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Kasper

Darstellung eines Kaspertheaters in einem Nürnberger Spielzeug-Musterbuch aus dem


19. Jahrhundert

Lothar Meggendorfer: Münchener Kasperl (Buchillustration von 1867)

Kasperletheater

Hohnsteiner Kasper, Figur von Theo Eggink


Kasper (auch Kasperl oder Kasperle, bairisch Káschberl, schwäbisch Kaschberle, alemannisch
Chaschperli) ist der komische Held des Kaspertheaters, eines meist mit Handpuppen gespielten
Puppentheaters mit derb-naiver Handlung. Es wird angenommen, dass die Rolle des Kaspers unter
anderem auf den Hanswurst des Wiener Volkstheaters zurückgeht. Die Puppenfigur Kasper ist im
deutschen Sprachraum seit Ende des 18. Jahrhunderts bekannt.
Kasper trägt üblicherweise eine lange (oft rote) Zipfelmütze, ein an den Harlekin erinnerndes Kleid
mit großem, buntem Muster und hat eine Klatsche (auch Pritsche genannt) als symbolische Waffe.
Aus diesem Schlagstock leitet sich der Begriff Slapstick für dieselbe Form der Komödie ab.
Kasperls charakteristisch grinsendes Gesicht mit der auffälligen Nase (oft einer Hakennase) erinnert
an Fastnachts-Masken und macht ihn auch verkleidet erkennbar.
In vielen Ländern gibt es dem Kasper vergleichbare Figuren, beispielsweise Mr. Punch (Punch and
Judy) in England, Guignol in Frankreich, Jan Klaassen in den Niederlanden, Mester Jakel in
Dänemark, Pulcinella in Italien, Fasulis in Griechenland, Petruschka (spricht durch eine Pfeife) in
Russland und Vasilache in Rumänien.

Inhaltsverzeichnis
• 1 Etymologie
• 2 Geschichte des Kaspertheaters
• 3 Figuren des Kaspertheaters
• 4 Umsetzungen
• 4.1 Stückeschreiber
• 4.2 Literarische Würdigung
• 4.3 Moderne Formen
• 4.4 Heutige Kaspertheater
• 4.5 Hörspiele
• 4.6 Alarm im Kasperletheater
• 4.7 Bekannte Kasper-Interpreten
• 5 Weblinks
• 6 Einzelnachweise
Etymologie
Das Wort Kasper ist eine Nebenform von Kaspar (mittellateinisch Casparus), dem legendären
Namen eines der Heiligen drei Könige aus dem Morgenland, der in den mittelalterlichen
Dreikönigsspielen als Mohr dargestellt wird und (etwa seit dem 15. Jahrhundert) die Gestalt einer
lustigen Person annimmt. Ende des 18. Jahrhunderts tritt er in Wien als komische Bühnenfigur an
die Stelle des Hanswurst.[1]

Geschichte des Kaspertheaters


Das Kaspertheater ist ein dem Märchen vergleichbarer Mikrokosmos mit überschaubaren
Verhältnissen, aber deutlich satirischen und clownesken Zügen.
Ursprünglich war es ein derbes Jahrmarktsvergnügen für Erwachsene und Jugendliche mit einer
komischen Figur im Mittelpunkt, die in der langen Tradition „clownesker“ Figuren im
Menschentheater stand. Hierbei entwickelten sich in Europa verschiedene Typen heraus, so Guignol
in Frankreich oder Kasper in Deutschland. In England war das „Punch and Judy“-Spiel sehr
populär: Mr. Punch soll auf sein Kind aufpassen. Da es schreit, wirft er es zum Fenster hinaus,
bekommt Streit mit seiner Frau Judy, verprügelt diese und schlägt der Reihe nach alle Personen und
Gewalten tot, die ihm begegnen (Polizist, Krokodil, Teufel und sogar den Tod). Diese Geschichte
sprach wohl die vielfach unterdrückten Aggressionen der Zuschauer an und bot ihnen ein Ventil für
ihre Verdrossenheit mit der Obrigkeit. Oft wurde das „Punch and Judy“-Spiel wegen Unmoral
verboten und die Puppenspieler vertrieben oder bestraft.
Im Ersten Weltkrieg wurden Soldaten an der Front und im Lazarett mit Kasperltheater, z. B. in
Form von Marionetten, unterhalten und zum Kriegführen motiviert, ergab die soziokulturelle und
soziologische Analyse von sechs Kasperl-Texten aus dieser Zeit in Graz.[2]
Stilprägend für die Gestaltung der Handpuppen im Kaspertheater im 20. Jahrhundert wurden die
1921 von Max Jacob im Erzgebirge gegründeten Hohnsteiner Puppenspiele. Max Jacob ersetzte
auch den rüden und zotigen Jahrmarktskasper durch einen eher weisen und pädagogischen Kasper,
der vor allem die kleinen Zuschauer zum richtigen Tun anleiten will. Während des Zweiten
Weltkriegs betrieb Max Jacob das Kaspertheater als Fronttheater.
Weitere bekannte Hohnsteiner Puppenspieler waren Erich Kürschner und Harald Schwarz, deren
Bühnen beide in Essen ansässig waren. Irmgard Waßmann und Claus Gräwe arbeiteten zehn Jahre
lang mit Friedrich Arndt zusammen. Rudolf Fischer gehörte zunächst zu Max Jacobs Mitspielern,
machte sich dann aber mit den Königsteiner bzw. später Darmstädter Puppenspielen selbständig und
fand zu einem eigenen Stil.

