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Masterarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades
eines Master of Science
der Studienrichtung Betriebswirtschaft
an der Karl-Franzens-Universität Graz
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbst ständig und ohne fremde Hilfe
verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen wörtlich oder
inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die Arbeit wurde bisher in
gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder ausländischen Prüfungsbehörde
vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende Fassung entspricht der einge-
reichten elektronischen Version.
Symbolverzeichnis ................................................................................................................... VI
Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................. IX
Tabellenverzeichnis ................................................................................................................... X
1 Einleitung ........................................................................................................................... 1
Wertbegriffe ....................................................................................................... 11
Vergleichswertverfahren ........................................................................................... 21
Einführung .......................................................................................................... 21
Verkehrswert ...................................................................................................... 28
Sachwertverfahren ..................................................................................................... 28
I
Einführung .......................................................................................................... 28
Bodenwert .......................................................................................................... 30
Ertragswertverfahren ................................................................................................. 39
Einführung .......................................................................................................... 39
Bodenwert .......................................................................................................... 42
Bewirtschaftungskosten ..................................................................................... 44
Kapitalisierungszinssatz ..................................................................................... 49
Bodenwertverzinsung ......................................................................................... 54
Einführung ................................................................................................................. 57
Zinssätze .................................................................................................................... 67
II
Rechtliche Parameter ................................................................................................. 73
Einführung ................................................................................................................. 97
III
Abkürzungsverzeichnis
IV
MRG Mietrechtsgesetz
m² Quadratmeter
MGR Mietrechtgesetz
Ö-NORM österreichische Norm
ÖVI Österreichische Verband der Immobilientreuhänder
Pkt Punkt
RichtWG österreichisches Richtwertgesetz
RICS Royal Institution of Chartered Surveyors
RichtWW Richtwertverordnung
RPPIs Handbook on residential property prices indices
Rz Randzahl
StabG Stabilisierungsgesetz
sog. sogenannte
TEGoVA The European Group of Valuers Associations
UStG Umsatzsteuergesetz
VW Verkehrswert
VersVG Versicherungsvertragsgesetz
WKO Wirtschaftskammer Österreich
z.B. zum Beispiel
V
Symbolverzeichnis
VI
𝑦𝑎
̅̅̅ arithmetischen Mittel der Vergleichswerte
𝑥𝑎
̅̅̅ arithmetischen Mittel der der Betrachtungszeitpunkte
x Betrachtungszeitpunkt
b Steigung
EW Ertragswert
E(𝑟𝑗 ) erwartete Rendite des Wertpapiers j
𝑟𝑓 risikoloser Zinssatz
𝑟𝑀 erwartete Rendite des Kapitalmarkts
𝛽𝑗 systematisches Risiko des Wertpapiers j
𝛽𝐼𝑒𝑚𝑝 empirischer Beta-Faktor von börsennotierten Immobiliengesellschaften (levered
Beta des einzelnen Unternehmens)
𝛽𝐼𝑙𝑒𝑣 Beta-Faktor von börsennotierten Immobiliengesellschaften(relevered des be-
trachteten Unternehmens)
𝛽𝐼 Beta-Faktor von börsennotierten Immobiliengesellschaften
𝑟𝐸 risikoadjustierter Diskontierungszinssatz für Eigenkapital
s Ertragssteuer auf Unternehmensebene
𝐾0 Kapitalwert
𝐴0 Anschaffungsauszahlung zu t = 0
𝑌0 Kreditauszahlungsbetrag zu t = 0
T Nutzungsdauer der Immobilie oder Veranlagungsdauer
𝑁𝐶𝐹𝑡 Net Cashflow im t-ten Jahr
𝑌𝑡 Tilgungszahlungen im t-ten Jahr für t > 0
𝑅𝑇 Restwert zu T
𝑠𝐸 Einkommensteuersatz des Investors
𝑠𝐼 Immoertragssteuersatz
𝑟𝐸 Alternative Rendite der Eigenkapitalgeber (bei teilweise Fremdfinanzierung)
𝑃0 Kaufpreis (netto) zu t = 0
n Eintragungsgebühr netto plus Grunderwerbsteuer netto
u Umsatzsteuer
m Vertragserrichtungskosten in % vom 𝑃0 netto
Nom Kreditnominale
FTE Flow to Equity
AfaW K
t /Afa t Steuerliche Abschreibung im t-ten Jahr für die Wohnung bzw. Küche
VII
K Küche
𝐶𝑡 nomineller Mieteinzahlungsüberschuss zu t
𝑍𝑡 Zinszahlungen
v Maklerprovision in % vom Veräußerungserlös
a Abschreibungsfaktor für gebrauchte Eigentumswohnungen in % p.a.
w Wertsteigerung neuer Eigentumswohnungen in % p.a.
p nominelle Rendite
π Inflationsrate
p Vektor beobachteter Marktpreise
X Matrix der Eigenschaften
β Vektor der Koeffizienten
ℎ𝑘 hedonische Preis
P Preis der Immobilie
β0 Konstante (Intercept) der Regression
𝑥𝑘 . Menge der erklärende Variablen/ Eigenschaften
𝛽𝑘 Regressionskoeffizient
𝐷𝑗 n-1 Zeit-Dummies
𝛿𝑗 Regressionskoeffizienten der Zeit-Dummies
𝑍𝑗 Faktor der räumlichen Differenzierung
𝜗𝑗𝑍𝑗 Interaktion (Wechselwirkung) zwischen Zeit und Raum
γj Koeffizient der räumlichen Differenzierung
PI Preisindex
𝑝𝑗̅ Mittelwert der Preise in Periode j
𝑥̅ki Mittelwert der Variable xk in Periode i
i Indexvariable
j Indexvariable
k Indexvariable
VIII
Abbildungsverzeichnis
IX
Tabellenverzeichnis
X
1 Einleitung
Die ökonomische Bewertung von Immobilien ist eines der zentralen Themen der
Immobilienökonomie. Im Unterschied zu anderen Märkten ist der Immobilienmarkt jedoch
wenig transparent und durch die angebotenen Güter sehr heterogen. Aufgrund dessen existiert
eine große Unsicherheit auf Käufer- und Verkäuferseite über den „wahren Wert“ der
angebotenen Immobilie. Vor diesem Hintergrund werden Sachverständige zur
Immobilienbewertung gebraucht. Die Kernkompetenz des Sachverständigen liegt darin, den
Wert der einzelnen Immobilie gutachterlich zu ermitteln, der sich am Markt bilden wird, zu
antizipieren. Die zur Immobilienbewertung entwickelten technischen, ökonomischen und
rechtlich verbindlichen Verfahren unterscheiden sich zudem national, was bei international
offenen Immobilienmärkten manche Schwierigkeiten verursacht.
Immobilien als Kapitalanlagen sind für Privatanleger noch mehr als für institutionellen
Investoren in den meisten Ländern sehr beliebt. Da der Immobilienmarkt ständig in Bewegung
ist, ist eine korrekte Bewertung jedoch die Basis jeder erfolgreichen Immobilientransaktion.
Für eine möglichst rationale Entscheidungsfindung stellt sich immer die Frage nach dem Wert
der Immobilie. Methoden zur Immobilienbewertung sind zentrale Fragestellungen im
finanzwirtschaftlichen Bereich jedes Unternehmens und jeder Privatperson.
1
2008 deutlich an Bedeutung. Diese Methode kann für verschiedene Zwecke verwendet werden.
Sie kann für die Bearbeitung von Investitionen in Form von Investitionswerten eingesetzt
werden oder zu Bewertungszwecke, wie bspw. für die Ermittlung des Verkehrswerts.6
Inwiefern diese Verfahren als Entscheidungsgrundlage für einen Investor herangezogen werden
können, soll geklärt werden. Ein Bewertungsbeispiel anhand einer in Wien gelegenen
Wohnimmobilie wird dargestellt und damit wird auch der Bezug zur Bewertungspraxis
hergestellt. Die hedonische Methode berücksichtigt die Eigenschaft der Heterogenität von Im-
mobilien und in der Lage ist die einzelnen preisbestimmenden Merkmale der Immobilie zu identi-
fizieren und deren Beitrag zum Gesamtpreis zu quantifizieren.
Welche gesetzlichen und methodischen Grundlagen sind zu beachten und wie ist die
aktuelle Entwicklung der Bewertungsvorschriften hinsichtlich der Bewertung?
Diese Arbeit beinhaltet sieben Kapitel. Im Folgenden wird ein Überblick über die Inhalte der
einzelnen Kapitel gegeben.
2
Das erste Kapitel bietet einen Überblick über die wesentlichen Ziele und Inhalte der Arbeit und
gibt eine kurze Einführung in die Thematik.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit den Grundlagen der Immobilienbewertung. Hierzu
gehört eine Analyse von Wertbegriffen und Definitionen. Immobilien werden typisiert und
eingeordnet und es wird auf die Bedeutung des Bewertungsanlasses und -zwecks eingegangen.
Zu den wesentlichen Bestandteilen dieses Kapitels zählen auch die gesetzlichen Grundlagen
der Immobilienbewertung in Österreich.
Zwischenergebnis ist eine Zusammenfassung gesetzlicher und normativer Grundlagen, die für
die weitere Vorgehensweise zur Identifikation praxisrelevanter Verfahren notwendig sind.
Als Zwischenergebnis sollen an dieser Stelle die Eckpunkte und Besonderheiten der
verschiedenen Bewertungsmethoden ausgeführt werden.
Das Kapitel fünf analysiert den hedonischen Ansatz zur Immobilienbewertung. Hier wird nach
einer kurzen Einführung in die Theorie des hedonischen Preises., die statistischen Grundlagen
der hedonischen Modelle vorgestellt. Anschließend – da mittels dieser Methode auch
Immobilienindizes ermitteln werden können – werden die in der Literatur verwendeten
Verfahren zur Immobilienpreisindexbestimmung dargestellt.
In Kapitel sechs werden die internationalen Methoden mit den klassischen nationalen Methoden
verglichen. Als Erstes werden die relevanten internationalen Organisationen genannt. Weiters
– da im Gegensatz zu den nationalen Regelungen in der internationalen Immobilienbewertung
eine Vielzahl von Wertbegriffen und Definitionen zur Verfügung stehen – wird in diesem
Kapital ein Überblick über die internationalen Wertbegriffe gegeben. Die Vorgangsweise und
3
der Zweck der internationalen Bewertungsmethoden werden spezifiziert und die diesbezügliche
Literatur zum bisherigen Stand der Forschung wird zusammenfassend dargestellt.
Die Conclusio und der Ausblick schließt mit dem siebenten Kapitel die Arbeit ab. Hier wird
eine kurze Zusammenfassung über die Erkenntnisse gegeben. Es wird geklärt, ob und wie die
Forschungsfragen beantwortet wurden.
4
2 Grundlagen der Immobilienbewertung
Bewertungsanlässe - Überblick
Zu Beginn jeder Immobilienbewertung muss sich der Gutachter die Frage stellen, welchem
Anlass die Bewertung im Einzelnen dienen soll bzw. für welche Entscheidungssituation sein
Bewertungsergebnis herangezogen wird. Denn anhand des Bewertungszwecks wird im Vorfeld
des Bewertungsprozesses festgelegt, welche Wertdefinition zu Grunde zu legen ist und welche
Wertermittlungsmethoden anzuwenden sind. Wird das Ziel der Bewertung nicht festgelegt,
fehlt die zentrale Informationsgrundlage. Der Bewertungsprozess kann in weiterer Folge nicht
am Ziel ausgerichtet werden, und das Gutachten kann nicht zu sinnvolle Ergebnisse führen.7
Der erzielte Immobilienwert richtet sich nach dem Zweck der Bewertung.8
Anlass der Transaktion. Hierzu gehören Kauf- und Verkauf von Einzelobjekten oder
Portfolios, An- und Vermietung von Liegenschaften.
Anlass der Finanzierung. Dazu gehören die Beleihung und Bewertung der Immobilie
als Sicherung, Verbriefungen von Immobilienkrediten und die Vorbereitung von „Sale-
and-Lease-Back“- Geschäften.
Anlass der Ermittlung steuerlicher Bemessungsgrundlagen; grundsätzlich zur Berech-
nung von Grund- und Grunderwerbsteuer.
Anlass zur Klärung gerichtlicher Streitigkeiten, hierzu zählen besonders Erb- oder Ehe-
rechtsfragen und Exekutionsverfahren.
5
Anlass der Informationsbereitstellung für das interne Controlling und/oder externes
Rechnungswesen. Hierbei können Performancemessungen bei Immobilienfonds, Be-
messungen von Ausschüttungen, Berichterstattungen zur Entwicklung stiller Reserven,
Informationen für das Management oder Informationen für die Erstellung von Jahres-
abschlüssen als Zweck angeführt werden.
Anlass des Versicherungsabschlusses
Anlass zur Berechnung von Belastungen, bzw. eines Wohnrechtes.
Die Anlässe auf Unternehmensebene bzw. Gesellschaftsebene und Anlässe auf der Objektebene
lassen sie wie in den folgende Abbildung zusammenfassen:
Die beiden Begriffe Anlass und Zweck werden in der Literatur nahezu synonym verwendet.
Der Zweck beschreibt, welches Ziel der Auftraggeber mit der Begutachtung verfolgt (z.B. In-
formationsgewinnung über einen optimale Verkaufserlös der Immobilie), der Anlass meint den
konkreten Anstoß, der aktuell zum Bewertungsauftrag geführt hat (z.B. geplanter Verkauf einer
Liegenschaft). Die Angabe von Zweck und Anlass erfolgt in der Regel parallel. Außerdem die
Auftraggeber, der Adressat und die Bewertungsbegriffe spielen bei der Bewertung eine wich-
tige Rolle. Um Fehler bei der Bewertung oder Missverständnisse bei dessen Interpretation zu
vermeiden ist die Klärung der vorgenannten Aspekte vor Beginn der Arbeit sehr wichtig.
Für die weitere Analyse der Methoden zur Immobilienbewertung muss zunächst geklärt wer-
den, was genau unter der Begriff „Immobilie“ zu verstehen ist, sowie welche Bedeutungen die
6
verschiedenen Begriffe haben. Danach werden die wichtigsten Wertbegriffe der Immobilien-
bewertung erläutert.
Der Immobilienbegriff
Der Immobilienbegriff wird weder im Sprachgebrauch noch in der Wissenschaft eindeutig de-
finiert.12 Allgemein gibt es eine Vielzahl von teilweise synonym verwendete Wörtern für den
Begriff Immobilien wie z.B. Grundstück, Gebäude, Liegenschaft, usw. 13 Aus wissenschaftli-
cher Sicht hat der Begriff der Immobilie selbst keine allgemeingültige Definition. Hierbei lässt
sich nach physischen, rechtlichen und ökonomischen Immobilienbegriffen differenzieren.14
Aus physikalischer Perspektive - in der Literatur als „bricks and mortar concept“15 bezeichnete
Begriffsauffassung - wird die Immobilie als dreidimensionales Gebilde aus Wände, Decken
Böden und Dächer definiert. Durch diese künstliche, materielle Abgrenzung werden Flächen
und Räumen geschaffen und eine Abtrennung zwischen „innen“ und „außen“ erzielt. Hier wer-
den ausschließlich die Gebäudestrukturen berücksichtigt, Grund und Boden sowie die Nutzen-
erwartung der Immobilien bleiben unberücksichtigt. Diese Definition beschrieb die Immobilie
in engere Sinn.16
Aus juristische Perspektive findet der Begriff Immobilie weder in Gesetzen noch in Rechtsnor-
men eine einheitliche Verwendung. Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) versteht
unter unbewegliche Sache allgemein „Sachen, welche ohne Verletzung ihrer Substanz von ei-
ner Stelle zur anderen versetzt werden können, sind beweglich; im entgegensetzten Falle sind
sie unbeweglich“17
In Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) wird der „Immobilienbegriff“ auf den Aus-
druck „Grundstück“ reduziert, welches im bürgerlichen Sinne Grund und Boden und gegebe-
nenfalls die Gebäude oder der sonstige Bestandteile umfasst.
7
Zu differenzieren ist zwischen unbebauten und bebauten Grundstücke, welche sich weiter nach
ihren jeweiligen Nutzungsarten aufgliedern lassen, wie beispielweise Mietwohngrundstücke,
Geschäftsgrundstücke, gemischte Grundstücke, Einfamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser und
sonstige bebauten Grundstücke.
Die wirtschaftliche Betrachtungsweise des Immobilienbegriffs fokussiert auf die Nutzung und
unterscheidet zwischen dem investitionstheoretischen und dem produktionstheoretischen Ver-
ständnis von Immobilien. Investitionstheoretisch betrachtet man Immobilien als eine Kapital-
anlage oder als Sachvermögen, aus produktionstheoretischer Sicht als Produktionsfaktor.18
Die Investition in Immobilien mit dem Ziel, eine Umwandlung von Raum-Zeit-Einheiten in
Geld—Zeit-Einheiten herbeizuführen, wird allgemein als Kapitalanlage19 oder Investment an-
gesehen. Im Immobilienbereich stehen die Kapitalgeber mehreren Möglichkeiten für die Inves-
tition gegenüber. So kann Kapital direkt in eine Immobilie investiert werden, daher wird ein
Objekt von einem oder mehreren Investoren gekauft20 oder indirekt über eine Immobilienanlage
angelegt werden.21
Aus produktionstheoretischer Perspektive sind Immobilien Betriebsmittel und somit eine not-
wendige Voraussetzung für den leistungswirtschaftlichen Faktorkombinationsprozess in einem
Unternehmen.22
In dieser Arbeit wird der wirtschaftswissenschaftlichen Perspektive gefolgt, der den Immobi-
lienbegriff wie folgt definiert: „Immobilien sind Wirtschaftsgüter, die aus unbebauten oder be-
bauten Grundstücken mit dazugehörigen Außenanlagen bestehen. Sie werden von Menschen
im Rahmen physisch-technischer, rechtlicher, wirtschaftlicher und zeitlicher Grenzen für Pro-
duktions-, Handels-, Dienstleistungs- und Konsumzwecke genutzt.“23 Der erste Satz beschreibt
die Immobilie als Wirtschaftsgut,24 dessen Eigenschaften im nächsten Abschnitt skizziert wer-
den. In den weiteren Ausführungen dieser Arbeit wird der Begriff Grundstück für das unbebaute
8
Grundstück verwendet, während der Begriff Immobilie für ein bebautes Grundstück, bzw. ein
mit dem Grundstück verbundenes Gebäude bezeichnet wird.
wenn die Immobilie ihre Funktion nicht mehr erfüllen kann und diese durch Reparaturen oder Sanierungen nicht mehr herge-
stellt werden kann.
29 Anm: Die wirtschliche Lebensdauer endet, wenn das Grundstück durch eine andere Nutzung, unter Berücksichtigung aller
Kosten, eine höhere Rentabilität erreichen kann. Falls die Instandhaltungsaufwendungen und andere Kosten nicht durch Erträge
9
Hohe Kapitalbindung: Immobilien sind durch eine hohe und dauerhafte Kapitalbin-
dung charakterisiert. Die Dauer der Kapitalbindung kann in Abhängigkeit mit dem
Zweck des Investors variieren. So ist die Kapitalbindungsdauer für einen Bauträger im
Vergleich mit dem Anlagehorizont eines Endinvestors kurz, der die Immobilie zur Ver-
mietung oder Selbstnutzung hält. Neben dem direkten Immobilienerwerb gibt es die
Möglichkeit zur indirekten Immobilieninvestition. Hier ist das erforderliche Kapital ge-
ringer als bei direkten Anlagen und damit entsteht für diese Anlageform eine geringere
Kapitalbindungsdauer.
Hohe Transaktionskosten: Jeder Immobilienerwerb ist mit hohen Kosten verbunden.
Diese Kosten ergeben sich auf der einen Seite durch hohe Informations- und Suchkosten
oder Beratungsleistungen im Vorfeld einer Transaktion, wie Maklerprovisionen und
Immobiliengutachten.30 Auf der anderen Seite lösen Eigentumsübertragungskosten di-
rekte Zahlungen wie eine Notargebühr, Grunderwerbsteuer sowie Gerichtsgebühr aus.
