestehendem V.a. Urolithiasis: Beginn einer Schmerztherapie
• CT (nativ) bei Stauungsniere und Begleitsymptomen (etwa Fieber)
Labordiagnostik
• Urindiagnostik

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• Nachweis einer Mikrohämaturie
• Ggf. Hinweise auf Harnwegsinfekt (Leukozyturie, positives Nitrit)
• Ggf. bei unbekannter Steinart (vor Steinanalyse) Urin-pH-Tagesprofil
• (Calcium, Harnsäure, Oxalat, Phosphat, Zystin, Dihydroxyadenin (DHA))
• Blutabnahme
• Elektrolytstatus (Natrium, Kalium, Calcium, Phosphat, Magnesium, Chlorid, Albumin)
• Harnsäure im Serum
• Retentionsparameter (Kreatinin, Harnstoff)
• BGA
Bildgebung
• Indikation: Obligat bei Verdacht auf Urolithiasis
• Zielsetzung
• Nachweis oder Ausschluss eines Steins
• Beurteilung von Größe und Lokalisation des Steins
• Einschätzung der anatomischen Verhältnisse und eventueller Komplikationen (insb.
Stauung)
• Methoden
• Sonographie (klinisch meist Methode der 1. Wahl) Möglicher Nachweis
einer Harnstauungsniere und von Konkrementen im Nierenbecken oder am Übergang
der Kelche zum Nierenparenchym.
• Ziel: Darstellung von Konkrementen und sekundärer Stauung, Ausschluss von
Differentialdiagnosen
• Lagerung: Rückenlage, Hände unter dem Kopf
• Sonden: Sektoren- und Konvexschallköpfe (3,5–5 MHz)
• Flankenschnitt: Längsdarstellung der Niere; anschließend Drehung um 90° für
Querdarstellung
• Nierensteine: Echoreich, echofreier Schallschatten, darstellbar ab 2–3
mm Durchmesser
• Harnleitersteine: Meist nicht direkt darstellbar (bis auf nahe der Blase und nahe
der Niere gelegene Konkremente), jedoch indirekte Hinweise (Stauung)
• Dokumentation von Ektasiegrad, Konkrementen (+ Größe), Parenchymdicke,
anderen Nierenpathologien
• CT: Bestimmung der Größe, Lage und Steindichte eines Konkrements. Zur Reduktion
der Strahlenbelastung werden low-dose-Programme angewendet.
• Nativ-CT ist Standardmethode der weiterführenden Diagnostik bei Verdacht
auf Harnleitersteine
• Konkremente nahezu aller Zusammensetzungen in allen Abschnitten (insb.
auch Harnleiter) darstellbar
• Mittlerweile auch in der Akutdiagnostik weit verbreitet
• Konventionelles Röntgen (Abdomenübersichtsaufnahme) .
• Röntgenpositiv (schattengebend): Calciumhaltige Steine
• Schwach röntgenpositiv: Struvitsteine, Zystinsteine
• Röntgennegativ: Harnsäuresteine, Indinavirsteine, Xanthinsteine
• Kontrastmitteldarstellung des Hohlraumsystems: Insb. bei Indikation zur interventionellen
bzw. operativen Therapie
• CT mit Kontrastmittel (Darstellung des Hohlsystems zur Interventionsplanung)
• Ausscheidungsurogramm (i.v.-Urographie)
• Retrograde Ureteropyelographie: Einbringen von Röntgenkontrastmittel in
den Ureter nach Zystoskopie
Die Sonographie ist bei Verdacht auf Urolithiasis auch in der Akutsituation die Untersuchungsform der
ersten Wahl. Bei unklaren Befunden oder Verdacht auf Harnleitersteine kann eine CT-Untersuchung im
Anschluss durchgeführt werden!

Differentialdiagnosen
• Darmerkrankungen (Appendizitis, Divertikulitis u.a.)

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• Gynäkologische Erkrankungen (Adnexitis, Extrauteringravidität u.a.)
• Ausstrahlung der Schmerzen sehr variabel, daher theoretisch alle Ursachen eines akuten Abdomens

Therapie

Die Harnleiterkolik wird analgetisch und spasmolytisch behandelt. Therapeutische Alternativen


sind Diclofenac, Pethidin und Metamizol in Kombination mit N-Butylscopolamin. Steine unter 5 mm gehen
häufig spontan ab. Unter analgetischer Therapie, viel Flüssigkeit, Bewegung und Wärmeanwendung kann
der Steinabgang zugewartet werden. Engmaschige Urinkontrollen sind hierbei unbedingt
einzuhalten. Fieber oder eine Anurie sollten Anlass zu aggressiveren Therapieformen sein.

Wenn die Kolik medikamentös nicht beherrschbar ist oder eine hochgradige Obstruktion mit
konsekutiver Harnstauungsniere und/oder steigenden Retentionswerten vorliegt, besteht die Indikation zur
Harnableitung. Sie kann durch die retrograde Einlage einer Harnleiterschiene oder eine perkutane
Nephrostomie erfolgen.
Die Steinentfernung selbst ist auf mehreren Wegen möglich:
• Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie:
o Minimal-invasives Therapieverfahren, bei dem Schallwellen außerhalb des Körpers über
eine Energiequelle generiert und unter Röntgen- oder Ultraschallkontrolle auf den Stein
ausgerichtet werden. Die Anwendung von Stoßwellen mit einer Frequenz von 1,0–1,5
Hz zerstört die Steine („Desintegration“). Vor allem bei kleineren, proximalen Steinen wird
die ESWL gerne eingesetzt.

• perkutane Nephrolitholapaxie (v.a. bei Nierenbeckensteinen)


o Ein Nierenbeckenkelch wird unter sonographischer und röntgenologischer Kontrolle
punktiert; anschließend erfolgt nach Einführung eines Seldinger-Drahtes die Bougierung des
Punktionskanals. Nach Einführung des Endoskops werden die Steine zerkleinert
(Ultraschall-Lithotripsie-Sonden, Laser) und die Fragmente geborgen. Bei komplizierten
Eingriffen kann die Einlage einer perkutanen Nephrostomie notwendig sein.
• Steinzertrümmerung mittels Zystoskopie/Ureteroskopie
o Meist retrograde Harnleiterspiegelung, bei der kleine Steine meist am Stück, große eher
nach Laserlithotripsie entfernt werden. Anschließend erfolgt häufig die temporäre Einlage
einer Harnleiterschiene (Doppel-J-Katheter). Der Katheter ermöglicht den Abfluss des
Harns, bis die Schwellung der Ureterschleimhaut zurückgegangen ist.
• offene chirurgische Entfernung (bei sehr großen Steinen, z.B. Ausgussteinen)

Prophylaxe
• Viel trinken (Harnkonzentrierung vermeiden)
• Ernährung mit wenig tierischen Eiweißen, Kochsalz
• Gewichtsreduktion bei Adipositas
• Meiden von urinsäuernden Getränken (z.B. Apfelsaft, Grapefruitsaft)

Diagnose:
- Körperliche Untersuchung- Palpation Abdomen (Nierenlager schmerzhaft), Blasenhochstand
(Harnverhalt), Peristaltik
- Urinstreifentest (Erythrozyten, Nitrit, pH), Urinsediment, Urinkultur
- Blutbild, CRP, BSG; Sr. Creatinin, Harnstoff, Urin pH, BB, BSG ,CRP, Harnstoff, Sr. Kreatinin,
Harnsäure, Elektrolyte, ALP 2
- Rö-Nierenleeraufnahme,
- Sonographie- Abdomen
- ggf. CT-Abdomen.

Therapie

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- Infusion mit isotonischer Nacl-Lösung
- Analgesie - Novalgin, wenn wirkungslos Opioide - Tramadol oder Pethidin 3
- Antispasmolytika - Buscopan
- ESWL (Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie): , mittels akustischer Druckwellen zerkleinert
werden, die dann spontan ausgeschieden werden
- Harnleiterspiegelung
- Bewegung und Flüssigkeitszufuhr mit dem Urin
- Perkutane Nephrolitholapaxie (Nephroskop) erklären. Er fragte, wie lange er nach der OP
stationär bleiben sollte.
- Krebs durch die digital-rektal-Untersuchung und bildgebende Verfahren ausgeschlossen

Fruktose Vs Laktoseintoleranz
Beide gehören zu den Kohlehydraten. Dabei ist Fructose ein Einfachzucker (Monosaccharid), Laktose ein
Zweifachzucker (Disaccharid).
Die Schleimhaut unseres Dünndarms stellt das Enzym Laktase her. Es spaltet die Laktose in zwei
Einfachzucker auf, die der Körper problemlos aufnehmen kann. Reicht die Laktase nicht aus, wandert die
Laktose weiter in den Dickdarm, wo sie von Mikroorganismen abgebaut wird. Dabei entstehen verschiedene
Abbauprodukte, die Auslöser von unangenehmen Beschwerden sind
Für die Aufnahme der Fructose produziert die Dünndarmschleimhaut ein Transporteiweiß, das GLUT-5. Es
schleust die Zuckermoleküle in die Dünndarmzellen, so dass sie mit dem Blutstrom im Körper verteilt
werden können. Die Kapazität von GLUT-5 hat allerdings ihre Grenzen: Pro Mahlzeit kann es 20 bis 30
Gramm Fructose transportieren.
Die Laktose- und Fructoseintoleranz haben eine weitere Gemeinsamkeit: Sie entwickeln sich langsam und
bleiben oft lange unerkannt. Das hat zur Folge, dass die Darmschleimhaut des Dünndarms langfristig
geschädigt wird und sich die Besiedlung mit notwendigen Mikroorganismen (Darmflora) verändert.
Gleichzeitig vermehren sich die Mikroorganismen im Dickdarm, dadurch werden Blähungen und Durchfall
ausgelöst.

Unterschied zwischen Tendovaginitis und Tenosynovitis?


Keine. Synonyme.
Die Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis) ist eine Entzündungder Sehnenscheiden. Sie äußert sich
in starken stechenden oder ziehenden Schmerzen. Sehnenscheidenentzündungen treten vor allem im Bereich
des Handgelenks auf, aber z. B. auch im Sprunggelenk-Bereich. Prinzipiell sind sie überall dort möglich, wo
Sehnenscheiden existieren.

Zehamputation. Wann ist sie erforderlich? Bei welchen Krankheiten?


pAVK (akute arterielle Verschlusskrankheit)
- Als akute arterielle Verschlusskrankheit bezeichnet man den akuten Verschluss
einer Extremitätenarterie mit plötzlich einsetzender ischämiebedingter Symptomatik.
- P
o Pain - Schmerzen
o Paleness - Blässe
o Pulselessnes - Pulse distal des Verschlusses sind nicht palpierbar
o Prostration - Schock
o Paralysis - Lähmung
o Parästhesien – Gefühlsstörungen
- Diagnostik
o Sichtbefund
o Palpation: (tastbarer periphere Pulse?)
o Perkussion: (Kälte in der betroffenen Extremität?)
o Anamnese bezüglich
§ Genese (plötzliches Auftreten der Symptomatik?)
§ kardiovaskulärer Vorerkrankung
o EKG
o Duplex- und/oder Doppler-Sonografie
- Therapie

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o Als Standardverfahren gilt die lokale Fibrinolyse mittels Katheterapplikation
(siehe Fibrinolytikum), sofern ein Zeitfenster von 6h nach Ischämiebeginn (anamnestische
Abklärung obligat) nicht überschritten wird (Gefahr des Tourniquet-Syndroms).
o Andernfalls ist eine Embolektomie oder eine offene Embolusentfernung
(Thrombendarteriektomie) indiziert.
o Nach chirurgischer Thrombolyse sollte aufgrund möglicher Komplikationen
(siehe Fibrinolytikum, Tourniquet-Syndrom) eine intensivmedizinische Überwachung
erfolgen.
- Stadium IV: Nekrose durch den Gefäßverschluss mit Gangränbildung
Diabetes
- Ischämischer Fuß bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit
- Klinik: Kühler, blasser Fuß mit fehlenden Fußpulsen

Was sind die Differentialdiagnosen von rechten krampfartigen Unterbauchschmerzen


- Blinddarmentzündung
- Akute Darminfektionen
o Koli-Bakterien wie EHEC (enterohämorrhagische Escherichia coli)
o Shigellose
o Darmtuberkulose
- Chronisch entzündliche Darmerkrankungen: Morbus Crohn (RECHT), Colitis ulcerosa (LINK)
- Divertikulose: in linksseitigen Unterbauchschmerzen. Bestimmte Formen der Divertikulitis
verursachen mitunter auch Schmerzen im rechten Unterbauch.
- akute Eileiter- und Eierstockentzündung (Adnexitis)
- Eileiterschwangerschaft
- Harnwegsinfekt
- Harnsteine

Fragen über Palpation des Abdomens- Worauf muss geachtet werden bei der Palpation in diesem Fall
Blasenhochstand

Was weist darauf hin (subvesikales Abflusshindernis), Nierenlager klopfschmerzhaft - Pyelonephritis.


Welche bildgebende Verfahren sind in diesem Fall erforderlich? Sonographie und Rö-Nierenleeraufnahme.

Was könnte die Röntgen- und Ultraschall Untersuchungen in diesem Fall zeigen - Befunde?
- Ziel: Darstellung von Konkrementen und sekundärer Stauung, Ausschluss von Differentialdiagnosen
- Lagerung: Rückenlage, Hände unter dem Kopf
- Sonden: Sektoren- und Konvexschallköpfe (3,5–5 MHz)
- Flankenschnitt: Längsdarstellung der Niere; anschließend Drehung um 90° für Querdarstellung
- Nierensteine: Echoreich, echofreier Schallschatten, darstellbar ab 2–3 mm Durchmesser
- Harnleitersteine: Meist nicht direkt darstellbar (bis auf nahe der Blase und nahe
der Niere gelegene Konkremente), jedoch indirekte Hinweise (Stauung)
- Dokumentation von Ektasiegrad, Konkrementen (+ Größe), Parenchymdicke, anderen
Nierenpathologien

Welche Steinarten kennen Sie?


Calcium, Harnsäure, Oxalat, Phosphat, Zystin, Dihydroxyadenin (DHA)

Häufigste Nierensteine? Kalziumoxalat. Wie häufig ist Kalziumoxalat ? 80%.


Würden Sie Kontrastmittel verwenden? Ich - Nicht immer, weil die meisten Steine im Röntgen und
Ultraschall sichtbar sind.
Welche Steine sind im Röntgen sichtbar und welche nicht ? Die meisten außer Harnsäuresteine sind im
Röntgen sichtbar
Was wären die Ultraschall Befunde bei Appendizitis und Cholezystitis?
- Appendizitis
o Appendixdurchmesser >6–8 mm

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o Kokarden-Phänomen
o Wandverdickung
o Flüssigkeit um die Appendix
o Appendix nicht komprimierbar
o Bei Perforation: Intraabdominelle freie Flüssigkeit
- Cholezystitis
o Die Gallenblasenwand ist verdickt und ödematös aufgequollen (typische 3er-Schichtung
sichtbar)

Was sind die Palpations-Befunde bei Appendizitis?


• Druckschmerz im rechten Unterbauch
• Abwehrspannung
• Schmerzauslösung durch Erschütterung
• McBurney-Punkt: Punkt auf der Linie zwischen rechter Spina iliaca anterior superior und
Bauchnabel zwischen dem lateralen und mittleren Drittel
• Blumberg-Zeichen: Kontralateraler Loslassschmerz (im rechten Unterbauch) nach Palpation des
linken Unterbauchs
• Psoas-Zeichen: Schmerzen im rechten Unterbauch durch Anheben des rechten Beines gegen
Widerstand (bei Entzündung einer retrozökal liegenden Appendix)

Was sieht man bei der Urinanalyse? - Eiterzellen, Erythrozyten, Leukozyten, Sediment.
Wie sehen die Steine mikroskopisch aus - Hexagonale Krystalle.
Was machen Sie weiter?
- Analgesie
o Metamizol (Novalgin) (1. Wahl bei starken Schmerzen) i.v.: Metamizol hat neben der
analgetischen auch eine spasmolytische Wirkung.
o Diclofenac (bei moderaten Schmerzen)
o Paracetamol (Alternative zu Metamizol und Diclofenac, insb. in Schwangerschaft) i.v. ,
rektal oder p.o.
o Opioide (bei Versagen von Nicht-Opioiden, keine spasmolytische Wirkung, im Vergleich
mehr unerwünschte Wirkungen)
- Antispasmolytika - Buscopan (Das Spasmolytikum sollte gemäß Leitlinie aufgrund fehlender
Wirkung auf den Nierendruck nicht (mehr) eingesetzt werden)

Kann man Diclofenac als Infusion geben? Nein

36
Herzinfarkt

Instabile Angina pectoris


• Infarkttypische Symptomatik (>20 min) (in Ruhe oder bei geringster Belastung)
• Jede neu aufgetretene Angina pectoris (De-novo-Angina) oder zunehmende Angina
pectoris (Crescendo-Angina)
• Angina pectoris nach Myokardinfarkt
• Troponin T negativ
Nicht-ST-Hebungs-Myokardinfarkt (NSTEMI)
• Infarkttypische Symptomatik (>20 min)
• Unauffällige bzw. unspezifische EKG-Befunde
• Troponin T positiv
ST-Hebungs-Myokardinfarkt (STEMI)
• Infarkttypische Symptomatik (>20 min)
• Länger als 20 Minuten anhaltende ST-Strecken-Hebung oder neu aufgetretener Linksschenkelblock
• Troponin T positiv

Hauptrisikofaktoren (major risk factors)[1]


1. Tabakkonsum
2. Diabetes mellitus
3. Arterielle Hypertonie
4. Hyperlipoproteinämie: LDL-Cholesterinerhöhung (Werte >160mg/dl stellen ein deutliches Risiko
dar ); HDL-Cholesterinerniedrigung (♂ <40mg/dl bzw. ♀ <50mg/dl)
5. Kardiovaskuläre Grunderkrankung
6. Familienanamnese: Kardiovaskuläre Ereignisse bei Familienangehörigen 1. Grades vor dem
55.(♂)/65.(♀) Lebensjahr
7. Lebensalter (Männer ≥45 Jahre; Frauen ≥55 Jahre)
Weitere Risikofaktoren
• Hoher Homocysteinspiegel (Homocystinurie)
• Adipositas
• Hoher Fibrinogenspiegel
• Hoher Triglyceridspiegel, Erhöhung von Lipoprotein a (Lp(a))
• Hyperphosphatämie

Die Unterscheidung zwischen Myokardinfarkt und Angina pectoris wird jedoch aufgrund der diagnostischen
Ergebnisse getroffen – eine Differenzierung anhand der Klinik ist nicht möglich!

Die Symptomatik (akuter Thoraxschmerz) aller drei Verlaufsformen des akuten Koronarsyndroms kann
prinzipiell ähnlich sein – eine Einteilung gelingt erst durch Beobachtung des klinischen Verlaufs (spontane
Besserung/Verschlechterung) bzw. durch apparative Diagnostik (EKG, Koronarangiographie, Bildgebung)!

Allgemeine Symptome
• Akut einsetzender, anhaltender, retrosternaler Schmerz (siehe auch: Angina pectoris)
• Lokalisation (nach Häufigkeit): Retrosternal > Linksthorakal > Linker Arm > Linke Schulter >
Hals/Unterkiefer/Rücken > Epigastrium
• Vegetative Symptomatik: Schweißausbrüche, Übelkeit und Erbrechen

Verlaufsformen
• Instabile Angina pectoris
• Übergang in stabile Situation oder zum Myokardinfarkt
• Myokardinfarkt (NSTEMI/STEMI)
• Stärkere, länger andauernde Schmerzen als bei AP-Beschwerden
• Evtl. Schocksymptomatik (RR↓, HF↑, Blässe)
• Schwere Begleitsymptome (Dyspnoe, Todesangst, Schwitzen, Unruhe)

37
Eine anhaltende Angina pectoris ist zwar typisch für ein akutes Koronarsyndrom, aber insb. bei Frauen,
älteren oder herzoperierten Patienten sowie bei Patienten mit Diabetes mellitus oder chronischer
Niereninsuffizienz erschweren andersartige, „atypische“ Symptome (abdominelle Schmerzen, Übelkeit,
zunehmende Luftnot) die richtige klinische Einschätzung!

Diagnostik

- Körperliche Untersuchung
o Risikofaktoren/Familienanamnese (siehe: Allgemeine Risikofaktoren für die Entstehung
einer Arteriosklerose)
o Inspektion
o Zyanose, Blässe, Orthopnoe
o Palpation (z.B. Herzfrequenz)
o Auskultation
o Herz: Systolikum bei Ventrikelseptumperforation, Ventrikelperforation (Perforation der
freien Wand), Mitralinsuffizienz aufgrund eines Papillarmuskelabrisses oder
Ventrikeldilatation
o Lunge: Feuchte Rasselgeräusche bei Lungenödem
- EKG
o Signifikante ST-Hebungen: In zwei benachbarten Ableitungen auftretende ST-
Hebungen ≥1 mm
o Hinterwandinfarkte: I.d.R. auffällig in II, III und avF, dann zusätzliche Ableitungen
o Spiegelbildliche ST-Senkungen: ST-Hebungen können in den anatomisch
gegenüberliegenden Ableitungen mit ST-Senkungen als indirekte Infarktzeichen
einhergehen
o Neu aufgetretener Linksschenkelblock bzw. Rechtsschenkelblock: Bei klinischem
Verdacht und entsprechender Symptomatik als STEMI zu bewerten
o Infarkte der Vorderwand entstehen infolge eines Verschlusses des RIVA bzw. seiner Äste
und zeigen sich je nach Ausbreitung in I, aVL und den Vorderwandableitungen (V1–6).
Infarkte der Hinterwandentstehen infolge eines Verschlusses des RCX oder der RCA bzw.
seiner/ihrer Äste und manifestieren sich in II, III und aVF!
- Labordiagnostik („Herzenzyme“)
o Beim Herzinfarkt gelangen vermehrt Enzyme aus den geschädigten Herzmuskelzellen in das
Blut und sind dort in erhöhter Konzentration nachweisbar
o Dabei muss zwischen herzmuskelspezifischen Enzymen (Troponin T, Troponin I und CK-
MB) und herzmuskelunspezifischen Enzymen (Myoglobin, Gesamt-
CK, AST, ALT, LDH unterschieden werden. Am frühesten (2-3 h) sind Myoglobin und
Troponin T nachweisbar, erhöhte Werte für CK-MB, AST und ALT sind 4-8 Stunden nach
Infarkt nachweisbar, ein LDH-Anstieg nach 24-60 Stunden.
- Apparative Diagnostik
o Echokardiographie: Lokalisation/Größe von Wandbewegungsstörungen, Einschätzung von
Komplikationen (z.B. Aneurysma, Klappeninsuffizienz, Perikarderguss, Ruptur)
o Kardiales CT mit Darstellung der Koronararterien: Zum Ausschluss relevanter Stenosen
der Herzkranzgefäße bei prognostiziert niedriger bis mittlerer Wahrscheinlichkeit
einer koronaren Herzkrankheit, negativem Troponin T und unauffälligem EKG
Voraussetzungen: Niedrige Herzfrequenz (evtl. Gabe von Beta-Blockern vor Diagnostik),
keine Herzrhythmusstörungen
o Koronarangiographie

Therapie

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Allgemeines
• Gefäßzugang
• 12-Kanal-EKG (möglichst innerhalb der ersten 10 min nach Symptombeginn)
• Monitoring (RR, Puls mittels Pulsoxymeter, EKG), Oberkörperhochlagerung
• O2 bei Atemnot bzw. erniedrigter Sauerstoffsättigung <90%

Medikamente
• Gerinnungshemmende Maßnahmen: Gabe einer
dualen Thrombozytenaggregationshemmung und eines Antikoagulans
• Initiale Thrombozytenaggregationshemmung bei akutem Koronarsyndrom

39
• Acetylsalicylsäure 150–300 mg oral
• Ein P2Y12-Rezeptorantagonist (auch als ADP-Antagonist bezeichnet)
• Ticagrelor 180 mg oral oder
• Prasugrel 60 mg oral oder
• Clopidogrel 600 mg oral
• Gabe eines Antikoagulans
• Mittel der Wahl: Enoxaparin 0,5 mg/kgKG i.v. bei geplanter
Intervention mittels PTCA
• Beruhigung und Analgosedierung: Die Beruhigung senkt den Sympathikotonus und dadurch den
Sauerstoffbedarf des Herzens.
• Morphin (5 mg i.v.)
• Benzodiazepine (z.B.: Diazepam)
• Senkung der Vorlast
• Nitrate (Nitroglycerin oder ISDN)
• Beta-Blocker (i.v. oder p.o.): Beta-Blocker können ein Kammerflimmern verhindern und senken
die Mortalität.
• Beta-Blocker dürfen bei Bradykardie, Hypotonie oder kardiogenem Schock nicht gegeben
werden

Differentialdiagnose

Erkrankung Anamnese/Klinik Diagnostik


Plötzli Belastungsa Atemabh Charakteristika
ches bhängig ängig
Auftre
ten
Kardial
Akutes X X Ausstrahlung linke Schulter EKG: STEMI?
Koronarsyndrom/ Eher älterer Patient Labor: Troponin T/I
Angina pectoris
Perimyokarditis (X) X Im Liegen verstärkt Auskultation: Evtl.
Eher jüngerer Patient ohrnahes Reiben
Ggf. Infektanamnese Echo: Perikarderg
uss
Tako-Tsubo- X X Vor allem ältere Frauen Herzkatheter ohne
Kardiomyopathie Vor Durchführung eines Nachweis einer
Herzkatheters kaum von Koronarstenose
einem akuten bzw.
Koronarsyndrom zu Gefäßverschluss
unterscheiden
Pulmonal
Lungenembolie X X Thromboseanamnese/- Labor: D-
befund Dimere (unspezifis
Akut ch)
einsetzende Dyspnoe, Huste EKG:
n Rechtsherzbelastu
ng
CT-/MR-
Angiographie
Pneumonie X Fieber Entzündungspara
Dyspnoe, Husten meter
Röntgen-
Thorax (Infiltrat?)

40
Erkrankung Anamnese/Klinik Diagnostik
Pleuritis (sicca) X Auskultation:
Pleurareiben
Sono/Röntgen-
Thorax → Pleurae
rguss
(Spannungs-)Pneu X X Plötzliche Dyspnoe Hypersonorer
mothorax Spannungspneumothorax: Sc Klopfschall,
hocksymptomatik abgeschwächtes
Atemgeräusch
Röntgen-
Thorax (erhöhte
Transparenz)
Mediastinal
Aortendissektion X X Vernichtungsschmerz CT-/MR-
an Rücken/Abdomen Thorax und
Abdomen
(StanfordA/B?)
Gastrointestinal
Refluxkrankheit (X) Im Liegen verstärkt Gastroskopie
Druckgefühl/Sodbrennen
Mallory-Weiss- X Unmittelbare Episode Endoskopie
und Boerhaave- heftigen Erbrechens Boerhaave-
Syndrom Mallory-Weiss- Syndrom
Syndrom: Hämatemesis Röntgen
Boerhaave-Syndrom: Haut- mit
oder Mediastinalemphysem wasserlös
lichem
Kontrast
mittel
Computer
tomograp
hie
Ulcus ventriculi (X) NSAR-Einnahme Anämie (Blutung)
Evtl. Hämatemesis, Teerstuh Gastroskopie
l
Akute (X) Gürtelförmiger Schmerz mit Lipase↑
Pankreatitis „Gummibauch“ Hypokalzämie →
Schlechte
Prognose
Funktionelle Herzbeschwerden
Funktionelle X In stressigen Situationen Unauffällig
Herzbeschwerden Streng Ausschlussdiagnos
linksthorakale Sch e
merzen (da wo
das Herz ist)
Angst
Tachykardie

Frühkomplikationen (innerhalb 48 Stunden)


• Plötzlicher Herztod
• Herzrhythmusstörungen

41
• Ventrikuläre Extrasystolen
• Ventrikuläre Tachykardien (häufig: ca. 10–30%)
• Kammerflimmern
• Vorhofflimmern
• Sinusbradykardien
• Akute Linksherzinsuffizienz
• Rupturen (durch die entstandene Myokardnekrose)

Spätkomplikationen (mittel- und langfristige Folgeerkrankungen)


• Herzwandaneurysma (Ventrikelaneurysma): Diagnostik: Echokardiographie
• Perikarditis

Was sollte ich mit dem Patienten machen (Vital- Zeichen kontrollieren, Puls, Sauerstoff, Blutdruck usw.,
EKG, Röntgenthorax, Herzecho)
Fall es ein Infarkt wäre, was sehen wir auf dem EKG? (ST-Stecke Hebungen)
Wie gehen Sie mit dem Herzinfarkt um? (Vitale Zeichen kontrollieren, Monitor, Aspirin, Clopidogrel,
Morphin, Sauerstoff, Herzkatheter usw.)
Therapie: MONA-HB Therapie
was spricht in der Anamnese gegen eine Lungenembolie oder eine Aortendissektion.
EGK, Herzkathether, Herzechocardiographie
Welche Röntgenaufnahme würden Sie durchführen? Warum?
o Kardiales CT mit Darstellung der Koronararterien: Zum Ausschluss relevanter Stenosen
der Herzkranzgefäße bei prognostiziert niedriger bis mittlerer Wahrscheinlichkeit
einer koronaren Herzkrankheit, negativem Troponin T und unauffälligem EKG
Voraussetzungen: Niedrige Herzfrequenz (evtl. Gabe von Beta-Blockern vor Diagnostik),
keine Herzrhythmusstörungen
o CT-/MR-Thorax und Abdomen: Aortendissektion ausschließen
o CT-/MR-Angiographie: Lungenembolie ausschließen

Welche Untersuchung kann die Diagnose von Thrombose sichern? Wie äußert sich denn ein Thrombus?
- D-Dimere↑: Unspezifisch! Ein normaler D-Dimer-Wert schließt eine TVT oder LE nahezu aus –
erhöhte D-Dimere können jedoch viele Ursachen haben (bspw. postoperativ oder bei Malignomen
erhöht).

Wie äußert sich eine Hautausschlag?


Exantheme zeigen sich an der Hautoberfläche und breiten sich unterschiedlich stark aus, manchmal
netzartig oder landkartenförmig. Sie bilden sich bevorzugt an Händen und Fingern, Füßen und Zehen, an
Ellbogen und -beugen ebenso wie an den Innenseiten der Unterarme, an Knien und Beinen. Kennzeichnend
sind zudem Ausschläge am Rumpf, an Rücken und Brustkorb, in der Leistengegend, am Gesäß, in der
Genitalregion und im Gesicht. Aus ersten Rötungen und Blasen können sich schließlich Schuppen,
Krusten, Wunden und Risse entwickeln.
Juckreiz ist das häufigste Begleitsymptom von Hautausschlägen. Die betroffenen Stellen können außerdem
brennen, schmerzen oder überwärmt sein. Der Ausschlag erfasst mitunter auch die Schleimhäute in Mund
und Rachen (Fachbegriff dann: Enanthem). Möglicherweise kommen zusätzliche Krankheitszeichen dazu,
wie Fieber, Übelkeit, Schwitzen, Schwellungen, Atembeschwerden, Husten,
Lymphknotenschwellungen.

Schuppen? Der Unterschied zwischen schuppen und schuppenflechte?


- Die Schuppenflechte (Psoriasis) ist eine chronisch-entzündliche, erblich veranlagte Hauterkrankung,
die durch innerliche und äußerliche Auslöser provoziert werden kann. Neben den Nägeln können
auch die Gelenke befallen sein. Gefäße, Herz, Leber und Stoffwechselvorgänge können ebenfalls in
Mitleidenschaft gezogen werden. Ein großes Problem sind auch die psychosomatischen
Beschwerden und die Einschränkung der Lebensqualität der Patienten.
- Schuppen: trockene Haut

42
Warum haben Sie nach Fieber gefragt? Wenn Fieber bestehen würde, was könnte es sein? Was spricht dann
dagegen?
- Pneumonie?

Warum hat der Patient Allergie gegen Novalgin?. warum sollte er Novalging einnemhem?
Metamizol (Novalgin). Bursitis (Schleimbeutelentzündung)

Herzenzyme dem Patienten aufklären

43
Herzinsuffizienz

Eine Herzinsuffizienz liegt vor, wenn das Herz unfähig ist, das vom Organismus
benötigte Herzzeitvolumen bei normalem enddiastolischen Ventrikeldruck bereit zu stellen.

Ursachen
Häufige Ursachen
• KHK (Myokardinfarkt, Ischämie)
• Arterielle Hypertonie
• Vorhofflimmern
Seltenere Ursachen
• Kardiomyopathien (dilatativ: toxisch, z.B. Alkohol, Medikamente, Drogen; hypertroph, mit oder
ohne Obstruktion; restriktiv)
• Herzklappenfehler (angeboren/erworben),
• High-Output-Failure (Anämie, Thyreotoxikose, AV-Fisteln)
• Perikarderkrankungen

Einteilung
Eine Herzinsuffizienz wird nach ihrem klinischen Schweregrad in 4 NYHA-Stadien eingeteilt:
• NYHA I: Diagnostizierte Herzkrankheit ohne Symptome und ohne Einschränkung der
Belastbarkeit.
• NYHA II: Leichte Einschränkung der Belastbarkeit. Keine Symptome in Ruhe sondern erst bei
stärkerer Belastung.
• NYHA III: Starke Einschränkung der Belastbarkeit. Keine Symptome in Ruhe, jedoch bereits bei
leichter Belastung.
• NYHA IV: Persistierende Symptomatik auch in Ruhe.

Eine etwas gröbere Einteilung erfolgt in:


• Kompensierte Herzinsuffizienz: Verursacht Beschwerden nur unter Belastung
• Dekompensierte Herzinsuffizienz: Verursacht Ruhebeschwerden

nach Pathomechanismus
• Systolische Herzinsuffizienz: Verminderte Ejektionsfraktion
• Diastolische Herzinsuffizienz: Herabgesetzte Relaxationsfähigkeit des Ventrikels, behinderte
Ventrikelfüllung in der Diastole (z.B. durch Kammersteifigkeit)

Pathogenese
Eine Herzinsuffizienz entsteht, wenn die Pumpleistung nicht mehr ausreicht, um sich selbst und
extrakardiale Organstromgebiete adäquat mit Blut, Sauerstoff und Substraten zu versorgen. Kompensatorisch
werden verschiedene Adaptationsmechanismen angeschaltet, mit denen es gelingt, vorübergehend das
erforderliche Herzminutenvolumen aufrechtzuerhalten. Bei chronischer Aktivierung tragen diese
Mechanismen jedoch zur Progression der Herzinsuffizienz, wobei ein Circulus vitiosus entsteht.
Die chronische Herzinsuffizienz wird in den meisten Fällen durch eine Verminderung
des kontraktilenHerzmuskelgewebes verursacht. Histologisch sieht man einerseits ein krankhaftes Wachstum
einzelner Herzmuskelzellen (myozytäre Hypertrophie), andererseits einen gesteigerten Zellverlust
(myozytäre Apoptose).

1. Abnahme des Herzzeitvolumens → Steigerung der Herzfrequenz (Durch die Herzinsuffizienz


kommt es zu einer Abnahme des Schlag- und Herzzeitvolumens sowie des Blutdrucks. Ein
Blutdruckabfall wird u.a. durch Barorezeptorendetektiert. Gegenregulatorisch kommt es zu einer
gesteigerten Sympathikusaktivierung mit Steigerung der Herzfrequenz und des Blutdrucks.
Kurzfristig kann durch eine gesteigerte Herzfrequenz ein vermindertes Schlagvolumen kompensiert
und das Herzzeitvolumenvorerst konstant gehalten werden.)
• → Verkürzte Diastole
• → Koronardurchblutung↓

44
• → Koronarinsuffizienz
• → Schlagvolumen↓ (Therapie: Betablocker)
2. Verminderte renale Perfusion durch Abnahme des Schlag- und Herzzeitvolumens → Aktivierung
des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS)
• Angiotensin II↑ → Durch Vasokonstriktion: Nachlast↑ → Sauerstoffverbrauch des Herzens↑
→ Schlagvolumen↓ (Therapie: ACE-Hemmer)
• Aldosteron↑ → Resorption von Wasser in der Niere↑ → Pulmonale Stauung und
Ödembildung (Therapie: ACE-Hemmer, Aldosteronantagonisten, Diuretika)

Betablocker: Langfristig beeinflusst eine gesteigerte Herzfrequenz die Koronardurchblutung negativ, weil
diese hauptsächlich in der Diastole stattfindet. Die verminderte Koronardurchblutung hat eine
Koronarinsuffizienz zur Folge, die in der Endstrecke das Schlagvolumen weiter reduziert. In diesen Prozess
kann durch die Gabe von Betablockern eingegriffen werden, indem die Wirkung des Sympathikus auf
das Herz antagonisiert wird.

ACE-Hemmer: Angiotensin II wirkt stark vasokonstriktorisch und erhöht somit die Nachlast. Kurzfristig
sichert die Steigerung der Nachlast die Organperfusion. Langfristig erhöht sie durch Herzarbeit den
Sauerstoffverbrauch und vermindert somit das Schlagvolumen. In diesen Prozess kann durch die Gabe
von ACE-Hemmern/AT1-Antagonisten eingegriffen werden.

ACE-Hemmer, Aldosteronantagonisten, Diuretika: Durch die höhere myokardiale Wandspannung


kommt es zu einem vermehrten Sauerstoffverbrauch sowie durch die gesteigerte Rückresorption von Wasser
weiterhin zu pulmonaler Stauung und Ödembildung. In diesen Prozess kann durch die Gabe von ACE-
Hemmern/AT1-Antagonisten, Aldosteronantagonisten und Diuretika eingegriffen werden.

Symptome

Oftmals liegt im klinischen Alltag eine globale Herzinsuffizienz vor, die sowohl Zeichen der Links- als
auch Rechtsherzinsuffizienz aufweist!

Symptome der Linksherzinsuffizienz


• Bei Rückwärtsversagen (vor dem linken Herzen)
• Dyspnoe (zunehmend von Belastungsdyspnoe bis Orthopnoe)
• Tachypnoe
• (Nächtliche) Hustenanfälle mit Dyspnoe (= „Asthma cardiale“)
• Zyanose
• Pulmonale Stauung / Pleuraergüsse
• Lungenödem
• Bei Vorwärtsversagen (evtl. zusätzlich)
• Renale Perfusions- und Funktionsminderung („kardiorenales Syndrom bei Low-Output“)
• Zerebrale Minderperfusion mit vielfältigen Erscheinungsformen à gestörte Vigilanz und
Verwirrtheit.
• Schwächegefühl und Leistungsabnahme

Symptome der Rechtsherzinsuffizienz


• Bei Rückwärtsversagen (vor dem rechten Herzen)
• Mechanismus: Der Rückstau des Blutes in den systemvenösen Kreislauf führt zu einem
erhöhten hydrostatischen Druck in den Kapillaren und deshalb zu einem vermehrten
Flüssigkeitsaustritt in das Interstitium
• Beinödeme: Nykturie infolge der nächtlichen Rückresorption und Ausscheidung
der Ödeme.
• Stauungsleber
• Hepatomegalie
• Ggf. Leberkapselspannungsschmerz

45
• Evtl. Ikterus, Aszites (Stauungstranssudat), „Cirrhose cardiaque“
(atrophische Stauungsleber)
• Makroskopisch: Muskatnussleber, Herbstlaubleber
• Erhöhung des zentralvenösen Drucks mit sichtbarer
Venenstauung (bspw. sichtbare Halsvenen) = „obere Einflussstauung“
• Stauung weiterer Organe, z.B. Stauungsgastritis (Übelkeit, Appetitlosigkeit),
Stauungsniere (Nierenfunktionseinschränkung)

Diagnostik

Anamnese
Hierbei sind insb. von Bedeutung:
• Vorerkrankungen: Zu fragen ist insb. nach KHK, Myokardinfarkten, Familienanamnese (Plötzlicher
Herztod von nahen Verwandten? Kardiomyopathien?).
• Alkoholkonsum
• Vormedikation und/oder Änderungen der Medikation
• NSAR als Trigger einer Dekompensation

Körperliche Untersuchung
• Palpation des Herzens: Ggf. verlagerter und verbreiterter Herzspitzenstoß
• Auskultation des Herzens: Herzgeräusche als Hinweis auf ein Klappenvitium, 3. Herzton
• Auskultation der Lunge: Feuchte Rasselgeräusche
• Pulsqualität: Ggf. Pulsus alternans
• Klinische Abschätzung des zentralvenösen Drucks: Erhöhte ZVD-Werte
• Prüfung des hepatojugulären Reflux: Prolongierte sichtbare Halsvenenstauung
• Siehe: Symptome/Klinik

EKG
• Unspezifisch bzw. je nach Ätiologie der Herzinsuffizienz vielfältige Auffälligkeiten

Echokardiographie: Basisdiagnostikum jeder Herzinsuffizienz


• Linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF): Zur Beurteilung des echokardiographischen
Schweregrades einer Herzinsuffizienz, Messung im Zweikammerblick [1]
• Herzmuskelhypertrophie: Ventrikelseptumdicke über 11 mm (Norm 6–11 mm)
• Beurteilung der Herzklappen: Nachweis struktureller Veränderungen/Vitien
• Beurteilung der Wandbewegungen: Regionale Wandbewegungsstörungen bei Ischämie
• Beurteilung der Rechtsherzbelastung: Detektion einer akuten oder chronischen
Rechtsherzbelastung
• Gewebedoppleruntersuchung: Differenzierung zwischen diastolischer und systolischer
Funktionsstörung(Verhältnis E/É )

Röntgen-Thorax
• Kardiomegalie
• Pulmonale Stauungszeichen (bei Linksherzinsuffizienz)
• Vermehrte Gefäßzeichnung: Gestaute Hilusgefäße
• Die Silhouette der Lungenhili im p.a.-Bild wird hauptsächlich durch die Pulmonalgefäße und
die Hauptbronchien begrenzt. Eine Lungenstauung führt zur ödematösen Schwellung der
Gefäßwände, die sich deshalb im Röntgen-Thorax unscharf darstellen.
• Lungenödem

Sonographie
Sonographische Untersuchungen können helfen, den Volumenstatus und den Therapieerfolg bei
einer kardialen Dekompensation zu beurteilen.
• Sonographie der Pleurahöhlen
• Sensitivste Methode zur Erfassung von Pleuraergüssen

46
• Sonographie der großen Gefäße
• Der Füllungszustand der Vena cava inferior gilt als grober Marker für
das intravasale Volumen
• Normalbefund: Durchmesser der Vena cava inferior <2 cm, Atemvariabilität mit
inspiratorischer Lumenverkleinerung
• Sonographie der Abdominalorgane
• Leber: Stauungshepatopathie
• Nieren und ableitende Harnwege: Ausschluss postrenaler Ursachen bei begleitender
Nierenfunktionsverschlechterung oder bei sistierender/eingeschränkter Diurese
(Harnstau? Harnverhalt?)

Laborchemische und invasive Diagnostik


• Laborchemische Diagnostik
• BNP oder NT-proBNP (Brain Natriuretic Peptide bzw. N-terminales pro BNP): BNP wird
durch die Dehnung bzw. Überlastung der Ventrikel freigesetzt
• Differentialdiagnosen bei erhöhtem BNP/NT-proBNP (auszugsweise)
• Herzinsuffizienz
• Nieren-/Leberinsuffizienz
• Pulmonale Hypertonie
• Lungenembolie
• Erfassung kausaler Faktoren und häufiger Komorbiditäten bei Herzinsuffizienz
• Hämoglobinwert zur Detektion einer Anämie
• Ferritin
• TSH zur Detektion von Schilddrüsenfunktionsstörungen
• Troponin bei Verdacht auf Myokardinfarkt
• Kreatinin zur Detektion des renalen Funktionsstatus bei Aufnahme/Erstdiagnose und
zur Verlaufskontrolle unter geänderter diuretischer Therapie (z.B. bei
Dekompensation an Tag 1, 3 und 7 je nach klinischer Dynamik)
• Natrium: Eine Hypernatriämie ist häufig die Folge einer Dehydratation,
eine Hyponatriämie resultiert hingegen aus Dilution, SIADH und/oder diuretischer
Übertherapie, insb. mit Thiaziddiuretika.
• Kalium: Entgleisungen des Kaliums sind bei Herzinsuffizienz meistens Folge von
Komorbiditäten oder Medikamentennebenwirkungen. Hyperkaliämien liegen z.B.
häufig bei begleitender dekompensierter Niereninsuffizienz, bei einer
medikamentösen RAAS-Inhibition oder bei Kaliumüberdosierung nach Substitution
vor. Hypokaliämien resultieren dagegen oft aus einer Diuretikatherapie, seltener
sind sie bei bisher unbehandelten Patienten auch Folge eines sekundären
Hyperaldosteronismus.
• CRP/Leukozyten bei Hinweisen auf Infektion → Ggf. Fokussuche und
Mitbehandlung: Fieberhafte Infektionen können Auslöser einer kardialen
Dekompensation sein
• GOT und GPT: Bei Stauungsleber findet sich meist eine Erhöhung beider Werte,
die GPT ist dabei i.d.R. höher als die GOT.
• Albumin: Albuminmangel kann zu generalisierten Ödemen führen und ist als
Differentialdiagnose bzw. zusätzliche Erkrankung bei Herzinsuffizienz in Betracht
zu ziehen. Erhöhtes Albumin findet sich vor allem bei intravasalerDehydratation.
Ein Albuminmangel hingegen kann auf weitere Komorbiditäten wie
Mangelernährung, renale Verluste (nephrotisches Syndrom) oder eine
Lebersynthesestörung hinweisen.
• BZ, ggf. HbA1c: Diabetes mellitus kann die Prognose einer Herzinsuffizienz
verschlechtern und sollte somit frühzeitig erkannt und therapiert werden.
• Quick-Wert/INR: Patienten mit Herzinsuffizienz werden bei Vorhofflimmernhäufig
mit Vitamin-K-Antagonisten behandelt oder können bei ausgeprägten Formen
einer Stauungsleberauch eine Synthesestörung entwickeln. Beide Zustände können
alleine oder in Kombination zu Entgleisungen des INR führen.

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• Harnsäure: Eine Hyperurikämie kann insb. bei Therapie mit Thiazidenvorliegen und
das Risiko für Gicht steigern. Zur Behandlung eines Gichtanfalls bei
Herzinsuffizienz sind NSAR jedoch möglichst zu meiden!
• Urinstatus zur Erfassung einer Glucosurie oder Proteinurie : Durch
einen Urinstatus können Infekte, das Vorliegen einer
ausgeprägten Proteinurie infolge einer begleitenden Niereninsuffizienz und
orientierend auch der Glucosestoffwechsel beurteilt werden. Ggf. Ergänzung einer
Urin-Elektrophorese zur qualitativen Beurteilung der Proteinurie.

Invasive Diagnostik
• Koronarangiographie/Linksherzkatheteruntersuchung: Erfassung/Validierung und Therapie kausaler
Faktoren (z.B. KHK, präoperative Vitiendiagnostik mittels Laevokardiographie)
• Rechtsherzkatheteruntersuchung: Bestimmung des Wedge-Drucks (PCWP) → Korreliert eng mit
dem LVEDP
• PCWP < LVEDP bei Aortenklappeninsuffizienz, restriktiver Kardiomyopathie,
vorbestehenden Druckerhöhungen des linken Vorhofs >25 mmHg
• PCWP > LVEDP bei invasiver Beatmung (PEEP), erhöhtem Atemwegswiderstand (z.B.
bei COPD), Mitralstenose, Vorhoftumoren
• Erfassung einer pulmonalarteriellen Hypertonie durch Bestimmung der Drücke des
rechtsventrikulären Systems
Belastungsuntersuchungen
• Belastungs-EKG
• Indikation: Verdacht auf eine KHK, zur Klärung der Indikation für
eine Koronarangiographie, zur Beurteilung der Belastbarkeit zwecks gezielter
Therapieempfehlungen zur körperlichen Aktivität
• Stress-Echokardiographie
• Indikation: Verdacht auf KHK, aber ergometrische Belastung nicht möglich

8 Therapie
8.1 Kontrolle und kausale Therapie von Risikofaktoren
• Kontrolle einer arteriellen Hypertonie; Myokardrevaskularisation bei Nachweis von
ischämischem Myokard
• Therapie eines Herzklappenfehlers (Op, Ballonvalvuloplastie)
• Schrittmachertherapie bzw. antiarrhythmische Therapie bei arrhythmieinduzierter Herzinsuffizienz
• Therapie von Schilddrüsenfunktionsstörungen
• Anämiediagnostik und -korrektur
• Alkoholentzugsbehandlung bei alkoholtoxischer Kardiomyopathie
• Therapie von Perikarderkrankungen
8.2 Nicht-medikamentös
Die nicht-medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz besteht aus einer Reihe von Allgemeinmaßnahmen,
die die Arbeitslast des Herzens reduzieren bzw. eine weitere Schädigung des Myokards verhindern sollen:
• Gewichtsreduktion
• Kochsalzreduktion
• Limitierung der Flüssigkeitszufuhr
• Limitierung bzw. Restriktion des Alkoholkonsums
• Reduktion kardiovaskulärer Risikofaktoren (CVRF)
• An die Herzinsuffizienz angepasste körperliche Bewegung
8.3 Medikamentös
Die Therapie mit Medikamenten erfolgt in Abhängigkeit vom Schweregrad der Herzinsuffizienz. Darüber
hinaus sind die Symptomatik (z.B. Ödeme) sowie das Vorhandensein von Begleiterkrankungen
(z.B. Hypertonie) wichtige Faktoren für die Festlegung der genauen Medikation. Als häufigste
Wirkstoffgruppen werden verwendet:
• ACE-Hemmer, ab NYHA I Mittel der Wahl, da sie die Gesamtmortilität (bis zu 25%) senkt und die
Prognose verbessern.

48
• Aldosteron-Antagonisten, ggf. bei NYHA III und IV
• Diuretika
• Betarezeptorenblocker, bei NYHA I nach Myokardinfarkt, und NYHA II-IV (Bisoprolol, Carvedilol
oder Metoprololsuccinat)
• Herzglykoside (nur bei tachykardem Vorhofflimmern – ansonsten nur noch Reservemedikament bei
therapierefraktärem NYHA III- und IV-Stadium!)
• Phosphodiesterase-III-Hemmstoffe die ISDN oder Hyhydralazin bei NYHA II – IV und
Intoleranz/Kontraindikation für ACE-Hemmer und AT1-Blocker (in Absprache mit Kardiologen)
Der medikamentöse Eingriff in den Wasser und Elektrolythaushalt erfordert tägliche Gewichtskontrollen des
Patienten.
8.4 Implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (ICD)
Ein implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (ICD) ist indiziert bei Patienten mit maligner
Herzrhythmusstörung und/oder fortgeschrittener Herzinsuffizienz mit einer Ejektionsfraktion <30%.
8.5 Kardiale Resynchronisation (CRT)
Die kardiale Resynchronisation durch biventrikuläre Schrittmachersysteme ist indiziert bei Patienten mit
einer Ejektionsfraktion <35 %, erhaltenem Sinusrhythmus und Linksschenkelblock.
8.6 Weitere unterstützende Therapien
Ventrikelreduktionsplastik, mechanische Unterstützungssysteme
8.7 Herztransplantation
Ist die Ultima ratio, wenn andere Therapieoptionen versagen.

welche Geräusche in den Lungen bei der Herzinsuffizienz (Rassel)


was ist HCT (Diuretika, Hydrochlorothiazid)
Körperliche Untersuchung (was macht man: Lunge, Herz, Abdomen abhören)
wo kann sich Wasser bei der Herzinsuffizienz sammeln (Beine, Bauch, Lunge)
warum hat er zugenommen (Wasser sammelt sich)

49
Hyperthyreose

1 Definition
Die Hyperthyreose bezeichnet eine Überfunktion der Schilddrüse. Die durch eine Hyperthyreose bedingte
Stoffwechselentgleisung nennt man Thyreotoxikose.
Das Gegenteil der Hyperthyreose ist die Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose).
2 Einteilung
2.1 ...nach Ort der Störung
Man unterscheidet:
• primäre Hyperthyreosen: echte Schilddrüsenüberfunktion durch inadäquate Sekretion
von Schilddrüsenhormonen bei Störungen der Schilddrüse selbst, z.B. bei Autonomien und Morbus
Basedow
o manifest: Erhöhung der peripheren Schilddrüsenhormone und gleichzeitige TSH-
Erniedrigung
o latent: isolierte TSH-Erniedrigung
• sekundäre Hyperthyreosen: überschießende Anregung durch eine erhöhte TSH-Aktivität, z.B. bei
hormonbildenden Tumoren der Hypophyse)
2.2 ...nach Symptomatik
Unabhängig davon ist die Unterscheidung in subklinische (asymptomatische) und klinische (mit Symptomen
behaftete) Hyperthyreosen.
2.3 ...nach Ätiologie
• Medikamenten-induzierte Hyperthyreose (Amiodaron-induzierte Hyperthyreose)
• Paraneoplastische Hyperthyreose

3 Ätiologie
Die häufigsten Ursachen einer Hyperthyreose sind eine Schilddrüsenautonomie und ein Morbus Basedow.
Seltener können u.a. auch eine Thyreoiditis oder ein Schilddrüsenkarzinom sowie -hormonresistenz sein.
• Entzündlich
• Passager bei subakuter Thyreoiditis de Quervain
• Passager bei Hashimoto-Thyreoiditis (sog. Hashitoxikose)
• Iatrogen

50
• Hyperthyreosis factitia durch exogene Zufuhr von Schilddrüsenhormonen bzw. Jod
• insb. jodhaltige Röntgenkontrastmittel (s. Prophylaxe vor Gabe jodhaltiger
Kontrastmittel)
• Einnahme von Amiodaron, siehe auch Amiodaron-induzierte Hyperthyreose

4 Symptome
Klinische Zeichen einer Hyperthyreose sind u.a.:
• Unruhe, Nervosität, Erregung und Hyperaktivität
• Schlafstörungen
• Wärmeintoleranz mit erhöhter Schweißneigung
• Arrhythmien, z.B. Vorhofflimmern und Sinustachykardien
• Arterielle Hypertonie, hohe RR-Amplitude
• feinschlägiger Tremor
• Gewichtsverlust mit großem Appetit
• Muskelschwäche
• Erhöhte Stuhlfrequenz bis hin zum Durchfall
• Menstruationsstörungen
• Alopezie
Die Symptomatik einer Hyperthyreose kann nach klinischen Gesichtspunkten mithilfe des Burch-Wartofsky-
Scores bewertet werden.

5 Diagnostik
Neben Anamnese (Medikamente, Kontrastmitteluntersuchungen) und körperlicher Untersuchung ist
eine Laboruntersuchung zur Diagnostik der Hyperthyreose unerlässlich. Additiv kommen zur weiteren
Abklärung auch Sonographie und Isotopenuntersuchungen (Szintigraphie) zum Einsatz.
5.1 Laboruntersuchung
• Serumkonzentrationen der Hormone fT3 und fT4
• TSH-Spiegel erniedrigt (außer bei sekundärer Hyperthyreose und Schilddrüsenhormonresistenz)
• Schilddrüsen-Antikörper (TRAK, TPO-Ak, Tg-Ak)
5.2 Dopplersonographie
• Vergrößerte Schilddrüse (Struma)
• Vermehrte Vaskularisierung
• Inhomogenitäten
5.3 Szintigraphie
• Erhöhter Uptake von Isotopen (z.B. Technetium)
Bei latenter Hyperthyreose sind die Serumkonzentrationen der Schilddrüsenhormone noch
im Normbereich und es zeigt sich im Labor lediglich eine Erniedrigung des TSH. Von
einer manifestenHyperthyreose spricht man, wenn im weiteren Verlauf auch eine Erhöhung der
Schilddrüsenhormone nachweisbar ist. Das fT3 ist dann fast immer erhöht, fT4 in rund 90 % der Fälle.

6 Therapie
Die Therapie einer Hyperthyreose richtet sich nach ihrer genauen Ursache. Sie umfasst meist mehrere
Therapiemaßnahmen.
6.1 Medikamentöse Therapie
Eine Basismaßnahme ist die Senkung des erhöhten Hormonspiegels
mit Thyreostatika wie Thiamazol, Carbimazol oder Propylthiouracil. Sie hemmen
die Schilddrüsenhormonsynthese, wirken jedoch erst mit einer Latenz von etwa einer Woche. Wird die
Hyperthyreose durch eine Thyreoiditis ausgelöst, sind sie unwirksam, da sie die Freisetzung der in der
Schilddrüse gespeicherten Hormone im Rahmen der Entzündung nicht
beeinflussen. Adjuvant werden Betablocker (Propranolol) verabreicht, um die Symptomatik, v.a.
die Tachykardie, abzumildern.
6.2 Operative Therapie
Durch eine Strumaresektion oder Thyreoidektomie wird das hormonproduzierende Schilddrüsengewebe
reduziert oder entfernt. Voraussetzung ist eine präoperative Normalisierung der Hormonwerte. Nach

51
vollständiger Entfernung der Schilddrüse ist lebenslang eine Hormonersatztherapie mit Thyroxin zur
Vermeidung einer Hypothyreose erforderlich.
6.3 Radiojodtherapie
Eine Radiojodtherapie zerstört das Schilddrüsengewebe durch radioaktive Strahlung, die mithilfe
von Radiopharmaka zugeführt wird. Sie kann nach einer medikamentösen Normalisierung der Laborwerte
alternative zur Operation eingesetzt werden. Bei Schwangeren und in der Stillzeit ist sie kontraindiziert.
6.4 Therapie der thyreotoxischen Krise
Die Behandlung erfordert notfallmedizinische Maßnahmen und umfasst u.a:
• medikamentöse Therapie:
Thyreostatika, Natriumperchlorat, Glukokortikoide (Prednisolon), Gallensäurebinder
• Betablocker, Heparin (Thromboseprophylaxe)
• sonstige Maßnahmen: Elektrolyt- und Flüssigkeitsersatz, Parenterale
Ernährung, Hyperthermiebehandlung (z.B. durch Eisbeutelpackungen), Antibiotikagabe bereits bei
Verdacht einer bakteriellen Infektion
• allgemeine pflegerische Maßnahmen: Dekubitusprophylaxe, Trachealtoilette

DD
• Psychosen
• Drogenabusus (Kokain, Amphetamine)
• Unbehandelter Diabetes mellitus (Gewichtsverlust trotz Heißhunger)

DD
Differentialdiagnosen kämen in Betracht:
• andere Erkrankungen mit hyperthyreoter Stoffwechsellage : Schilddrüsenautonomie, Hashimoto-
Thyroiditis in der initialen Phase, Schilddrüsenkarzinom.
• Medikamente induzierte Hyperthyreose: durch Amiodaron
• ein extrathyroidales Malignom, da der Patient über B-Symptome klagt (wenn Gewichtsabnahme
>10% des Kgs in 6 Monaten). Aufgrund der positive Raucheanamnese und der Belastungsdyspnoe
sollte an ein Bronchialkarzinom gedacht werden.
• Die Symptome Tachykardie, Zittrigkeit und Schwitzen können auch auf
ein Phäochromozytom hinweisen.Typische Trias: Kopfschmerzen Schwitzen Tachykardie.
• funktionelle Beschwerden, z.B postmenopausales Syndrom mit vermehrten Schwitzen und
psychischen Symptomen oder lavierte Depression (Ausschlussdiagnosen)

Diagnostik
• Korperliche Untersuchung:
§ diffus vergrößerte Schilddrüse (Struma)
§ Tachyarrhythmie (Herzfrequenz > 100/Min)
§ erhöhte Körpertemperatur
§ Exophtalmus
§ Schwirren der Schilddrüse als typische klinische Zeichen einer Basedow-Krankheit
• Labor:
§ Blutbild und Differentialblutbild (unauffällig)
§ TSH erniedrigt
§ freies T3 und freies T4 erhöht
§ TRAK (TSH-Rezeptor Auto-Antikörper) positiv (>95% der Fälle)
§ Anti-TPO-AK (Antikörper gegen thyreoidale Perixodase, häufig positiv bei Hashimoto-
Thyreoiditis) positiv (>70% der Fälle)
• Schilddrüsensonographie : diffuse echoarmut des Schilddrüsenparenchyms mit oder ohne
Volumenzunahme.
• Schilddrüsenszintigrafie : Struma mit gesteigertem Technetium-Uptake, im Sinne einer
Hyperthyreose.
• EKG : Sinustachykardie oder Atrim Fibrillation
• Feinnadelpunktion zur zystologyschen Diagnostik bei Tumorverdächtigem Befund der
Schilddrüse, z.B bei kaltem Knoten in Szintigrafie.

