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Überblick über einige wesentliche Erkenntnisse im Gorgias – Zusammenfassung (vgl. Buch S.

30-34)

Dialog Sokrates – Gorgias: Rhetorik als Machtinstrument – nicht als Instrument zur wahren Erkenntnis

Gorgias behauptet, die Redekunst sei die „beste“ aller Künste. Als Sokrates nachfragt, warum sie
besser sei als z.B. die Arztkunst, antwortet Gorgias, weil man damit alle von etwas überreden könnte
– selbst wenn man nicht fachkundig ist – sie mache also mächtig. Außerdem stellen sie im
sokratischen Dialog fest, dass die Rhetorik also keine wissend-machende, sondern eine glauben-
machende Kunst sei.

Das reicht Sokrates aber nicht und er fragt weiter, was denn eigentlich der Gegenstand der
Redekunst sei. Das veranlasst Gorgias, den Gegenstand zu bestimmen als das, was gerecht und
ungerecht ist, da sie ja v.a. vor Gericht und bei den Versammlungen benötigt werde. Daraus folgert
Sokrates, dass dann ein guter Redner wissen müsse, was gerecht, gut, richtig und was ungerecht,
schlecht, falsch ist. Dem stimmt Gorgias zu.

Für Sokrates/ Platon bedeutet aber, dass jemand, der wahres Wissen über etwas
erlangt hat, in dem Fall über die Gerechtigkeit, gar nicht anders kann, als auch selbst
gerecht zu sein und zu handeln.
Hier entlarvt er einen Widerspruch Gorgias‘: dieser hatte zuvor zugegeben, dass es Redner gibt, die
die Rhetorik wie eine Waffe missbrauchen. Also, die unausgesprochene Folgerung, kann die Rhetorik
nicht die beste aller Künste sein, die sich von wahrer Staatskunst, die nur das Gute im Blick hat,
unterscheidet.

Dialog Sokrates – Polos: Unrechtleiden ist besser als Unrechttun

Nach weiteren Ausführungen und Überlegungen zur Rolle der Rhetorik im Vergleich zur wahren
Staatskunst (sie verhält sich wie die Kochkunst zur Arztkunst – wie Schmeichelei, um anderen zu
gefallen, zu wahrer Heilkunst, die vielleicht auch mal weh tut), stellt Sokrates zunächst die These auf,
dass diejenigen, die eine Macht ohne Einsicht ausüben, nicht wirklich tun, was sie wollen, sondern
nur, was ihnen gut scheint. Dies führt zur Aussage Polos‘ , dass doch der wahrhaft glücklich zu
nennen sei, der nach Belieben Verbrechen begehen könne (also ein Tyrann). Dies führt Sokrates zu
seiner berühmten These, Unrechtleiden sei besser als Unrechttun und damit derjenige, der Unrecht
tut, unglücklicher. Seine Beurteilung des Menschen richtet sich nicht nach dem Maß des Erfolges,
sondern nach dem Kriterium gerecht/ ungerecht. Der Argumentationsgang sieht wie folgt aus:

Polos geht von zwei Ebenen aus: Erfolgsorientiertheit (das führt ihn zu der Aussage, Unrechtleiden
sei schlimmer) und populärer Moral (die ihn zugeben lässt, dass Unrechttun sittlich hässlicher ist).
Sokrates beweist also anhand einer begrifflichen Bestimmung:

Hässlicher (i.S. von sittlich schlecht) ist das Unrechttun.

Der Begriff hässlich kann 1) als Gegensatz zu schön (i.S. von Lust erzeugend) oder 2) als sittlich
hässlich, also schändlich, verstanden werden.

Da das Unrechttun zwar durchaus Lust erzeugen kann, ist seine Hässlichkeit also in der zweiten
Kategorie zu suchen, es ist „schändlich“, sittlich hässlich(er). Daher ist das Unrechtleiden (moralisch)
vorzuziehen.

Konsequenterweise bedeutet es für Sokrates das größte Übel, straflos Unrecht zu begehen, da dann
keine Seelenheilung (analog zur körperlichen Heilung) stattfinden kann. Also ist der bestrafte
Verbrecher immer noch glücklicher als der ungestrafte, weshalb Tyrannen unglücklich sind.
!! Wenn man seinen Freunden also Gutes tun will, muss man dafür sorgen, dass sie bestraft werden.
Die Feinde hingegen muss man vor Strafe bewahren !!

Dialog Sokrates – Kallikles: Der wahrhaft Stärkere

An dieser Stelle greift Kallikles ein und stellt fest, dass Sokrates mit der letzten Aussage alle
bisherigen Vorstellungen auf den Kopf stellt. Er behauptet, es sei nur den Konventionen nach sittlich
hässlicher/ ehrloser, Unrecht zu tun. In der Natur jedoch nicht. Ein starker Mensch wird also durch
die Gesetze eingeschränkt und von den vielen Schwächeren dominiert. Das Gerechte bestünde darin,
dass der Stärkere (= Bessere?) über den Schwächeren herrsche und mehr habe/ dürfe.

Auch hier setzt Sokrates die Begriffe auseinander: stärker = besser = edler???? Er ringt Kallikles das
Zugeständnis ab, dass besser so viel wie mehr wert bedeutet, (auch wenn der Bessere der
Schwächere sein sollte)  Stärke ist also nicht identisch mit sittlicher Lebensweise; vielmehr sollte
der Verständigere, Bessere, Einsichtigere über den weniger Verständigeren herrschen.

In einem weiteren Teil des Gesprächs mit Kallikles wird Sokrates beweisen, dass für den Menschen
das Gute nicht in der Auslebung seiner Triebe/ Bedürfnisse, sondern in der Selbstbeherrschung
besteht, dass also gerade derjenige nicht stark ist, der seinen Bedürfnissen unterworfen ist. Und der
gute Mensch, der der das Gute weiß und tut, ist auch ein glücklicher Mensch.

 Diese Ansicht des Herrschens des verständigen Seelenteils über den triebhaften Seelenteil
findet sich ausführlich in Platons Politeia, mit der wir uns als nächstes befassen.

Zu den Personen:

Gorgias: berühmter Redner und Rhetoriklehrer

Polos: sein ungestümer, arroganter, aggressiver Schüler des Gorgias

Kallikles: Gastgeber, „Partylöwe“, angehender Politiker

AUFGABEN:

Lesen Sie dazu vergleichend im Buch S. 32/33 und bearbeiten Sie die folgenden Fragen:

- Welches Menschenbild vertritt Kallikles


- Inwieweit unterliegt er einem naturalistischen Fehlschluss?
- Welche Ihnen bekannte Ideologien und gesellschaftliche Ansichten haben Ähnlichkeit mit der
Auffassung des Kallikles?
- „Das Recht des Stärkeren ist das stärkste Unrecht“ (Marie von Ebner-Eschenbach).
Begründen Sie diesen Aphorismus!

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