Diese Erwerbskosten plus die Mehrwertsteuer können 10% des Kaufpreises überstei-
gen.31
Begrenzte Substituierbarkeit: Immobilien sind untereinander nicht substituierbar und
können andere Güter einer Liegenschaft nicht ersetzen.
Durch die oben genannten Eigenschaften der Immobilie weisen die Immobilienmärkte folgende
Besonderheiten auf:32
Immobilien, welche vergleichbar in Größe und Qualität sind, werden idR zu ähnlichen
Preisen gehandelt.
Immobilienpreise sind allgemein stabil, solange Angebot und Nachfrage ausgeglichen
sind.
Sobald die Nachfrage das Angebot übersteigt, beginnen die Preise zu steigen. Dies ermutigt
Investoren zu Neuinvestitionen in Immobilien, welche aufgrund der langen Herstellungszeiten
erst allmählich fertiggestellt werden und damit die Nachfrage nur sukzessiv befriedigen kön-
nen.
abgedeckt werden können und keine andere rentable Nutzung möglich ist, kann der Leerstand, aus ökonomischer Sicht, die
beste alternative Nutzung darstellen; Vgl. Bone-Winkel et al. (2008), S. 21.
30 Vgl. Bone-Winkel et al. (2008), S. 20f.
31 Vgl. Klusak (1985), S. 496.
32 Vgl. Wüstefeld (2000), S. 34.
10
Durch die Problematik der Charakteristika von Immobilien wird zudem deutlich, dass der Im-
mobilienmarkt zusätzlich durch Eigenschaften gekennzeichnet ist, die ein Funktionieren des
perfekten Marktes von vornherein ausschließen.
Wertbegriffe
Vor Ermittlung von Immobilienwerten ist die Frage zu stellen, welcher Wert ermittelt werden
soll. Nachstehend werden verschiedene in Österreich verwendete Wertdefinitionen, wie sie in
Gesetzen verankert sind, beschrieben.
Der Verkehrswert ist der zentrale Wertbegriff im Rahmen der österreichischen Wertermittlung.
Er ist im Liegenschaftsbewertungsgesetz geregelt und bezeichnet den „Preis, der bei einer Ver-
äußerung einer Sache üblicherweise im redlichen Geschäftsverkehr für sie erzielt werden
kann.“33 Er gilt in der Regel für Bewertungen im gerichtlichen Verfahren. 34 Der Verkehrswert
ist die Grundlage für Transaktionsentscheidungen.35 Der Verkehrswert kann gemäß LBG vom
Sachwert, Ertragswert oder Vergleichswert abgeleitet werden. Diese Begriffe werden in den
Kapitel 3 definiert.
Der Marktwert ist international harmonisierter Wertbegriff für den aktuellen Wert (Bewer-
tungsstichtag) einer Immobilie. Dabei wird als Durchschnitt der zum Bewertungsstichtag im
gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielten oder sicher erzielbaren Preise angenommen.36 Der
Begriff Marktwert wird vorwiegend im Bankwesen sowie im Bilanzierungsbereich angewen-
det.37 Der Marktwert ist gemäß dem Bankwesengesetz als „der Preis, zu dem die Immobilie im
Rahmen eines privaten Vertrags zwischen einem verkaufsbereiten Verkäufer und einem unab-
hängigen Käufer zum Zeitpunkt der Schätzung verkauft werden könnte.“38 Diese Definition des
Marktwertes macht ersichtlich, dass dieser mit dem Verkehrswert synonym zu verwenden ist.
Der Beleihungswert ist ein ermittelter Wert, der mit den Anforderungen der Bankenaufsicht
als Risikowertansatz verbunden ist. Er ist nicht mit dem stichtagsbezogenen Marktwert oder
Verkehrswert gleich zu setzen.39
Der Preis ist das Ergebnis einer Tauschaktion und beschreibt daher immer die Vorstellungen
der Vertragsparteien von einer Immobilie. Dieser Begriff ist von individuellen, subjektiven
11
Vorstellungen und spekulativen Momente geprägt.40 Er muss nicht mit dem Verkehrswert über-
einstimmen.
Der subjektive Wert (Worth) bezeichnet die Einschätzungen der einzelnen Investoren, in die
persönliche Präferenzen und Erwartungen eingeflossen sind.41
Der objektive Wert (Value) ist intersubjektiv, daher entspricht er den aggregierten Preisvorstel-
lungen einer Gruppe von Marktteilnehmern. Er ergibt sich aus dem Zusammentreffen von An-
gebot und Nachfrage am Markt.42 In dieser Arbeit wird daher davon ausgegangen, dass es einen
„richtigen“ objektiven Wert nicht gibt, sondern dass eine Bewertung immer vor dem Hinter-
grund von Anlass und Zweck zu betrachten ist.
Der Buchwert ist der Wert, der zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einem bestimmten Bilanz-
stichtag in der Bilanz aufscheint. Er muss nicht mit dem tatsächlichen Wert überreinstimmen.43
Die Gegenstände des Anlagevermögens sind mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten
abzgl. der Abschreibungen in der Bilanz anzusetzen.44
Der Versicherungswert ist der Wert des versicherten Objektes45 und entspricht in der Regel
dem Neuwert46 der versicherten Sache bzw. dem Wiederbeschaffungswert. Bei Sachen oder
Gebäuden, deren Zustand weniger als 40 % des Neuwertes entspricht, ist der Zeitwert47 anzu-
setzen.48
Per Definition sind Immobilien unbewegliche Güter. Der Bewertungsgegenstand ist laut LBG
wie folgt definiert: „[…] gilt für die Ermittlung des Wertes (Bewertung) von Liegenschaften,
12
Liegenschaftsteilen und Überbauten im Sinn des §435 ABGB (Superädifikate) sowie von damit
verbundenen Rechten und darauf ruhenden Lasten.“51 Diese Definition findet sich auch gleich
lautend in der ÖNORM 1802 zum Anwendungsbereich. Die ÖNORM B 1802 gibt ergänzend
dazu die bestehenden Baurechte an, welche ebenfalls in die Bewertung mit einbezogen werden
müssen.52
Gegenstand der Wertermittlung einer Liegenschaft sind in der Regel das Grundstück, seine Be-
standteile sowie das damit in Verbindung stehende Zubehör. Das Grundstück und seine Be-
standteile (wie z.B. Gebäude oder Außenanlagen) bilden hier eine sachliche, rechtliche und
wirtschaftliche Einheit.53 Gebäude sind sonderrechtsunfähig und teilen somit das Schicksal der
so genannten „Hauptsache“, womit der Grund und Boden gemeint ist. Einzige Ausnahme hier-
bei ist das Superädifikat, das ein Bauwerk ohne Belassungsabsicht und ohne Grundbucheintrag
darstellt.54
Als Fazit gilt, dass die Immobilienbewertung von einer einheitlichen Betrachtung von Grund
und seiner Bestandsteile ausgehen und sämtliche Rechte und Lasten mit einzubeziehen sind.
13
Abbildung 2: Typologisierung nach Immobilienarten
Quelle: Schulte (2008), S. 120.
Das Liegenschaftsbewertungsgesetz
Das Liegenschaftsbewertungsgesetz ist österreichisches Bundesrecht und hat seit dem 1. Juli
1992 die Realschätzordnung ersetzt.55 Zum Geltungsbereich des LBG gehört die Wertermitt-
lung von Liegenschaften bei gerichtlichen Verfahren, sowie bei Verwaltungsverfahren, die ge-
richtlichen Entscheidungen vorangehen.56
Das LBG stellt sowohl für den Sachverständigen als auch für das Gericht eine Orientierungs-
und Entscheidungshilfe dar. In dem LBG sollen grundsätzliche Regeln festgelegt werden und
auf genaue Anordnungen wird weitgehend verzichtet. Regelungen über die Wahl des Werter-
mittlungsverfahrens oder des Kapitalisierungszinssatzes existieren nicht. Grund dafür sind die
negativen Erfahrungen aus vergleichbaren Vorschriften der Realschätzordnung.57
14
Die wichtigsten Punkte des LBG werden in weiterer Folge erläutert. Dabei werden zuerst die
allgemeinen Bewertungsregeln, danach die gesetzlichen Erfordernisse an Gutachten und Gut-
achter dargestellt. Die verfahrensspezifischen Gesetzesstellen (§§ 4, 5 und 6 LBG) werden in
den nächsten Kapiteln gemeinsam mit den jeweiligen Verfahren erörtert.
Allgemeine Bewertungsregeln:
(1) „Sofern [...] nichts anderes bestimmt wird, ist der Verkehrswert der Sache zu ermitteln.“
(2) „Verkehrswert ist der Preis, der bei einer Veräußerung der Sache üblicherweise im redli-
chen Geschäftsverkehr für sie erzielt werden kann.“
(3) „Die besondere Vorliebe und andere ideelle Wertzumessungen einzelner Personen haben
bei der Ermittlung des Verkehrswertes außer Betracht zu bleiben.“
Die Anordnung, den Verkehrswert der Sache zu ermitteln, lässt darauf schließen, dass der Be-
wertungsanlass hier ohne Bedeutung ist. Zu ermitteln ist der „tatsächliche Wert“, ohne Unter-
schied, in welchem Verfahren dieser erhoben wird.59 Dies wiederspricht massiv gemäß dem §
9 (1) LBG, nach dem der Zweck des Gutachtens zwingend anzuführen ist.60
Besondere Vorlieben und ideelle Wertzumessung einzelner Personen sollten außer Acht gelas-
sen. Subjektive Wertbemessungen könnten durchaus einfließen, wenn sie sich durch wirtschaft-
liche Gegebenheiten begründen lassen (z.B. kann eine Liegenschaft für einen Unternehmer ei-
nen besonders hohen Wert haben, weil das Mutterunternehmen direkt auf dem Nebengrund-
stück gelegen ist). Personen im einzeln können ebenfalls die Markt- und somit Preislage einer
ganzen Stadt oder Ortschaft beeinflussen, indem sie beispielsweise Großprojekte planen und
durchführen.61
58 Liegenschaftsbewertungsgesetz. § 2 LBG.
59 Vgl. Stabentheiner (2005), S. 9 und S. 17.
60 Vgl. Liegenschaftsbewertungsgesetz. § 9 LBG.
61 Vgl. Stabentheiner (2005), S. 18 ff.
62 Liegenschaftsbewertungsgesetz. § 3 (1), (2) LBG.
15
(2) „Wenn es zur vollständigen Berücksichtigung aller den Wert der Sache bestimmenden
Umstände erforderlich ist, sind für die Bewertung mehrere Wertermittlungsverfahren
anzuwenden.“
Zusätzlich Wertbeeinflussende Rechte und Lasten sind in der Beurteilung mit einzubeziehen.63
Bei der Auswahl des Verfahrens wird also nach den besonderen Umständen des Einzelfalls
entschieden, was die Relevanz von Bewertungsanlass wiederum weiter gibt.
Der Gutachter ist, wenn das Gericht oder die Verwaltungsbehörde nichts anderes anordnen, für
die Wahl des Bewertungsverfahrens zuständig. Aus den Ergebnissen des ausgewählten Verfah-
rens muss unter Berücksichtigung des redlichen Geschäftsverkehrs der Wert zu ermitteln sein.64
Das Ergebnis des ausgewählten Verfahrens entspricht in vielen Fällen nicht dem Verkehrswert,
sondern muss noch durch Berücksichtigung besonderer Umstände und Marktverhältnisse an-
gepasst werden. Vorrausetzung dafür ist eine kontinuierliche und sorgfältige Marktbeobach-
tung erforderlich.65
Die gesetzlichen Anforderungen an den Gutachter und das Gutachten werden in den Paragrafen
8, 9 und 10 LBG gehandelt.
Für den Bereich der privaten Wertermittlungen ist das LBG nicht anzuwenden, daher wurde
die ÖNORM B 1802 geschaffen.
Relevante ÖNORMEN
Normen haben ein freiwilligen Charakter, können aber in besonderen Fällen vom Gesetzgeber
(Bund oder Länder) fallweise durch ein Gesetz oder eine Verordnung als "verbindlich" (ver-
pflichtend) erklärt werden. Die Normen für die Immobilienbewertung bieten eine sinnvolle Er-
gänzung und Orientierungshilfe zum LBG.
16
Die ÖNORM B 1802
Im Jahr 1998 wurde es eine neue Regelung, die sogenannten ÖNORM B 1802 „ Grundlagen
der Liegenschaftsbewertung“ geschaffen.67
Diese ÖNORM enthält die grundsätzlichen Regeln der Wertermittlung von bebauten und un-
bebauten Grundstücken unter dem Gesichtspunkt der Nachvollziehbarkeit von Befund und Fol-
gerung und beinhaltet die folgenden Punkte:68
Sie ist anwendbar bei der Ermittlung der Grundlagen des Verkehrswertes von bebauten
und unbebauten Liegenschaften und Liegenschaftsteilen, einschließlich der Bestand-
teile wie Gebäude und Außenanlagen, sowie von Superädifikaten (Überbauten) und
Baurechten.
Die Begriffsbestimmungen sind direkt übernommen aus dem LBG.
Die allgemeinen Grundsätze behandeln die Befundaufnahme, den Sorgfaltsmaßstab, die
Genauigkeitsanforderungen und die allgemeinen Erfordernisse des Gutachtens. Dabei
kann der Widerspruch zwischen der Unmöglichkeit, ein mathematisch exaktes Ergebnis
der Wertermittlung anzugeben und das Verlangen dennoch einen eindeutigen Wert aus-
zuweisen, zwar angesprochen, aber nicht aufgelöst werden. Hier wird die Notwendig-
keit der Marktbeobachtung und der Nachvollziehbarkeit des Gutachtens hervorgehoben.
Die relevanten Einflussgrößen der Wertermittlung sind der Zeitpunkt der Bewertung,
die Lage, die allgemeinen Wertverhältnisse und die Eigenschaft der Liegenschaft selbst.
Bei Ansätzen im Sach- und Ertragswertverfahren ist die Umsatzsteuer üblicherweise
außer Acht zu lassen, kann aber, z.B. bei Immobilien für den privaten Eigenbedarf, an-
gesetzt werden.
Der Verkehrswert ist in der Regel über Vergleichswertverfahren, Ertragswertverfahren,
Sachwertverfahren oder mehrere dieser Verfahren zu ermitteln .Hier wird also die Mög-
lichkeit der Anwendung anderer Verfahren offen gelassen. Nach Anweisungen zur Her-
leitung des Verkehrswertes aus den gewählten Verfahren wird auf diese einzeln Ver-
fahren eingegangen.
17
Die ÖNORM B 1802-2
Diese ÖNORM ist seit 01.12.2008 gültig. Im Mittelpunkt dieser ÖNORM steht das Discounted-
Cashflow Verfahren (DCF-Verfahren). Das DCF-Verfahren stellt hier ein ertragsorientiertes
Bewertungsverfahren zur Marktwertermittlung dar, das geeignet ist Realität in Modellform ab-
zubilden und internationalen Standards entspricht.69
Bei den ertragsorientierte Verfahren kann zwischen den folgenden Methoden unterschieden
werden:70
In Österreich ist das traditionelle Ertragsverfahren des LBG eine Methode der direkten Kapita-
lisierung. Auf Basis eines repräsentativen Jahres werden die Erträge vervielfältig und die ge-
samten Reinerträge werden in einen Bodenwert-Verzinsungsbetrag und den Reinertrag der bau-
lichen Anlagen aufgeteilt. Der Nachteil dieser Verfahren ist, dass die künftigen Ertragsschwan-
kungen, die zum Bewertungszeitpunkt schon absehbar waren, sowie unterschiedliche mietver-
tragliche Strukturen nicht ohne Anpassungen berücksichtigt werden können. Eine Anpassung
kann durch horizontale Teilung der Ertragsströme erfolgen („Sandwichverfahren“), indem ein
begrenzter Mehr- oder Minderertrag für die Dauer der Abweichung kapitalisiert und bei der
Position der sonstigen wertbeeinflussenden Umstände im Ertragswertverfahren berücksichtigt
wird.71
Das DCF-Verfahren ist eine international angewandte Methode der indirekten Diskontierung,
welches die Defizite der traditionellen Ertragsverfahren nicht aufweist, da hier angefallene
Cashflows auf Basis einzelner Perioden abgezinst werden. Dieses Verfahren gehört wegen die-
ser Charakteristika zu den Blockverfahren („Säulenverfahren“), bei denen die Zahlungsströme
vertikal verteilt sind. Annahmen über die künftige Ertragsentwicklung können explizit darge-
stellt und berücksichtigt werden.72
Der Anwendungsbereich des DCF-Verfahren bildet die Ermittlung des Marktwertes (Market
Value) von bebauten Liegenschaften, Liegenschaftsanteilen und Projektentwicklungen. Es wird
18
außerdem auf die besondere Eignung für die Bewertung von Liegenschaften verweisen, welche
diskontinuierlichen Entwicklungen ausgesetzt sind. 73
In den folgenden Abschnitten der Norm werden für das DCF-Verfahren relevante Begriffe er-
klärt und der Aufbau des Verfahrens wird erläutert.74 Eine genaue Betrachtung der Abläufe des
Verfahrens erfolgt in Kapitel 4.
Die Inhalte der ÖNORM B 1802-2 beinhalten Hinweise für die Entwicklung österreichischer
Immobilienbewertung in Richtung internationaler Standards, indem alle relevanten Begriffe
auch auf Englisch bezeichnet werden, auf die International Valuation Standards verwiesen und
dem DCF-Verfahren mehr Bedeutung gibt. Darum kann das DCF-Verfahren nun eindeutig als
eine dem Stand der Wissenschaft entsprechend Methode angesehen und als gesetzeskonform
argumentiert und verwendet werden. Dieser Umstand ist ein wichtiger Punkt für die weitere
Entwicklung der österreichischen Immobilienbewertungspraxis.
19
3 Klassische Wertermittlungsverfahren zur Immobilienbewertung
Mit klassischen Wertermittlungsverfahren sind jene Verfahren gemeint, die national vorrangig
angewandt werden. Den Sachverständigen stehen nach dem Liegenschaftsbewertungsgesetz
drei Methoden zur Verfügung.75 Diese sind in der nächsten Abbildung dargestellt: das Ver-
gleichswert-, das Sachwert- und das Ertragswertverfahren.
Gemäß §7(1) LBG „ soweit das Gericht oder die Verwaltungsbehörde nichts anderes anordnen,
hat der Sachverständige das Wertermittlungsverfahren auszuwählen. Er hat dabei den jeweili-
gen Stand der Wissenschaft und die im redlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenhei-
ten zu beachten. Aus dem Ergebnis des gewählten Verfahrens ist der Wert unter Berücksichti-
gung der Verhältnisse im redlichen Geschäftsverkehr zu ermitteln“.77
20
Somit hat der Immobiliensachverständige die Wahl des Wertermittlungsverfahrens unter Be-
achtung des Standes der Wissenschaft. Er muss beurteilen und begründen können, welche Ver-
fahren bei der Immobilienbewertung für verschiedene Objektarten anzuwenden sind und wel-
che Aussagefähigkeit diese haben. Als Unterstützung können von der Verbindungstelle der
Bundesländer herausgegebene allgemeine Richtlinien für die Bewertung von Liegenschaften
herangezogen werden, die Folgendes besagen:
Dieser Vorgang mit der Vergleichswertmethode als bevorzugte Verfahren entspricht auch
TEGoVa, wo es heißt: “ Die Vergleichswertmethode ist stets als bevorzugte Methode für die
Ermittlung des Marktwertes anzusehen, und sollte bei Möglichkeit immer herangezogen wer-
den, da sie am stärksten das Marktgeschehen widerspiegelt.“78
Vergleichswertverfahren
Einführung
21
durch den zeitnahen Vergleich mit bereits realisierten und unter Marktbedingungen zustande
erzielten Kaufpreisen vergleichbarer Liegenschaften, sog. "Vergleichswerten" abgeleitet.79
Prämisse für die Anwendung des Vergleichswertverfahrens ist die Verfügbarkeit von zeitnahen
Kauf-bzw. Mietpreisen für Vergleichsliegenschaften. Die Preise sind jene die im redlichen Ge-
schäftsverkehr in Zeitnähe zum Bewertungsstichtag in vergleichbaren Gebieten festgestellt
worden sind. Somit ist ein Vergleich dann möglich, wenn Eigenschaften bzw. Lage-und Nutz-
barkeitsmerkmale sowohl für die bewertende Immobilie als auch für die Vergleichsliegenschaft
verfügbar sind und eine Übereinstimmung festgestellt worden ist. Übereinstimmung wird in
Abhängigkeit sachlicher und rechtlicher Faktoren sowie in Abhängigkeit des Bewertungsstich-
tages in bestimmtem Umfang erzielt. Wenn die Kaufpreise vor oder nach dem Bewertungs-
stichtag vereinbart wurden, müssen die Preisschwankungen durch Auf- oder Abwerten einbe-
zogen werden.80
Im Rahmen des Vergleichswertverfahrens kann der Wert durch den direkten bzw. unmittelba-
ren Preisvergleich mit hinreichend übereinstimmenden Vergleichsliegenschaften und durch ei-
nen mittelbaren bzw. indirekten Vergleich z.B. mit Bodenrichtwerten ermittelt werden.84 Bei
dem direkten Preisvergleich wird der Verkehrswert direkt aus Vergleichspreisen abgeleitet.