52
• Röntgen Thorax in 2 Ebenen, (Hinweis auf Tumor oder sonstige Ursache für Gewichtsabnahme), CT
Thorax und Abdomensonographie im Falle eines weiter abklärungsbedürftigen Befunds.
• Bestimmung von Adrenalin und Noradrenalin bei Verdacht auf Phäochromozytom

verschiedenen Charakteren des Pulses, d.h. Frequenz, Amplitude und Rhythmus


Wenn ihr Anämie sagt, fragen sie, ob Tachykardie mit Anämie einhergeht
Wenn ihr Karzinom sagt, fragen sie, ob der Verdacht zur Symptomatik des Patienten passt.
Was meinen Sie bei Konzentrationsstörungen?

Der Patient habe nur 2 kg abgenommen, ist das signifikant?


Signifikant ist eine Gewichtsabnahme von 5 kg oder 5 % des Körpergewichts in weniger als 6-12 Monaten

Was ist Glaukom? Die Symptomen und Behandlung? Komplikation?


Glaukom ist ein Sammelbegriff für Erkrankungen des Auges, die mit einer Druckschädigung des Nervus
opticus (Optikusneuropathie) und damit verbundenen Gesichtsfeldausfällen und Veränderungen
der Sehnervenpapille einhergehen.
• Primäres Glaukom - tritt eigenständig auf und ist nicht Folge einer anderen Augenerkrankung.
• Sekundäres Glaukom - tritt als Folge einer vor bestehenden Augenerkrankung oder als
unerwünschte Nebenwirkung eines Medikaments, ärztlichen Eingriffs oder traumatisch bedingt auf.
Symptome:
• Starke Augen- und Kopfschmerzen
• Ausstrahlung in Trigeminusinnervationsgebiete mit Schmerzen und Sensibilitätsstörungen
• Vegetative Symptome durch Vagusreiz (Erbrechen, Übelkeit)
• Visuseinschränkung
• Halos kommen als Prodromi vor
• Tastbar harter Bulbus
• Gerötetes Auge
• Mittelweite, entrundete Pupille
Diagnostik: Die Diagnostik des Glaukoms dient neben der Abklärung der genauen Glaukom-Entität und der
daraus abzuleitenden Therapie vor allem auch der Objektivierung einer eventuell bereits vorliegenden
Schädigung des Nervus opticus:
• Spaltlampenuntersuchung - allgemeine Beurteilung des Auges, insbesondere Beurteilung der
Vorderkammertiefe als wegweisendem Parameter
• Gonioskopie - Beurteilung des Trabekelwerks
• Augeninnendruckmessung
• Untersuchung des Augenhintergrundes (Fundoskopie) - Beurteilung der Sehnervenpapille und des
Nervus opticus
• Perimetrie - Objektivierung der Gesichtsfeldausfälle
Therapie: Ziel der Therapie ist eine Senkung des Augeninnendrucks. Bei sekundären Glaukomen steht die
Therapie der Grunderkrankung im Vordergrund. Therapeutische Maßnahmen können sein:
• medikamentöse Therapie, durch die entweder die Produktion von Kammerwasser reduziert oder der
Abfluss gesteigert wird; z.B. Acetazolamid oder lokale Miotika (Pilocarpin-Tropfen)
• operative Therapie durch eine Trabekulektomie oder eine Goniotomie
• Lasertherapie
o selektive Lasertrabekuloplastik
o Laseriridotomie bei Engwinkelglaukom
o Zyklophotokoagulation (Destruktion des Ziliarkörpers)
Komplikationen
• Chronisches Glaukom
• Progredienter irreversibler Gesichtsfeldverlust
• Erblindung des Auges bei zu später oder inadäquater Therapie
• Akuter Glaukomanfall → Je länger der Glaukomanfall unbehandelt bleibt, desto höher ist die
Komplikationsrate
• Ischämie und Atrophie des N. opticus → Erblindung
• Druckschädigung des M. sphinkter pupillae → Mittelweite Pupille

53
• Synechien zwischen Iris und Trabekelwerk des Kammerwinkels
• Synechien zwischen Linse und Iris
• Ischämie und Nekrose der Iris
• Maximalvariante: Glaucoma absolutum (u.a. Erblindung, ödematöse Hornhaut, erhöhter
Augeninnendruck, Rubeosis iridis, chronische Entzündung; bei chronischen Schmerzen ggf.
Enukleation notwendig)

An welcher Krankheit war Mutter von ihm gestorben? Was ist die häugiste Ursache für Peritonitis in diesem
Alter? (divertikulitis)

Wie gehen Sie mit den Patienten weiter? Körperliche Untersuchung. Was in KU? (Augen, Schilddrüse,
Tremor in den Händen, prätibial Myxödem in den Beinen)

Was können Sie mit dem Stethoskop hören? (Schwirren)

Dann Blutabnahme
• Serumkonzentrationen der Hormone fT3 und fT4
• TSH-Spiegel erniedrigt (außer bei sekundärer Hyperthyreose und Schilddrüsenhormonresistenz)
• Schilddrüsen-Antikörper (TRAK, TPO-Ak, Tg-Ak)

Ursachen für Hyperthyreose? (Morbus Basedow, Schilddrüsenautonomie, Hashimotos Thyreoiditis)

Ultraschall (Aufklärung)

Wie sieht Schilddrüse im Ultraschall aus? Können wir mit dem Ultraschall zwischen kalte und heiße Knoten
unterscheiden? (nein Szintigraphie). Szintigraphie Aufklärung

Weiter Behandlung (Thyreostatika, wenn nicht verbessert dann Ultima ratio, jod ablation oder
Thyreoidektomie)

54
Hypothyreose

Definition
Hypothyreose ist der medizinische Fachausdruck für eine Unterfunktion der Schilddrüse.
Das Gegenteil der Hypothyreose ist die Thyreotoxikose bzw. die Hyperthyreose.
2 Einteilung
2.1 ...nach Ort der Störung
Man unterscheidet
• primäre Hypothyreosen: "echte" Schilddrüsenunterfunktionen, bei denen die Funktion der
Schilddrüse selbst gestört ist, und
• sekundäre Hypothyreosen: mangelnde Anregung durch eine reduzierte TSH-Aktivität, z.B. bei
Schädigungen der Hypophyse.
Seltene Formen der Hypothyreose sind tertiäre Störungen (z.B. bei Schädigungen des Hypothalamusoder
beim Pickardt-Syndrom, einer Unterbrechung der Portalgefäße zwischen Hypothalamus und Hypophyse)
sowie die Schilddrüsenhormonresistenz, eine angeborene Störung der Rezeptoren für Schilddrüsenhormone.
Die primäre Hypothyreose wird wiederum in eine manifeste (Erniedrigung der
peripheren Schilddrüsenhormone und darauf zurückgehende TSH-Erhöhung) und eine latente Form
(isolierte TSH-Erhöhung bei noch normalen peripheren Schilddrüsenhormonen) unterteilt.
Es ist Gegenstand aktueller Kontroversen, ob die Obergrenze des TSH-Referenzbereichs abgesenkt werden
sollte, und ob die so definierten sublatenten Funktionsstörungen einen Krankheitswert besitzen.
Bei sekundären Hypothyreosen unterscheidet man eine partielle (erniedrigte oder niedrig normale periphere
Schilddrüsenhormone bei inadäquat niedriger, aber noch im Referenzbereich liegender TSH-Aktivität) von
einer kompletten thyreotropen Insuffizienz (Hypothyreose bei supprimierter TSH-Aktivität).
2.2 ...nach Symptomatik
Unabhängig davon ist die Unterscheidung in subklinische (asymptomatische) und klinische (mit Symptomen
behaftete) Hypothyreosen.
2.3 ...nach Zeitpunkt des Auftretens
• Angeborene Hypothyreose (kongenitale Hypothyreose)
• Erworbene Hypothyreose
3 Ätiologie
Meist ist eine Autoimmunthyreopathie die Ursache für eine primäre Hypothyreose. Eine etwas seltenere
Ursache ist eine polyzystische Schilddrüsenerkrankung. Darüber hinaus kommen Hypothyreosen auch
nach Operationen oder Radiojodtherapien vor (thyreoprive Hypothyreose). Gelegentlich können sie
Symptome einer Vergiftung sein. Verhältnismäßig selten sind akute und subakute Thyreoiditiden. Unter dem
Begriff der idiopathischen Hypothyreose werden unterschiedliche Ätiologien, u.a. eine abgelaufene Silent-
Thyreoiditis und genetische Ursachen zusammengefasst.
Sekundäre und tertiäre Hypothyreosen sind durch Störungen der Hypophyse, des Hypothalamus oder des
hypothalamo-hypophysären Portalgefäßsystems bedingt. Ursachen hierfür können Neoplasien (z.
B. Hypophysenadenome), Infarkte (z. B. Sheehan-Syndrom), Operationen oder Schädel-Hirn-Traumata sein.
Ebenfalls zu den sekundären Hypothyreosen gehört die reversible thyreotrope Adaptation im Rahmen
eines Non-Thyroidal-Illness-Syndroms.
Eine Schilddrüsenhormonresistenz gehört ebenso wie Enzymdefekte in der Schilddrüse (dyshormogene
Struma) zu den angeborenen erblichen Krankheitsbildern.
4 Symptome
Typische Allgemeinsymptome der Hypothyreose sind Müdigkeit, Appetitlosigkeit und Gewichtszunahme.
Darüber hinaus sieht man:
• Trockene raue Haut
• Kälteintoleranz
• Haarausfall
• Bradykardie
• Myxödem
• Obstipation
• raue Stimme
• Fettstoffwechselstörungen (v.a. Hypertriglyceridämie)

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Bei vielen Patienten kommt es zu einer Früharteriosklerose. Bei Patienten mit lange andauernder und
ausgeprägter Hypothyreose kann eine Herzinsuffizienz entstehen. Darüber hinaus ist das Auftreten eines
proteinreichen Perikardergusses möglich.
Eine schwere Hypothyreose kann in ein lebensbedrohliches Myxödemkoma münden, das auch heute noch
trotz intensivmedizinischer Behandlung eine hohe Letalität aufweist.
5 Therapie
Neben der Beseitigung der Ursache bei sekundären und tertiären Hypothyreosen ist
die Hormonsubstitution (z.B. mit Levothyroxin) die Therapie der Wahl.
Bei gleichzeitig bestehenden Fettstoffwechselstörungen wird dauerhafte lipidsenkende Therapie ist
empfohlen.

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Infektiöse Mononukleose (Pfeiffersches Drüsenfieber)

1 Definition
Das Pfeiffersche Drüsenfieber, auch infektiöse Mononukleose genannt, ist eine Infektionskrankheit, die
durch das Epstein-Barr-Virus (EBV) verursacht wird.
ICD10-Code: B27.-
2 Epidemiologie
Das Pfeiffersche Drüsenfieber ist weltweit sehr verbreitet. Es handelt sich um eine nicht saisonale Krankheit.
Alleiniges Erregerreservoir ist der Mensch. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion,
typischerweise durch das Küssen. Die Erkrankung wird deshalb im englischsprachigen Raum auch als
"kissing disease" bezeichnet.
3 Symptome
Zum Krankheitsbild gehören meist:
• hohes Fieber, Gliederschmerzen
• fauliger Mundgeruch
• Pharyngitis
• zervikal betonte Lymphadenopathie
• Angina tonsillaris
Es können jedoch eine Reihe weiterer Symptome assoziiert sein. So kann es z.B. im Verlauf zu einem
generalisierten Exanthem, oraler Haarleukoplakie, einem Ikterus, einer Splenomegalie oder
zu Hepatomegalie kommen.
4 Diagnostik
Der eindeutige Nachweis der Infektion erfolgt serologisch durch den Nachweis von EBV-Antikörpern. Hier
stehen verschiedene Testverfahren zur Verfügung, u.a.:
• EBV-Schnelltest (Paul-Bunnell-Reaktion, Latexagglutinationstest)
• ELISA: EBV-(VCA)-IgM und EBV-(VCA)-IgG
• EBV-Western Blots (IgG/IgM)
o Virus-Kapsid-Antigen (VCA)
o EBV-spezifisches nukleäres Antigen (EBNA)
o Early Antigen (EA)
Im Blutbild kommt es häufig zu einer auffälligen Leukozytose mit mononukleären Zellen (daher der Name
Mononukleose). Ein Teil der Lymphozyten sind atypisch.
Die Leberwerte sind in vielen Fällen erhöht.
5 Differentialdiagnosen
• maligne Lymphome, akute Leukämien
• andere virale Infektionen (CMV, HIV, virale Hepatitis)
• bakterielle Infektionen (Diphtherie, Streptokokkenangina, Toxoplasmose, Angina Plaut-
Vincenti, Bartonellen, Listerien)
• Agranulozytose
6 Komplikationen
Seltene Komplikationen des Pfeifferschen Drüsenfiebers sind:
• Virusenzephalitis
• Blutbildveränderungen
o autoimmunhämolytische Anämie
o Granulozytopenie bzw. Agranulozytose
o Thrombozytopenie
• Organvergrößerungen
o Hepatomegalie ggf. mit Ikterus
o Splenomegalie
• Pneumonie
• Myokarditis
• Nephritis
Patienten mit geschwächtem Immunsystem sind besonders gefährdet. Bei ihnen kann die Erkrankung
einen letalen Verlauf nehmen.
Eine seltene Folge der Splenomegalie ist die Milzruptur. Sie tritt in etwa 0,1 - 0,5% der Fälle auf.
7 Spätfolgen

57
Das auslösende Epstein-Barr-Virus steht im Verdacht, Burkitt- und Hodgkin-Lymphome auszulösen.[1]In
westlichen Industrieländern lassen sich im Tumorgewebe von Hodgkin-Lymphomen in 20 bis 50% der Fälle
Virusgene nachweisen. In Entwicklungsländern liegt der Anteil noch höher.[2] Am häufigsten treten EBV-
Gene beim MC-Subtyp des Hodgkin-Lymphoms auf.[2]
EBV spielt auch eine entscheidende Rolle in der Pathogenese anaplastischer Nasopharynxkarzinome, da in
diesen Tumoren fast durchgängig EBV-DNA nachgewiesen werden kann.
8 Therapie
Die Therapie erfolgt symptomatisch. Hohes Fieber und Schmerzen können durch die Gabe
von Paracetamol oder NSAR günstig beeinflusst werden. Eine Behandlung mit Antibiotika ist
kontraindiziert. Insbesondere bei Gabe von Amoxicillin kommt es zu einem generalisierten Exanthem.
Bei einer klinisch relevanten Milzvergrößerung sollte nach Abklingen der Symptome für einen Zeitraum von
3-4 Wochen kein Belastungssport betrieben werden.
9 Prophylaxe
Eine Impfung gegen infektiöse Mononukleose ist zur Zeit (2018) nicht verfügbar, aber Gegenstand der
Forschung.[3]

Differenzialdiagnistisch kämen in Frage:


• Akute HIV-Infektion
• Bakterielle Angina tonsillaris : Die akute Angina tonsillaris oder akute Tonsillitis ist eine
Entzündung der Gaumenmandeln (Tonsilla palatina) und betrifft insb. Kinder und junge
Erwachsene. Sie tritt häufig gemeinsam mit einer Entzündung des Rachens (Tonsillopharyngitis) in
Erscheinung. Viren oder β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A sind typischerweise
auslösende Erreger der Erkrankung, die durch Halsschmerzen und
Schluckbeschwerden symptomatisch wird.
• Diphtherie
• Angina Plaut Vincenti
• CMV-Infektion
• Hepatitis durch Hepatitisviren
• Akute Leukämie : Unter akuten Leukämien versteht man maligne Neoplasien der lymphatischen
oder myeloischen Zellreihe, aufgrund derer es zur Freisetzung von unreifen, nicht
funktionstüchtigen Zellen (Blasten) aus dem Knochenmark ins Blut kommen kann. Die akute
lymphatische Leukämie (ALL) ist die häufigste maligne Tumorerkrankung im Kindesalter,
die akute myeloische Leukämie (AML) trifft vor allem Erwachsene. Beide sind unter anderem
mit Trisomie 21 und der exogenen Schädigung des Knochenmarks assoziiert (z.B. Strahlen, Benzol,
Chemotherapie).

Diagnostik
• Leitsymptome
§ Fieberhafte Angina tonsillaris (gerötete, vergrößerte Tonsillen mit weiß-gräulichen
konfluierenden Belägen) oder Pharyngitis
§ Generalisierte Lymphknotenschwellungen
§ Im Kleinkindesalter verläuft die Infektion dagegen meist asymptomatisch
• Organbeteiligung
§ In ca. 50% Splenomegalie
§ Ggf. Hepatomegalie und Hepatitis mit Entwicklung eines Ikterus
§ Ggf. exanthematische Form (ca. 3% der Fälle)
§ Petechiales Enanthem am harten Gaumen; zusätzliches Exanthem (feinfleckig-
makulopapulös) am Stamm möglich
§ Selten können weitere Organe (bspw. Herz, Nieren, ZNS, Gelenke) beteiligt sein
• Laborchemisch: LDH- und Transaminasen-Erhöhung (bei Beteiligung der Leber)
• Blutausstrich: Lymphozytose (bis zu 90% atypische Lymphozyten) mit Virozyten (Pfeiffer-Zellen)
• Serologie
§ Antikörper gegen Viruskapsidantigen (VCA) = Anti-VCA (IgG, IgM)
§ Antikörper gegen Epstein-Barr-Virus-Nuclear-Antigen (EBNA) = Anti-EBNA-1 (IgG)
§ Antikörper gegen Early Antigen (EA) = Anti-EA (IgG)
• Interpretation

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§ Primärinfektion: Anti-VCA-IgG und Anti-VCA-IgM positiv (in 10% nicht nachweisbar),
Anti-EBNA-1-IgG negativ
§ Durchgemachte Infektion: Anti-VCA-IgG positiv, Anti-EBNA-1-IgG positiv (in 5% nicht
nachweisbar), Anti-VCA-IgM negat

Hat Neurodermatitis etwas mit Impfungen zu tun?


Die Zeit, in der die meisten Patienten an Ekzemen erkranken, fällt mit dem Zeitpunkt der ersten Impfungen
zusammen, so dass der Eindruck entstehen könnte, dass ein kausaler Zusammenhang der Impfung mit dem
Beginn einer Neurodermitis besteht. Epidemiologisch lässt sich das nicht bestätigen, aber da im Einzelfall
auch Ekzemschübe durch übliche virale Infekte angestoßen werden, kann das auch genauso für Impfungen
gelten.
Dies sollte kein Grund sein, notwendige Impfungen lange zu verschieben, jedoch kann es sinnvoll sein, nicht
während eines akuten Ekzemschubs zu impfen.

Was ist Sonographie? Was ist eine Punktion?

Was suchen wir im Blut bei IM (Troponin T), was sehen wie bei Akuter Leukämie? (Blasten bei Leukämie)

Was spricht gegen Osophagus Ca (zuerst die FIeber)

Was untersuchen wir bei der Bauchuntersuchung


• Organbeteiligung
• In ca. 50% Splenomegalie
• Ggf. Hepatomegalie und Hepatitis mit Entwicklung eines Ikterus
• Ggf. exanthematische Form (ca. 3% der Fälle)
• Petechiales Enanthem am harten Gaumen; zusätzliches Exanthem (feinfleckig-
makulopapulös) am Stamm möglich
• Selten können weitere Organe (bspw. Herz, Nieren, ZNS, Gelenke) beteiligt sein

was untersuchen wir noch?


• Fieberhafte Angina tonsillaris (gerötete, vergrößerte Tonsillen mit weiß-gräulichen konfluierenden
Belägen) oder Pharyngitis
• Generalisierte Lymphknotenschwellungen
bei IM gibt es Schmerzen, und keine Schmerzen bei Akuter Leukämie

könnte das Schilddrüsenkrebs sein, weil sein Vater einen hatte (wir können ein Sono machen, aber es gibt
keine genetische Prädisposition bei diesem Krebs)

59
Morbus Hodgkin (Hodgkin-Lymphom)

Das Hodgkin-Lymphom ist ein B-Zell-Lymphom, das zumeist jüngere Männer betrifft (1.
Häufigkeitsgipfel um das 30. Lebensjahr). Typisch für die Erkrankung sind indolente, häufig vergrößerte
"Lymphknotenpakete" (meist zervikal) und eine ausgeprägte B-Symptomatik. Die Diagnose wird
anhand einer positiven Histologie nach Lymphknotenexstirpationgesichert, wobei auch
der histologische Subtyp bestimmt wird (meist: noduläre Sklerose). Im Präparat
sind i.d.R.mehrkernige Reed-Sternberg-Zellen und einkernige Hodgkin-Zellen nachweisbar.
Für eine adäquate Therapie wird die Erkrankung anhand weiterer Staging-Untersuchungen
(Knochenmarkbiopsie, CT, Abdomensonographie, etc.) in das korrekte Stadium nach der Ann-Arbor-
Klassifikation eingeteilt. Der Therapieansatz ist stets kurativ. In frühen Stadien wird der lokale Befund
bestrahlt (involved-field) und medikamentös nach dem ABVD-Schema behandelt. In fortgeschrittenen
Stadien ist eine lokale Radiatio meist nicht mehr möglich, sodass die Polychemotherapie nach
dem BEACOPP-Schema im Vordergrund steht.

B-Symptomatik
Da die B-Symptomatik für das Hodgkin-Lymphom sehr typisch ist, findet sie Berücksichtigung in der
Stadieneinteilung nach Ann-Arbor. Die Symptome können aber auch bei zahlreichen anderen
Krankheitsbildern vorkommen.
• Vorkommen: Morbus-Hodgkin, Non-Hodgkin-Lymphome, andere Malignome, Tuberkulose,
entzündliche Erkrankungen unterschiedlicher Genese
• Symptomtrias
• Nachtschweiß
• Gewichtsverlust >10% in den letzten sechs Monaten
• Fieber >38°C
Weitere Symptome des Morbus Hodgkin
• Persistierende Lymphknotenschwellung
• Abgeschlagenheit
• Evtl. generalisiertes Hautjucken
• Selten, aber charakteristisch:
• Pel-Ebstein-Fieber
• Alkoholschmerz: Schmerzen in den befallenen Lymphknoten nach Alkoholkonsum.
Die Lymphknoten sind i.d.R. schmerzlos vergrößert und zu Lymphknotenpaketen verwachsen. Es können
mehrere Lymphknotenregionen gleichzeitig befallen sein.
• In ca. 60–70% der Fälle zervikale Lymphknoten
• In ca. 30–40% der Fälle mediastinale Lymphknoten
Bei Befall der Milz bzw. der Leber kann es zu einer Splenomegalie bzw. Hepatomegalie kommen.

Stadieneinteilung nach Ann-Arbor

Die Milz ist ein lymphatisches Organ und wird deswegen nicht als extranodaler, sondern als nodaler Befall
gewertet!

60
Diagnose
Diagnosesicherung durch Lymphknoten-Histologie
Die Diagnose muss vor Therapie in jedem Fall histologisch gesichert werden!
• Lymphknotenexstirpation: Um falsch-negative Befunde zu vermeiden, sollte eine vollständige
chirurgische Lymphknotenentfernung (Lymphknotenexstirpation) einer einfachen Nadelbiopsie
vorgezogen werden.
• CD-30-positive Hodgkin-Reed-Sternberg-Zellen
• Einkernige Hodgkin-Zellen: Maligne monoklonale B-Lymphozyten
• Mehrkernige Reed-Sternberg-Zellen: Mehrkernige Sternberg-Reed-
Riesenzellen entstehen durch Fusion mehrerer Hodgkin-Zellen und
sind pathognomonisch für den Morbus Hodgkin
• Umgebende Schicht aus CD3-positiven T-Lymphozyten
Staginguntersuchungen
• Anamnese (B-Symptomatik) und körperliche Untersuchung (Lymphknotenstatus)
• Blutuntersuchung
• BSG↑
• Absolute Lymphozytopenie (<1000/µL) → Zu Beginn nur bei 25% der Patienten
nachweisbar, im späteren Verlauf aber bei den meisten Patienten
• Eosinophilie (⅓ der Fälle)
• Knochenmarkbiopsie (Beckenkamm): Histologie und Zytologie
• Abdomensonographie
• Röntgen-Thorax in zwei Ebenen: Bei großem Mediastinaltumor können grobknotige Verschattungen
perihilär und mediastinal nachgewiesen werden
• CT-Untersuchung
• Regionen
• Hals und Thorax
• Abdomen
• Befund
• Häufig im vorderen Mediastinum lokalisiertes, homogenes,
muskelisodenses Lymphknotenkonglomerat
• Sehr selten Nekrosen
• Skelettszintigraphie bzw. PET-CT

Histologische Klassifikation (WHO)


Man unterscheidet zwischen dem klassischen (95%) und dem Lymphozyten-prädominanten Hodgkin-
Lymphom (5%). Das klassische Lymphom wird wiederum histologisch in vier Formen unterteilt.
• Noduläre Sklerose
• Häufigkeit und Prognose: Am häufigsten (>60%) mit guter Prognose
• Mischtyp
• Lymphozytenreiche Form: Selten, mit guter Prognose
• Lymphozytenarme Form: Sehr selten (<1%) mit schlechter Prognose

Differentialdiagnose: Vergrößerte Lymphknoten


Die Beobachtung der Lymphknoten kann wichtige differentialdiagnostische Hinweise bieten. Ein schnelles
Wachstum, Indolenz, eine derbe Konsistenz und eine fehlende Verschieblichkeit sprechen für eine maligne
Ursache einer Lymphknotenschwellung.
• Häufig keine erkennbare Ursache, kein pathologischer Wert
• Infektiös
• Tuberkulose → Lymphknoten derb und indolent
• Virale Infektionen (z.B. CMV, EBV, HIV) → Lymphknoten weich, dolent oder indolent
• Andere Infektionen (z.B. Toxoplasmose, Listeriose, Leptospirose) → Lymphknoten weich,
dolent oder indolent
• Nicht-infektiös
• Malignome
• Metastasen → Lymphknoten derb, indolent

61
• Non-Hodgkin-Lymphome, Hodgkin-Lymphome → Lymphknoten derb, indolent
• Sarkoidose → Lymphknoten derb, indolent
• Immunologische Erkrankungen (z.B. rheumatoide Arthritis, systemischer Lupus
erythematodes)

Differentialdiagnose B-Symptomatik
• Non-Hodgkin-Lymphome, Hodgkin-Lymphom
• Andere hämatopoetische Malignome (z.B. CML, AML)
• Solide Tumoren
• Tuberkulose
• HIV

Therapie
Die Therapie des Morbus Hodgkin fußt auf zwei Therapieformen: Der Strahlentherapie ("involved-field-
radiatio") und der Chemotherapie. Die frühen Stadien sind eher lokal begrenzt (auf einer Zwerchfellseite),
sodass die Bestrahlung im Vordergrund steht. Die fortgeschrittenen bzw. disseminierten Stadien bedürfen
dagegen einer generalisierten Behandlung, sodass eine intensivierte Chemotherapie durchgeführt werden
muss.
• Ziel: Komplettremission innerhalb der ersten drei Monate nach Therapiebeginn

Nach kombinierter Radio-Chemotherapie steigt das Risiko für Zweitneoplasien (z.B. Mamma-
oder Schilddrüsenkarzinom)!

In frühen Stadien wird der lokale Befund bestrahlt (involved-field) und medikamentös nach dem ABVD-
Schema behandelt. In fortgeschrittenen Stadien ist eine lokale Radiatio meist nicht mehr möglich, sodass die
Polychemotherapie nach dem BEACOPP-Schema im Vordergrund steht.

ABVD: Adriamycin, Bleomycin, Vinblastin, Dacarbazin


BEACOPP: Bleomycin, Etoposid, Adriamycin, Cyclophosphamid, Oncovin
(Vincristin), Procarbazin, Prednison

Was spricht bei diesem Patienten für einen Lymphom; was spricht dagegen?
Die anamnestischen Angaben deuten am ehesten auf ein Morbus Hodgkin hin, aufgrund:
• Alter des Patienten (2 Häufigkeitsgipfel: 20-30. Lebensjahr und > 60 Jahre)
• seit längerer Zeit bestehende schmerzlose, großenprogrediente Lymphknotenswellung zervikal
und supraklavikulär
• gleichzeitig bestehenden Leistungsknick
• Nachtschweiß
• Zeichen der sog. B-Symptomatik:
§ ungewollter Gewichtsverlust > 10 % des Körpergewichts in den letzten 6 Monaten
§ Fieber > 38 Grad Celsius ohne andere Ursache
§ Nachtschweiß (mit Wechsel der Nachtwäsche)

Diagnostik
• Labor :
§ Blutbild inkl. Differenzialblutbild
§ Nieren und Leberfunktionsparameter
§ CRP, BSG
§ Harnsäure
§ LDH (erhöhung bei vermehrtem Zellumsatz)
§ Virusserologie (z.B CMV, EBV, HIV)
• Bildgebende Verfahren um das Lymphknotenstatus zu bewerten:
§ Röntgen-Thorax
§ Sonographie Abdomen
o insbesonders Leber und Milz um eine Hepatosplenomegalieauszuschließen

62
o paraaortale und iliakale Lymphknoten sowie ggf. Ergüsse
§ Sonographie der peripheren Lymphknotenregionen (Hals, Supraklavikulargruben,
Axillae, inguinal)
§ CT Hals
§ CT Thorax und Abdomen
• Knochenmarkspunktion mit Zytologie und Histologie

Akute Nebenwirkungen der Strahlentherapie


• Strahlendermatitis
• Strahlenmukositis
• Strahlenzystitis
• Strahlenpneumonie
• Knochenmarksdepression bei großvolumiger Strahlung
Nebenwirkungen der Chemotherapie
• Erbrechen und Übelkeit
• Alopezie
• Fatigue
• Fruchtbarkeit und Hormone: Gerade bei jungen Männern muss diese Spätfolge im
Aufklärungsgespräch zwischen Arzt und Patient dargelegt werden, und wenn ein Kinderwunsch
besteht, sollte vor Therapiebeginn die Möglichkeit einer Spermakryokonservierung (Einfrieren von
Sperma) in Betracht gezogen werden. Bei Frauen, bereits vor Beginn der Therapie sollten eine
genaue Zyklusanamnese und eine Hormonbestimmung stattfinden.
• Hypothyreose
• Gefühlsstörungen in Händen und Füßen
• erhöhte Risiko für die Entwicklung von sogenannten Zweittumoren (Non-Hodgkin Lymphome,
Leukämien, solide Tumore)

Was spricht für ein Schilddrüsenkarzinom, was spricht dagegen?


Was würde ich in der körperlichen Untersuchung suchen? Was könnte ich finden? Was sucht man im
Abdomen? (Hepatosplenomegalie)
Wie würde eine „normale“ Untersuchung des Abdomens beschrieben werden?
Welche apparative Diagnostik und in welcher Ordnung würdest du diese durchführen? Und was, wenn diese
Untersuchung nicht funktioniert?
Körperliche Untersuchung Laborbefunde(BB,CRP,BSG,CEA,TSH,fT3,fT4)
Rö Thorax(Lymphknotenvergrößerung, Infiltration)
CT Körper um Metastasen zu suchen mit Aufklärung

63
Akute Leukämien

Unter akuten Leukämien versteht man maligne Neoplasien der lymphatischen oder myeloischen
Zellreihe, aufgrund derer es zur Freisetzung von unreifen, nicht funktionstüchtigen Zellen (Blasten) aus
dem Knochenmark ins Blut kommen kann.
Die akute lymphatische Leukämie (ALL) ist die häufigste maligne Tumorerkrankung im Kindesalter, die
akute myeloische Leukämie (AML) trifft vor allem Erwachsene. Beide sind unter anderem mit Trisomie
21 und der exogenen Schädigung des Knochenmarks, z.B. durch Strahlen, Benzol
oder Chemotherapie assoziiert. Klinisch führt die Verdrängung der physiologischen
Leukopoese, Erythropoese und Thrombopoese zu Infektneigung, Anämie und Gerinnungsstörungen.
Leukämien können mit erhöhten, erniedrigten oder normalen Leukozytenzahlen einhergehen, daher ist der
Nachweis von Blasten im Knochenmark mitunter entscheidend für die Diagnosestellung. Die
Chemotherapieschemata bei akuten Leukämien beinhalten grundsätzlich Hochdosiszyklen zur massiven
Reduktion der Tumorzellzahl und anschließende Niedrigdosiszyklen zur Erhaltungstherapie. Je nach
Risikoprofil der Patienten wird ggf. eine Stammzelltransplantationdurchgeführt.

Akute lymphatische Leukämie [1]


• Inzidenz: : Häufigkeitsgipfel im Kindesalter (ca. 5/100.000) und im hohen Erwachsenenalter (ca.
2/100.000)
• Häufigste maligne Tumorerkrankung des Kindesalters [2]
• 80% der akuten Leukämien im Kindesalter sind lymphatisch
Akute myeloische Leukämie
• Inzidenz : Häufigkeitsgipfel im höheren Erwachsenenalter (100/100.000 bei Patienten > 70 Jahre) [3]
• 80% der akuten Leukämien im Erwachsenenalter sind myeloisch
Ätiologie
Akute myeloische Leukämie
• Umweltfaktoren
• Benzol: Erhöht das Risiko bei chronischem Kontakt um das 4- bis 7-Fache
• Ionisierende Strahlung
• Genetische Faktoren
• Trisomie 21: Erhöht das Risiko um das 20-Fache
• Weitere Chromosomenaberrationen
• Hämatologische Erkrankungen: Hämatologische Erkrankungen, die auf einem genetischen Defekt
in der Hämatopoese beruhen, können über einen längeren Zeitraum (Monate bis Jahre) in eine akute
myeloische Leukämie übergehen.
• Myelodysplastische Erkrankungen
• Osteomyelofibrose
• Chronische myeloische Leukämie

Klassifikation
Die akuten Leukämien können in lymphatische und myeloische Leukämien eingeteilt werden. Bei der akuten
lymphatischen Leukämie kommt es zur Proliferation von lymphatischen Zellen, bei der akuten
myeloischen Leukämie zur Proliferation von myeloischen Zellen. Sowohl in der Gruppe der akuten
lymphatischen als auch der akuten myeloischen Leukämien können weitere Unterformen unterschieden
werden. Für beide Leukämieformen existieren verschiedene Klassifikationssysteme, die unterschiedliche
Kriterien zur Einteilung heranziehen.
Als erstes wurde die sog. FAB-Klassifikation verwendet, bei der vor allem zytomorphologische Kriterien
herangezogen werden[5]. Neuere Systeme wie die WHO-Klassifikation schließen auch zytogenetische und
molekulargenetische Erkenntnisse mit ein. Hierdurch erhofft man sich eine bessere Objektivierbarkeit und
Risikostratifizierung der Erkrankungsentitäten.

Allgemeine Symptome
• B-Symptomatik
• Leukämische Organinfiltration
• Viszerale Schmerzen durch Splenomegalie, Hepatomegalie

64
• Hodenschwellung [13]
• Hautinfiltrate
• Infiltration der Tränendrüsen sowie okulärer und retrobulbärer Strukturen →
Ggf. Exophthalmus, Visuseinschränkung, Sicca-Syndrom
• Tumorlyse-Syndrom
• Siehe: Komplikationen der akuten Leukämien
Symptome bei ALL
• Meningeosis leucaemica
• Knochenbefall mit ossären Schmerzen → Kinder verweigern das Laufen und wollen getragen
werden
• Indolente Lymphknotenschwellung (Lymphadenopathie)
• Thymusinfiltration → Ggf. Stridor und Atemnot
Symptome bei AML
• Leukostase-Syndrom:
• Meist ab Leukozytose >100.000/µL
• Akute Promyelozytenleukämie („APL“, Subtyp M3)
• Zunehmende Blutungsneigung durch:
• Gerinnungsstörungen: Disseminierte intravasale
Koagulation und sekundäre Hyperfibrinolyse
• Thrombozytopenie
• Akute myelomonozytäre Leukämie (Subtyp M4) und akute monozytäre Leukämie (M5):
• Gingivahyperplasie
• Akute Megakaryoblasten-Leukämie (Subtyp M7):
• Knochenmarkfibrose mit Panzytopenie
Symptome der gestörten Hämatopoese
• Symptome der Leukozytopenie
• Infektanfälligkeit: Vermehrt bakterielle und mykotische Infekte
(z.B. Mundsoor bei Candida-albicans-Befall)
• Fieber
• Grippeähnliche Symptome
• Symptome der Anämie
• Schwäche, chronische Müdigkeit
• Blässe
• Belastungsdyspnoe
• Symptome der Thrombozytopenie:
• Petechiale Spontanblutungen und Hämatome
• Nasenbluten, Zahnfleischbluten, Menorrhagien

Diagnostik
Die Leukozytenzahlen sind kein sicheres Diagnosekriterium! Wegweisender Befund sind unreife Zellen
(Blasten) im Blutausstrich!
Klinische Untersuchung [1][3][15][16]
• Anamnese und körperlicher Untersuchungsbefund
• Lymphknotenvergrößerung
• Splenomegalie, Hepatomegalie
• Neurologische Ausfälle bzw. Hinweise auf ZNS-Beteiligung: Kopfschmerzen, Erbrechen,
Lethargie, Nackensteifigkeit, Hirnnervenausfälle[16]
• Hämatome, Petechien, erhöhte Blutungsneigung
• Allgemeinzustand und Komorbiditäten: Für die Therapieplanung entscheidend
Blutuntersuchung
• Blutbild und Differentialblutbild
• Leukozyten: Normale Zellzahl, Leukozytose oder Leukozytopenie → Kein sensitiver
Marker für eine akute Leukämie
• Thrombozytopenie

65
• Anämie
• Durchflusszytometrie: Zur Immuntypisierung, i.d.R. als sog. FACS-Untersuchung
• Gerinnungsdiagnostik: Hinweise auf Gerinnungsstörungen
• Erhöhter Zellzerfall: LDH↑ und Harnsäure↑
• Blutausstrich
• Nachweis unreifer Zellen (Blasten)
• Hiatus leucaemicus
• Definition: Vorkommen von unreifen Blasten sowie reifen Zellstufen im Blutbild,
jedoch Fehlen der mittelreifen Formen der Granulopoese
• Ursache: Ausschwemmung von unreifen, klonalen Leukozyten (sog. Blasten), die
myeloischen (AML) oder lymphatischen Ursprungs (ALL) sein können
• Typisch für die AML: Auer-Stäbchen
• Leber und Niere
• Transaminasen, GGT, AP, Bilirubin und INR zur orientierenden Beurteilung aller
Leberteilfunktionen: Wichtig zur Therapieplanung, da viele eingesetzte Medikamente
nephro- und/oder hepatotoxisch sind.
• Hepatitis-Serologie für Hepatitis B und C: Gefahr der Reaktivierung bisher
klinisch asymptomatischerInfektionen.
• Retentionswerte (Kreatinin, Harnstoff)
• Urindiagnostik: Im Rahmen der Therapie kommt es zu einer zusätzlichen massiven
Immunsuppression, was das Risiko eines schweren Verlaufs bis hin zur Sepsis bei
zuvor asymptomatischem Harnwegsinfekt erhöht.

Knochenmarksuntersuchung
Diagnosesicherung durch die Knochenmarkzytologie und -histologie
• Histopathologischer Befund
• Hyperzelluläres Knochenmark, monomorphes Zellbild mit überwiegend Blasten
• ALL: > 25% Blasten
• AML: > 20% Blasten
• Bei symptomatischen Patienten mit unauffälligem Blutbild, aber Blasten im Knochenmark,
spricht man von einem aleukämischen Verlauf
• Morphologie und Zytochemie
• Immunphänotypisierung: Zum Nachweis spezieller Oberflächenproteine, bspw. CD-20 (Typisches
Oberflächenprotein der B-Lymphozyten, das nicht von T-Lymphozyten exprimiert wird)
• Zytogenetik und Molekulargenetik

Liquordiagnostik
• Verfahren: Lumbalpunktion mit Liquordiagnostik
• Ziel: Nachweis von Blasten als Zeichen eines ZNS-Befalls
• Indikation: Standarddiagnostik bei ALL; bei AML nur, wenn ZNS-Symptomatik vorliegt
• Befunde
• Manifester ZNS-Befall bei ALL: >5 Zellen/mm3 und eindeutige Blasten im Liquor
• Subklinischer ZNS-Befall bei ALL: <5 Zellen/mm3 Liquor mit oder ohne Blasten
Bildgebung
• Röntgen-Thorax: Mediastinalverbreiterung bei Thymusinfiltration, fleckige Verschattungen bei
Leukostase
• Sonographie-Abdomen: Hepatosplenomegalie und vergrößerte Lymphknoten

Allgemeine Therapieüberlegungen
• Ziel: Komplette Remission: Normalisierung des Blutbildes und(!) <5% Blasten im Knochenmark
• Grundlegendes Therapieschema
• Induktionstherapie (Erreichen der kompletten Remission): Ziel der Induktionstherapie ist
die komplette Remission (CR) mit einer schnellen Reduzierung und Normalisierung der
Blastenzahl. Das Erreichen einer kompletten Remission hat eine hohe prognostische
Bedeutung.

66
• Vorphase-Therapie: Dexamethason und Cyclophosphamid: Dadurch soll
ein Tumorlyse-Syndrom verhindert werden.
• Zytostatika der Induktionstherapie I
• Vincristin
• Anthrazyklin-Derivat (z.B. Daunorubicin)
• Asparaginase
• Dexamethason
• Zytostatika der Induktionstherapie II: Zusätzliche Gabe
von Cyclophosphamid, Cytarabin (Ara-C, Cytosinarabinosid), 6-
Mercaptopurin, Methotrexat
• Postremissionstherapie (Erhalt der Remission)
• Konsolidierungstherapie (Chemotherapie oder Stammzelltransplantation)
• Ggf. Re-Induktionstherapie
• Erhaltungstherapie
• Therapieoptionen
• Chemotherapeutika: Abhängig vom Leukämietyp, individuellem Risikoprofil,
diagnostizierten genetischen Veränderungen, Alter, Allgemeinzustand und Wille des
Patienten
• Stammzelltransplantation: Indiziert bei Hochrisikopatienten nach der 1. Remission durch
Induktionstherapie, siehe auch: Stammzelltransplantation
• Bestrahlung: Zur Prophylaxe eines ZNS-Rezidivs bei ALL
• Dauer
• Induktion bzw. Re-Induktion: Meist 4–6 Wochen
• Erhaltungstherapie: Monate bis Jahre

Medikamentöse Infektprophylaxe
• Antimykotische Prophylaxe [19]: Keine standardmäßige antimykotische Therapie empfohlen
• Ggf. Posaconazol p.o.
• Alternativ: Amphotericin B Lutschtabletten oder Amphotericin B zur Inhalation zusammen
mit systemischer Fluconazol-Gabe
• Antimikrobielle Prophylaxe [20]: Nur bei Hochrisiko-Patienten
• Bspw. Fluorchinolone oder Trimethoprim/Sulfamethoxazol zur Prophylaxe
einer Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie
• Antivirale Prophylaxe [21]: Grippeschutzimpfung

Tumorlyse-Syndrom

Pathophysiologie
• Rascher und massiver Tumorzellzerfall
• Massive Freisetzung von Elektrolyten und Zellbestandteilen

67
• Ausbildung von Calciumphosphat- und Harnsäurekristallen in der Niere
Diagnostik
• Hyperphosphatämie und sekundäre Hypokalzämie : Durch Ausbildung von Calcium-Phosphat-
Präzipitation in den Nieren.
• Hyperkaliämie: Hohe Konzentration von Kalium intrazellulär.
• Hyperurikämie mit akuter Uratnephropathie: Die freigesetzte DNA wird abgebaut, wodurch
vermehrt Harnsäure anfällt und Harnsäurekristalle gebildet werden.
Klinik
• Uratnephropathie mit Gefahr des akuten Nierenversagens: Es kann dabei zu Übelkeit,
Erbrechen, Ödemen und einer Hämaturie kommen.
• Herzrhythmusstörungen
• Epileptische Anfälle
Prophylaxe [28]
• Grundsätzlich
• Hydrierung
• Verzicht auf nierenschädigende Medikamente
• Verzicht auf Medikamente die den Kalium-, Phosphat oder Harnsäurespiegel erhöhen
• Medikamentös
• Gabe von Allopurinol
• oder Rasburicase i.v.: Uratoxidase, ein rekombinantes Enzym zum Harnsäureabbau. Es
entsteht das besser lösliche Allantoin, welches renal ausgeschieden werden
kann. Allopurinolblockiert die Funktion von Rasburicase und sollte deshalb nicht
gleichzeitig eingesetzt werden!

Therapie
• Grundsätzlich
• Hydrierung
• Ggf. frühe Indikationsstellung zur Dialyse
• Medikamentöse Therapie
• Hyperurikämie: Gabe von Rasburicase i.v.
• Hyperkaliämie: Natriumbikarbonat,
Kationenaustauscherharzen, Schleifendiuretika oder Glucose plus Insulin. Siehe „Therapie
der Hyperkaliämie“
• Hyperphosphatämie: Orale Phosphatbinder
• Hypokalzämie: Keine Therapie

68
Epilepsie
Die Epilepsie ist ein Überbegriff für Erkrankungen, die sich durch eine Übererregbarkeit
der Neurone der Hirnrindeauszeichnen. Diese äußert sich durch anfallsartige, synchronisierte neuronale
Potentialentladungen, die zum klinischen Bild des epileptischen Anfalls führen. Je nachdem, ob die
Potentialentladungen beide Großhirnhemisphären oder nur begrenzte Bereiche einer Hemisphäre betreffen,
unterscheidet man zwischen generalisierten und fokalen Anfällen. Klinisch kommt es je nach Ort der
Potentialentladung zu zeitlich limitierten Symptomen motorischer, sensibler, vegetativer und/oder
psychischer Art. Bei erstmaligem Auftreten eines Krampfanfalls gilt es herauszufinden, ob eine fassbare
(hirn-)organische Ursache vorliegt und es sich somit um eine symptomatische (z.B. tumorbedingte) Epilepsie
handelt. Mittel der ersten Wahl zur Therapie der fokalen Epilepsie ist Lamotrigin, bei der generalisierten
Epilepsie wird Valproat empfohlen.

Epilepsie: Bezeichnet einen Zustand des Gehirns, der durch eine andauernde
Prädisposition für epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Die Diagnose kann gestellt werden, wenn
mindestens ein epileptischer Anfall aufgetreten ist und weitere spezifische Befunde vorliegen, die eine
generell erhöhte Epileptogenität wahrscheinlich machen.
• Epileptischer Anfall: Vorübergehende, plötzliche Dysfunktionen des zentralen
Nervensystems aufgrund von synchronen und hochfrequenten Entladungen
der Nervenzellen der Hirnrinde.
• Fokaler Krampfanfall: Beginnt in einer begrenzten Region des Gehirns, die sich anhand
der klinischen Präsentation oder durch weiterführende Diagnostik (EEG, MRT) bestimmen
lässt
• Primär generalisierter Krampfanfall: Betrifft von Anfang des Anfalls an beide
Großhirnhemisphären vollständig
• Epilepsiesyndrome: Unterformen der Epilepsie, die durch typische Epidemiologie, Klinik und
Befunde in der Diagnostik gekennzeichnet sind

Die Begriffe "Anfall" und "Epilepsie" lassen sich wie folgt unterscheiden:
• Ein Anfall ist ein isoliertes klinisches Ereignis.
• Epilepsie ist die Erkrankung, die mit spontan wieder auftetrenden Anfällen assoziiert ist. Sie liegt
vor, wenn mindestens zwei nicht provozierte, einzelne Anfallsereignisse vorgefallen sind.

Ätiologie
Ursachen einer erhöhten Epileptogenität
• Idiopathisch / Genetisch: Ohne fassbare morphologische oder metabolische Ursache
• Wahrscheinlich durch genetische (meist polygene) Vererbung
• Symptomatisch / Strukturell oder metabolisch: Mit fassbarer Ursache
• Akute Hirnerkrankungen: Hirntumor, Trauma, intrazerebrale
Blutung, Hirnvenenthrombose, Enzephalitis, Hirnabszess, Tumormetastasen
• Strukturelle Veränderungen: Narbe, Missbildung (z.B. Hippokampussklerose), perinatale
Schädigung, arteriovenöse Malformation
• Metabolisch/toxisch: Urämie, Hypoglykämie, Hyponatriämie, schwerer Alkoholabusus
• Kryptogen / Unbekannte Ursache: Eine fassbare Ursache ist bisher nicht nachgewiesen oder nicht
nachweisbar, aber anamnestisch oder angesichts der Klinik anzunehmen
Trigger epileptischer und symptomatischer Krampfanfälle
• Substanzabhängige Trigger
• Alkoholentzug (häufigste Ursache im Erwachsenenalter)
• Medikamentenentzug
• Drogenintoxikation (z.B. Ecstasy, Kokain)
• Medikamentös: Bspw. durch Amitriptylin, Penicillin, Maprotilin, Neuroleptika, Theophyllin
• Trigger im Rahmen anderer Erkrankungen
• Fieber (häufigste Ursache im Kindesalter)
• Hyper- und Hyponatriämie
• Hypoglykämie (vor allem durch Insulinüberdosierung)
• Eklampsie
• Situationsabhängige Trigger

69
• Exzessive körperliche Verausgabung
• Schlafentzug
• Stroboskop-Licht

Symptome
Ein epileptischer Anfall kann sich ganz unterschiedlich zeigen. Er kann wenige Sekunden dauern und sogar
für die Betroffenen unbemerkt bleiben, nur einen einzelnen Arm oder ein Bein betreffen oder den ganzen
Körper erfassen. Manche Menschen werden bewusstlos, andere sind nur kurz abwesend oder bleiben bei
vollem Bewusstsein.
Ein epileptischer Anfall hält selten lange an. Dauert er länger als fünf Minuten, spricht man von einem
„Status epilepticus“. Dabei handelt es sich um einen Notfall, der schnell mit Medikamenten behandelt
werden muss. Es kann auch vorkommen, dass mehrere Anfälle kurz hintereinander auftreten.
Man unterscheidet bei der Epilepsie zwei Anfallsformen:
• generalisierte Anfälle und
• fokale Anfälle.
Generalisierte Anfälle
Generalisierte Anfälle erfassen das gesamte Gehirn. Sie sind nicht unbedingt schwerer als fokale Anfälle.
Ein generalisierter Anfall führt aber häufiger zu Bewusstlosigkeit und dazu, dass der ganze Körper krampft.
Diese Anfallsform kann sich folgendermaßen zeigen:
• Tonisch: Die Gliedmaßen verkrampfen und versteifen sich. Der Anfall ist meist schnell vorbei und
das Bewusstsein nicht immer eingetrübt. Anspannen der Muskulatur
• Atonisch: In einem Teil des Körpers lässt plötzlich die Muskelspannung nach. Das Kinn kann auf
die Brust fallen oder die Beine können einknicken. Man kann auch kurz das Bewusstsein verlieren
und stürzen. Plötzlicher Tonusverlust der Haltemuskulatur
• Klonisch: Große Muskelgruppen zucken in langsamem Rhythmus, etwa an den Armen oder Beinen.
Meist verliert man dabei das Bewusstsein. Rhythmische Muskelzuckungen
• Myoklonisch: Einzelne Muskelgruppen zucken rasch. Das Bewusstsein ist in der Regel nicht
beeinträchtigt. Ruckartige, unsystematische Muskelzuckungen (Myoklonien)
• Tonisch-klonisch („Grand mal“): Der gesamte Körper krampft und zuckt und man verliert das
Bewusstsein.
• Absencen: Diese milde Anfallsform äußert sich durch plötzliche, kurze Bewusstseinspausen.
Fokale Anfälle
Fokale Anfälle entstehen in einem bestimmten Bereich des Gehirns. Für welche Funktion der Bereich
zuständig ist, bestimmt, zu welchen Symptomen es kommt: etwa zu einem Zucken des Arms (motorischer
Anfall), einer Gefühlsstörung (sensorischer Anfall) oder einer Veränderung des Sehens (visueller Anfall).
Bei einem fokalen Anfall kann es vorkommen, dass die Person ungewöhnliche Sinneswahrnehmungen hat,
anders hört, sieht oder riecht, verändert oder geistig abwesend ist. Auch Schwindel, Angstzustände oder
Halluzinationen sind möglich. Dies wird als Aura bezeichnet. Andere Menschen schmatzen, grimassieren,
stammeln, laufen ziellos umher oder nesteln an Dingen herum. Fokale Anfälle können mit Zuckungen und /
oder Krämpfen einhergehen. Es gibt fokale Anfälle, bei denen Bewusstsein oder Aufmerksamkeit
eingeschränkt sind. Das ist jedoch nicht immer der Fall.
Fokale Anfälle können sich auf das gesamte Gehirn ausbreiten und zu einem generalisierten Anfall werden.
Zwischen den Anfällen haben Menschen mit einer Epilepsie meist keine körperlichen Beschwerden.

• Symptome vom Ort der Störung abhängig (siehe auch: Fokale Epilepsien und Syndrome), bspw:
• Orale Automatismen: Temporallappenanfälle
• Komplexe Bewegungsabläufe: Frontale Anfälle
• Visuelle Halluzinationen: Okzipitallappenanfälle
• Komplex-fokale Anfälle mit Bewusstseinsstörung
• Sekundär generalisierte, fokal eingeleitete Anfälle
• Symptome wie beim primär generalisierten Krampfanfall
• Zusätzlich ggf. Aura: Sehstörungen, Sprachstörungen, motorische Erscheinungen, Déjà-vu-
und Jamais-vu-Erlebnisse

70
Diagnostik
• Anamnese und Fremdanamnese: Für einen abgelaufenen epileptischen Anfall sprechen
• Hinweise auf eine Aura
• Iktaler Verlauf: Dauer des Anfalls <2 min; Augen offen, starr, leer oder verdreht; Hinweis
auf Sturz ohne Abwehrreaktion (Kopfplatzwunde); Zungenbiss; Urinabgang
• Postiktale Phase: Amnesie und initiale Desorientierung, erhöhtes Schlafbedürfnis,
Muskelschmerzen , Todd'sche Paresen, Kopfschmerzen
• Auslösende Faktoren eruierbar (Schlafmangel, Alkoholentzug)
• EEG
• Nachweis typischer Potentiale, z.B. Spikes, Sharp-Waves, Spikes and
Waves , Hypsarrhythmie, hilft bei der Zuordnung zu Epilepsiesyndromen und zur
Lokalisation der ursächlichen Hirnregion
• Allerdings interiktal häufig ohne auffälligen Befund (ggf. Provokation durch
Schlafentzug, Hyperventilation, visuelle Reize)
• Kriterien für einen epileptischen Anfall
• Klarer Anfang und klares Ende
• Steigerung der Amplitude im Verlauf
• Veränderung der Frequenz im Verlauf
• Das EEG ist die einzige Methode, die durch den Nachweis von so genannten
epilepsietypischen Veränderungen („spikes“ oder Spitzen) einen direkten Hinweis auf
pathologisch entladende Neuronenverbände geben kann und somit für die Epilepsie
spezifische Information liefert. Das EEG ist somit einerseits wichtig für
die Differenzialdiagnose epileptische vs. nicht-epileptische Anfälle, andererseits kann das
EEG bei einem Patienten mit epileptischen Anfällen bei der Zuordnung zu einer bestimmten
Epilepsieform helfen. Während epilepsietypische Veränderungen im ersten EEG nur
bei 30–50 % der Epilepsiepatienten abgeleitet werden können, kann
durch serielle EEGs die Sensitivität auf 80–90 % erhöht werden.
• Es ist jedoch zu bedenken, dass sich bei 10 % der Epilepsiepatienten keine
epilepsietypischen Veränderungen nachweisen lassen: Ein normales EEG schließt somit eine
Epilepsie nicht aus! Das EEG sollte möglichst frühzeitig nach einem Anfall durchgeführt
werden, da die Sensitivität innerhalb der ersten 12–24 Stunden am höchsten ist. Bei
negativem Wach-EEG sollten ein SchlafEEG (epilepsietypische Entladungen treten im
Schlaf signifikant häufiger auf als im Wachzustand) und/oder ein Schlafentzugs-EEG
• cMRT (ggf. cCT, fMRT, SPECT, PET): Der Ausschluss einer symptomatischen Epilepsie und
ggf. der Nachweis struktureller Veränderungen sollte bei jedem Patienten mit
gesichertem epileptischen Anfall erfolgen
• Die Methode der Wahl ist hier die Magnetresonanztomographie
(MRT). Eine kraniale Computertomographie (CCT) kann in der Akutsituation zum
Ausschluss von akut bedrohlichen Erkrankungen (Blutungen, Ischämien oder
Raumforderungen) durchgeführt werden, jedenfalls ist dann im Intervall
ergänzend eine MRT anzuschließen. Die Sensitivität der MRT für den Nachweis
struktureller Läsionen (Tumoren, Gefäßmalformationen, Hippokampusatrophien bzw. -
sklerosen, kortikale Dysplasien; Abb. 5) ist wesentlich höher als jene der CCT. Eine CCT
als alleinige Methode zur strukturellen Abklärung ist somit nicht ausreichend!
• Evtl. Labor: Blutzucker, Elektrolyte, ggf. Liquoruntersuchung (z.B. bei Verdacht auf
Enzephalitis), Kreatinkinase (Peak etwa 6 h nach tonisch-klonischem Anfall).

