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Lektor Dr.

Cristina Dogaru

Hans Sachs verfasst Hans Sachs 85 Fastnachtsspiele. In vier von ihnen bearbeitet jeweils eine Historie des
Eulenspiegel-Buches. Er steht den Zuschauern/dem Publikum direkt gegenüber. Mit Eulenspiegels persönlichen
Erscheinen gewinnt die literarische Figur an Authentizität und Autorität.

In dem Fastnachtsspiel “Der Eulenspiegel mit den Blinden“ wird Eulenspiegel als Betrüger und
Intrigant präsentiert: Er ist hier nicht mehr der Redner, sondern wird zum aktiven Mitspieler. Die Blinden
erregen mehr Mitleid durch ihr direktes Auftreten auf der Bühne. Hans Sachs hält sich inhaltlich größtenteils an
Botes 87. Historie, gibt aber als Ort der Handlung Egelsheim an, statt Hannover wie in Botes Text. In seinem
Text erscheinen nur drei Blinde (nicht zwölf, wie in Botes Historie). Die Namen der Blinden - Lörd, Lüdl und
Liendö – sollen eine lustige Wirkung auf das Publikum haben. Der Wirt wird durch seiner Habgier und Geiz
charakterisiert. Er versteht aus dem Gespräch der Blinden, dass diese Geld besitzen. Er lässt ihnen also viel
Essen vorbereiten. Hans Sachs übertreibt, um deutlich auf die Gefahren des Geldes aufmerksam zu machen. Ihr
unkluges Verhalten provoziert eine Bestrafung, die dann sofort erfolgt. Die Blinden können das Essen nicht
bezahlen, also werden sie vom Wirt im Saustall eingesperrt. Der Wirt wird von Eulenspiegel für seine Tat zur
Rechenschaft gezogen.

Im Meisterlied „Eulenspiegel auf dem sail“ bearbeitet Sachs poetisch die dritte und die vierte Historie
aus Botes Schwankzyklus, die genau darüber erzählt, „wie Eulenspiegel auf dem Seil gehen lernte“ Das
Publikum soll sich über Eulenspiegels Schalkhaftigkeit, seine zentrale Eigenschaft, und sich über seinen Streich
amüsieren.. Eulenspiegel will sich als Seiltänzer beweisen. Seine Mutter, die aber nicht möchte, dass ihr Sohn
die Zeit damit verlor, schneidet das Seil durch, auf dem er balancierte. Als er in den Fluss fällt, lachen ihn die
anderen aus. Das muss er ihnen heimzahlen. Also wiederholt er seine Kunst als Seiltänzer am nächsten Tag: er
verlangte von den Zuschauern je ein Schuh und nimmt diese mit sich. Nachdem er sich auf das Seil klettert, lässt
er die Schuhe hinabfallen, sodass alle versuchen den eigenen Schuh wiederzufinden. Das Meisterlied endet mit
dem zufriedenen Eulenspiegels, der sich nachher nach Hause geht.

1554 entsteht eine neue Bearbeitung „Ein Gespräch eines Bischoffs mit dem Eulenspiegel von dem
Brillen machen“, das genau dem Inhalt der 22. (63.) Historie, entspricht. Bei Sachs wird sie zu einer scharfen
sozialen Kritik. Er hat kein Geld und trifft einen Bischof, der auf dem Weg nach Worms ist. Eulenspiegel
benimmt sich sehr höflich diesem gegenüber. Der Bischof erhofft von diesem mehr über den Zustand des
Volkes zu erfahren. Eulenspiegel gibt sich als Brillenmacher aus, der seit drei Jahren arbeitslos ist, weil niemand
mehr am Lesen Interesse hat. Er argumentiert, dass selbst die Kleriker das Interesse am Lesen verloren haben.
Somit wird Eulenspiegels Argumentation zu einem ausdrücklichen Protest gegen moralische, politische und
religiöse Missstände der jeweiligen Gesellschaft. Dafür und für das Elend der Bürger gibt er dem Fürsten die
Schuld, der keine Ordnung im Land schafft. Hans Sachs äußert durch Eulenspiegel, der zum Zeitkritiker wird
und nur an der Oberfläche als ein Narr ist, seine Sozialkritik und seine Gedanken.

In Hans Sachs Fastnachtsspiel aus dem Jahr 1556, „Eulenspiegel mit dem Pelzwaschen“, das sich
inhaltlich an Hermann Botes 30. Historie orientiert, zerstört Eulenspiegel, ohne jeden Grund die Pelze der
Frauen. Im ursprünglichen Text von Hermann Bote schielt die Wirtin. Hier erscheint eine „ainaüget wirtin“.
Eulenspiegel behauptet, dass er immer die Wahrheit spricht. Die Frau galubt ihm aufs Wort.
Als er allein bleibt, stellt er sich dem Publikum als Eulenspiegel, der Schalk, vor. Ergibt zu, dass er der Wirtin
einen Streich spielen will, weil sie zu neugierig ist. Eulenspiegel überzeugt die Wirtin mit der meisterhaften
Beschreibung seiner Kunst, die er eigentlich gar nicht beherrscht. Darum ist sie gleich einverstanden ihm ihre
Pelze zur Reinigung zu geben. Sie verspricht ihm auch einen guten Lohn dafür. Am Ende des Spiels gesteht er,
dass er das Publikum mit diesem Fastnachtsspiel bei Laune halten wollte, und dankt zum Schluss Gott, dass er
davonkommt.

Die Eulenspiegel-Figur, die uns von Hans Sachs vorgestellt wird, entfernt sich nicht radikal von Botes
Vorbild. Sachs hat eigentlich gar nicht diese Absicht, Eulenspiegel behält viel gemeinsam mit der
ursprünglichen Eulenspiegel-Gestalt, obwohl diese nun nicht mehr so plurivalent ist. Dennoch ist der
Eulenspiegel der vier Fastnachtsspiele, verglichen mit dem des „Volksbuches“, weniger vielseitig. Er tritt hier
nahezu ausschließlich als Betrüger auf, der in erster Linie Geistlichen und Wirten Schaden zufügt. Dabei ist sein
Handeln direkt, zielgerichtet und für den Zuschauer in einigen Fällen durchschaubar. Die Wortspiele treten
zugunsten Situationskomik zurück.

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