79 Vgl. Liegenschaftsbewertungsgesetz. § 4(1) LBG; Vgl. ÖNORM B 1802 (1997), Pkt. 5.2.1,S. 3.
80 Vgl. Liegenschaftsbewertungsgesetz. § 4(2) LBG; Vgl. ÖNORM B 1802 (1997), Pkt. 5.2.2,S. 3.
81 Vgl. Feilmayr (2009), S. 41.
82 Vgl. Funk et al. (2014a), S. 174.
83 Vgl. Funk et al. (2014a), S. 174.
84 Vgl. Seiser/Kainz (2014), S. 367.
22
Und bei dem indirekten Preisvergleich wird bei den Vergleichspreisen auf die Zustandsmerk-
male der bewertenden Liegenschaft und/oder auf den Bewertungsstichtag „umgerechnet“.
Die folgende grafische Darstellung bildet die allgemeine Vorgehensweise im Rahmen des Ver-
gleichswertermittlungsverfahrens ab:
Laut dem Liegenschaftsbewertungsgesetz heißt es:„ Vergleichbare Sachen sind solche, die hin-
sichtlich der Wert beeinflussenden Umstände weitgehend mit der zu bewertenden Sache über-
einstimmen“,85 sodass zuerst diese wertbeeinflussenden Umstände bzw. die Lage- und Nutz-
barkeitsmerkmale des Bewertungsobjekts festzulegen und genauer zu untersuchen sind.. Je
23
mehr Übereinstimmungen es zwischen der zu bewertenden Liegenschaft und dem Vergleichs-
objekt gibt, desto einfacher und genauer ist die Wertermittlung im Vergleichsverfahren durch-
zuführen. Außerdem bestimmen die Abweichungen die Art und den Umfang der in dem Gesetz
geforderten Zu- oder Abschläge zur Berücksichtigen ihres Einflusses auf den Wert 86 Die fol-
gende Tabelle zeigt einen Überblick über die einzelnen möglichen Merkmale, die bei den Im-
mobilien verwendet werden können.
Bei der Lagemerkmale wird zwischen der Mikro- und Makrolage unterschieden. Die Mikrolage
bezieht sich auf die Stadt, den Bezirk oder den Ballungsraum. Die Mikrolage steht für die klein-
räumige Lage einer Liegenschaft und ist ein Teilbereich der Makrolage. Sie berücksichtigt jene
beeinflussenden Umstände, die das Grundstück in seinem Nahbereich hat. Eine weitere Diffe-
renzierung kann man zwischen weichen und harten Lagefaktoren vornehmen. Zu den harten
Lagefaktoren gehören die physischen oder sozioökonomischen Größen, wie z.B. Verkehrsinf-
rastruktur, Topographie, interne Erschließung oder Bevölkerungsstruktur. Diese harten Merk-
male kann man leicht erfassen und messen. Die weichen Faktoren beziehen sich auf die Qualität
einer Lage und sind bedingt messbar.87 Wie bei der Beurteilung von Lagemerkmalen, wird bei
den Nutzbarkeitsmerkmalen in der Immobilienbewertung zwischen unbebauten und bebauten
Liegenschaften differenziert.
24
Die Bewertung von Lage-und Nutzbarkeitsmerkmalen ist für die Herleitung des Bodenwertes
im Rahmen des Vergleichswertverfahren besonders relevant.
Nach der Festlegung der oben genannten Wertbestimmungsmerkmale der zu bewertenden Lie-
genschaft erfolgt die Bestimmung der Vergleichspreise, die mit den Merkmalen übereinstim-
men müssen. In dem LBG sowie in der ÖNORM B 1802 wird nicht die notwendige Anzahl
von Vergleichspreisen explizit erläutert. Gemäß beiden Regelungen sollen die Kaufpreise den
Vergleichsparameter im Rahmen des Vergleichswertverfahrens bilden.88 Laut statistischen Stu-
dien sollen bzgl. der Anzahl von Vergleichspreisen sieben bis acht Vergleichspreise in die Be-
rechnung einbezogen werden.89 Für den Fall das wenige Datensätze vorliegen, muss deren Ver-
wertbarkeit und Aussagekraft kritisch überprüft werden speziell wenn die Vergleichspreise
stark schwanken. Als Untergrenze für die Berechnung gelten drei Datensätze.90
Als Datenquelle für Vergleichspreise gelten aus dem Grundbuch erhobene Kaufpreise sowie
valide und öffentlich zugängliche Kaufpreissammlungen,91 die Grundstückspreissammlung des
Magistrats Wien sowie jeweilige Kauf- und Mietpreissammlungen des Sachverständigen.92 Die
Kaufpreise werden sozusagen zuerst durch Erhebungen aus den Urkundensammlungen des
Grundstücks genommen. Seit 2006 sind diese Erhebungen nur mehr mittels Internet-Recherche
möglich.93 Angebotspreise sollen nicht als Vergleichspreise verwendet werden da dies nur
Preise für den Einstieg in Verhandlungen sind und folglich aus diesen direkt kein Marktpreis
abgeleitet werden kann.94 Eine Möglichkeit wäre die Bereinigung von Angebotspreisen wenn
die Verhandlungsspanne auf Immobilienmärkten bekannt ist.
Grundsätzlich sind nur die tatsächlich im redlichen Geschäftsverkehr erzielten Preise anzuwen-
den. Das bezieht sich auf am Markt gezahlte Preisen, die durch rationale Handlungsweisen be-
teiligten Marktteilnehmen, im Sinne von nicht verfälschten Kaufpreise erzielt werden.95
88 Vgl. Liegenschaftsbewertungsgesetz. § 4(1) LBG ;Vgl. ÖNORM B 1802 (1997), Pkt. 5.2.1, S. 3.
89 Vgl. Bischoff (2005), S. 466.
90 Vgl. Funk et al. (2014a), S. 178.
91 Vgl. Funk et.al. (2014a), S. 178.
92 Vgl. Funk et al. (2014a), S. 178.
93 Vgl. Seiser/Kainz (2014), S. 369.
94 Vgl. Funk et al. (2014a), S. 180.
95 Vgl. Seiser/Kainz (2014), S. 372.
25
Außerdem müssen die Vergleichspreise in Zeitnähe zum Bewertungsstichtag und in vergleich-
baren Gebieten erzielt worden sein. In der Regel sollen zwischen dem Verkauf und Bewer-
tungsstichtag nicht mehr als vier Jahre liegen96 und eine Preisschwankung von plus/minus zehn
Prozent ist noch im Toleranzbereich. Wenn keine oder nicht ausreichende Vergleichspreise in
örtlicher Nähe vorliegen, kann auf Liegenschaften in vergleichbaren Gebieten zurückgegriffen
werden, wenn die örtlichen Verhältnisse und die aktuelle Marktlage der anderen Region einen
Vergleich zulassen.
Die Festlegung von Abweichungen der Eigenschaften der Vergleichsobjekte und zeitlichen
Schwankungen zum Bewertungsstichtag von jenen der Bewertungsliegenschaften erfolgt durch
Gegenüberstellung der Wertbestimmungsmerkmale, mittels eines qualitativen und zeitlichen
Preisvergleichs. Die Berücksichtigung ihres Einflusses auf den Wert wird durch Zu- oder Ab-
schläge vorgenommen.97 Die Abweichungen können z.B. bei der Lage, bei dem Maß der bau-
lichen Ausnutzbarkeit oder durch auf dem Grundstück ruhende Lasten. Die Anpassung kann
wie folgt vorgenommen werden:
𝑀𝑒𝑟𝑘𝑚𝑎𝑙𝐵
𝐵𝑜𝑑𝑒𝑛𝑤𝑒𝑟𝑡𝐵𝑒𝑤𝑒𝑟𝑡𝑢𝑛𝑔𝑠𝑜𝑏𝑗𝑒𝑘𝑡 (𝐵) = × 𝐵𝑜𝑑𝑒𝑛𝑤𝑒𝑟𝑡𝑉𝑒𝑟𝑔𝑙𝑒𝑖𝑐ℎ𝑠𝑔𝑟𝑢𝑛𝑑𝑠𝑡ü𝑐𝑘 (𝐴) (1)
𝑀𝑒𝑟𝑘𝑚𝑎𝑙𝐴
Als 𝑀𝑒𝑟𝑘𝑚𝑎𝑙𝐴 𝑜𝑑𝑒𝑟 𝐵 kann man das Maß der baulichen Ausnutzung auswählen wenn bspw. ein
Vergleich zwischen nebeneinander gleich großen Baugrundstücken gemacht wird, wobei ein
Grundstück mit zwei Vollgeschoßen bebaubar ist und das andere jedoch nur mit einem.
In der Praxis wird häufig der Bodenwert bebauter Grundstücke mittels eines Ist/Soll - Ver-
gleichs der tatsächlichen mit der theoretisch möglichen baulichen Ausnutzung eines unbebau-
ten Grundstücks direkt angepasst. Es wird empfohlen eine Anpassung unter Berücksichtigung
der Restnutzungsdauer des zu bewertenden Gebäudes.98 Die folgende Formel darstellt die Er-
mittlung des Bodenwertes bei Mehr- und Minderausnutzung:99
𝐵𝑊𝑧𝑢𝑙/𝑙𝑎𝑔 − 𝐵𝑊𝑟𝑒𝑎𝑙
𝐵𝑊 = 𝐵𝑊𝑟𝑒𝑎𝑙 + (2)
(1 + 𝑝𝐾 )𝑛
26
Wobei BW entspricht der Buchwert. 𝐵𝑊𝑟𝑒𝑎𝑙 ist der Bodenwert aufgrund realisierter Nutzung
für vergleichbar nicht voll ausgenutzte bzw. über das baurechtlich zulässige Maß hinaus be-
baute Grundstücke. 𝐵𝑊𝑧𝑢𝑙/𝑙𝑎𝑔 repräsentiert der Bodenwert aufgrund zulässiger Nutzung. Ka-
pitalisierungszinssatz pK und Restnutzugsdauer n in Jahren sind weitere Parameter in der Be-
rechnungsformel.
Wenn durch die tatsächliche Bebauung aufgrund einer Ausnahmegenehmigung über das Maß
der zulässigen baulichen Nutzung hinaus, der Bodenwert im Vergleich zu dem Wert der Nach-
bargrundstücke steigt.100 Der Bodenwert nähert sich mit Abnehmender Restnutzungsdauer des
Gebäudes dem nach der zulässigen Bebauung ausgerichteten Bodenwert an.
Zeitliche Schwankungen und geänderte Marktverhältnisse können durch Anwendung einer In-
dexierung mit durchschnittlichen Preissteigerungsraten der Vergangenheit berücksichtigt wer-
den. Als Datenbasis für die Indexreihen dienen Kaufpreissammlungen, fundierte Marktberichte
oder Erhebungen aus nachvollziehbaren Vergleichstransaktionen am Markt.
Statistische Auswertung
Die Regressionsanalyse als statistisches Verfahren beschreibt die Abhängigkeit zwischen zwei
oder mehreren Merkmale. In der Immobilienwirtschaft werden häufig diese statistischen Ver-
fahren im Rahmen der hedonischen Modelle genutzt, bei denen der Einfluss von Standort-und
Gebäudemerkmalen auf den Preis von Immobilien ermittelt wird und nicht nur dort. Diese he-
donischen Modelle werden das Thema des fünften Kapitels in dieser Arbeit sein. Regressions-
analysen können ebenso bei dem Sachwertverfahren, dem Ertragswertverfahren Anwendung
finden.
Bei dem Vergleichswertverfahren wird die lineare Regressionsanalyse angewendet wenn die
vergleichbaren Kaufpreise aus verschiedenen Jahren stammen und nicht vergleichbar gemacht
werden können. Die abhängige Variable in der Regressionsgerade 𝑦 ist hier der Kaufpreis von
27
Liegenschaften und die unabhängige Variable 𝑥 ist der Kaufzeitpunkt der einzelnen Objekte.
Die Regressionsgerade hat die folgende Form:101
𝑦𝑎 + 𝑏 × (𝑥 − ̅̅̅)
𝑦 = ̅̅̅ 𝑥𝑎 (3)
∑(𝑥 × 𝑦) − ̅̅̅
𝑥𝑎 × ∑ 𝑦
𝑏= (4)
∑ 𝑥 2 − ̅̅̅
𝑥𝑎 × ∑ 𝑥
Verkehrswert
Gemäß Paragraph §7(1) LBG stellen der Vergleichswert sowie die Resultate anderer Werter-
mittlungsverfahren, einen Zwischenwert dar, aus dem der Verkehrswert zu ermitteln ist. Im
Allgemeinen stellt der Vergleichswert auch den Verkehrswert dar, wobei einzeln eventuell An-
passungen durchgeführt werden müssen, welche in die vorigen Verfahrensschritte nicht einbe-
zogen worden sind.
Sachwertverfahren
Einführung
Das zweite klassische Wertermittlungsverfahren im Rahmen dieser Arbeit ist das Sachwertver-
fahren die im LBG gesetzlich geregelt ist. Das Ergebnis dieses Verfahrens ist der Wert der
Liegenschaft, der durch Addition des Bodenwertes, des Bauwertes (des Gebäudes), des Wertes
sonstiger Bestandteile und des Zubehörs ermittelt wird.102
Der Bodenwert wird als Vergleichswert durch Berücksichtigung von Kaufpreisen vergleichba-
rer unbebauter und unbestockter Liegenschaften definiert,103 wobei Wertänderungen, aus einer
möglichen Bebauung oder Bestockung extra einbezogen werden müssen.104 Die dazugehörigen
28
Anpassungen sollen nachvollziehbar begründen werden. Wenn nicht genug Vergleichspreise
unbebauter Grundstücke vorliegen kann man den Bodenwert mittels Residualverfahren ermit-
teln. Der Bauwert wird als Summe der Werte der baulichen Anlagen ermittelt.105 Er wird als
die Differenz zwischen dem Herstellungswert und Wertminderung wegen Alter, Baumängel
und Bauschäden, rückgestautem Reparaturbedarf sowie Wertminderung infolge verlorenen
Bauaufwandes berechnet.106 Der Wert der sonstigen Bestandsteile und Anlage sowie des Zube-
hörs ist durch Erfahrungssätze oder durch die gewöhnlichen Herstellungskosten festzustel-
len.107
Der Berechnungsvorgang im Rahmen des Sachwertverfahrens wird mit dem folgenden Schema
auf der nächsten Abbildung erläutert:
29
Bodenwert
In der ÖNORM B 1802 der Bodenwert im Sachwertverfahren wird als der gebundene Boden-
wert definiert. Für die Bodenermittlung im Sachwertverfahren muss trotzdem die Regel nach
dem LBG § 6 (1) mit der Bestimmung der ÖNORM B 1802, Pkt. 5.4.2 gleich gesetzt werden,
womit die Abweichungen einer tatsächlichen Bebauung nach Lage des konkreten Einzelobjekts
einzubeziehen sind.
Bei bebauten Liegenschaften wird ihr Bodenwert aufgrund der dadurch vorhandenen Nutzbar-
keit und der eingeschränkten Verfügbarkeit an jene der unbebauten Liegenschaften angepasst.
Wie sich diese Bebauung auf den Bodenwert auswirkt stellt die folgende Tabelle dar. Die erste
Spalte links gibt den Umfang bzw. der Art von Bebauung an. In Abhängigkeit mit der Verän-
derung der jeweiligen Eigenschaft -entsprechend der mittleren Spalte- ist die Wertänderung in
der rechten Spalte dargestellt.
30
Bauwert der baulichen Anlagen
Der Ermittlung des Bauwertes beginnt mit der Berechnung des Herstellungswertes bzw. dem
Neubauwert zum Stichtag, der baulichen Anlagen.111 Die baulichen Anlagen bezogen sich auf
die Gebäude, die baulichen Außenanlagen und bestehenden besonderen (Betriebs-)Einrichtun-
gen.
Der Herstellungswert ist im Sinne des LBG ein fiktiver Kostenaufwand,112 der für die Neuer-
richtung der baulichen Anlagen zum Bewertungsstichtag benötigt wurde und den Begriff des
Gebäudenormalherstellungswertes beschreibt.113 Parallel ist nach der ÖNORM B 1802 von ei-
nem Neubauwert auszugehen, der aus den fiktiven gewöhnlichen Herstellungskosten (je Raum-
oder Flächeneinheit), zuzüglich zu den entstehenden Baunebenkosten sowie zu den anteiligen
Honoraren114 durch Vervielfachung zu berechnen ist.
Die gewöhnlichen Herstellungskosten sind ein fiktive Kostenaufwand, der für die Neuerrich-
tung des Gebäudes zum Bewertungsstichtag anfällt. Diese Kosten sind jedenfalls nicht als „Re-
konstruktionskosten“ zu interpretieren, sondern als Herstellungskosten, die am Bewertungs-
stichtag nach wirtschaftlichen Aspekten unter Berücksichtigung technischer Fortschritte aufzu-
bringen wären, um ein mit dem bestehenden Gebäude vergleichbares Bauobjekt zu erschaffen,
diese heißen „neuzeitliche Ersatzbeschaffungskosten“.115
Es werden in der Regel die objektiven und durchschnittlichen Herstellungskosten ermittelt. Tat-
sächliche günstigere Kosten werden nicht berücksichtigt. Bei allen Gebäuden wird die Höhe
der gewöhnlichen Herstellungskosten im Wesentlichen von der Nutzungsart, der Bauweise, der
Konstruktionsart, der verwendeten Baustoffe, der Grundrissanordnung, der Ausstattung, dem
Jahr der Fertigstellung sowie den Regionalen Unterschieden (Lohnniveau und Materialkosten)
bestimmt.116
In der Praxis werden für die Ermittlung der gewöhnlichen Herstellungskosten die Normalher-
stellungskosten auf Basis von Erfahrungswerten herangezogen, die aus Tabellen und Veröf-
fentlichungen entnommen werden können.117 Diese Erfahrungswerte, wie EUR/m2 Nutzfläche
31
bzw. Bruttogrundfläche oder EUR/m3 Rauminhalt, dienen in der Bewertung als Benchmark.
Diese Methode ist auch als Kubikmeter verfahren und Quadratmeterverfahren in Fachkreise
bekannt. Im Rahmen dieser Verfahren wird der umgebaute Raum bzw. die Fläche des Gebäudes
ermittelt und mit normalisierten durchschnittlichen Preisen je Bewertungsgrößeneinheit ver-
vielfacht. Für die Berechnung des Rauminhaltes und der Quadratmeteransätze werden die Be-
stands-, Einreich-bzw. Polierpläne des Gebäudes benötigt. Bzgl. der Bezugseinheit, bei Ge-
schäfts-, Büro- und gewerblich genutzten Objekten kann man zwischen dem Ansatz über m²
vermietbarer Nutzfläche und dem Ansatz über m³ Brutto-Rauminhalt wählen. Bei Wohnobjek-
ten wird die Bezugseinheit m² Wohnnutzfläche benutzt. In der Praxis wird empfohlen die ge-
wöhnlichen Herstellungskosten sowohl nach m³ Rauminhalt als auch nach m² Nutzfläche zu
ermitteln, weil dadurch Abweichungen von den gewöhnlichen Ausführungen (Raumhöhe oder
Konstruktionsfläche) skizziert werden.