Differentialdiagnosen
• Akuter symptomatischer Anfall (Gelegenheitsanfall): Epileptischer Anfall unter besonderen
Einwirkungen (z.B. o.g. Trigger) ohne Nachweis einer generell erhöhten Epileptogenität (siehe
auch: Triggerfaktoren symptomatischer Anfälle)
• Psychogene Anfälle (= dissoziative Krampfanfälle)
• Synkopen
• Vasovagale Synkope : Objektive Abgrenzung zum epileptischen Anfall durch CK-Anstieg
im Serum (nach epileptischem Anfall ansteigend) möglich

71
• Adams-Stokes-Anfall : Kurzer Sinusknotenarrest; keine Prodromi → Plötzliche
Bewusstlosigkeit und Amnesie → Genauso plötzliches Erwachen
• Karotissinussyndrom : Druck auf Carotis-Sinus führt zu Kreislaufstillstand
• REM-Schlaf-Verhaltensstörung
• Fieberkrampf bei Kleinkindern
• Narkolepsie: Schlafattacken mit Schlafzwang, Kataplexie, Schlaflähmungund abnormem
Schlafrhythmus
• Transitorisch-ischämische Attacken
• Migräne

Therapie
• Bei symptomatischen Epilepsien: Beseitigung der Ursache, sofern möglich
• Im Anfall: Vitalparameter überwachen (insb. Oxygenierung mittels Pulsoxymetrie), Patient vor
Verletzungen schützen
• Im anfallsfreien Intervall: Trigger meiden (Alkohol, Schlafentzug, Flickerlicht)
Fokal (auch sekundär generalisiert)
• 1. Wahl: Lamotrigin, Levetiracetam
• 2. Wahl: Carbamazepin
Primär generalisiert
• 1. Wahl: Valproat

Diagnose
Nicht jeder, der einmal einen epileptischen Anfall hatte, hat eine Epilepsie. Manche Menschen haben nur
einmal oder wenige Male im Leben einen Anfall. Ein solcher Anfall kann durch bestimmte Umstände wie
beispielsweise hohes Fieber (häufig im Kindesalter), Vergiftungen, niedrige Blutzuckerwerte oder Alkohol
hervorgerufen werden. Dies wird als „Gelegenheitsanfall“ bezeichnet.
Von einer Epilepsie spricht man, wenn wiederholt Anfälle auftreten. Meist wird eine Epilepsie
diagnostiziert, wenn
• es zu mindestens zwei Anfällen gekommen ist,
• zwischen den Anfällen mindestens 24 Stunden lagen und
• kein Hinweis auf einen Gelegenheitsanfall besteht.
Wichtig für die Diagnose ist die Krankengeschichte: Wann und unter welchen Umständen ist der Anfall
aufgetreten? Wie hat er sich geäußert? Häufig können sich Betroffene selbst an den Anfall nicht mehr gut
erinnern. Dann ist es sinnvoll, Freunde oder Verwandte mit zur Untersuchung zu nehmen, die den Anfall
miterlebt haben. Sie können besser beschreiben, wie der Anfall genau abgelaufen ist.
Neben der körperlichen und neurologischen Untersuchung wird eine Blutprobe genommen, möglicherweise
wird auch Hirnwasser untersucht. Es wird durch eine Spritze im Bereich der Lendenwirbelsäule entnommen
(Lumbalpunktion).
Das Elektroenzephalogramm (EEG) ist eine schmerzfreie Untersuchung, bei der die Hirnströme gemessen
werden. Bestimmte Muster im EEG deuten auf eine erhöhte Anfallsneigung hin. Ein EEG allein reicht
jedoch nicht aus, um eine Epilepsie festzustellen.
Zudem wird in der Regel eine Magnetresonanztomografie (MRT) gemacht: Diese Untersuchung hilft
herauszufinden, ob es im Gehirn Veränderungen gibt, die die Anfälle auslösen könnten.

72
Migräne

Bei der Migräne handelt es sich um einen rezidivierend auftretenden, einseitig lokalisierten Kopfschmerz,
welcher oftmals mit Übelkeit, Erbrechen, Phono- und Photophobie einhergeht. In etwa 10-30% der Fälle
kommt es dabei zu Aura-Phänomenen. Damit werden reversible fokale neurologische Ausfälle wie
z.B. Gesichtsfeldausfälle (Flimmerskotome) oder Paresen bezeichnet, die nicht länger als eine Stunde
anhalten. Therapie der Wahl beim akuten Migränekopfschmerz sind bei leichten Attacken nichtsteroidale
Antiphlogistika (z.B. ASS), bei schweren Attacken Triptane; zusätzlich sollte bei jeder Attacke ein Mittel
gegen die Übelkeit gegeben werden (z.B. Metoclopramid). Treten Attacken häufiger als dreimal im Monat
auf oder halten länger als 72 Stunden an (Status migränosus), ist prophylaktisch die Einnahme
von Betablockern sinnvoll.

Ätiologie
• Familiäre Disposition
• Über die pathophysiologische Ursache der Erkrankung gibt es viele Theorien, aber keine eindeutigen
Erkenntnisse
• Mögliche Triggerfaktoren
• Klimaeinflüsse: Wetterwechsel, Kälte
• Genussmittel: Alkohol, Nikotin, Zitrusfrüchte, Milchprodukte, tyraminhaltige Lebensmittel
(Schokolade, Rotwein)
• Veränderungen des Schlaf-Wach-Rhythmus, Zeitverschiebungen
• Nach einer anstrengenden, stressigen Zeit (sogenannte "Feiertagsmigräne")
• Bei Frauen zusätzlich
• Menstruation
• Hormoneinnahme (Kontrazeptiva)

Klassifikation
• Migräne ohne Aura (ca. 70-90%)
• Migräne mit Aura-Phänomenen (Migraine accompagnée; ca. 10-30%)

Symptome
• Prodromi (fakultativ)
• Vorbotensymptome Stunden bis 2 Tage vor jeder Migräneattacke
• Stimmungsveränderung
• Heißhunger oder Appetitlosigkeit
• Schwierigkeiten beim Schreiben und Lesen
• Vermehrtes Gähnen
• Kopfschmerzen
• Lokalisation: Ca. 60% einseitig, insbesondere frontal, frontotemporal, retroorbital
• Dauer: 4-72 Stunden
• Verlauf: Langsam zunehmender Schmerz
• Charakter: Pulsierend, bohrend, hämmernd
• Begleitphänomene
• Phonophobie
• Photophobie
• Übelkeit/ Erbrechen
• Verstärkung durch körperliche Tätigkeiten
• Migräne mit Aura
• Anfallsweise auftretende, reversible fokale neurologische Symptome,
migränetypische Kopfschmerzen sind dabei nicht obligat (Migraine sans migraine)
• Beteiligung des Sehnervs (früher Migraine ophthalmique)
• Flimmerskotom von parazentral nach peripher wandernd
• Gezackte Grenzlinien bzw. Fortifikationsspektren , die
das Flimmerskotom umgeben oder ausfüllen
• Photopsien (Lichtblitze)
• Grelle Farbwahrnehmungen

73
• Paresen
• Sensibilitätsstörungen, Parästhesien
• Schwindel
• Aphasie

Diagnostik
• Klinische Diagnose beruht auf typischer Anamnese sowie unauffälligem neurologischen
Untersuchungsstatus (siehe Symptome/Klinik)
• Entscheidend sind Angaben wie
• Lokalisation (meistens einseitig)
• Charakter (z.B. pulsierend)
• Dauer (ca. 4-72 Stunden)
• Eventuelle Begleitsymptome (z.B. Aura oder Photopsien)
• Allgemeine Untersuchung beim Leitsymptom Kopfschmerz zum Ausschluss anderer Ursachen
• Neurologischer Status und detaillierter Hirnnervenstatus: Herdsymptome können z.B.
Hinweis auf eine intrakranielle Raumforderung, Sinus- oder Hirnvenenthrombose geben
• Trigeminale Nervenaustrittspunkte: Zum Ausschluss einer Trigeminusneuralgie
• Bulbusdruck- und Bewegungsschmerz: Als Hinweis auf ein ophthalmologisches Geschehen
(z.B. akutes Glaukom)
• Beweglichkeit der HWS, Druckschmerzhaftigkeit der perikraniellen Muskulatur: Kann als
Hinweis auf einen Spannungs- oder zervikogenen Kopfschmerz dienen
• Klopf- und Druckschmerz der Kalotte: Diffuser Klopfschmerz kann z.B. Zeichen
einer Meningitis sein, umschriebener Klopfschmerz kann z.B. im Rahmen von
Knochenprozessen auftauchen
• Schmerzen bei Kieferöffnung: Störungen im Bereich des Kiefergelenks und
der Kaumuskulatur (Myoarthropathien) treten gehäuft zusammen mit Migräne
oder Kopfschmerzen vom Spannungstyp auf
• Beurteilung der Schleimhäute, Zahnstatus: Kopfschmerzen können im Rahmen von
dentogenen und kieferorthopädischen Leiden auftreten
• Ertasten der A. temporalis superficialis: Kann Hinweis auf das Vorliegen einer Arteriitis
temporalis geben
• Messung des Blutdrucks: Zum Ausschluss einer Hypertonie bzw. einer hypertensiven Krise
• Zusatzdiagnostik und eine Bildgebung sind bei Kopfschmerzen mit außergewöhnlicher Klinik (z.B.
Ausschluss einer Subarachnoidalblutung) und bei Kopfschmerzen mit persistierenden
neurologischen oder psychopathologischen Auffälligkeiten notwendig

Therapie
Die Therapie der Migräne ist vielschichtig und umfasst neben der medikamentösen Behandlung eine Reihe
psychotherapeutischer, physiotherapeutischer und alternativer Heilverfahren.

Medikamentöse Therapie des akuten Anfalls


Die medikamentöse Therapie ist dann erfolgreich, wenn sie im Beginn der Migräne eingesetzt wird. Die
Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft sieht in ihrer Leitlinie eine schrittweise und
bedarfsgerechte Medikation vor:
• Gegen Übelkeit und Erbrechen: Verabreichung eines Antiemetikums (z.B. Metoclopramid, (10-20
mg p.o., 10 mg i.v.),
• Gegen Schmerzen:
o Analgetika bei Atacken mit leichteren Schmerzen (z.B. Ibuprofen, Paracetamol, ASS);
Notfallmässig Metamizol (bis 1000 mg, p.o.)
o Triptane (z.B. Sumatriptan ( 50 mg - 100 mg p.o., 10 mg - 20 mg Nasenspray) oder
Ergotaminderivate (z.B. Ergotamintartrat), bei Bedarf zusätzlich ASS i.v. (1000 mg)
o Migränestatus (Migräneattacken, die mehr als 72 Stunden dauern): Cortison 250 mg i.v.,
oder 60 mg - 100 mg p.o., an 2 folgenden Tagen
• Kindliche Migräne: Paracetamol, 15 mg/kg KG, oder Ibuprofen, 10 mg /kg KG; bei Kindern unter
10 J. gegen Übelkeit Domperidon (20 - 30 mg p.o.); oft hilft bei kleineren Kindern schon ein kurzer
"Mittagsschlaf" , um die Migräne-Attacke zu beenden.

74
Einsatz von Triptanen
Mittelschwere Migräneattacken sollten individuell einem spezifischen Migränemanagement mit
Ergotaminen und Triptanen unterworfen werden. Von den Triptanen gibt es mittlerweile (2006) in der BRD
23 verschiedene Darreichungsformen mit unterschiedlichen pharmakokinetischen Eigenschaften, die auf
(fast) alle Besonderheiten der Patienten eingehen
(Zolmitriptan, Naratriptan, Rizatriptan, Almotriptan, Eletriptan, Frovatriptan).
Bei Migräne mit Aura sollten die Triptane erst nach Abklingen der Aura und mit Einsetzen der
Kopfschmerzen verabreicht werden (wegen der vasokonstriktorischen Wirkung). Triptane dürfen nicht bei
bestehender koronarer Herzerkrankung und in der Schwangerschaft (Ausnahme: Sumatriptan) angewandt
werden. Alle Triptane können wie Ergotamin bei zu häufiger Einnahme zu einer Erhöhung der
Attackenfrequenzen und letztlich zu medikamenteninduzierten Dauerkopfschmerz führen.

Medikamentöse Anfallsprophylaxe
Bei der medikamentösen Prophylaxe der Migräne sollte mit dem Medikament der ersten Wahl begonnen und
bei Nichtwirksamkeit auf das nächste Medikament umgestiegen werden; die Dosierung sollte langsam,
einschleichend erfolgen.
1. Betablocker (Wirksamkeit erwiesen für Metoprolol, 50 mg - 200 mg / Tag, Propranolol, 40 mg - 240
mg / Tag), Bisoprolol, 5 mg - 10 mg / Tag), langsam einschleichende Dosierung; Einnahme abends,
um die Blutdruck senkende Wirkung zu "verschlafen".
2. Flunarizin 5 - 10 mg, abends eingenommen, mit antidopaminerger, antihistaminerger, und
antiserotonerger Wirkung (Calciumantagonist)
3. diverse Antiepileptika wie Valproinsäure (500 mg - 600 mg / Tag) oder Topiramat (50 mg - 100 mg
/ Tag, Dosierung langsam steigern mit 25 mg/ Woche)
4. Pizotifen oder Methysergid (5HT-Antagonisten)
5. Menstruelle Migräne: Naproxen 500 mg / Tag (4 Tage vor und 3 Tage nach der Periode), und/oder
Östradiol 100 Mikrogramm/Tag (oder Östrogenpflaster), wirksam auch langwirksame Triptane
wie Naratriptan, (2,5 mg / Tag), Frovatriptan, (2,5 mg / Tag).
6. Schwangerschaftsmigräne: Magnesium (300 mg / Tag, p.o.), Paracetamol (1 g, p.o. oder
als Suppositorium) oder Betablocker (nicht in der Stillzeit).

Weitere Maßnahmen
Die Entstehung von Migräneanfällen wird häufig durch Stressituationen, ungeregelte
Schlafgewohnheiten, Hypoglykämie und ausgelassene Mahlzeiten, bestimmte Nahrungsmittel und
Lebensmittelzusätze, Bewegungsmangel, Alkoholkonsum und Passivrauchen gefördert. Dem Patienten sollte
diese Problematik erläutert werden. Ein selbst geführtes Anfallstagebuch kann Hinweise auf ein gehäuftes
Auftreten von Anfällen unter bestimmten Bedingungen geben. Dadurch können für den Patienten Impulse
zur Veränderung der Lebensführung resultieren.
Psychotherapeutische Verfahren, bei denen der Patient durch Verhaltenstherapie (autogenes
Training, Biofeedback) erlernt, sich bei anbahnenden Schmerzen in einen Trance-ähnlichen Zustand zu
versetzen, können den Umgang mit der Migräne erleichtern. Ebenso wirksam ist das Ausüben aerober
Ausdauersportarten, wie Nordic-Walking, Schwimmen, Inline-Skating.

Zeichen der Meningitis?


• Nackensteifigkeit
• Brudzinski-Zeichen: Bei der Prüfung auf Nackensteifigkeit kommt es zum reflexartigen Anziehen
der Beine. Dadurch wird die mit Schmerzenverbundene Spannung der Meningen und vor allem der
lumbosakralen Nervenwurzeln reduziert.
• Kernig-Zeichen: Das Bein des auf dem Rücken liegenden Patienten wird in Hüft-
und Kniegelenk je 90° gebeugt und dann durch den Untersucher im Kniegelenk gestreckt. Bei
meningealer Reizung kommt es zu Schmerzen und muskulärem
• Lasègue-Zeichen: Das Bein des auf dem Rücken liegenden Patienten wird passiv durch den
Untersucher in der Hüfte gebeugt. Ab einem bestimmten Beugungswinkel kommt es zu
Nervendehnungsschmerz mit reflektorischer Beugung des Kniegelenks, was zur Schmerzreduktion
führt.

75
neurologische Untersuchung der Hirnnerven 1 bis 12

76
welcher ist der Nerv, der für das Kribbeln in den Fingerspitzen verantwortlich ist? Nervus medianus
Was ist die Arbeitsdiagnose? Warum denken Sie so?: Migräne ohne typische Aura aber mit entsprechenden
Symptomen(habe erzählt was das heißt)
DD kommen:
- Spannungskopfschmerz: Depressionen, Angststörungen und Stress gehören zu den ätiologischen
Faktoren. Nur in seltenen Fällen mit Phono-Photophobie und Übelkeit einhergehend. Verstärkt sich
nicht bei körperlicher Aktivität.
- Cluster-Kopfschmerz : Bei dieser primären Kopfschmerzform treten – häufig nachts – stärkste und
streng einseitige Kopfschmerzattacken im Bereich des Auges auf. Weiterhin gehören autonome
Symptome wie konjunktivale Injektion, Tränenfluss und Miosis zum klinischen Bild.
- Subarachnoidalblutung : bei einer SAB wäre ein Vernichtungskopschmerzen, Nackensteife,
akute Beginn zu erwarten.
o Ätiologie und Pathogenese : in 85% der Fälle Ruptur einer basalen Hirnarterie
(angeborenes Aneurysma), oder Angiome, Metastasen, Sinusvenenthrombosen, Traumata,
idiopathisch
o Leitsymptom:
§ perakute, stärkste Kopf- und Nackenschmerzen
§ Übelkeit und Erbrechen, evtl. Bewusstseinsminderung
§ evtl. schon Tage vorher Kopfschmerzen
§ je nach Lokalisation: Lähmungen, Hirnnervenausfälle, epileptische Anfälle
o Diagnose
§ cCT: hyperdense Areale in äußeren Liquorräumen
§ Liquorpunktion: Xanthochronie nach ca. 6h, Siderophagen nach > 4d
§ transkranieller Doppler
§ Angiographie
o Komplikationen

77
§ Nachblutungen
§ Hydrozephalus
§ Vasospasmus
§ Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH)
- Hirntumor : In der Regel manifestiert sich je nach Lokatisation des Tumors dur motorische
Ausfälle wie Hemiplegie, und Sensibiltät Störungen wie Hemiparese und Sprachstörungen mit
zusätzliche B-Symptome. Das Fehlen von dieser B-Symptome spricht gegen die Diagnose.
- Meningitis / meningoenzephalitis : Der Verdacht ist hier eher unwarscheinlich. Zum einen findet
man bei Meningitis hohes Fieber, Nackensteife, reduzierte Allgemeinzustand mit Photophobie. Zum
anderen ürden Meningismuszeichen (Bruszinski und Kernig) vorliegen.
- Hirninfarkt : Die Abwesenheit der Hemiplegie, Hemiparese und Sprachstörungen (Aphasie) spricht
gegen einen Hirninfarkt.

-
Was spricht dagegen? Wie werden Sie SAH ausschließen? CT
Welche weiteren diagnostischen Maßnahmen werden Sie durchführen? CCT und MRT
Worauf sollen Sie dabei achten? Die Schilddrüsenüberfunktion, Niereninsuffizienz und Allergien gegen
Kontrastmittel oder andere Medikamente
Was werden Sie davor machen? Labordiagnostik, körperliche Untersuchung
Warum können wir eine motorische Schwäche haben? Wegen TIA und Thrombus des Herzens, HWS
Komplikation
Wie werden Sie einen Thrombus ausschließen? Mit Echokardiografie, Angiographie
Welche Medikamente würden Sie geben?
- Diclofenac und Tramadol, Propranolol als Hilfe gegen die pulsierenden Kopfschmerzen,
- Antiemetika z.b Metacloperamid oder Ondansetron
- I.v Flüssigkeit Dehydration zu lindern.
Was ist EEG? Was sehen wir und suchen wir durch die Untersuchung? https://www.meine-
gesundheitsakademie.de/article/Migraene/So-helfen-EEG-CT-und-MRT-bei-Migraene-Diagnose-
347511.html
Eine Elektroenzephalographie (EEG) misst die elektrische Aktivität des Gehirns. Dabei zeichnen
Elektroden die Spannungsschwankungen der Hirnströme auf. Diese werden graphisch als Zickzacklinien
dargestellt. Diese Kurven - medizinisch als Elektroenzephalogramm bezeichnet - werten Neurologen aus.
Man bezeichnet das EEG auch als Hirnstromkurve.

Leidet ein Patient unter Funktionsstörungen im Gehirn, sieht der Arzt das im EEG. Seinen festen Platz in der
Medizin hat das EEG etwa zur Diagnose von Epilepsien oder Hirnreifungsstörungen. Doch auch bei
primären Kopfschmerzerkrankungen kann ein EEG aufschlussreich sein - besonders eine Sonderform, die
"Contingente Negative Variation" (CNV): Diese Spezial-EEG-Untersuchung misst, wie das Gehirn auf
bestimmte Reize reagiert, die dem Patienten akustisch oder visuell präsentiert werden. Die CNV ist ein
aussagekräftiges Verfahren wie hoch die elektrische Erregbarkeit des Nervensystems von Patienten ist. Bei
bestimmten primären Kopfschmerzformen, darunter der Migräne ohne Aura, kann sie erhöht sein. Als
Routine-Diagnostikum bei Kopfschmerz werden CNV oder EEG dennoch nicht eingesetzt.

Was könnten die Lippenblåschen sein??(Herpes simplex)


Was sind die Ursachen/Risikofaktoren für Migräne?
• Klimaeinflüsse: Wetterwechsel, Kälte
• Genussmittel: Alkohol, Nikotin, Zitrusfrüchte, Milchprodukte, tyraminhaltige Lebensmittel
(Schokolade, Rotwein)
• Veränderungen des Schlaf-Wach-Rhythmus, Zeitverschiebungen
• Nach einer anstrengenden, stressigen Zeit (sogenannte "Feiertagsmigräne")
• Bei Frauen zusätzlich
• Menstruation
• Hormoneinnahme (Kontrazeptiva)

Was wäre die körperliche Untersuchung, die ich machen würde?

78
Vital Parameter, LUNGE UND HERZ abhören, Meningismus/Nackensteifigkeiten(HWS)= Zeichen ..Kernig
Zeichen, Brudzinski., Lasegue

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Bandscheibenprolaps (Bandscheibenvorfall)

Im Laufe des Lebens leiden viele Menschen an relevanten Rückenschmerzen – davon wird jedoch nur ein
Bruchteil durch Bandscheibenvorfälle verursacht. Das Auftreten einer radikulären Schmerzsymptomatik
ist dennoch in den meisten Fällen auf eine Diskusprotrusion oder einen Diskusprolaps (Austritt von
Bandscheibenmaterial) zurückzuführen. Dadurch kommt es zu einer Kompression von Spinalnerven im
Verlauf oder beim Austreten aus dem Wirbelkanal. Der Altersgipfel liegt zwischen dem 30. und 50.
Lebensjahr. Übergewicht, mangelnde Bewegung oder verstärkte biomechanische Belastung begünstigen
einen Bandscheibenvorfall. Je nach Symptomatik (Sensibilitätsstörungen, motorische Einschränkungen,
Reflexminderung) kann auf die Höhe der Läsion geschlossen werden.
Eine ausführliche Diagnostik mit neurologischer Funktionsuntersuchung ist therapieentscheidend.
Generell sollte ein Bandscheibenvorfall erst einmal konservativ therapiert werden. Wichtig für den
späteren Therapieerfolg ist hier ein multimodales Therapiekonzept. Bei schweren Verlaufsformen und
ausgeprägter Symptomatik (wie beim Conus- oder Cauda-Syndrom) droht jedoch durch massive
Nervenwurzelkompression der Wurzeltod. In einem solchen Fall sollte eine zeitnahe Operation erfolgen.

• Diskusprotrusion: Verlagerung des Nucleus pulposus in einen Riss des Anulus fibrosus mit
resultierender Vorwölbung des Anulus fibrosus und ggf. des hinteren Längsbandes
• Diskusprolaps: Austritt von Bandscheibenmaterial aus dem Anulus fibrosus (= Herniation)
• Nach mediolateral (90% der Fälle): Austritt am hinteren Längsband (Ligamentum
longitudinale posterius) vorbei
• Nach medial/posteromedial: Austritt durch das hintere Längsband hindurch
• Nach lateral
• Diskussequester: Bandscheibengewebe, das seine Verbindung zur
ursprünglichen Bandscheibe verloren hat

Symptome
• Schmerz
• Dauer: Akut (<6 Wochen), subakut (6–12 Wochen), chronisch (>12 Wochen)
• Qualität: Oft stechend, einschießend
• Lokalisation und radikuläre Reizungen
• Zervikaler Bandscheibenvorfall: Schmerzausstrahlung in die Arme (Brachialgie).
Oft äußern sich zunächst vertebrale Schmerzen, die im weiteren Verlauf Dermatom-
bezogen auftreten.

80
• Thorakaler Bandscheibenvorfall: Schmerzen im Verlauf sowohl des
oberen Rückens (Dorsalgie) als auch der Rippenbögen (Interkostalneuralgie)
• Lumbaler Bandscheibenvorfall: Schmerzen des
unteren Rückens (Lumbalgie), Schmerzausstrahlung in die Beine im Verlauf des N.
ischiadicus (Ischialgie)und Schmerzausstrahlung im Verlauf des N.
femoralis (Femoralgie)
• Sensibilitätsstörungen: Missempfindungen, Kribbelparästhesien, Taubheitsgefühl
• Paresen: Inkompletter Funktionsausfall eines Muskels
• Reflexminderung: Ggf. auch Ausfall
• Myelopathie: Neurologische Funktionsausfälle durch Kompression des Rückenmarks

Vorgehen in der Notaufnahme


• Anamnese und körperliche Untersuchung mit Fokus Wirbelsäule: Bei schmerzbedingter
Immobilisierung oder positiver Red-Flags-Anamnese wird eine akutstationäre Einweisung
empfohlen!
• SAMPLE-Schema unter Berücksichtigung der Red Flags bei Rückenschmerzen
• Inspektion, Palpation und Funktionsuntersuchung (Sensibilität, Kraft der Kennmuskeln,
Reflexstatus, Wurzeldehnungszeichen)
• Venöser Zugang und Blutentnahme: Ggf. Labordiagnostik einleiten
• Kleines Blutbild, BSG, CRP, PCT, Leber- und Nierenwerte: Beim isolierten
Bandscheibenprolaps sind keine pathologischen Veränderungen zu erwarten. Die
Laboruntersuchungen dienen daher hauptsächlich dem Ausschluss anderer Ursachen wie
bspw. entzündlichen Geschehen. Bei Verdacht auf eine spezifische Ursache kann neben der
bereits genannten Laborparameter auch eine erweiterte Diagnostik, wie bspw.
eine Liquordiagnostikoder eine Blutserologie (Herpes zoster, Borrelien, etc.), indiziert sein
• Monitoring: Ggf. EKG, Pulsoxymetrie, Blutdruck
• Schmerzadaptierte Analgesie: Unter Berücksichtigung bereits erhaltener Medikamente
• Bei leichten Schmerzen : Metamizol , alternativ Paracetamol
• Bei starken Schmerzen : Piritramid
• Weitere medikamentöse Maßnahmen
• Zur Behandlung einer opioidinduzierten Übelkeit: Dimenhydrinat

81
• Thromboseprophylaxe: Enoxaparin , alternativ Certoparin
• Bildgebung:
• Röntgen
• Indikation: Starker Schmerz (inbs. nach Trauma), therapieresistenter Schmerz,
Erstdiagnostik bei Red Flags-Symptomatik
• Durchführung: Wirbelsäule (HWS/BWS/LWS entsprechend der Symptomatik) in
2 Ebenen, ggf. Funktionsaufnahmen
• Bei HWS-Syndrom und traumatischer Genese: Dens-Zielaufnahme)
• Befund: Intervertebrale Höhenminderung , veränderte Knochenstrukturen (bspw.
bei Frakturen, Tumoren, Osteoporose), degenerative Prozesse
• Magnetresonanztomographie
• Indikation: Bildgebung der Wahl (insb. bei Red Flags-Symptomatik)
• Befund: Sklerosierte, dehydrierte (T2-hypointense) Bandscheiben bei
Bandscheibendegeneration [7] [8] , Diskusprolaps als Herniation von
Bandscheibengewebe mit umgebendem Ödemsaum, entzündliche Infiltrate
• Computertomographie
• Indikation: Fraktur, präoperative Planung, Pathologie im Röntgen, MRT zeitnah
nicht verfügbar
• Befund: Bspw. von ventral in den Spinalkanal drängende, vom
Zwischenwirbelraum ausgehende Raumforderung, veränderte Knochenstrukturen,
degenerative Prozesse

82
Zervikaler Bandscheibenvorfall
Unter einem zervikalen Bandscheibenvorfall versteht man einen Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule.
Wie die lumbalen Bandscheibenvorfälle ist auch dieser Bandscheibenvorfall meist Folge eines
Abnutzungsprozesses. Die Erkrankungshäufigkeit nimmt bis zum 45. Lebensjahr kontinuierlich zu, um
danach wieder abzusinken. Dieses Phänomen dürfte eine Folge der grossen Belastungen sein, der Menschen
im mittleren Lebensabschnitt unterliegen.
Ursachen
Bandscheibenvorfälle sind Folge degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule. Nur bei Vorliegen einer
erheblichen Gewalteinwirkung bei zuvor völlig beschwerdefreien Patienten kann ein Trauma als Ursache
geltend gemacht werden. Sogenannte «Verhebetraumen» werden von den Versicherungen in der Regel nicht
als unfallbedingte Ursache von Bandscheibenvorfällen anerkannt.
Epidemiologie
Männer sind ungefähr 1,4mal häufiger betroffen als Frauen. Der am häufigsten betroffene Wirbel ist HWK
5/6, gefolgt von HWK 6/7 und HWK 4/5.
Vorgeschichte
Das Leiden beginnt häufig mit unspezifischen Nackenschmerzen, die im weiteren Verlauf in einen Arm
auszustrahlen beginnen. Die Heftigkeit oder die Therapieresistenz der Schmerzen führt den Patienten dann
zum Arzt. Neben Schmerzen können auch Gefühlsstörungen und Lähmungserscheinungen auftreten. Im
Unterschied zu lumbalen Bandscheibenvorfällen können beim Vorliegen von Hernien, die auf das
Rückenmark drücken, auch Symptome in den unteren Extremitäten (Gangstörungen, Schmerzen,
Lähmungserscheinungen und Gefühlsstörungen) bis hin zum Querschnittssyndrom auftreten.
Diagnose
Die Untersuchungsmethode der Wahl ist das Kernspintomogramm (MRI). Das Computertomogramm (CT)
ist wegen Knochenartefakten in der Regel weniger geeignet.
Für besondere Fragestellungen steht ferner das Myelo-CT zur Verfügung. Hier wird ein Kontrastmittel in
den Rückenmarkkanal gespritzt, dessen Verteilung anschliessend sowohl in einem gewöhnlichen
Röntgenbild der Halswirbelsäule (in mehreren Projektionen) als auch in einem CT analysiert wird.
Therapie
In erster Linie wird die Therapie konservativ, das heisst nicht operativ geführt. Falls nicht Lähmungen ein
operatives Vorgehen erfordern, ist eine konservative Therapie (Schmerzmittel, Physiotherapie,
Arbeitsunterbruch) von 8 Wochen durchaus üblich.
Ein rasches operatives Vorgehen ist bei starken Schmerzen, Lähmungen und Störungen beim Wasserlösen
(Harnverhalt, unwillkürlicher Urinabgang) oder beim Stuhlgang angebracht. Hingegen ist die
Operationsindikation bei einer Therapieresistenz mit mässigen Schmerzen relativ und richtet sich nach dem
Leidensdruck des Patienten.
Operative Verfahren
Die Behandlung erfolgt normalerweise mit einem Zugang vorne am Hals. Die Bandscheibe wird mitsamt
dem Vorfall unter dem Mikroskop entfernt. Als Platzhalter werden entweder ein Titan- oder Kunststoffring
(sog. Cage) oder eine Bandscheibenprothese eingebaut. Das Risiko einer Nerven- oder
Rückenmarksverletzung ist gering und liegt bei weit unter 1%. Ferner besteht ebenfalls ein geringes Risiko
für eine meist vorübergehende Heiserkeit. Das Schlucken ist in den ersten Tagen nach der Operation häufig
schmerzhaft. Die Hospitalisationszeit beträgt 2–4 Tage.
Wenn der Vorfall weit aussen liegt, kann auch ein Eingriff von hinten (Nacken) in Betracht gezogen werden.
Hierbei wird nur der Vorfall entfernt, die Bandscheibe wird belassen.
Erholungszeit
Nach der Operation muss mit einer Erholungszeit von ungefähr 6 Wochen gerechnet werden. Diese kann in
Abhängigkeit von bestehenden neurologischen Ausfällen sowie der körperlichen Belastung am Arbeitsplatz
von Fall zu Fall variieren.
Klinische Bedeutung
Die Stenose des Spinalkanals ist eine relativ häufige und oft übersehene Ursache für Gehbeschwerden des
älteren Menschen. Eine verminderte Gehstrecke sowie Rücken- und Beinschmerzen führen oft zu einer
reduzierten Lebensqualität oder sogar Behinderung und Immobilität. Die steigende Lebenserwartung, der
höhere Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung sowie der Anspruch auf einen aktiven Lebensstil auch
im Alter werden in den nächsten Jahren zu einer Zunahme der Bedeutung dieser Erkrankung führen.
Typische Beschwerden und Leitsymptome
• Gehstörungen

83
• Lumbago (Rückenschmerzen)
• nach vorn gebeugte Körperhaltung
1. Claudicatio spinalis
Das klassische klinische Bild besteht aus Schmerzen in einem oder beiden Beinen, die nach einer
bestimmten Gehstrecke oder Stehzeit auftreten (Neurogene Claudicatio oder Claudicatio spinalis). Sie
können von Rückenschmerzen begleitet sein. Typisch ist die Besserung der Schmerzen beim Sitzen oder
Liegen, aber nicht allein durch Stehenbleiben (Differentialdiagnose zur Claudicatio intermittens).
Erleichterung verschafft auch das Vornüberbeugen, wie zum Beispiel das Auflehnen auf einen
Einkaufswagen. Es gibt Patienten, die in jeder Körperlage bei gestrecktem Rücken Schmerzen im Bein
spüren, da eine Streckung der Wirbelsäule den Innendurchmesser des Wirbelkanals verkleinert, während
eine Beugung ihn vergrössert. Velofahren ist daher meist problemlos möglich. Die typische Claudicatio
spinalis kann allerdings in 30 % der Patienten auch fehlen. Hier treten Beschwerden vom Ischias-Typ,
Parästhesien, Wadenkrämpfe, Schwäche im Bein und auch Schmerzen in Ruhestellung auf.
2. Rückenschmerzen
Rückenschmerzen sind meist obligat, aber hinsichtlich ihrer Stärke variabel und ebenfalls
belastungsabhängig. Bei einem assoziierten Wirbelgleiten können sie durch die Instabilität im Vordergrund
stehen. Oft entstehen die Rückenschmerzen sekundär durch das ständige Vornüberbeugen.
3. Neurologische Defizite
Störungen der Sensibilität, der Motorik und der Reflexe sind - wenn sie überhaupt auftreten - eher
leichtgradig. Sie betreffen meist die Dermatome und Muskeln für die Wurzel L5 (Fussheberschwäche,
Hypästhesie der Grosszehe) oder L4 (Quadrizepsschwäche, Hypästhesie der Unterschenkelinnenseite) und
seltener andere Wurzeln. Die neurologische Untersuchung ist aber auch oft unauffällig (50 %). Akute
Dekompensationen mit Lähmungen sind möglich, aber seltener. Eine Kaudasymptomatik durch die
Kompression des Duralsacks ist eine Rarität.
Ursache und Folgen der Stenose
Mit der Abnutzung und dem Altern der Wirbelsäule treten degenerative Veränderungen auf, am
ausgeprägtesten im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule. Eine Schlüsselrolle spielt die Dehydratation der
Bandscheibe mit Höhenverlust und Lockerung im Bewegungssegment. Der Körper reagiert mit
Restabilisierungsversuchen durch Verdickung des Ligamentum flavum und Knochenanbauten oder
Hypertrophie vor allem am Facettengelenk. Als Folge kommt es zu einer zentralen und lateralen Einengung
des Wirbelkanals und der Foramina intervertebralia mit Kompression der Nerven zentral, traversierend
(Rezessusstenose) und seltener auch bei Austritt aus dem Foramen. Diese Einengung des Spinalkanals kann
durch die Vorwölbung der Bandscheibe oder in seltenen Fällen durch ein Wirbelgleiten noch verstärkt
werden.
Welche diagnostischen Verfahren sind notwendig?
Das MRT der lumbalen Wirbelsäule ist die Diagnostik der ersten Wahl. Hier zeigen sich die hypertrophen
Lig. flava (L) und die prominenten Gelenke (G), die zu einer deutlichen Einengung des Durchmessers des
Spinalkanals führen. Typisch ist auch die sagittal oft zu sehende leichte, aber breite Vorwölbung der
Bandscheibe (B). Meist sind die Höhen L4/L5 oder L3/L4 betroffen. Bei einem angeborenen engen Kanal
finden sich auch multiple Verengungen bereits im mittleren Lebensalter. Eine Funktionsaufnahme der LWS
in Flexions- und Extensionsstellung ist bei dominierenden Rückenschmerzen erforderlich, um eine
Spondylolisthesis zu diagnostizieren oder auszuschliessen. Eine vaskuläre Claudicatio (intermittens) sollte
anhand der typischen klinischen Zeichen (periphere Pulse fehlen, trophische Hautveränderungen, kalte Haut,
Beschwerden auch in gebeugter Haltung, zum Beispiel Radfahren, Muskel- statt Nervenschmerz) oder
mittels Doppler ausgeschlossen werden.
Wer soll behandelt werden?
Da etwa 20 % aller Menschen unter 60 Jahren radiologische Zeichen einer spinalen Stenose zeigen können,
ist die entsprechende klinische Symptomatik unabdingbare Voraussetzung für die Einleitung einer invasiven
Behandlung. Eine prophylaktische Behandlung ist nicht angezeigt. Andererseits ist eine abwartende Haltung
bei Patienten mit klarer Symptomatik nicht sinnvoll, da sie durch die Einschränkungen zunehmend
dekonditioniert und geschwächt werden. Die Operation ist ein Routineverfahren mit niedriger
Komplikationsrate und sollte nicht als Ultima Ratio, sondern als Therapie der Wahl angesehen werden.
Behandlung der spinalen Stenose
1. Konservativ
Die mechanische Einengung der Nervenwurzeln begrenzt die Wirksamkeit der konservativen Behandlung.
Rückenschule, Physiotherapie, ein Aktivitätskonzept, Schmerzmittel (Paracetamol, nichtsteroidale

84
Antirheumatika, Flupirtin, Gabapentin), Triggerpunkt- oder Facetteninfiltration mit Lokalanästhetika und
Triamcinolon bessern kurzzeitig den Zustand, aber versagen im Langzeitverlauf. In mehreren Studien ist
belegt, dass Patienten mit symptomatischer Spinalkanalstenose sich unter konservativer Therapie nur wenig
bessern, was aus pathophysiologischer Sicht verständlich ist.
2. Operativ
Das stenotische Segment kann durch Laminektomie, bilaterale Fensterung oder unilaterale Fensterung mit
Dekompression zur Gegenseite entlastet werden. Alle Verfahren vergrössern den Innendurchmesser des
Spinalkanals und den Rezessus lateralis. Laminektomien sind mittlerweile selten, da sie am invasivsten sind
und ungünstige Auswirkungen auf die dorsale Zuggurtung und damit die Stabilität der Wirbelsäule haben.
Bei der mikrochirurgischen uni- oder bilateralen Fensterungsoperation werden der Muskel schonend
abgeschoben und das Ligamentum flavum entfernt sowie die medialen und anterioren Anteile der verdickten
Gelenkfacette beseitigt. Die Nervenwurzeln werden unter Sicht von der knöchernen und ligamentären Enge
befreit. Ein minimalinvasives Verfahren besteht in der Implantation eines interspinösen Spreizers, der das
betroffene Segment in eine Kyphose zwingt und damit wie die physiologische Flexion eine geringe
Vergrösserung des Innendurchmessers bewirkt. Dieses Verfahren ist allerdings von einer hohen Versagerrate
im Langzeitverlauf gekennzeichnet und sollte nur bei Patienten mit einem grossen allgemeinen
Operationsrisiko eingesetzt werden.

Zur weiteren Abklaerung:


KU,Neurologische Untersuchung,Labordiagnostik,Röntgen der HWS und MRT der HWS.

Therapie: Zuerst konservative Behandlung: Bettruhe,Waerme Applikation, Spasmolytika,Antipyhlogistika,


Nach dem Nachlassen der Beschwerden Physiotherapie
Beim Versagen der konservativen Behandlung oder Resistenz sowie Verschlechterung der Beschwerden
unter konservativ, ,er Therapie :Chirurgische Versorgung mittel Laminektomie (Wirbelkörperabtragung)
oder Nukleotomie.
Bei der Einnahme von Antiphlogistika sollen wir auch zusaetzlich eine PPI Prophylaxe
(Protonenpumpeninhibitoren, Säureschutz) verschreiben, da diese Medikamenten zur OGB und Ulcus
Pepticus führen können.

Was sind die körperlichen Untersuchungsmethoden von Meningitis? Kernig,Brudzinski,Laseque und


Nackensteifigkeit.
Wie wird Kernig durchgeführt? Bein passivem Heben des Beins reflektorische Beugung von dem anderen
Knie.

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Phlebothrombose (Tiefe Beinvenenthrombose)

Ein stenosierendes oder verschließendes Blutgerinnsel in einer tiefen Vene (Phlebothrombose) entsteht meist
infolge einer Veränderung der Blutzusammensetzung (Hyperkoagulation), der Strömungsverhältnisse (Stase)
oder durch eine Endothelschädigung. Diese sog. Virchow-Trias wird wiederum durch bestimmte
Risikofaktoren begünstigt, von denen insb. die Immobilisation, Malignome und eine zuvor durchlittene
Thrombose zu nennen sind. Klinisch zeigt sich die Erkrankung durch Schwellung, Druckschmerz
und Zyanose der betroffenen Extremität. Diagnostisch stellt die Farbduplex-Kompressionssonographie
den Goldstandard dar, mittels derer sich Ausmaß und Lokalisation der Erkrankung nachweisen lassen. Bei
der laborchemischen Bestimmung der D-Dimere ist zu beachten, dass diese bei negativem Ergebnis eine
Thrombose (oder Lungenembolie) weitgehend ausschließen können – ein positives Ergebnis hingegen ist
unspezifisch und kann viele Ursachen haben. Es weist also keinesfalls eine Thrombose nach. Therapeutisch
steht eine Antikoagulation im Vordergrund, die i.d.R. zunächst mit Heparin in therapeutischer Dosis
durchgeführt wird. Im Verlauf erfolgt dann unter Beachtung der Kontraindikationen meist eine Umstellung
auf orale Antikoagulantien (z.B. Cumarine). Die Behandlungsdauer richtet sich u.a. nach
Risikofaktoren, Komorbidität und aktuellem Befund.

Beim Auftreten von Luftnot, Kollapsereignissen oder plötzlicher Verschlechterung


des Allgemeinzustandes sollte immer an die Möglichkeit einer Lungenembolie gedacht werden, die im
Rahmen der TVT durch Verschleppung von Thrombusanteilen über die venöse Strombahn entstehen kann.

Risikofaktoren der tiefen Beinvenenthrombose


• Positive Anamnese → ca. 30-fache Risikosteigerung
• Immobilisation → ca. 20-fache Risikosteigerung
• Adipositas (BMI >30)
• Alter >60 Jahre
• Aktive Malignome, insb. Magen, Pankreas, Lunge, Lymphome, gynäkologische und
urologische Tumoren
• Antiphospholipid-Syndrom
• Östrogentherapie → Rauchen potenziert das Thromboserisiko im Zusammenhang mit einer
Östrogentherapie
• Schwangerschaft und Wochenbett bis zu sechs Wochen postpartal

Lokalisation der Beinvenenthrombose (Etagenmodell)


Im klinischen Sprachgebrauch ist das Etagenmodell weiterhin bedeutsam. Dabei werden
Becken, Oberschenkel, Knie und Unterschenkel jeweils als Etagen gesehen – insg. also vier. Betrifft eine
Thrombose mehrere dieser Etagen, wird von einer Mehretagenthrombose gesprochen
• Beckenvenenthrombose (oberhalb des Ligamentum inguinale): ca. 10–20%
• Oberschenkelvenenthrombose (zwischen Lig. inguinale und Fossa poplitea): ca. 50%
• Popliteavenenthrombose (im Bereich der Fossa poplitea bis zur Trifurkation in die
Unterschenkelvenen ) : ca. 10–20%
• Unterschenkelvenenthrombose (unterhalb der Trifurkation): ca. 20–30% der Thrombosen

Virchowsche Trias
Die Virchowsche Trias beschreibt die drei wesentlichen pathophysiologischen Ursachen, die zur Entstehung
einer Thrombose führen.
1. Schädigung des Gefäßendothels: Entzündlich, traumatisch
2. Herabsetzung der Blutströmungsgeschwindigkeit: Varizen, äußerer Druck auf Extremität,
Immobilisation (postoperativ, Langstreckenreise, Bettlägerigkeit), lokale Wärmeanwendung
3. Veränderungen der Blutzusammensetzung: Hyperkoagulabilität, gesteigerte Adhäsionstendenz
der Thrombozyten, erblich oder medikamentös bedingte Verstärkung
der Blutgerinnung, Thrombophilie

Entstehung von Thrombosen


• Häufigster Entstehungsweg

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• Aszendierende Thrombose: Nach Bildung des ersten Thrombus in einer distalen Vene
des Unterschenkels wächst dieser binnen einer Woche durch Apposition weiter in das
proximale Venensystem ein. Auch eine Aszension aus der Femoralvene in die Beckenvenen
ist möglich. Eine Aszension ereignet sich bei etwa einem Viertel der unbehandelten
Thrombosen des Unterschenkels.

Betroffenes Bein
• Typische Trias (nur in 10% der Fälle): Schwellung, dumpfer Schmerz, Zyanose
• Überwärmung
• Schweregefühl/Spannungsgefühl
• Verstärkte Venenzeichnung
subfebrile Temperaturen
Allgemein: Plötzlich auftretende Luftnot, Schwindel- und Schwächegefühl bei einer Lungenembolie

Diagnostik
Klinische Untersuchungsbefunde
• Meyer-Zeichen: Wadenkompressionsschmerz. Schmerzhaftigkeit auf der Medialen Seite
(Inneneseite) des oberen Unterschenkel (Meyerschen Druckpunkten)
• Homans-Zeichen: Wadenschmerz bei Dorsalextension des Fußes
• Payr-Zeichen: Fußsohlenschmerz bei Druck auf mediale Fußsohle
• Seitendifferente Beinumfänge >3 cm
• Warnzeichen => Verdacht auf eine Lungenembolie:
• Dyspnoe und Tachypnoe
• Thorakalschmerzen
• Husten
• Tachykardie und Palpitationen
• Synkope
• Hypcapnie und Hypoxämie
• Hömoptysie
Labor
• D-Dimere↑: Unspezifisch! Ein normaler D-Dimer-Wert schließt eine TVT oder LE nahezu aus –
erhöhte D-Dimere können jedoch viele Ursachen haben (bspw. postoperativ oder bei Malignomen
erhöht).
• Erhebung nicht notwendig bei hoher klinischer Wahrscheinlichkeit: In der Situation
einer hohen klinischen Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Phlebothrombose
(z.B. Wells-Score hoch) ist die D-Dimer-Bestimmung nicht mehr sinnvoll. Es kann direkt
zur bildgebenden Untersuchung übergegangen werden.
• D-Dimere zur Verlaufsbeurteilung: Werden vier Wochen nach Beendigung
einer Antikoagulation erhöhte D-Dimer-Werte (bei 15% der Patienten) festgestellt, besteht
ein erhöhtes Rezidivrisiko
• Sonderfall: D-Dimer-Negative-Thrombose, hierbei ist trotz negativer D-Dimere eine
Thrombose bildgebend nachweisbar
• Insb. bei eindeutigen klinischen Zeichen einer Thrombose sollten negative D-
Dimere mit Vorsicht interpretiert werden; im Zweifel sollte stets
eine Duplexsonographie erfolgen!
• BSG-Erhöhung
• Leukozytose
• Protein C und Protein S Mangel
• Phospholipid Antikörper
Bildgebende Verfahren
• Goldstandard: (Farbduplex-)Kompressionssonographie der Beinvenen
• Durchführung: Von der Leistenregion nach distal werden die tiefen Beinvenen in
Abständen von wenigen Zentimetern durch Ausüben von Druck mit dem Schallkopf auf ihre
Komprimierbarkeit geprüft
• Die Phlebographie mit Kontrastmittel kann ebenfalls durchgeführt werden.

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Weitergehende Diagnostik
Die ätiologische Abklärung einer Phlebothrombose sollte immer angestrebt werden, da therapeutische
Konsequenzen hieraus abzuleiten sind .
• Tumorsuche
• Indikation
• Thrombosen mit unklarer Ätiologie (insb. bei Auftreten ab dem 50. Lebensjahr), um
ein Malignom auszuschließen
• Z.B. digital-rektale Untersuchung, PSA-Wert-Bestimmung, Koloskopie und/oder
gynäkologische Untersuchung
• Sonographie des Abdomens und Röntgen-Thorax-Untersuchung
• CT/MRT-Aufnahmen (Abdomen und Thorax)
• Thrombophilie-Diagnostik
• Indikation: Junge Patienten, ungewöhnliche Lokalisation, positive Familienanamnese,
klinische Hinweise
• bei älteren Patienten ist eine Thrombose fast nie in einer hereditären Thrombophilie
begründet.
• Thrombophilie-Screening: Faktor-V-Leiden-Mutation, Prothrombin-20210-
Mutation , Protein C, Protein S, Antithrombin, Faktor VIII, Autoantikörperdiagnostik bzgl.
eines Antiphospholipid-Syndroms (Lupus-Antikoagulans, Cardiolipin-Antikörper, Beta-2-
Glycoprotein-I-Antikörper und ggf. weitere Antiphospholipid-Antikörper)

Differentialdiagnosen
• Muskelfaserriss und posttraumatische Schwellungszustände/Hämatom : Hierfür lassen sich im
Allgemeinen anamnestisch bereits Hinweise finden (z.B. Trauma), zudem ist die Haut im Falle
eines Muskelfaserrisses nicht zyanotisch. Zu beachten gilt aber, dass es bei einer Schwellung des
Beines sekundär zu einer Phlebothrombose kommen kann!
• Kompartment-Syndrom : Hierbei würde man typischerweise eine brettharte Muskulatur und ggf.
neurologische Ausfälle erwarten. Oftmals ist die klinische Abgrenzung zu einer Venenthrombose
jedoch schwierig, sodass erst mithilfe der Dopplersonographie eine sichere Aussage getroffen
werden kann.
• Lymphödem : Hierbei kann es auch zu einer beträchtlichen Schwellung der betroffenen Extremität
kommen, jedoch bestehen i.d.R. weder Schmerzen noch eine livide Verfärbung. Beachte klinisch
das Stemmer-Zeichen.
• Erysipel : Bei einem Erysipel würde man keine diffus livide, sondern eine rote und scharf begrenzte
Verfärbung der Haut sowie ggf. Allgemeinsymptome wie Fieber erwarten.
• Thrombophlebitis
• Definition: Thrombose und Entzündung einer oberflächlichen Vene bzw. einer varikös
veränderten Vene (Varikophlebitis)
• Klinik: Kurzstreckige strangförmige Rötung, druckschmerzhafte Verhärtung
• Therapie
• NSAR, Kühlen, Anlage eines Kompressionsverbandes, Mobilisation, beim Sitzen
hochlagern
• Bei frischer Thrombophlebitis zur Schmerzfreiheit vorher Stichinzision mit
Thrombektomie möglich
• Antikoagulation bei Thrombophlebitiden mit Beziehung zum tiefen
Venensystem (analog zur Therapie der Phlebothrombose)
• Antikoagulation für 4–6 Wochen bei Thrombusausdehnung ≥5 cm in größeren
oberflächlichen Venen wie Vena saphena magna und parva
• Chirurgische Sanierung einer Varikosis
• Malignom

Therapie
Um ein postthrombotisches Syndrom zu vermeiden, sollte bei frischen Thrombosen im Becken - und
Oberschenkelbereich eine frühzeitige Thrombolyse durchgeführt werden.

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Anwendung finden dazu die Thrombolytika Streptokinase, Urokinase oder
rekombinante Plasminogenaktivatoren (rtPa). Die Behandlung dauert etwa 5 bis 7 Tage, anschliessend
erfolgt eine Thromboseprophylaxe mit Heparin oder Azetylsalizylsäure.
Im Becken- und Leistenbereich kann auch eine Thrombektomie in Betracht gezogen werden.

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Ulcus cruris venosum
• Definition: Substanzdefekt des Unterschenkels infolge einer chronisch-venösen Insuffizienz
• Klinik
• Unregelmäßig begrenzte und häufig nässende Ulzeration am Unterschenkel
• Eher wenig schmerzhaft
• Prädilektionsort: Leicht oberhalb des Innenknöchels
• Therapie
• Kompressionstherapie und Mobilisierung
• Lokale Wundtherapie mit wundphasengerechten Verbänden und Auflagen
• Meidung lokal reizender Substanzen: Die Anwendung kann Kontaktallergien und -
ekzeme verursachen (z.B. topische Antibiotika)
• Behandlung der Grunderkrankung
• Venenchirurgische Therapie
• Sklerotherapie
• Differentialdiagnosen
• Ulcus cruris arteriosum: Wichtigste Differentialdiagnose
• Definition: Ulzeration aufgrund arterieller Minderperfusion im Rahmen einer
fortgeschrittenen peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK)
• Klinik
• Scharf begrenzte, ggf. die Faszie übergreifende Ulzeration
• Meist stark schmerzhaft
• Haut in der Ulkusumgebung: Kalt und blass (Fußpulse↓)
• Prädilektionsort: Außenknöchel, (äußerer) Fußrand, Fersen, Zehen
• Therapie: Siehe auch periphere arterielle Verschlusskrankheit
• Diabetisches Fußsyndrom
• Necrobiosis lipoidica
• Pyoderma gangraenosum
• Prognose: Hohe Rezidivrate nach Abheilung (bis zu 70%)
• Rezidivprophylaxe: Konsequente Kompressionstherapie und
Mobilisierung, Lymphdrainage bei Ödemen

Varikosis chronisch-venöse Insuffizienz


Die chronisch-venöse Insuffizienz (CVI) ist eine Erkrankung, die als Folge chronischer Venenerkrankungen
unterschiedlicher Ätiologie auftritt und die Venen der unteren Extremität betrifft. Häufigste Ursache ist
die Varikosis, bei der sich im Laufe des Lebens Varizen (sackartig erweiterte oberflächliche Venen)
entwickeln.
Während eine Varikosis initial vor allem eine ästhetische Beeinträchtigung für viele Patienten darstellt, kann
die chronisch-venöse Insuffizienz im Verlauf zu klinisch relevanten Komplikationen führen. Aufgrund einer
Drucksteigerung im venösen System entstehen Veränderungen der Haut und weitere Umbauvorgänge des
Venensystems. Das häufigste Frühsymptom sind Ödeme, bei schweren Verläufen können jedoch
auch trophische Hautveränderungen und Ulzerationen (Ulcus cruris venosum) auftreten.
Diagnostisch sind der Einsatz sowohl bildgebender (Goldstandard: Duplexsonographie) als auch
funktionsdiagnostischer Verfahren (Venenfunktionstests) für die Therapie wegweisend. Ziel der Diagnostik
ist die Erfassung und Einordnung funktioneller und symptomatischer Einschränkungen und die genaue
ätiologische Abklärung.
Die Basistherapie jeder Varikosis und CVI beruht auf konservativen Maßnahmen (Lymphdrainage,
Mobilisierung, Kompressionsstrümpfe), die je nach Stadium der Erkrankung durch interventionelle
(Varizensklerosierung) bzw. operative Verfahren (Venenstripping, Crossektomie) ergänzt werden kann.

1. Varikosis (Krampfaderleiden): Zylindrische Erweiterung und Aussackung oberflächlicher Venen


mit Bildung von Knäueln und Schlängelungen

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• Primäre Varikosis: Idiopathische Insuffizienz der Venenklappen des oberflächlichen
Venensystems, vermutlich bei zugrundeliegender genetischer Disposition
• Sekundäre Varikosis: Erworbene Abflussbehinderung der tiefen Venen mit Ausbildung
von Kollateralen
2. Chronisch-venöse Insuffizienz (CVI): Folgeerscheinung im Rahmen von chronischen
Venenerkrankungen der unteren Extremität, die mit Haut- und Venenveränderungen, Ödemen bis
hin zu Ulzera einhergeht.

Trendelenburg-Test: Prüfung der Funktion der oberflächlichen Venenklappen sowie


der Venenklappen der Perforansvenen
• Durchführung
• Patient liegt, Beine werden hochgelagert → Aufgrund der Schwerkraft entleeren sich
die Varizen (ggf. zusätzlich ausstreichen bis vollständig entleert)
• Anlage einer Staubinde, die die oberflächlichen Venen (V. saphena magna) komprimiert
• Bein wird gesenkt (ggf. aufstehen lassen) → Bei suffizienten Perforansvenen kommt es nicht zur
Füllung der oberflächlichen Venen, da das Blut physiologischerweise vom oberflächlichen zum
tiefen Venensystem fließt
1. Trendelenburg I positiv: Bei liegender Stauung kommt es zu einem schnellen
Rückstrom vom tiefen zum oberflächlichen Venensystem
→ Insuffiziente Perforansvene
2. Trendelenburg II positiv: Nach Abnahme der Stauung kommt es zu einem Rückstrom
innerhalb des oberflächlichen Venensystems → Insuffizienz der
oberflächlichen Venenklappen (Stammvarikosis)

Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)


Bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) liegt ein teilweiser (Stenose) oder kompletter
Verschluss (Okklusion) peripherer Arterien vor, der zu einer verminderten arteriellen Durchblutung führt.
Betroffen ist in den meisten Fällen die untere Extremität. Ursächlich ist zu etwa 95% eine Atherosklerose,
deren wichtigste Risikofaktoren Rauchen, Diabetes mellitus und arterielle Hypertonie sind. Meist handelt es
sich um chronische Prozesse, akute Arterienverschlüsse der Extremitäten sind vergleichsweise selten
Diagnostisch wegweisend ist neben der körperlichen Untersuchung vor allem die farbkodierte
Duplexsonographie sowie die Angiographie. Die pAVK wird klinisch in vier Stadien (nach Fontaine)
eingeteilt. Therapeutisch wird ab Stadium I eine Modifizierung der Risikofaktoren, im Stadium II
Gehtraining empfohlen. Im Stadium III und IV oder bei einem akuten Gefäßverschluss sollten
interventionelle (z.B. Angioplastie mit Stent-Einlage) oder operative Therapien (z.B. Bypass-OP)
durchgeführt werden.
Die in den meisten Fällen ursächliche Atherosklerose ist nicht heilbar, weshalb der prophylaktischen
Minimierung von Risikofaktoren wesentliche Bedeutung zukommt. Damit kann auch das Risiko für das
Auftreten eines akuten Koronarsyndroms und Schlaganfalls gesenkt werden.

pAVK-bedingte Wunden werden lokal nach dem IRAN- Prinzip behandelt:


● Infektionskontrolle, Mumi zierung der Gangrän,
● Revaskularisation durch Ballondila- tation oder Gefäßoperation,
● Amputation bzw. Nekrosenentfer- nung (Abb. 6) im infektionsfreien Stadium und
● Nachsorge der amputierten Extremi- tät (Wundbehandlung, Schuhwerk, Gefäßsport, Beseitigung von
Risiko- faktoren).

