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Der Lehrer Can spielt in dem Stück eine wichtige Rolle. Er ist
derjenige, der die Vorurteile durch die Lügen über die Herkunft
Andris, die er verbreitet, auslöst. Durch seine Behauptungen macht
er die Problematik des Stückes überhaupt erst möglich. Gleichzeitig
ist er aber auch einer der Wenigen, die Andri verteidigen und nicht
schlecht behandeln.
kÜber das Äußere des Lehrers erfährt der Leser nicht viel. Allgemein
entsteht vor allem aufgrund Andris Aussage „Sehen Sie den alten
Lehrer […] und war doch einmal ein junger Mann, […]“ (S. 87) der
Eindruck eines eher alten, zerbrechlichen Mannes. Der Lehrer ist mit
einer Frau verheiratet, mit der er die zum Zeitpunkt der Geschehnisse
19jährige Tochter Barblin hat. Andri ist ebenfalls sein leiblicher Sohn,
hat jedoch eine andere Mutter. Seine ist die Senora, eine „Schwarze“,
mit der Can früher einmal zusammen war. Viel mehr über die
Vergangenheit des Lehrers bekommt der Rezipient nicht erzählt. Nur,
dass er anscheinend ein ziemlicher Rebell war, sich gegen die alten
Prinzipien auflehnte und sogar die „[…]Schulbücher zerrissen.“ (S.55)
hat. Man erfährt auch, dass er nach der Geburt Andris aus dem Land
der feindlichen Nachbarn mit dem Kind nach Andorra zurückgekehrt
ist und es in seinem Land dann als jüdisches Findelkind ausgegeben
hat. Die Wahrheit behält er für dich allein. Noch nicht einmal Andri
selbst, oder Cans jetzige Frau kennen sie. Durch dieses Handeln des
Lehrers wird bereits eine seiner Eigenschaften deutlich: Er ist feige.
Er hatte damals Angst vor seinen Landsleuten, was bei dem Gespräch
zwischen ihm und der Senora, die seine Motive zu verstehen
versucht, deutlich wird. Mit den Worten „Ich hatte […] Angst vor
Andorra, weil ich feig war-„ (S.94) gibt Can seine Furcht sogar vor
Andri zu und versucht damit seine Taten zu rechtfertigen. Bei dem
Dialog mit der Senora ist ebenfalls zu erkennen, dass sich der Lehrer
für „diese Lüge, [die er] in die Welt gesetzt“ (S.77) hat, schämt. Der
Senora nach hat er nie auf Briefe geantwortet, wodurch deutlich
wird, dass er auf seine Taten nicht besonders stolz ist. Noch dazu ist
diese Reaktion ein weiteres Indiz für seine Feigheit, weil er sich nicht
seinen Taten stellt.
Die große Fürsorge des Lehrers seinem Sohn gegenüber bleibt den
anderen Andorranern auch nicht verborgen. Beispielsweise bekommt
der Wirt mit, „ […] daß der Lehrer sich [um Andri] [Anm. d. Verf.]
sorgt, wie um einen eigenen Sohn“ (S.24) und auch einem Händler
fällt diese Zuneigung auf, die dieser so faszinieren findet, dass er die
Geschichte des jüdischen Findelkinds überall wo er hinkommt,
herumerzählt.
Am Ende erhängt sich der Lehrer schließlich aus Trauer darüber, dass
er seinen Sohn verloren hat. Als Hauptgründe zählen jedoch seine
Schuldgefühle. Can erkennt, dass er einen großen Tel zu Andris Tod
beigetragen hat und, dass, wenn er nicht so feige gewesen wäre und
von Anfang an die Wahrheit gesagt hätte, sein Sohn noch leben
könnte. Damit ist er einer der Wenigen, die sich die eigene Schuld an
den Ereignissen eingestehen.
Das einzige, was Can Andri verweigert ist die Hochzeit mit Barblin. Es
ist „[…] das erste Nein, […]“ (S.46) das er seinem Sohn gibt und er
beharrt darauf, da Andri und Barblin Halbgeschwister sind. Bei dieser
Auseinandersetzung wird deutlich, dass Can auch laut werden kann.
Und zwar nicht nur gegenüber seinen Landsleuten, sondern auch
gegenüber seiner Familie. Er schreit herum und beschimpft seine
Tochter als „Huhn“ (S.46). Am Ende dieses vierten Bildes kommt
nochmals seine Feigheit zum Ausdruck. Er flüchtet in die Pinte,
anstatt sich der Auseinandersetzung zu stellen und die Wahrheit zu
erzählen. Bei der Aussage der Mutter „Jetzt trinkt er wieder bis
Mitternacht.“ (S.48) ist auch wie in sehr vielen Bildern herauszulesen,
dass der Lehrer eine Schwäche für Alkohol hat. Wie beispielsweise im
fünften oder auch bereits im ersten Bild wird gezeigt, dass sich der
Lehrer häufig in der Pinte aufhält und einen „Schnaps“ (S.49) oder
„Korn“ (S.15) trinkt. In vielen Szenen tritt er auch betrunken auf, was
seinen Mitmenschen nicht verborgen bleibt. Mit den Worten „Du
hast getrunken.“ (S.53) reflektiert ihm Andri das direkt, aber auch
beispielsweise dem Pater fällt Cans momentane Anfälligkeit für
Alkohol auf. Er fragt sogar Barblin nach dem Grund. Auf die Frage
„Warum trinkt er so viel in letzter Zeit?“(S.10) hat sie jedoch auch
keine Antwort.