Ein guter Vergleichswert für diese Benchmarks für Österreich sind die in Deutschland publi-
zierten Normalherstellungskosten 2010 von Bundesministerium für Raum, Bauwesen und Städ-
tebau. Diese Richtwerte sollen an die Region sowie an die unterschiedliche Umsatzsteuer an-
gepasst werden. Weitere Datenquellen für Österreich wären die statistischen Kostenkennwerte
vom Baukosteninformationszentrum deutscher Architektenkammern.
Wenn die Bauteile in den gewöhnlichen Herstellungskosten nicht erfasst sind oder im Bewer-
tungsobjekt fehlen, müssen sie durch entsprechende Zu-oder Abschläge einbezogen werden.121
Ebenfalls müssen die gewöhnlichen Herstellungskosten den Anteilswerten bei teilgefertigen
32
Bauten entsprechend berücksichtigt werden. Die fehlenden Anteile werden als Prozentsatz von
den reinen Baukosten bzw. den gewöhnlichen Herstellungskosten abgezogen.122
Zusätzlich müssen die Baunebenkosten berücksichtigt werden. Dazu zählen die Kosten für die
Bewilligung und die Abnahme, die Anschlussgebühren, die Sicherheit am Bau sowie die Be-
wirtschaftungskosten der Baustelle und Bauversicherung, etc.123 Je nach Schwierigkeits- und
Ausbaugrad des Gebäudes sind die Baunebenkosten zwischen acht und zweiundzwanzig Pro-
zent der gewöhnlichen Herstellungskosten einzusetzen.
Bei den baulichen Außenanlagen wird zwischen baulichen und nicht-baulichen Außenanlagen
unterschieden. Die nicht-baulichen Außenanlagen sind im Rahmen der Bodenwertermittlung
berücksichtigt. Die baulichen Außenanlagen werden im Sachwertverfahren bei der Bauwerter-
mittlung einbezogen und dazu zählen alle Baulichkeiten die sich außerhalb der Gebäude und
innerhalb der Grundstücksgrenze befinden, wie bspw. unter anderem Stützmauern und Terras-
sen, Stellplätze, Tore und Türen, gestaltete Platzflächen und Innenhöfe. Der Wert der baulichen
Außenanlagen wird über deren gewöhnliche Herstellungskosten oder über Erfahrungssätze mit-
tels Pauschalbeträge oder in Prozent des Neubauwertes des Gebäudes ermittelt.124 Bei der Be-
rechnung der gewöhnlichen Herstellungskosten der baulichen Außenanlagen sollen jene Her-
stellungskosten, die am Bewertungsstichtag durchschnittlich für bauliche Außenanlagen be-
stimmter Art zugelassen sind, einbezogen werden. Wie bei den Gebäude muss die Wertminde-
rung wegen Alters sowie wegen Baumängel- und -schäden abgezogen.
33
Wert des Zubehörs
Zum Zubehör als Teil des Sachwertes zählt in der Praxis das Kellerabteil einer Eigentumswoh-
nung oder ein Kfz-Abstellplatz bei Einfamilienhäusern sowie die baulichen und nicht-baulichen
Außenanlagen. Die Bewertung des Zubehörs erfolgt wie bei oben genannten baulichen Außen-
anlagen getrennt von der Bewertung des Gebäudes.
Trotz ordnungsgemäßer Instandhaltung erleiden Gebäude durch Alterung und Abnutzung der
Bauteile und Baustoffe einen Werteverlust.127 Die Wertminderung wegen Alters hängt in erster
Linien von der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer ab, welche durch die folgenden Faktoren
beeinflusst wird:128
Für die Berechnung der Wertminderung wegen Alters stellt das LBG keine Regelung vor. Ge-
mäß der ÖNORM B 1802 unter Pkt. 5.4.3.2 soll diese Wertminderung nach dem Verhältnis der
Restnutzungsdauer zur Gesamtnutzungsdauer der baulichen Anlagen bestimmt werden.129
Die technische Lebensdauer oder technische Gesamtnutzungsdauer eines Gebäudes gibt die
Dauer zwischen der Errichtung des Gebäudes und der Abbruchreife an.130 Die technische Ge-
samtnutzungsdauer hängt von der Qualität der verwendete Baumaterialien, vom physischen
34
Bestand der Rohbauteile, von der Konstruktion, der Güte der Verarbeitung sowie von der Nut-
zungs-und Instandhaltungsintensität ab.131
Das Alter ist die Anzahl der Jahre von der Errichtung des Gebäudes bis zur Stichtag.132
Die (technische) Restlebensdauer ist die Anzahl der Jahre von einem bestimmten Zeitpunkt
(Stichtag) bis zur Abbruchreife des Gebäudes.133
Unter der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer versteht man den Zeitraum in dem das Ge-
bäude wirtschaftlich nutzungsfähig ist.134 Die wirtschaftliche Nutzungsdauer hängt je nach Nut-
zungsart des Gebäudes von verschiedenen Faktoren ab. Bei Wohngebäuden sind unter anderem
die Grundrissanordnung der Wohnung, die Wohnungsausstattung sowie die Wärmedämmung
als beeinflussende Faktoren zu nennen. Bei gewerblich genutzten Objekten wird die wirtschaft-
liche Gesamtnutzungsdauer von der technische und wirtschaftliche Entwicklungen sowie
Trends beeinflusst.135
Unter der Gesamtnutzungsdauer wird die gewöhnliche oder übliche Gesamtnutzungsdauer ver-
standen, der üblicherweise zu erwartenden Zeitraum von der Herstellung des Gebäudes bis zur
Ende seiner wirtschaftlichen Nutzung.136 Sie berücksichtigt sowohl die länger anzusetzende
technische Lebensdauer als auch die kürzer anzusetzende wirtschaftliche Gesamtnutzungs-
dauer.
Die Restnutzungsdauer ist die Anzahl der Jahre, in denen das Gebäude bei ordnungsgemäßer
Instandhaltung voraussichtlich noch wirtschaftlich genutzt werden kann.137 Wenn der techni-
sche Zustand, die Art der Nutzung des Gebäudes sowie die Prämisse ordnungsgemäßer Unter-
haltung und Bewirtschaftung berücksichtigt werden, kann man die Restnutzungsdauer als Er-
gebnis der Gesamtnutzungsdauer abzüglich des Alters der baulichen Anlage bestimmen.138
Durch durchgeführte Instandsetzung oder Modernisierungen wird die Restnutzungsdauer ver-
längert.139 Damit sind Modernisierungen, bei denen tragende Bauteile des Gebäudes erneuert
wurden, gemeint. Weiters ist zu berücksichtigen, dass unterlassene Instandhaltung oder beheb-
bare Baumängel sowie Bauschäden, die Restnutzungsdauer verkürzen können.
35
Alterswertminderungsverfahren
Lineare Wertminderung Bei der linearen Alterswertminderung wird eine jährlich konstante Ab-
schreibung des Neubauwerts auf die Gesamtnutzungsdauer abgeschrieben. Dieser Ansatz der
Wertminderung wird bei gewerblichen und industriell genutzten Gebäuden sowie bei Gebäuden
mit aufwendiger Innenausstattung öfters benutzt. Die lineare Wertminderung (𝑊𝑀𝐿 ) wird wie
folgt berechnet:141
𝐴
𝑊𝑀𝐿 = × 100 (5)
𝐺𝑁𝐷
Wobei A für das Alter der baulichen Anlage und GND für die Gesamtnutzungsdauer stehen.
Durch die Multiplikation mit 100 erhält man eine prozentuelle Wertminderung.
Progressive Wertminderung nach Ross Bei der progressiven Wertminderung nach Ross ist der
Abschreibungssatz für ein neues Gebäude am Anfang niedrig und erhöht sich mit zunehmen-
dem Alter. Die progressive Wertminderung nach Ross (𝑊𝑀𝑃𝑅 ) wird mit der Formel berech-
net:142
1 𝐴2 𝐴
𝑊𝑀𝑃𝑅 = ×( 2
+ ) × 100 (6)
2 𝐺𝑁𝐷 𝐺𝑁𝐷
36
Parabolische Wertminderung ist für Gebäude mit einem stark ansteigenden Wertverlust für die
zweite Hälfte der üblichen Gesamtnutzungsdauer, wie bspw. Lagergebäude oder kaum bean-
spruchte Gebäude der Industrie zu empfehlen. Die parabolische Abschreibung (𝑊𝑀𝑃 ) unter-
stellt eine stärkere Progression als die nach Ross und ist das Ergebnis folgender Formel:143
1 𝐴 × 100 2
𝑊𝑀𝑃 = ×( ) (7)
100 𝐺𝑁𝐷
Nach Ablauf der üblichen GND ist die Wertminderung 100 Prozent.
Baumängel und Bauschäden sind Begriffe die oft verwechselt werden. Für eine richtige Bewer-
tung von Bauschäden und Baumängel im Rahmen der Sachwertverfahren es ist notwendig eine
klare Definition der beiden darzustellen. Baumängel sind Fehler die vor oder während der Bau-
zeit entstanden sind.144 Sie entstehen aufgrund fehlerhafter Bauweisen oder Bauplanung.
Bauschäden sind Fehler die erst nach der Baufertigstellung vorkommen, als Folge von Bau-
mängeln, aufgrund äußerer Einwirkungen oder infolge unterlassener Instandhaltungsarbei-
ten.145
Außerdem wird zwischen behebbaren Mängeln (schlechtes Material oder schlechte Ausführung
beim Putz) und nicht behebbaren Mängeln (bei der Gründung, optische Mängel) unterschieden.
Die behebbaren Mängel werden durch Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungsarbeiten korri-
giert. Die nicht-behebbaren Mängel produzieren Kosten, die sehr hoch sind.
Bei der Berücksichtigung der Baumängel und Bauschäden wird auf mehrere Verfahrenswege
zurückgegriffen. Die Baumängel und Bauschäden können beim Herstellungswert oder durch
eine Verkürzung der Restnutzungsdauer berücksichtigt werden. Zusätzlich kann die Wertmin-
derung über Schadensbeseitigungskosten oder nach Erfahrungssätzen ermittelt werden.146
Welcher Verfahrensweg geeignet ist, hängt vom Einzelfall ab und sollte einen wirtschaftlichen
Sinn für den Liegenschaftseigentümers haben. Er soll sich für einen Weg entscheiden, der für
ihn am günstigsten ist.147
37
Sonstige wertbeeinflussende Umstände
Wenn die sonstigen wertbeeinflussenden Umstände bei der Ermittlung des Bodens-und des
Bauwertes, bei der Wertminderung wegen Alters, bei der Wertminderung wegen Baumängel
und Schäden oder bei Verkürzung oder Verlängerung der Restnutzungsdauer nicht miteinbezo-
gen wurden, müssen diese gesondert berücksichtigt werden.148 In der folgenden Übersicht wer-
den die relevanten sonstigen wertbeeinflussenden Umstände, die nicht nur wertmindernd son-
dern werterhöhend sein können, dargestellt:
Wirtschaftliche Wertminderung
zeitbedingte, persönliche, zweckbedingte Gestaltung
unorganischer, (unwirtschaftlicher) Aufbau (Grundriss, Geschoßhöhe, Konstruktion); unorganische Anordnung
Strukturänderung, Zweckentfremdung, eingeschränkte Funktionserfüllung
wirtschaftliche Überalterung (Nutzungsmöglichkeit)
sonstige die Nutzung oder die Restnutzungsdauer beeinflussende Umstände (soweit nicht in RND berücksich-
tigt)
Missverständnis zwischen tatsächlicher und zulässiger Nutzung (Nutzungspotenzial)
Überdurchschnittlicher Erhaltungszustand
Weitere wertbeeinflussende Umstände (z.B.)
Denkmalschutz
Zuschlag für Reklamenutzung
Bei der Ableitung des Verkehrswertes aus dem Sachwert muss die Lage auf dem örtlichen
Grundstückmarkt berücksichtigt werden.149 Es werden die tatsächlich erzielten Kaufpreise bzw.
die Verkehrswerte zu den im Sachwertverfahren abgeleiteten Grundstückswerten verglichen.
Die daraus folgenden Differenzen zwischen Verkehrs-und Sachwerten werden die Grundlagen
marktgerechter Anpassungszu- oder -Abschläge.150 Die Ableitung des Verkehrswertes kann
beispielweise mithilfe einer linearen Regressionsanalyse ermittelt werden.
38
Ertragswertverfahren
Einführung
In der Regel wird das Ertragswertverfahren bei bebauten Liegenschaften angewendet, wie
bspw. Mietwohn-, Hotel-, Geschäfts-, Fabrik-, Garagen-, gewerblich genutzten und gemischt
genutzten Grundstücken, die zur Vermietung und Verpachtung bestimmt sind.151 Diese ertrags-
orientierte Methode zur Bewertung von Immobilien hat in den letzten 20 Jahren an Bedeutung
zugenommen,152 da die Immobilien werden seit Anfang der 90er Jahre mehr und mehr als An-
lageklasse gesehen. Ein anderer Grund wäre dass die internationale Rechnungslegung eine kos-
tenorientierte Bewertung von Bilanzpositionen verlangt. International hat sich das Ertragswert-
verfahren nach dem Vergleichswertverfahren als anerkannte Wertermittlungsmethode etabliert.
Durch die Internationalisierung der Immobilientransaktionen hat sich in Österreich die Immo-
bilienbewertung weiterentwickelt. In den letzten Jahren wird in der Wertermittlungspraxis der
Verkehrswert immer öfters aus dem Ertragswert abgeleitet.153
Gemäß dem LBG im Ertragswertverfahren ist der Ertragswert „durch Kapitalisierung des für
die Zeit nach dem Bewertungsstichtag zu erwartenden oder erzielten Reinertrags zum ange-
messenen Zinssatz und entsprechend der zu erwartenden Nutzungsdauer der Sache zu ermit-
teln“.“154 Im Gegenteil zum Vergleichswertverfahren orientiert sich das Ertragswertverfahren
nicht an den Transaktionspreisen vergleichbarer Immobilien, sondern an den zukünftig reali-
sierbaren Erträgen. Hier werden die zukünftigen Renditen prognostiziert und auf den Bewer-
tungsstichtag abgezinst. Der Ertragswert ergibt dabei den Barwert aller zukünftigen Erträge der
Immobilie155 und setzt sich aus dem Bodenwert und dem Ertragswert der baulichen Anlagen
zusammen.156 Die folgende Abbildung stellt das Ablaufschema über die Ermittlung des Ver-
kehrswertes im Ertragswertverfahren in seinen einzelnen Schritten dar, wobei anschließend
noch ausführlicher auf die wichtigsten Parameter eingegangen wird.
39
Abbildung 8: Ablaufschema des Ertragswertverfahrens
Quelle: Bienert (2014c), S. 335.
Das Ertragsverfahren ist zweigliedrig. Der gesamte Ertragsstrom der Liegenschaft wird in zwei
Komponenten gespaltet und getrennt kapitalisiert, bzw. entfällt ein Teil der Erträge auf die Ver-
zinsung des Bodenwertes (sog. „Bodenverzinsung“) und der andere Teil auf die der baulichen
Anlagen (sog. „Reinertrag der baulichen Anlagen“). Dieses Ertragswertverfahren ist auch als
gespaltenes oder zweigleisiges Ertragswertverfahren bekannt.157 Dies geschieht weil der Grund
und Boden eine ewige Nutzungsdauer hat, wohingegen die baulichen Anlagen eine endliche
(Rest)Nutzungsdauer aufweisen.
Die Bewertung im Rahmen des Ertragswertverfahrens beginnt immer mit den jährlich erziel-
baren Erträgen, die dem Eigentümer zufließen und wird im Wesentlichen durch die Kompo-
40
nenten Bodenwert, Reinertrag, Bewirtschaftungskosten, Kapitalisierungszinssatz und Restnut-
zungsdauer determiniert. Die allgemeine Formel zur Ermittlung des Ertragswertes lautet wie
folgt:158
Reinertrag der baulichen Anlagen
𝑝𝐾
𝐸𝑊 = (𝑅𝐸 − 𝐵𝑊 × ) × 𝑉 + 𝐵𝑊 (8)
100
Bodenverzinsung
Der Ertragswert (𝐸𝑊) ergibt sich, in dem zu dem Bodenwert (BW) der Ertragswert der bauli-
chen Anlagen addiert wird, unter Berücksichtigung sonstiger wertbeeinflussender Umstände.
Die jährlich erzielbaren Erträge werden als Rohertrag bezeichnet. Von dem Rohertrag werden
die Bewirtschaftungskosten abgezogen, um den Reinertrag der Liegenschaft (RE) zu ermitteln.
Vom gesamten Reinertrag der Liegenschaft wird dann die Verzinsung des Bodenwertes abge-
zogen und der verbleibende Betrag ist der Reinertrag der baulichen Anlagen. Dieser Betrag ist
eine Zeitrente, die multipliziert mit dem Vervielfältiger (V), der Ertragswert der baulichen An-
lagen ergibt. Der Zinssatz (𝑝K ) für die Bodenwertverzinsung entspricht dem Kapitalisierungs-
zinssatz, auf den in weiterer Folge beschrieben wird. Der Vervielfältiger, welcher in der Praxis
zur Berechnung des Ertragswertes herangezogen wird, entspricht der Kapitalisierungszinssatz
einer jährlich nachschüssigen Rente.159 Die Größe des Vervielfältigers hängt von der wirtschaft-
lichen Restnutzungsdauer und dem Kapitalisierungszinsfuß ab.160 Die Folgende Formel stellt
den Zusammenhang dar:161
𝑝𝐾 𝑛 − 1
𝑉= (9)
𝑝𝐾 𝑛 ∙ (𝑝𝐾 − 1)
Finanzmathematisch nähert sich bei gleichem Zinssatz und zunehmender Nutzungsdauer der
Barwert einer Zeitrente der ewigen Rente an, sodass mit zunehmender Restnutzungsdauer der
baulichen Anlagen der Einfluss des Bodenwertes auf den Ertragswert abnimmt.162
In der Praxis der Sachverständigen werden häufig für den Vervielfältiger vorgefertigte Tabel-
lenwerte verwendet.
41
Bodenwert
Gemäß LBG zuerst ist „ von jenen Erträgen auszugehen, die aus der Bewirtschaftung der Sache
tatsächlich erzielt wurden.“165 Der Reinertrag ist der Rohertrag abzüglich des tatsächlichen Auf-
wands für Betrieb, Instandhaltung, Bewirtschaftungsaufwand und der Abschreibung.166 Wenn
die tatsächlich erzielten Erträge nicht ermittelt werden können oder von den bei ordnungsge-
mäßer Bewirtschaftung erzielbaren Erträgen abweichen, sind laut § 5 Abs. 3 LBG die nachhal-
tigen Erträge heranzuziehen Dabei sind sowohl das aktuelle Marktniveau, sowie die gegenwär-
tig realisierbaren Erträge aufgrund vertraglicher Vereinbarungen oder gesetzlicher Beschrän-
kungen einzubeziehen.167 Die gegenwärtig ortsübliche Marktmiete kann als nachhaltige Erträge
dienen.168
Die jährliche Rohertragsgröße ist die Summe der jährlichen Hauptmietzinse oder Pachtzahlun-
gen, also ohne die auf den Mieter umlegbaren Kosten.169 Die genannten Einnahmen erfolgen
immer Netto, ohne Berücksichtigung der möglicherweise enthaltenen Umsatzsteuer.
42
Der Mietertrag wird grundsätzlich durch Multiplikation der Bezugsgröße vermietbarer Fläche
mit dem jeweiligen Mietansatz pro Quadratmeter erzielt.170 In Österreich sind Flächendefiniti-
onen nach § 17 MRG oder ÖNORM B 1800, nach den einzelnen Wohnbauförderungsrichtlinien
der Bundesländer und freien Flächendefinitionen in Anwendung. Die vermietbare Fläche wird
aus den Mietverträgen abgeleitet oder wird auf Basis einer im betrachteten Teilmarkt übliche
Regelung bspw. ÖNORM B 1800 gewonnen.
