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ELFTES KAPITEL
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‘Meine Herrin’ — hoch horchte ich auf —, ‘meine Herrin ist — eine
leidenschaftliche Freundin der Kunst. Sie bietet dir dreitausend Solidi für
die Aresbüste, die in der Nische neben der Tür deines Hauses steht.’
Laut lachten die jungen Leute, Cethegus mit ihnen.
»Ja, lacht nur«, fuhr der Hausherr selbst einstimmend fort, »ich aber
lachte damals nicht. Aus all meinen Träumen heruntergefallen, sprach
ich verdrießlich: ‘Mir ist das Werk nicht feil.’ Die Sklavin bot
fünftausend, bot zehntausend Solidi; ich wandte ihr den Rücken und griff
nach der Tür.
Da sagte die Schlange: ‘Ich weiß, Kallistratos von Korinth ist
unwillig, weil er ein Abenteuer gehofft und fand ein Geldgeschäft.
Er ist Hellene, er liebt die Schönheit, er brennt vor Neugier, meine
Herrin zu sehn.’ Das war so richtig, daß ich nur lächeln konnte.
‘Wohlan’, sprach sie, du sollst sie sehn. Und dann erneuere ich mein
letzt Gebot. Schlägst du’s dann dennoch aus, hast du immerhin den
Vorteil, deine Neugier gestillt zu haben. Morgen um die achte Stunde
kommt die Sänfte wieder. Dann halte dich bereit mit deinem Ares.’
Und sie schlüpfte hinweg. Unruhig blieb ich zurück.
Ich konnte nicht leugnen, meine Neugier war sehr gespannt. Fest
entschlossen, meinen Ares nicht herzulassen und die Kunstnärrin doch zu
sehen, erwartete ich gierig die bestimmte Stunde. Die Stunde kam, und
die Sänfte kam. Ich stand lauschend an meiner offnen Tür. Die Sklavin
stieg heraus.
‘Komm’, rief sie mir zu, ‘du sollst sie sehn.’
Bebend vor Aufregung trat ich heran, der Purpurvorhang der Sänfte
fiel halb zurück, und ich sah —«
»Nun«, rief Marcus, sich vorbeugend, den Becher in der Hand.
»Was ich nie wieder vergessen werde. Ein Gesicht, Freunde, von
ungeahnter Schönheit. Kypris und Artemis in einer Person. Ich war wie
geblendet. Ich kann sie nicht schildern. Der Vorhang fiel zu. Ich aber
sprang zurück, hob den Ares aus der Nische, reichte ihn der Punierin,
wies ihr Gold zurück und taumelte in meine Tür, betäubt, als hätt’ ich
eine Waldnymphe gesehn.«
»Nun, das ist stark«, lachte Massurius. »Bist doch sonst kein Neuling
in den Werken des Eros.«
»Aber«, fragte Cethegus, »woher weißt du, daß diese Zauberin eine
Gotin war?«
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»Sie hatte dunkelrotes Haar und milchweiße Haut und schwarze
Augenbrauen.«
»Alle guten Götter!« dachte Cethegus. Aber er schwieg und wartete.
Keiner der Anwesenden sprach den Namen aus.
»Sie kennen sie nicht«, sagte Cethegus zu sich. — »Und wann war
das?« fragte der Wirt.
»An den vorigen Kalenden.«
»Ganz richtig«, rechnete Cethegus; »da kam sie von Tarentum durch
Rom nach Ravenna. Sie ruhte hier drei Tage.«
»Und so hast du«, lachte Piso, »deinen Ares eingebüßt für einen
Blick. Schlechter Handel! Diesmal waren Merkur und Venus im Bunde.
Armer Kallistratos.«
»Ach«, sagte dieser, »die Büste war gar nicht so viel wert. Es war
moderne Arbeit. Jon in Neapolis hat sie vor drei Jahren gemacht. Aber
ich sag’ euch, einen Pheidias hätt’ ich hingegeben um jenen Anblick.«
»Ein Idealkopf?« fragte Cethegus, wie gleichgültig, und hob den
ehernen Mischkrug, der vor ihm stand, scheinbar bewundernd, auf
»Nein, das Modell war ein Barbar — irgendein Gotengraf —
Watichis oder Witichas — wer kann sich die hyperboreischen Namen
merken!« sagte Kallistratos seinen Bericht schließend und einem Pfirsich
die Haut abziehend.
Nachdenklich schlürfte Cethegus aus seiner Schale von Bernstein.
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ZWÖLFTES KAPITEL
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