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Inliner-Unfall

Diagnostik
• Köperliche Untersuchung: Vitalparameter überwachung. Blutdruck und Puls sind die wichtigsten
Parameter. Bauchabtasten und Dargeräusche abhören.
• Labor:
§ Blutbild (Hämoglobin-wert, Hämatokrit-wert)
§ Blutgruppe, Kreuzblut
§ Gerinnungsparameter (INR, Quick, PTT)
§ LDH
§ Elektrolyten
§ Nierenwerte (Harnstoff, Kreatinin)
§ Blutzucker
§ Urinstatus
• Röntgen Thorax: Ausschluss einer Rippenfraktur und eines traumabedingten Pleuraerguss
(Hämothorax oder Pneumothorax)
• Röntgen Becken: Beckenfraktur
• Röntgen HWS
• Abdomenüersichtsaufnahme: Ausschluss freier Luft bei Perforation
• Sonographie: freie Flüssigkeit, feste Organen Anschauen (suchen zu Milzruptur, Nierenkontusion,
usw.)
• CT Abdomen: bei unkaren Befunde eine CT ist indiziert

Therapivorschläge
• Zwei großlumüge Zugägnge anlegen
• Vitalzeichen kontrollieren und stabilisieren: Hypotonie, Tachykardie, Tachyponoe, schwache Pulse,
Schock Index, Sauerstoffsättigung
• gezielte körperliche Untersuchung
• Elektrolytennfusionstherapie
• 2 Blutkonserven bereitstellen, weil er am ehesten Bluttrasfusion oder Notfalloperation brauchen
würde
• Operative Behandlung:
§ Wenn es eine Verletzung des Hilus : Splenektomie
§ Wenn es eine Milzruptur ohne Verletzung des Hilus : organhaltige
Behandlung, Teilresektion

• Laparotomie dingend erfolgen sollte. Absolute Indikationen für Laparotiomie / operative


Nierenlegung:
§ Nicht stabilisierbare Kreislaufsituation bei Nierenblutung
§ Grad V Nierenverletzung mit zunehemendem retroperitonelem Hämatom
§ Traumatische Trannung von Harnleiter und Nierenbecken
• Glutungsquelle erfassen und Blutung stillen
• Eine Harnleiterschieung ist indiziert bei Urinombildung: Einlage eines MJ/DJ Harnleiterschiene oder
einer perkutanen Nephrostomie.
• Kontrastmittelröntgen (Urethra, Blase)
• Diagnostische Peritoneallavage (DPL)

Herr Alexander Weiß ist ein 34-jähriger Patient, der sich bei uns norfallmäßig wegen seit gestern
Abendprogrodienter, ziehender in die linke Schulter ausstrahlender Oberbauchschmerzen links bei Zustand
nach Inliner-Unfall vorstellt hat.
Er sei beim Inliner-Fahren mit dem linken Körperseite auf einen Pfosten aufgeknallt, was heftige Schmerzen
hervorgerufen habe. Er habe beim Inlinnerskaten einen Helm getragen. Bewusstlos war zu keiner Zeit.
berichtet, dass er gestern Abend beim Inliner fahren gewesen sei und beim Versuch eine Zusammenstoßmit
einem anderen Inliner-Fahrer zu vermeiden, auf die linke seite Körperseite gefallen sei.

92
1. Was werden Sie sofort machen?
Zwei großlumige Zugänge anlegen, Blut abnehmen, Infusionstherapie usw.
2. Welche Laborparameter?
Hb, Hkt, Blutgruppe, Kreuzblut usw. . Blutkonserven bereitstellen
3. Was kann außer der Milzruptur zur inneren Blutung führen?
4. Welche operative Behandlung?
Wenn es eine Verletzung des Hilus ist – Splenektomie
Wenn es eine Milzruptur ohne Verletzung des Hilus ist– organerhaltende Behandlung,Teilresektion
5. Kann man ohne Milz leben?
Natürlich. Dann habe ich über eine engmaschige Kontrolle von Thrombozyten in den ersten Tagen
sowie über die Impfung gegen Pneumokokken und Antibioseprophylaxe gesprochen
6. Bei welcher Erkrankung bzw. Anämie soll eine Splenektomie durchgeführt werden?
Ich habe Minkowski-Chauffard Anämie geantwortet, aber der Prüfer meinte eine Sichelzellanämie
7. In der Vorgeschichte des Patienten findet sich eine Mononukleose. Welche Erkrankung wird noch
durch einen Epstein Barr Virus ausgelöst?
Burkitt Lymphom (ich habe diese Frage nicht geantwortet)

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Motorradunfall

Maßnahmen
• Körperliche Untersuchung mit engmaschige Überwachung der Vitalparameter
• Sofortige O2-Gabe (4-6 L/min) über eine Nasensonde bzw. eine Maske der Reservoire
• Oberkörperhochlagerung
• Schmerztherapie
Diagnostik
• Röntgen Thorax: um Rippenfraktur auszuschliessen und nach Pneumothorax zu suchen
• Röntgen Aufnahme in 2 Ebenen der rechten Hand (mit zusätzliche Stecher Aufnahme), der rechten
Schulter, des rechten Oberarms wenn Fraktur Zeichen gibt: Druckschmerzen, Fehlstellung,
eingeschränkter Beweglichkeit.
• Abdomenübersichtsaufnahme: Zeichen eines Pneumoperitoneum (freier Luft im Bauchraum)
• Sonographie des Abdomens: Zeichen einer Flüssigkeitsansammlung sowie Organruptur, ggf. CT
Abdomen.
Verdachts Diagnose
• Distale Radiusfraktu mit Trauma bedingt
• Schulter Luxatin oder Fraktur
• Pneumothorax
Therapievorschläge
• Vorübergehende Ruhigstellung des Handgelenks in Unterarmschiene.
• Der Desault-Verband auch „Achsel-Schulter-Ellenbogenverband“
• Thoraxdrainage nach Bülau wenn 5. oder 6. ICR gebrochen ist.
Wenn alle lebensbedrohlichen Zeichen stabilisiert ind:
• Patient muss stationär aufgenommen werden
• Reduktion einer Luxation
• Beurteilung der Operabilität des Patienten, ansonsten Plattenosteosynthese oder Drähte
Osteosynthese (Schulter oder Handgelenk)

Aufklärung
• Röntgen Thorax
• Abdomensonographie
• Computer Tomographie
• Plattenosteosynthese: Unter der Plattenosteosynthese versteht man die operative Verbindung von
zwei oder mehr Knochen oder Knochenfragmenten mit dem Ziel, dass diese
zusammenwachsen. Dabei werden die einzelnen Bruchstücke mit verschiedenen Hilfsmitteln wie
Schrauben, Nägeln, Platten und Drähten wieder verbunden.
• Thorax Drainage: wird entweder offen im Rahmen einer Thorakotomie oder Thorakoskopie, oder
geschlossen über einen kleinen Hautschnitt eingebracht. In der Regel wird die Thoraxdrainage
mittels einer Inzision 2 bis 3 (Minithorakotomie) angelegt. Nach der Inzision mit einem Skalpell und
der Präparation mit einer Schere wird die deainirende Pleura mit dem Finger plapiert und gelöst. Das
alternative Anlegen der Drainage durch Punktion mit einer Trokar birgt die Gefahr von Verletzung
des Lungengewebes und nachfolgenden Blutungen in sich.
Grundsatzlich unterschiedet man zwei verschiedene Drainageverfahren: Bülau und Heber.

• Tachypnoe = Schnellatmung
• Schürfwunde = oberflächliche Wunde
• Humerus = Oberarm
• Radius = Speiche
• Ulna = Elle
• Hypotonie = ernidrigte Blutdruck
• Onychomychose = Nagelpilz
• Otitis externa = Gehörgangsentzündung
• Basaliom = weißer Hautkrebs
• Pleura visceralis = Lungenfell
• Pleura parietalis = Brustfell, Brustwand

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• Fraktur = Knochenbruch

Diagnostisches Vorgehen? (Röntgen 2 Ebenen) der rechten Hand, Sonographie des Abdomens Zeichen einer
Flüssigkeitsansammlung sowie Organruptur ggf CT. Abdomen, Abdomenübersichtsaufnahme, Zeichen
eines Pneumoperitoneum
Verdachtsdiagnose? Distale Radiusfraktur mit Trauma bedingtem Pneumothorax
Pneumothorax: weitere Maßnahme? Thoraxdrainage nach Bülau wenn 5. oder 6 ICR gebrochen ist
Alle lebensbedrohlichen Zeichen sind stabilisiert, wie machen Sie weiter? Pat. muss stationär aufgenommen
werden.
sie haben mich nichts über Einteilung der Frakturen gefragt

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Fahrradumfall (distale Raduisfraktur)

Diagnostik
Zur Erhärtung der Diagnose würde ich folgende Maßnahmen durchführen:
• Körperliche Untersuchung: Vitalparameter messen (Blutdruck, Herzfrequenz, Atemfrequenz),
Pulsstatus (A. ulnaris, A. radialis), Palpation des Abdomens
• neurologische Untersuchung
• Röntgen in 2 Ebenen des Handgelenks
• CT des Handgelenks(zur Ausslusch einer Skaphoidfraktur)
• Röntgenaufnahmen eines oder beider Hüftgelenke, manchmal Magnetresonanztomographie oder
Computertomographie
• Röntgenübersichtsaufnahme des Beckens mit Strahlengang von vorne, ggf. Computertomographie
des Beckens
Therapiemöglichkeiten:
• Nicht-operative Behandlung: Die konservative Therapie besteht darin, den Speichenbruch (Radius)
durch manuelle Reposition zu stabilisieren (reponieren = wieder zurück in die normale Lage
bringen).
• Kontrolle durch Röntgendurchleuchtungsgerät: Um das Repositionsergebnis der Radiusfraktur
während der Behandlung kontrollieren und gegebenenfalls sofort korrigieren zu können, kommt
zusätzlich ein Röntgendurchleuchtungsgerät zum Einsatz.
• Ruhestellung: Ist die Gelenkstellung achsgerecht und anatomisch korrekt wiederhergestellt,
bekommen Sie einen Gipsverband, um den Arm ruhig zu stellen, damit die Knochen problemlos
zusammenwachsen können.

Differenzialdiagnose kämen in Betracht:


• Smith Fraktur:
• Colles Fraktur: entsteht durch einen Sturz auf die dorsalextendierte Hand, das abgesprengte
Knochenfragment disloziert hierbei nach radial und dorsal.
• Radiusköpfchenfraktur (fractura capitis radii)
• Skaphoidfraktur (Kahnbeinfraktur)
• Hüftprellung (Hüftkontusion) oder Schenkelhalsfraktur (Oberschenkelhalsbruch:Frakturen des
Oberschenkelhalses bzw. subkapitale Frakturen, oder Intertrochantäre Hüftfrakturen)

Was machen Sie mit mir? Ich lebe alleine, ich habe Angst vor der Operation. Haben die Röntgen-
Untersuchungen Bestrahlung? Was ist eine Plattenosteosynthese? Über welchen Zeitraum muss ich einen
Gipsverband haben?
Wenn ein Keim über meine Wunde in den Körper gelangt, ist es gefährlich? Muss ich danach in die REHA?

- Unfallmechanismus
-Diagnose (Röntgen Aufnahme des Handgelenk, Oberschenkels und des Beckens)
-Wenn wir eine CT durchführen, was müssen wir zuerst kontrollieren (Nierenfunktion und
Schilddrüsenfunktion aufgrund des Kontrastmittels)
-Therapiemöglichkeiten
-Frakturklassifikation
-Welche die Ursache der Obstipation des Patienten ist (weil ich ihn nicht gefragt habe)
- Thromboseprophylaxe was geben wir (niedermolekulares Heparin)
- Fachbegriffe für Leberwerte(Transaminasen) und Nierenwerte

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Fahrradunfall – Polytrauma

Unter dem Notfallbild des Polytraumas versteht man eine gleichzeitig


entstandene Verletzungmehrerer Körperregionen oder Organsysteme, wobei mindestens eine der
Verletzungen oder eine Kombination aus zwei Verletzungen lebensbedrohlich ist.

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Morbus Crohn (Enterocolitis regionalis)
Abstract
Der Morbus Crohn ist eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung unklarer Genese und befällt meist junge
Erwachsene und Kinder mit einem Häufigkeitsgipfel zwischen dem 15. und 35. Lebensjahr. Während ein
diskontinuierlicher Befall des gesamten Gastrointestinaltrakts möglich ist, stellt das
terminale Ileum einen besonders typischen Manifestationsort dar. Klinisch zeigen sich meist Durchfälle,
Gewichtsverlust und rechtsseitige Unterbauchschmerzen. Weiterhin kann es auch zu extraintestinaler
Manifestation mit Augen-, Gelenk- oder Hautbeteiligung kommen. Die Diagnosestellung ist meist
schwierig, da kein nachweisendes Standardverfahren zur Verfügung steht: Anamnese, klinische
Untersuchung, Labordiagnostik, Bildgebung (z.B. MRT-Sellink), Endoskopie und Histologie müssen
gesammelt betrachtet werden.

Therapeutisch steht im akuten Schub die lokale oder systemische Gabe von Glucocorticoiden im
Vordergrund. Um langfristig den Bedarf von Glucocorticoiden zu senken, erfolgt je nach
Krankheitsintensität eine Remissionserhaltung mit Immunsuppressiva. Da es bei der Erkrankung häufig zur
Ausbildung von Fisteln, Abszessen und Stenosen kommt, müssen eventuelle infektiös bedingte
Komplikationen auch antibiotisch abgedeckt und gegebenenfalls chirurgisch saniert werden. Eine Heilung
ist jedoch durch den unregelmäßigen Befall des gesamten Gastrointestinalsystems im Gegensatz zur Colitis
ulcerosa nicht möglich. Ziel der Therapie ist deswegen das Verhindern einer Progredienz und eines
Wiederauftretens entzündlicher Schübe.

Epidemiologie
• Inzidenz: 7 Fälle/100.000 Einwohner pro Jahr
• Prävalenz: Etwa 150 Fälle/100.000 Einwohner
• Alter: Häufigkeitsgipfel: 15.–35. Lebensjahr
• Geschlecht: ♂ = ♀
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Ätiologie
• Unbekannt
• Risikofaktoren
• Nikotinabusus
• Familiäre Disposition (zahlreiche Gene bekannt, z.B. Mutation des NOD2-Gens)

Nikotinkonsum ist der einzige (bekannte) vermeidbare Risikofaktor des M. Crohn. Daher kommt dem
Nikotinverzicht eine besondere Bedeutung zu! (Für die Colitis ulcerosa gilt Nikotinkonsum dagegen als
protektiver Faktor!)

Pathophysiologie
• M. Crohn wird als „komplexe Barriereerkrankung“ bezeichnet
• Verminderte Fähigkeit bestimmter Zellen zur Bakterienerkennung und -bekämpfung
• Veränderte Schleimschicht auf Darmmukosa
• Gesteigerte Permeabilität des Darmepithels
• Folgen: Veränderung der Darmflora („Dysbiose“) → Eindringen von Bakterien in das Darmepithel
(„Schrankenstörung“) → Auslösung einer Entzündungsreaktion mit lokaler Gewebeschädigung
(Erosionen/Ulzera, Nekrosen)
• Hauptlokalisationen: Terminales Ileum und Kolon
• Erkrankung kann sich aber prinzipiell an jeder Stelle
im Verdauungstrakt zwischen Mund und Anus manifestieren

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Symptome/Klinik

Typisch ist ein schubförmiger Verlauf, wobei die Wahrscheinlichkeit innerhalb von einem Jahr einen
weiteren Schub zu erleiden bei bis zu 30% liegt. Bei Persistenz der Symptome über ein halbes Jahr wird der
Verlauf als „chronisch aktiv“ bezeichnet.

Intestinale Symptome
• Meist unblutige, chronische Diarrhö
• Appendizitis-ähnliche Symptome
• Schmerzen im rechten Unterbauch
• Evtl. subfebrile Temperaturen
• Tenesmen
• Konglomerattumor im Unterbauch: Entzündlich bedingte Verwachsung mit Einbeziehung
des Darms. Tastet sich als derbe Resistenz meist rechtsseitig, da der Befall des terminalen Ileums am
häufigsten ist.
• Anale bzw. perianale Befunde
• Fisteln (40%)
• Anorektale Abszesse
• Außerdem Fissuren, Marisken, ekzematöse Herde
• Intestinale Stenosen

Analfisteln und anorektale Abszesse sind häufig erste Symptome des Morbus Crohn!

Malabsorptionssyndrom
Je nach befallenem Darmabschnitt variiert die Symptomatik.
• Gewichtsverlust
• Wachstumsstörungen bei Kindern
• Anämie
• Durch gestörte Rückresorption von Gallensäuren
• Chologene Diarrhö: Gallensäuren sind osmotisch aktiv und ziehen Wasser ins Darmlumen.
• Gallensäureverlustsyndrom
• Steatorrhö
• Mangel an fettlöslichen Vitaminen
• Cholelithiasis
• Urolithiasis: Oxalat und Calcium gehen im Darm normalerweise eine Bindung ein.
Dadurch entsteht das wasserunlösliche Calciumoxalat, das nicht aufgenommen,
sondern über den Stuhl ausgeschieden wird. Fettsäuren werden bei
Gallensäuremangel nicht aufgenommen. Calcium bindet bevorzugt an
freien Fettsäuren, was in diesem Zusammenhang dazu führt, dass vermehrt freies
Oxalat vorliegt, das aufgenommen wird. Einmal aufgenommen, schließt sich das
Problem der Ausscheidung an. Hier können dann erhöhte Oxalatbelastungen eine
Steinbildung verursachen.
• Hautveränderungen i.S. einer Acrodermatitis enteropathica: Durch Zinkmangel kann es zu bullösen
Hautablösungen insb. an Händen und Füßen sowie im Genitalbereich kommen. Dies kann
einer Acrodermatitis enteropathicaähneln und ist kein spezifisches Symptom des M. Crohn. Die
„eigentliche“ Acrodermatitis enteropathica beruht auf einem genetischen Defekt eines
Zinktransporters im Darm.

Extraintestinale Symptomatik
Oftmals zeigen sich extraintestinale Symptome bei Morbus Crohn häufiger als bei Colitis ulcerosa.
• Gelenke: Enteropathische Arthritis (z.B. Arthralgien, Arthritiden, Sakroiliitis, ankylosierende
Spondylitis mit klinischem Bild eines M. Bechterew und ebenfalls häufig HLA-B27-positiv)
• Auge: Uveitis, Iritis, Episkleritis
• Leber/Gallengänge: Primär sklerosierende Cholangitis (seltener als bei Colitis ulcerosa)
• Hautveränderungen
• Erythema nodosum

99
• Pyoderma gangraenosum
• Auftreten u.a. bei Colitis ulcerosa (in ca. 5% der Fälle), Morbus Crohn (in ca. 1%
der Fälle), rheumatoider Arthritis sowie im Rahmen von Verletzungen
• Prädilektionsort: Streckseiten der unteren Extremität
• Klinik:
• Sehr schmerzhafte herdförmige Hautveränderungen, oftmals anfangs aus
Blasen, Papeln und Pusteln bestehend
• Im Verlauf Entwicklung zu tiefen Ulzera mit zentraler Nekrose
• Wallartige, tiefrote Randzone
• Therapie: Immunsuppressiva (Glucocorticoide, Ciclosporin A)
• Orale Manifestation
• Unspezifisch
• Aphthöse Ulzerationen der Mundschleimhaut
• Stomatitis
• Spezifisch
• Pyostomatitis vegetans
• Cheilitis granulomatosa

Diagnostik
Klinische Chemie
• Blut
• Entzündungsparameter↑
• Anämie, ggf. Zeichen eines Eisenmangels (Ferritin↓, Transferrin-Sättigung↓)
• ASCA positiv (ca. 60%) [1][2]
• Stuhl
• Stuhluntersuchung zum Ausschluss einer durch Bakterien verursachten Gastroenteritis
• Evtl. Bestimmung von Calprotectin und/oder Laktoferrin
• Calprotectin: Protein aus neutrophilen Granulozyten, erscheint bei intestinalen
Entzündungsreaktionen im Stuhl
• Sensitivität >90% für M. Crohn
• Insbesondere zur Abgrenzung von funktionellen Beschwerden hilfreich
• Alternativ: Laktoferrin: Multifunktionales, eisenbindendes Protein mit
antibakterieller Wirkung
• Kommt in diversen Körperflüssigkeiten, u.a. in Verdauungssekreten und in
der Muttermilch vor
• Erhöhte Werte im Stuhl zeigen Entzündungsaktivität
Apparative Diagnostik
• Befunde in der Sonographie
• Ödematöse Verdickung der Darmwand
• Kokarden-Phänomen
• Evtl. Abszess-/Fistelnachweis
• Röntgen nach Sellink (sog. Enteroklysma)
• Indikation: Insb. zum Nachweis von Fistelgängen oder Stenosen
• Durchführung
• Einbringen von wasserlöslichem Kontrastmittel über eine nasopharyngeale Sonde in
den Dünndarm
• Aufnahme mehrerer Röntgenbilder im zeitlichen Verlauf, um alle Abschnitte gut
beurteilen zu können
• MRT des Dünndarms nach Sellink (sog. Hydro-MRT oder MRT-Enteroklysma )
• Indikation: Identifikation des Verteilungsmusters und des Befalls des Dünndarms
• Durchführung: Nach peroraler Gabe von >1 L wässriger Mannitollösung wird eine MR-
Untersuchung durchgeführt und der gesamte Magen-Darm-Trakt (insb. der Dünndarm)
beurteilt
• Befund: Ödematöse Verdickung der Darmschlingen und Vergrößerung der Lymphknoten
• Bei Wachstumsstörungen (Kinder): Bestimmung des Knochenalters durch Röntgenaufnahme der
nicht-dominanten Hand

100
Endoskopie
• Ileokoloskopie
• Durchführung: Ileokoloskopie mit Stufenbiopsien aus terminalem Ileum, Kolon und Rektum
• Typischer Befund
• Befallsmuster: Segmental-diskontinuierlicher Befall
• Makroskopische Befunde
• Ulzera in Landkartenform oder länglich („Schneckenspuren“ oder engl.
„Snail Trails“)
• Weitere aphthöse hämorrhagische Mukosadefekte („Pinpoint lesions“)
• Pflastersteinrelief der Schleimhaut
• Fissuren
• Erythem
• Pseudopolypen: Allerdings deutlich seltener als bei Colitis ulcerosa
• Ösophagogastroskopie
• Indikation: Beurteilung einer möglichen Beteiligung von Ösophagus, Magen und Duodenum
• Befunde: Bspw. Aphthen der Schleimhaut

Nachsorge und Darmkrebsprävention


• Regelmäßige Koloskopie zur Kontrolle aufgrund des erhöhten Risikos für ein kolorektales
Karzinom

Differentialdiagnosen
Differentialdiagnostische Erwägungen: Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Symptome Morbus Crohn Colitis ulcerosa
Stuhlfrequenz/-art • Gering erhöht • Stark erhöht
(oder Obstipation) • Blutig-schleimig
• Eher unblutig
Ernährungszustand • Reduziert • Meist normal
Schmerzen • Meist durchgehend • Meist nur vor oder bei Defäkation
• Eher rechter Unterbauch • Eher linker Unterbauch
Fisteln (v.a. im • Häufig • Sehr selten
Analbereich)
Endoskopie und Bildgebung
Ausbreitungsmuster • Diskontinuierlicher Befall • Kontinuierlich: Beginn
des gesamten GI-Traktes im Rektum und Ausbreitung nach
• Bevorzugte Lokalisation: oral
Terminales Ileum und Kolon • Befall auf Kolon beschränkt:
Heilung
durch Proktokolektomie möglich
Histologie • Transmuraler Befall • Mukosa und Submukosa betroffen
• Granulome mit Riesenzellen • Keine Granulome

Weitere Differentialdiagnosen
• Generell
• Infektiöse Darmerkrankungen
• Nichtinfektiöse Kolitis (ischämisch, nach Radiatio, nach Medikamenteneinnahme, etc.)
• Divertikulitis
• Reizdarmsyndrom

101
• Darmtuberkulose
• Maligne Darmveränderungen
• Rechtsseitiger Unterbauchschmerz
• Akute Appendizitis
• Pseudoappendizitis

Die hier aufgeführten Differentialdiagnosen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Therapie
Allgemein
• Nikotinkarenz
• Bei sekundärer Laktoseintoleranz (ca. 30%): Laktosefreie Diät
• Bei Malabsorptionssyndrom: Entsprechende Substitution von Vitaminen, Kalorien, Eiweiß,
Zink, Calcium
• Bei chologener Diarrhö: Gabe von Austauscherharzen zur Gallensäurebindung (z.B. Cholestyramin)
• Im akuten Schub: Verzicht auf Ballaststoffe, evtl. parenterale Ernährung
Patienten mit Morbus Crohn, die rauchen, sollen zu Abstinenz von Tabak angehalten werden. (DGIM - Klug
entscheiden in der Gastroenterologie)

Medikamentös
Akuter Schub
• Leichte Entzündungsaktivität
• 1. Wahl: Topische Glucocorticoidgabe (z.B. Budesonid): Budesonid wird bei oraler Gabe zu
90% durch den First-Pass-Effekt in der Leber abgebaut. Dadurch ist die systemische
Wirkung von Budesonid deutlich geringer ausgeprägt als bei anderen Glucocorticoiden. Die
lokale Wirkung auf die Magen- und Darmschleimhaut steht somit im Vordergrund, weshalb
man in diesem Fall von einer topischen Glucocorticoidgabe spricht. Cave:
Bei Leberzirrhose kann der Mechanismus gestört sein!
• Bei Kontraindikationen gegen topische Glucocorticoide oder auf Patientenwunsch:
Symptomatische Therapie oder Mesalazin
• Bei distalem Befall: Lokaltherapie mit Glucocorticoid/Mesalazin z.B. als Klysma
• Insb. bei Kindern kann der Versuch einer sog. enteralen Ernährungstherapie bzw. Diät
unternommen werden
• Mäßige bis hohe Entzündungsaktivität, kein Ansprechen auf Budesonid, ausgedehnter
Dünndarmbefall und/oder extraintestinale Manifestationen
• Systemische Glucocorticoidgabe (z.B. Prednisolon): Ausschleichen und Cushing-Schwelle
beachten!
• Steroid-refraktärer Verlauf: Therapieeskalation
• Gabe von Immunsuppressiva: Für den Fall, dass sich bei einem schweren Schub auch nach
einwöchiger Steroidtherapie keine Besserung zeigt, konnten Studien nachweisen, dass ein
zeitnaher günstiger Effekt durch die zusätzliche Gabe von Immunsuppressivaerreicht werden
kann (im Gegensatz zum ansonsten oftmals erst verspäteten Wirkungseintritt dieser
Medikamentengruppe).
• Medikamentöse TNF-α-Hemmung („Biologicals“)
• Ggf. in Kombination mit Azathioprin oder 6-Mercaptopurin
• Alternativ: Methotrexat
• Chirurgische Therapieoptionen bei schweren Verläufen immer berücksichtigen und
evaluieren
• Insb. narbige Stenosen sind einer medikamentösen Therapie nicht zugänglich
• Bei Kindern: Die OP-Indikation sollte bei umschriebenem Befall des
terminalen Ileums und anhaltender Krankheitsaktivität geprüft werden (insb. bei
Wachstumsverzögerung)

Indikatoren für einen komplizierten Verlauf sind eine Erstdiagnose im jungen Alter (<40 Jahre), perianale
Fisteln und die Notwendigkeit einer Glucocorticoid-Therapie!

102
Remissionserhaltung (und Steroid-abhängiger Verlauf)
• Gabe von Immunsuppressiva
• Dauertherapie mit Azathioprin, 6-Mercaptopurin oder TNF-α-Hemmern
(wie Infliximab, Adalimumab)
• Reservemittel: Methotrexat

Antibiotikatherapie bei infektiösen Komplikationen (auch bei Fisteln)


• Metronidazol in Monotherapie oder in Kombination mit Ciprofloxacin oder Ceftriaxon
• Ziel: Mitbehandlung einer bakteriellen Entzündung mit Beteiligung von Anaerobiern

Übersicht der medikamentösen Therapie


Akuter Schub Mäßig bis Steroid-refraktär Remissionserhalt
Leichte hohe Aktivität bzw. Steroid-
Aktivität Nicht- abhängiger Verlauf
Ansprechen
auf Budesonid
und/oder
extraintestinal
e
Manifestation
en
1. Wahl Topische Systemische Zusätzlich zu Glucocorticoid: Dauertherapie mit
Glucocorticoidga Glucocorticoid • TNF-α-Hemmer • Azathioprin ode
be gabe, (Infliximab i.v., Adalim r
(Budesonid: bei z.B. Prednisolo umab s.c.) • 6-
isoliertem n • Ggf. Mercaptopurin
distalen Befall plus Azathioprinoder 6- oder
des Colon ggf. Mercaptopurin • TNF-α-
als Klysma, Hemmern
Rektalschaum
oder
Suppositorium)
Alternati Symptomatische • Methotrexat • Zeitweise
ven Therapie (Paracet • Anti-Integrin- Kombination
amol, Antikörper: von Azathioprin
Spasmolytika Vedolizumab + TNF-α-
und Antikörper
Antidiarrhoika) • Methotrexat

Mesalazin

Bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (M. Crohn, Colitis ulcerosa) soll eine
langfristige systemische Corticosteroidtherapie als Rezidivprophylaxe nicht durchgeführt werden. (DGIM -
Klug entscheiden in der Gastroenterologie)

Interventionell/Chirurgisch
• Indikationen
• Schwere Komplikationen (z.B. Abszess, Perforation, Ileus): Möglichst darmsparende,
minimal-invasive Chirurgie
• Intestinale Stenosen: Ggf. Ballondilatation, sparsame End-zu-End-Anastomose oder
Strikturoplastik
• Fisteln: Ggf. Fadendrainage (verhindert Sekretverhalt und Abszedierung)
• I.d.R. Einleitung einer postoperativen medikamentösen Remissionserhaltung

103
Die Therapie des M. Crohn erfolgt primär medikamentös. Die Chirurgie sollte zurückhaltend und nur in
speziellen Situationen (z.B. Perforation) zum Einsatz kommen. Eine Heilung durch OP ist nicht möglich!

Komplikationen
• Intestinale Komplikationen (siehe auch: Klinik)
• Fisteln, Abszesse, Fissuren
• Stenosen → Ileus, etc.
• Freie Perforation → Peritonitis
• Erhöhtes Karzinomrisiko
• Amyloidose
• Osteoporose
• Cholelithiasis
• Urolithiasis
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Prognose
• Chronische Erkrankung: Eine Heilung ist bisher nicht möglich
• Rezidive und Komplikationen sind ohne Behandlung häufig
• 70% der Patienten mit Komplikationen müssen innerhalb von 15 Jahren operiert werden
• Normale Lebenserwartung bei optimaler Behandlung

104
Colitis ulcerosa

Abstract

Die Colitis ulcerosa zählt mit dem Morbus Crohn zu den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED)
und tritt meist bei jungen Menschen zwischen dem 20. und 35. Lebensjahr auf – die Ursache der
Erkrankung ist unklar. Klinisch fallen als Leitsymptom meist blutige, schleimige Durchfälle auf, zudem
sind Bauchschmerzen und Fieber typische Beschwerden. In der Diagnostik zeigen sich neben
laborchemisch erhöhten Entzündungswerten und erhöhten Autoantikörpern (pANCA) oft radiologische
Auffälligkeiten (z.B. sonographische Darmwandverdickung). Den Goldstandard stellt jedoch die
Koloskopie dar, in der meist das typische Ausbreitungsmuster mit Beginn im Rektum und
kontinuierlicher Ausbreitung im restlichen Dickdarm imponiert.

Die Therapie der Erkrankung wird bei leichten und mittelschweren Schüben zumeist mit Aminosalicylaten
(5-ASA-Präparate) durchgeführt, bei schwereren Schüben kommen
auch Glucocorticoide und Immunsuppressiva zum Einsatz. Bei distaler Kolitis können die Substanzen
lokal (per Klysma oder Schaum) gegeben werden, wohingegen ausgedehnte Befunde systemisch behandelt
werden müssen. Aufgrund des erhöhten Entartungsrisikos (kolorektales Karzinom) sollten regelmäßige
Kontrollkoloskopien durchgeführt werden. Beim Nachweis von Dysplasien, aber auch bei nicht
beherrschbaren Schüben oder dem Auftreten von Komplikationen (z.B. toxisches Megakolon) kann die
Erkrankung durch eine Proktokolektomie behandelt und sogar geheilt werden.

Epidemiologie
• Häufigkeitsgipfel: 20.–35. Lebensjahr
• Inzidenz: ca. 4:100.000
• Hellhäutige deutlich häufiger betroffen als Dunkelhäutige
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Ätiologie
• Unbekannt
• Risikofaktor: Genetische Prädisposition
• Protektiver Faktor: Nikotinkonsum

Klassifikation
Vereinfachte Einteilung
Schweregrad geringgradig mäßiggradig schwer/fulminant
Blutige Durchfälle <4/d 4–6/d >6/d
Temperatur <37°C bis 38°C >38°C
Krankheitsgefühl gering deutlich schwer
Puls <100/min >100/min
Truelove/Witts-Index
Kategorie I II III
Stuhlfrequenz/d <5 5 >5
Blut im Stuhl wenig mäßig deutlich
Fieber abends keines 37–37,5°C >37,5°C
Fieber an 2 von 4 Tagen keines 37–37,7°C >37,7°C
Herzfrequenz normal 80–90/min >90/min
Anämie (Hb in g/dl) >11 <10.5

105
Kategorie I II III
BSG <20 mm >30 mm
• Truelove-Witts-Index zur Beurteilung der Krankheitsaktivität
• Leicht: Kein Kriterium aus II oder III
• Mäßig: Mindestens ein Kriterium II, kein Kriterium III
• Schwer: Stuhlfrequenz >5/d und mindestens ein weiteres Kriterium III

Pathophysiologie
• Ursache unbekannt
• Aktivierung lymphatischer Zellen in der Darmwand
• Entzündungsreaktion mit lokaler Gewebsschädigung (Ulzerationen, Erosionen, Nekrosen)
• Abgrenzung vom M. Crohn über das Ausbreitungsmuster: Meist Beginn
im Rektum und kontinuierlicher Aufstieg im Dickdarm
Die Colitis ulcerosa beginnt meist distal im Rektum und breitet sich von dort kontinuierlich aufsteigend
im Dickdarm aus!

Symptome/Klinik
• Leitsymptom: Blutige, schleimige Durchfälle
• Bauchschmerzen
• Tenesmen (schmerzhafter Stuhldrang)
• Evtl. Fieber
• Extraintestinale/assoziierte Symptome (seltener als beim Morbus Crohn)
• Leber/Gallengänge: Primär sklerosierende Cholangitis (PSC)
• Gelenke: Arthritis, Spondylitis ankylosans, Sakroiliitis
• Hautveränderungen: Erythema nodosum, Pyoderma gangraenosum, Pyostomatitis
vegetans (Aphthen der Mundschleimhaut)
• Auge: Iritis, Episkleritis, Uveitis

Die primär sklerosierende Cholangitis tritt in starker Assoziation mit chronisch entzündlichen
Darmerkrankungen auf. Ca. 75% der Erkrankten leiden an einer Colitis ulcerosa, ca. 10% an M. Crohn!

Verlaufs- und Sonderformen


Verlaufsformen
• Chronisch-intermittierend
• Häufigste Form
• Exazerbationen im Wechsel mit vollständiger Remission
• Chronisch-kontinuierlich
• Keine vollständige Remission
• Krankheitsintensität variiert
• Akut-fulminant
• Plötzliches Auftreten
• Starke Durchfälle, Dehydratation, Schock

Definition der Remission


• Klinisch
• Abwesenheit von Diarrhö
• Kein sichtbares Blut im Stuhl
• Keine intestinalen und extraintestinalen durch CU bedingte Beschwerden
• Endoskopisch
• Fehlen entzündlicher Veränderungen

Backwash-Ileitis
• Kurzbeschreibung
• Entzündung des terminalen Ileum bei einer Colitis ulcerosa

106
• Typischerweise sind nur die ersten paar Zentimeter proximal der Ileozökalklappe (Bauhin-
Klappe) befallen
• Der Pathomechanismus ist nicht abschließend geklärt
• Epidemiologie: Ca. 10–20% der Patienten mit einer Colitis ulcerosa sind betroffen
• Differentialdiagnostik: Klinisch ist die Backwash-Ileitis zwar kaum relevant, kann aber die
Differentialdiagnose zum Morbus Crohn erschweren

Diagnostik
Klinische Chemie
• Blut
• BSG↑, CRP↑, Leukozytose, evtl. Thrombozytose
• Anämie
• pANCA↑ (60–70%) [1][2]
• Erhöhte γ-GT kann Hinweis auf PSC (Primär sklerosierende Cholangitis) sein
• Stuhl
• Bakteriologische Stuhluntersuchung zur Ausschlussdiagnostik
• Calprotectin und Lactoferrin als Marker für Schleimhautentzündung
Bildgebung
• Sonographie
• Kolonwandverdickungen
• Röntgen mit Doppelkontrasteinlauf
• Verlust der Haustrierung
• „Kragenknopfulzera“: Tiefe Ulzerationen mit Unterminierung der Mukosa
• Hydro-MRT
• Wandungen des proximalen Dünndarms unauffällig
• In seltenen Fällen Back-wash-Ileitis (DD: Terminale Ileitis des M. Crohn)

Koloskopie
• Typischer Befund
• Entzündlich gerötete Schleimhaut
• Kontaktblutung
• Ulzera mit Fibrinbelägen
• Bei fortgeschrittener Krankheit
• Schleimhautzerstörung mit Haustrenverlust (Fahrradschlauchaspekt)
• Pseudopolypen durch verbleibende intakte Schleimhautinseln
• Es gilt zu beachten
• Mitbetrachtung des Ileums zur Abgrenzung vom M. Crohn
• Stufenbiopsie!
• Ausbreitungsmuster
• Linksseitenkolitis
• Ausgedehnte Kolitis

Pathologie
Makroskopisch
• Frühstadium
• Ödematöse Schleimhautschwellung
• Fleckige Einblutungen, Kontaktblutungen
• Verlust der normalen Gefäßzeichnung
• Kleine Schleimhautulzerationen
• Chronisches Stadium
• Verlust des Faltenreliefs der Schleimhaut
• Verlust der Haustrierung („Fahrradschlauch“-Aspekt)
• Pseudopolypen: Restliche Schleimhautinseln inmitten der Ulcera wirken als pseudopolypöse
Formationen.

107
Histologie
• Frühstadium
• Granulozyteninfiltration (beschränkt auf Mukosa und Submukosa)
• Kryptenabszesse
• Chronisches Stadium
• Lymphozyteninfiltration
• Schleimhautatrophie
• Epitheldysplasien

Differentialdiagnosen
• Morbus Crohn, siehe Differentialdiagnostische Erwägungen: Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
• Exsudativ-entzündliche Diarrhö
• Infektiöse Kolitis
• Divertikulitis
• Appendizitis
• Ischämische Kolitis
• Andere infektiöse oder nicht infektiöse Ursachen der Diarrhö

Mikroskopische Kolitis
• Formen: Kollagene Kolitis und lymphozytäre Kolitis
• Ätiologie: Ungeklärt
• Klinik
• Chronische, wässrige Diarrhö >4 Wochen
• Gewichtsverlust
• Abdominelle Schmerzen
• Pathologischer Befund: Histologischer Nachweis von Veränderungen bei makroskopisch
unauffälligem Koloskopiebefund!
• Kollagene Kolitis: Nachweis einer deutlichen Vermehrung des kollagenen Bindegewebes
• Lymphozytäre Kolitis: Vorwiegend lymphozytäre Infiltrate bei geringer/fehlender
Vermehrung des Bindegewebes
• Therapie
• NSAR absetzen (können Auslöser sein)
• Corticosteroide
• Symptomatische Therapie
Die hier aufgeführten Differentialdiagnosen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Therapie
Allgemein
• Substitution bei Mangelzuständen (z.B. Eisen)
• Bei schwerem Schub evtl. Sondenernährung oder parenterale Ernährung
• Bei Arthritis physikalische Therapie
Medikamentös
• Eingesetzte Wirkstoffe
1. Aminosalicylate (5-ASA-Präparate): 5-Aminosalicylsäure (5-ASA, chemische
Verwandtschaft mit Acetylsalicylsäure) wirkt im Darm antiinflammatorisch und
immunsuppressiv. Damit 5-ASA bei oraler Gabe erst frühestens ab dem
terminalen Ileum wirkt, wird es retardiert bzw. mit Hüllsubstanzen verpackt verabreicht oder
an verschiedene Trägersubstanzen (z.B. Sulfasalazin) gebunden.
• Mesalazin
• Oral: Mittels Magensaft-resistenter Tablettenform werden die distalen
Darmabschnitte erreicht. Dabei gibt es pH-unabhängige oder pH-
abhängige Mesalazin-Präparate
• Topisch : 5-ASA-Suppositorium (Zäpfchen, wirken vor allem
im Analkanal und im Rektum), Schaumpräparate
und Einläufe bzw. Klysmen (reichen bis zur linken Kolonflexur)

108
• Sulfasalazin
• Osalazin
2. Glucocorticoide
• Topisch (z.B. Budesonid)
• Systemisch (oral oder intravenös)
3. Calcineurininhibitoren (Ciclosporin A, Tacrolimus)
4. TNF-Antikörper (Infliximab)
5. Azathioprin (Purinantagonist)
• Schubtherapie: Die Therapie wird stufenweise eskaliert bzw. es wird je nach Schweregrad direkt
mit einem potenteren Regime begonnen
• Leichter Schub: 5-ASA-Präparate topisch
• Mäßiger Schub: 5-ASA-Präparate topisch und oral oder 5-ASA-Präparate
und Glucocorticoide topisch
• Schwerer Schub: Systemische Gabe von Glucocorticoiden
• Schwerer Schub mit unzureichendem Ansprechen auf Glucocorticoide: Immunsuppressiva
• Ciclosporin A, Tacrolimus
• Infliximab
• Azathioprin
• Remissionserhaltende Therapie
• 5-ASA oral oder rektal
• Bei 5-ASA-Unverträglichkeit: E. coli Nissle-Präparat
• Azathioprin oder Infliximab

Bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (M. Crohn, Colitis ulcerosa) soll eine
langfristige systemische Kortikosteroidtherapie als Rezidivprophylaxe nicht durchgeführt werden. (DGIM -
Klug entscheiden in der Gastroenterologie)

Orientierendes Schema zur Therapie eines akuten Schubs


Schweregrad geringgradig mäßiggradig schwer/fulminant
Blutige Durchfälle <4/d 4–6/d >6/d
Temperatur <37°C bis 38°C >38°C
Krankheitsgefühl gering deutlich schwer
Puls <100/min >100/min
Akuttherapie
5-ASA-Präparate (oral/topisch) + + (+)
Glucocorticoide (oral/topisch) +
Glucocorticoide i.v. +
Calcineurininhibitoren (+)
Infliximab (+)
Parenterale Ernährung (+)

Interventionell
• Proktokolektomie mit ileoanaler Pouch-Anastomose
• Indikation
• Akute Komplikationen (toxisches Megakolon, Perforation, Sepsis etc. )
• Elektiv bei Epitheldysplasie, schweren Rezidiven, Verschlechterung des
allgemeinen Befindens
Prävention/Prophylaxe

109
• Aufgrund eines erhöhten kolorektalen Karzinomrisikos regelmäßige Koloskopiekontrollen!
Im Gegensatz zum Morbus Crohn ist die Colitis ulcerosa operativ heilbar (Proktokolektomie)!

Komplikationen
• Massive Blutungen (→ Gabe von Erythrozytenkonzentraten)
• Chronische Blutung im Kolon (→ orale Eisensubstitutionstherapie)
• Toxisches Megakolon
• Lebensbedrohliche Komplikation mit septischem Krankheitsbild
• Erfordert meist einen Notfalleingriff mit Kolektomie und Anlage einer terminalen
Ileostomie
• Perforation
• Peritonitis
• Karzinomrisiko↑ (siehe kolorektales Karzinom)
• Amyloidose
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Prognose
• Normale Lebenserwartung bei isolierter Proktosigmoiditis
• 20-Jahre-Überlebensrate 80% bei Pankolitis

110
Clostridium-difficile-Infektion (Antibiotika-assoziierte Kolitis)

Abstract
Eine Infektion mit Clostridium difficile (grampositives Stäbchen) bleibt meist asymptomatisch – durch die
fäkal-orale Übertragung ist eine hohe Durchseuchungsrate bei hospitalisierten Patienten und Kindern
gegeben. Typischerweise kommt es dann im Verlauf durch Antibiotikagabe (z.B. bei Pneumonie oder
HNO-Infektion) zu einer Schädigung der normalen Darmflora, sodass der relativ resistente Clostridium-
difficile-Keim den Dickdarm überwuchern kann. Folge ist dann die Antibiotika-assoziierte Kolitis, bei der
hohes Fieber, Bauchschmerzen und charakteristisch übelriechende Diarrhö zu erwarten sind. Die
Maximalform wird als pseudomembranöse Kolitis bezeichnet und kann bis zu Ileus, Sepsis und toxischem
Megakolon führen.

Diagnostisch steht der Toxinnachweis im Stuhl im Vordergrund, bei pseudomembranöser Kolitis evtl. auch
die Durchführung einer Koloskopie. Die Therapie besteht in der Gabe von Metronidazol (oral), schwere
Verläufe hingegen werden mit Vancomycin (ebenfalls oral) behandelt. Essentiell ist bei Diagnosestellung
im stationären Rahmen die Einhaltung von Hygienevorschriften und insbesondere die Isolierung.

Ätiologie
• Erreger: Clostridium difficile (grampositives Stäbchen, obligat anaerob, Toxinbildner, bildet
umweltresistente Sporen)
• Exogene Infektion
• Fäkal-orale Infektion
• Ubiquitärer Keim
• Hohe Durchseuchungsrate bei Kleinkindern, selten im Erwachsenenalter
• Höhere Kolonisationsrate bei hospitalisierten Patienten (bis 40%)
• Übertragung über die Hände des Personals
• Endogene Auslösung einer Erkrankung
• Häufiger Mechanismus: Antibiotikagabe zur Therapie einer anderen Erkrankung (z.B. im
HNO-Bereich oder bei Pneumonie)
• Antibiotika mit hohem
Risiko: Fluorchinolone, Cephalosporine, Clindamycin, Amoxicillin-Clavulansäure
• Medikamente, die die Entstehung der Erkrankung zusätzlich
begünstigen: PPI und NSAR
• Nach Antibiotikatherapie-bedingter Schädigung der Darmflora überwuchert der Erreger
den Darm
Die Infektion mit Clostridium difficile bleibt meist asymptomatisch – die assoziierte Diarrhö entwickelt sich
erst nach Antibiotika-Gabe!

Symptome/Klinik
• Häufig asymptomatisch
• Auftreten von Symptomen meist 2–10 Tage nach Beginn einer Antibiotika-Therapie
• Hohes Fieber
• Krampfartige Unterbauchschmerzen
• Akute, evtl. blutige Diarrhö, charakteristisch übelriechend

Diagnostik
• Stuhl: Nachweis der Clostridium-difficile-Toxine A und B
• Kultur zur Bestätigung: Erlaubt zusätzlich auch die Bestimmung besonders virulenter
Stämme (Ribotyp O27) und den direkten Toxinnachweis (Goldstandard)
• Akutdiagnostik: Toxinnachweis per DNA-Amplifikation (PCR) oder Antigen-Schnelltest
(ELISA)
• Blutbild: Leukozytose, nahezu immer vorhanden
• Temperatur messen
• Koloskopie nur unter großer Vorsicht
• Nachweis der typischen Pseudomembranen bei Vorliegen einer pseudomembranösen
Kolitis

111
Schweregrade
• Risikofaktoren für einen schweren Verlauf
• Alter >65 J.
• Schwere (chronische) Komorbiditäten (z.B. Herzinsuffizienz, terminale Niereninsuffizienz)
• Immunsuppression
• Früher durchgemachte Clostridium-difficile-Infektion
• Hinweise auf einen schweren Verlauf
• Albuminmangel <30 g/L
• Nierenversagen (Kreatinin-Anstieg >1,5 mg/dL oder um das 1,5-Fache des Ausgangswertes)
• Toxisches Megakolon bzw. Ileussymptomatik

Therapie
Allgemein
• Absetzen der auslösenden Antibiotikatherapie, sobald vertretbar!
• Nach Möglichkeit außerdem absetzen:
• PPI
• NSAR
• Motilitätshemmende medikamentöse Therapien wie z.B. Loperamid
• Flüssigkeitssubstitution

Medikamentös
• Milder Verlauf
• Mittel der Wahl ist Metronidazol oral
• Bei Passagestörung (Ileus, Megakolon) Metronidazol intravenös
• Schwerer Verlauf oder Rezidiv
• Vancomycin (ausschließlich orale Applikation)
• Reservemittel bei schweren Verläufen (z.B bei Ribotyp O27) oder Rezidiven: Fidaxomicin
• Bei lebensbedrohlichem Krankheitsbild
• Kombination aus Vancomycin oral (enterale Sonde) und Metronidazol i.v.
• Alternative bei Passagestörung: Retrograde Applikation des Vancomycins per Koloskopie
bzw. Einläufe mit Vancomycin(CAVE: Perforationsgefahr!)
• Reserveantibiotika: Rifaximin, Tigecyclin bei schweren und komplikationsträchtigen
Verläufen (auch i.v. möglich )
Die einzige Indikation für eine orale Gabe von Vancomycin ist die Clostridium-difficile-Kolitis!

Stuhltransplantation (Mikrobiomtransfer, fäkale Bakterientherapie)


• Indikation
• Versagen mehrerer antibiotischer Therapieregime
• Rezidivierende Clostridium-difficile-Kolitis ohne dauerhafte Remission (Rescue-Therapie)
• Vorbereitung: Absetzen der bisherigen antibiotischen Therapie spätestens 48 Std. vor dem Eingriff
• Prinzip: Zu <6 Std. altem Spenderstuhl wird physiologische Kochsalzlösung zugegeben und
gerührt, danach erfolgt ein mehrmaliges Sieben durch einen Kaffeefilter, um feste Bestandteile des
Stuhls zu entfernen
• Applikationsmöglichkeiten
• Koloskopische Applikation mit vorheriger Darmreinigung nach lokalem Standardschema
• Nasogastrale Applikation: Am Vortag und am Tag der Intervention Einnahme eines PPI
• Die Erfolgsrate der Stuhltransplantation liegt bei bis zu 90%, wobei die koloskopische
Applikation der nasogastralen Applikation etwas überlegen scheint. Zudem hat der rektale
Zugangsweg eine größere Akzeptanz bei Patienten
• Nachsorge
• Nahrungsaufnahme sofort nach Intervention möglich
• Stuhluntersuchung auf Clostridium-difficile-Toxine A und B nach 2 Wochen sowie nach 1,
3 und 6 Monaten

112
• Standardisierte Therapieverfahren und eine Dokumentation in einem Stuhltransplantations-
Register sind wünschenswert, um Erkenntnisse hinsichtlich Langzeitwirkung und -
nebenwirkungen des noch nicht sehr etablierten Verfahrens zu gewinnen

Interventionell/Chirurgisch
• Toxisches Megakolon bzw. (Sub-)Ileus
• Interdisziplinäre Betreuung (intensivmedizinisch, chirurgisch und gastroenterologisch)
• Koloskopische Anlage einer Dekompressionssonde: Reduziert das Volumen, senkt die
Wandspannung, erlaubt eine retrograde Vancomycin-Applikation
• Peritonitis, Perforation und Abszessbildung
• Subtotale Kolektomie und terminales Ileostoma
• Alternative bei Fällen ohne Perforation: Blowhole-Kolostomie bzw. Blowhole-Ileostomie

Komplikationen
• Paralytischer Ileus
• Toxisches Megakolon
• Definition: Akute, lebensbedrohliche Dilatation des Dickdarms. Seltene Komplikation
entzündlicher Dickdarmerkrankungen
• Ursachen: Pseudomembranöse Kolitis, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Chagas-
Krankheit, Amöbenruhr, Shigellose, Morbus Hirschsprung
• Klinik: Akutes Abdomen (gebläht) mit septischem Krankheitsbild, erhöhte
Perforationsgefahr
• Diagnostik: Röntgen-Abdomenübersicht → Stark dilatierter Kolonrahmen ,
(vorgeschalteter) Dünndarmileus
• Therapie (siehe auch Therapie der Clostridium-difficile-Infektion)
• Im Anfangsstadium ggf. konservative Therapie möglich (<48–72 Std.)
• Anlage einer Dekompressionssonde
• Später: Operative Therapie
• Kolektomie und terminales Ileostoma in der Akutsituation
• Im Verlauf Kontinenzherstellung (z.B. Anlage eines ileoanalen Pouch)
• Bei Perforation Letalität bis zu 50%
• Sepsis

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Prävention
• Isolierung
• Während der symptomatischen Phase (bis 2 Tage nach Abklingen der Symptome) sollte eine
Einzelzimmerunterbringung mit eigener Toilette veranlasst werden
• Antiseptische Maßnahmen
• Handschuhe und Schutzkittel bei engem Patientenkontakt benutzen
• Händedesinfektion und anschließend Händewaschen mit Seife
• Konsequente Flächendesinfektion von Zimmern inklusive Einrichtungsgegenständen, die
mit dem infizierten Patienten in Berührung gekommen sind
• Die Sporen von Clostridien können auf Oberflächen wie Tischen, Schränken und
Türgriffen monatelang überleben
• Es muss ein sporenabtötendes Flächendesinfektionsmittel zum Einsatz kommen

113
Diarrhö

Abstract
Durchfallerkrankungen treten bei Menschen sehr häufig auf, sind jedoch in den meisten Fällen
selbstlimitierend. Einheitliche Definitionen bestehen zwar nicht, doch werden generell mehr als drei
Stuhlentleerungen am Tag, ein Wassergehalt >75% und/oder eine Stuhlmenge >250 g als Kriterien
genannt. Länger bestehende Durchfälle oder schwere Verläufe bedürfen einer weitergehenden Abklärung, da
nicht-infektiöse Ursachen oder eine Erregerpersistenz in diesen Fällen wahrscheinlicher werden.
Bei infektiösen Geschehen ist es grundsätzlich wichtig, die potentielle Gefahr
einer epidemischen Verbreitung zu berücksichtigen, sodass auch Maßnahmen zum Schutz der Umgebung zu
treffen sind.

Definition
• Diarrhö: Zutreffen von mind. einem der folgenden Kriterien
1. Zu häufige Stuhlentleerung: ≥3 ungeformte Stühle in 24 h
2. Verminderte Stuhlkonsistenz: Wassergehalt des Stuhls >75%
3. Erhöhtes Stuhlgewicht: >250 g täglich
• Definitionen nach zeitlichem Verlauf
• Akute Diarrhö: Dauer ≤2 Wochen (meist wenige Tage)
• Chronische Diarrhö: Dauer >2 Wochen

Für viele infektiöse Gastroenteritiden gilt eine namentliche Meldepflicht bei Erregernachweis!
Bei Personen mit beruflichem Kontakt zu Lebensmitteln oder bei Hinweisen auf eine Epidemie sowie
bei Botulismus, HUS (Hämolytisch-urämisches Syndrom durch Enterohämorrhagische Escherichia coli
(EHEC)), Cholera und Typhus ist bereits der Krankheitsverdacht meldepflichtig!

Einteilung nach Pathophysiologie


• Pathophysiologische Grundlage: Alle Formen der Diarrhö sind letztlich auf ein Ungleichgewicht
zwischen Sekretion und Resorption im Gastrointestinaltrakt zurückzuführen.
• Physiologische Verhältnisse: Eintritt von 9 L Flüssigkeit/Tag in das Jejunum → Durchtritt
von 3 L in das Ileum → Durchtritt von 1,5 L in das Caecum → 100 mL werden letztlich mit
dem Stuhlgang ausgeschieden → Von 9000 mL Flüssigkeit werden täglich
im Dünndarm und Dickdarm somit 8900 mL (rück-)resorbiert.

Zuordnung nach pathophysiologischen Prinzipien


Pathophysiologie Exemplarische Erkrankungen
Malabsorpti • Maldigestion und Malabsorption und/ • Kurzdarmsyndrom
ve und oder Zufuhr von schlecht/nicht • Laktoseintoleranz
osmotische resorbierbaren Substanzen (Fructose,
Diarrhö Sorbit,
Xylit, Lactulose, Antazida, Acarbose)
→ Zunahme von osmotisch aktiven
Substanzen im Darmlumen
Hypermotile • Schnelle Darmpassage → Verringerte • Hyperthyreose
Diarrhö Kontaktzeit mit der intestinalen • Reizdarmsyndrom
Resorptionsfläche
Exsudativ- • Defekte der • Chronisch-entzündliche
entzündliche intestinalen Schleimhaut → Darmerkrankungen
Diarrhö Exsudation osmotisch wirksamer • Invasive Infektionen (z.B.
Substanzen mit EHEC, Amöbiasis, Campyloba
cter)

114
Zuordnung nach pathophysiologischen Prinzipien
Pathophysiologie Exemplarische Erkrankungen
Sekretorisch • Bakterientoxine → Hemmung der • Enterotoxinbildende Escherichia
e Diarrhö GTPase des G- coli (ETEC)
Proteins in Enterozyten → Erhöhung • Cholera
des cAMP-Spiegels → Steigerung • „Lebensmittelvergiftungen“
der cAMP-abhängigen Sekretion von durch Enterotoxine
Wasser und Chlorid in das
Darmlumen

Bei einer Vielzahl von Durchfallerkrankungen können mehrere Pathomechanismen gleichzeitig vorliegen,
sodass sich in der Differentialdiagnostik nicht immer eindeutige Befunde ergeben!

Ätiologische Übersicht
Ursachen malabsorptiver Diarrhö
• Führender Mechanismus: Verminderte Resorptionsfläche des Darmes
• Kurzdarmsyndrom bei Resektionen von Teilen des Dünndarms
• Nach Kolektomie (unzureichende Wasserresorption)
• Schleimhautschäden durch Zytostatika bzw. Strahlentherapie
• Zöliakie:
• Nachweis von IgA-Antikörpern gegen :
• Gewebstransglutaminase (Transglutaminase-Antikörper, tTG-AK ) oder
• Endomysium (Endomysium-Antikörper, EmA-AK)

Ursachen osmotischer Diarrhö


• Führender Mechanismus: Vermehrung osmotisch wirksamen Darminhalts
• Exokrine Pankreasinsuffizienz (funktionell auch bei Zollinger-Ellison-Syndrom )
• Laktoseintoleranz:
• H2-Laktose-Atemtest
• Nach Laktose-Gabe vermehrt Wasserstoff in der Ausatemluft
• Messung in definierten Zeitintervallen über 3 Stunden nach Aufnahme von
50g Laktose
• Laktose-Toleranztest: Nach Laktose-Gabe zeigen sich ein pathologisch gering
ausfallender Blutzuckeranstieg und gleichzeitig eine klinische Symptomatik →
Kaum angewendet, da zu unsensitiv und unspezifisch
• Dünndarmbiopsie: Qualitativer und quantitativer Nachweis
des Enzyms Laktase durch gastroskopische Biopsie → Sehr aussagekräftig, aber
kaum angewendet, da zu aufwendig

Ursachen hypermotiler Diarrhö


• Führender Mechanismus: Zu schneller Transit, dadurch Überlastung der
Wasserresorptionskapazität des Kolons
• Hyperthyreose
• Reizdarmsyndrom:
• Voraussetzung für die Diagnosestellung sind unauffällige laborchemische,
bildgebende und mikrobiologische Befunde.
• Autonome diabetische Neuropathie, sog. diabetische Diarrhö

Ursachen exsudativ-entzündlicher Diarrhö


• Führender Mechanismus: Exsudation bei gestörter Darmwandintegrität
• Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa und M. Crohn)
• NSAR-Kolitis
• Ischämische Kolitis
• Mikroskopische Kolitis

115
• Infektiöse bzw. bakterielle Durchfallerkrankungen mit Darmwandschädigung
• Yersiniose, Amöbiasis, Clostridium difficile, Giardiasis, Darmtuberkulose
• Insb. auch opportunistische gastrointestinale Infektionen bei HIV

Ursachen sekretorischer Diarrhö


• Führender Mechanismus: Aktive Sekretion
• Laxantien mit sekretorischem Mechanismus (insb. Anthrachinone, Bisacodyl)
• Bakterielle Infektionen mit Toxinbildnern, insb. Cholera, ETEC
• „Lebensmittelvergiftungen“ durch Enterotoxine
• Staphylococcus-aureus-Intoxikation
• Bacillus-cereus-Infektion
• Chologene Diarrhö
• Villöses Adenom des Kolons bzw. daraus entstandenes Karzinom
• Neuroendokrine Tumoren des Pankreas mit Hormonsekretion (insb. VIPom)
• Karzinoid-Syndrom (Serotonin↑ + 5-Hydroxyindolessigsäure↑)
• Medikamente (bspw. Diuretika, Colchicin, Theophyllin)

Bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen liegen Durchfällen sowohl exsudativ-entzündliche als auch


malabsorptive Prozesse zugrunde!