Die gegenwärtigen Miet-und Pachterträge werden aus den vertraglichen Vereinbarungen und
aktuellen Vorschreibungen sowie mietrechtlichen Vorgaben abgeleitet. Für die Berechnung des
Rohertrags muss zwischen tatsächlich vereinbarten Vertragsmieten, die unter die Bestimmun-
gen bzw. die Restriktionen des MRG fallen und den Marktmieten bei freier Mietzinsbildung
differenziert werden. Die nachhaltig erzielbaren Einnahmen der Immobilie sollen beide Teil-
bereiche berücksichtigen, sodass bei einer Immobilie z.B. nicht einfach die ortsübliche Miete
angenommen werden soll, wenn auf das Objekt bestimmte Beschränkungen des Mietzinses
aufgrund des Mietrechts anzuwenden sind. In dem folgenden Kapitel wird die Mietzinsbildung
nach dem MRG erläutert.
Die üblicherweise erzielbaren Einnahmen werden aus tatsächlich gezahlten Nettomieten ver-
gleichbarer Objekte abgeleitet. Voraussetzung dafür sind im Sinne des § 4 LGB Liegenschaften
in der Umgebung des zu bewertenden Objektes mit ähnlicher Größe, Art, Beschaffenheit, Lage;
Ausstattungszustand und Erhaltungszustand. Für die Ermittlung der ortsüblichen Mieten wer-
den teilweise Veröffentlichungen von Mietspiegeln, Immobilienbüros und Zeitschriften ver-
wendet.171
43
den jährlich nachhaltigen Reinertrag (ortsüblicher Mietzins) über die gesamte Restnutzungs-
dauer berechnet. Danach werden die Abweichungen aus der Über-und Untervermietung mittels
des Sandwich- oder Säulenverfahren ermittelt.173 Beim Sandwichverfahrens wird zuerst der Er-
tragswert ohne Berücksichtigung der Stufenmietzinsvereinbarung174 mit dem ortsüblichen
Mietzins berechnet und danach werden die schichtweise kapitalisierten Mehr-oder Minderer-
träge abgezogen oder dazugerechnet.175 Zusätzlich bei der Analyse der Abweichungen vom
ortsüblichen Mietzins ist es ebenfalls notwendig eine Korrektur des Kapitalisierungszinssatzes
durchzuführen. Der Kapitalisierungszinssatz soll für den jeweiligen Einzelfall gesondert ermit-
telt werden. Grundsätzlich gilt im Falle der Übervermietung dass das höhere Risiko mit einem
höheren Kapitalisierungszinssatz kompensiert wird. Im Falle der Untervermietung ist das ge-
ringere Risiko mit einem niedrigen Kapitalisierungszinssatz verbunden. Beim Säulenverfahren
wird der Ertragswert mit der folgenden Formel ausgerechnet:176
𝐵𝑊
𝐸𝑊 = 𝑅𝐸1 ∙ 𝑉1 + 𝑅𝐸2 ∙ 𝑉2⁄𝑞 𝑛1 + 𝑅𝐸3 ∙ 𝑉3⁄𝑞 𝑛1 +𝑛2 + ( 10 )
𝑞𝑛
Wobei q ist gleich dem 𝑝K +1177 ist. Es werden hier die jährlichen Reinerträge für den Zeitraum
des jeweiligen Stufenmietzinses gerechnet und mit dem maßgebenden Vervielfältiger kapitali-
siert. Maßgebend wird jener Vervielfältiger, der nach dem gewählten Kapitalisierungszinssatz
und der zutreffenden Restnutzungsdauer der baulichen Anlagen in Betracht kommt. Hier ist die
Nutzungsdauer gleich der vorgegebenen Stufenmietzinsperiode.
Bewirtschaftungskosten
44
endlichen Nutzungsdauer der baulichen Anlagen einbezogen und wird somit nicht als Abzugs-
posten berücksichtigt.
Verwaltungskosten
Die Verwaltungskosten umfassen jene Kosten, die für die ordnungsgemäße Verwaltung und
Bewirtschaftung der Liegenschaft notwendig sind.181 Dazu gehören die Einzelpositionen:
Bei der Anwendung der MRG-Regelung gem. § 22 MRG sind Teile der Verwaltungskosten
den Mieter überwälzbar. Der Mieteranteil beträgt bis zu 3,43 EUR pro m² p.a. bezogen auf die
Nutzfläche.182 Allgemein betragen die Verwaltungskosten circa 3 bis 5 % des Jahresrohertra-
ges. Gründe für die Nichtumlagefähigkeit der Verwaltungskosten wären Leerstand oder ver-
tragliche bzw. gesetzliche Regelungen.
Mietausfallwagnis
Als Mietausfallwagnis wird das Risiko von Ertragsminderung des Grundstücks durch Mietzins-
minderungen, uneinbringliche Zahlungsrückstände, Rechtsverfolgung auf Zahlung, Kosten für
45
die Aufhebung von Mietverträgen, fluktuationsbedingte Leerstandkosten sowie alle mit einer
Räumung verbundenen Kosten bezeichnet.183 Mietrückstände entstehen wenn die Mieter nicht
willens oder fähig sind die Miete aufzubringen. Das Mietausfallwagnis ist von der Marktlage,
den Mietvertragskonditionen und der Bonität der Mieter abhängig.
Instandhaltungskosten
Die Instandhaltungskosten sind jene Kosten die aufgewandt werden müssen, um den Zustand
einer Immobilie zu erhalten, die sonst aufgrund von Alterung, Witterung oder Abnutzung ver-
schlechtern würde.185 In der Regel sind Instandhaltungskosten diejenigen Kosten, die entstehen,
wenn ein Gebäude oder eine einzelne Wohnung in funktionsfähigem bzw. nutzbarem Zustand
gehalten werden soll. Die Maßnahmen zur Sicherstellung einer langfristigen Vermietbarkeit in
ordnungsgemäßem und ortsüblichem Zustand, können wie folgt gegliedert werden:
Die Maßnahmen der Inspektion und Wartung erfolgen in der Praxis regelmäßig zusammen. Die
Instandsetzung ist nicht mit Modernisierungsmaßnahmen gleichzusetzen.186 Modernisierungs-
maßnahmen sind nicht auf die Wiederherstellung fokussiert sondern auf die Verbesserung der
Bausubstanz oder der Ausstattung zum Zwecke der Erhöhung des Gebrauchswertes. Somit ge-
hören sie nicht zu den Instandhaltungskosten. Eigentlich verfolgt die Berücksichtigung der kal-
kulatorischen Instandhaltungskosten eine Präventivstrategie (Ex ante-Ausfall) oder Inspekti-
onsstrategie (kurz vor Ausfall bei Feststellung). In der Praxis ist die Instandsetzung oft eine
nicht geplante Maßnahme.
46
Die Kosten werden unter Berücksichtigung der Nutzungskategorie, des Ausführungsstandards
und der sinkende Restnutzungsdauer der baulichen Anlagen hergeleitet.187 Die sogenannten
Schönheitsreparaturen wie bspw. das Streichen einer Wand in der vermieteten Wohnung sind
in den Instandhaltungskosten nicht enthalten, da sie meist von den Mieter übernommen werden.
Die Vergleichswerte sind bei Wohnimmobilien ca. 0,5 bis 1,5 % der Herstellungskosten, bei
gewerblichen Immobilien betragen diese ca. 0,5 bis 2 %. Hier ist es zu beachten das die gerin-
gere Ansätze bei neueren Objekte anzuwenden sind und die hohen Sätze bei die älteren Immo-
bilien. Anders werden die Kosten in einer Bandbreite zwischen 7 und 25 % der Jahresroherträge
einkalkuliert. Der absolute Betrag kann zwischen 10 EUR und 15 EUR pro m² pro Jahr liegen,
bezogen auf die Nutzfläche.189 Wenn der Vermieter für die Instandhaltung von „Dach und
Fach“ zuständig ist, dann reduzieren sich die absoluten Beträge um bis zu 50 %. Generell gilt:
bei sinkender wirtschaftlicher Nutzungsdauer muss die laufende Instandhaltung reduziert wer-
den.
Betriebskosten
Die Betriebskosten sind im Mietgesetz in den Paragraphen 21 bis 24 geregelt. Zusätzlich wer-
den in die ÖNORM A 4000 die Bewirtschaftungskosten von Gebäuden mit Miet-und Eigen-
tumsobjekten gehandelt. Die Betriebskosten sind diejenigen Kosten, die dem Eigentümer durch
das Eigentum an der Liegenschaft oder durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Liegen-
schaft sowie seiner baulichen und sonstigen Anlagen laufend entstehen und grundsätzlich vom
Mieter getragen werden.190 Zu den auf Mieter umlagefähige Betriebskosten gehören unter an-
derem die Ausgaben für: Wasserver- und entsorgung, Straßenreinigung, Müllabfuhr, Hausrei-
nigung und Hausbeleuchtung, eine angemessene Versicherung, Hauswart.
47
Die nicht umlagefähigen Betriebskosten umfassen alle Teile des Betriebskosten, die aufgrund
suboptimaler Vertragsgestaltung nicht auf den Mieter umgelegt werden können, wegen Leer-
stand oder gesetzlichen Regelungen entstehen und beim Eigentümer zurückbleiben.191
Der Betriebskosten sind über mindestens drei Jahre auf Basis m² Nutzfläche festzustellen und
mit Erfahrungssätzen zu vergleichen. Die entstandenen Abweichungen werden danach bei der
Ermittlung des Ertragswertes mit Ab- oder Zuschlägen zum nachhaltigen Mietzins angemessen
berücksichtigt. Die Unterschiede bei den Auswertungen von Betriebskosten erfolgen in Abhän-
gigkeit vom regionalen Standort, der Art der Nutzung und der Gebäudequalität.
Die Steuerabgaben, die sich direkt auf das Objekt beziehen, können auf die Mieter umgelegt
werden. Wenn sich diese Abgaben jedoch auf die aus dem Objekt realisierten Einkünfte des
Eigentümers sich beziehen, so sind dies Ertragssteuern, welche vom Vermieter selbst zu tragen
sind. Ertragssteuern werden bei der Ertrags-und Verkehrswertermittlung nicht inkludiert. Die
Umsatzsteuer wird bei den Bewirtschaftungskosten gleich wie bei den Erträgen behandelt und
stellt einen durchlaufenden Posten dar.
48
Kapitalisierungszinssatz
Einführung
Im Rahmen der Ertragswertverfahren wird der Wert der Liegenschaft gemäß § 5 (1) und (4)
LBG durch Kapitalisierung des für die Zeit nach dem Bewertungsstichtag zu erwartenden oder
erzielten Reinertrags zum angemessenen Zinssatz über die entsprechend erwarteten Nutzungs-
dauer der Liegenschaft ermittelt. Bei der Wahl des Zinssatzes, gibt es seitens des LBG keine
relevanten Bestimmungen, es wird nur verlangt, den Zinssatz an der „bei Sachen dieser Art
üblicherweise erzielbaren Kapitalverzinsung“192 zu richten. Der Zinssatz wird nach § 10 (2)
LBG als Kapitalisierungszinssatzbezeichnet, dessen Auswahl zu begründen ist.193 Diese Anfor-
derung des LBG bedeutet, dass aus der Vielzahl möglicher Verzinsungen eine der Risiko-und
Renditestrukturen des Bewertungsobjektes entsprechende Verzinsung zu verwenden ist. In der
Praxis ist die Begründung und Auswahl des Kapitalisierungszinssatzes immer wieder mit Prob-
lemen verbunden, da im Gegensatz zu Deutschland in Österreich keine Gutachterausschüsse
existieren, die periodisch Zinssätze aus dem Markt ermitteln und den Sachverständigen als Da-
tenbasis für ihre Wertermittlung zur Verfügung stehen.
Etwas konkrete Vorschläge finden sich im ÖNORM wo drei Methoden für die Ermittlung des
Kapitalisierungszinssatzes vorgeschlagen werden:194
Der Kapitalisierungszinssatz gibt an, welche Verzinsung sich ein Investor von der jeweilige
Liegenschaft zu erwarten hat.195 Zur Ableitung eines Ertragswertes wird dieser Zinssatz zuerst
zur Kalkulation des in Bezug zu bringenden Bodenverzinsungsbetrages und danach zur Kapi-
talisierung des verbliebenen Reinertrags der baulichen Anlagen benötigt und stellt eine zentrale
49
Größe dar. Schon eine Variation beim verwendeten Zinssatz von 0,25 Prozentpunkte produziert
eine Abweichung von 10 % und mehr beim Ertragswert.
Die Rendite aus einer Immobilieninvestition setzt sich aus zwei Komponenten zusammen, näm-
lich aus einer laufenden Rendite der jährlichen Mieteinnahmen und der Wertänderungsrendite
aufgrund der Wertänderung der Immobilien.196 Die Ertragswertberechnung folgt dem Ansatz
der dynamischen Investitionsrechnung, aber mit statistischen Elementen. Hier werden die Er-
löse und Kosten konstant während der gesamte Restnutzungsdauer angenommen. Somit können
bei der gegenwärtigen Miete die möglichen Veränderungen des künftigen Mietniveaus und da-
mit die Wertänderung der Immobilien nicht berücksichtigt werden. Daher erfolgt im Rahmen
dieser Verfahren eine implizite Abbildung der Wertentwicklungskomponente. Es wird das
Wachstum über den Zinssatz berücksichtigt deshalb wird die Ertragswertberechnung auch als
implizites Wachstumsmodell (sog. Growth-Implicit-Modell) genannt. Dieser Zinssatz wird
deshalb auch als Wachstumsrendite bezeichnet und sinkt bei einer Zunahme der Wachstumser-
wartung.197 Weitere Komponenten, die über den Zinssatz berücksichtigt werden sollen, sind
Konjunkturschwankungen und branchenbedingte Probleme.198 Bei der Immobilienbewertung
sollen nicht nur Wachstumserwartungen berücksichtigt werden sondern ebenfalls zukünftige
Inflationserwartungen. Bei der Ertragswertberechnung laufende Erträge und Werte passen sich
bei Indexierung an die erwartete und unerwartete Inflation an.
Der Kapitalisierungszinssatz kann direkt aus dem Immobilienmarkt oder indirekt aus dem Ka-
pitalmarkt hergeleitet.199 Als Nächstes wird auf die Herleitung aus dem Immobilienmarkt näher
eingegangen, während die zweite Variante bei der DCF-Methode näher erläutert wird.
Der Kapitalisierungszinssatz wird aus dem Markt im Sinne des § 4 LBG mit geeigneten Ver-
gleichsdaten aus abgeschlossenen Liegenschaftsverkäufen abgeleitet.200 Somit wenn eine aus-
reichende Anzahl von Kaufpreisen vergleichbarer Immobilienobjekte existiert, kann der Dis-
kontierungsfaktor aus dem Markt abgeleitet werden, im Wege einer sog. „retrograde Berech-
nung“.201 Bei dieser Berechnung werden die Kaufpreissammlungen als Datenbasis verwendet.
Im Gegensatz zur Ermittlung des Diskontierungsfaktors über den Kapitalmarkt, orientiert sich
50
die Ermittlung der tatsächlichen Rendite am Immobilienmarkt. Allgemein gibt es verschiedene
Ansätze bei der Herleitung des Diskontierungszinssatzes aus der Rendite. Im Folgenden werden
der Ansatz der Anfangsrendite und des internen Zinssatz vorgestellt.
Mit der Anfangsrendite einer Immobilieninvestition wird grundsätzlich die Verzinsung des ein-
gesetzten Kapitals über einen Zeitraum von einem Jahr ermittelt. Als Entscheidungsgrundlage
und für den Vergleich mit anderen Investitionen kann die Rendite nur dann hilfreich sein, wenn
deren Berechnungsmethode bekannt ist. In der Praxis werden die folgenden Varianten zu Be-
rechnung des Anfangsrenditen verwendet: Brutto-und Nettoanfangsrendite.202
Für die Ermittlung der Nettoanfangsrendite (Initial Yield) wird die aus dem betrachteten Objekt
im ersten Jahr zu erzielende Jahresnettomiete ins Verhältnis zur Gesamtinvestitionssumme ge-
setzt.203 Wird innerhalb des ersten Jahres der volle Reinertrag auf Marktniveau erzielt, ent-
spricht die Anfangsrendite dem „all risks yield“..204 Sie gibt dem Reziprokwert üblichen (Mie-
ten-)Vervielfältiger.205 Aufgrund dieses Berechnungsweges handelt es sich bei der Nettoan-
fangsrendite um eine statische Rendite. Die Höhe dieser Rendite kann über Wachstumschancen
der Erträge Auskunft geben, sodass ein hoher Kaufpreis ein Indiz für künftig erwarteten Wert-
steigerungen sein kann. 206 Neben der einperiodigen Betrachtungszeit werden auch die mini-
male Berücksichtigung von unvorhergesehenen Ereignisse und die Gefahr einer Verzerrung der
Anfangsrendite durch Sondereffekte, wie bspw. erhöhten Marketingskosten problematisch ge-
sehen,207 deshalb ist die Anwendung der Anfangsrendite zur Immobilienbewertung nicht opti-
mal.
Eine Methode die zeitliche Komponenten in der Zahlungsfolge einer Immobilieninvestition be-
rücksichtigt wodurch eine Laufzeitäquivalenz zwischen der Herleitung des Kalkulationszinsfu-
ßes und der Wertermittlung erreicht wird, bietet die interne Zinsfußmethode.208 Die methodi-
schen Grundlagen für die Berechnung des internen Zinsfußes stellt die Kapitalwertmethode da.
Demzufolge ist die nominelle Rendite nach Steuer auf das Eigenkapital ist gleich derjenige
Kalkulationszinsfuß, bei dessen Anwendung der Kapitalwert nach der Nettomethode mit expli-
ziter Berücksichtigung der Steuer null gesetzt wird.209
51
In Österreich gibt der Hauptverband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sach-
verständigen Empfehlungen bzgl. des Kapitalisierungszinssatzes heraus. Die Empfehlungen
sind nicht regionsspezifisch, jedoch wird nach Immobilienart und allgemeiner Lage unterteilt.
Die nächste Tabelle stellt die Regelbreite für Kapitalisierungszinsätze in Österreich, Datenbasis
von 2008 dar. Darin beinhaltet die erste Spalte die jeweilige Liegenschaftsart und in den wei-
teren Spalten den zu wählenden Kapitalisierungszinssatz in Abhängigkeit der Lage. Bei der
Lage wird zwischen vier Kategorien unterschieden, von hochwertig bis mäßig. Für eine Wohn-
liegenschaft in sehr guter Lage ergibt sich daraus beispielsweise ein Kapitalisierungszinssatz
von 2,5 bis 4,5 %.
Die einzelnen Lageparameter werden in der folgenden Tabelle genauer erläutert und unterschei-
den sich je nach Liegenschaftsart.
52
Die veröffentlichen Kapitalisierungszinssätze dienen der Orientierung. In der Praxis wird je-
doch empfohlen für jeweiligen konkreten Einzelfall den Kapitalisierungszinssatz von geeigne-
ten Marktdaten abzuleiten.
Der Kapitalisierungszinssatz berücksichtigt das Risiko der Realinvestition. Es gilt für Veranla-
gungen, dass am Markt für ein geringes Risiko eine niedrigere Verzinsung und bei großem
Risiko eine hohe Verzinsung verlangt wird. Somit führt ein niedriger Kapitalisierungszinssatz
zu einem hohen Ertragswert und ein hoher Kapitalisierungszinssatz zu einem niedrigen Ertrags-
wert. Die maßgebenden zukünftig zu erwartenden Marktänderungen sind bei der Herleitung
des Kapitalisierungszinssatzes gesondert zu berücksichtigen. Weitere Einflüsse sind unter an-
derem die Nachfrage, allfällige Abweichung vom nachhaltigen Reinertrag und Besonderheiten
wie z.B. Wertsicherung der Nettomieten.