Der Lehrer ist selbst ein Andorraner, empfindet jedoch eine gewisse
Abneigung gegen seine Landsleute, was bereits im ersten Bild zum
Ausdruck kommt. Bei der Aussage „Die Andorraner sind gemütliche
Leut, aber wenn es ums Geld geht, dann sind sie alle wie der Jud.“
(S.17), wiederholt er die Worte des Wirtes, die dieser zur
Beschreibung des Tischlers verwendet hatte. Dadurch drückt er aus,
dass er es durchschaut hat, dass sowohl der Tischler, als auch der
Wirt geldgierig sind und er von den Vorurteilen gegen Juden nichts
hält, da diese viel eher auf die Andorraner selbst zutreffen. Er ist auch
einer der Wenigen, der sie hinterfragt. „Woher wißt ihr alle, wie der
Jud ist?“ (S.15) , äußert er gegenüber des Wirts, als dieser ein
Judenvorurteil ausspricht. Dabei wird offensichtlich, dass es Can
wütend macht und, dass er es ungerecht findet, dass die Andorraner
Andri aufgrund dieser Judenvorurteile schlecht behandeln, obwohl
sie eigentlich noch nie zuvor einen Juden kennengelernt, geschweige
denn schlechte Erfahrungen mit ihm gemacht haben.
Can ist sauer auf die Andorraner, weil sie seinen Sohn diskriminieren,
er ist jedoch auch noch von ihnen enttäuscht. Er hatte gedacht, dass
seine Landsleute anders seinen, als die Schwarzen, erkennt jedoch
nun das Gegenteil. Sie sind genauso judenfeindlich, wie die
Menschen aus ihrem Nachbarland, was sogar die Senora bei ihrem
kurzen Besuch bemerkt. Der zweite Grund, weshalb er enttäuscht ist,
ist die widerstandslose Kapitulation, als die „Schwarzen“ Andorra
überfallen. Die Andorraner leisten sofort Gehorsam und tun alles,
was ihre Besatzer befehlen. Sogar, der Soldat, der zuvor behauptet
hatte, dass er „[…], lieber tot als Untertan[…]“ (S.19) sei und „Bis zum
letzten Mann, […]“ (S.19) kämpfe, stellt sich den eigentlich
feindlichen Nachbarn sofort zu Diensten. Can erkennt in dieser
Situation die Feigheit der Andorraner und beschimpft sie als
„Lumpenhunde“ und „Fötzel“ (S.96).
Seinen Hass auf die Andorraner bringt der Lehrer häufig zum
Ausdruck. Bei den Aussagen „Ich werde dieses Volk vor seinen
Spiegel zwingen, sein Lachen wird ihm erfrieren“ (S.15) und „Sie
werden ihr eigenes Blut noch kennenlernen“ (S.15) erfährt der Leser,
dass Can bereits sehr früh den Schrecken ahnt, den die Andorraner
erfahren werden, wenn die wahre Herkunft Andris ans Licht kommt.
Sie werden sehen, dass sie selbst die Eigenschaften eines Juden in
sich tragen und es jedem von ihnen hätte passieren können, so wie
Andri behandelt zu werden. Kurz vor seinem Selbstmord äußert er
seine Abscheu gegen die Andorraner, gegen ihre Verlogenheit und
auch dagegen, dass sie sich keine Schuld eingestehen, direkt. „Duckt
euch. Geht heim. Ihr wißt von nichts. Ihr habt es nicht gesehen. Ekelt
euch. Geht heim vor euren Spiegel und ekelt euch.“ (S.123). In dieser
Aussage wird auch offensichtlich, dass er die Schuld aller Andorraner
an dem Tod seines Sohnes und dem gesamten Verlauf der Ereignisse
erkennt. Er drückt auch aus, dass er erkannt hat, dass das friedliche,
ruhige Andorra nur ein Schein ist. Er ist einer der Wenigen, dem dies
bewusst ist.
Der Lehrer ist auch einer derjenigen, die bereits am Anfang das
nahende Unheil ahnen. Ein Pfahl auf dem Platz von Andorra, den
andere fast gar nicht bemerken und wenn, sich keine großen
Gedanken darüber machen, bereitet ihm Angst und er fragt sowohl
den Tischler als auch den Wirt mehrmals nach dessen Bedeutung und
dem Grund, weshalb er dort aufgestellt wurde.