Infektiöse Durchfallerkrankungen
Bakterielle Durchfallerkrankungen
• Campylobacter-Enterokolitis
• Shigellose
• Salmonellose
• Cholera
• Darmpathogene E.-coli-Infektionen
• Yersiniose
• Antibiotika-assoziierte Diarrhö bzw. Clostridium-difficile-Enterokolitis
• Morbus Whipple
• (Typhus)
Virale Gastroenteritis
• Norovirus-Infektion
• Rotavirus-Infektion
• Andere virale Infektionen
Parasitäre Gastroenteritis
• Protozoenerkrankungen
• Lambliasis (Giardiasis)
• Amöbiasis
Wurmerkrankungen
• Toxokariasis
• Enterobiose
• Ascariasis
• Trichinose
• Taenia-Infektionen
• Ancylostomatidose
• Diphyllobothriasis
Sondergruppe: Opportunistische gastrointestinale Infektionen bei HIV
• CMV-Kolitis
• Kryptokokkosen
• Kryptosporidiose (Cryptosporidium parvum)
• Mikrospiridiose
• Isosporidiose
• Aspergillosen

Sonderformen

116
Dyschezie
• Definition: Erhöhte Sensibilität des Rektums gegenüber Dehnungsreizen mit folgender häufiger
Entleerung kleiner Stuhlmengen
• Vorkommen: Bei (insb. entzündlichen) Affektionen des Rektums
Pseudodiarrhö
• Inkontinenz vs. Diarrhö: Häufig beschreiben Patienten mit Stuhlinkontinenz das unwillkürliche
Austreten von Stuhl als Durchfall, für eine erfolgreiche Behandlung müssen beide Zustände
gegeneinander abgegrenzt werden.
• Abgrenzung der Inkontinenz zur Diarrhö: Die Stuhlfrequenz ist auch bei der Inkontinenz
erhöht, das Stuhlgewicht jedoch normal.
• Digital-rektale Untersuchung: Bei Inkontinenz kann der Patient kaum Druck
aufbauen, dies spricht für eine Sphinkterinsuffizienz
• Stuhlschmieren: Die Patienten schildern verschmierten Stuhl in der Unterwäsche,
keine Flüssigkeit und Durchnässung
• Vertiefung der Anamnese: I.d.R. empfinden Patienten Durchfall weniger peinlich
als die Schilderung, nicht mehr einhalten zu können – eine genauere und
einfühlsame Befragung ist häufig sehr hilfreich.
Laxantienabusus
• Klinik: Osmotische Diarrhö nach (nicht sachgerechter) Einnahme osmotisch wirksamer Laxantien
• Nebenwirkungen
• Hypokaliämie
• Dehydratation
• Meteorismus
• Bei Anthrachinonen: Melanosis coli (oder Pseudomelanosis coli)

Unspezifische Gastroenteritis
• Definition: Die unspezifische Gastroenteritis ist eine Magen-Darm-Entzündung, die mit Übelkeit,
Erbrechen und Durchfällen einhergeht und bei der kein Erreger nachgewiesen wurde. In der Regel
wird dieses Krankheitsbild von verschiedenen Viren (Rota-, Adeno-, Coronaviren etc.) oder E.-coli-
Stämmen (z.B. Reisediarrhö) ausgelöst.
• Ätiologie: Schmier- und Tröpfcheninfektionen
• Klinik: Durchfall, Übelkeit, Erbrechen
• Basisdiagnostik: Anamnese, klinische Untersuchung, eine Erregerdiagnostik ist nicht zwingend
erforderlich
• Erweiterte Diagnostik: Mikrobiologische Stuhlkultur, Laboruntersuchung
(insb. Retentionsparameter und Entzündungszeichen) und Abdomensonographie nur bei
Warnsymptomen
• Beschwerdepersistenz
• Verdacht auf einen schweren Krankheitsverlauf (z.B. akutes Nierenversagen)
• Aktive Krebserkrankung
• Immunsuppression (Chemotherapie, HIV, nach Organtransplantation)
• Aufenthalt in den Tropen
• Therapie: Symptomatische Therapie
• Für detailliertere Behandlungsempfehlungen siehe: Klinisches Management der akuten
Durchfallerkrankung

Klinisches Management der akuten Durchfallerkrankung


Anamnese
• Dauer und Beginn der Symptomatik: Bei Hinweis auf chronische Diarrhö ggf. erweiterte
Diagnostik planen
• Stuhlbeschaffenheit: Ggf. Hinzunahme der Bristol Stool Chart
• Beimengung von Blut oder Eiter als Hinweis für eine geschädigte Integrität
der Schleimhaut erfragen
• Begleitsymptome: Erlauben Rückschlüsse darauf, ob eine orale Rehydratation bzw. ein ambulantes
Prozedere möglich ist
• Erbrechen

117
• Fieber
• Bauchschmerzen
• Alter und Komorbiditäten
• Immunsuppression
• Malignome
• Nahrungsmittel: Auftreten Stunden nach einer Mahlzeit, insb. wenn mehrere Personen nach
gemeinsamer Mahlzeit betroffen sind, spricht für eine Lebensmittelvergiftung
• Suspekte Lebensmittel: Nahrungsmittel mit Milch, Ei, Fleisch, Geflügel und Fisch, die
ungenügend erhitzt bzw. aufgewärmt wurden
• Umgebung und Beruf
• Durchfallerkrankungen bei Kontaktpersonen
• Tätigkeit in Gastronomie und Lebensmittelherstellung und -verkauf (entsprechende
Meldepflichten)
• Erforderlichkeit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung prüfen
• Möglichkeit getrennter Toilettennutzung im Falle eines ambulanten Prozederes erfragen
• Medikamente: Insb. Antibiotika in den letzten 12 Wochen und der Gebrauch von Laxantien
• Auslandsaufenthalt: Je nach Gebiet sind ggf. andere Erreger (insb. Parasitosen) oder
Ernährungsgewohnheiten zu beachten

Basisdiagnostik
• Vitalzeichen: Blutdruck, Herzfrequenz
• Körperliche Untersuchung: Problemorientiertes Vorgehen
• Abdomen: Ausschluss eines akuten Abdomens (Peritonismus)
• Immer auch Auskultation von Lungen und Herz sowie orientierende neurologische
Beurteilung
Erweiterung der Diagnostik bei akuter Diarrhö
• Indikationen zur erweiterten Diagnostik
• Schwerer Verlauf oder Zugehörigkeit zu Risikogruppen für einen schweren Verlauf (s.u.)
bzw. bei stationärer Behandlungsbedürftigkeit
• Symptompersistenz nach Anbehandlung eines initial unkomplizierten Erkrankungsfalles
• Beschäftigte in lebensmittelrelevanten Bereichen bzw. in der Patientenversorgung
• Maßnahmen
• Mikrobiologische Stuhluntersuchung
• Bakterielle Durchfallerreger
• Bei entsprechendem Verdacht Erweiterung auf darmpathogene E. coli
• Virale Durchfallerreger (Norovirus, Rotavirus), insb. bei Relevanz zur
Unterbrechung von Infektionsketten
• Clostridium-difficile-Toxinnachweis
• Laboruntersuchungen: Blutbild, Natrium, Kalium, Kreatinin, AST, ALT, GGT,
AP, Bilirubin, Lipase, LDH, CRP, Urindiagnostik (Urin-Streifentest initial)
• Sonographie des Abdomens

Einschätzung des Schweregrades und der Behandlungsdringlichkeit


• Orientierende Schweregrad-Einteilung: Erfassen von Einschränkungen der alltäglichen Aktivität
• Mild: Keine körperliche Beeinträchtigung
• Moderat: Körperliche Beeinträchtigung, eingeschränkte Aktivität, ggf. Zeichen
der Exsikkose (Turgor↓ trockene Zunge)
• Schwer: Schwere körperliche Beeinträchtigung mit vitaler Bedrohung („Red flags“),
stationäre Behandlung
• Vigilanzminderung
• Hypotonie
• Ausgeprägte Dehydratation, Zeichen des
akuten Nierenversagens (Urinausscheidung↓, Kreatinin↑)
• Elektrolytstörungen (insb. Hypokaliämie), ggf. Herzrhythmusstörungen
• Zeichen der Peritonitis bzw. Sepsis

118
• Risikogruppen für einen schweren Verlauf: Häufigeres Vorkommen schwerer Verläufe bei
Patienten
• mit ausgeprägten Komorbiditäten
• mit Malignomen
• unter Immunsuppression (HIV, Chemotherapie, Organtransplantation)
• mit blutiger Diarrhö
• mit zurückliegender Antibiotikaeinnahme innerhalb der letzten 2–3 Monate
• mit hohem Alter und Pflegebedürftigkeit

• Bei Verdacht auf EHEC: Abhängig von der Wahrscheinlichkeit bzw. Sicherheit eines HUS
• Bei blutiger Diarrhö nach Zeichen des HUS suchen: Nierenversagen (Ödeme, Hämaturie,
ggf. Laborwerte), Hämolytische Anämie (Blässe, Ikterus), Thrombopenie (Petechien,
insb. petechiale Einblutungen am Zungengrund, Hämatome)
• Wenn Zeichen bestehen, sollte eine sofortige Einweisung in einem Krankenhaus mit
Intensiv- und Isolationskapazitäten erfolgen, eine telefonische Voranmeldung ist
sinnvoll!
• Bei blutiger Diarrhö ohne Zeichen des HUS: Bei ansonsten leichtem bis moderatem
Schweregrad kann das Ergebnis einer Stuhluntersuchung abgewartet werden.

Schwere Verläufe sollten stationär behandelt werden, bei moderaten Verläufen sollte die Zugehörigkeit zu
Risikogruppen beurteilt und individuell entschieden werden!

Therapie [1]
• Ambulantes Prozedere: I.d.R. bei leichten Fällen möglich, bei moderater Schwere des Verlaufs
entscheiden die Risikofaktoren für einen schweren Verlauf bzw. die individuelle ärztliche
Einschätzung
• Orale Rehydratation: Ausgleich von Volumen- und Elektrolytverlust
• Präparate zur oralen Rehydratation: Enthalten Glucose, Natriumchlorid,
Kaliumchlorid und Natriumcitrat und können ab dem Säuglingsalter eingesetzt
werden.
• Alternative: In leichteren Fällen bzw. den individuellen Wünschen betroffener
Patienten entsprechend können mit Zucker gesüßter Tee und salzige Brühen zur
Rehydratation ebenfalls gut geeignet sein.
• Schonkost: Meiden von Fett, fructosereichen Säften und Softdrinks, Alkohol und Koffein
• „Stopfkost“ bevorzugen: Zwieback, Reis, Pellkartoffeln, Salzstangen
• Supportive Therapie bzw. Beratung
• Antiemetika bei Übelkeit und Erbrechen,
z.B. Domperidon p.o. oder Dimenhydrinat supp.
• Probiotika können die Erkrankungsdauer verkürzen (begrenzte Evidenz), z.B.
Präparate auf Basis von Saccharomyces boulardii
• Antidiarrhoika: Nicht routinemäßig, da Erkrankungsschwere und
Erkrankungsdauer hierdurch verlängert werden können
• Sport: Sportliche Aktivitäten sollten vorübergehend reduziert werden.
• Berufsverbot: Bei Tätigkeit in lebensmittelverarbeitendem Gewerbe, in
Gemeinschaftseinrichtungen bzw. bei Tätigkeiten mit vielfältigen Menschenkontakten
• Antibiotika: Nur bei Nachweis einer speziellen Genese, Virustatika sind bei
Durchfallerkrankungen nicht sinnvoll
• Meldepflicht: Je nach Erregernachweis sind die Meldepflichten an das
örtliche Gesundheitsamt zu beachten!

• Stationäres Prozedere: Bei schweren Verläufen bzw. bei moderat schweren Verläufen, insb. wenn
Risikofaktoren für einen schweren Verlauf absehbar sind
• Volumen- und Elektrolytausgleich i.v.
• ggf. Zusatz von Antiemetika in die Infusion, bspw. MCP oder Dimenhydrinat

119
• Kostaufbau, Beginn mit Schonkost, initial ist bei schweren Verläufen auch eine
Nahrungskarenz für 12–24 Stunden sinnvoll
• Regelmäßige Überwachung von Blutdruck, Volumenstatus, Nierenfunktion und
Elektrolyten, supportive Behandlung von Komplikationen
• Isolation im Einzelzimmer bis eine genaue Einschätzung erforderlicher Hygienemaßnahmen
nach Erregernachweis möglich ist

Diagnostik
Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen [Indikationen für eine
Erregerdiagnostik s. u.]
• Stuhluntersuchungen
o Stuhlkultur: Stuhl auf allgemeine Erreger (Campylobacter, Salmonellen, Shigellen,
Yersinien), Clostridium difficile, pathogene E. coli (EHEC, EPEC), Listerien (bei
Neugeborenen), Staphylococcus aureus, Sprosspilze
Indikationen: s. u.
o Antigennachweis (Parasiten, Viren, Toxine): Adenovirus- und Rotavirus-
Antigennachweis, Nachweis von Clostridium difficile-Antigen, Verotoxin oder Shigatoxin
(= Toxin enterohämolytischer E.coli).
o Mikroskopische Untersuchung auf Wurmeier, Lamblien- und Amöbenzysten,
Cryptosporidien, Mikrosporidien
Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, körperlichen
Untersuchung etc.
• Kleines Blutbild
• Differentialblutbild
• Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein)
• Elektrolyte – Natrium, Kalium
• Schilddrüsenparameter – TSH
• Nierenparameter – Harnstoff, Kreatinin, ggf. Cystatin C bzw. Kreatinin-Clearance
• Pankreasparameter – Amylase, Lipase
• Leberparameter – Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT), Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT),
Gamma-Glutamyl-Transferase (γ-GT, Gamma-GT; GGT), AP
• Immunologischer Stuhltest – Ausschluss von Blut im Stuhl
• Calprotectin – Abklärung einer chronischen Diarrhoe
• Allergenspezifisches IgE (Nahrungsmittelsmittelallergie)
• Vasointestinales Polypeptid (VIP)
• Zöliakie-Serologie: Endomysium-Antikörper (EMA) und Transglutaminaseantikörper (tTG9/
Endomysium-IgA und Transglutaminase-IgA – bei Verdacht auf Zöliakie (gluteninduzierte
Enteropathie; Glutenallergie)
• ggf. auch toxikologische Untersuchungen (s. u. Umweltanalytik, Medikamenten-Spiegel)
• Urin: 5-HIES (5-Hydroxyindolessigsäure wg. Karzinoid-Diagnostik), Porphyrine (wg.
Stoffwechseldiagnostik)
• Serologie: AK gegen Amöben, Campylobacter, Rotaviren, Salmonellen, Shigellen, Yersinien

120
Welche Verdachtsdignose haben Sie? Welche D.D?
Was spricht dafür und dagegen?
Was ist CED?
Wie können wir Morbus Crohn von C.U abgrenzen?
Ursache der Ösophagusvarizen?
Ist dieser Pat. ein Alkoholiker? Wann können wir das sagen?
Risikofaktoren von Arteriosklerose?
Welche Blutwerte erwarten Sie?
Koloskopie Aufklärung, Komplikationen (*Perforation) und dann? OP
nehmen Sie den Pat. auf oder nicht? Was machen Sie? je nach seinem allgemeinen Zustand und den
Laborwerten –Kreatininwerte,Harnstoff , Elektrolyte)
rektale Untersuchung aufklären
nach Schleim in Stuhl gefragt habe: Wegen Erregern der infektiösen Enterokolitis
Down-Syndrom beschreiben
Ursachen fur Krampfadern
Ursachen fur Durchfall
Durch welche Bakterie ist diese Colitis verursacht?? (Clostridium difficile)
Was ist Hautschuppenflechte?? (Psoriasis, leider wusste ich das nicht)
Wie kann sich ein Vertigo äußern? (Peripherer Schwindel, Sehstörungen…)
Der Patient hat so viel Flüssigkeit verloren, was beachten Sie in einer körperlichen Untersuchung? (
Exsikkosezeichen)
Was interessiert Sie besonders in einer Blutuntersuchung? (Elektrolyte, Nierenwerte…)

121
Asthma bronchiale

Abstract
Asthma bronchiale ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung der Atemwege, die mit einer
reversiblen bronchialenObstruktion und/oder mit einem hyperreagiblen Bronchialsystem einhergeht. Das
klinische Bild ist variabel: Es reicht von leichten Verläufen mit nur rezidivierendem Husten oder
Räusperzwang bis hin zu intermittierend (ggf. anfallsartig) auftretender Luftnot mit pfeifender Atmung und
auskultatorischem Giemen und Brummen. Anamnestisch sind oft bereits in der Kindheit respiratorische
Symptome eruierbar. Diagnostisch wegweisend sind v.a. die Anamnesesowie die Befunde von
Lungenfunktionsmessung und Allergiediagnostik.
Die Genese ist multifaktoriell, sodass es diverse Einteilungen gibt. Die wichtigste Unterform ist das
allergische Asthmabronchiale, das neben der rein symptomatischen Therapie auch kausal mittels
Allergenkarenz und spezifischer Immuntherapie (sog. „Hyposensibilisierung“) behandelt werden kann. Bei
einem eosinophilen Asthma können auch sog. Biologicals zum Einsatz kommen.
Die antientzündliche Dauertherapie erfolgt i.d.R. mit inhalativen Corticosteroiden (ICS) und ggf.
langwirksamen bronchienerweiternden Medikamenten. Die akute Asthmasymptomatik wird mit
schnellwirksamen β2-Sympathikomimetika (insb. Salbutamol) und, wenn notwendig, mit
systemischen Corticosteroiden durchbrochen. Eine gute Patientenschulung ist essentiell, insb. zur richtigen
Applikation der Substanzen und zum Vorgehen im Notfall. Je nach Verlauf ist eine Eskalation oder
Deeskalation der Medikation anhand des Stufenschemas sinnvoll. Bei einem akuten Asthmaanfall besteht
Lebensgefahr, weshalb ein notfallmäßiger Transport in die Klinik indiziert ist!

Definition
• Asthma bronchiale: Chronisch-entzündliche Erkrankung der Atemwege mit
reversibler bronchialer Obstruktion bei hyperreagiblem Bronchialsystem [1]
• Exazerbation des Asthma bronchiale (sog. akutes Asthma): Akute Phase mit Symptomzunahme
und/oder Abnahme der Lungenfunktion, die über das gewohnte Maß hinausgeht
• Asthmaanfall: Akut einsetzende, schwere Asthmaexazerbation, die sich fulminant innerhalb
von wenigen Minuten entwickelt und schnell lebensbedrohliche Ausmaße annehmen kann
• Status asthmaticus: Vital bedrohlicher Asthmaanfall mit Ortho-
und Tachypnoe, Tachykardie und Zyanose, der trotz adäquater Therapie mind. 24 Stunden
andauert

Epidemiologie
• Prävalenz [1]
• ca. 10% aller Kinder
• ca. 5% aller Erwachsenen
• Häufigkeit: Etwa 300 Millionen Menschen weltweit betroffen
Mortalität: Weltweit etwa 250.000 Todesfälle pro Jahr infolge eines Asthma bronchiale
• Geschlecht: ♂ ≈ ♀

Ätiologie
Risikofaktoren
Folgende Faktoren beeinflussen die Entstehung und den Verlauf des Asthma bronchiale.
• Endogene Risikofaktoren
• Genetische Prädisposition
• Erhöhtes Körpergewicht
• Psychosoziale Belastungen
• Exogene Risikofaktoren
• Allergene
• Infektionen
• Umweltbedingungen
• Berufliche Noxen
• Tabakrauch
• Ernährung
• Medikamente

122
Eine Tabakrauchexposition erhöht das Asthmarisiko im Kindesalter!

Komorbiditäten bei Asthma bronchiale


Aufgrund der Assoziation des Asthma bronchiale mit anderen Erkrankungen sollte unbedingt daran gedacht
werden, bei Hinweisen eine entsprechende Diagnostik einzuleiten .
• Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSAS)
• Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
• Vocal Cord Dysfunction (VCD) [2]
• Gastro-ösophagealer Reflux (GERD)
• Chronische Rhinosinusitis (CRS)
• Allergische Rhinokonjunktivitis
• Vitamin-D-Mangel
• Angststörungen und Depressionen
Auslöser eines akuten Asthmaanfalls oder einer Exazerbation[1][3]
• Allergien
• Infektionen
• Körperliche Anstrengung (sog. Anstrengungs- oder Belastungsasthma)
• Kalte Luft
• Medikamente: ASS, Betablocker
• Chemisch-toxische Stoffe
• Psychogene Auslösung durch Konditionierung

Unterformen
Bei der Unterteilung in verschiedene Asthmaformen sind vor allem die multifaktoriellen Ursachen zu
beachten. Die Klassifizierung in verschiedene Subtypen ist daher als fließend anzusehen.

Allergisches vs. nicht-allergisches Asthma bronchiale


Die Identifizierung des allergischen Asthma bronchiale ist entscheidend, weil hier spezifische
Therapieoptionen wie die Allergenkarenz, die spezifische Immuntherapie (SIT) und Biologicals zur
Verfügung stehen.
Allergisches Asthma bronchiale
• Synonym: Extrinsisches Asthma
• Kriterien: Nachweis spezifischer IgE-Antikörper (atopische Diathese) plus Allergenbezug zur
Asthmasymptomatik
• Erhöhtes Gesamt-IgE im Serum: Vermutlich eigenständiger Asthmaindikator,
der nicht unbedingt auf eine Allergiehindeutet (anders als erhöhte spezifische IgE-AK)
• Prävalenz
• ca. 30% aller Asthmatiker
• Häufigste Form des Asthma bronchiale bei Kindern
• Alter
• Meist im Kindesalter
• Transiente Verlaufsform: Häufiges Verschwinden der Symptomatik in der Pubertät,
manchmal Wiederauftreten im Erwachsenenalter
• Auslösende Allergene
• Saisonal: Pollen, Schimmelpilz
• Nicht-saisonal (perennial=ganzjährig): Hausstaubmilben , Tierepithelien
• Berufsbedingt: Bspw. Mehlstaub (Bäckerasthma)
• Besonderheiten der Therapie
• Allergenkarenz: Hausstaubmilbensanierung, Expositionsvermeidung bei Tierepithelallergie
• Spezifische Immuntherapie bei Asthma bronchiale (SIT)
• Applikationsformen: Subkutane Immuntherapie (SCIT) oder sublinguale
Immuntherapie (SLIT)
• Ziel
• Gute Asthmakontrolle bei reduzierter Medikamentendosis (bei bereits
manifestem allergischem Asthma bronchiale)

123
• Aufhalten der sequentiellen Entwicklung verscheidener atopischer
Erkrankungen (atopischer Marsch) und damit der Entwicklung
eines Asthma bronchiale bei Patienten mit allergischer Rhinokonjunktivitis,
die bisher (noch) kein Asthma haben (insb. Kinder)
• Kriterien für Therapieindikation
• Kausaler Zusammenhang des Asthma mit Allergie
• Stabiles Asthma (und FEV1 >70% bei Erwachsenen)
• Nur zusätzlich zur Allergenkarenz und Pharmakotherapie
• Wenn Allergenkarenz unmöglich oder wenn Karenz nicht
zur Asthmakontrolle führt
• Kontraindikation
• Unkontrolliertes, schwergradiges Asthma (oder bei Erwachsenen
mit FEV1 ≤70%)
• Schlechtes Nutzen-Risiko-Profil bei einer Allergie gegen Tierepithelien,
daher hier nicht empfohlen
• ICS-Therapie
• Indikation: Bei rein saisonalem allergischen Asthma
• Therapiezeitraum: Nur in der Allergiesaison, ab dem Auftreten der ersten Symptome
bis 4 Wochen nach Saisonende

Nicht-allergisches Asthma bronchiale


• Synonym: Intrinsisches Asthma
• Kriterien: Kein Nachweis spezifischer IgE-Antikörper und fehlende Allergiesymptomatik
• Prävalenz: ca. 30–50% aller erwachsenen Asthmatiker
• Alter: Insb. >40 Jahre
• Auslösender Faktor: Insb. Atemwegsinfekte

Mischform aus extrinsischem und intrinsischem Asthma


• Prävalenz: ca. 40% aller Asthmatiker

Anstrengungsinduzierte Bronchokonstriktion
• Synonym: Belastungsasthma
• Kriterien: Bronchiale Obstruktion nur oder insb. bei körperlicher Belastung, siehe: Belastungs-
Lungenfunktion
• Ätiologie: Unklar, insb. bei Ausdauersportlern gehäuftes Auftreten von anstrengungsinduziertem
sowie belastungsunabhängigem Asthma
• Therapie
• Allgemein: Aufwärmphase vor körperlicher Belastung
• Langzeittherapie
• Bei unbehandeltem Asthma bronchiale: Antiinflammatorische Dauertherapie
mit ICS, ICS/LABA oder Leukotrien-Rezeptor-Antagonist
• Bei möglicherweise unzureichender Asthmakontrolle oder wenn
anstrengungsunabhängig weiterhin Symptome auftreten: Stufenweise
Dosiserhöhung/Umstellung der antiinflammatorischen Therapie
• Bei ansonsten kontrolliertem, behandeltem Asthma bronchiale: Kurzwirksame
inhalative β2-Sympathomimetikaregulär vor körperlicher Belastung
• Akuttherapie: Kurzwirksame inhalative β2-Sympathomimetika (Salbutamol) nach Bedarf
Die Verwendung von β2-Sympathomimetika bei Leistungssportlern unterliegt den Regularien der WADA
(World Anti-Doping Association)!

Analgetika-Asthma
• Synonym: Aspirin-Exacerbated Airway Disease
• Kriterien: Sog. Samter-Trias
• Asthma bronchiale (meist intrinsisch)
• Chronische Sinusitis und Polyposis nasi
• Intoleranz gegenüber COX-1-Hemmern (wie Aspirin oder Ibuprofen)

124
• Therapie
• Adaptive Desaktivierung: ASS-Dauertherapie (deshalb Identifizierung unersetzbar!)
• Langzeit- und Akuttherapie: siehe Therapie des Asthma bronchiale

GERD-assoziiertes Asthma [4]


• Kriterien: Asthmasymptomatik bei Patienten mit gastroösophagealem Reflux (GERD),
siehe: Gastroösophageale Refluxkrankheit
• Ätiologie
• Refluxinduzierte Vagusreizung → Bronchokonstriktion
• Mikroaspirationen → Bronchiale Hyperreagibilität und Bronchospasmen
• Diagnostik [4]
• 24-Stunden-pH-Metrie (Goldstandard)
• Ösophagogastroduodenoskopie
• Therapie
• Symptomlinderung: Protonenpumpeninhibitoren, bspw. Omeprazol (deshalb
Identifizierung unersetzbar!)
• Langzeit- und Akuttherapie: siehe Therapie des Asthma bronchiale

Eosinophiles Asthma bronchiale [1]


• Kriterien: Nachweis der eosinophilen bronchialen Entzündung mittels Sputumuntersuchung und
Differentialblutbild (siehe auch: Diagnostik des Asthma bronchiale)
• Ätiologie: Eosinophilie der Atemwege sowohl bei allergischem als auch bei nicht-allergischem
Asthma möglich
• Identifizierung wichtig!
• Besseres Ansprechen auf ICS
• Indikationskriterium für Biologikatherapie

Weitere Unterformen [1]


• Severe Asthma
• Untreated Severe Asthma: Durch fehlende Therapie
• Difficult-to-Treat Severe Asthma: Durch Incompliance, Komorbiditäten oder
Triggerpersistenz
• Treatment-Resistant Severe Asthma: Trotz korrekter Einnahme der empfohlenen
Medikamente in höheren Dosen
• Cough-variant Asthma
• Kriterien: Chronisch persistierender trockener Husten und unspezifische bronchiale
Hyperreagibilität (ohne weitere typische Asthmasymptome)
• Besondereiten
• Häufig verspätete Diagnosestellung und damit verzögerter Therapiebeginn
• Etwa ein Drittel der Patienten entwickelt im Verlauf die komplette Symptomatik
des Asthma bronchiale, was durch einen frühzeitigen Therapiebeginn verhindert
werden kann
• Differentialdiagnosen
• Husten bei gastroösophagealem Reflux (GERD)
• Husten bei Einnahme von ACE-Hemmern
• Husten bei oberen Atemwegserkrankungen
• Langzeit- und Akuttherapie: siehe Therapie des Asthma bronchiale
• Isocyanat-Asthma [5]
• Anamnese
• Arbeitsplatzbedingte Asthmaanfälle, pfeifende Atmung, Husten
• In Karenzphasen (Wochenende, Urlaub) Besserung oder Beschwerdefreiheit
• Diagnostik
• Lungenfunktion und Methacholin-Provokationstest können negativ sein
• Unspezifische Atemwegsempfindlichkeit (Methacholin-Provokationstest) ggf. nach
Arbeitswoche auffälliger als nach Karenzzeit
• Zur Abklärung

125
•Spirometrisches Monitoring
• Alle 2 Stunden Lungenfunktionsmessung mittels mobiler elektronischer
Kleinspirometer durch den Patienten
• Vor, während und nach der Exposition über 3 Wochen sowie in
Karenzphasen
• Dokumentation des Lungenfunktionsverlaufs
• Spezifische (arbeitsplatzbezogene) inhalative Provokation mit dem wahrscheinlich
ursächlichen Arbeitsstoff (Isocyanat)
• Positivbefund: FEV1-Abfall ≥20% bzw. Verdopplung des
spezifischen Atemwegswiderstandes (≥2,0 kPa×s )
• Prozedere
• Medikamentöse Langzeit- und Akuttherapie: siehe Therapie des Asthma bronchiale
• Meldung des V.a. Berufskrankheit an die Berufsgenossenschaft
• Nach Diagnosesicherung: Arbeitsplatzwechsel anstreben
• Type-2-High Asthma vs. Type-2-Low Asthma

Klassifikation
Grad der Asthmakontrolle[1][6]
• Bedeutung: Bei allen Patienten sollte wenn möglich ein kontrolliertes Asthma angestrebt werden
(siehe auch Therapie des Asthma bronchiale)
• Unbehandelte Patienten: Beginn der medikamentösen Behandlung nach dem Grad der
Asthmakontrolle
• Bereits behandelte Patienten: Therapieanpassung (Eskalation oder Deeskalation) unter
Berücksichtigung des Grades der Asthmakontrolle
• Pädiatrische Asthmakontrolle siehe auch Grad der Asthmakontrolle im Kindes- und Jugendalter
Grad der Sympto Einschränku Nächtlic Notwendigkeit Lungenfunktion Exazerbat
Asthmakont me ng von he von ion
rolle tagsübe Alltagsaktivit Sympto Bedarfsmedik FEV1/S PEF/persönli
r äten me oder ation oder oll cher
nächtlic Notfallbehand Bestwert
hes lung
Erwach
en
Kontrolliert ≤2× pro nein nein ≤2× pro Woche normal nein
es Asthma Woche
Kontrolliert nein nein nein nein normal nein
es Asthma
bei Kindern
Teilweise >2× pro ja ja >2× pro Woche <80% ≥1 pro
kontrollierte Woche Jahr
s Asthma:
1–2
Kriterien
Unkontrollie In dieser
rtes Asthma: Woche
≥3 Kriterien

Asthma-Schweregrad
Der Asthma-Schweregrad wird im Verlauf bei bereits therapierten Patienten bestimmt, nicht bei
Erstdiagnose. Er richtet sich danach, auf welcher Stufe der Patient behandelt wird (siehe Stufentherapie
des Asthma bronchiale) und wie der Grad der Asthmakontrolle ist.
• Leichtes Asthma: Kontrolliertes Asthma auf Therapiestufe 1 oder 2
• Mittelgradiges Asthma: Kontrolliertes Asthma auf Therapiestufe 3 oder 4

126
• Schweres Asthma: Unkontrolliertes oder nur teilweise kontrolliertes Asthma trotz
hochdosiertem ICS/LABA bzw. bei Dosisreduktion; Therapiestufe 5 nötig

Klassifikation der Asthmaschweregrade bei Erstdiagnose


Diese Tabelle wird nicht mehr verwendet. Die Therapie richtet sich nach dem Grad der Asthmakontrolle und
nicht nach dem Schweregrad.
Asthmaschweregrad Symptomatik bei Erstdiagnose Lungenfunktion
Am Tag In der Exazerbationen FEV1 oder PEF-
Nacht PEF vom Tagesvariabilität
Soll
I = Intermittierend <1× pro ≤2× Kurz (Stunden bis Tage ≥80% <20%
Woche pro anhaltend), kaum
Monat Beeinträchtigung
von Schlaf und
körperlicher Aktivität
II = Geringgradig- <1× pro >2× Beeinträchtigung ≥80% 20–30%
persistierend Tag; >1× pro von Schlaf und
pro Woche Monat körperlicher Aktivität
III = Mittelgradig- Täglich >1× Beeinträchtigung 60–80% >30%
persistierend pro von Schlaf und
Woche körperlicher Aktivität
IV = Schwergradig- Täglich Häufig Sehr häufig, ständige <60% >30%
persistierend mit hoher Beeinträchtigung des
Intensität Alltags
Bei Vorhandensein eines der Kriterien wird der Patient in die entsprechende Kategorie eingeordnet.

Pathophysiologie
Pathophysiologische Ursachen [1]
Die folgenden zellulären Systeme können unterschiedlich stark betroffen sein und sich gegenseitig bedingen,
wodurch ein variables Krankheitsbild entsteht und sich verschiedene Diagnostik- und Therapieoptionen beim
einzelnen Patienten ergeben. Allen Patienten gemein ist i.d.R. jedoch die bronchiale Hyperreagibilität.
• Epitheliale und subepitheliale Veränderungen
• Allergenexposition und/oder Viren-/Bakterienexposition → Freisetzung
proinflammatorischer Zytokine und Wachstumsfaktoren
• Folgen
• Zunehmende Produktion von zähem Schleim durch das respiratorische Epithel
• Veränderte Produktion von Bindegewebsbestandteilen und veränderte
Beschaffenheit der subepithelialen Matrix
• Immunologische Veränderungen
• Dendritische Zellen: Sensibilisierung gegenüber Allergenen und Bildung von u.a.
proinflammatorischen Th2-Zellen
• Antigen-spezifische T-Lymphozyten und Antigen-unspezifische lymphoide Zellen :
Erhöhte Anzahl im Respirationstrakt → Vermehrte Bildung von Zytokinen wie IL-4, IL-5,
IL-9, IL-13 → Erhöhung der Eosinophilenzahl und IgE-Produktion
• Mastzellen: Erhöhte Anzahl im Respirationstrakt, Freisetzung proinflammatorischer
Mediatoren
• Eosinophile Granulozyten: Erhöhte Anzahl im Respirationstrakt, Freisetzung von
Mediatoren und Wachstumsfaktoren
• Allergische Reaktionen
• IgE-vermittelte allergische Reaktion vom Soforttyp auf ein spezifisches Allergen
mit Mastzelldegranulation und Histaminfreisetzung nach einer vorangegangenen
Sensibilisierungsphase
127
• IgG-vermittelte Spätreaktion nach 6–12 Stunden
• Neuromuskuläre Veränderungen
• Hypertrophie und -plasie der glatten Muskulatur
• Erhöhte Sensibilität und Reflexaktivität des sensorischen Nervensystems
• Erhöhte Neurotransmitterfreisetzung im parasympathischen Nervensystem
• Vaskuläre Veränderungen: Vermehrte Blutgefäßbildung in Mucosa und Submucosa
Eine allergische Sensibilisierung ist der häufigste Auslöser des Asthma bronchiale!
Pathogenetische Folgen
• Bronchiale Hyperreagibilität (bei allen Asthmasubtypen) und/oder reversible Bronchialobstruktion
• Chronische bronchiale Entzündung
• Klinik: Giemen, Brummen, Husten, Luftnot
Atemflusslimitierung durch vier Mechanismen
1. Bronchospasmus
2. Schleimhautödem und entzündliche Schleimhautinfiltration
mit Hyperplasie der Becherzellen und Verdickung der Basalmembran
3. Remodeling der Bronchialwände mit Hypertrophie der glatten Muskulatur
4. Vermehrte Produktion zähen Schleims

Symptome/Klinik
Allgemeine Symptomatik
• Chronischer Husten oder Räusperzwang, teilweise auch als primär einziges Symptom
• Kurzatmigkeit/Dyspnoe
• Häufig atopische Komorbiditäten, bspw. atopisches Ekzem
Exazerbation und Asthmaanfall
• (Anfallsartig auftretende) Luftnot und exspiratorische Atemgeräusche mit Giemen, Brummen
und pfeifender Atmung
• Brustenge, Erstickungsangst
• Thorakale Einziehungen
• Trockener Husten
• Auftreten insb. nachts und früh morgens
• Häufig nur episodenhafte Beschwerden, bspw. bei
• Saisonal auftretenden Allergenen
• Infekten (bevorzugt im Winter)
• Körperlicher Anstrengung
Bei einer Exazerbation oder einem Asthmaanfall ist eine Therapieintensivierung notwendig!

Diagnose-Kriterien des Asthma bronchiale[1]


Diagnose Asthma bronchiale gesichert
• Typische Klinik und Anamnese
• plus Nachweis einer Bronchialobstruktion (FEV1/FVC (Tiffeneau-Index) < LLN )
• plus komplette Reversibilität in der Lungenfunktion (durch Bronchospasmolysetest oder
antiasthmatische Stufentherapie)
Die Diagnose Asthma bronchiale gilt als gesichert bei charakteristischer Symptomatik + Nachweis einer
Obstruktion + Reversibilität!

Diagnose Asthma bronchiale wahrscheinlich


• Typische Klinik und Anamnese
• plus Nachweis einer Bronchialobstruktion (FEV1/FVC (Tiffeneau-Index) < LLN )
und Teilreversibilität
• plus eines der folgenden Merkmale:
• Ansprechen auf antiinflammatorische Therapie, spätestens nach 4 Wochen
(Lungenfunktion und Klinik)
• oder Ansprechen auf antiinflammatorische Therapie, spätestens nach 4 Wochen (nur Klinik)
• oder signifikanter FEV1-Abfall während oder innerhalb von 30 Minuten nach körperlicher
Belastung , ggf. Zunahme des spezifischen Atemwegswiderstandes (erfasst den Grad der
Atemwegsobstruktion und der Überblähung) um mind. 100% auf >2 kPa×sec

128
• oder keine oder irreversible Bronchialobstruktion in der Lungenfunktion, aber Nachweis
einer bronchialen Hyperreagibilität im Methacholin-Provokationstest oder PEF-Variabilität
>10%
Diagnose Asthma bronchiale unwahrscheinlich
• Asthma-untypische Anamnese und Klinik
• plus fehlende Bronchialobstruktion und fehlende bronchiale Hyperreagibilität trotz vorhandener
Klinik
• oder fehlende Reversibilität der Bronchialobstruktion

Erstdiagnostik bei Asthma bronchiale


Pädiatrische Aspekte siehe auch pädiatrische Asthmadiagnostik
Anamnese
• Eigenanamnese
• Asthmatypische Symptomatik (insb. nachts und früh morgens)
• Bekannte Allergie oder allergietypische Symptome
• Triggerfaktoren, die die Symptomatik begünstigen oder auslösen (bspw. Allergene, Infekte)
• Familienanamnese: Atopie (Allergie, atopisches Ekzem oder Asthma bronchiale)
• Sozial- und Berufsanamnese
• Raucherhaushalt
• Haustiere
• Allergenexposition am Arbeitsplatz (bspw. Bäcker, Schreiner)
Labor
• Indikation: Alle Patienten mit Erstdiagnose Asthma zur Differenzierung eosinophiles vs. nicht-
eosinophiles Asthma(jedes Alter)
• Differentialblutbild: Eosinophilie
Allergiediagnostik bei Asthma bronchiale
• Indikation: Alle Patienten bei Erstdiagnose Asthma (jedes Alter)
• Methoden
• Allergie-Anamnese (s.o.)
• Prick-Test oder spezifische IgE-AK im Serum (z.B. durch CAP (Carrier-Polymer-System)-
Test)
• Gesamt-IgE im Serum
• Molekulare Allergiediagnostik
• Im Einzelfall: Nasale oder bronchiale Provokationstests mit bestimmten Allergenen
• Expositionskarenz (zu diagnostischen Zwecken)
Lungenfunktionsdiagnostik bei Asthma bronchiale
• Spirometrie: FEV1↓ <80% des Sollwertes, Tiffeneau-Index (FEV1/FVC)↓ <70% = Obstruktive
Ventilationsstörung mit Erhöhung des Atemwegswiderstandes
• Schweregrade der Obstruktion: FEV1 >60-80% leichtgradig; >40–60% mittelgradig; <40%
schwergradig [1]
• Bodyplethysmographie (wenn möglich) : Zusätzliche Parameter zur Spirometrie
• Erhöhung des Atemwegswiderstands (als Äquivalent der Obstruktion der
oberen Atemwege)
• sRtot [kPa*s] 1,2–2,0 leichtgradig; 2,0–4,0 mittelgradig; >4 schwergradig
• Rtot [kPa*s/L] 0,3–0,5 leichtgradig; 0,5–1,0 mittelgradig; >1,0 schwergradig
• Lungenüberblähung
• RV%Soll >125% leichtgradige Überblähung; >140% mittelgradige Überblähung;
>170% schwergradige Überblähung
• RV/TLC%Soll >125% leichtgradige Überblähung; >140% mittelgradige
Überblähung; >170% schwergradige Überblähung
• Bronchospasmolysetest
• Komplette Reversibilität der Obstruktion durch Bronchodilatatoren: Nachweis
eines Asthma bronchiale
• Im Gegensatz zur COPD ist bei Asthma die bronchiale Obstruktion durch
Bronchospasmolyse deutlich reversibel: Anstieg des FEV1 um mindestens
12% UND um 200 mL

129
• Teilreversibilität: Therapieversuch mit hochdosierten ICS ± weiteren Antiasthmatika für 4
Wochen und anschließender Reversibilitätsprüfung
• Alternativ: Reversibilitätstest nach Therapieversuch mit systemischen
Glucocorticosteroiden über 7–14 Tage
Bei fehlendem oder nur geringem Ansprechen von Lungenfunktionsbefund und Klinik
auf Salbutamol oder inhalative Glucocorticoide ist die Diagnose Asthma unwahrscheinlich!

Provokationstest zum Nachweis eines hyperreagiblen Bronchialsystems


Indikation: Verdacht auf Asthma bei aktuell fehlender Klinik und fehlender bronchialer Obstruktion in
der Lungenfunktion
• Kontraindikationen
• Obstruktive Ventilationsstörung bereits in Ruhe
• Herzrhythmusstörungen
• Nicht-kontrollierter arterieller Hypertonus
• Voraussetzungen
• Infektfreies Intervall
• Möglichst nicht nach oraler/inhalativer Medikation
(bspw. ICS, LTRA, Salbutamol, Antihistaminika)
• Direkte Stimulation: Methacholin-Provokationstest
• Zulassung: Ab 6 Jahren
• Durchführung
1. Initiale Lungenfunktionsprüfung
2. Inhalation von Methacholin
3. Lungenfunktionskontrolle nach Inhalationsende
4. Immer Bronchodilatation mit Salbutamol im Anschluss
• Positivbefund: FEV1-Abfall ≥20% bzw. Verdopplung des
spezifischen Atemwegswiderstandes (≥2,0 kPa×sec)
• Indirekte Stimulation: Belastungs-Lungenfunktionstest
• Hintergrund: Körperliche Belastung, Inhalation von Kaltluft, Mannitol, hyper-
und hypotoner NaCl-Lösung oder Adenosin → Freisetzung entzündlicher Mediatoren
→ Bronchokonstriktion
• Durchführung
1. Lungenfunktionsprüfung vor körperlicher Belastung
2. Körperliche Anstrengung (freies Laufen oder Laufband) über 7–10 Minuten
• Zielherzfrequenz: Ca. 180–190/min über ≥4 Minuten
3. Lungenfunktionskontrolle direkt nach Belastung sowie im Abstand von 5, 10 und 15
Minuten
• Positivbefund: Signifikanter FEV1-Abfall um ≥10% bei Erwachsenen; bei Kindern FEV1-
Abfall ≥10–15% bzw. Verdopplung des spezifischen Atemwegswiderstandes (≥2,0 kPa×sec)
• Bei uneindeutigem Befund (trotz anamnestischen Verdachts): Wiederholte Peak-Flow-
Messung vor und nach Belastung
• Positivbefund: PEF-Abfall ≥20%
Bronchiale Hyperreagibilität ist typisch beim Asthma – aber auch bei allergischer
Rhinitis, CF, COPD, Sarkoidoseund bei Gesunden (unspezifischer Befund)!
Der Methacholin-Provokationstest kann einen lebensbedrohlichen Asthmaanfall auslösen! Deshalb muss
immer(!) eine Bronchodilatation im Anschluss erfolgen!

Peak-Flow-Messung
• Indikation: Objektive Verlaufsbeurteilung zusätzlich zur Klinik (bei jedem Asthma-Patienten)
• Methode: Eigenmessung mittels Peak-Flow-Meters, das den exspiratorischen Spitzenfluss (PEF)
misst
• Durchführung
1. Maximale Einatmung in Ruhe (ohne Gerät)
2. Umschließen des Mundstücks mit den Lippen
3. Forciertes Ausatmen in das Gerät (so schnell und kräftig wie möglich)
• Messung zu diagnostischen Zwecken

130
• Durchführung
• Einschätzung der PEF-Variabilität = (höchster - niedrigster Wert pro
Woche)/höchster Wert ×100 [%]
• Alternativ: Messen des PEF vor und jeweils 10 Minuten nach Salbutamol-Inhalation
• Auswertung: PEF-Variabilität ≥10% spricht für Asthma
• Messung zur Asthma-Kontrolle
• Initial morgens und abends (vor Inhalationstherapie) zur Ermittlung des persönlichen
Bestwertes
• Im Verlauf
• Vor und während einer geplanten Deeskalation/Eskalation der Medikamente zur
Einschätzung des Therapieerfolgs
• Bei (drohender) Exazerbation

Diffusionskapazität für Kohlenmonoxid


• Synonyme: DLCO (Diffusionskapazität für CO), TLCO (Transferfaktor von CO)
• Indikation: Differentialdiagnostik Asthma bronchiale und COPD
• Methode: Messung des intrapulmonalen Gasaustausches
• Durchführung
1. Forcierte Inspiration eines Gasgemisches aus CO, Helium und Raumluft
2. 10 Sekunden Atempause
3. Langsame Exspiration
4. Analyse der Ausatemluft
• Auswertung
• Normalbefund ≥80%: Bspw. bei Asthma bronchiale
• Erniedrigt <80%: Bspw. bei COPD
Die TLCO eignet sich insb. zur Differenzierung zwischen COPD und Asthma!

FeNO-Messung
• Erklärung: Fraktion des exhalierten Stickstoffmonoxids
• Indikation: Diagnosestellung bzw. Überprüfen der Asthmakontrolle (in jedem Alter)
• Methode: Non-invasiver Biomarker der Atemwegsinflammation
• Durchführung: Schnell, einfach und reproduzierbar
1. Tiefe Exspiration
2. Tiefe Inspiration NO-freier Luft über das Gerät
3. Langsame, gleichmäßige Exspiration über 10 Sekunden
4. Analyse der Ausatemluft
• Auswertung
• Hohe FeNO-Werte
• Grenzwerte: >50 ppb bei Erwachsenen, >35 ppb bei Kindern
• Bei Diagnosestellung (vor Therapiebeginn): Erhöhte Wahrscheinlichkeit für
ein Asthma bronchiale, das auf Steroide anspricht
• Unter laufender inhalativer Glucocorticoidtherapie
• Symptompersistenz: Prüfen von Compliance, Inhalationstechnik und
Allergenexposition; ggf. Dosiserhöhung
• Symptomfreiheit: Fortführung der Therapie (keine Dosisreduktion)
• Niedrige FeNO-Werte
• Grenzwerte: <25 ppb bei Erwachsenen, <20 ppb bei Kindern
• Bei Diagnosestellung (vor Therapiebeginn): Erwägen von Differentialdiagnosen;
reduzierte Wahrscheinlichkeit für Steroidsensibilität des Asthmas
• Unter laufender inhalativer Glucocorticoidtherapie
• Symptompersistenz: Erwägen von Differentialdiagnosen
• Symptomfreiheit: Ggf. Dosisreduktion
Eine niedrige FeNO-Messung allein schließt ein Asthma nicht aus!
Bildgebung
• Röntgen-Thorax
• Indikation: Bei Erstdiagnose Asthma (zum Ausschluss anderer Erkrankungen)

131
• Erwachsene: Röntgen-Thorax in 2 Ebenen
• Kinder: Röntgen-Thorax (postero-anteriore Ebene)
• Befunde bei Asthma: Zeichen der Lungenüberblähung
• Tiefstehendes, abgeflachtes Zwerchfell
• Verbreiterte Interkostalräume
• Bei längerem Bestehen: Ggf. Fassthorax
• In Einzelfällen
• CT-Nasennebenhöhlen: Bei entsprechender Symptomatik zum Nachweis
einer Nasennebenhöhlen-Beteiligung, insb. bei nicht-allergischem Asthma
• CT-Thorax mit Low-dose-Protokoll: Insb. bei starker, anhaltender Klinik
mit Husten, Auswurf und Dyspnoe zur Differentialdiagnostik
Im Kindesalter erfolgt die Röntgenaufnahme des Thorax nur in einer Ebene!

Flexible Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage (BAL)


• Indikation: Ausschluss anatomischer Ursachen oder Infektionen (bspw. Tuberkulose)

Diagnostik bei akuter Asthma-Exazerbation


Anamnese
• Auslöser der akuten Symptomatik
• Anzahl der Exazerbationen
Klinische Untersuchung
• Inspektion
• Thorakale Einziehungen
• Bei längerem Verlauf: Ggf. Fassthorax
• Auskultation
• Verlängertes Exspirium mit Giemen und Brummen (trockene Rasselgeräusche)
• Abgeschwächtes Atemgeräusch, ggf. "Silent Lung"
• Tachypnoe
• Perkussion
• Hypersonorer Klopfschall
• Tiefstehendes, wenig verschiebliches Zwerchfell
Pulsoxymetrie
• Indikation: Klinische Dyspnoe
• Auswertung: Sauerstoffsättigung (SpO2) <94% in Raumluft → BGA und Sauerstoffvorlage
indiziert!
Labor
• Arterielle Blutgasanalyse (BGA)
• Indikation: Schwere Exazerbation mit:
• FEV1 <50% des Sollwertes
• Peak-Flow-Werten <50% des Bestwertes
• Klinischer Verschlechterung mit klinischer Dyspnoe
• Sauerstoffsättigung (SpO2) <94%
• Auswertung
• Nur pO2↓ = respiratorische Partialinsuffizienz
• pO2↓ und pCO2↑ = respiratorische Globalinsuffizienz
• Differentialblutbild und CRP: Bei infektbedingter Exazerbation (zum Ausschluss
eines bakteriellen Infektes)

Differentialdiagnosen
Differentialdiagnose COPD
• Häufigste Differentialdiagnose des Asthma bronchiale bei Erwachsenen (Unterscheidungsmerkmale
siehe Tabelle unten)
• Asthma-COPD-Overlap (ACO): Eine klare Abgrenzung
zwischen Asthma und COPD ist nicht immer möglich

132
• Definition: Inkomplett reversible Atemwegsobstruktion (Zeichen der COPD) in
Kombination mit einer Symptombesserung durch Bronchospasmolyse oder Nachweis
einer bronchialen Hyperreagibilität oder neu diagnostizierte COPD bei Patienten mit einem
vorbekannten Asthma
• Epidemiologie: 10–50% der COPD-Patienten, 10–60% der Asthma-Patienten
• Höhere Exazerbationsraten und mehr Krankenhausaufenthalte im Vergleich zu den
Einzelerkrankungen
• Typischer Patient: Allergisches Asthma bronchiale seit der Kindheit, jahrzehntelanger
Raucher mit Lungenemphysem, Bronchialobstruktion nicht mehr reversibel
• Therapie
• Initial nach Alter und Raucherstatus
• Im Verlauf Anpassung je nach Ansprechen
• Asthma bronchiale COPD
Erstdiagnose • Häufig im • Meist in der 2. Lebenshälfte (ab
Kindes- und dem 50. LJ)
Jugendalter
Ätiologie • Häufig • Fast ausschließlich Raucher
allergische
Genese
Klinik • Häufig • Schleichender Beginn und
episodisch mit chronische Progredienz über Jahre
symptomfreien • Dyspnoe bei Belastung
Phasen
• Anfallsartige Dy
spnoe
Lungenfunktion • (Teil-)Reversibl • Persistierende Obstruktion ohne
e Obstruktion Reversibilität
• Obstruktion
nicht zu jeder
Zeit
nachweisbar
Bronchiale Hyperreagibilität • (Fast) Immer • Häufig vorhanden
vorhanden
Diffusionskapazitätfür Kohlen • Nicht pathologis • Häufig vermindert, insb. bei
monoxid(DLCO) ch verändert Emphysem
FeNO • Häufig erhöht • Normal bis erniedrigt
Eosinophilie • Häufig erhöht • Normal
Medikamentöse Besonderheiten • Langzeittherapie • Langzeittherapie
: Gutes • Gutes Ansprechen
Ansprechen auf Parasympatholytika(z.B
auf inhalative . Ipratropiumbromid) und
Glucocorticoide langwirksame β2-
• Akuttherapie bei Sympathomimetika (z.B. F
Exazerbation: ormoterol)
Gutes • Roflumilast: Bei
Ansprechen Exazerbationen trotz
auf kurzwirksam Therapie
e β2- mit LABA/ICS oder LABA
Sympathomimet /LAMA/ICS
ika und

133
• Asthma bronchiale COPD
systemische Glu • Akuttherapie bei Exazerbation:
cocorticoide Gutes Ansprechen auf
systemische Glucocorticoide
Weitere Differentialdiagnosen
• Postinfektiöse bronchiale Hyperreagibilität: Im Anschluss an einen Atemwegsinfekt
• Asthma cardiale: Atemnot durch Linksherzinsuffizienz und pulmonalvenöse Stauung
• Lungenembolie mit plötzlich einsetzender Atemnot
• (Spannungs-)Pneumothorax mit plötzlich einsetzender Atemnot
• Vocal Cord Dysfunction (VCD)
• Churg-Strauss-Syndrom
• Invasive pulmonale Aspergillose

Therapie
Allgemeine Maßnahmen und Besonderheiten
• Meidung anfallsauslösender Faktoren
• Allergene bei allergischem Asthma
• ASS bzw. NSAR bei Analgetikaasthma
• Stress, kalte Luft, Tabakrauch
• Bei infektassoziiertem Asthma: Frühzeitige Infekttherapie
• Bei allergischem Asthma: Spezifische Immuntherapie (SIT)
• Bei Belastungsasthma: Aufwärmphase, gute Langzeiteinstellung, SABA vor Belastung
Antiasthmatische Therapie
• Ziel: Symptomfreiheit unter möglichst niedrig dosierter Therapie mit möglichst wenigen
Medikamenten
Initialtherapie bei Erstdiagnose
• Initialtherapie entsprechend der Asthmakontrolle (bei unbehandelten Patienten)
• Teilweise kontrolliertes Asthma: Therapiebeginn mit Therapiestufe 2
• Unkontrolliertes Asthma: Therapiebeginn mit mind. Therapiestufe 3
• 2 mögliche Vorgehensweisen
• Step-up-Therapie: Therapiebeginn auf der wahrscheinlich notwendigen Therapiestufe ;
Eskalation nach Bedarf
• Step-down-Therapie: Therapiebeginn eine Stufe über der wahrscheinlich notwendigen
Therapiestufe ; Deeskalation bei erreichter Asthmakontrolle
Therapieanpassung im Verlauf
Bei der regelmäßigen ärztlichen Überprüfung der Asthmakontrolle sollte immer eine Therapieanpassung
erwogen werden.
• Nicht- oder teilkontrolliertes Asthma: Ggf. Therapie-Eskalation
• Gute Asthmakontrolle über ≥3 Monate: Therapie-Deeskalation ; bei klinischer Verschlechterung
sofortige Re-Eskalation
Bei der Deeskalation einer ICS/LABA-Therapie sollte immer zuerst die ICS-Dosis halbiert werden. Bei
Erreichen einer niedrigen ICS-Dosis unter stabiler Klinik kann zusätzlich das LABA abgesetzt werden!
Bei einer reinen ICS-Therapie sollte eine Deeskalation auch bei Kindern erst bei guter Asthmakontrolle über
mind. 3 Monate versucht werden!
Jeder Patient nach Exazerbation mit systemischem Glucocorticoid-Bedarf sollte eine
antiinflammatorische Dauertherapie erhalten!
Stufentherapie bei Asthma bronchiale
Für die pädiatrische Therapie bei Kindern und Jugendlichen beachte Stufentherapie bei Asthma bronchiale
im Kindes- und Jugendalter
Medikamentöse Langzeittherapie des Asthma bronchiale – Stufenschema (S2k-Leitlinie 2017) [1]
Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4 Stufe 5
Therapiesch Bedarfsorient 1 ICS plus 1 weiteres ICS plus ≥1 weitere „Add-On“-
ema ierte Therapie Langzeitthera Langzeittherapeutik Langzeittherapeutik Therapie

134
Medikamentöse Langzeittherapie des Asthma bronchiale – Stufenschema (S2k-Leitlinie 2017) [1]
Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4 Stufe 5
mit SABA, peutikum um; a; Bedarfstherapie
ggf. ICS als (insb. ICS) Bedarfstherapie mit SABA oder IC
Langzeitthera plus mit SABA oder IC S/Formoterol5
peutikum Bedarfstherap S/Formoterol5
ie mit SABA
Dauertherap Keine ICS: ICS/LABA1: ICS/LABA1: Tiotropiumbro
ie Niedrige Niedrige Dosis Mittlere bis hohe mid2
(1. Wahl) Dosis Dosis oder
Anti-IL-53
oder
Anti-IgE4
Alternativen ICS: LTRA (insb. ICS: Mittlere bis plus Tiotropiumbr Orale
Niedrige im hohe Dosis omid2 Corticoide:
Dosis Kindesalter) oder oder Niedrige Dosis
ICS plus LTRA ICS: Hohe Dosis, (in
ggf. plus LTRA Ausnahmefällen
)
Akuttherapi SABA SABA SABA SABA SABA
e bei oder oder oder
Bedarf (Sieh ICS/Formoterol5: ICS/Formoterol5: ICS/Formotero
e auch: Niedrige Dosis Niedrige Dosis l:5Niedrige
akuter Asth Dosis
maanfall)
*1 Langwirksame β2-Sympathomimetika sind keine Monotherapeutika und werden nur in Kombination
mit inhalativen Glucocorticoiden eingesetzt; wirken insb. gut zur Prophylaxe der nächtlichen
Asthmasymptomatik.
*2
Tiotropiumbromid ist bei schwergradigem Asthma (ab einem Alter von 18 Jahren) ab Stufe 4 zusätzlich
empfohlen, wenn die ICS/LABA-Therapie nicht ausreicht.
*3
Anti-IL-5-Antikörper werden bei schwergradigem eosinophilem Asthma (ab dem Alter von 18 Jahren) in
Stufe 5 zusätzlich empfohlen.
*4
Anti-IgE-Antikörper werden bei allergischem Asthma (ab einem Alter von 6 Jahren) in Stufe 5
zusätzlich empfohlen.
*5 Die Bedarfstherapie mit ICS/Formoterol erfolgt im Rahmen des sog. SMART-Konzepts, bei dem eine
fixe ICS/LABA-Kombination sowohl zur Langzeit- als auch zur Bedarfstherapie verwendet wird. Im
Vordergrund steht bei der Akuttherapie der schnelle Wirkungseintritt des Formoterol.
• SABA = Kurzwirksame β2-Mimetika: Salbutamol, Fenoterol, Terbutalin
• ICS = Inhalative Corticosteroide: Budesonid, Fluticason
• LTRA = Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten: Montelukast
• LABA = Langwirksame β2-Sympathomimetika: Formoterol, Salmeterol
• LAMA = Langwirksame Muskarinrezeptor-Antagonisten (Anticholinergika):
Insb. Tiotropiumbromid
• Kombinationspräparate ICS/LABA: Budesonid/Formoterol,
Beclometason/Formoterol, Fluticason propionat/Formoterol, Fluticasonpropionat/Salmeterol, Fluti
cason furoat/Vilanterol
• Biologicals
• Anti-IL-5-Antikörper: Mepolizumab und Reslizumab
• Anti-IgE-Antikörper: Omalizumab
• In begründeten Ausnahmefällen
• Retardiertes Theophyllin: Als Alternative für die „Add-On“-Therapie ab Stufe 4
einsetzbar
135
• Chromone (bspw. Nedocromil und Chromoglyzinsäure): Nebenwirkungsarm, aber auch
wirkungsarm; ab Stufe 2 einsetzbar Da Chromone nur eine sehr geringe Wirkung haben,
spielen sie in der Asthma-Therapie eine absolut untergeordnete Rolle.
• Alternativ zu SABA: Schnell wirksame Anticholinergika inhalativ (bspw.
Ipratropium), Salbutamol p.o. (bspw. Salbubronch --------) oder
unretardiertes Theophyllin p.o.
Die vollständige Wirkung von inhalativen Glucocorticoiden (ICS) wird erst nach 2–4 Wochen regelmäßiger
Anwendung erreicht!