In diesem Sinne Wenn aus dem Markt abgeleitete mittlere Kapitalisierungszinssätze verwendet
werden, können Besonderheiten des Wertermittlungsobjektes wie folgt einbezogen werden:
LAGE Auf/Abschläge
sehr gut bis hochwertig, geringes Risiko - 0,5 % bis - 1,0 %
gut bis sehr gut, durchschnittliches Risiko 0,0%
mäßig bis gut, erhöhtes Risiko + 0,5 % bis + 1,0 %
RISIKO DER MIETERTRÄGE
geringes Risiko bis - 0,5 %
durchschnittliches Risiko 0,0 %
erhöhtes Risiko bis + 1 %
OBJEKTQUALITÄT
besonders gut bis – 0,5 %
durchschnittlich 0,0 %
besonders schlecht bis + 1 %
WIRTSCHAFTSLAGE
(Abweichung von aus dem Markt ermittelter Kapitalisie-
rungszinssatz)
besonders gut bis - 0,5 %
durchschnittlich 0,0 %
besonders schlecht bis + 1 %
ENTWICKLUNGSPOTENZIAL
keines 0,0 %
deutlich bis - 1,0 %
hoch bis - 2,0 %
53
Bodenwertverzinsung
Der Reinertrag der baulichen Anlagen teilt sich in einen Ertragsanteil für den Boden und einen
Ertragsanteil für die baulichen Anlagen. Da der Grund und Boden ein unbegrenzt nutzbares
Wirtschafsgut ist, wird der auf den entfallenden Reinertragsanteil als ewige Rente kapitalisiert
werden. Dabei der Kapitalisierungszinssatz entspricht der Zinssatz für die bauliche Anlage.210
Für die Berechnung des Bodenwertverzinsungsbetrages wird der Bodenwert mit dem Kapitali-
sierungszinsfuß multipliziert.
Bei der Ermittlung des Ertragswertes der baulichen Anlage wird die Bodenwertverzinsung sub-
trahiert. In der Regel gilt je größer der Ertragsanteil für den Boden, desto kleiner der Ertrags-
anteil für die baulichen Anlagen.
Sonstige wertbeeinflussende Umstände sind dann zu berücksichtigen, wenn sie nicht bereits in
den vorhergehenden Berechnungen ausreichend erfasst wurden.
Bei der Ermittlung des Wertes einer Immobilie ist deren baulicher Zustand sehr wichtig. Die
normale Abnutzung des Gebäudes wird in die Berechnung des Vervielfältigers und der kalku-
latorischen Instandhaltungskosten einbezogen.
Die Berücksichtigung von Bauschäden und Baumängeln wird im Rahmen der Ertragswertver-
fahren in Form von Abschläge bei den sonstigen wertbeeinflussenden Umstände getätigt. Die
Begriffe Bauschäden und Baumängel sind bei der Beschreibung der Sachwertverfahren erläu-
tert worden. Zu den Baumängeln gehören unter anderem die folgenden Umstände:211 Fehlende
Dämmung gegen Schall, Wärme, Kälte, Feuchtigkeit, Mangelnde statische Festigkeit und Be-
wehrung, Unzureichende Brandschutz, Planungsfehler sowie Unzweckmäßige Baustoffe. Zu
den Bauschäden zählen: Putzschäden, Holzerkrankungen, Schwammbefall sowie Auswirkun-
gen von Erschütterungen, Feuer-, Rauch- und Wasserschäden.
Der Schadensgrad einer Beeinträchtigung des Gebäudes wird nur von einem qualifizierten Bau-
sachverständigen beurteilt. Im Ertragswertverfahren werden die Kosten in Höhe der absoluten
Schadensbeseitigungskosten eingesetzt, manchmal auch in Höhe des prozentuellen Anteils des
schadhaften Bauteils am Gesamtwert.
54
Zuzüglich zu Bauschäden und Baumängeln muss eine Wertkorrektur gemacht werden bei der
Ermittlung des Ertragswertes, wie bspw. Abschläge bei folgenden Umständen:212
Altlasten
Denkmalschutz
Zeitlich befristete Mieteinnahmen
Ungesunde Wohnverhältnisse
Beeinträchtigung durch Immissionen
Unzeitgemäße Grundrisse oder Raumhöhen
Das vereinfachte Ertragswertverfahren kann verwendet werden, wenn für den Wert der Liegen-
schaft ein Anhaltspunkt benötigt wird oder wenn die bauliche Anlage eine unbedeutende Rolle
hat.213 Zusätzlich kann dieses Ertragswertverfahren bei einen vernachlässigbaren Wertanteil
des Bodenwertes am Ertragswert angewendet werden.214 Dabei wird von einer Restnutzungs-
dauer höher als 50 Jahre ausgegangen und der Ertragswert wird durch die Multiplikation des
Reinertrages mit dem Vervielfältiger berechnet.215
55
Ergebnis nach dem Ertragswertverfahren
Die sonstigen baulichen Anlagen, bzw. besondere Einrichtungen und bauliche Außenanlagen
werden bei dem Ertragswertverfahren implizit bei den Roherträgen berücksichtigt. Diese haben
hier eine untergeordnete Bedeutung.
56
4 Moderne Immobilienbewertung mittels der Discounted Cashflow-Ver-
fahren
Einführung
Mit der Normierung der DCF-Verfahren in Form der ÖNORM B 1802-2 fand dieses zumeist
international verwendete Wertermittlungsverfahren verstärkt Zuwendung in die österreichische
Immobilienbewertung. Die weiteren Ausführungen zum DCF-Verfahren entsprechen den In-
halten dieser Norm. Da sie meistens jedoch getrennt von den bisher behandelten Verfahren
eingesetzt wird, wird sie im Rahmen dieser Arbeit in einem eigenen Abschnitt behandelt.
Das DCF-Verfahren ist von der Unternehmensbewertung bekannt. Es handelt sich um eine Me-
thode der indirekten Diskontierung, bei der die zukünftig erwarteten Zahlungsströme detaillier-
ter betrachtet werden als beispielweise beim Ertragswertverfahren.219 In weiterer Folge wird
auf die DCF-Verfahren im Zusammenhang mit der Immobilienbewertung und nicht auf die
allgemeine Variante eingegangen.
Das Verfahren ist ein weiteres ertragsorientiertes Bewertungsverfahren, bei dem - wie auch bei
Ertragswertverfahren- die zukünftigen Zahlungsströme auf den Bewertungsstichtag abgezinst
werden.220 In der Praxis wird unter dem Begriff DCF-Verfahren eine Barwertermittlung auf
Basis von jährlich unterschiedlichen (nominalen) Erträgen verstanden.
57
Grundlegende Funktionsweise des DCF-Verfahrens
In der Regel wird beim DCF-Verfahren der gesamte künftig erwartete Zahlungsstrom in zwei
Phasen unterteilt.221 Diese vertikale Teilung in zwei Zahlungsstromabschnitte kann man mit der
internationalen Ertragswertmethode „Investment Method“ vergleichen.222
Phase II: Die zweite Phase folgt unmittelbar nach der ersten Phase und umfasst die danach
noch verbleibende Restnutzungsdauer der Immobilien. Hier wird ein Verkauf des Objektes an-
genommen. Dabei soll der unterstellte fiktive Verkaufserlös den Restwert der Immobilie am
Ende des Detailprognosezeitraumes wiedergeben (sog. „Terminal Value“, „Exit Value“). Die-
ser Restwert ist die Summe jener barwertberechneten Zahlungsströme, die am Beginn der Phase
II, welcher wiederum mittels Diskontierungszinssatz auf den Bewertungsstichtag abgezinst
wird und zu den restlichen diskontierten Zahlungsströmen des Detailprognose-Zeitraums hin-
zuaddiert wird.
Die folgende Abbildung bildet der Ablauf des Verfahrens, die Zeitpunkte der einzelnen Zah-
lungsströme und den dazugehörigen Zinssatz.
58
Abbildung 10: Unterteilung der Zahlungsströme beim DCF-Verfahren
Quelle : ÖNORM B 1802-2 (2008), S. 4-1.
Der Verkehrswert (VW) ist das Ergebnis der ermittelten Barwerte der Cashflows der Phase I
und der Phase II addiert und der Formel für den Verkehrswert lautet wie folgt:
mit,
RE Reinertrag
fVE fiktiven Verkaufserlös
pD Diskontierungszinssatz
nD Restnutzungsdauer
pK Kapitalisierungszinssatz
n-nD Prognosezeitraum
Beim DCF-Verfahren haben die Gutachter die Möglichkeit Risiken und Wachstumspotenziale
explizit in den Kapitalfluss einzubeziehen (sog. „Growth Explicit Model“).223 Ein künftig er-
wartetes Mietwachstum kann in den Einzahlungen direkt berücksichtigt werden und muss nicht
59
durch einen reduzierten Zinssatz in die Berechnung einfließen. Wenn der Wachstum wird in
dem Zinssatz nicht berücksichtigt, spricht man von einem „Non-Growth-Yield“, das in der Re-
gel höher ist als ein Growth-Yield. Aus diesem Grund eignet sich dieser Methode sehr gut für
die detaillierte Darstellung der Entwicklung von Werten, ihre Zusammensetzung und die kon-
tinuierliche Fortschreibung transparent darzustellen. Folglich gewinnt das DCF-Verfahren im-
mer mehr an Bedeutung im Rahmen der internationalen Rechnungslegung (IFRS), Basel III224
sowie für neuen Regulierungen bspw. die AIFM-Richtlinie225 oder Solvency II226 . Zusätzlich
besteht die Möglichkeit Liquiditätsplanungen für die Phase I durchzuführen und weiter einen
vollständigen Finanzplan aufzubauen.
Da bei dem DCF-Verfahren die Cashflows periodisch (in der Regel ein Jahr) einzeln betrachtet
und diskontiert werden,227 zählt dieses Methode zu den „Blockverfahren“ (Säulenverfahren mit
vertikaler Teilung der Erträge). Bei den folgenden diskontinuierlichen Zahlungsströmen sind
die DCF-Verfahren besonders gut anzuwenden:228
Da diese Verfahren komplexe und heterogene Zahlungsströme abbilden kann, wird sie sehr oft
bei großen Projektenentwicklungen, bei Bestandsimmobilien mit vielen Mietverträgen oder bei
Spezialimmobilien, wie Hotels, Freizeitimmobilien oder Einkaufszentren eingesetzt.
60
Die DCF- Verfahren ermöglicht die Beantwortung unterschiedlicher Fragestellungen und die
damit verbundenen Bewertungen. Mit dieser Methode können sowohl Marktwerte als auch In-
vestmentwerte aus Anlegersicht ermitteln werden. Wird anstatt dem Zinssatz ein Kaufpreis vor-
geben, so kann anstelle der Marktwert Berechnung die Rentabilität in Form der internen Ver-
zinsung (sog. Internal Rate of Return) der betrachteten Immobilien ermitteln werden. Um dieses
zu verdeutlichen, wird in diesem Absatz ein Beispiel dargestellt.
Eine notwendige Prämisse für die Anwendung des DCF-Verfahrens sind die zu bewertenden
objektbezogenen Zahlungsströme. Es müssen wie bei dem Ertragsverfahren die Ein-und Aus-
zahlungen ermittelt werden.
Sowohl Einzahlungen als auch Auszahlungen können sich weiter in periodisch anfallende Zah-
lungen und aperiodisch anfallende Zahlungen sowie den fiktiven Veräußerungserlös am Ende
der Phase I teilen.229
Periodische Einzahlungen
Zu den periodischen Einzahlungen zählen die vertraglich vereinbarten Miet- oder Pachtzahlun-
gen. Zusätzlich werden ebenfalls die leerstehenden Einheiten zu Marktkonditionen sowie die
Sondererlöse bspw. Werbeeinnahmen, Standmieten, etc. berücksichtigt.
Vertraglich werden die Mieten vorschussig monatlich bezahlt, aber im DCF-Verfahren werden
die jährlich nachschüssigen tatsächlichen Mietzahlungen in die Berechnung einbezogen. Dabei
werden die getroffenen vertraglichen Vereinbarungen, wie Staffelmieten, Indexierungen oder
Optionsverträge sowie vereinbarte mietfreie Zeiten und Leerstandperioden gesondert berück-
sichtigt. Nach Ablauf der Vertragslaufzeit und Berücksichtigung eines Leerstandes aus
Mietwechsel wird die Marktmiete eingesetzt.230 Ergänzend fließen in die Betrachtung ebenfalls
Erwartungen und Prognosen über die zukünftige Entwicklung der Cashflows ein. Diese werden
durch zu berechnende Steigerungsraten unter Einbeziehung der Inflationserwartung ermittelt.
61
Die Bewertung soll realitätsnahe erfolgen um brauchbare Ergebnisse zu erzielen. Die Markt-
miete wird somit zum Zeitpunkt t = 0 nach dem Ansatz des Vergleichswertverfahrens ermittelt
und mit einer prognostizierten Mietwertentwicklung auf den fiktiven Mietbeginn valorisiert.
Fehlende Einzahlungen sind das Ergebnis aus vertraglichem Leerstand, Leerstand aus
Mietwechsel und Mietausfallwagnis. Das Mietausfallwagnis soll auch bei einer Vollvermietung
berücksichtigt werden, weil das Risiko einen Mietausfall immer besteht.
Für die Beurteilung von Mieterträgen von Immobilien, die unter die Bestimmungen des MRG
fallen, ist es erforderlich dass der Sachverständige umfangreiche Kenntnisse über das Miet-
rechtsgesetz in Erfahrung bringt. Die Sachverständigen müssen die bestehenden Mietverträge
genauer analysieren, um zu prüfen, ob die vereinbarten Mieten innerhalb der gesetzlich zuläs-
sigen Mietzinsobergrenzen liegen und dem ortsüblichen Mietzins entsprechen. Allgemein wer-
den mit Mietanalysen die Mieterbonität, der Mietermix und die Mietvertragskonditionen unter-
sucht.231 Bei der Analyse werden die zukünftigen Cashflows und die Differenzen zwischen
vertrags-und ortsüblicher Miete festgestellt. Die Analyse von Mietzins hat das Ziel die Ange-
messenheit des Nettomietzinses zu überprüfen, die vertraglich vereinbarte Mietzinsart und Fäl-
ligkeit. Zusätzlich werden allfällige Mietzinsvorauszahlungen und Baukostenzuschüsse be-
rücksichtigt. Im Folgenden wird die Mietzinsbildung in Österreich näher erläutert.
Bei Mietobjekte, die nicht in den Geltungsbereich gem. § 1 Absatz 1 MRG fallen, wird die
Bildung des so genannten „freien Mietzinses“ möglich. Dies gilt für Mietgegenstände gem. § 1
Absatz 2, 4 und 5 MRG.232 Bei freiem Mietzins ist die Höhe des Mietzinses durch das Miet-
rechtsgesetz nicht beschränkt. Hier gelten die Schutzbestimmungen des ABGB hinsichtlich
Wucher, Verkürzung über die Hälfte und Sittenwidrigkeit. Fällt das Objekt nicht in den Gel-
tungsbereich des ABGB, ist der freie Mietzins nicht möglich. Im Vollanwendungsbereich des
MRG sind jene Mietzinsbildungen, die im Folgenden beschrieben werden, möglich. Wichtig
bei der Bildung des Mietzinses sind die Ausstattungskategorien der Wohnungen. Für Immobi-
lien die dem Vollanwendungsbereich des österreichischen Mietrechtgesetzes (MRG) unterlie-
gen, bestehen jedoch Obergrenzen. Aus dem Mietrechtsgesetz sind folgenden Mietwerteermitt-
lungen gegeben:
62
Der Richtwertmietzins
Der Kategorie-D Mietzins
Der angemessene Mietzins ist für jedes Mietobjekt gesondert zu berechnen und unterliegt laut
§ 16 (1) MRG den Bewertungskriterien Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungszustand
und Erhaltungszustand.233 In der Regel unterscheiden sich der angemessene Mietzins und der
frei vereinbarte Mietzins in der Miethöhe nicht, wobei beide Mietzinse dem ortsüblichen Miet-
zins entsprechen.234 Der angemessene Mietzins kann nachträglich jedoch überprüft und herab-
gesetzt werden.235 Der angemessene Mietzins kann mit Hilfe des Immobilienpreisspiegels der
österreichischen Wirtschaftskammer bestimmt werden.236 Im Falle einer Befristung ist beim
angemessenen Hauptmietzins ein Befristungsabschlag in Höhe von 25 % zu berücksichtigen.237
63
4. D, wenn sie entweder über keine Wasserentnahmestelle oder über kein Klosett im In-
neren verfügt oder wenn bei ihr eine dieser beiden Einrichtungen nicht brauchbar
ist.“239
Ab dem 1 März 1994 gilt der Richtwertmietzins für die Neuvermietung einer Wohnung der
Ausstattungskategorie A, B oder C, wenn nicht der freie Mietzins oder der angemessene Miet-
zins vertraglich vereinbart werden können.240 Der OGH duldet den Richtwertmietzins auch bei
luxuriösen Altbauwohnungen.241
Der Richtwert ist bundesländerweise je m² Nutzfläche und Monat für die mietrechtliche Norm-
wohnung unter Berücksichtigung des Gutachtens des Beirates gem. § 7 Richt-WG und § 3
RichtWG Grundsätze durch Verordnung des Bundesministeriums für Justiz festgelegt.242 „Die
mietrechtliche Normwohnung ist eine Wohnung mit einer Nutzfläche zwischen 30 Quadratme-
ter und 130 Quadratmeter in brauchbarem Zustand, die aus Zimmer, Küche (Kochnische), Vor-
raum, Klosett und einer dem zeitgemäßen Standard entsprechenden Badegelegenheit (Bade-
raum oder Badenische) besteht, über eine Etagenheizung oder eine gleichwertige stationäre
Heizung verfügt und in einem Gebäude mit ordnungsgemäßem Erhaltungszustand auf einer
Liegenschaft mit durchschnittlicher Lage (Wohnumgebung) gelegen ist.“243 Aufgrund von Ab-
weichungen des Mietobjekts gegenüber der Normwohnung wird mittels Zu- und Abschlägen
der entsprechende Mietzins einkalkuliert,244 sodass der Richtwertzins gleich dem angemesse-
nen Hauptmietzins gem. § 16 (2) MRG ist, welcher ausgehend vom Richtwert unter Berück-
sichtigung von Zu-und Abschlägen ermittelt wird. Dieser Wert wird nach oben hindurch ange-
messenen Hautmietzins gem. §16 (1) MRG und nach unten hin durch den Kategorienmietzins
abgegrenzt.245 Die Richtwerte ab 01.04.2010 können auf der nachfolgenden Tabelle gelesen
werden.
64
Richtwerte in €/m² Wohnnutzfläche monatlich
Bundesland ab 01.04.2010 ab 01.04.2012 ab 01.04.2014
Burgenland 4,47 4,70 4,92
Kärnten 5,74 6,03 6,31
Niederösterreich 5,03 5,29 5,53
Oberösterreich 5,31 5,58 5,84
Salzburg 6,78 7,12 7,45
Steiermark 6,78 7,11 7,44
Tirol 5,99 6,29 6,58
Vorarlberg 7,53 7,92 8,28
Wien 4,91 5,15 5,39
Die Richtwerte werden in der Regel an den Vebraucherpreisindex angepasst. Die Unterschiede
zwischen den Bundesländern sind ersichtlich. Der höchste Richtwert gilt für Vorarlberg, der
niedrigste ist im Burgenland gültig. Steiermark weist einen höheren Richtwert als Wien auf,
trotz eines geringeren Preisniveaus in der Steiermark.246
Kategorie-D Mietzins Bei Neuvermietung einer Wohnung der Ausstattungskategorie D soll seit
dem 01.04.1994 der Mietzins der Ausstattungskategorie gelten, wenn nicht der freie Mietzins
oder der angemessene Mietzins vereinbart werden können.247 Wenn der Mietvertrag eine be-
fristete Gültigkeit besitzt, wird der Befristungsabschlag des § 16 (7) MRG berücksichtigt. Es
wird zwischen brauchbaren und unbrauchbaren Kategorie-D-Wohnungen differenziert. Die
Höhe der Kategorie-D-Hauptmietzinse wird valorisiert und die aktuellen Werte können bspw.
aus der Österreichischen Immobilienzeitung entnommen werden. Die folgende Tabelle stellt
die Hautmietzinse in EUR/m² pro Monat für Kategorie-D-Wohnungen seit 01.09.2008 dar.
65
Periodische Auszahlungen
Die nicht umlagefähigen Bewirtschaftungskosten („Operating Expenses“) hängen von den kon-
kreten vertraglichen Regelungen bzw. marktüblichen Gepflogenheiten ab und umfassen diesel-
ben Kategorien wie bei Ertragswertverfahren.248 Dabei handelt es sich um nicht umlegbare Be-
triebs- und Verwaltungskosten, Instandhaltungskosten und das Mietausfallwagnis. Diese wur-
den bereits in der Kapitel 3 genauer beschrieben. Es werden jedoch die tatsächlich künftig zu
erwartenden Beträge angesetzt.