Figuren des Kaspertheaters


Das heutige, durch die Hohnsteiner stark bestimmte Kaspertheater dient fast ausschließlich der
Unterhaltung jüngerer Kinder. Zu seinem Standardpersonal gehören:
• für das Gute: Kasper(l)(e), Sepp(e)l (Freund und oft Sinnbild für Ehrlichkeit, aber auch
Einfalt), Gret(e)l (die Frau und Stimme der Vernunft), Großmutter, Fee
• für Ordnung, Gerechtigkeit und Obrigkeit: Prinzessin, Prinz, König, Wachtmeister
• für das Böse: Hexe, Zauberer, Teufel, Räuber, Krokodil (als „Ersatzdrache“)

Umsetzungen
Stückeschreiber
Berühmtheit als Autor von ebenso kindgerechten wie zeitkritischen Kasperstücken (z. B. Das
Eulenschloß) erlangte Franz Graf von Pocci im 19. Jahrhundert in München (Kasperl Larifari als
Marionette).

Literarische Würdigung
Literarisch gewürdigt wurde der Kasper in Theodor Storms Novelle Pole Poppenspäler aus dem
Jahr 1875, in der eine Marionettenspielertruppe den Kasperle als komische Figur in klassischen
Puppentheaterstücken auftreten lässt.
In den 1920er Jahren verfasste Josephine Siebe erfolgreiche Kasper-Kinderbücher.
In Otfried Preußlers 1962 erschienenem Kinderbuch Der Räuber Hotzenplotz erlebt Kasperl mit
seinem Freund Seppel spannende Abenteuer. Preußler orientierte sich auch bei der übrigen
Besetzung (Großmutter, Wachtmeister, Zauberer, Fee, Krokodil, [unerfahrene Hobby-]Hexe)
erkennbar am traditionellen Kasperle-Ensemble.
Im Jahr 2012 ließ der Schriftsteller Francis Nenik eine an die Tradition des Punch erinnernde
Kasper-Figur in seinem Roman „XO“ auftreten. Nenik literarisiert dabei die Form des Kasper-
Theaters und stellt das ursprünglich derbe Vergnügen der Figur in den Vordergrund.[3]
Moderne Formen

Der Verkehrskasper
Aus den Hohnsteiner Puppenspielen entwickelten sich auch pädagogisch genutzte moderne
Varianten in Form des Lehrtheaters, wie etwa die Polizeipuppenbühne von Heinz Krause in
Hamburg mit Polizisten als Puppenspielern[4] oder der Karlsruher Verkehrskasper von Siegbert
Warwitz,[5] der im Rahmen der Verkehrserziehung Kinder zwischen fünf und fünfzehn Jahren
Puppen und Puppenspiele in Projektform zudem selbst gestalten lässt. Aber auch Feuerwehr,
Werbeindustrie, Hygiene- und Umwelterziehung versuchen, den ungebrochenen Reiz des
Kasperspiels für ihre Ziele zu nutzen.

Heutige Kaspertheater
Nach wie vor reisen viele Kaspertheater, die, wie einst die vielen typischen Jahrmarktsgeschäfte,
von Komödianten betrieben werden, darunter einige der alten Puppenspieler-Familien Maatz und
Sperlich. Auftrittsorte sind zumeist Veranstaltungssäle von Kirchengemeinden und dergleichen,
einige Unternehmen führen kleine Spielzelte mit. Jahrmärkte werden nur noch selten bespielt, eine
Ausnahme sind „Nostalgie-Jahrmärkte“.
In der Tradition des klassischen Kaspertheaters steht das Puppentheater Luna,[6] das Figurentheater
des Dresdner Puppenspielers Rudi Piesk. Zunächst spielte Piesk mit Figuren im Hohnsteiner Stil,
von denen er sich aber später löste, um seinen eigenen Kasper mit Handspielpuppen von Till de
Kock zu entwickeln. Das Puppentheater Luna spielt mit seinem Kasper in ganz Sachsen,
Brandenburg, Thüringen und gastiert alljährlich im Sommer im Sonnenhäusel im Großen Garten
Dresden.
Das Fichtelgebirgskasperle entstand in den 1940er Jahren.
Seit über 60 Jahren spielt die Puppenspielerfamilie Herrnleben ausschließlich Kasperltheater, immer
mit ihrem Bamberger Kasperl im fränkischen Dialekt.
In Österreich zählt die Oberösterreichische Puppenbühne aus Pucking bei Linz zu den ältesten und
traditionsreichsten Vertretern dieser Zunft. Eine seit 1957 im österreichischen Fernsehen
ausgestrahlte Kindersendung hieß bis 2008 Kasperltheater (dann umbenannt in „Servus Kasperl“).
In Bayern ist heute vor allem „Doctor Döblingers geschmackvolles Kasperltheater“ bekannt. Das
Münchner Duo spielt seine unterschiedlichen Programme für Kinder und Erwachsene sowohl live
als auch auf vielen Hörspielen.
In München gibt es seit 2009 auch "Kasperls Spuikastl", das unter anderem regelmäßig im Markus
Wasmeier Freilichtmuseum am Schliersee auftritt. "Kasperls Spuikastl" organisiert dort auch das
seit 2016 jährlich im Sommer stattfindende Kasperltheater-Festival.

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