Klinische Anwendung
Allgemeine Maßnahmen
• Körperliche Aktivität
• Normales Körpergewicht halten bzw. Gewichtsabnahme
• Tabakkarenz und Vermeidung von Passivrauchen
• Asthmaschulung zur Verbesserung der Selbstmanagementfähigkeiten
• Ggf. zusätzlich Yoga, Hypnose und Entspannungstechniken
• Bei schweren Verläufen
• Atemphysiotherapie
• Pneumologische Rehabilitationsmaßnahmen bei Asthma bronchiale
• Bei respiratorischer Insuffizienz im Endstadium: O2-Langzeittherapie
• Ultima ratio: Thermoplastie
Jeder Patient mit Asthma bronchiale sollte (altersentsprechend) Sport treiben und ein normales
Körpergewicht anstreben!
Optimierungsmöglichkeiten der inhalativen Therapie
• Auswahl eines passenden Inhalationssystems
• Anpassung der Anzahl an täglichen Inhalationen, bspw. durch Umstellen auf ein
fixes Kombinationspräparat
• Anleitung zur optimalen Inhalationstechnik mit dem individuellen Präparat
SMART-Konzept
• Abkürzung: Single Inhaler Maintenance And Reliever Therapy
• Erklärung: Fixe ICS/Formoterol-Kombination zur Langzeit- und Bedarfstherapie
• Vorteile
• Reduzierung der Exazerbationsfrequenz bei Risikopatienten
• Niedrigere ICS-Dosen
• Bessere Asthmakontrolle bei Kindern und Jugendlichen
• Keine (versehentliche) LABA-Monotherapie möglich
• Nachteil: Keine flexible Dosierung der einzelnen Wirkstoffe möglich
Schriftlicher Therapieplan
• Bei jeder Neueinstellung/Umstellung: Angaben zu Medikament, Dosierung und Einnahmezeitpunkt
• Therapieintensivierung: Vorgehen bei Verschlechterung der Asthma-Kontrolle
• Notfallplan: Vorgehen bei Exazerbation/Asthmaanfall
Applikationsformen und -techniken der inhalativen Therapie
Anwendung eines Dosieraerosols ohne Inhalierhilfe
• Indikationen
• Akuttherapie mit kurzwirksamen β2-Sympathomimetika (gleichwertig zur Inhalation
mit Feuchtvernebler)
• Langzeittherapie des Asthma bronchiale (ICS, ICS+LABA)
• Vorteile: Kein Mindest-Inspirationsfluss notwendig – Inhalation immer möglich!
• Kontraindikation oder Nachteile: Keine
• Durchführung
• Abnehmen des Deckels und Schütteln des Dosieraerosols
• Halten des Behälters mit Daumen und Mundstück unten
• Tiefes Ausatmen
• Festes Umschließen des Mundstücks mit den Lippen (nicht auf das Mundstück beißen)
• Schnelles, festes und tiefes Einatmen durch den Mund bei gleichzeitigem Auslösen des
Sprühstoßes

136
• Nach vollständiger Einatmung: Anhalten des Atems, Absetzen des Dosieraerosols und
zügiges Schließen des Mundes
• Anhalten des Atmens für 5–10 Sekunden (Kindern sagt man: „Zähle an deinen Fingern bis
10“)
• Langsames Ausatmen durch die Nase
• Nach frühestens 1 Minute ggf. Wiederholen des Vorgangs für einen zweiten Sprühstoß
Anwendung eines Dosieraerosols mit Inhalierhilfe
Die klinische Erfahrung hat gezeigt, dass (nicht nur bei Kindern) die Inhalation eines Dosieraerosols am
besten über eine Inhalierhilfe (sog. Spacer) erfolgt.
• Indikationen für eine Inhalierhilfe
• Bei Kindern <5 Jahren: Immer!
• Bei Kindern ≥5 Jahren und Erwachsenen: Zur Verbesserung der Inhalationstechnik
• Bei ineffektiver Inhalation mit Dosieraerosol, bspw. durch
Koordinationsschwierigkeiten
• Bei Nebenwirkungen des inhalativen Glucocorticoids, insb. Heiserkeit
und Mundsoor
• Vorteile
• Einfache Inhalation in jedem Alter
• Erleichterte Koordination zwischen Einatmung und Sprühen
• Reduzierte Wirkstoffmenge an Gaumen und Rachenhinterwand (anstelle der Bronchien)
• Geringerer Reiz im Rachenraum
• Verbesserung der pulmonalen Wirkstoff-Deposition
• Bei cortisonhaltigen Aerosolen zusätzlich: Geringere lokale Nebenwirkungen
wie Mundsoor oder Heiserkeit
• Nachteil: Evtl. Kosten
• Durchführung
• Abnehmen des Deckels und Schütteln des Dosieraerosols
• Einstecken des Mundstück des Dosieraerosols in die Inhalierhilfe
• Entfernen der Schutzkappe vom Mundstück der Inhalierhilfe
• Tiefe Ausatmung
• Festes Umschließen des Mundstücks der Inhalierhilfe mit den Lippen
• Auslösen des Sprühstoßes durch Herunterdrücken des Behälters
• Langsames, tiefes Einatmen des Aerosols aus der Inhalierhilfe (durch den Mund)
• Kinder >5 J.: Nach vollständiger Einatmung, Anhalten des Atems, Absetzen des
Dosieraerosols und zügiges Schließen des Mundes
• Kinder <5 J.: 5–10-maliges normales Ein- und Ausatmen aus der bzw. in die Inhalierhilfe
mit dem Aerosol
• Anhalten des Atmens für 5–10 Sekunden (Kindern sagt man: „Zähle an deinen Fingern bis
10“)
• Langsames Ausatmen durch die Nase
• Nach frühestens 1 Minute ggf. Wiederholen des Vorgangs für einen zweiten Sprühstoß

Pulverinhalator
• Methode
1. Kappe abnehmen/Gerät aufklappen, ggf. Dosierfenster laden
2. Tiefe Ausatmung
3. Mundstück des Gerätes mit den Lippen umschließen
4. Schnelle tiefe Einatmung des Wirkstoffs
5. Atempause (ca. 10 Sekunden)
• Indikation: Langzeittherapie mit antiinflammatorischen Medikamenten (ICS, ICS+LABA) bei
Patienten mit ausreichendem Inspirationsfluss
• Kontraindikationen
• Akuttherapie
• Unzureichender Inspirationsfluss
• Vorteile: Automatisches Auslösen der Inhalation
• Nachteile

137
• Schwer auslösbar, insb. bei schwerer Erkrankung
• Häufig verbleibt das Medikament im Mundraum

Inhalationslösung über Feuchtvernebler


• Methode
1. Inhalationslösung vorbereiten und in das Gerät einfüllen, Gerät einschalten
2. Mundstück des Gerätes mit den Lippen umschließen bzw. Maske fest auf das Gesicht
aufsetzen
3. Wiederholte gleichmäßige, langsame tiefe Einatmung des Wirkstoffs
• Indikation: Akuttherapie mit kurzwirksamen β2-Sympathomimetika (Gleichwertigkeit zum
Dosieraerosol mit Spacer)
• Kontraindikation: Langzeittherapie mit antiinflammatorischen Medikamenten
• Vorteile: Gleichzeitige Befeuchtung der Atemwege und ggf. schleimlösende Wirkung im Infekt
• Nachteile
• Dauer der Anwendung (ca. 10 Minuten), daher schlechtere Integration in den Alltag
• Kosten (ca. 200 €)

Keine Pulverinhalation beim Asthmaanfall! Vielmehr sind Dosieraerosole über Spacer indiziert!
Bei Patienten mit obstruktiven Atemwegserkrankungen wie Asthma und COPD soll eine Therapie mit
Inhalatoren nicht begonnen oder geändert werden, ohne dass der Patient im Gebrauch des Inhalationssystems
geschult ist und die korrekte Anwendung der Inhalatoren überprüft wurde. (DGIM - Klug entscheiden in der
Pneumologie)

Dosierung der Medikamente


Akutmedikamente bei Asthma bronchiale (sog. „Reliever“)
Kurzwirksame β2-Sympathomimetika (SABA)
• Inhalative kurzwirksame β2-Sympathomimetika (SABA)
• Wirkweise: Bronchodilatation, Wirkungseintritt nach 20–30 Sekunden, Wirkungsdauer 3–6
Stunden
• Indikation: In allen Stufen zur kurzwirksamen Bedarfstherapie, als Dauertherapeutikum ab
Stufe 3 einsetzbar
• Applikation: Inhalativ
• Wirkstoffe und Dosierungen
• Salbutamol z.B. --------- (zugelassen ab dem Säuglingsalter)
• Standarddosierung (jedes Alter)
• Fenoterol z.B. -------- (zugelassen ab 6 J.)
• Standarddosierung (jedes Alter)
• Für weitere Informationen zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen siehe
auch: Dosierungsanweisungen: Kurzwirksame β2-Sympathomimetika und
Anticholinergika
• Systemische kurzwirksame β2-Sympathomimetika (SABA)
• Wirkweise: Bronchodilatation, Wirkungseintritt innerhalb von Minuten, Wirkungsdauer 2–
6 Stunden
• Indikationen
• Akuter Asthmaanfall
• Bei Exazerbationen, wenn Inhalation nicht möglich
• Applikation: p.o., i.v. oder s.c.
• Wirkstoffe oral
• Bambuterol p.o. – zugelassen ab 2 J.
• Dosierung ab 2 J.
• Salbutamol p.o. – zugelassen ab 2 Monaten
• Dosierung ab 13 J.
• Für weitere Informationen (inkl. Dosierungen bei Kindern und
Jugendlichen) siehe auch: Salbutamol oral
• Wirkstoff intravenös
• Reproterol i.v. – zugelassen ab 2 Monaten

138
• Bolusinjektion: Dosierung ab 18 J.
• Dauerinfusion: Dosierung ab 18 J.
• Für Dosierungen bei Kindern und Jugendlichen siehe: Reproterol
(pädiatrisch)
• Wirkstoff subkutan
• Terbutalin s.c. – zugelassen ab 12 J.
• Dosierung ab 12 J.
Kombinationspräparate (SABA + SAMA)
• Zulassung: Ab 6 J.
• Wirkweise: Bronchodilatation, Wirkungseintritt nach 20–30 Sekunden, Wirkungsdauer 2–6 Stunden
• Indikation: Als Alternative in allen Stufen zur kurzwirksamen Bedarfstherapie
• Applikation: Inhalativ
• Wirkstoffe und Dosierungen
• Fenoterol + Ipratropiumbromid z.B. ---------: Standarddosierung (jedes Alter)
• Für weitere Informationen zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen siehe
auch: Dosierungsanweisungen: Kurzwirksame β2-Sympathomimetika und Anticholinergika
Kurzwirksame Anticholinergika (SAMA)
• Zulassung: Ab 6 J.
• Wirkweise: Bronchodilatation, Wirkungseintritt nach 20–30 Sekunden, Wirkungsdauer 2–6 Stunden
• Indikation: In Stufe 1 als zusätzliches/alternatives Bedarfsmedikament (nur in Ausnahmefällen)
• Applikation: Inhalativ
• Wirkstoff und Dosierung
• Ipratropiumbromid z.B. ---------: Standarddosierung (jedes Alter)
• Für weitere Informationen zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen siehe
auch: Dosierungsanweisungen: Kurzwirksame β2-Sympathomimetika und Anticholinergika
Systemische Glucocorticoide bei Asthma bronchiale (akut)
• Zulassung: Ab Geburt
• Wirkweise: Reduktion von Entzündung und Exazerbation, Abschwellen der Schleimhäute,
Wirkungseintritt innerhalb 1 Stunde
• Indikationen
• Akuter Asthmaanfall
• Bei Exazerbation, wenn inhalative Therapie nicht ausreicht
• Applikation: p.o. oder i.v.
• Wirkstoff und Dosierung
• Prednisolon (äquivalent), z.B. --------- H (Dosierungen ab 18 J.)
• p.o.
• i.v. .
• Für Dosierung zur Langzeittherapie siehe: Systemische Glucocorticoide bei Asthma
bronchiale (langfristig)
• Für Dosierungen bei Kindern und Jugendlichen siehe: Prednisolon systemisch bei Asthma
bronchiale (pädiatrisch)
Langzeitmedikamente bei Asthma bronchiale (sog. „Controller“)
Inhalative Glucocorticoide (ICS)
• Wirkweise: Reduktion der Entzündung und von
Exazerbationen, Prävention bronchialer Hyperreaktivität, Wirkungseintritt nach Wochen
regelmäßiger Anwendung
• Indikation: Ab Stufe 2 zur Dauertherapie (1. Wahl), ggf. schon ab Stufe 1
• Applikation: Inhalativ
• Wirkstoffe und Dosierungen
• Budesonid (1. Wahl)
• Budesonid als Dosieraerosol (z.B. -------- Druckgasinhalation) – zugelassen ab 6
Jahren, Off-Label-Use auch bei Kleinkindern möglich
• Erhältliche Dosierungen: 200 µg/Hub
• Dosierung ab 12 J.
• Für Dosierungen bei Kindern und Jugendlichen siehe: Budesonid inhalativ
als Dosieraerosol

139
• Budesonid als Pulverinhalator (z.B. ----------- Novolizer) – zugelassen ab 6 J.
• Erhältliche Dosierungen: 200 und 400 µg/Hub
• Dosierung ab 12 J.
• Für Dosierungen bei Kindern und Jugendlichen siehe: Budesonid inhalativ
als Pulverinhalator
• Fluticason
• Fluticason als Dosieraerosol (z.B. -------- Dosieraerosol) – zugelassen ab 2 J.
• Erhältliche Dosierungen: 50, 125 und 250 µg/Hub
• Dosierung ab 16 J.
• Für Dosierungen bei Kindern und Jugendlichen siehe: Fluticason inhalativ
als Dosieraerosol
• Fluticason als Pulverinhalator (z.B. -------- -------) – zugelassen ab 4 J.
• Erhältliche Dosierungen: 50, 100, 250 und 500 µg/Hub
• Dosierung ab 16 J.
• Für Dosierungen bei Kindern und Jugendlichen siehe: Fluticason inhalativ
als Pulverinhalator
• Beclometason
• Beclometason als Dosieraerosol (z.B. ------) – zugelassen ab 5 J.
• Erhältliche Dosierungen: 100 µg/Hub
• Dosierung ab 12 J.
• Für Dosierungen bei Kindern und Jugendlichen siehe: Beclometason
inhalativ
• Ciclesonid
• Ciclesonid als Dosieraerosol (z.B. --------) – zugelassen ab 12 J.
• Erhältliche Dosierungen: 80 und 160 µg/Hub
• Dosierung ab 12 J.
• Mometason
• Mometason als Pulverinhalator (z.B. --------) – zugelassen ab 12 J.
• Erhältliche Dosierungen: 200 und 400 µg/Hub
• Dosierung ab 12 J.
• Hinweise für die Patienten
• Medikament muss regelmäßig angewendet werden, um seine Wirkung zu entfalten
• Nach der Anwendung immer essen, trinken, Zähne putzen, da dies Pilzinfektionen (Soor)
der Mundschleimhaut sowie Zahnschmelzschäden vorbeugt
• Keine relevanten systemischen Effekte oder Nebenwirkungen
• Hochdosis-ICS-Therapie: Neue Leitlinien orientieren sich an den Grenzwerten, die vom
ERS/ATS-Konsensus vorgeschlagenen wurden
Inhalative Glucocorticosteroide bei Erwachsenen: Tagesdosen in µg [1]
Niedrige Dosis Mittlere Dosis Hohe Dosis Hohe Dosis (nach
nach GINA nach GINA nach GINA ERS-ATS-Konsensus)
Budesonid 200–400 400–800 >800 ≥1600
Fluticason propionat 100–250 250–500 >500 ≥1000
Beclometason (extrafeine 100–200 200–400 >400 ≥1000
Partikel)
Ciclesonid 80 160–320 >320 ≥320
Mometason furoat 110–220 220–440 >440 ≥800
Systemische Glucocorticoide bei Asthma bronchiale (langfristig)
• Zulassung: Ab Geburt
• Wirkweise: Reduktion von Entzündung und Exazerbation, Abschwellen der Schleimhäute,
Wirkungseintritt innerhalb 1 Stunde
• Indikationen: Additiv in Stufe 5
• Applikation: p.o.

140
• Wirkstoff und Dosierung
• Prednisolon (äquivalent): Dosierung zur Langzeittherapie
• Für Dosierung zur Akuttherapie siehe: Systemische Glucocorticoide bei Asthma bronchiale
(akut)
• Anwendung
• Einnahme morgens
• Immer in der niedrigsten effektiven Dosis
• Patientenaufklärung über typische, möglicherweise schwere Nebenwirkungen
• Osteoporose-Prophylaxe mit Calcium und Vitamin D
• Bei schwer kontrollierbaren nächtlichen Symptomen: Tagesdosis ⅔ morgens, ⅓ abends
• Kinder und Jugendliche: Ultima ratio; i.d.R. nach frustranem Therapieversuch
mit Omalizumab
Beim Absetzen einer Therapie mit oralen Glucocorticoiden (bzw. Wechsel auf ICS): Engmaschige
Überwachung, es besteht das Risiko einer Nebenniereninsuffizienz!
Langwirksame β2-Sympathomimetika (LABA)
• Wirkweise: Bronchodilatation, Wirkungseintritt variabel, Wirkungsdauer 6–12 Stunden
• Indikationen
• Ab Stufe 3 zur Dauertherapie (in Kombination mit ICS)
• Ab Stufe 3 Formoterol + ICS auch zur Bedarfstherapie
• Applikation: Inhalativ
• Wirkstoffe und Dosierungen
• Formoterol: Rascher Wirkungseintritt (wie SABA), Wirkungsdauer 6–12 Stunden
• Formoterol als Dosieraerosol (z.B. ------- Dosieraerosol) – zugelassen ab 12 J.
• Erhältliche Dosierung: 6 µg/Hub
• Dosierung ab 12 J.
• Formoterol als Pulverinhalator (z.B. ---------- Novolizer) – zugelassen ab 6 J.
• Erhältliche Dosierungen: 6 und 12 µg/Hub
• Dosierung ab 6 J.
• Salmeterol: Verzögerter Wirkungseintritt nach 10–20 min, Wirkungsdauer 6–12 Stunden
• Salmeterol als Dosieraerosol (z.B. --------- Dosieraerosol) – zugelassen ab 4 J.
• Erhältliche Dosierung: 4 µg/Hub
• Dosierung ab 4 J.
• Salmeterol als Pulverinhalator (z.B. --------- Diskus) – zugelassen ab 4 J.
• Erhältliche Dosierung: 4 µg/Hub
• Dosierung ab 4 J.
• Besonderheit: Keine Anwendung als Monotherapeutikum, stets in Kombination mit ICS!
Als Monotherapeutikum haben LABA eine erhöhte Sterblichkeit gezeigt! Eine fixe ICS/LABA-Kombination
verbessert die Anwendersicherheit!
Salmeterol ist aufgrund des langsamen Wirkungseintritts nicht als Bedarfstherapeutikum geeignet!
Kombinationspräparate (LABA + ICS)
• Wirkweise: Bronchodilatation und Entzündungshemmung
• Applikation: Inhalativ
• Indikationen
• Ab Stufe 3 als fixe Kombination zur Dauertherapie
• Ab Stufe 3 Formoterol + ICS auch zur Bedarfstherapie
• Wirkstoffe und Dosierungen
• Budesonid + Formoterol (z.B. ---------- -----------) – zugelassen ab 6 J.
• Erhältliche Dosierungen: 80/4,5, 160/4,5 und 320/9 µg/Hub
• Dosierung ab 12 J.
• Für Angaben zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen siehe: Symbicort
(pädiatrisch)
• Beclometason + Formoterol (z.B. ------- Dosieraerosol) – zugelassen ab 18 J.
• Erhältliche Dosierungen: 100/6 und 200/6 µg/Hub
• Dosierung ab 18 J.
• Fluticason + Formoterol (z.B. ---------- Dosieraerosol) – zugelassen ab 12 J.
• Erhältliche Dosierungen: 50/5, 125/5 und 250/10 µg/Hub

141
• Dosierung ab 12 J.
• Fluticason + Salmeterol (z.B. ------, ---------) – zugelassen ab 4 J.
• Fluticason + Salmeterol als Dosieraerosol (z.B. ------ Dosieraerosol, --------
- Dosieraerosol)
• Erhältliche Dosierungen: 50/25, 125/25 und 250/25 µg/Hub
• Dosierung ab 12 J.
• Für Angaben zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen
siehe: Fluticason/Salmeterol inhalativ als Dosieraerosol
• Fluticason + Salmeterol als Diskus (z.B. ------ Diskus, --------- Diskus)
• Erhältliche Dosierungen: 100/50, 250/50 und 500/50 µg/Hub
• Dosierung ab 12 J.
• Für Angaben zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen
siehe: Fluticason/Salmeterol inhalativ als Diskus
• Besonderheit: SMART-Konzept (Single Maintenance And Reliever Therapy)
• Verschiedene Applikationssysteme (z.B. Pulver-Inhalator, Dosieraerosol)
• Vereinfachung der Compliance: Mit einer Inhalation werden beide Wirkstoffe aufgenommen
• Erhöhte Anwendersicherheit (versehentliche LABA-Monotherapie nicht möglich)
ICS/LABA-Kombinationen mit ICS + Salmeterol (z.B. ------) dürfen aufgrund des langsamen
Wirkungseintritts von Salmeterol nicht als Bedarfstherapeutikum eingesetzt werden!
Langwirksame Anticholinergika (LAMA)
• Zulassung: Ab 18 Jahren
• Wirkweise: Bronchodilatation (Blockade von m-Cholinozeptoren)
• Applikation: Inhalativ
• Indikation: Additiv in Stufe 4 und 5
• Wirkstoff und Dosierung: Tiotropiumbromid
Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten
• Zulassung: Ab 6 Monaten, siehe auch Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten im Kindes- und
Jugendalter
• Wirkweise: Binden an Leukotrienrezeptoren des Bronchialsystems → Kompetitive
Bindungshemmung von Leukotrienen → Hemmung der bronchialen Entzündungsreaktion
• Indikation: Additiv in Stufe 3 und 4 (2. Wahl)
• Off-label: LTRA-Monotherapie sinnvoll bei
• Unerwünschter oder unmöglicher ICS-Therapie
• Patienten mit zusätzlicher allergischer Rhinokonjunktivitis
• Applikation: p.o.
• Wirkstoff und Dosierung: Montelukast
• Für Angaben zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen siehe: Montelukast
(pädiatrisch)
• Besonderheiten: Tritt innerhalb von 2–4 Wochen keine Besserung ein, soll die Therapie beendet
werden
Biologicals
Anti-IgE-Antikörper
• Zulassung: Ab 6 Jahren, siehe auch Anti-IgE-Antikörper bei Asthma bronchiale (pädiatrisch)
• Wirkweise: Binden zirkulierendes freies IgE und senken die IgE-Rezeptor-Expression auf
Effektorzellen → Selektive Hemmung IgE-vermittelter Reaktionen → Rückgang von Symptomen,
Exazerbationen und Medikamentenverbrauch sowie Lebensqualitätssteigerung
• Indikation
• Additiv in Stufe 5 bei schwerem allergischem Asthma
• Kriterien
• Allergie gegen perenniale Aeroallergene plus
• Regelmäßige Symptome (tags und nachts) sowie Exazerbationen unter Stufe 4-
Therapie plus
• Bei Erwachsenen: Reduzierte Lungenfunktion (FEV1 < LLN )
• Applikation: s.c.
• Wirkstoff und Dosierung: Omalizumab
• Besonderheiten

142
• Nicht alle Patienten sprechen auf die Therapie an, daher Erfolgskontrolle über mind. 4
Monate, danach jährlich
• Wirksamkeit auch bei Patienten ohne Allergienachweis möglich, aber nicht zugelassen
• In begründeten Einzelfällen bei fehlenden Therapie-Alternativen: Therapieversuch off-label
in speziellen Zentren möglich
Anti-IL5-Antikörper
• Zulassung: Ab 18 Jahren
• Wirkweise: Binden zirkulierendes freies Interleukin-5 → Hemmung von Reifung und
Aktivierung eosinophiler Granulozyten → Reduktion der Eosinophilenzahl in peripherem Blut und
der Lunge → Rückgang von Symptomen, Exazerbationen und Medikamentenverbrauch sowie
Verbesserung von Lungenfunktion und Lebensqualität
• Indikation
• Additiv in Stufe 5 und schwerem eosinophilem Asthma
• Kriterien einer Eosinophilie zur Indikationsstellung
• Mepolizumab: ≥150 Eosinophilen/µl Blut bei Therapiebeginn plus 300
Eosinophilen/µl Blut im letzten Jahr
• Reslizumab: ≥150 Eosinophilen/µl Blut bei Therapiebeginn plus ≥400
Eosinophilen/µl Blut im letzten Jahr
• Allgemein: Mind. 2× Nachweis von >300 Eosinophilen/µl Blut im letzten Jahr
(außerhalb von Exazerbationen)
• Applikation: s.c. oder i.v.
• Wirkstoffe und Dosierungen
• Mepolizumab
• Reslizumab
• Besonderheiten
• Indikationsstellung durch erfahrene Ärzte
• Nicht alle Patienten mit schwerem eosinophilem Asthma profitieren
• Evaluation der Wirksamkeit nach 4 und 12 Monaten, danach jährlich
• Reduktion der bisherigen Asthmatherapie frühestens 4 Wochen nach Therapiebeginn!
Sollten während der Indikationsstellung ICS verabreicht worden sein, ist die Eosinophilenzahl
im Blut reduziert!
Retardiertes Theophyllin
• Wirkweise: Bronchospasmolyse
• Indikation: Nur in begründeten Ausnahmefällen als zusätzliche Alternative in Stufe 2–4
• Applikation: p.o.
• Wirkstoffe und Dosierungen
• Retardiertes Theophyllin (z.B. ---------- retard) – zugelassen ab 6 J.
• Erhältliche Dosierungen: 125, 200, 250, 300 und 375 mg
• Dosierung ab 16 J.
• Zielkonzentration im Serum 5–20 µg/L (zur Langzeitbehandlung mit
retardiertem Theophyllin-Präparat)
Bei den hier genannten Indikationen handelt es sich jeweils nur um Indikationen im Rahmen
des Asthma bronchiale. Viele Medikamente werden auch bei der Therapie anderer Krankheitsbilder
eingesetzt.

Akuttherapie bei Exazerbation und Asthmaanfall


Ablauf Schwere der Exazerbation
Leichte bis Schwere Exazerbation Lebensbedrohlicher Asthmaanf
mittelschwere all
Exazerbation
Klinische • Sprechen • Sprechen • Kein Atemgeräusch
Zeichen unbeeinträchtig durch Dyspnoebeeintr („Silent Lung“)
und t ächtigt • Frustrane Atemarbeit
diagnostisc • AF ≥25/min • Zyanose

143
Ablauf Schwere der Exazerbation
Leichte bis Schwere Exazerbation Lebensbedrohlicher Asthmaanf
mittelschwere all
Exazerbation
he • Atemfrequenz ( • HF ≥110/min • Bradykardie/Hypotension
Parameter AF) <25/min • PEF <50% des PBW • Erschöpfung,
• Herzfrequenz ( Verwirrtheit, Koma
HF) <110/min • PEF <33% des PBW
• PEF ≥50% des • SaO2 <92%
PBW • PaCO2 >45 mmHg
Initialthera • Atemerleichternde Manöver (bspw. Lippenbremse) und Körperposition (sitzende
pie Position mit aufgestützten Armen für den Einsatz der Atemhilfsmuskulatur)
• Inhalative kurzwirksame β2-Sympathomimetika, bspw. Salbutamol
• Ziel: Normalisierung von AF und HF sowie PEF >70%
• Glucocorticoide • Glucocorticoide p.o. oder i.v. (bei Kindern ggf. rektal)
p.o. • Sauerstoffgabe
• Ggf. Ipratropiumbromid inhalativ
Zusätzliche • β2-
Maßnahme Sympathomimetikaparent
n eral
• Terbutalin s.c.
• oder Reproterol
i.v.
• Magnesiumsulfat i.v.
• Bei metabolischer
Azidose mit pH <7,2:
Bicarbonat [9]
• Im
Ausnahmefall: Theophylli
ni.v.
(CAVE: Intoxikation!)
• Je nach
Klinik: Intubation und
invasive Beatmung
• Verschlechterung
des PEF
• Hypoxämie
• Hyperkapnie
• Azidose
• Erschöpfung/Ver
wirrtheit
• Koma/Atemstillst
and
Versorgung • Ambulante • Stationäre Aufnahme • Umgehend stationäre
Versorgung erwägen Aufnahme und
intensivmedizinische
• Bei unzureichendem Therapieansprechen Betreuung!
nach 30–60 min: Stationäre Aufnahme, ggf. mit
intensivmedizinischer Betreuung

144
Bei einem akuten Asthmaanfall stehen inhalative β2-Sympathomimetika im Vordergrund!
Da Glucocorticoide bei inhalativer(!) Applikation einen verzögerten Wirkungseintritt aufweisen, sollten
diese immer oral oder i.v. gegeben werden!
Bei jedweder Form eines Asthmaanfalls dürfen keine Beta-Blocker gegeben werden!

145
Jeder Patient mit einem schweren bis lebensbedrohlichen Asthmaanfall sollte unter Notarztbegleitung ins
Krankenhaus gebracht werden!
Besonderheiten und Dosierungen bei Kindern und Jugendlichen
• Bei schweren Asthmaanfällen: Kontinuierliche Inhalation von Salbutamol
• Bei Kleinkindern mit fehlendem Ansprechen auf Salbutamol: Adrenalin inhalativ
• Parenterales Betamimetikum: Reproterol i.v.
• Magnesium
• Theophyllin
Nicht empfohlene Maßnahmen im akuten Asthmaanfall
• Sedative/Anxiolytika → Atemdepression und Verminderung des Dyspnoe-Empfindens; Anwendung
höchstens unter Intubationsbereitschaft!
• Mukolytika → Übermäßige Schleimlösung/Verlegung der Atemwege
• Verabreichung großer Flüssigkeitsmengen → Zusätzliche kardiale Belastung
• Antibiotika: Nur bei begründetem Verdacht auf eine bakterielle Infektion

Prognose
• Transiente Verlaufsform möglich: Häufig Verschwinden der Asthma-Symptomatik
nach Pubertät (insb. beim extrinsischen Asthma); Wiederauftreten im Erwachsenenalter möglich
• Bei persistierendem Verlauf
• Bei adäquater Therapie: Normale Lebenserwartung
• Bei insuffizienter Therapie: Zunehmende irreversible bronchiale Obstruktion und Abfall
der Lungenfunktion mit dauerhaften Asthma-Symptomen und verminderter
Lebenserwartung
• Mortalitätsrate: Tendentiell sinkend (1500 Tote durch Asthma in 2008 in Deutschland)

Prävention
Primärprävention [1]
• Während Schwangerschaft und Stillzeit
• Vermeiden von Aktiv-/Passivrauchen
• Substitution von Pro- und Präbiotika, ungesättigten Fettsäuren sowie Vitamin D und E
• Wenn möglich Meiden von Breitspektrum-Antibiotika und Paracetamol
• NICHT nachgewiesen: Diätetische Ernährungsrestriktionen der Mutter
• Geburt und Kleinkindalter
• Wenn möglich vaginale Entbindung
• Wenn möglich Meiden von Breitspektrum-Antibiotika und Paracetamol in den ersten
Lebensmonaten
• Durchführen von Impfungen nach STIKO-Empfehlung
• Adipositas verhindern
• Ernährung
• Geburt–4 Monate: Ausschließliches Stillen
• Ab 4 Monaten: Beikosteinführung (parallel zum Stillen)
• NICHT nachgewiesene präventive Effekte haben
• Hydrolisierte Säuglingsnahrung (sog. hypoallergene oder HA-Nahrung) bei Kindern
mit Allergierisiko
• Späte Beikosteinführung
• Umwelt (bei Kindern mit Allergierisiko)
• Vermeiden von fell- oder federtragenden Haustieren (insb. Katzen und Nagetiere)
• Vermeiden von feuchter Raumluft, Schimmel, Exposition ggü. schädlichen Haushaltsgasen,
Tabakrauch und Kfz-Abgasen
• Günstige Auswirkung durch Kontakt zu anderen Kindern (Geschwister, Kita-Besuch),
Aufwachsen auf einem Bauernhof sowie Wurminfektionen
Sekundärprävention und Tertiärprävention
Allergenkarenz bei Allergienachweis
• Hausstaubmilbensanierung
• Meiden von Kontakt zu entsprechenden Tieren
Spezifische Immuntherapie

146
• Synonym: Hyposensibilisierung
• Sekundärprävention: Bei allergischer Rhinoconjunctivitis, ohne Asthma (insb. bei Kindern)
• Tertiärprävention : Bei bereits manifestem allergischem Asthma bronchiale
Insb. bei der Pollenallergie ist eine spezifische Immuntherapie essentiell, da eine Karenz nicht möglich ist!
Pneumologische Rehabilitationsmaßnahmen bei Asthma bronchiale
Indikation
• Bei nur teilweise kontrolliertem oder unkontrolliertem Asthma bronchiale
• Bei Ausschöpfung der regulären Therapieoptionen
Ziele
• Normale soziale Teilhabe
• Erhaltung/Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit
Inhalte
• Asthmadiagnostik inkl. Allergietestung
• Therapieoptimierung
• Multimodales Therapiekonzept
• Patientenschulung und sozialmedizinische bzw. psychotherapeutische Beratung
• Eliminierung von Triggerfaktoren, bspw. Raucherentwöhnung, Ernährungsberatung
• Körperliche Aktivität, Atemphysiotherapie, Ergotherapie
• Klimatische Besonderheiten (wie bspw. das Hochseereizklima) können vorteilhaft sein, sind aber
nicht zwingend erforderlich
Eine Rehabilitationsmaßnahme ist keine Kur! Medizinische und/oder therapeutische Inhalte zur
Erhaltung/Wiederherstellung der normalen sozialen Teilhabe sind das Ziel!
Kostenübernahme
• Gesetzliche Rentenversicherung (GRV), bspw. DRV
• Zum Abwenden der Erwerbsunfähigkeit oder deren Verschlechterung
• Zur Besserung/Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit
• Gesetzliche Krankenversicherung (GKV), bspw. Ersatzkassen
• Zum Abwenden einer drohenden Behinderung oder Pflegebedürftigkeit oder deren
Verschlechterung
• Zur Besserung bzw. Beseitigung von Behinderung oder Pflegebedürftigkeit
• Gesetzliche Unfallversicherung (GUV), bspw. Berufsgenossenschaften
• Nur bei Arbeitsunfall oder Berufskrankheit
• Zur Besserung bzw. Beseitigung des Gesundheitsschadens
• Zum Abwenden einer Verschlechterung
Besonderheiten bei pneumologischen Rehamaßnahmen im Kindes- und Jugendalter
Eine Kinder-Rehabilitation ist nicht zu verwechseln mit einer Eltern-Kind-Kur!
• Ziele
• Normale soziale Teilhabe
• Erhaltung/Wiederherstellung der Schul- und Ausbildungsfähigkeit (zusätzlich zur späteren
Erwerbsfähigkeit)
• Kostenübernahme: Gleichrangige Zuständigkeit GKV und DRV
• Stärkung der Rehabilitation im Kindes- und Jugendalter durch Flexirentengesetz (seit Ende
2016)
• Pflichtleistung bei der DRV, inkl. Nachsorge
• Durchführung ambulant oder stationär möglich
• Altersunabhängig Genehmigung einer Begleitperson
• Keine Ausgabenbegrenzung
• Keine Indikationsbeschränkung
• Keine Vierjahresfrist

147
Patellarfraktur

Definition
Unter einer Patellafraktur versteht man einen Knochenbruch (Fraktur) im Bereich der Kniescheibe(Patella).
2 Epidemiologie
Patellafrakturen machen etwa 1% aller Frakturen aus.
3 Ätiopathogenese
In der Regel wird die Fraktur der Kniescheibe durch eine direkte Krafteinwirkung, meistens im Rahmen
eines Anpralltraumas (sog. "dashboard injury"), hervorgerufen. Indirekte Krafteinwirkungen sind nur selten
Ursache der Patellafraktur.
Es wird unterschieden zwischen einer Querfraktur, einer Längsfraktur, einer Schrägfraktur und einer
Mehrfragmentfraktur.
4 Klinik
Die betroffenen Patienten geben einen starken Druck- und Bewegungsschmerz über der Kniescheibe an.
Gehen ist in der Regel aufgrund der Schmerzen nicht mehr möglich. Im Kniegelenk kann
keine Extension mehr durchgeführt werden.
Häufig kommt es zur Ausbildung eines Gelenkergusses. In der Regel ist die Haut über der Patella
aufgeschürft.
4.1 Begleitverletzungen
Verletzungen des Knorpels im Bereich der Kondylen treten häufig gemeinsam mit einer Patellafraktur auf.
Auch die Bursen im Bereich des Kniegelenks können verletzt sein.
Im Rahmen eines Anpralltraumas werden aufgrund der Kraftübertragung auch häufig Frakturen im Bereich
des Acetabulums oder des Femurschaftes sowie Hüftgelenkluxationen beobachtet.
5 Diagnostik
Im Rahmen der klinischen Untersuchung kann bereits der Verdacht auf eine Patellafraktur geäußert werden.
Die Diagnose wird anhand von Röntgenbildern gesichert. Vor allem bei Anpralltraumen sollten zusätzlich
die angrenzenden Gelenke geröntgt werden, um keine Begleitverletzungen zu übersehen.
6 Differenzialdiagnose
Eine Ruptur der Patellarsehne oder der Quadricepssehne kann ebenfalls zu einem Ausfall der Streckung im
Kniegelenk führen und sollte differenzialdiagnostisch bedacht werden.
Weiterhin sollte beim Betrachten des Röntgenbildes auch an eine Patella bipartita gedacht werden, bei der
sich das zweite Fragment häufig lateral-kranial befindet. Im Gegensatz zur Patellafraktur ist das Fragment
durch einen abgerundeten und nicht durch einen scharfkantigen Spalt von der Patella abgetrennt.
7 Therapie
Die Patellafraktur wird in der
Regel operativ mittels Zuggurtungsosteosynthese und Kirschnerdrähtenbehandelt, da über die Sehne des
Musculus quadriceps femoris starke Zugkräfte auf die Frakturfragmente ausgeübt werden, die häufig zu
einer Dislokation führen und die Frakturheilung verhindern.
Eine postoperative Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin ist obligat.
Nach der Operation werden zunächst Bewegungsübungen auf einer Motorschiene durchgeführt. Es folgen
eine Teil- und später auch die Vollbelastung des Beines.
8 Prognose
In den meisten Fällen ist die Patellafraktur nach acht Wochen ausgeheilt. Als Folge der Fraktur wird häufig
eine Retropatellararthrose beobachtet. Andere mögliche Folgen sind Schmerzen, eine Pseudarthrose, sowie
Defizite in der Flexion und der Extension.

148
Pneumonie

Abstract
Eine Pneumonie bezeichnet eine Entzündung des Alveolarraums und/oder
des interstitiellen Lungengewebes, die vornehmlich durch Bakterien verursacht wird. Sie stellt die häufigste
zum Tode führende Infektionserkrankung in Industrienationen dar. Das Erregerspektrum unterscheidet sich
je nach Altersgruppe und Infektionsursache (ambulant oder im Krankenhaus erworben). Die häufig
durch Pneumokokken verursachte „klassische“ Pneumonie geht mit plötzlichem
Krankheitsgefühl, Fieber und produktivem Husten einher. Auskultatorisch imponieren feinblasige, klingende
Rasselgeräusche und laborchemisch erhöhte Entzündungsparameter.

Die Krankheit kann aber besonders bei älteren Patienten oder bestimmten Erregern
(bspw. Viren, Mykoplasmen) atypisch mit abgeschwächten Symptomen und ohne physikalische Zeichen
einer Infiltration verlaufen, sodass das einzige obligate Kriterium für die Diagnose einer Pneumonie ein neu
aufgetretenes Infiltrat im Röntgenbild der Lunge darstellt. Bei Erkrankung sollte auf körperliche Schonung,
eine rege Flüssigkeitsaufnahme und eine erregergerechte antibiotische Therapie geachtet werden.


Ätiologie
Erreger
• Vielfältiges Erregerspektrum: Bakterien, Viren, seltener Pilze
• Einflüsse auf das Erregerspektrum
• Altersgruppe
• Umstände der Infektion (ambulant vs. nosokomial)
• Regionale Faktoren
• Saisonale Faktoren
• Vorerkrankungen
• Vorausgegangene Antibiotikabehandlungen
• Ambulant erworbene Pneumonie: Pneumokokken (häufigster Erreger bei jungen
Erwachsenen), Haemophilus influenzae (seit Einführung der Impfung in den entwickelten Ländern
nur noch selten), Mycoplasma pneumoniae und Chlamydia pneumoniae (die beiden
letztgenannten häufig bei Schulkindern und Jugendlichen) u.a.
• Weitere: Legionellen, Staphylococcus aureus, Enterobacteriaceae, Bordetella
pertussis (Impfstatus), Mycobacterium tuberculosis, primäre Viruspneumonie
durch Influenza, Respiratory-Syncytial-Virus (RSV), Adenovirus, Masern,
Metapneumovirus, Hantavirus, SARS(Reiseanamnese)
• Nosokomial erworbene Pneumonie: Vor allem gramnegative Erreger (wie Pseudomonas
aeruginosa und Enterobacteriaceae) und Staphylokokken
• Pneumonie bei Immunsuppression: Häufiger durch opportunistische oder bei Immunkompetenten
nicht sehr virulente Erreger ausgelöst, z.B. Pneumocystis
jiroveci, Aspergillus fumigatus, Candida species, Zytomegalievirus
• Möglich sind auch fulminante Verläufe (z.B. beidseitige Pneumonien) durch Erreger des
normalen Spektrums
• Neugeborenenpneumonie: Escherichia coli, Streptokokken der Serogruppe B (Streptococcus
agalactiae), Pneumokokken, Haemophilus influenzae u.a.
• Sonderfälle: Nokardiose (Nocardia asteroides), Bacillus anthracis, Yersinia pestis, Francisella
tularensis, Actinomyces israelii, Coxiella burnetii, hämorrhagisches Fieber mit pulmonaler
Beteiligung
Infektionsweg
• Tröpfcheninfektion, aerogen, Mikroaspiration
• Physiologische Schutzfaktoren („mukoziliäre
Clearance“) : Hustenreflex, Schleimproduktion und Ziliarfunktion des respiratorischen
Flimmerepithels, Alveolarmakrophagen

149
• „Echte“ Aspiration: Schwächung der lokalen Immunitätsbarrieren durch Magensaft (Mendelson-
Syndrom), Aspirationnährstoffreicher Nahrung als bakterielles Nährmedium
• Selten als hämatogene Streuung
Risikofaktoren
• Hohes Alter und Immobilität jeglicher Ursache
• Schlechter Immunstatus : Insb. bei Pneumocystis-Pneumonie und Pilzpneumonien
• Chronische Erkrankungen
• Kardiopulmonale Vorerkrankungen: Bspw. Asthma bronchiale, COPD, Herzinsuffizienz
• Erworbene oder angeborene Alterationen der Atemwege: Bspw. Bronchiektasien,
raumfordernde Prozesse, Mukoviszidose
• Chronische Infektionen der Mundhöhle
• Schluckstörungen
• Vorbestehende Influenza

Klassifikation
Einteilung nach Entstehungsort
• Community-acquired Pneumonia (CAP): Ambulant erworbene Pneumonie
• Hospital-acquired Pneumonia (HAP): Nosokomial erworbene Pneumonie
• Institution-acquired Pneumonia (IAP): In stationärer oder teilstationärer Einrichtung bzw.
dauerhafter häuslicher Pflegeeinrichtung erworbene Pneumonie
• Risikofaktoren
• Bettlägerigkeit und Pflegebedürftigkeit, insb. stationäre Pflegebedürftigkeit in den
letzten drei Monaten
• Chronische Wunden mit offener Haut
• Kontakt zu Trägern multiresistenter Erreger wie MRGN und MRSA
Einteilung nach Risikogruppen
• Pneumonia in the immunosuppressed host: Im oder außerhalb des Krankenhauses erworbene
Pneumonie bei schwerer Immunsuppression
• Ventilator-associated Pneumonia (VAP): Eine in den ersten zehn Tagen nach Beginn einer
invasiven Beatmungstherapie auftretende Pneumonie
• Erregerspektrum: Größtenteils identisch mit der nosokomialen Pneumonie
• Diagnosekriterien: Fieber, purulentes Trachealsekret, Verschlechterung der Oxygenierung,
neues Infiltrat im Röntgen-Thorax
• Antibiotische Therapie: Berücksichtigung des Erreger- und Resistenzspektrums auf der
jeweiligen Intensivstation
Bei Patienten mit Pneumonie soll in der Notaufnahme die Therapie entsprechend der Zuordnung zu einer der
drei Formen erfolgen: Ambulant erworben , Patient immunkompetent. b) Nosokomial erworben , Patient
immunkompetent. c) Unter Immunsuppression erworben Patient immunsupprimiert. (DGIM - Klug
entscheiden in der Notaufnahme)
Einteilung nach Klinik
• Typische Pneumonie: Lungenentzündung mit klassischen Symptomen (Fieber,
Schüttelfrost, Husten, eitrige Schleimbildung) und typischen Untersuchungsbefunden
(auskultatorisch und perkutorisch)
• Atypische Pneumonie: Lungenentzündung mit schwächeren klassischen Symptomen und
unauffälligen klinischen Untersuchungsbefunden (auskultatorisch und perkutorisch)
Primäre und sekundäre Pneumonien
• Primäre Pneumonie: Ohne erkennbare Vorerkrankungen
• Sekundäre Pneumonie: Aufgrund einer Prädisposition bei Komorbidität (bspw. Asthma
bronchiale, COPD, Herzinsuffizienz), anatomischen Veränderungen (bspw. Tuberkulose-
Kavernen, bronchiale Stenosierungen → Retentionspneumonie) oder Schluckstörungen
mit Aspiration
• Aspirationspneumonie
• Retentionspneumonien

150
Pathophysiologie
• Lobärpneumonie (klassische Lappenpneumonie): Vor allem Pneumokokken
• Klassischer Stadienverlauf
• Anschoppung (1.Tag): Seröses Exsudat bei blutreicher Lunge
• Rote Hepatisation (2./3.Tag): Fibrinreiches Exsudat bei leberartiger Konsistenz
der Lunge
• Graue Hepatisation (4.–6.Tag): Erythrozytenabbau
• Gelbe Hepatisation (7./8.Tag): Massenhaft eitriges Exsudat durch
Leukozyteninfiltration
• Lyse und Restitutio ad integrum (ab. 9.Tag bis 4.Woche): Verflüssigung
des Fibrins und Abhusten des eitrigen Exsudats
• Lobuläre Pneumonie (Bronchopneumonie): Meist deszendierende Infektion mit Beteiligung
der Bronchien insb. durch Pneumokokken und/oder andere Streptokokken
• Interstitielle Pneumonie: Entzündung des Interstitiums insb. durch Viren und Mykoplasmen
• Miliarpneumonie: Durch hämatogene Aussaat (z.B. bei Tuberkulose) verursacht; mit vielen kleinen
Infiltraten
• Bakterielle Superinfektion viraler Bronchitiden und Pneumonien: Häufig finden
sich Staphylococcus aureus und Pneumokokken


Symptome/Klinik
Typische Pneumonie
Typische Klinik der bakteriellen Lobärpneumonie durch Pneumokokken
• Plötzlicher Krankheitsbeginn mit starkem Krankheitsgefühl
• Hohes Fieber
• Produktiver Husten mit eitrigem Auswurf (gelblich-grünlich)
• Tachypnoe und Dyspnoe
• Schmerzen beim Atmen durch Begleitpleuritis
• Besonderheit: Oft begleitend Herpes labialis, fortgeleitete Schmerzen in Ober- bis
Unterbauch (insb. bei Kindern)
Atypische Pneumonie
Atypische Klinik vor allem bei Infektionen durch Mykoplasmen, Chlamydien, Legionellen, Viren und/oder
bei alten Patienten
• Schleichender Beginn mit
• Kopf- und Gliederschmerzen
• Leichtem Fieber
• Atemnot
• Trockenem Husten
• Oftmals nur diskret veränderten Entzündungsparametern
Insbesondere bei älteren Patienten kann eine Bewusstseinseintrübung oder Orientierungslosigkeit das einzige
Symptom einer Pneumonie sein!
Eine Trennung von typischer und atypischer Pneumonie ist im klinischen Alltag aufgrund fließender
Übergänge nicht immer möglich, zudem können beide Erscheinungsbilder theoretisch durch jeden Erreger
ausgelöst werden. Folglich erlaubt diese Unterscheidung keine sichere therapeutische Konsequenz!

Verlaufs- und Sonderformen


Die nosokomiale Pneumonie, Aspirationspneumonie sowie die durch spezielle Erreger ausgelösten
Pneumonien haben in der klinischen Präsentation und Diagnostik ihre Besonderheiten und benötigen
spezielle Therapieregime.
• Siehe auch: Antibiotische Therapie der nosokomialen Pneumonie
Aspirationspneumonie

151
• Definition: Pneumonie als Folge einer Aspiration
• Entstehung
• Aspiration von größerer Menge Mageninhalt → Mendelson-Syndrom (chemische
Pneumonitis) → bakterielle Pneumonie
• Wiederholte kleine Aspirationen (Mikroaspirationen) potentiell pathogener Erreger aus der
oropharyngealen Flora, insb. bei Patienten mit Schluckstörungen → nosokomiale
Pneumonie
• Risikofaktoren
• Schluckstörungen jeglicher Ursache (neurologische Erkrankungen)
• Stenosen bzw. Veränderungen am oberen Gastrointestinaltrakt (insb. auch HNO-
Operationen)
• PPI-Therapie (fehlende Bakterizidie des Magensaftes)
• Bettlägerige Patienten
• Fehler bei der Ernährung mit Magensonde (zu flache Lagerung, zu schnelle Laufrate)
• Ausfall der Schutzreflexe (z.B. bei (Blitz-)Intubation, Extubation,
Gastroskopie, Intoxikation)
• Ineffektiver Hustenstoß, Hypersalivation und gastroösophagealer Reflux
• Siehe auch: Mendelson-Syndrom
• Lokalisation: Abhängig von der Lage des Patienten bei Aspiration [1]
• Liegender Patient: Posteriore Segmente der Oberlappen, apikale Segmente der Unterlappen
• Sitzender Patient: Basale Segmente der Unterlappen (insb. rechts)
• Erregerspektrum: Häufig polymikrobielle Mischinfektion
• Anaerobier wie Peptostreptococcus spp.
• Enterobakterien
• Staphylococcus aureus (insb. bei schleichender Aspiration)
• Komplikation: Lungenabszess in Bereichen der pneumonischen Infiltrate
• Therapie der Aspirationspneumonie [2]
• Absaugen von erreichbaren flüssigen Aspiraten, bei soliden Anteilen Extraktion mit Magill-
Zange bzw. Bronchoskopie
• Beatmungstherapie (wenn erforderlich)
• Kalkulierte Antibiotikatherapie: Intravenöse Therapie, analog zur Therapie der schweren
Pneumonie
• Cephalosporin Gr. III (z.B. Ceftriaxon ) und Clindamycin
• Alternativen
• Ampicillin/Sulbactam
• Moxifloxacin
Spezielle Pneumonien
• Andere Erreger-assoziierte Erkrankungen, die sich klinisch als Pneumonie präsentieren können
• Legionellen-Pneumonie
• Ornithose
• Primäre Influenza-Pneumonie
• Tuberkulose
• Diverse Viren (z.B. RSV-Infektion, Hantavirus-Infektion)
• SARS
• Bei immunsupprimierten Patienten
• Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie
• CMV-Pneumonie
• Aspergillose
• Candidose
• Lipidpneumonie
• Epidemiologie: Sehr seltene Pneumonieform
• Ätiologie: Endogene (z.B. Tumorzerfall, tumoröse Bronchialobstruktion) oder exogene
Faktoren (Aspiration von Fetten, Ölen etc. ) führen zu einer Ablagerung von Lipiden in
der Lunge → Entzündungsreaktion der Alveolen und des interstitiellen Lungengewebes
• Diagnostik
• Bildgebung der Wahl: CT-Thorax

152
• Bronchoskopie mit Zytologie / Histologie (Nachweis von
lipidbeladenen Makrophagen)
• Therapie
• Kausal (z.B. Sistieren der Fettexposition); symptomatisch
• Komplikation: Lungenfibrose
• Idiopathische akute eosinophile Pneumonie [3][4]
• Epidemiologie: Sehr selten , ♂ > ♀ im Verhältnis 10:1, mittleres Erkrankungsalter ca. 25
Jahre
• Assoziationen: Rauchen, Inhalationsmittel, Rauch-, Gas- und Staubexposition
• Pathophysiologie: Epithelschaden → Eosinophile Infiltration und Degranulation →
Inflammation
• Klinik
• Akuter Beginn (≤1 Monat) mit Dyspnoe, Husten, Knisterrasseln
• Fieber
• Hypoxämie
• Diagnostik
• Röntgen-Thorax: Bilaterale Infiltrate, Kerley-B-Linien, Pleuraergüsse
• HR-CT: Milchglasverdichtungen, Konsolidierungen, verdickte interlobuläre Septen,
Pleuraergüsse
• Labor: Initial häufig keine Eosinophilie (ca. 70% der Fälle), im Verlauf entwickeln
ca. 60% eine Eosinophilie
• Bronchoalveoläre Lavage mit eosinophilem Infiltrat: Sichert die Diagnose!
• Differentialdiagnosen: Bakterielle Pneumonie, ARDS
• Therapie: Nicht selten ist eine intensivmedizinische Betreuung notwendig!
• Glucocorticoide
• Karenz der Noxe (wenn identifizierbar)
• Prognose: Sehr gut unter Therapie (schnelle komplette klinische Remission)
Bei akut auftretendem Fieber und beidseitigen Lungeninfiltraten sollte bei wirkungsloser Antibiotikagabe
immer an eine idiopathische akute eosinophile Pneumonie gedacht werden!
• Idiopathische chronische eosinophile Pneumonie [5][4]
• Epidemiologie: ♀ > ♂ im Verhältnis 2:1, mittleres Erkrankungsalter ca. 45 Jahre
• Assoziationen: Asthma , Atopie
• Pathophysiologie: Epithelschaden → Eosinophile Infiltration und Degranulation →
Inflammation
• Klinik
• Respiratorische Symptomatik >1 Monat: Dyspnoe, Husten, Keuchen,
Knisterrasseln, Hypoxämie
• Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust, Nachtschweiß
• Chronische Rhinitis oder Sinusitis
• Diagnostik
• Röntgen-Thorax: Bilaterale alveoläre Infiltrate, peripher unscharfe Begrenzung, in
25% „wandernde Infiltrate“
• HR-CT: Insb. Milchglasverdichtungen (oberfeldbetont) , Konsolidierungen, ggf.
Lymphknotenvergrößerungen, Pleuraergüsse
• Labor: Eosinophilie, BSG↑, CRP↑
• Bronchoalveoläre Lavage: Eosinophilie >40% (mind. 25%)
• Differentialdiagnosen: Kryptogen organisierende Pneumonie, allergische
bronchopulmonale Aspergillose
• Therapie: Langzeittherapie mit Glucocorticoiden
• Prognose: Sehr gut unter Therapie (schnelle komplette klinische Remission)

Diagnostik
Anamnese
• Alter und Komorbiditäten: Vorerkrankungen der Lunge und des Herzens sind neben dem hohen
Alter (>65 Jahre) wesentliche Risikofaktoren für einen schweren Verlauf.