Netto Cashflow oder das sog. Net-Operating-Income ist die verbleibende Größe nach Abzug
aller periodischen und aperiodischen Auszahlungen von den laufenden Einzahlungen.
Fiktiver Veräußerungserlös
Am Ende des letzten Jahres der Phase I (bzw. zu Beginn der Phase II) wird ergänzend zum
laufenden Cashflow immer ein fiktiver Veräußerungswert (sog. „Terminal Value“) der Immo-
bilie hergeleitet.250
Laut ÖNORM B 1802-2 wird der Terminal Value mit dem Kapitalisierungszinssatz als ewige
Rente berechnet (als Berechnungsmethode wird dabei grundsätzlich die „Investment Method“
angewandt). Die Kapitalisierung wird auf Basis eines repräsentativen Jahres angenommen.251
66
In der Praxis wird der sich ergebende Reinertrag des letzten Jahres des Detailprognosezeitrau-
mes verwendet. Der fiktive Veräußerungserlös wird am Ende der Phase I als vereinnahmt be-
trachtet.
Das Ergebnis der ewigen Rente soll anschließend ebenfalls auf den Zeitpunkt des Bewertungs-
stichtages abgezinst werden, um den Barwert des fiktiven Veräußerungswertes zu erhalten. 252
Zinssätze
In der Regel kann man für die Herleitung der zu verwenden Zinssätze für die DCF-Verfahren
die gleichen Methoden wie für alle ertragsorientierten Immobilienbewertungen verwenden.
Für die Abzinsungen in der Detailprognose wird ein Diskontierungszinssatz (sog. „Discount
Rate“) verwendet. Hier werden die Wachstumserwartungen direkt in den Zahlungsströmen ver-
arbeitet und nicht im Zinssatz (sog. „Non-Growth-Yield“) um Redundanzen zu vermeiden.254
Der Zinssatz wird grundsätzlich aus dem Markt abgeleitet. Bei fehlenden Daten werden häufig
die gewichteten Kapitalkosten angewendet. Diese werden in der Praxis mittels eines Kapital-
marktmodells ermittelt. Die Ableitung von Zinssätze aus dem Immobilienmarkt ist beim DCF-
Verfahren nicht häufig angewendet, als es bei den anderen ertragsorientierten Methoden. In
diesem Absatz wird genauer auf die Ableitung von Zinssätze aus dem Kapitalmarkt mittels
Capital Asset Pricing Model eingegangen.
67
Theoretisch ist es möglich, einen unterschiedlichen Kalkulationszinssatz für jede einzelne Pe-
riode zu wählen, dies kann in Abhängigkeit einer Konjunkturprognose erfolgen. Jedoch wird in
der Praxis eine Differenzierung nur in Bezug auf den zu wählenden Zinssatz für den fiktiven
Veräußerungserlös gemacht.
Das Capital Asset Price Modell wurde ursprünglich von Sharpe, Lintner und Mossin für die
Erklärung von Preise bzw. Renditen riskanter Kapitalmarkttitel eingesetzt. Jedoch kann dieses
Modell auch bei der Bestimmung von Kalkulationszinssätzen für die Bewertung von Investiti-
onsprojekten verwendet werden.255 Die Grundlage dieses Modells liegt in der Portfoliotheorie,
auf einem kapitalmarkttheoretischen Ansatz nach Markowitz (Gründer der Portfoliotheorie).
Das Capital Asset Pricing Modell ist ein Gleichgewichtsmodell und stellt den Zusammenhang
zwischen dem Risiko und der erwarteten Rendite einer riskanten Anlage her. Die Renditeer-
wartung einer risikobehafteten Anlage ergibt sich aus dem risikolosen Zinssatz zuzüglich einer
Risikoprämie, die der Risikozuschlag entspricht. Der Risikozuschlag ist das Ergebnis aus der
Multiplikation der Marktrisikoprämie mit dem sogenannten Beta-Faktor.Die Berechnung der
erwarteten Rendite erfolgt beim CAPM mit der mathematischen Gleichung der Wertpapierlinie,
die wie folgt lautet:256
mit
(𝑟𝑀 − 𝑟𝑓 ) Marktrisikoprämie
255 Vgl. Sharpe (1964), S. 425ff; Vgl. Lintner (1965), S. 13ff; Vgl. Mossin (1966), S. 768ff.
256 Vgl. Fischer (2002), S. 74.
257 Vgl. Buckley et al (2000), S. 297.
68
Beta-Faktor, der dem normierten systematischen Risiko entspricht, der spezifischen Investiti-
onsmöglichkeit, gewichtet. Die ausschließliche Berücksichtigung des systematischen Risikos
(Marktrisiko) resultiert beim CAPM aus der Anwendung des Marktportfolios, da das unsyste-
matische Risiko (allgemeine Unternehmensrisiko) im günstigsten Fall „wegdiversifiziert“ wird
und somit verdient keine Prämie.258 Dieser Beta-Faktor gibt die Volatilität der Rendite des
Wertpapieres im Vergleich zur Marktrendite an. Der Beta-Faktor (βj )wird wie folgt berech-
net:259
𝐶𝑜𝑣 (𝑟𝑗 , 𝑟𝑀 )
𝛽𝑗 = 2 ( 13 )
𝜎𝑀
Bei einem Beta-Faktor kleiner/größer 1 verhält sich die Rendite des Wertpapiers unter-/über-
proportional und schwankt schwächer/stärker als die Marktrendite. Die Renditeforderungen der
Eigenkapitalgeber fallen je höher aus, desto höher der Wert von Beta ist.260
Beim CAPM werden, wenn von einem sicheren Referenzzinssatz/Basiszinssatz sog. „Risk free
Rate“ oder einem risikoloser Zinssatz ausgegangen wird, die spezifischen Risiken einer Immo-
bilieninvestition mit Hilfe von Risikozuschlägen (sog. „Risk Premium“) in den Kapitalisie-
rungssatz aufgenommen.261 Für die Berechnung dieses quasi- risikolosen Zinssatzes dienen Ka-
pitalmarktzinsen von langfristigen Staatsanleihen eines Emittenten mit höherer Bonität wie
bspw. deutschen oder österreichischen Bundesanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren, als
Orientierung.262 Durch die gesamtwirtschaftliche Marktsituation der vergangenen Jahre,
schwankt momentan der langfristige Basiszinssatz auf Basis von deutschen Bundesanleihen je
nach Beobachtungsstichtag zwischen 2,25 % bis 2,50 %.263 Dieser Bandbreite gilt auch für
Österreich als maßgeblich.264
Da Investitionen mit Fremd- sowie Eigenkapital finanziert werden, eine Änderung der Kapital-
struktur „beeinflusst die Risikoprämie in der Form, dass eine zunehmende Verschuldung den
Beta-Faktor und damit die Risikoprämie erhöht.“265 Es erfolgt die Unterscheidung zwischen
dem Beta-Faktor des verschuldeten Unternehmens und dem Beta-Faktor des unverschuldeten
Unternehmens. Kennt man den Beta-Faktor des verschuldeten Unternehmens, kann anhand der
69
üblichen Modigliani-Miller-Anpassung der Beta-Faktor des unverschuldeten Unternehmens er-
mittelt werden.266 Der Beta-Faktor eines verschuldeten Unternehmens auch das Kapitalstruk-
turrisiko berücksichtigt ist er höher als der Beta-Faktor eines unverschuldeten Unternehmens.267
𝑟𝐸 = 𝑟𝑓 + (𝑟𝑀 − 𝑟𝑓 )𝛽𝐼𝑙𝑒𝑣 ( 14 )
mit
𝛽𝐼𝑒𝑚𝑝
𝛽𝐼 =
𝐹𝐾 ( 15 )
1 + ((1 − 𝑠) 𝐸𝐾 )
(1 − 𝑠)𝐹𝐾
𝛽𝐼𝑙𝑒𝑣 = 𝛽𝐼 (1 + ) ( 16 )
𝐸𝐾
wobei,
70
FK Fremdkapital
Hier wird angenommen dass das systematische Risiko börsennotierter Immobiliengesellschaf-
ten im Verhältnis zum Aktiengesamtmarkt (dem Risiko des Marktportefeuilles) auf den Zins-
satz zur Unternehmensbewertung übertragen wird. Der Diskontierungszinssatz für das Eigen-
kapital entspricht dann dem risikolosen Basiszinssatz zuzüglich der mit dem Beta-Faktor ge-
wichteten Marktrisikoprämie, die das Ergebnis der Differenz zwischen der langfristigen Ver-
zinsung aller Aktien und der sicheren Investition ist. Internationale empirische Untersuchun-
gen269 haben gezeigt – auch in Österreich - dass die Marktrisikoprämie in den letzten 13 Jahren
zwischen 4,5 % und 6 % schwankte.270 In Österreich ist einer Marktrisikoprämie in einer Band-
breite von 5,5 - 7,0 % empfohlen.271
Die folgende Tabelle stellt die Beta-Faktoren dar, die von spezialisierten Datendienstleistern
bereitgestellt werden und können auf Basis von Börsendaten ermittelt werden:
Diese Ergebnisse entsprechen eine Immobilieninvestition, die nur mit Eigenkapital finanziert
wurde, da die unlevered Beta-Faktoren im Vorhinein um das Finanzierungsrisiko bereinigt wur-
den. Bei der Ermittlung der Diskontierungszinssatz muss jedoch die tatsächliche oder eine Ziel-
kapitalstruktur eingezogen werden (relevered Betas). Der Finanzierungsstruktur hängt von der
Art der Immobilie als auch von der geografischen Lage ab und schwankt mit dem Marktum-
feld.272
71
Ein weiterer Ansatz zur Ermittlung des Diskontierungszinssatzes basiert auf den durchschnitt-
lichen Kapitalkosten. Dieser Ansatz berücksichtigt neben den Fremdkapitalkosten, die anhand
aktueller Marktdaten berechnet werden können, auch anteilmäßig die Eigenkapitalkosten. Die
Eigenkapitalkosten werden mit dem CAPM ermittelt. Entsprechend dem Verhältnis Fremdka-
pital zu Eigenkapital ergeben sich aus den beiden Kostensätzen der Diskontierungszinssatz
bzw. die durchschnittlich gewichteten Kapitalkosten gemäß folgende Formel:273
𝐸𝐾 𝐹𝐾 ( 17 )
𝑊𝐴𝐶𝐶 = 𝑟𝐸 + 𝑖(1 − 𝑠)
𝐺𝐾 𝐺𝐾
mit:
GK Gesamtkapital
EK Eigenkapital
FK Fremdkapital
𝑟𝐸 risikoadjustierter Kapitalkostensatz für die Eigenkapitalgeber
i Fremdkapitalzinssatz
WACC gewichteter durchschnittlicher Kapitalkostensatz
s Ertragssteuersatz für das Unternehmen
Der Fremdkapitalzins kann einen Referenzzinssatz (bspw. EURIBOR oder langfristiger Fix-
zinssatz) mit dazugehörigem Risikoaufschlag in die Berechnung einbeziehen.
Die Verwendung dieser Methode für die Immobilienbewertung ist allerdings sehr umstritten,
speziell da die Fremdkapitalkosten auch von der Bonität des Kreditnehmers abhängig sind. Da-
rum existiert kein allgemeingültiger Fremdkapitalkostensatz für alle potenziellen Immobili-
eninvestoren. Dazu entscheidet sich in der Regel auch die Finanzierungsstruktur dieser Inves-
toren. Dieser Ansatz eignet sich aus diesen Gründen für die Abwägung einer Investitionsent-
scheidung und weniger für die Immobilienbewertung, wenngleich diese Methode eine Mög-
lichkeit zur Überprüfung der Plausibilität von Verkehrswerten skizziert.274
72
Detailprognosezeitraum Wachstums- und Inflationserwartungen.275 Im Falle einer hohen
Wachstumserwartung ist der Zinssatz des Veräußerungserlöses relativ gering im Vergleich zu
dem Diskontierungszinssatzes des Detailprognosezeitraumes.
Zusätzlich werden in der Kapitalisierungszinssatz andere Aspekte wie z.B. der Alterung des
Objektes einbezogen.276
Somit ist der Zinssatz bei der Veräußerung aufgrund der Alterung niedriger anzusetzen, als
wenn Modernisierungen stattgefunden hätten. Außerdem wird bei vertraglichen Mieteinnah-
men, die sich unter dem gegenwärtigen Marktniveau befinden, eine geringeren Zinssatz ange-
wendet .In der Regel gilt dass die Bewertung jene Erwartungen der Marktteilnehmer an die
zukünftigen Entwicklungen zum Bewertungsstichtag darstellt sowie, die Preise für die Vermö-
gensgegenstände die die Investoren bereit sind zu zahlen.
Rechtliche Parameter
Bei der Ermittlung des Investitionswertes sind die rechtlichen Einflüsse von primärer Bedeu-
tung. Die folgenden aus den rechtlichen Einflüssen abgeleiteten Parameter sind für die Schät-
zung des Zustands zum Bewertungsstichtag signifikant. Die künftigen Entwicklungen der Un-
sicherheiten in der Bewertung hängen von dem zu beurteilenden Land ab.
Mietrechtlicher Einfluss
Das Mietgesetz in Österreich beeinflusst die Bewertung von Liegenschaften in dem Maße, dass
es unter bestimmten Vorrausetzungen die Höhe des Mietzinses für bspw. Wohnungen vor-
schreibt. Selbst wenn Wohnobjekte über diesen Mietzinsen vermietet werden, ist aufgrund der
verlangten Nachhaltigkeit der Informationen, welche in die Bewertung eingehen, von den ma-
ximal zulässigen Mieteinnahmen auszugehen Das österreichische Mietgesetz hat einen ausge-
prägten Mieterschutz, ausgehend von der Annahme, dass sich vor allem auf dem Wohnungs-
markt die Anbieter und der Nachfrager von Wohnraum nicht als gleichstarke Vertragspartner
gegenüberstehen.277 In diesem Abschnitt soll ein kurzer Überblick über die Systematik des
Mietrechtgesetzes und einzelne speziell für den Investor relevanten Regelungen gegeben wer-
den.
73
Das Mietrechtgesetz gilt grundsätzlich für Mietverträge von Wohnungen sowie Wohnanteilen
aber auch Geschäftsräumlichkeiten.278 Typisch für das MRG ist ebenfalls eine Vielzahl von
Ausnahmen und Regelungen, die die Auswirkungen des MRG abschwächen oder verdrängen.
Es werden im Gesetz Voll - und Teilausnahmen geregelt.
Der Bereich von Vollausnahmen im Mietrechtgesetz bilden die Mietgegenstände, für die aus-
schließlich die Bestimmungen des ABGB zur Anwendung kommen.279 Zu dem Gestaltungsbe-
reich des ABGB fallen allgemein alle Mietgegenstände, die nicht in § 1 (1) MRG erfasst werden
oder deren Ausnahme im Absatz 2 festgehalten wird. Dazu zählen unter anderem Vermietungen
im Rahmen von bestimmten gewerblichen Betrieben, wie etwa Hotels, Lagerhausunternehmen
aber auch Heime, Überlassungen von Dienst- oder Werkswohnungen, Vermietung von Ge-
schäftsräumlichkeiten mit einer maximalen Dauer von einem halben Jahr.280
Im Vollanwendungsbereich ist das gesamte MRG für eine Immobilie anzuwenden. Somit sind
die größten Einschränkungen bzgl. des Mietzinses betroffen. Laut § 1 (1) MRG unterliegen
Wohnungen, einzelne Wohnungsteile sowie Geschäftsräumlichkeiten aller Art dem Mietrechts-
gesetz. Die oben beschriebenen Tatbestände, Teilanwendungsbereich und Anwendungsbereich
74
des ABGB, sind die Ausnahmen zu dieser Generalklausel. Im Vollanwendungsbereich sind die
Erhaltungspflichten des Vermieters, die Obergrenzen des Mietzinses, die Überwälzbarkeit der
Betriebskosten und besondere Aufwendungen, etc. geregelt.
Steuerlicher Einfluss
Für die Bewertung aus Anlegersicht ist die höchstpersönliche steuerliche Situation des Anlegers
selbst relevant. In diese Arbeit wird der Fokus auf die steuerliche Situation bei Immobilien im
Privatvermögen gelegt, da Immobilieninvestitionen zu Anlagezwecken meist im Privatvermö-
gen stattfinden. Da es im österreichischen Steuerrecht einige spezielle Regelungen für Immo-
bilien im Privatvermögen gibt, werden hier die wichtigsten steuerlichen Aspekte wiedergege-
ben.
Einkommensteuer
Veräußerung
Regelungen zur Liebhaberei
Gebühren und Verkehrssteuer
Umsatzsteuergesetz
Einkommensteuer
Die Einkommensteuer in Österreich ist eine Steuer, die auf das Einkommen natürlicher Perso-
nen eingehoben wird. Das Einkommen einer natürlichen Person setzt sich aus der Summe der
einzelnen Einkünfte zusammen. Es gibt sieben Einkunftsarten, aber relevant sind hier die Ein-
künfte aus Vermietung und Verpachtung, besonders der in Absatz 1 Ziffer 1 aufgezählten Ver-
mietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen.285 Aus dieser Einkunftsart ergeben
sich Einkünfte aus „dem Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten“.286 Man kann
dabei zwischen der Brutto- und der Nettomethode differenzieren. Bei der Ermittlung des Über-
schusses nach der Bruttomethode werden den Bruttoeinnahmen, inkl. Umsatzsteuer über die
Bruttowerbungskosten, inkl. Vorsteuer berücksichtigt. Im Rahmen der Nettomethode wird hin-
gegen weder die Umsatzsteuer noch die Vorsteuer in der Berechnung berücksichtigt.
75
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
Allgemein zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zählen die Miet-bzw. Pacht-
einnahmen, also der Mietzins bzw. Pachtentgelt.287 Dazu zählen hier auch die Ablösen, die vom
Mieter im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Mietvertrages geleistet werden, Mieterin-
vestitionen, die dem Eigentümer (= Vermieter) zukommen, und Betriebskosten.288
Betriebskosten sind die durch Nutzung entstehenden Kosten und im Regelfall kann ein Groß-
teils an den Nutzer (Vermieter) überwälzt werden.289 Die Betriebskosten werden grundsätzlich
als Einnahmen eingestuft. Für die weitere wirtschaftliche Bewertung wird dieser Ansatz igno-
riert, da die Netto-Cashflows bewertungsrelevant sind.
Veräußerung
Seit dem 1. April 2012 unterliegen grundsätzlich Gewinne aus der Veräußerung von Grundstü-
cken der Einkommensteuerpflicht. Die vormalige Spekulationsfrist von grundsätzlich zehn Jah-
ren wurde abgeschafft .Als Grundstücke gelten Grund und Boden, Gebäude (inklusive Eigen-
tumswohnungen) und grundstücksgleiche Rechte (z.B. Baurechte).290 Einkünfte aus der Veräu-
ßerung von Grundstücken ab 2016 werden mit einem besonderen Steuersatz von 30 Prozent (ab
dem 1. April 2012 bis inklusive 31. Dezember 2015: 25 Prozent) besteuert.291
Schwerpunkt an dieser Stelle sind die gesetzlichen Bestimmungen für Neuvermögen, insbeson-
dere die Ermittlung des Veräußerungserlöses. Bei der Berechnung des Veräußerungsgewinnes
von Neuvermögen sind die Gewinnermittlungsvorschriften des § 30 (3) StabG anzuwenden.
Der Bemessungsgrundlage wird durch die Differenz zwischen Veräußerungserlös und Anschaf-
fungskosten bestimmt. Der Veräußerungserlös ist dabei immer in tatsächlicher Höhe anzuset-
zen. Für Neuvermögen sind die tatsächlichen Anschaffungskosten einzusetzen.