153
• Immunsuppression jeglicher Art: Aktives Abfragen immunsuppressiver Zustände
(Glucocorticoidtherapien, Neutropenie bei Chemotherapie, Diabetes mellitus, Alkoholismus,
angeborene und erworbenen Immundefekte)
• Verändertes Erregerspektrum
• Reiseanamnese
• Einreise aus einem Land mit hoher Rate multiresistenter Erreger (Südeuropa!)?
• Sind aus dem gleichen Hotel weitere Personen ähnlich erkrankt (Legionellen!)?
• Pflegeheim, Beatmungspflege
• Antibiotische Vorbehandlungen
• Tierkontakte: Z.B. Schafe (Coxiella burnetii → Q-Fieber), Vögel (Chlamydia
psittaci → Ornithose)
Die bestmögliche Kenntnis der anamnestischen Daten ist wichtig, um das Risiko für einen schweren Verlauf
einschätzen und eine passende kalkulierte Antibiotikatherapie verordnen zu können!
Klinische Untersuchung
• Erfassung der erweiterten Vitalzeichen
• Blutdruck, Herzfrequenz, Atemfrequenz, Körpertemperatur, Pulsoxymetrie
• Inspektion und Palpation
• Vor allem bei Kindern durch große Anstrengung bei Inspiration → Zeichen der Dyspnoe
• Thorakale Einziehungen (jugular, subcostal, intercostal)
• Nasenflügeln
• Verstärkter Stimmfremitus
• Auskultation
• Zeichen für ein Infiltrat
• Feinblasige, klingende Rasselgeräusche
• Verstärkte Bronchophonie
• Bei atypischer Pneumonie oft kein pathologischer Auskultationsbefund
• Perkussion: Bei lokalisierter Pneumonie eventuell gedämpfter Klopfschall

Labordiagnostik
• Blut
• Entzündungszeichen
• Leukozytose, im peripheren Blutausstrich ggf. Granulozyten mit toxischer
Granulation
• CRP↑
• BSG↑
• PCT↑: Höchste Spezifität für den Nachweis einer bakteriellen Pneumonie
• Blutgasanalyse (BGA), um respiratorische Insuffizienz auszuschließen
• Ergänzendes Basislabor: Transaminasen, Quick/INR, Kreatinin, Harnstoff,
Blutzucker, Laktat
• Erregerdiagnostik bei stationärer Aufnahme
• Grundsätzliche diagnostische Methoden für Körperflüssigkeiten und respiratorische Sekrete
sind:
• Kulturelle Anzucht und Resistogrammbestimmung bei Bakterien und Pilzen
• Grampräparat bei Bakterien, z.B. bei Pneumokokken
• Antigennachweise von Bakterien, Viren und
Pilzen: Legionellen, Candida, Aspergillus
• Serologie (Antikörpernachweise), insb. bei Viruspneumonie
• Erregerspezifischer DNA-Nachweis durch PCR, z.B. Pneumocystis jirovecii, Viren
• Blutkulturen: Mindestens jeweils zwei aerobe und anaerobe Kulturen
• Urin: Bei Verdacht auf Legionellen-Pneumonie (Bestimmung des Legionellenantigens)
• Sputum-Diagnostik: Sputumkultur, zusätzlich mikroskopische Erfassung der Anzahl
reaktiver Leukozyten pro Gesichtsfeld(polymorphkernige Leukozyten, toxische
Granulation) und ggf. Legionellen-PCR alternativ zum Antigen-Test im Urin
• Sputum ≠ Speichel!
• Besteht aus Wasser, Zellen (Leukozyten, Epithelzellen), Fremdkörpern
(Staubteilchen,

154
Rauchpartikel), Proteinen (Glykoproteine, IgA, Albumin, Fibrinogen) und
Mikroorganismen
• Indikation
• Schwerer Verlauf, antibiotisch vorbehandelte Patienten, Verdacht
auf multiresistente Keime, nosokomial erworbene Pneumonie sowie häufige
Exazerbationen bei COPD (≥3×/Jahr)
• Interpretation
• Die Farbe des Sputums kann bereits diagnostische Hinweise geben
(siehe: Auswurf)
• Der Nachweis von oropharyngealer Flora gilt als Zeichen einer
Kontamination: α-
hämolysierende Streptokokken(Oralstreptokokken), Neisserien u.a.
• Trachealsekret: Insb. bei beatmeten Patienten einfach und unkompliziert zu sichern
• Bronchoalveoläre Lavage: Kann gezielt aus den unteren Atemwegen und den in der
Bildgebung auffälligen Arealen der Lungegewonnen werden
• Indikation: Bei schweren Verläufen einer Pneumonie, rezidivierenden Pneumonien
nach vorausgegangener zwischenzeitlicher Besserung und bei Verdacht auf seltene
bzw. untypische Erreger
• Pleurapunktion: Bei Vorliegen eines Pleuraergusses Probepunktion mit Bestimmung
des pH, Beimpfung von Blutkulturflaschen mit dem Punktat und Bestimmung der
Leukozytenzahl und des Eiweißgehaltes
• Drainagetherapie: Bei Vorliegen eines Empyems (Eiter, pH <7,3, direkter
Erregernachweis)
• Transbronchiale Lungenbiopsie: Histopathologische Untersuchung bei diagnostisch
uneindeutigen Befunden in der Labordiagnostik (z.B. bei Patienten mit fraglicher invasiver
Pilzpneumonie)
Eine Bronchoskopie kann bei schweren Pneumonien diagnostisch wegweisend sein, da der Nachweis eines
Erregers eine gezielte Antibiotikatherapie ermöglicht. Leider kann eine Bronchoskopie aber auch zur
respiratorischen Insuffizienz eines zuvor noch spontan atmenden Patienten führen. Daher sollte stets eine
Abwägung des Für und Wider erfolgen. Für den Nutzen „routinemäßiger“ Bronchoskopien besteht keine
Evidenz!
Apparative Diagnostik
• Konventionelles Röntgen-Thorax
• Befunde
• Lobärpneumonie: Großflächige auf den Lungenlappen begrenzte Verschattung mit
positivem Aerobronchogramm(Bronchopneumogramm)
• Bronchopneumonie: Unscharf begrenzte, in der Lunge verteilte
Infiltrate, Bronchopneumogramm nicht typisch
• Interstitielle Pneumonie: Netzartige (retikuläre) Verschattung
• Lokalisationsbestimmung: Silhouettenphänomen
• Eine Grenzfläche wird im Röntgenbild sichtbar, wenn zwei Strukturen stark
unterschiedlicher Dichte aneinander grenzen (bspw. der rechte Vorhof und der
luftgefüllte rechte Mittellappen)
• Grenzen hingegen zwei Strukturen mit ähnlicher Dichte aneinander, z.B. der rechte
Vorhof an einen transparenzgeminderten Mittellappen bei Mittellappenpneumonie,
so bilden diese beiden Strukturen eine gemeinsame Silhouette – die Grenze
zwischen beiden ist nicht mehr sichtbar
• CT-Thorax
• Indikation: Bei unklaren Befunden im Röntgen-Thorax
• Vorteil: Zuverlässigere Beurteilung von diskreten Verschattungen,
einem Pleuraempyem oder bspw. Einschmelzungen
• Pleurasonographie
• Therapeutische Relevanz: Punktion bei Nachweis eines Ergusses → Bei eitrigem Punktat
(Pleuraempyem) ist eine Thoraxdrainage erforderlich
Eine Zuordnung des Röntgenbefundes zum auslösenden Erreger ist nicht sicher möglich. Typische
Pneumonien zeigen eher eine Lobärpneumonie, atypische Pneumonien eher eine interstitielle Pneumonie!

155
Bei ca. jedem 5. Patienten wird erst im Verlauf des stationären Aufenthaltes ein Infiltrat sichtbar!
Sicherung der Diagnose Pneumonie
• 1 Haupt- und 2 Nebenkriterien
• Hauptkriterium: Neu aufgetretenes Infiltrat im konventionellen Röntgen-Thorax in zwei
Ebenen
• Nebenkriterien
• Fieber (≥38,5 °C) oder Hypothermie (≤36,5 °C)
• Leukozytose (>10.000/µL) oder Leukopenie (<4.000/µL)
• Eitriger Auswurf (gelblich-grün)
• Für Infiltration sprechende physikalische Zeichen
(Bronchophonie, Stimmfremitus u.a.): Nur geringe Sensitivität und Spezifität
• Nachweis eines Erregers (Blutkultur, Sputum, Bronchialsekret
oder Pleuraflüssigkeit)
• Schwierigkeiten bei der Sicherung der Diagnose im klinischen Alltag
• Symptomarme Verläufe sind möglich, vor allem bei chronisch erkrankten Patienten mit
vorgeschädigten Lungen
• Fehlende Voraufnahmen: Häufig fehlen Voraufnahmen zum Vergleich, ob eine infiltrative
Struktur vorbestanden hat
• Klinische Diagnosestellung: Die Sicherung der Diagnose ist in der Realität somit nicht
selten mit der ärztlichen Entscheidung für oder gegen die Arbeitsdiagnose Pneumonie
verbunden
Die Diagnose Pneumonie setzt als Hauptkriterium ein neu aufgetretenes Infiltrat im
konventionellen Röntgen-Thorax in zwei Ebenen voraus!

••
Therapie
Die Therapie der Pneumonie ist stets multimodal und richtet sich nach dem Schweregrad des individuellen
Verlaufs. Sie umfasst symptomatisch-supportive nicht-medikamentöse und medikamentöse Maßnahmen und
eine wirksame antibiotische Therapie, die nach Möglichkeit von einer kalkulierten Initialtherapie auf eine
spezifische Therapie nach Erregernachweis umgestellt wird. Die Indikation für eine stationäre Aufnahme
ergibt sich abhängig von Klinik, Alter und Risikofaktoren (→ CRB-65-Score s.u.).
Kriterien für eine stationäre Aufnahme
• CRB-65-Score
• C = Confusion → Bewusstseinseintrübung
• R = Respiratory Rate → Atemfrequenz ≥30/min
• B = Blood pressure → Diastolischer Blutdruck ≤60 mmHg oder systolischer Blutdruck <90
mmHg
• 65 = Age ≥65 → Alter ≥65 Jahre
CRB-65- Interpretation
Scorepunkte
0 • Ambulante Führung möglich
≥1 • Stationäre Behandlung indiziert
≥2 • Erhöhtes Komplikationsrisiko
≥3 • Aufnahme auf die Intensivstation erwägen
• Alternativ, wenn keine invasive Beatmung nötig: Aufnahme auf eine
Intermediate Care Station in den ersten 48–72 Stunden
Jeder ambulant behandelte Patient mit Pneumonie sollte nach 48–72 Stunden erneut untersucht werden, um
die Wirksamkeit des verschriebenen Antibiotikums zu prüfen!
CRB-65- & CURB-65-Score (Rechner)

156
Supportive Maßnahmen
• Körperliche Schonung, jedoch keine strenge Bettruhe
• Physiotherapie: Frühmobilisierung und Atemtherapie
• IPPB-Atemtherapie
• Anwendung von Feuchtinhalationsgeräten (z.B. mittels Pari ----), Zusätze von
Bronchospasmolytika bei obstruktiver Komponente
• Konsequenter Einsatz von Atemtrainern (Kendall-Coach, Triflow)
• Sekretolytische Maßnahmen
• Flutter
• Manuelle und apparative Vibrationsmassagen (Abklopfen, Vibrax-Geräte)
• Hohe Flüssigkeitsaufnahme
• Bei Hypoxie: Sauerstoffgabe über Nasensonde
• Antipyretika, Analgetika (z.B. Paracetamol, Ibuprofen)
• Antitussiva (z.B. Codein)
• Expektoranzien und Mukolytika
Medikamentöse Therapie der ambulant-erworbenen Pneumonie [6]

Leichte Pneumonie → Ambulante Behandlung


• Definition: CRB-65 = 0 und ausreichende Oxygenierung (SaO2 ≥90%)
• Patienten ohne Risikofaktoren
• Mittel der Wahl: Aminopenicillin (z.B. Amoxicillin )
• Bei Penicillin-Allergie oder -Unverträglichkeit bzw. Verdacht auf Beteiligung atypischer
Erreger
• Fluorchinolone der Gruppe III oder IV (Levofloxacin oder Moxifloxacin )
• Makrolid (z.B. Clarithromycin oder Roxithromycin )
• Doxycyclin
• Patienten mit dem Risikofaktor Komorbidität
• Mittel der
Wahl: Aminopenicillin + Betalaktamaseinhibitor (z.B. Amoxicillin/Clavulansäure )
• Bei Verdacht auf Beteiligung atypischer Erreger: Kombination mit
einem Makrolid (z.B. Clarithromycin )
• Bei Penicillin-Allergie oder -Unverträglichkeit: Fluorchinolone der Gruppe III oder IV
(Levofloxacin oder Moxifloxacin )
Orale Cephalosporine sollten nicht eingesetzt werden, da sie häufig nicht ausreichend wirksam sind und die
Ausbreitung von MRGN und die Selektion von Clostridium difficile begünstigen!
Levofloxacin und Moxifloxacin weisen ungünstige Nebenwirkungsprofile auf und sind daher Reservemittel
(Anwendungsbeschränkungen bei kardial und hepatisch vorerkrankten Patienten!). Dennoch sind sie insb.

157
bei jungen Patienten mit ambulanter Therapie und Penicillin-Allergie bzw. -Unverträglichkeit eine bewährte
Alternative!
Mittelschwere und schwere Pneumonie → Stationäre Behandlung [2][6]
Mittelschwere Pneumonie
• Definition: Zwischen leichter und schwerer Pneumonie
• Mittel der
Wahl: Aminopenicillin + Betalaktamaseinhibitor intravenös (z.B. Ampicillin/Sulbactam ) oder C
ephalosporineder 2. oder 3. Generation (z.B. Cefuroxim oder Ceftriaxon )
• Kombination mit einem Makrolid: Abdeckung atypischer Erreger und Nutzung
immunmodulatorischer Effekte (z.B. Clarithromycin )
• Aufgrund kardialer Nebenwirkungen mit QT-Verlängerung keine generelle
Empfehlung für Makrolide → Kombinationstherapie bleibt Einzelfallentscheidung
• Makrolide bei ausbleibendem Nachweis eines atypischen Erregers bei klinisch
stabilisierten Patienten nach drei Tagen absetzen
• Alternativ (z.B. bei Penicillin-Allergie): Fluorchinolone der Gruppe III oder IV mit
guter Pneumokokken-Wirksamkeit (z.B. Levofloxacin oder Moxifloxacin )
Schwere Pneumonie
• Definition: Akute respiratorische Insuffizienz und/oder septischer Schock und/oder
dekompensierte Komorbidität (z.B. kardiale Dekompensation, exazerbierte COPD, akutes
Nierenversagen)
• Mittel der Wahl: Piperacillin/Tazobactam oder Cephalosporine der 3.
Generation (z.B. Ceftriaxon ) und immer zusätzlich ein Makrolid (z.B. Clarithromycin )
• Alternative für Patienten ohne septischen Schock: Fluorchinolone der Gruppe III oder IV mit
guter Pneumokokken-Wirksamkeit (z.B. Levofloxacin oder Moxifloxacin )
Bei Patienten mit schwerer ambulant erworbener Pneumonie soll unverzüglich eine Antibiotikatherapie
eingeleitet werden! (DGIM - Klug entscheiden in der Notaufnahme)
Multiresistente Erreger und nosokomiale Pneumonie
• Siehe: Nosokomiale Pneumonie
Die antibiotische Medikation kann 2–3 Tage nach Entfieberung beendet werden oder anhand von
Bestimmung des Procalcitoninsim stationären Setting verkürzt werden (Therapieende bei PCT ≤0,25 µg/L).
Bei einer ambulant erworbenen Pneumonie, die ambulant behandelt werden kann, ist eine antibiotische
Medikation von 7 Tagen ausreichend!
Aspirationspneumonie
• Siehe: Therapie der Aspirationspneumonie
Retentionspneumonie
• Therapie analog zur mittelschweren bzw. schweren Pneumonie
• Therapiedauer: 5–7 Tage, wenn die Ursache der Retention beseitigt werden konnte , ansonsten
länger
Grundsätze zur Minderung der Resistenzentwicklung
• Unkritische Antibiotikaverordnung steigert die Resistenzbildung und führt zu mehr Nebenwirkungen
• Einfache und effektive Maßnahmen der rationalen Antibiotikatherapie sind zu beachten
• Nicht zu lange behandeln: Eine antibiotische Therapie muss nicht immer über 10 oder 14
Tage erfolgen
• Orale Sequenztherapie: Der Patient sollte von intravenöser Gabe auf perorale Gaben
umgestellt werden, sobald klinische Stabilität erreicht ist und die orale Nahrungs- und
Medikamenteneinnahme sicher erscheint
• Deeskalation bei Erregernachweis und Resistogramm: Bei gesichertem Erreger und
zweifelsfreier Diagnose ist immer eine Deeskalation auf eine möglichst schmale, aber noch
gut wirksame Therapie nach Resistogramm geboten
Bei Therapieversagen sollten eine (erneute) Erregerdiagnostik sowie eine Wiederholung oder Ausweitung
der Bildgebung erfolgen!
Dauer der Rekonvaleszenz
• Ausheilung der Pneumonie normalerweise binnen vier Wochen
• Bei klinischer Besserung ist ein Kontroll-Röntgen nicht erforderlich, jedoch frühestens zwei Wochen
nach Erstdiagnose (nicht zu früh kontrollieren!)

158
• Bei Risikofaktoren für ein Bronchialkarzinom (insb. Raucher ≥65 Jahre) sollte ein Kontroll-
Thorax-Röntgen vor der Entlassung durchgeführt werden, um eine maligne Raumforderung
nicht zu übersehen
Wenn der Patient gut auf die Therapie anspricht und die klinischen Stabilitätskriterien aufweist, kann er auch
ohne ein abschließendes Röntgen-Thorax aus der Klinik entlassen werden!

Kriterien und Kontrolle des Therapieversagens


• Kontrolle immer 48–72 Stunden nach Therapieeinleitung
• Klinische Stabilitätskriterien
• Klares Bewusstsein
• Normalisierung von Herzfrequenz (≤100/min) und Atemfrequenz (≤24/min)
• Normotension (systolisch ≥90 mmHg)
• Entfieberung (≤38 °C)
• Ausreichende Oxygenierung (pO2 ≥60 mmHg bzw. SaO2 ≥90%)
• Gesicherte orale Nahrungsaufnahme
• Labor: CRP-Kontrolle an Tag 4 empfohlen
• Verzögert ansprechende Pneumonie: Zeichen der klinischen Stabilität einer Pneumonie
(s.o.) werden binnen 72 Stunden nicht erreicht. Es findet also keine Verbesserung statt, eher
droht eine weitere Verschlechterung.
• Progrediente Pneumonie: Kommt es binnen 72 Stunden zu einer Zustandsverschlechterung
des Patienten mit Entwicklung einer respiratorischen Insuffizienz und/oder eines septischen
Schocks, ist von einer progredienten Pneumonie zu sprechen.
• Risikofaktoren für ein Therapieversagen
• Multilobuläre und beidseitige Infiltrate
• Abszedierende Infiltrate
• Begleitender Pleuraerguss
• Leukopenie bei Erstdiagnose
• Vorerkrankungen (insb. hepatische, kardiale und pulmonale)
• Nachweis von Enterobactericae (hohes Resistenzpotential!)
• Inadäquate Initialtherapie (z.B. falsches Erregerspektrum, falsche Dosierung)
• Ursachen eines Therapieversagens
• Persistierende Erreger (kalkulierte Antibiotikatherapie greift nicht)
• Neu diagnostizierte Erreger
• Zusätzliche, nosokomial erworbene Erreger
• Bisher unbekannte Immunsuppression: Evtl. HIV-Test oder Tuberkulin-
Hauttest (alternativ Quantiferon-Test) oder nach anderen Immundefekten suchen
• Diagnostik bei Therapieversagen
• Erregerdiagnostik: Wenn möglich vor Eskalation der antibiotischen Therapie
• Antigendiagnostik bzgl. Legionellen, Antikörperdiagnostik bzgl. atypischen
Erregern erwägen
• Erneute Blutkulturen
• Sputum, Trachealsekret, bei seitendominanten Infiltrationen gezielte
bronchoskopische Lavage
• Bildgebung wiederholen und/oder auf schnittbildgebendes Verfahren erweitern
• Echokardiographie: Bei zusätzlichen extrapulmonalen Erkrankungen mit ungünstigem
Einfluss auf die Oxygenierung
• Ggf. Fokussuche: An zusätzlichen oder neuen extrapulmonalen Infektionsfokus denken
(z.B. pseudomembranöse Kolitis, nosokomiale Harnwegsinfektion)
• Maßnahmen bei Therapieversagen
• Sicherung der Vitalfunktionen
• Indikationen zur invasiven Beatmungstherapie beachten
• Persistierende Tachypnoe (Atemfrequenz >30/min)
• Respiratorische Insuffizienz trotz Sauerstoffinsufflation oder
nichtinvasiver Ventilation

159
• Vigilanzminderung
• Zeichen des septischen Schocks bzw. Organversagens
• Invasives Monitoring mit arterieller Blutdruckmessung, sobald Kreislauf
kompromittiert oder Atmungsunterstützung durch nicht invasive Ventilation oder
invasive Beatmung erforderlich ist
• Bedarfsgerechte Gabe von Volumen (kristalloide Lösungen)
• Bedarfsgerechte Katecholamintherapie
• Rasche Eskalation der antibiotischen Therapie
• Wechsel der Substanzklassen
• Erweiterung der antibiotischen Therapie durch Kombinationen
• Ggf. multiresistente Erreger mit abdecken (etwa MRSA, 3-MRGN, 4-
MRGN)
• Auch an nicht bakterielle Pneumonieformen denken (z.B. Lungenversagen
bei Viruspneumonie, Pneumocystis-Pneumonie, Aspergillose)!
• Mögliche Antibiotika zur Eskalation der Therapie (siehe auch: Nosokomiale
Pneumonie)
• Beteiligung von Pseudomonas aeruginosa
• Betalaktame: Piperacillin/Tazobactam, Ceftazidim, Imipenem, Mer
openem
• in Kombination mit Chinolonen: Ciprofloxacin oder Levofloxacin
• Beteiligung von Pneumokokken: Chinolone als Kombinationspartner
hinzufügen (Levofloxacin oder Moxifloxacin)
• Beteiligung atypischer
Erreger: Makrolide wie Erythromycin oder Clarithromycin als
Kombinationspartner hinzufügen
• Beteiligung von MRSA (siehe auch: Nosokomiale Infektionen)
• Therapie der 1. Wahl: Vancomycin
• Bei vorliegender Niereninsuffizienz: Linezolid
Eine zu frühe CRP-Kontrolle liefert häufig konstant erhöhte oder gar ansteigende CRP-Werte und kann den
behandelnden Arzt irritieren. Das CRP ist ein träger Wert mit einer Halbwertszeit von etwa 24 Stunden. Die
Leukozytenzahl ist unspezifischer, fällt jedoch schneller ab!
In der kurzfristigen Verlaufskontrolle des Röntgen-Thorax progredient erscheinende Infiltrate sind nur dann
als Progress der Pneumonie zu werten, wenn der Patient sich in der Zwischenzeit auch klinisch
verschlechtert hat!

Komplikationen
• Begleitpleuritis
• Pleuritis, die im Rahmen einer Pneumonie auftritt
• Schmerzen sollten symptomatisch analgetisch behandelt werden
• Begleiterguss
• Diagnostik
• Großzügige Indikation zur Probepunktion
• Immer Indikation für eine Intervention (Thoraxdrainage) prüfen!
• Therapie: Anlage einer Thoraxdrainage
• Drainage anzustreben bei
• Vorliegen eines größeren Ergusses (>5 cm) im Querschnitt des Recessus
costodiaphragmaticus
• Gekammerter Erguss oder Erguss mit pleuraler Verdickung
• Positive Bakteriologie des Probepunktats
• pH-Wert <7,2 des Probepunktats
• Bei stark septiertem Erguss
• Drainagetherapie und fibrinolytische Anwendung von Streptokinase über
den einliegenden Drainageschlauch

160
• Falls verfügbar: Video-assistierte Thorakoskopie (VATS) mit
pleuralem Debridement und Drainagenpositionierung unter direkter
Aufsicht
• Pleuraempyem: Eine Drainagetherapie ist bei einem Empyem immer indiziert
• Lungenabszess
• Ätiologie
• Entsteht vornehmlich bei Aspiration
• Enthält überaus häufig obligat anaerobe Bakterien
• Sekundär auch bei Stenosen, Obstruktionen (z.B. durch einen Fremdkörper
oder Tumor) oder Bronchiektasen
• Komplikationsmanagement
• Bronchoskopie: Erfassung und ggf. Beseitigung einer Bronchusobstruktion, ggf.
direkte bronchoskopische Drainage
• CT-Thorax: Größe, Konfiguration, Lagebeziehung zu Mediastinum und Pleura
• Parenterale antibiotische Kombinationstherapie
• Z.B. Ampicillin/Sulbactam oder eine Kombination aus
einem Cephalosporin + Clindamycin
• Bei Therapieversagen: CT oder Sonographie-gesteuerte intrapulmonale
Drainage
• Sepsis: Vorgehen nach allgemeinen Therapieprinzipien bei Sepsis und septischem Schock → Initial
rasche kalkulierte antibiotische Therapie, erheblicher Volumenbedarf
• Respiratorische Insuffizienz, ARDS: Intensivmedizinische Behandlung mit Beatmungstherapie

Prognose
• Die Sterblichkeit steigt mit dem Alter
• Sterblichkeit durch CRB-65 abschätzbar
• Score 0: <1%
• Score 1–2: ca. 6%
• Score 3–4: ca. 23%
• Nosokomiale Pneumonien haben eine Sterblichkeit von >20%
• Modifizierter ATS-Score: Erfasst werden Parameter, die einen letalen Verlauf wahrscheinlich
machen
• Major-Kriterien
• Invasive Ventilation notwendig
• Schock
• Minor-Kriterien
• Schwere respiratorische Insuffizienz (Horowitz-Index pO2/FiO2 <250 bzw. PaO2 ≤55
mmHg)
• Ausgedehnte, lappenübergreifende Infiltrate im Röntgen-Thorax
• RR systolisch <90 mmHg
• Bewusstseinsstörung
• Atemfrequenz >30/min
• Akutes Nierenversagen
• Leukopenie <4.000 Zellen/mm3
• Thrombozytopenie <100.000 Zellen/mm3
• Hypothermie <36 °C
• Interpretation: Trifft 1 Major-Kriterium oder 2 Minor-Kriterien zu, ist die Sterblichkeit hoch
und es besteht die Notwendigkeit für eine Aufnahme auf die Intensivstation
Vereinfacht kann zum ATS-Score gesagt werden: Achte auf Zeichen der Sepsis und des
(septischen) Schocks!

Prävention
• Pneumokokken-Impfung

161
• Dabei ist für die Imfpung von Patienten >60 Jahre der 23-valente Pneumokokken-
Polysaccharidimpfstoff (z.B. Pneumovax ---) vorzuziehen [7]
• Grippe-Impfung
• Aufgabe des Rauchens
• Kritische Überprüfung insb. von Dauermedikamenten, die in einzelnen Studien eine erhöhte
Wahrscheinlichkeit für eine Entwicklung einer Pneumonie anzeigten: PPI, inhalative
Glucocorticoide (bei COPD Indikation hinterfragen) und Opioide
• Beseitigung bzw. optimierte Therapie und Prophylaxe einer Schluckstörung mit Aspirationsneigung

162
Sinusitis (Nasennebenhöhlenentzündung)

Abstract
Die Sinusitis ist eine häufige entzündliche Veränderung der Nasennebenhöhlenschleimhaut, die meist von
einer Entzündung der Nasenhöhle begleitet wird (Rhinosinusitis). In der Regel heilt sie spontan aus; hält die
Erkrankung hingegen länger als 12 Wochen an, ist sie definitionsgemäß als chronisch zu bezeichnen.
Leitsymptome sind eitriges Nasenlaufen und bewegungsabhängige Gesichtsschmerzen (v.a. beim Beugen
des Körpers nach vorne). Viren sind die häufigsten Auslöser, weshalb nur bei heftigem Krankheitsverlauf
mit Verdacht auf bakterielle Sekundärinfektion eine Antibiotikatherapie sinnvoll ist. Nur in Ausnahmefällen
kann bei chronischen Verläufen eine chirurgische endoskopische Intervention notwendig sein.

Definition
• Einteilung nach beteiligten Strukturen
• Sinusitis: Entzündung der Schleimhaut einer Nasennebenhöhle
• Pansinusitis: Entzündung mit Beteiligung aller Nasennebenhöhlen einer Seite
• Rhinosinusitis: Gleichzeitige Entzündung der Schleimhäute der Nase und
der Nasennebenhöhlen
• Einteilung nach Verlauf
• Akute (Rhino-)Sinusitis (ARS): Symptomatische Entzündung
der Nasennebenhöhle für ≤12 Wochen (mit vollständigem Abklingen der Symptome)
• Rezidivierende akute Rhinosinusitis (rez. ARS): Mindestens 4 Episoden einer akuten
Rhinosinusitis innerhalb von 12 Monaten, zwischen Episoden vollständiges Abklingen der
Symptome
• Chronische (Rhino-)Sinusitis (CRS): Symptomatische Entzündung
der Nasennebenhöhle >12 Wochen (ohne vollständiges Abklingen der Symptome)
• Ohne nasale Polypen (CRSsNP)
• Mit nasalen Polypen (CRScNP)

Epidemiologie
• Prävalenz: Sehr hoch
• Erwachsene: Am häufigsten ist der Sinus maxillaris betroffen
• Kinder: Altersabhängige Verteilung [1]
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Ätiologie
• Erreger
• Meist Viren (Rhino-, Corona-, Influenza- und Parainfluenzaviren)
• Bakterien (teils als Sekundärinfektion): Insbesondere Pneumokokken oder Haemophilus
influenzae, seltener Staphylococcus aureus, Streptococcus pyogenes oder Moraxella
catarrhalis
• Selten: Pilze (Aspergillus fumigatus, siehe: Aspergillose)
• Risikofaktoren
• Rhinitis: Fortleitung der Erreger aus der Nasenhöhle über
kommunizierende Schleimhäute in die Nebenhöhlen
• Dentogener Infekt: Führt v.a. zu einer einseitigen Sinusitis maxillaris
• Alle Ventilationsstörungen der Nasennebenhöhlen
• Hypertrophie der Nasenmuscheln, Nasenpolypen, Nasenseptumdeviation
• Concha bullosa: Luftansammlung in einer Nasenmuschel (anatomische Variante)
• Haller-Zelle: Im Orbitaboden angelegte Cellula ethmoidalis (anatomische Variante)
• Prädisponierende Erkrankungen
• Allergische Rhinitis
• Asthma bronchiale
• Analgetikaintoleranz (siehe: chronisch-polypöse Sinusitis)
Pathophysiologie

163
• Akute Rhinosinusitis: Nasale Infektion → Schleimhautschwellung → Störung von Sekretabfluss
und Ventilation der Nasennebenhöhlen, insb. durch Verlegung des ostiomeatalen Komplexes →
Ausbreitung der Entzündung und Begünstigung von Sekundärinfektionen
• Ggf. durch anatomische Varianten insb. der lateralen Nasenwand begünstigt
• Chronische Rhinosinusitis: Sowohl Entzündung als auch Umbau-Prozesse der
Nebenhöhlenschleimhaut
• Chronische Rhinosinusitis ohne nasale Polypen (CRSsNP): Fibrose der Nasenschleimhaut
• Chronische Rhinosinusitis mit nasalen Polypen (CRScNP): Ödementwicklung
• Für die Anatomie der Nasennebenhöhlen siehe auch: Nasennebenhöhlen (= Sinus paranasales)
Symptome/Klinik
• Akute Rhinosinusitis
• Leitsymptom: Gesteigerte eitrige Nasensekretion und retronasale Sekretion
• Verstopfung und Engegefühl der Nase
• Riechstörung
• Allgemeines Krankheitsgefühl, evtl. Fieber
• Sinusitis maxillaris und frontalis: Gesichtsschmerz mit Druckgefühl in der
betroffenen Nasennebenhöhle (in der Kiefer- bzw. Stirnhöhle)
• Sinusitis ethmoidalis: Schmerzen im Bereich der Nasenwurzel oder zwischen den Augen
• Sinusitis sphenoidalis: Dumpfer Druckschmerz in der Mitte des Schädels
• Chronische Rhinosinusitis
• Wie bei akuter Rhinosinusitis, jedoch häufig schwächer ausgeprägt und/oder weniger
charakteristisch

Diagnostik
Diagnosestellung nach Verlaufsform
• Akute Rhinosinusitis: In der Regel klinisch (Anamnese, körperliche Untersuchung), ggf.
Rhinoskopie, CRP und/oder BSG nur bei starken Schmerzen
• Rezidivierende akute Rhinosinusitis: Zusätzlich nasale Endoskopie, mindestens aber Rhinoskopie,
zur Identifikation möglicher Ursachen; CRP und/oder BSG nur bei starken Schmerzen
• Chronische Rhinosinusitis: Zusätzlich nasale Endoskopie
und Schnittbildgebung (vorzugsweise low-
dose CT der Nasennebenhöhlen), keine laborchemischen Verfahren routinemäßig indiziert
Bei der akuten und rezidivierenden akuten Rhinosinusitis ist i.d.R. keine(!) Bildgebung indiziert!
Untersuchungsmethoden
• Körperliche Untersuchung
• Klopfschmerzhaftigkeit über Kiefer- und Stirnhöhle (bei Sinusitis maxillaris bzw. frontalis)
• Ggf. Gesichts- und/oder Kopfschmerzen beim Vornüberbeugen verstärkt
• Rhinoskopie (Untersuchung des vorderen Nasenabschnitts mit Nasenspekulum)
• Labordiagnostik
• Entzündungsparameter: CRP und/oder BSG ggf. erhöht
• Weitergehende Labordiagnostik: Routinemäßig nicht indiziert, ggf. bei Verdacht auf
systemische Grunderkrankungen
• Mikrobiologische Diagnostik: Keine Routine, optional zur kalkulierten antibiotischen
Therapie bei:
• Therapierefraktären Verläufen
• Immunsupprimierten Patienten
• Apparative Diagnostik
• Nasenendoskopie (Untersuchung des vorderen und hinteren Nasenabschnitts)
• CT der Nasennebenhöhlen in low-dose-Technik (Verdichtung des Weichteilgewebes der
betroffenen Nasennebenhöhlen)
• MRT: Zusatzuntersuchung bei V.a. Tumoren der Nasennebenhöhlen oder intrakraniellen
Komplikationen
• Ggf. Sonographie: Hinweis auf Sekretspiegel, vor allem im Sinus maxillaris
• Nasennebenhöhlen-Röntgenaufnahme (NNH): Transparenzminderung des Sinus,
Darstellung von Sekretspiegeln
• Allergologische Testung: Keine Routine, aber zu erwägen bei:

164
• Rezidivierenden Verläufen ungeklärter Genese
• Anamnestischen oder klinischen Hinweisen auf allergische Genese

Therapie
Therapie der akuten Sinusitis [2]
• Pflanzliche Sekretolytika (z.B. Cineol-haltige Kapseln oder Myrtenöl-haltige Kapseln )
• Abschwellende Nasentropfen oder -sprays wirken beschwerdelindernd (z.B. Xylometazolin )
• Antibiotikatherapie bei akuter Sinusitis: Eine generelle Antibiotikagabe ist nicht sinnvoll!
• Indikationen
• Starke Schmerzen in Verbindung mit Fieber >38,3°C oder hohen
Entzündungswerten
• Drohende Komplikationen
• Patienten mit ausgeprägten Komorbiditäten (insb. COPD) oder unter
Immunsuppression. Für die Antibiotikawahl siehe: Antibiotikatherapie bei
ausgeprägter Sinusitis
• Mittel der Wahl: Amoxicillin
• Antibiotikatherapie bei ausgeprägter Sinusitis oder Risikofaktoren wie Immunsuppression
• Aminopenicillin und ß-Laktamase-Inhibitor wie Sultamicillin
• Alternativ: Cefuroxim
• Bei zahlreichen Risikofaktoren und der Notwendigkeit einer intravenösen
Applikation [3]
• Ampicillin/Sulbactam oder
• Ceftriaxon ggf. + Clindamycin
• Ggf. Analgetika
• Z.B. Paracetamol
• oder Ibuprofen , gleichzeitige Einnahme
eines Protonenpumpenhemmers wie Pantoprazol erwägen
• Ggf. topisch nasale Steroide wie z.B. Mometason-haltige Sprays
Therapie der chronischen Sinusitis
• Glucocorticoid-Nasensprays wirken heilungsfördernd, z.B. Mometason-haltige Sprays
• Ggf. Antibiotika: Mittel der Wahl
sind Aminopenicilline und Betalaktamaseinhibitoren wie Sultamicillin oder Cephalosporine der 2.
Generation, z.B. Cefuroxim
• Ggf. minimalinvasive endoskopische Operation
Bei einem Eingriff im Sinus sphenoidalis ist eine Verletzung der A. carotis interna möglich!

Komplikationen
• Ausbreitung der eitrigen Entzündung in benachbarte Strukturen
• Orbitaödem, Orbitaphlegmone
• Insbesondere bei Sinusitis ethmoidalis im Kindesalter
• Klinik: Schmerzhafter Exophthalmus, Lidrötung
• Stirnbeinosteomyelitis
• Klinik: Teigige Schwellung, Fieber, Schmerzen
• Therapie: Antibiotische Therapie und operative Sanierung
• Meningitis
• Intrazerebrale Abszesse
• Sinusvenenthrombose
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Prognose
• Akute Rhinosinusitis: Hohe Spontanheilungsraten (>50% nach 1 Woche, >90% nach 4 Wochen) [2]
• Chronische Rhinosinusitis: Häufig langwierige Verläufe, teilweise mit Einschränkungen der
Lebens- und Schlafqualität

Verlaufs- und Sonderformen


Polyposis nasi et sinuum (Chronisch-polypöse Sinusitis)

165
• Definition: Chronisch eosinophile Rhinosinusitis mit multiplen Nasenpolypen
• Risikofaktoren
• Mukoviszidose
• Assoziiert mit Asthma bronchiale und Analgetikaintoleranz (dann als Samter-
Trias oder Morbus Widal bezeichnet)
• Symptome
• Sekretabfluss über den Rachen
• Häufig Störung des Geruchssinns (Hyposmie bis Anosmie)
• Sonderform: Choanalpolyp
• Besondere Form eines meist isolierten, weichen Nasenpolypen; Entstehungsort ist
die Schleimhaut der Kieferhöhle (selten aus den Siebbeinzellen); er wächst über
den mittleren Nasengang in den Nasopharynx hinein
• Therapie der Wahl ist eine endoskopische, komplette Entfernung
• Differentialdiagnose:
• Papillom der Nasenhöhle
• Diagnostik
• Labor: Eosinophilie
• Nasenendoskopie
• Graue polypöse Schleimhauthypertrophie
• Insbesondere bei einseitiger Polyposis nasi: Ausschluss eines Tumors durch Biopsie
• Therapie
• Systemische und lokale Glucocorticoide
• Resektion der Polypen, ggf. Pansinusoperation
• Hohe Rezidivneigung

Kartagener-Syndrom (Primäre ziliäre Dyskinesie)


• Definition: Autosomal-rezessiv vererbte Störung des mukoziliären Transports
• Symptome
• Situs inversus
• Bronchiektasen
• Chronische Sinusitis und Nasenpolypen
• Häufig bei Männern: Infertilität durch verminderte Spermienmotilität
• Häufig bei Frauen: Ektope Schwangerschaften

166
Synkope
Abstract
Eine Synkope ist der plötzlich auftretende Verlust von Bewusstsein und Muskeltonus mit rascher, spontaner
und kompletter Erholung innerhalb weniger Sekunden. Die Synkope ist Ausdruck einer vorübergehenden
globalen zerebralen Minderperfusion infolge verschiedener Mechanismen:
Vermindertes Herzzeitvolumen (kardiale Synkope), pathologischer neurokardiogener Reflex
(Reflexsynkope) oder orthostatische Hypotonie (orthostatische Synkope). Als Basisdiagnostik erfolgen bei
jedem Patienten Anamnese und körperliche Untersuchung sowie EKG und Schellong-Test. Lässt sich der
Mechanismus dadurch nicht klären, ist weiterführende Diagnostik wie bspw. eine Echokardiographie oder
Kipptischuntersuchung notwendig. Da kardiale Synkopen mit einem erhöhten Risiko für einen plötzlichen
Herztod einhergehen, müssen Risikopatienten identifiziert und entsprechend ihrer Grunderkrankung
therapiert werden.

Definition
• Synkope: Plötzlicher Verlust von Bewusstsein und Muskeltonus mit rascher, spontaner und
kompletter Erholung aufgrund einer transienten globalen zerebralen Minderperfusion [1]
• Präsynkope: Prodromalstadium der Synkope mit Schwarzwerden vor den Augen, Schwindel und
Kaltschweißigkeit
Die Synkope geht per definitionem immer mit einem Bewusstseinsverlust einher!

Epidemiologie
• Lebenszeitprävalenz: Ca. 30–50% aller Menschen [1]
• Altersgipfel und Geschlechtsverteilung
• Jugendliche und junge Erwachsene (10–30 J.): ♀ > ♂
• Ältere Menschen (≥65 J.): ♀ = ♂
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Ätiologie
Eine Synkope ist ein Symptom unterschiedlicher Pathophysiologien, die letztlich alle zu einer
vorübergehenden globalen Minderperfusion des Gehirns führen. Diese Minderperfusion ist durch eine
Abnahme des peripheren Widerstandes und/oder des Herzzeitvolumens bedingt.
Einteilung nach den ESC-Leitlinien 2018 [2]
Kardiale Synkope
• Erhöhtes Herztodrisiko, daher unbedingt auszuschließen
• Pathophysiologie: Akute, transiente Verminderung
des Herzzeitvolumens → Zerebrale Minderperfusion → Synkope
• Differenzierung nach Auslöser
• Arrhythmogene Synkope
• Bradykarde Rhythmusstörungen (bspw. Sick-Sinus-Syndrom, AV-Blockierung,
Schrittmacherfehlfunktion)
• Tachykarde Rhythmusstörungen (bspw. Tachyarrhythmia absoluta, AV-Knoten-
Reentrytachykardie, Wolff-Parkinson-White-Syndrom)
• Synkope infolge einer strukturellen
Herzerkrankung (bspw. Aortenklappenstenose, Hypertroph-
obstruktive Kardiomyopathie (HOCM), Vorhofmyxom)
• Synkope infolge einer primär extrakardialen
Erkrankung (bspw. Lungenembolie , Aortendissektion, pulmonale Hypertonie)
Reflexsynkope
• Keine erhöhte Mortalität, aber erhöhtes Sturz- und Verletzungsrisiko
• Pathophysiologie: Unklar, wahrscheinlich fehlerhafte Aktivierung eines kardiovaskulären
Reflexes → Hypotension und/oder Bradykardie → Zerebrale Minderperfusion → Synkope
• Differenzierung nach Auslöser
• Neurokardiogene Synkope
• Häufigste Form
• Überwiegend bei jungen gesunden Menschen
• Auslöser: Angst, Schmerz, längeres Stehen

167
• Sonderfall: Posturales Tachykardiesyndrom (POTS) [3]
• Keine eigenständige Synkopenform
• Mäßiggradige zerebrale Minderperfusion im Stehen, die zu einer
orthostatischen Intoleranz, i.d.R. aber nicht zu einer Synkope führt
• Typischerweise zeigt sich eine Tachykardie ohne Blutdruckabfall
• Situative Synkope: Auslöser sind Miktion, Defäkation, Husten, Niesen, Lachen,
postprandial, nach Belastung (Sport)
• Karotissinussyndrom
• Überwiegend im höheren Lebensalter
• Auslöser: Mechanische Reizung des Karotissinus (bspw. durch Kopfdrehen, lokalen
Druck)
• Ursache: Arteriosklerotische Veränderungen des Karotissinus → Zunahme der
Empfindlichkeit der Barorezeptoren
• Mechanismus: Gesteigerte Empfindlichkeit des Karotissinus → Bei mechanischer
Reizung des Karotissinus → Überschießender Karotissinusreflex
• Varianten
• Kardioinhibitorischer Typ: Bradykardie/Asystolie (Herzfrequenzabfall
≥50%); Therapie: Schrittmacher
• Vasodepressorischer Typ: Primäre Hypotension (Blutdruckabfall ≥40%)
• Atypische Reflexsynkope: Auslöser unklar
Orthostatische Synkope [3]
• Überwiegend bei älteren Menschen, bei jungen Menschen selten
• Neurogene orthostatische Hypotension
• Mögliche Auslöser: Neurologische oder internistische Erkrankungen mit Schädigung des
peripheren oder zentralen autonomen Nervensystems, bspw. Morbus Parkinson, Multiple
Sklerose, Diabetes mellitus
• Pathophysiologie: Ungenügende sympathisch vermittelte Vasokonstriktion direkt nach dem
Aufstehen, z.B. durch Störung des autonomen Nervensystems oder
Medikamenteneinwirkung, meist zusätzlich gestörte autonome kardiale Innervation und
dadurch bedingt fehlender Herzfrequenzanstieg im Stehen → Relativ zu niedriger
peripherer Gefäßwiderstand und ungenügender venöser Rückstrom → Akute systolische
Hypotension → Zerebrale Minderperfusion → Synkope
• Nicht-neurogene orthostatische Hypotension
• Auslöser
• Volumenmangel: Bspw. bei Blutung, Erbrechen, Diarrhö
• Medikamente: Bspw. Antidepressiva, Diuretika, andere Antihypertensiva
• Pathophysiologie: Volumenmangel/Vasodilatation → Ungenügender venöser Rückstrom →
Akute systolische Hypotension → Zerebrale Minderperfusion → Synkope
• Unterscheidung klassische, initiale vs. verzögerte orthostatische Hypotension
• Klassische orthostatische Hypotension: Anhaltender systolischer Blutdruckabfall um ≥20
mmHg und/oder diastolischer Blutdruckabfall um ≥10 mmHg innerhalb 3 min nach dem
Aufstehen
• Initiale orthostatische Hypotension: Transienter Blutdruckabfall um >40 mmHg systolisch
und/oder 20 mmHg diastolisch innerhalb von 15 Sekunden nach aktivem Aufstehen
• Verzögerte orthostatische Hypotension: Blutdruckabfall um ≥20 mmHg und/oder
diastolischer Blutdruckabfall um ≥10 mmHgohne Bradykardie >3 min nach dem Aufstehen
Überblick über mögliche Ursachen einer Synkope
Pathomechanismus Unterformen Ursachen und Auslöser
Kardiale Akute, transiente Verminderung Arrhythmogene Bradykarde oder tachykardeHerzrh
Synkope des Herzzeitvolumens → Zerebrale Synkope ythmusstörung
Minderperfusion
Synkope infolge Herzklappenstenose, hypertroph-
struktureller obstruktive Kardiomyopathie (HO
Herzerkrankung CM), Vorhofmyxom

168
Pathomechanismus Unterformen Ursachen und Auslöser
Synkope infolge Lungenembolie, Aortendissektion,
primär pulmonale Hypertonie
extrakardialer
Erkrankung
Reflexsyn Überaktivität Neurokardiogene Angst, Schmerz, längeres Stehen
kope des Parasympathikus und (vasovagale)
Unteraktivität des Sympathikus → Synkope
Hypotension
und/oder Bradykardie → ZerebraleM Situative Synkope Miktion, Defäkation, Husten,
inderperfusion Niesen, Lachen, postprandial, nach
Belastung
Karotissinussyndr Gesteigerte Empfindlichkeit des
om Karotissinus (meist
bei arteriosklerotischen Veränderu
ngen) → Syst. RR-Abfall bei
mechanischer Reizung des
Karotissinus
Atypische Reflex Auslöser unklar
synkope
Orthostati „Versacken“ von Blut in die untere Neurogene orthos Autonome Dysfunktion
sche Extremität beim Aufstehen → tatische bei Morbus Parkinson, Multipler
Synkope Unzureichende Gegenregulation → Hypotension Sklerose oder Diabetes mellitus
Akute systolische Hypotension
→ Zerebrale Minderperfusion Nicht- Einnahme von Vasodilatantien
neurogene orthost oder Antidepressiva
atische Volumenmangel durch GI-
Hypotension Blutungen, Diarrhö oder Erbrechen

Pathophysiologie
• Sistieren des zerebralen Blutflusses über ≥6–8 Sekunden oder Absinken des systolischen Blutdrucks
<60 mmHg → Bewusstseinsverlust infolge globaler zerebraler Minderperfusion [1]

Symptome/Klinik
• Plötzlicher Verlust von Bewusstsein und Muskeltonus mit rascher, spontaner und kompletter
Erholung aufgrund einer transienten globalen zerebralen Minderperfusion[1]
• Dauer <15 Sekunden
• Blasses Hautkolorit
• Ggf. Enuresis
• Ggf. Konvulsive Synkope (häufige Verlaufsform)
• Nach initialem Tonusverlust: Myoklonien über eine kurze Zeitspanne <15 Sekunden
• Unterschiede zum zerebralen Krampfanfall
• Beginn erst nach Bewusstseinsverlust
• Danach schnelles und vollständiges Aufklaren

Diagnostik
Basisdiagnostik bei Synkope [1]
• Anamnese
• Akutsituation, Körper- und Kopfposition , Ruhe/Belastung, Emotionen, Prodromi?
• Erst- oder Rezidivereignis?
• Vorerkrankungen, insb. kardiovaskulär/neurologisch?
• Medikamente, insb. Antihypertensiva, Antiarrhythmika, Antidepressiva?
• Familiäre Herzerkrankungen/plötzlicher Herztod in der Familie?

169
• Klinische Untersuchung
• Körperliche Untersuchung
• Vitalparameter
• Sturzverletzungen?
• Schellong-Test : Blutdruckmessung im Liegen und im Stehen zur Prüfung, ob eine
physiologische Orthostase-Reaktion vorliegt
• Durchführung: Wiederholte Messung und Dokumentation von Blutdruck
und Herzfrequenz
• Beim liegenden Patienten: Über 10 min im Abstand von je 2 min
• Beim stehenden Patienten: 1, 3, 5 und 10 min nach dem Aufstehen
• Ergebnis : Hinweisend auf eine orthostatische Hypotonie sind
• Systolischer Blutdruck <90 mmHg oder
• Abfall des systolischen Blutdrucks um ≥20 mmHg oder
• Abfall des diastolischen Blutdrucks um ≥10 mmHg
• Befunde beim Schellong-Test: Nachfolgende Tabelle zeigt weitere Befundkonstellationen
beim Schellong-Test, die in dieser modellhaften Ausprägung allerdings nicht immer zu
erheben sind
RRs RRdi HF (Patho-)Physiologische Grundlagen Auftreten
yst ast
Normalbefund ↔ ↔ ↑ Herzfrequenzzunahme bei Lageänderung Physiologisch
oder (ma vom Liegen zum Stehen, um einem
leicht x. Abfall des Blutdrucks entgegenzuwirken
↑ 20
%)
Sympathikotone ↓ ↑ ↑ Unzureichende Venenkonstriktion bei Hypovolämie,
Orthostasereaktion insgesamt vorhandener sympathischer Einnahme
Gegenregulation (HF↑) von Vasodilatatore
n
Asympathikotone ↓ ↓ ↔ Dysfunktion des Sympathikus Altersbedingt,
Orthostasereaktion medikamentös
bedingt
(Sympathikolytika
), neurologisch
bedingt
(z.B. Multisystema
trophie)
Vasovagale ↓ ↓ ↓ Überaktivität des Parasympathikus, Volumenmangel
Orthostasereaktion Unteraktivität oder Vagusreiz
des Sympathikus → Vasodilatation und/
oder Bradykardie
HypertoneOrthostas ↑ ↑ ↑ Hoher Sympathikotonus Essentielle
ereaktion Hypertonie
Bei typischer Anamnese schließt ein unauffälliger Schellong-Test eine orthostatische
Dysregulation nicht aus!
• 12-Kanal-Ruhe-EKG
• Arrhythmien?
• Zeichen einer strukturellen Herzerkrankung?
Risikostratifizierung
• Risikomarker
• Synkope im Liegen oder bei körperlicher Belastung
• Plötzliches Herzrasen vor der Synkope
• Auffälliger bzw. suspekter EKG-Befund (s.u.)

170
• Herzinsuffizienz, schwere strukturelle Herzerkrankung oder Z.n. Myokardinfarkt
• Schwere Komorbidität, bspw. Anämie oder Elektrolytstörung
• Plötzlicher Herztod oder Ionenkanalerkrankung in der Familie
• Bei mind. einem Risikomarker: Sofortige stationäre Aufnahme, EKG-Überwachung
und erweiterte Diagnostik!
Nachweis-Kriterien und wegweisende Befunde in der Basisdiagnostik
Nachweis-Kriterien → Sofortige Wegweisende Suspekte EKG-Befunde →
stationäre Aufnahme, EKG- Befunde Sofortige stationäre
Überwachung und Therapie! Aufnahme, EKG-
Überwachung und
weiterführende
Diagnostik!
Kardiog • Sinusbradykardie <40/min Synkope • Sinusbradykardie
ene • Sinuspausen ≥3 Sekunden im Liegen 40–49/min
Synkope • AV-Block II° Typ Mobitz oder AV- oder bei • Sinuspausen <3
Block III° körperlich Sekunden
• Alternierend LSB und RSB er • AV-Block
• Schnelle paroxysmale supraventriku Belastung II° Typ Wenckebac
läre Tachykardie>160/min • Plötzliches h
• Ventrikuläre Tachykardie (VT), Herzrasen • Bifaszikulärer
nicht-anhaltende polymorphe VT vor der Block
bei langer oder kurzer QT-Zeit Synkope • Intraventrikuläre
• Schrittmacher- oder ICD- • Herzinsuff Leitungsstörung
Fehlfunktion mit Pausen izienz, • Nicht-
• Akute Myokardischämie mit EKG- strukturell anhaltende ventrikul
Veränderungen und ggf. e äre
Biomarker-Anstieg Herzerkra Tachykardie(VT)
• Hochgradige Aortenstenose nkung, Z. • Präexzitation
• Aortendissektion n. Myokar des QRS-
• Lungenembolie dinfarkt Komplexes
• Pulmonale Hypertonie • Plötzlicher • V.a. Arrhythmogene
• Perikardtamponade Herztodod rechtsventrikuläre D
• Vorhofmyxom er ysplasie(ARVD)
Ionenkana • V.a. Brugada-
lerkrankun Syndrom
g in der
Familie
Reflexsy Synkope nach emotionaler oder anhaltender Synkope nach
nkope orthostatischer Belastung (langes Stehen), körperlicher
verbunden mit typischen Prodromi wie Belastung
bspw. Übelkeit oder Verschwommensehen (vasovagale
(vasovagale Synkope) Synkope)

Während oder unmittelbar nach Synkope bei


spezifischen Triggern wie z.B. Kopfdrehen oder
Essen, Schmerz, Husten, Niesen, Druck auf
Erbrechen, Defäkation oder Miktion(Situati Karotissinus
onssynkope) (Karotissinussyndr
om)

Rezidivierende
Synkopen

171
Nachweis-Kriterien → Sofortige Wegweisende Suspekte EKG-Befunde →
stationäre Aufnahme, EKG- Befunde Sofortige stationäre
Überwachung und Therapie! Aufnahme, EKG-
Überwachung und
weiterführende
Diagnostik!
Keine strukturelle
Herzerkrankung
Orthosta Synkope unmittelbar nach dem Aufstehen Synkope während
tische und orthostatische Hypotonie im Schellong- der Eindosierung
Synkope Test vasodilatierender
Medikamente

Autonome
Neuropathie
oder Morbus
Parkinson
Bei V.a. auf eine kardiogene Synkope muss immer eine stationäre Aufnahme zur Abklärung erfolgen!
Erweiterte Diagnostik bei Synkopen
• Indikation: Unklare Synkopenursache nach Basisdiagnostik
• EKG-Monitoring
• Echokardiogramm
• Kipptischuntersuchung
• Karotissinus-Massage (CSM)
• Elektrophysiologische Untersuchung
CT/MRT Schädel oder EEG sind bei einer eindeutigen Synkope nicht indiziert.
Bei Patienten mit Synkope soll die Duplexsonographie der Hirngefäße nicht Bestandteil der Notfallroutine
sein! (DGIM - Klug entscheiden in der Notaufnahme)
CT/MRT Schädel, EEG oder Duplexsonographie der Halsgefäße kommen nur bei unklarer Diagnose zum
Ausschluss von Differentialdiagnosen zum Einsatz.

Erweiterte Diagnostik bei Synkope


EKG-Monitoring [1]
• Indikation: Verdacht auf kardiale (arrhythmogene) Synkope in Basisdiagnostik
• Ergebnis: Nachweis oder Ausschluss einer korrelierenden Arrhythmie bei erneuter (Prä-)Synkope
während der Überwachung
• Möglichkeiten
• Stationäres EKG-Monitoring als erste Maßnahme
• Langzeit-EKG (über 3 Tage) bei rezidivierenden (Prä-)Synkopen ≥1×/Woche bzw. bei V.a.
kardiale (arrhythmogene) Synkope und erfolglosem Nachweis im primären Monitoring
• Externer EKG-Ereignisrekorder bei V.a. kardiale (arrhythmogene) Synkope und
erfolglosem Nachweis im Langzeit-EKG
• Implantierbarer EKG-Ereignisrekorder bei V.a. kardiale (arrhythmogene) Synkope und
erfolglosem Nachweis im Langzeit-EKG
• Bei Patienten ohne Risikofaktoren mit häufig rezidivierenden Synkopen unklarer
Ursache
• Bei Risikopatienten
Belastungs-EKG (Ergometrie)
• Indikation: Synkope während oder kurz nach körperlicher Belastung
• Beweisend für eine kardiogene Synkope
• Reproduzierbare Synkope mit EKG-Auffälligkeiten oder ausgeprägter Hypotonie bei oder
unmittelbar nach Ergometrie
• AV-Block II° Typ Mobitz oder AV-Block III° (auch ohne Synkope)
• Weitere Befunde

172
• Symptomatische Bradykardie bei Belastung: Zeichen einer kardialen Pathologie und
Substrat einer kardiogenen Synkope
• Symptomatische Bradykardie nach Belastung: Zeichen eines pathologischen vegetativen
Reflexes und Substrat einer (kardiodepressorischen) Reflexsynkope
Echokardiogramm
• Indikation: Verdacht auf strukturelle Herzerkrankung nach Anamnese, körperlicher Untersuchung
und/oder EKG
• Beweisend für eine kardiogene Synkope
• Hochgradige Aortenstenose
• Aortendissektion
• Perikardtamponade
• Vorhofmyxom
• Weitere Befunde, bei denen eine Folgediagnostik notwendig ist
• Lungenembolie
• Pulmonale Hypertonie
Kipptisch-Test
• Indikation
• Verdacht auf Reflexsynkope ohne hinreichende anamnestische Belege
• Rezidivierende Synkopen bei unklarer Ätiologie nach Basisdiagnostik
• Erstmalige Synkope nur bei schweren Sturzverletzungen oder bei beruflichem Risiko durch
erneute Synkopen
• Durchführung: Patient auf dem Kipptisch fixieren, 15 min in liegender Position, dann passives
Aufrichten auf ca. 70° und ca. 20 min dort belassen, ggf. Provokation mit Nitroglycerin sublingual
• Ergebnis
• Unauffälliger Befund: Steigerung der Herzfrequenz bei kaum verändertem Blutdruck
und ohne Synkope oder Präsynkope
• Beweisend für eine vasovagale Reflexsynkope: Auftreten einer
• Synkope
• Präsynkope mit Hypotension (systolischer Druck <90 mmHg) oder Bradykardie
Karotissinus-Massage (CSM)
• Indikation
• Verdacht auf Karotissinussyndrom aufgrund entsprechender Anamnese, bspw. Synkope
nach Kopfdrehen oder beim Rasieren
• Patienten >40 Jahre mit unklarer Synkope nach Abschluss der Basisdiagnostik
• Durchführung
• Immer erst Auskultation der Karotiden
• Bei Strömungsgeräuschen: Keine CSM, weil dadurch Plaques abgelöst werden
können
• Bei unauffälligem Befund: Massage des rechten und linken Karotisbulbus über 10
Sekunden jeweils im Liegen und Stehen, mit angeschnalltem Patient auf dem
Kipptisch, dabei kontinuierliche EKG-Ableitung und
regelmäßige Blutdruckmessung
• Ergebnis
• Unauffälliger Befund: Karotissinussyndrom sehr unwahrscheinlich
• Auffälliger Befund ohne Synkope: Unspezifisches Ergebnis
• Synkope plus Asystolie >3 Sekunden und/oder systolischer Blutdruckabfall um >50 mmHg:
Beweisend für eine Reflexsynkope
Invasive elektrophysiologische Untersuchung (EPU)
• Indikation
• Verdacht auf arrhythmogene Synkope, insb. bei struktureller Herzerkrankung
• Synkope und Schenkelblock im EKG
• Herzrasen vor der Synkope
Pharmakologischer Provokationstest (nicht-invasive Sonderform der elektrophysiologischen
Diagnostik)
• Indikation: Verdacht auf Brugada-Syndrom (zur Diagnosesicherung bzw. zum Ausschluss)

173
• Durchführung: Demaskieren des Typ I-EKGs mittels i.v.-Applikation von Klasse I-
Antiarrhythmika bei Verdachtsfällen und uncharakteristischem EKG-Befund
• Ergebnis: Bei Brugada Typ I
• Charakteristische Veränderungen der (rechts-)ventrikulären Repolarisation mit ST-
Hebung >0,2 mV, negative T-Welle in mind. 1 Ableitung (V1–V3)
Labor
• Immer
• Serum: Natrium, Chlorid, Kalium, Calcium, Glucose, TSH basal, Kreatinin
• EDTA: Kleines Blutbild
• Bei V.a. akutes Koronarsyndrom oder Lungenembolie zusätzlich: Troponin und D-Dimere

Differentialdiagnosen
Transienter Bewusstseinsverlust: TLOC (Transient loss of consciousness) [1]
• Traumatisch bedingt (Schädel-Hirn-Trauma)
• Nicht-traumatisch bedingt, bspw.
• Synkope
• Epileptischer Krampfanfall
• Psychogener Bewusstseinsverlust (dissoziativer (psychogener) Anfall)
Nicht-synkopale Anfälle
Charakteristika des Anamnestische Diagnostische Hinweise
Anfalls Hinweise
Epileptischer • Dauer meist >15 • Bekannte Epi • Auffälliges EEG
Anfall Sekunden lepsie • ZNS-Läsionen in der
mit postiktaler Eintr • Aura Bildgebung
übung (verzögertem
Aufklaren)
• Tonische Phase/Mu
skelzuckungen
zeitgleich mit
Bewusstseinsverlust

• Automatismen
(bspw. Schmatzen,
Kauen)
• Lateraler
Zungenbiss
Dissoziativer • Meist längere • Bekannte diss • Oft somatische
(psychogener) Dauer >2 min oziative Begleitsymptomatik
Anfall • Stupor-, Störung
tranceähnlicher
Zustand
• Psychische
Auffälligkeiten
Intoxikation • Längere Dauer der • Bspw. Alkoh • Je nach Ursache ggf.
Bewusstlosigkeit ol- oder Einstichstellen
ohne sofortiges Drogenabusu (Heroin),
Aufklaren s, Alkoholgeruch aus
Medikamente dem Mund,
neinnahme Pupillenauffälligkeite
n
• Substanznachweis
im Blut

174
Charakteristika des Anamnestische Diagnostische Hinweise
Anfalls Hinweise
Hypoglykämie • Längere Dauer der • Bekannter Di • Nachweis
Bewusstlosigkeit abetes einer Hypoglykämie b
ohne sofortiges mellitus ei Blutzuckermessung
Aufklaren • Therapie • Besserung nach
mit Insulinbz Glucosegabe
w. Antidiabet
ika
Herzstillstand • Anhaltende Bewuss • Bekannte • EKG-Auffälligkeiten
tseinsstörungohne strukturelle • Strukturelle
spontane oder Auffälligkeiten
Normalisierung des arrhythmogen in Echokardiographie
Kreislaufs e
Herzerkranku
ng
• Herzerkranku
ng/Herztod in
der Familie
Vertebrobasiläre I • Kompletter • Auftreten bei • Blutdruckdifferenz im
schämie/Steal- Bewusstseinsverlust Armbelastung Seitenvergleich
Syndrome selten en
• Fokal-neurologische
Auffälligkeiten
während der
Attacke (bspw.
Doppelbilder, Dysar
thrie)
Schädel-Hirn- • Längere Dauer der • Gewalteinwir • Pathologie in der
Trauma Bewusstlosigkeit i.d kung auf den Bildgebung
.R. ohne sofortiges Kopf (z.B.
Aufklaren Schlag oder
• Zusätzlich tonische/ Sturz)
klonischeZuckunge • I.d.R. Sekund
n möglich en nach
Trauma
Die hier aufgeführten Differentialdiagnosen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Therapie
Kardiale Synkope [1]
• Primäre Maßnahmen
• Therapie der ursächlichen Erkrankung, bspw. bei Klappenstenose
• Ausschluss reversibler Auslöser von Herzrhythmusstörungen, insb. Elektrolytentgleisung,
Schilddrüsenfunktionsstörung oder Medikamentennebenwirkung
• Bei bradykarden Arrhythmien: Schrittmacherimplantation
• Sinusknotenerkrankungen: Bei Synkopen
• und asymptomatischem Sinusarrest ≥3–6 s, außer bei jungen Sportlern,
schlafbedingten Pausen oder Pausen unter herzfrequenzsenkender Medikation
• und pathologischer Sinusknotenerholungszeit
• durch Sinusarrest ohne beeinflussbare Ursache
• AV-Überleitungsstörungen: Bei Synkopen
• durch Schenkelblock
• durch AV-Block II° Typ Mobitz oder AV-Block III°

175
• Bei tachykarden Arrhythmien
• Katheterablation
• Bei Synkopen durch SVT oder VT ohne strukturelle Herzerkrankung
• Medikamentöse antiarrhythmische Therapie
• Bei Synkopen
• durch plötzlich auftretendes tachykardes Vorhofflimmern
• durch SVT oder VT bei erfolgloser/unmöglicher Katheterablation
• ICD-Implantation (um einen plötzlichen Herztod zu verhindern)
• Unabhängig vom Auftreten einer Synkope: Immer bei hochgradig eingeschränkter
linksventrikulärer Herzleistung
• Bei Synkopen
• und VT und struktureller Herzerkrankung
• und induzierbarer anhaltender monomorpher VT bei Patienten nach Myokardinfarkt
• und hypertropher Kardiomyopathie oder Ionenkanalerkrankung
• und arrhythmogener rechtsventrikulärer Dysplasie (ARVD), long QT-Syndrom
oder Brugada-Syndrom
Reflexsynkope
• Allgemeinmaßnahmen
• Aufklärung über Diagnose und fehlende vitale Gefährdung
• Meiden auslösender Umstände
• Erkennen von Prodromi und Ausüben von Gegenmaßnahmen, insb. isometrische
mechanische Manöver („counter-pressure manoeuvre“)
• Durchführung: Verschränken der Hände ineinander, Überkreuzen der Beine, dann
Anspannen der Streckmuskulatur der proximalen Extremitäten gegen Widerstand →
Steigerung von Sympathikotonus und Blutdruck → Verhindern einer Synkope
• Bei gleichzeitiger orthostatischer Hypotonie: Trinkmenge mind. 2 L/Tag und ausreichende
Kochsalzzufuhr
• Ggf. medikamentöser Therapieversuch: Midodrin (α1-Rezeptor-Agonist)
• Ggf. Implantation eines 2-Kammer-Schrittmachers
• Bei Patienten über 40 J. mit rezidivierenden Synkopen und korrelierender
kardioinhibitorischer Reaktion im EKG
• Bei dominierendem kardioinhibitorischen Karotissinussyndrom
Synkope bei orthostatischer Hypotonie
• Allgemeinmaßnahmen
• Aufklärung über Diagnose und präventive Maßnahmen
• Meiden von Medikamenten, die eine orthostatische Hypotonie begünstigen (insb. vasoaktive
Medikamente und Diuretika)
• Trinkmenge mind. 2 L/Tag und ausreichende Kochsalzzufuhr
• Regelmäßiges Ausdauertraining
• (Insb. morgendliches) Aufstehen langsam über sitzende Position und nicht ruckartig
• Nur möglicherweise wirksam: Isometrische mechanische Manöver, Schlafen mit erhöhtem
Kopfende, Tragen von Kompressionsstrümpfen
• Ggf. medikamentöser Therapieversuch[3][4]
• Midodrin (α1-Rezeptor-Agonist)
• Fludrocortison (Mineralocorticoid)
Eine Synkope im Rahmen einer hypertrophen Kardiomyopathie, einer arrhythmogenen
rechtsventrikulären Dysplasie (ARVD), einem Long-QT-Syndrom oder einem Brugada-Syndrom gilt
IMMER als Warnsignal und Risikofaktor für einen plötzlichen Herztod!

Komplikationen
• Je nach Ursache (z.B. lebensbedrohliche Arrhythmien) [1]
• Sturzbedingte Verletzungen in 30% aller Fälle, in ca. 5–10% schwere Verletzungen
wie Frakturen oder Schädel-Hirn-Traumata
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

176
Prognose
• Rezidivrisiko [1]
• 30% innerhalb von 3 Jahren nach einer Synkope
• Je mehr Synkopen auftreten, desto wahrscheinlicher ist ein weiteres Rezidiv
• Lebenserwartung
• Bei Patienten mit Reflexsynkope normal
• Bei begleitenden kardiovaskulären Pathologien entsprechend der Grunderkrankung erhöhte
Gesamtmortalität (insb. durch plötzlichen Herztod)
Das Rezidivrisiko innerhalb von 3 Jahren nach einer Synkope beträgt ca. 30%.

177
Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)

Abstract
Bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) liegt ein teilweiser (Stenose) oder kompletter
Verschluss (Okklusion) peripherer Arterien vor, der zu einer verminderten arteriellen Durchblutung führt.
Betroffen ist in den meisten Fällen die untere Extremität. Ursächlich ist zu etwa 95% eine Atherosklerose,
deren wichtigste Risikofaktoren Rauchen, Diabetes mellitus und arterielle Hypertonie sind. Meist handelt es
sich um chronische Prozesse, akute Arterienverschlüsse der Extremitäten sind vergleichsweise selten (siehe
dazu: „Akuter arterieller Verschluss einer Extremität“).
Diagnostisch wegweisend ist neben der körperlichen Untersuchung vor allem die farbkodierte
Duplexsonographie sowie die Angiographie. Die pAVK wird klinisch in vier Stadien (nach Fontaine)
eingeteilt. Therapeutisch wird ab Stadium I eine Modifizierung der Risikofaktoren, im Stadium II
Gehtraining empfohlen. Im Stadium III und IV oder bei einem akuten Gefäßverschluss sollten
interventionelle (z.B. Angioplastie mit Stent-Einlage) oder operative Therapien (z.B. Bypass-OP)
durchgeführt werden.
Die in den meisten Fällen ursächliche Atherosklerose ist nicht heilbar, weshalb der prophylaktischen
Minimierung von Risikofaktoren wesentliche Bedeutung zukommt. Damit kann auch das Risiko für das
Auftreten eines akuten Koronarsyndroms und Schlaganfalls gesenkt werden.

Epidemiologie
• Prävalenz[1][2]
• Allgemeinbevölkerung: 3–10%
• Personen >70 Jahre: 15–20%
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Ätiologie
Ätiologie der chronischen pAVK
• Atherosklerose: In ca. 95% ursächlich
• Hauptrisikofaktoren
• Nikotinabusus
• Diabetes mellitus
• Arterielle Hypertonie
• Hyperlipid- und Hypercholesterinämie
• Weitere Faktoren siehe: Allgemeine Risikofaktoren für die Entstehung einer
Atherosklerose
• Weitere Ursachen
• Entzündlich
• Vaskulitis (z.B. Thrombangiitis obliterans)
• Genetisch (z.B. zystische Adventitiadegeneration )
• Traumatische Gefäßverletzungen
• Fibromuskuläre Dysplasie
Ätiologie akuter arterieller Verschlüsse einer Extremität
• Arterielle Embolien (z.B. aus Popliteaaneurysma , aus kardialen Thromben bei Vorhofflimmern)
• Lokale Thrombosen
• Weitere Ursachen siehe: Akuter arterieller Verschluss einer Extremität

Klassifikation
Befall der unteren Extremität
In über 90% der Fälle ist die untere Extremität von der pAVK betroffen.
• pAVK vom Beckentyp (ca. 35%): Stenosen im Bereich von Aorta abdominalis und Aa. iliacae
• Aortenbifurkations-Syndrom (ca. 1%): Verschluss auf Höhe der Aortenbifurkation mit oder
ohne Einbezug der Iliakalgefäße
• pAVK vom Oberschenkeltyp (ca. 50%): Stenosen im Bereich von A. femoralis und A. poplitea
• pAVK vom Unterschenkeltyp (ca. 15%): Stenosen distal der A. poplitea
• Akraler Typ (selten als Unterform des Unterschenkeltyps verwendet, wenn ein isolierter
Verschluss von Zehenarterien vorliegt)

178
• pAVK vom Mehretagentyp : Stenosen in proximalen und distalen Bein- und
Fußarterien (Mischtyp)
Abhängig von Begleiterkrankungen bzw. Risikofaktoren zeigt die pAVK ein unterschiedliches
Befallsmuster: Bei Rauchern manifestiert sie sich eher im Becken, bei Diabetikern an Unterschenkel und
Akren. Aber Vorsicht, Verwechslungsgefahr: Die Thrombangiitis obliterans, die vorwiegend junge Raucher
betrifft, führt ebenso wie der Diabetes eher zu einem Befall der distalen und akralen Gefäße!
Befall der oberen Extremität
In weniger als 10% der Fälle betrifft die pAVK die obere Extremität.
• pAVK vom Schultertyp (ca. 30%): Stenosen im Bereich von A. subclavia und A. axillaris
• pAVK vom digitalen Typ (ca. 70%): Stenosen im Bereich der Aa. digitales

Symptome/Klinik
Die chronische pAVK verläuft in frühen Erkrankungsstadien häufig asymptomatisch. Ausmaß und Höhe der
Symptomatik sind abhängig von Stenosegrad , Kollateralkreisläufen sowie der Lokalisation der Stenose.
Initiale Symptome
• Claudicatio intermittens: Leitsymptom
• Belastungsabhängige, krampfartige Ischämieschmerzen
• Besserung durch Tieflagerung und Pausen
• Häufig verbunden mit Schwäche- und Kältegefühl
• „Walking-through-Syndrom“: Besserung der Beschwerden trotz weiterer Belastung
Lokalisation
• Distal der vorliegenden Stenose
• pAVK vom Beckentyp: Gesäß, Oberschenkel
• Aortenbifurkations-Syndrom (Leriche-Syndrom)
• Verschluss auf Höhe der Aortenbifurkation mit oder ohne Einbezug der
Iliakalgefäße : Gesäß- und
Beckenregion, Oberschenkel, Impotenz (Erektionsschwäche, Impotentia
coeundi)
• pAVK vom Oberschenkeltyp: Unterschenkel
• pAVK vom Unterschenkeltyp: Fuß

Symptome bei kritischer Extremitätenischämie


• Ischämischer Ruheschmerz
• Lokalisation: Region der „letzten Wiese“
• Besserung durch Tieflagerung
• Trophische Störungen der Haut und der Extremitäten
• Gangrän, Ulzera (Ulcus cruris arteriosum), Nekrosen
• Häufig an der Außenseite des Unterschenkels, am Außenknöchel und an den Zehen
• Sehr schmerzhaft
• Blasse, kühle Haut

Stadien
Stadien der pAVK nach Fontaine
Stadien der pAVK nach Fontaine
Stadium I • Beschwerdefreiheit
Stadium II • Belastungsschmerz
• IIa: Schmerzfreie Gehstrecke >200 m
• IIb: Schmerzfreie Gehstrecke <200 m

Stadium III • Ischämischer Ruheschmerz


Stadium IV • Trophische Störungen: Nekrosen/Gangrän/Ulkus (Ulcus cruris arteriosum)

Stadien der pAVK nach Rutherford

179
Stadien der pAVK nach Rutherford
Klinik Objektive Kriterien
Stadium • Beschwerdefreiheit • Normale Laufbandbelastung
0 • Normaler Hyperämietest in der Ratschow-
Lagerungsprobe
Stadium • Leichte Claudicatio • Laufbandbelastung : 5 min möglich
1 intermittens • Knöchelarteriendruck (aKD) nach
Belastung: >50 mmHg, aber mind. 20
mmHgniedriger als Ruhewerte
Stadium • Mäßige Claudicatio • Zwischen Rutherford 1 und 3
2 intermittens
Stadium • Schwere Claudicatio • Laufbandbelastung : 5 min nicht möglich
3 intermittens • Knöchelarteriendruck (aKD) nach
Belastung: <50 mmHg
Stadium • Ischämischer Ruheschmerz • Knöchelarteriendruck (aKD) in Ruhe: ≤40
4 mmHg
• Arterieller Zehenverschlussdruck (aZD) in
Ruhe: ≤30 mmHg
• Großzehenoszillographie: Schwach pulsatil oder
flach
Stadium • Kleinflächige Nekrose • Knöchelarteriendruck (aKD) in Ruhe: ≤60
5 mmHg
• Arterieller Zehenverschlussdruck (aZD) in
Stadium • Großflächige Nekrose Ruhe: ≤40 mmHg
6 • Großzehenoszillographie: Schwach pulsatil oder
flach

Diagnostik
Anamnese und körperliche Untersuchung[2]
• Anamnese: Erfragen von Schmerzcharakter und -lokalisation
sowie arteriosklerotischen Risikofaktoren
• Inspektion: Hautfarbe (blass, ggf. zyanotisch), Schweißbildung↓, trophische Störungen?
• Auskultation der Extremitäten im Seitenvergleich
• Systolisches Stenosegeräusch über betroffenem Gefäß
• Palpation der Extremitäten im Seitenvergleich
• Temperatur↓
• Pulsstatus aller Gefäßgebiete inkl. Kapillarpuls an Zehen und Fingern
• A. femoralis, A. poplitea, A. brachialis, A. radialis, A. carotis communis, A.
temporalis
• Fußpulse
• A. dorsalis pedis: Lateral der Sehne des M. extensor hallucis
longus zwischen 1. und 2. Strahl
• A. tibialis posterior: Hinter dem Innenknöchel
• Ratschow-Lagerungsprobe
Die Befunde aus Anamnese, Inspektion, Auskultation und Palpation sollten immer zusammen beurteilt
werden. Ein alleiniges Tasten der Pulse ist unzureichend und fehlerbehaftet![2]
Bei der durch eine Mikroangiopathie ausgelösten pAVK (bspw. im Rahmen eines Diabetes mellitus) können
die Fußpulseweiterhin tastbar sein!

Knöchel-Arm-Index (Syn.: Doppler-Verschlussdruckmessung, engl. „ankle-brachial-index“ (ABI))


• Definition: Systolischer RR des Unterschenkels / systolischer RR des Oberarmes

180
Knöchel-Arm-Index Interpretation
• >0,9–1,2 • Normwert
• 0,75–0,9 • Leichte pAVK
• 0,5–0,75 • Mittelschwere pAVK
• <0,5 • Schwere pAVK
• >1,3 • Kann auf eine Mediasklerose mit starrer Gefäßwand hinweisen
• Variante: Erheben des Knöchel-Arm-Index 1 Minute nach Belastung
• Zum Nachweis gut kollateralisierter Verschlüsse oder hämodynamisch grenzwertig
relevanter Stenosen
Bei Diabetikern zeigen sich aufgrund einer Mönckeberg-Mediasklerose in 10–30% der Fälle falsch
hohe ABI-Werte![2]
Ergänzende Untersuchungsmöglichkeiten bei nicht plausiblen ABI-Werten
• Pulsatilitätsindex
• Definition: Messen von Strömungsgeschwindigkeiten mittels Dopplersonographie (Vmax −
Vmin / Vmittel)[5]
• Interpretation[6]
• Hinweis auf hämodynamisch relevante Stenose: Abnahme der Amplitudenhöhe und
Abnahme bzw. Entfallen des Rückflussanteils
• Hinweis auf Mediasklerose: Abflachung der Dopplerpulskurve (Verringerung der
Pulsatilität) bei normwertigem ABI
• Zehen-Arm-Index (engl. „toe-brachial-index“, TBI)
• Definition: Systolischer RR der Zehen / systolischer RR des Oberarmes
• Indikation: Diabetische Patienten mit einem ABI >1,3
• Interpretation: ≤0,7 = pathologisch
• Oszillographie: Messung von Volumenschwankungen der Extremitäten, die durch die
arterielle Pulswelle verursacht werden
• Lichtreflexionsrheographie (Photoplethysmographie): Messung des Füllungsstands
der Arterien mittels Lichtabsorption
• Transkutane Sauerstoffdruckmessung: Ergänzend zur Beurteilung des Amputationsrisikos
Belastungsuntersuchung
• Quantifizierung der Gehstrecke
• Mittels Laufbandergometrie oder einer definierten Strecke
• Ist der Patient nicht in der Lage, zu laufen, kann alternativ die aktive Plantarflexion
erfolgen[2]
• Erfassen von schmerzfreier Gehstrecke, maximaler Gehstrecke, Gehzeit und ABI vor und
nach Belastung
• Dient der Diagnosesicherung und als Ausgangswert zur Beurteilung des Therapieverlaufs
• Ein um 20% erniedrigter ABI-Wert nach Belastung gilt als beweisend für die
Diagnose einer pAVK[2]
• Weiteres zur Einordnung der Ergebnisse der Laufbandergometrie siehe: Stadien der
pAVK nach Rutherford
Bildgebung
Farbkodierte Duplexsonographie (FKDS)
• Ultraschalluntersuchung, die farblich die Richtung des Blutstroms in Bezug auf den Schallkopf, die
Flussgeschwindigkeit des Blutes sowie Strömungsturbulenzen anzeigt
• Stellenwert
• Diagnostische Methode der ersten Wahl zur Beurteilung von Aorta, Ästen der Aorta,
Beckenarterien, Beinarterien
• Ist bei gut beurteilbarem Gefäßstatus als alleinige bildgebende Methode vor der
konservativen Therapie oder vor der digitalen Subtraktionsangiographie (DSA) unter
Interventionsbereitschaft (Ballondilatation, Stentimplantation) ausreichend [2]
• Essentiell in der Therapieplanung vor invasiven Eingriffen

181
Weitere Bildgebung
Weitere bildgebende Untersuchungen sollen bei therapeutischer Konsequenz (insb. vor geplanter Operation),
nicht ausreichend beurteilbarem Befund der FKDS oder nicht zur Verfügung stehender FKDS eingesetzt
werden.
• Angiographie: Kontrastmittelaussparung bzw. fehlendes Flusssignal im Bereich der Stenose (je
nach Methode)
• MR-Angiographie: Bei nicht ausreichend beurteilbarem Befund der FKDS
• Detaillierte Detektion stenosierter Gefäßbereiche ohne Belastung durch ionisierende
Strahlung; Möglichkeit der dreidimensionalen Darstellung
• Angiographie mit Kontrastmittel (Gadolinium)
• Angiographie ohne Kontrastmittel mittels Darstellung des Phasenunterschieds
zwischen bewegtem Blut und umliegendem Gewebe (Phasenkontrast-MRA) oder
mittels unterschiedlicher Magnetisierung von schnell fließendem Blut und
Gewebe(Time-of-Flight-MRA)
• CT-Angiographie: Als Alternative zur MR-Angiographie
• Digitale Subtraktionsangiographie (DSA): Goldstandard
• Zur Operationsplanung bei komplexen Befunden der MR- oder CT-Angiographie
• Bei aussagekräftiger FKDS ist die DSA unter Interventionsbereitschaft bildgebende
Untersuchung der Wahl
• CO2-Angiographie: Als Alternative zur DSA bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz;
kontraindiziert in der Diagnostik der thorakalen Aorta und supraaortalen Gefäßen
Zur Abklärung einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) soll nicht primär eine Diagnostik
mittels CT oder MRTdurchgeführt werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Angiologie)

182
Differentialdiagnosen
• Venöse Thrombosen (z.B. TVT)
• Claudicatio spinalis
• Polyneuropathie
• Akuter arterieller Verschluss
• Thrombangiitis obliterans
Die hier aufgeführten Differentialdiagnosen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

183
Therapie
Überblick stadiengerechte Therapie
Fonta Konservativ Medikamentös Interventio
ine- nelle und
Stadi Nikotinve Gehtra Wundbeha RR- Stat ASS oder Clo Prosta System operative
um rzicht ining ndlung und ine pidogrel noide ische Revaskula
BZ- Antibio risation
Einstel se
lung
Stadi ✓ ✓ ✓ (✓)
um I
Stadi ✓ ✓ ✓ ✓ ✓ (✓)
um II
Stadi ✓ ✓ ✓ ✓ (✓) ✓
um
III
Stadi ✓ ✓ ✓ ✓ ✓ (✓) (✓) ✓
um
IV
Konservativ (Indikationsstellung nach Fontaine-Stadien)
• Alle Stadien
• Nikotinverzicht
• Im Stadium II
• Regelmäßiges Gehtraining
• Im Stadium IV
• Strukturierte Wundbehandlung und Druckentlastung
Bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) im klinischen Stadium II n. F.
(„Schaufensterkrankheit“) soll, wenn immer möglich, ein strukturiertes Gehtraining durchgeführt werden.
(DGIM - Klug entscheiden in der Angiologie)
Medikamentöse Therapie der pAVK (Indikationsstellung nach Fontaine-Stadien)
• Ab Stadium I
• Statine
• Keine Gabe von Nikotinsäure-Präparaten und Omega-3-Fettsäuren
• Blutdruckeinstellung
• Zielblutdruck von <140/90 mmHg
• Primär empfohlen: ACE-Hemmer oder Calciumantagonisten
• Weiteres siehe: Therapie der arteriellen Hypertonie
• Blutzuckereinstellung, siehe: Therapie des Diabetes mellitus
• Ab Stadium II
• Acetylsalicylsäure oder Clopidogrel
• Stadium II
• Mit erheblich verringerter Lebensqualität, Gehstrecke <200 Meter und eingeschränkt/nicht
möglichem Gehtraining
• Naftidrofuryl oder Cilostazol
• Ab Stadium III
• Wenn eine interventionelle oder operative Revaskularisation nicht möglich ist
• Prostanoide (z.B. Prostaglandin E1)
• Ab Stadium IV
• Bei kritischer Ischämie und Infektion
• Systemische Antibiose
• Schmerztherapie
• Antikoagulation

184
• Nur als Rezidivprophylaxe kardialer Embolien, im Rahmen von Lysetherapien, bei
vorwiegend thrombotischen arteriellen Verschlüssen, gleichzeitig bestehenden
Venenthrombosen oder bei inoperablen Patienten mit drohendem Verschluss nach
infrainguinaler Rekanalisierung
• Weitere Informationen siehe: Therapeutische Antikoagulation - klinische Anwendung
Bei (gleichzeitiger) Indikation zur oralen Antikoagulation soll wegen einer peripheren arteriellen
Verschlusskrankheit (pAVK) eine zusätzliche Thrombozytenfunktionshemmung nicht erfolgen.

Interventionelle und operative Revaskularisation


Indikationsstellung nach Fontaine-Stadien
• Ab Stadium III
• Wenn möglich interventionelle Revaskularisation
• Operative Revaskularisation: Insb. bei Femoralisgabelläsion
• Stadium II: Relative Indikation
• Interventionelle Revaskularisation bei
• Erfolgloser konservativer und medikamentöser Therapie
• Großer Beeinträchtigung der Lebensqualität, beruflicher Notwendigkeit, starkem
Wunsch des Patienten oder wenn ein Gehtraining nicht möglich ist
• Insbesondere bei proximalen Gefäßverschlüssen auch als primäre Therapieoption
• Operative Revaskularisation bei
• Großer Beeinträchtigung der Lebensqualität, beruflicher Notwendigkeit oder
starkem Wunsch des Patienten und erfolgloser oder ungeeigneter interventioneller
Revaskularisation
• Verschlüsse der Unterschenkelarterien: Weder interventionelle noch chirurgische Eingriffe
in Stadium II
• Stadium I: In Einzelfällen
• Interventionelle Revaskularisation: Kann bei Patienten mit hämodynamisch
relevanten Stenosen oder Verschlüssen und einem erhöhten Risiko für Fußläsionen erwogen
werden
Lokalisationsbezogene interventionelle und operative Therapie der pAVK
• Aortoiliakale Läsion
• Primär interventionelle Revaskularisation
• Operative Revaskularisation
• Bei erfolgloser interventioneller Revaskularisation
• Bei langstreckigen Läsionen beider Beckenarterien
• Wenn sie nach interkollegialer bzw. interdisziplinärer Beratung sinnvoller erscheint
• Läsion der Femoralisgabel
• Operative Revaskularisation
• Femoropopliteale Läsion
• Primär interventionelle Revaskularisation
• Operative Revaskularisation bei
• Erfolgloser interventioneller Revaskularisation
• Langstreckigen Verschlüssen, vertretbarem OP-Risiko, Lebenserwartung >2
Jahre und geeigneter autologer Spendervene
• Gelenküberschreitende Läsion
• Primär operative Revaskularisation
• Interventionelle Revaskularisation mit Stentimplantation: Nur bei drohendem
Extremitätenverlust und fehlenden Therapiealternativen
• Infrapopliteale Läsion
• Primär interventionelle Revaskularisation
• Operative Revaskularisation
• Bei komplexen, langstreckigen Verschlüssen
• Bei erfolgloser interventioneller Revaskularisation oder weiter bestehenden
klinischen Symptomen
• Kann ab Stadium III bei vertretbarem OP-Risiko und geeigneter autologer
Spendervene vorrangig erwogen werden

185
Aufgrund der niedrigeren Morbidität, Mortalität und Invasivität sowie der geringeren Kosten sollen bei einer
notwendigen Revaskularisation wenn möglich primär interventionelle Maßnahmen angestrebt werden. Bei
Femoralisgabelläsionen eignen sich interventionelle Verfahren jedoch nicht!
Interventionelle Verfahren
• Standardverfahren: Perkutane transluminale Angioplastie (PTA) mit Ballondilatation und
ggf. Stent-Einlage
• Vorschieben eines Führungsdrahtes über die Stenose → Einführen eines aufblasbaren
Ballons → Dilatation der Engstelle (Ballondilatation) → Ggf. Stentimplantation
• Speziellere Verfahren: Atherektomie, Cutting-Balloon-Technik, Rotationsthrombektomie,
Laserangioplastie
Wahl des interventionellen Verfahrens je nach Lokalisation der Läsion
• Aortoiliakale Läsion
• Bevorzugt primäre Stentangioplastie (höhere Offenheitsraten im Verlauf) anstelle einer
Ballonangioplastie mit sekundärer Stentimplantation
• Femoropopliteale Läsion
• Läsionen von mittlerer (6,4–7,5 cm) bis großer Länge (12–13 cm): Bevorzugt primäre
Stentangioplastie mit Nitinol-Stentsanstelle einer Ballonangioplastie mit sekundärer
Stentimplantation
• Läsionen von großer Länge (12–13 cm): Bevorzugt Implantation eines
singulären Stents anstelle der Implantation mehrerer, sich überlappender Stents
• Bei Indikation zur Ballonangioplastie: Verwendung Paclitaxel-beschichteter Ballons
• Läsionen der A. poplitea
• Primäre Ballonangioplastie
• Infrapopliteale Läsionen
• Primäre Ballonangioplastie
• Sekundäre Stentimplantation bei nicht zufriedenstellendem Ergebnis in
der Angiographie nach Ballonangioplastie

pAVK - Operative Verfahren[7]


• Thrombendarteriektomie bei pAVK (TEA, Desobliteration) mit oder ohne Patchplastik
• Offen
• Eröffnung des Gefäßes in Längsrichtung → Ausschälen des eröffneten Abschnitts
mittels Spatel → Absetzen des ausgeschälten Anteils mit einer Schere → Fixierung
der in Richtung des Blutstroms liegenden Intima mit Nähten → Verschließen des
Gefäßes, meist unter Verwendung einer Patchplastik
• Halb geschlossen
• Eröffnen des Gefäßes in Längsrichtung proximal und distal der Läsion →
Ausschälen eines Zylinders mittels Spatel → Einfädeln des Zylinders in einen
Ringstripper → Ausschälen des Gefäßabschnittes durch Vorschieben des
Ringstrippers unter Rotation → Zurückziehen des Ringstrippers inkl. des
ausgeschälten Anteils → Fixierung der in Richtung des Blutstroms
liegenden Intima mit Nähten → Verschließen des Gefäßes, meist unter
Verwendung einer Patchplastik
• Geschlossen
• Eröffnen des Gefäßes in Längsrichtung distal oder proximal der Läsion →
Ausschälen eines Zylinders mittels Spatel → Einfädeln des Zylinders in einen
Ringstripper → Bei distaler Eröffnung Vorschieben des Ringstrippers unter
Rotation nach proximal (retrograd, entgegen des Blutflusses), bei proximaler
Eröffnung nach distal (anterograd, in Richtung des Blutflusses) → Zurückziehen
des Ringstrippers inkl. des ausgeschälten Anteils → Bei retrograder Desobliteration
Fixierung der in Richtung des Blutflusses liegenden Intima an der distalen
Eröffnung → Verschließen des Gefäßes, meist unter Verwendung einer
Patchplastik
• Interponat
• Operative Gefäßrekonstruktion (Bypass-Operation)
• Prinzip

186
• Überbrückung von Gefäßverschlüssen
• Seit-zu-End-Naht proximal und End-zu-Seit-Naht distal des Verschlusses
• Der verschlossene Gefäßabschnitt bleibt bestehen
• Material
• 1. Wahl: Autologer Venen-Bypass
• Bei der pAVK: V. saphena magna , alternativ autologe Venen anderer
Lokalisation
• 2. Wahl: Alloplastisches Bypassmaterial
• --------Bypass
• PTFE(Polytetrafluorethylen)-Bypass
• Lokalisation
• Anatomischer Bypass: Der Bypass befindet sich entlang der „anatomisch
korrekten“ arteriellen Leitungsbahn
• Iliakofemoraler Bypass
• Femoropoplitealer Bypass
• Aortobifemoraler Bypass
• Extraanatomischer Bypass: Der Bypass befindet sich nicht entlang der
„anatomisch korrekten“ arteriellen Leitungsbahn
• Axillobifemoraler Bypass
• Femorofemoraler Crossover-Bypass
• Ultima Ratio: Amputation der betroffenen Extremität
Wahl des operativen Verfahrens je nach Lokalisation der Läsion
• Beidseitige aortoiliakale Läsion
• Aortobifemorale Y-Prothese aus Dacron oder PTFE (Polytetrafluorethylen)
• Läsion der Femoralisgabel
• Thrombendarteriektomie mit Patchplastik
• Distaler gelegene Läsionen und einseitige aortoiliakale Läsionen
• Bypass-Anlage
Bei asymptomatischer peripherer arterieller Verschlusskrankheit (PAVK) soll eine prophylaktische
Gefäßrekonstruktion nicht erfolgen.

pAVK - Nachsorge
Prä-, peri- und postinterventionell
• Thrombozytenaggregationshemmung
• Prä-, peri- und postinterventionell: Acetylsalicylsäure
• Nach infrainguinaler Intervention mit Stent-Implantation: Duale
Thrombozytenaggregationshemmung mit Acetylsalicylsäure und Clopidogrel für ca. 3–6
Monate kann empfohlen werden
• Antikoagulation
• Periinterventionell: Heparin unfraktioniert i.v. mit Verlängerung der ACT auf 200–250
Sekunden bzw. das 2–3-fache der PTT(Siehe Heparinperfusor)
• Ausnahmesituationen: Ggf. bei hohem Risiko eines Verschlusses (schwierige
Intervention, kritische Ischämie, Versuch des Extremitätenerhalts) kurzfristige
Fortführung einer therapeutischen Antikoagulation für Tage bis Wochen nach einer
Intervention
• Nach femoropoplitealer oder tibialer Intervention: Keine orale Antikoagulation
• Statine: Langfristige Gabe
Prä-, peri- und postoperativ
• Thrombozytenaggregationshemmung: Prä-, peri- und
postoperativ Thrombozytenaggregationshemmung mit bspw. Acetylsalicylsäure oder Clopidogrel
• Antikoagulation: Vor Anlage der Gefäßklemmen und im Verlauf perioperativ
wiederholend: Heparin unfraktioniert i.v. als Bolusgabe
• Bei sehr hoher Gefahr eines Bypass-Verschlusses

187
• Postoperativ ab Stadium III: Niedermolekulares Heparin kann bei kritischen Ischämien für 3
Monate postoperativ erwogen werden (siehe: Therapeutische Antikoagulation - klinische
Anwendung)
• Ggf. Eskalation der antikoagulativen Prinzipien und Etablierung einer
oralen Antikoagulation oder einer Kombination aus oraler Antikoagulation und ASS
• Statine: Langfristige Gabe

Komplikationen
• Wundinfektion, Sepsis
• Akuter arterieller Verschluss einer Extremität
• Hohes Risiko für
Auftreten arteriosklerotischer Zweiterkrankungen: Myokardinfarkt und Schlaganfall
• Operationsrisiken: Blutung, Protheseninfektion, Rezidiv
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Prognose
• 5-Jahres Mortalität[1][8]
• Asymptomatische pAVK: ca. 19%
• Symptomatische pAVK: 24%
• Bei manifester pAVK: Risiko für andere kardiovaskuläre Ereignisse erhöht[1][8]
• Myokardinfarkt: 3-fach erhöhtes Risiko
• Schlaganfall: 4-fach erhöhtes Risiko
Aufgrund des hohen Risikos für weitere kardiovaskuläre Ereignisse sollte bei Diagnose und Therapie einer
pAVK stets auch die erhöhte Gefahr eines Myokardinfarkts oder eines Schlaganfalls berücksichtigt werden!

Prävention
• Primär- und Sekundärprävention der Arteriosklerose
• Nikotinkarenz, Lebensstiländerung, Blutdruck- und Blutzuckereinstellung, Therapie der
Dyslipidämie
• Fußpflege, Vermeidung von Kompression und Kälteexposition

188
Sprunggelenksfraktur

Abstract
Die Sprunggelenksfraktur ist die häufigste Fraktur der unteren Extremität und wird durch Supinations- oder
Pronationstraumata hervorgerufen. Bei der verbreiteten Einteilung des Außenknöchelbruchs nach Weber
wird die Höhe der Fraktur in Bezug auf die Syndesmose berücksichtigt. Weiterhin werden verschiedene
Begleitverletzungen wie die Fraktur des Volkmann-Dreiecks (hintere Tibiakante) sowie
Kombinationsbrüche mit Beteiligung des Innenknöchelsoder der Gelenkfläche (Pilon tibiale) beobachtet.
Therapeutisch können undislozierte Frakturen konservativ unter Entlastung und Ruhigstellung therapiert
werden, während bei Beteiligung der Syndesmose oder Dislokation der Fragmente operative Verfahren zum
Einsatz kommen. Zu beachten ist dabei die Notwendigkeit der Thromboseprophylaxe, die bis zur
Vollbelastung fortgeführt werden sollte.

Ätiologie
• Supinations- oder Pronationstrauma („Fußumknicken“)
• Trauma durch Supination/Adduktion: Eher Außenknöchelfrakturen vom Typ Weber A oder
Innenknöchelfrakturen
• Trauma durch Pronation/Abduktion: Eher Außenknöchelfrakturen vom Typ Weber B oder C

Klassifikation
Einteilung der Außenknöchelfrakturen nach Weber
• Weber A: Fraktur des Außenknöchels (Fibula) unterhalb der Syndesmose (intakte Syndesmose)
• Weber B: Fraktur des Außenknöchels (Fibula) in Höhe der Syndesmose (mit möglicher Läsion
der Syndesmose)
• Weber C: Fraktur des Außenknöchels (Fibula) oberhalb
der Syndesmose (rupturierte Syndesmose und Membrana interossea)
• Maisonneuve-Fraktur
• Ruptur der Syndesmose
• Gleichzeitige Zerreißung der Membrana interossea
• Hohe/subkapitale Weber-C-Fraktur (bzw. knöcherner Ausriss des Lig. collaterale
fibulare)
• Mögliche Begleitverletzungen: Innenknöchelfraktur oder Riss des Lig. deltoideum

189
Symptome/Klinik
• Lokale Schwellung und Hämatom
• Schmerzhaft eingeschränkter Bewegungsumfang
• Bei Sprengung der Sprunggelenksgabel → Fehlstellung: Fuß im Vergleich
zum Unterschenkel seitlich versetzt

Präklinisches Management
• Anamnese und körperliche Untersuchung
• Bspw. nach SAMPLE-Schema mit Fokus auf Unfallhergang
• Typische Symptome
• Monitoring (Pulsoxymetrie, Blutdruck, EKG)
• Grobreposition durch axialen Zug unter Analgosedierung : Bspw. mit Esketamin in
Kombination mit Midazolam
• Anschließend: Lagerung in Schiene (z.B. Vakuumschiene)
• Venöser Zugang und schmerzadaptierte Analgesie: Bspw. mit Piritramid
• Behandlung einer opioidinduzierten Übelkeit: Insb. bei opioidnaiven Patienten, bspw.
mit Dimenhydrinat
• Weitere Maßnahmen
• Offene Wunden steril verbinden, ggf. Kompressionsverband bei stärkerer Blutung
• Hochlagerung und Kühlen der betroffenen Extremität
• Wärmeerhalt
• Transport in ein Krankenhaus mit unfallchirurgischer Versorgungsmöglichkeit

Vorgehen in der Notaufnahme


• Ersteinschätzung der Situation: Übergabe durch das Rettungspersonal
• Anamnese und körperliche Untersuchung
• Notfallanamnese (z.B. nach dem SAMPLE-Schema)
• Unfallhergang
• Bei vermutetem Arbeitsunfall: Meldung an die gesetzliche Unfallversicherung bzw.
Vorstellung bei einem Durchgangsarzt(zur BG-lichen Aufnahme)
• Kurzer Bodycheck zur Untersuchung auf Begleitverletzungen
• Frakturzeichen mit Fokus auf Fehlstellung (ggf. im Seitenvergleich), Schwellung, offene
Wunden und pDMSüberprüfen
• Ggf. frühere Verletzungen des betroffenen Sprunggelenks erfragen
• Venöser Zugang und Blutentnahme (präoperativ je nach Krankenhausstandard benötigt: kleines
Blutbild, Gerinnung, Elektrolyte, CRP, bei Verdacht auch Alkoholspiegel)
• Monitoring nach Opioidgabe (Pulsoxymetrie, Blutdruck und EKG)
• Schmerzadaptierte Analgesie: Unter Berücksichtigung bereits erhaltener Analgesie und
Analgosedierung
• Bei vorheriger Opioidgabe: Z.B. Paracetamol
• Bildgebung
• Röntgen des Sprunggelenks in zwei Ebenen: a.p.-Aufnahme (in ca. 15–20° Innenrotation)
und seitlich
• Indikationsstellung anhand der Ottawa-Ankle-Rules
• Bei Frakturausschluss siehe: Bandverletzungen des oberen Sprunggelenkes
• Weitere (therapeutische) Maßnahmen
• Bei offener Fraktur
• Antibiotikaprophylaxe
• Bei offener Fraktur 1. oder 2. Grades: Z.B. Cefuroxim
• Bei offener Fraktur 3. Grades: Z.B. Ampicillin/Sulbactam
• Tetanusschutz: Je nach Impfstatus auffrischen, siehe: Impfschema bei Verletzungen
• Frühzeitige Verständigung des OP-Teams bei notfallmäßiger Primärversorgung

Verlaufs- und Sonderformen


Mögliche Begleitverletzungen von Weber-Frakturen

190
• Bei allen Weber-Frakturen: Fraktur des Innenknöchels (Malleolus medialis), Ruptur des Lig.
deltoideum (Verbindung zwischen Malleolus medialis und Calcaneus, Talus, Os naviculare)
• Vor allem bei Weber-B- und Weber-C-Frakturen: Fraktur der unteren Schienbeinfläche mit Abbruch
der hinteren Tibiakante (Volkmann-Dreieck)

Sonderformen
• Pilon-tibiale Fraktur: Fraktur der distalen Tibiagelenkfläche
• Trimalleoläre Fraktur: Fraktur von Innen- und Außenknöchel sowie Abscherfraktur der hinteren
Tibiakante (Volkmann-Dreieck)
• Sprunggelenkluxationsfraktur: Bimalleoläre Fraktur mit völliger Instabilität aufgrund der
Sprengung der Sprunggelenksgabel

Diagnostik
Körperliche Untersuchung
• pDMS
• Druck auf die Fibula im gesamten Verlauf bis zum Caput fibulae zum Ausschluss einer
hohen Weber-C-Fraktur
• Test der Syndesmose
• Syndesmosedruckschmerz (= Squeeze-Test)
• Frick-Test
Apparative Diagnostik
• Röntgenaufnahme des Sprunggelenkes in zwei Ebenen: a.p.-Aufnahme in ca.
20° Innenrotation und seitliche Aufnahme
• Indikationsstellung unter Berücksichtigung der Ottawa-Ankle-Rules
• Befund
• Nachweis einer Frakturlinie in einer der typischen Lokalisationen nach Weber
• Beurteilung des Frakturverlaufs (Schräg-/Querfraktur?)
• Diagnostizieren eines Volkmann-Dreiecks
Fakultative Diagnostik
• Röntgen Unterschenkel in zwei Ebenen: Bei V.a. hohe Fibulafraktur
• Gehaltene Röntgenaufnahmen: Zur Prüfung der Syndesmose
• Doppleruntersuchung: Bei V.a. periphere arterielle Gefäßverletzung oder pAVK
• Computertomographie (CT)
• Zur OP-Planung bei komplexen Frakturen, V.a. Tibiaimpressionsfraktur,
Talusimpressionsfraktur oder bei röntgenologischem Hinweis auf ein Volkmann-Dreieck
• Bei fraglichen röntgenologischen Befunden
• Magnetresonanztomographie (MRT)
• Zur Beurteilung von Weichteilen und Knorpel (z.B. ligamentäre Verletzungen, isolierte
Syndesmoseruptur)
• Zum Ausschluss einer Stressfraktur
• Bei V.a. eine pathologische Fraktur

Differentialdiagnosen
• Isolierte ligamentäre Verletzungen
• Isolierte Fibulafraktur nach direktem Trauma
• Ermüdungsbruch der distalen Fibula
• Alter knöcherner Bandausriss
• Frakturen der Fußwurzel- oder Mittelfußknochen
Die hier aufgeführten Differentialdiagnosen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Therapie
Konservative Therapie
• Indikation: Weber-A-Frakturen und undislozierte Weber-B-Frakturen
• Durchführung: Können mittels Unterschenkelgips in Neutralposition konservativ versorgt werden
(etwa 6 Wochen lang)

191
• Für weitergehende Informationen siehe: Primär konservative Therapie bei
Sprunggelenksfrakturen
Operative Therapie
• Indikationen: Weber-B- und Weber-C-Frakturen (sowie dislozierte Weber-A-Frakturen).
• Zu beachten
• Naht der Syndesmose und anderer Bandstrukturen
• Wenn notwendig, Fixierung der Syndesmose mit temporärer Stellschraube (Entfernung nach
etwa 6 Wochen, vor Vollbelastung)
• Stabilisierung der knöchernen Fragmente mittels Stell- und Zugschrauben
• Trümmerbruch, offene Fraktur, massiver Weichteilschaden: Zweizeitiges Vorgehen mit
temporärem Fixateur externe und späterer definitiver Versorgung
• Postoperative Ruhigstellung im Unterschenkelgips für etwa 6 Wochen,
Physiotherapie, Thromboseprophylaxe
• Für weitergehende Informationen siehe: Primär operative Therapie bei Sprunggelenksfrakturen

Allgemeine therapeutische Maßnahmen bei Ruhigstellung des Sprunggelenks


Unabhängig davon, ob ein konservatives oder ein operatives Prozedere durchgeführt wird, muss eine
Verletzung des Sprunggelenkes häufig für einen Zeitraum mittels Unterschenkelgips/-cast, Vakuumschiene
oder Orthese ruhiggestellt werden. Dabei werden in der Regel folgende therapeutische Maßnahmen
empfohlen.
• Allgemeine Maßnahmen: Abschwellende Maßnahmen wie konsequentes Hochlagern, lokale
Kühlung
• Thromboseprophylaxe: Bis zu einer Teilbelastung von 20kg, Abnahme des fixierenden Verbandes
und einer erreichten Beweglichkeit von min. 20° im OSG
• Niedermolekulare Heparine
• Bei Kontraindikationen: UFH
• Schmerzadaptierte Analgesie
• Ibuprofen
• Bei Kontraindikationen: Metamizol
• Verhaltensempfehlungen
• Sport: Wiederaufnahme erst 3–6 Monate nach Trauma bzw. Operation
• Autofahren: Frühestens nach Abnahme der Schiene/Gips/Cast

Primär konservative Therapie


Indikationen für eine konservative Therapie
• Undislozierte Frakturen (Typ Weber A oder B) ohne Verletzung der Syndesmose
• Lokale Kontraindikationen für eine Operation wie erhebliche Durchblutungsstörungen , bestehende
Vorfußinfektionen oder Ulcera cruris
• Allgemeine Kontraindikationen für eine OP
• Alter >65 Jahre
• Bettlägerigkeit
Durchführung
• Setting
• I.d.R. ambulant
• Gründe für eine stationäre Aufnahme: Cofaktoren wie z.B. schwerwiegende
Nebendiagnosen, fehlende häusliche Versorgung oder schlechte Compliance
• Ruhigstellung (siehe auch: Allgemeine therapeutische Maßnahmen bei Ruhigstellung einer
Sprunggelenksfraktur)
• Unterschenkelgips/-cast oder Vakuumschiene für 6 Wochen in Neutralposition
• Knöchelschiene bei stabiler Weber-A-Fraktur
• Belastung: Teilbelastung mit Unterarmgehstützen
• Physiotherapie: Frühzeitiger Beginn mit Gangschulung
• Röntgenkontrollen: Z.B. nach 1, 3 und 6 Wochen
Spezifische Komplikationen bei konservativer Therapie
• Druckstellen im Stützverband
• Einsteifung des Sprunggelenks mit unter Umständen bleibenden Bewegungseinschränkungen

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• Thrombose und Lungenembolie
• Muskel- und Knochenatrophie
• Sekundäre Dislokation

Primär operative Therapie


Allgemein
• Setting
• I.d.R. stationär
• Möglichst innerhalb der ersten 6–8 Stunden
• Therapeutische Ziele
• Anatomische Reposition und Retention
• Ermöglichen einer frühfunktionellen Behandlung
Indikation
• Allgemein
• Instabile und dislozierte Frakturen (v.a. Typ Weber B und C)
• Maisonneuve-Verletzung/Maisonneuve-Fraktur oder isolierte Syndesmoserupturen
• Notfallindikation
• Offene Fraktur
• Luxationsfraktur (v.a. bei ausgeprägter Reluxationstendenz nach Reposition)
• Starke Weichteilschwellungen bzw. -schäden
Allgemeine perioperative Maßnahmen
• Perioperative Antibiotikaprophylaxe: Bspw. mit Cefuroxim
• Patientenaufklärung über
• Operatives Vorgehen
• Risiken
• Thromboseprophylaxe
• Prognose
• Mögliche Narkoseverfahren
• Allgemeinanästhesie
• Leitungsanästhesie (z.B. Peroneusblock)
• Spinalanästhesie oder Epiduralanästhesie
• Lagerung: Auf röntgendurchlässigem Tisch
• Für lateralen oder posterolateralen Zugang: Rückenlage, Absenkung des kontralateralen
Beines, Lagerung von Unterschenkel und Hüfte der betroffenen Seite auf einem Kissen
• Für medialen oder posteromedialen Zugang: Lagerung in Viererposition
• Zusätzliche Vorbereitungen
• Ggf. Anlegen einer Blutsperremanschette
• Vorbereiten eines C-Bogens
Zugangsweg
1. Schnitt in der Grube hinter dem Knöchel mit bogenförmigem Verlauf um die Knöchelspitze
2. Dann Faszien in gleicher Art spalten
Häufigste Verfahren
Offene Reposition und innere Stabilisierung der Fraktur
• Synonym: ORIF – Open Reduction Internal Fixation
• Indikation: Alle Frakturen, die primär versorgt werden können
• Allgemeines Vorgehen
• Zunächst osteosynthetische Fixierung der Fibula in korrekter Länge
• Anschließend Versorgung weiterer Frakturen (z.B. einer Innenknöchelfraktur)
• Spezielles Vorgehen je nach Fraktur
• Distale Fraktur der Fibula: Häufig Fixierung mittels Schrauben-
und/oder Plattenosteosynthese
• Fraktur des Malleolus medialis: Fixierung
mittels Zugschrauben, Zuggurtungsosteosynthese oder Plattenosteosynthese
• Fraktur der dorsalen Tibiakante/Volkmann-Dreieck : Fixierung mittels indirekter oder
direkter Zugschraube
Direkte Bändernaht oder Implantation einer temporären Stellschraube

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• Indikation: Syndesmoseruptur
• Intraoperative Tests der Syndesmose unter Durchleuchtung
• Haken-Test
• Frick-Test
• Vorgehen bei Implantation einer temporären Stellschraube
• Tri-/quadrikortikales Einbringen der Stellschraube
• ca. 2 cm über dem oberen Sprunggelenk
• Horizontaler Verlauf der Stellschraube in a.p.-Projektion und schräger Verlauf in
der transversalen Ebene – ca. 30° von fibulodorsal nach tibioventral
• Entfernung der Stellschraube nach etwa 6 Wochen vor Vollbelastung
Fixateur externe
• Indikation
• Trümmerbruch
• Offene Fraktur
• Massive Weichteilschäden
• Polytrauma
• Vorgehen
• Anlage je nach verwendetem System
• Im Rahmen eines zweizeitigen Vorgehens oder als definitive Versorgung
Nachbehandlung
• Postoperative Ruhigstellung
• Unterschenkelgips/-cast oder Vakuumschiene für etwa 6 Wochen
• Siehe hierzu auch: Allgemeine therapeutische Maßnahmen bei Ruhigstellung einer
Sprunggelenksfraktur
• Kontrollen
• Regelmäßige Wund- und Weichteilkontrollen mit Fadenzug nach ca. 2 Wochen
• Röntgenkontrolle in 2 Ebenen (z.B. bei intraoperativer Röntgenkontrolle erneute geplante
Kontrolle nach 6 Wochen )
• Physiotherapie mit Gangschulung und dosiertem Belastungsaufbau
• Schema zur Orientierung
• 20 kg Teilbelastung für die ersten 6 postoperativen Wochen
• Anschließend Belastungsaufbau bis zur Vollbelastung
• Ggf. Metallentfernung: Frühestens nach 12 Monaten bei abgeschlossener Frakturheilung
OP-spezifische Komplikationen
• Infektion
• Implantatlockerung und -ausbruch
• Sekundäre Dislokation
• Verzögerte Knochenheilung bis hin zur Pseudarthrose
• Allergie gegen das Implantat
• Thrombose und Lungenembolie

Komplikationen
• Nervus-peroneus-communis-Läsion oder Nervus-saphenus-Läsion
• Knorpelabscherungen des Talus („Flake Fracture“)
• Abrissfraktur des Volkmann-Dreiecks
• Kompartment-Syndrom
• Posttraumatische Arthrose
• Die Arthrose des oberen Sprunggelenks ist – im Gegensatz zur Arthrose in Hüft-
und Kniegelenk – in den meisten Fällen posttraumatischer Genese [2]
• Behandlungsspezifische Komplikationen: Konservativ (siehe auch: Primär konservative Therapie bei
Sprunggelenksfrakturen) und operativ (siehe auch: Primär operative Therapie bei
Sprunggelenksfrakturen)

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Osteosynthese

1 Definition
Als Osteosynthese bezeichnet man operative Verfahren zur schnellen Wiederherstellung der vollen
Funktionsfähigkeit gebrochener (frakturierter) oder auf andere Weise (z.B. durch Entzündungen)
verletzter Knochen.
Oft genügt bei Knochenbrüchen ein Gips, um den Knochen ruhig zu stellen, in manchen Fällen müssen die
Bruch-Enden jedoch durch Osteosynthese mit Schrauben, Metallplatten, Drähten und Nägeln
zusammengehalten werden, damit sie wieder gut zusammenwachsen.
2 Prinzip
Zur Osteosynthese gehören:
• anatomische Reposition: Fixierung der zueinander gehörigen Knochenfragmente in einer möglichst
normalen Stellung, oft unter mildem Druck.
• Stabilisierung der Fraktur (z.B. durch Kirschner-Draht) und Platzierung von Implantaten ("extra-
oder intramedullär platzierte Kraftträger"), meist aus Metall.
Der operative Eingriff erfolgt in Anästhesie
(entweder Plexusanästhesie, Spinalanästhesie, Periduralanästhesie oder unter Narkose). Je nachdem, ob die
Fraktur offen oder geschlossen versorgt wird, spricht man von ORIF oder CRIF. Die Dauer der OP hängt
von der Art der Verletzungen ab. Ein Gipsverband ist nach dem operativen Eingriff normalerweise nicht
nötig.
Wenn der Knochen verheilt ist, können die Metallimplantate wieder durch einen kleinen operativen Eingriff
(Zweitoperation) entfernt werden, in vielen Fällen sogar ambulant. Bei Kindern sollte das Material nach
Abschluss der Knochenheilung in der Regel immer entfernt werden, da der Knochen noch wachsen muss.

3 Typen
Man unterscheidet:
• Schraubenosteosynthese: Fixierung der Knochenfragmente durch Schrauben
• Plattenosteosynthese: Metallplatten schaffen in Kombination mit Schrauben oft eine bessere
Verteilung der Belastung
• Marknagelosteosynthese: Auch als intramedulläre Schienung bezeichnet. Lange Nägel in der
Markhöhle bieten Stabilisierung bei großen Röhrenknochen
(z.B. Oberschenkelschaftfraktur, Schienbeinfraktur, Oberarmfraktur)
• Fixateur externe: Fixierung durch ein von außen (durch die Haut) befestigtes Haltesystem,
bei offenen Frakturen und Trümmerbrüchen.
• Drahtcerclage: Verwendung von Drähten zur Fixierung der Fragmente, bei Osteosynthese des
Brustbeins (z.B. bei Sternotomie nach einer Operation am Herzen)
oder Zuggurtungsosteosynthese(nach Ellenbogen- und Kniescheiben-Fraktur).

4 Vor- und Nachteile


Im Vergleich zu einem Gips ermöglicht die Osteosynthese in der Regel eine frühfunktionelle, schmerzfreie
Übungsbehandlung und teils sogar schon wieder eine Belastung der Fraktur. Eine nur lagerungsstabile
Osteosynthese wird wenn möglich vermieden, um das Risiko
von Immobilisationsschäden und Thrombembolieen zu mindern.
Zu den mögliche Komplikationen einer Osteosynthese
gehören Knocheninfektion, Denudierung und Durchblutungsstörung des Knochens sowie Lockerung des
implantierten Materials.
Die Entscheidung ob zur Behandlung der Fraktur eine Osteosynthese oder ein Gips verwendet wird, hängt
von der Art der Verletzung (Lokalisation, Belastungs-Stärke, Ausmaß der Fehlstellung, etc.) ab. Bei
ältereren Menschen herrscht ein etwas höheres Operationsrisiko, zum anderen aber besteht bei
der konservativen Behandlung die Gefahr, dass vermehrt Komplikationen
(Thrombose, Lungenentzündung, Osteoporose, etc.) auftreten - häufig eine Folge von längere Ruhigstellung
oder Bettruhe (Immobilisation). Die Vor- und Nachteile einer Operation müssen daher immer individuell
abgewägt werden!

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