76
Verluste aus Vermietung und Verpachtung
Verluste aus Vermietung und Verpachtung können im Regelfall mit positiven Einkünften des-
selben Jahres verrechnet werden.292 Man spricht von einem "Verlustausgleich". Das EStG sieht
jedoch Verlustausgleichsbeschränkungen vor. Beispielsweise können bestimmte, aufgrund ei-
ner Verlustbeteiligung, entstandene negative Einkünfte vorläufig nicht mit anderen positiven
Einkünften ausgeglichen werden, sondern erst mit zukünftigen Gewinnen bzw. Überschüssen
aus der gleichen Einkaufsquelle.293 Verluste aus privaten Grundstücksveräußerungen dürfen
nur mit Überschüssen aus anderen privaten Grundstücksveräußerungen, die im selben Kalen-
derjahr erfolgt sind, ausgeglichen werden.294 Ein verbleibender Verlustüberhang ist bei Grund-
stücken nur zu 60 Prozent zu berücksichtigen.295
Werbungskosten
Bei den Werbungskosten handelt es sich um jene „Aufwendungen oder Ausgaben die zur Er-
werbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen dienen.296 Aufwendungen, die zur Erzie-
lung von Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung getätigt werden, können natürlich gemäß
§ 2 Abs. 4 Z 2 EStG als Werbungskosten und damit bemessungsgrundlagenmindernd, geltend
gemacht werden.
Zu den Werbungskosten gehören die Absetzung für Nutzung, Aufwendungen zur Erhaltung der
baulichen Anlagen einer Liegenschaft können Instandhaltungsaufwendungen oder Instandset-
zungsaufwendungen sein.
Subventionen sind in der Regel nicht als Einnahmen bei Vermietung und Verpachtung anzu-
setzen.297 Sämtliche durch Förderungen gedeckten Kosten dürfen nicht als Werbungskosten
angesetzt werden.298
Für bebaute Grundstücke kann für das Gebäude eine Absetzung für Abnutzung (AfA) geltend
gemacht werden. Der Wertanteil von Grund und Boden kann nicht abgeschrieben werden. Von
77
den Anschaffungskosten eines bebauten Grundstückes sind 40 % als Anteil für Grund und Bo-
den in die Berechnung des Afa einzubeziehen. Dies gilt ab der Veranlagung 2016.299
Für Gebäude, mit denen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt werden, ist der
AfA-Satz mit 1,5 % gesetzlich festgelegt.300 Das entspricht einer Nutzungsdauer von 66,67
Jahren. Ein höherer AfA-Satz darf nur angesetzt werden, wenn eine kürzere Nutzungsdauer
durch ein entsprechend begründetes Gutachten nachgewiesen wird. Bei Gebäuden, die vor 1915
erbaut wurden, kann auch ohne Gutachten ein AfA-Satz von höchstens 2 % angewendet wer-
den.
Die Paragraphen 7 und 8 EStG legen die Absetzung für Abnutzung hinsichtlich ihrer Bemes-
sungsgrundlage fest. Die Bemessungsgrundlage für die AfA ist abhängig davon, wie die Lie-
genschaft erworben wurde und seit wann sie für die Vermietung und Verpachtung genutzt wird.
Die Grunderwerbsteuer betrifft den inländischen Grundstückserwerb. Die GrEStG wird ge-
wöhnlich vom Wert der Gegenleistung, also dem Kaufpreis, zuzüglich der mit übernommenen
Schulden bemessen, mindestens jedoch vom Grundstückswert (z.B. bei unentgeltlicher Über-
tragung von Grundstücken im Familienverband).303 Die Grunderwerbsteuer beträgt im Allge-
meinen 3,5 % der Bemessungsgrundlage.304 Laut GGG die Gebühren betragen für die Eintra-
gung des Eigentumsrechtes in das Grundbuch an in der Regel 1,1 % des Kaufpreises.
Herstellungs- und Erhaltungsaufwand Im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpach-
tung muss zwischen Herstellung-und Erhaltungsaufwand unterschieden werden. Für Grundstü-
cke, die zum 31.3.2012 steuerverfangen waren oder danach angeschafft bzw. hergestellt wur-
den, werden die (historischen) Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Bemessungsgrund-
lage für die AfA angewendet.305
78
Herstellungsaufwand: Herstellungskosten sind jene Aufwendungen die im Zusammenhang mit
der Neuerrichtung eines Mietgebäudes entstehen, wie objektbezogene Planungskoten, Mate-
rial-, Eigen- oder Fremdlohnkosten.306 Herstellungsaufwand liegt ebenfalls bei jeder Änderung
der Wesensart des Gebäudes vor.307 Darunter fallen Kosten für Änderungen wie bspw. die Auf-
stockung eines Gebäudes, Einbau eines Badezimmers, erstmaliger Einbau von Aufzugsanlagen
oder einer Zentralheizung.308 Grundsätzlich ist der Herstellungsaufwand auf eine Restnutzungs-
dauer zu verteilen.309 Ohne Nachweis können laut § 16 (1) Z8 lit. e EStG pro Jahr 1,5 % der
Bemessungsgrundlage abgeschrieben werden. Folgende Herstellungsaufwendungen können
gemäß § 28 (3) EStG über Antrag auf 15 Jahre verteilt werden:310
Aufwendungen gemäß §§ 3 und 5 MRG, falls das Gebäude dem Mietrechtgesetz unter-
liegt,
Aufwendungen für Sanierungsmaßnahmen, falls eine Zusage für eine Förderung nach
dem Wohnhaussanierungsgesetz, dem Startwohnungsgesetz oder den Landesgesetzen
über Wohnhaussanierung vorliegt,
Sanierungsmaßnahmen gemäß dem Denkmalschutzgesetz.
Instandhaltungsaufwand liegt vor, wenn nur ein unwesentlicher Gebäudeteil ausgetauscht wird
oder wenn es zu keiner wesentlichen Erhöhung des Nutzwertes oder der Nutzungsdauer
kommt.311 Darunter fallen laufende Wartungsarbeiten und Reparaturen, Ausmalen des Stiegen-
hauses und der Räume, Anfärben der Fassade ohne Erneuerung des Außenputzes.312 Regelmä-
ßig wiederkehrende Instandhaltungsaufwendungen sind sofort abzuschreiben.313 Wenn es sich
um nicht jährlich wiederkehrende Maßnahmen handelt, können die Instandhaltungsaufwendun-
gen über Antrag auf 15 Jahre (bis 2015 zehn Jahre) verteilt abgesetzt werden.314
Zum Instandsetzungsaufwand zählen alle Aufwendungen, die nicht zu den Anschaffungs- oder
Herstellungskosten gehören und die allein oder zusammen mit einem Herstellungsaufwand den
79
Nutzungswert des Gebäudes wesentlich erhöhen oder die Nutzungsdauer des Gebäudes wesent-
lich verlängern. Zu diesen Aufwendungen gehören unter anderem Aufwendungen im Zusam-
menhang mit dem Austausch von wesentlichen Gebäudeteilen, Austausch von Heizungsanla-
gen sowie Feuerungseinrichtungen. Instandsetzungsaufwendungen an Gebäuden, die zu Wohn-
zwecken vermietet werden, sollen ab 2016 auf 15 Jahre verteilt abgesetzt werden, bis 2015
galten zehn Jahre.315 Instandsetzungsaufwendungen an Gebäuden, die zu anderen als zu Wohn-
zwecken vermietet werden, dürfen sofort abgesetzt oder auf 15 Jahre verteilt werden (bis 2015
zehn Jahre).
Liebhaberei
Bedeutend bei Immobilieninvestitionen ist die Frage, ob eine Vermietungstätigkeit als Ein-
kunftsquelle im Sinne des Einkommensteuergesetzes anzusehen ist oder als steuerlich unbe-
achtliche Liebhaberei. Dies bedeutet dass wenn die Vermietung oder Verpachtung über einen
längeren Zeitraum keinen Gewinn erwarten lässt, diese Einkünfte steuerlich unbeachtlich sind,
sodass die Verluste aus dieser Tätigkeit mit anderen positiven Einkünften nicht ausgeglichen
werden dürfen. Sollte sich ein Gewinn ergeben, ist dieser nicht steuerpflichtig.
Die Regelungen sind in der Liebhabereiverordnung 2012 zu finden. Grundsätzlich ist zu unter-
scheiden, ob es sich um eine große Vermietung oder um eine kleine Vermietung, wie z.B. die
Vermietung von Ein- und Zweifamilienhäusern, Eigentumswohnungen oder Bungalows, han-
delt. Bei der großen Vermietung handelt es sich in der Regel um die entgeltliche Überlassung
von Gebäuden von mindestens drei Wohneinheiten, betrifft also vor allem Miethäuser, „sofern
es sich nicht um Wohnungseigentum oder (Mit-)Eigentum an Mietwohngrundstücken mit qua-
lifizierten Nutzungsrechten handelt“.316 Die Vorsorgewohnung zählt daher zur kleinen Vermie-
tung, das Zinshaus und Neubauprojekt zur großen Vermietung. Bei beiden Vermietungsarten
muss innerhalb eines absehbaren Zeitraumes317 ein Gesamtüberschuss erzielt werden. Laut
Liebhabereiverordnung wird ein Zeitraum von 20 Jahren ab der ersten Vermietung, jedoch von
maximal 23 Jahren ab dem erstmaligen Anfall von Aufwendungen als absehbar für die kleine
Vermietung angesehen.318 Das Gesetz sieht für die große Vermietung einen Zeitraum von 25
Jahren bzw. 28 Jahren vor.319
80
Im Zweifelsfall soll ein Steuerpflichtiger die Einkunftsquelleneigenschaft mit einer Prognose-
rechnung festhalten um die Annahme der Liebhaberei zu entkräften. Resultiert aus der Progno-
serechnung kein Gesamtüberschuss, so ist für die kleine Vermietung ertragsteuerlich und um-
satzsteuerlich von Beginn an Liebhaberei anzunehmen. Bei der großen Vermietung wird nur
ertragssteuerlich von Liebhaberei ausgegangen, umsatzsteuerlich gibt es keine Liebhaberei. 320
Sollte ein Gesamtüberschuss aufgrund von Mietzinsbeschränkungen nicht erzielbar sein, kann
die Liebhabereivermutung dadurch entkräftet werden, dass bei der Prognoserechnung des freien
Mietzinses angenommen wird.321
Auf Ausführungen hinsichtlich einer umsatzsteuerlichen Liebhaberei wird in dieser Arbeit ver-
zichtet, da der später im Fallbeispiel beschriebene Kauf einer Vorsorgewohnung umsatzsteuer-
lich keine Liebhaberei sein kann.
Umsatzsteuer
Bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücke wird in der Regel differenziert werden,
ob die Vermietung für Geschäftszwecke oder Wohnzwecke erfolgt. Im Rahmen dieser Arbeit
wird nur die Vermietung zu Wohnzwecken betrachtet. Die Umsätze von vermietete Büroräum-
lichkeiten, Geschäftsräumlichkeiten, Lagerplätzen, Sportplätze, und Sälen, sind nach § 6 (1) Z
16 UStG unecht steuerbefreit. Jeweils nach Art des überlassenen Objektes sind 10 %, 13 %,
20% oder die unechte Steuerbefreiung mit der Möglichkeit zur Option anzuwenden.
Durch Vermietung und Verpachtung erzielte Umsätze sind steuerfrei.322 Hier besteht auch eine
Optionsmöglichkeit. Umsätze, die durch die Vermietung von Grundstücken zu Wohnzwecken
erzielt wurden, unterliegen dem ermäßigten Steuersatz von 10 % der Bemessungsgrundlage.323
81
Anwendungen der DCF-Wertansätze für Investitions- und Desinvestitionsentschei-
dungen
Im Rahmen der Beurteilung und Bewertung von Investitionen in Immobilien werden zuneh-
mend zwei Methoden der dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung angewendet, die
Kapitalwertmethode und die Methode des internen Zinsfußes.324 Im Folgenden werden diese
Methoden erläutert.
Zwischen der Kapitalwertmethode (Net Present Value Methode) und dem DCF-Verfahren gibt
es einen engen Zusammenhang, beides sind dynamische Verfahren. Jedoch die Fragestellungen
sind unterschiedlich. Während mit Hilfe des DCF-Verfahrens der aktuelle Wert der mit dem
Vermögensgegenstand verbundenen Cashflows berechnet wird, hat die Kapitalwertmethode
das Ziel, die Vorteilhaftigkeit einer Investitions- bzw. Desinvestitionsentscheidung festzustel-
len.
Der Kapitalwert ist die Summe der auf einen einheitlichen Zeitpunkt, unmittelbar vor Investi-
tionsbeginn, ab- bzw. aufgezinsten Aus- und Einzahlungen eines Investitionsprojekts.325 Die
Kapitalwertmethode gibt die Vorteilhaftigkeit einer Investition immer dann an, wenn die
Summe der mit den risikoadjustierten Kapitalkosten diskontierten, erwarteten Rückflüsse aus
der Investition größer ist als die Investitionsausgabe.326 Dies bedeutet, dass für eine mögliche
Realisation des Investitionsprojektes der Kapitalwert muss positiv sein. Wenn dies der Fall ist,
haben die Investoren einen Überschuss erzielt.327
In der Abhängigkeit von der Berücksichtigung von Steuern und Fremdfinanzierung im Rahmen
der Kapitalwertmethode kann zwischen mehreren Ansätzen unterschieden werden.329 Die
nächste Tabelle zeigt die möglichen Varianten.
82
Fremdfinanzierung
in den Cashflows im Kalkulationszinsfuß
Steuern
in den Cashflows Netto explizit Brutto explizit
im Kalkulationszinsfuß Netto implizit Brutto implizit
Im Rahmen dieser Arbeit wird die Kapitalwertmethode nach der Nettomethode mit expliziter
Berücksichtigung der Steuern näher dargestellt. Bei dieser Variante werden Steuern und die
Fremdfinanzierung bei den Cashflows berücksichtigt. Die Cashflows werden um die Steuer-
zahlungen vermindert. Die Zahlungen für die Anteilseigner werden mit der Alternativrendite
der Anteileigner diskontiert. Allgemein gilt für die Berechnung des Kapitalwertes die nachfol-
gende Formel:330
𝑇
𝑁𝐶𝐹𝑡 − 𝑌𝑡 𝑅𝑇 − 𝑠𝐼 (𝑅𝑇 − 𝐵𝑊𝑇 )
𝐾0 = −𝐴0 + 𝑌0 + ∑ + ( 18 )
(1 + 𝑟𝐸 )𝑡 (1 + 𝑟𝐸 )𝑇
𝑡=1
wobei,
𝐾0 Kapitalwert
𝐴0 Anschaffungsauszahlung zu t = 0
𝑌0 Kreditauszahlungsbetrag zu t = 0
T Nutzungsdauer der Immobilie oder Veranlagungsdauer
𝑁𝐶𝐹𝑡 Net Cashflow im t-ten Jahr
𝑌𝑡 Tilgungszahlungen im t-ten Jahr für t > 0
𝑅𝑇 Restwert zu T
𝑠𝐼 Immoertragssteuersatz
𝑟𝐸 Alternative Rendite der Eigenkapitalgeber (bei teilweise Fremdfinanzierung)
Wobei 𝐵𝑊𝑇 der Buchwert den Vermögensgegenstand zum Zeitpunkt T repräsentiert. Der
Buchwert hat einen positiven Wert wenn die steuerliche Nutzungsdauer länger ist als die ge-
plante Nutzungsdauer. Die Summe der beiden ersten Terme −𝐴0 + 𝑌0 ergeben genau die zum
Investitionszeitpunkt eingebrachten Eigenmittel.
83
Die Kapitalwertmethode macht sehr vage Aussagen über die Rentabilität der Investition. Es gilt
in der Regel: Ist der Kapitalwert positiv, liegt die Rendite der Investition über dem gewählten
Kalkulationszinsfuß Im Falle eines negativen Kapitalwertes liegt die Verzinsung unter dem
Wert des Kalkulationszinsfußes.
Neben der Kapitalwertmethode wird in der Praxis häufig die Methode des internen Zinsfußes
verwendet.331 Im Rahmen der Methode des internen Zinsfußes wird die Verzinsung einer Im-
mobilieninvestition abgeleitet. Im Gegensatz zu dem Kapitalwert, welcher die Differenz der
aufsummierten Barwerte der Einzahlungen und die Summe der Barwerte der Auszahlungen
darstellt, wird bei der Methode des internen Zinsfußes derjenige Zinssatz gesucht, bei dem der
Kapitalwert gleich null gesetzt wird, sodass die Summe der Barwerte investitionsbedingter Ein-
zahlungen den summierten Barwerten der investitionsbedingten Auszahlungen und damit dem
Kapitaleinsatz entspricht.332 Somit gibt der interne Zinsfuß die effektive Verzinsung des inves-
tierten Kapitals wieder.
Der interne Zinsfuß wird häufig durch den Einsatz von Näherungsverfahren bzw. EDV-unter-
stützt von entsprechende Rechenprogramme berechnet.333
Bei der Beurteilung der absoluten Vorteilhaftigkeit eines einzelnen Investitionsobjektes, wird
bei der Methode des internen Zinsfußes eine vorgegebene Mindestrendite mit dem internen
Zinsfuß verglichen. Es gilt, eine Investition ist absolut vorteilhaft wenn der interne Zinsfuß
größer als die Mindestrendite ist.334 Falls mehrere alternative Immobilieninvestitionen beurteilt
werden sollen, gilt diejenige als die vorteilhafteste, die den höchsten internen Zinsfuß ausweist.
In dem folgenden Absatz wird die Rendite einer Vorsorgewohnung ausgerechnet, bzw. der in-
terne Zinsfuß der zur Entscheidung stehenden Investition aus Sicht des Eigenkapitalgebers.
Ausgangspunkt zur Berechnung der nominellen Rendite nach Steuer auf das Eigenkapital p
bildet die Formel (18) bei welcher der Kapitalwert nach der Nettomethode mit expliziter Be-
rücksichtigung der Steuer gleich null gesetzt wird.
Für ein besseres Verständnis werden im Folgenden die einzelnen Bestandteile dieser Methode
der Vorsorgeveranlagungsform dargestellt. Aufgrund der besonderen Struktur der Cashflows
84
werden ergänzende Variablen eingeführt bzw. vorhandene näher erläutert, wobei T der Nut-
zungsdauer der Immobilie bzw. der Planungshorizont entspricht.
1
𝐴0 = −𝑃0 ∙ [1 + 𝑛 ∙ (1 + 𝑢) + 𝑚] + 𝑁𝑜𝑚 ∙ ( 19 )
1+𝑏
wobei,
𝑃0 Kaufpreis ( netto) zu t = 0
n Eintragungsgebühr netto plus Grunderwerbsteuer netto
u Umsatzsteuer
m Vertragserrichtungskosten in % vom 𝑃0 netto
Nom effektives Kreditnominale
b Finanzierungsnebenkosten
Flow to Equity (FTE) ist das Ergebnis der Differenz zwischen den Net Cashflow (NCF) und
den Tilgungszahlungen (𝑌𝑡 ),
𝐹𝑇𝐸𝑡 = 𝑁𝐶𝐹𝑡 − 𝑌𝑡 ( 20 )
wobei der Netto Cashflow- der laufende nominelle Cashflow nach Zinsen und Steuer- nach der
nächsten Formel berechnet wird:336
mit
𝐴𝑓𝑎𝑡 Steuerliche Abschreibung im t-ten Jahr für die Wohnung bzw. Küche
𝐶𝑡 nomineller Mieteinzahlungsüberschuss zu t (Mieteinnahmen abzgl. Instandhaltungs-
und Leerstandkosten)
𝑠E Einkommensteuersatz des Investors
𝑍𝑡 Zinszahlungen
85
Restwert (𝑅𝑇 ) wird mit der folgenden Formel berechnet:337
1+𝑤 𝑇
𝑅𝑇 = (1 − 𝑣) ∙ 𝑃0 ∙ ( ) ( 22 )
1+𝑎
mit:
Vorsorgewohnungen sind Sachinvestitionen, die von diversen Anbietern als fertige Produkte
angeboten werden. Die klassische Vorsorgewohnung ist eine freifinanzierte Neubauwohnung,
denn bei freifinanzierten gibt es keine Einschränkungen bzgl. der Höhe des Mietzinses. Freifi-
nanzierung bedeutet dass die Wohnung ohne staatliche Mittel finanziert wird, sondern aus Ei-
gen-und Fremdmitteln des Investors. Zweck dieser Anlageform ist die langfristige Vermietung
um zusätzliche Einkünfte zu erzielen.338 Der Ertrag bei Vorsorgewohnungen resultiert aus der
Kombination von Mieteinnahmen, Wertsteigerung und Nutzung steuerlicher Vorteile.339 Rele-
vant ist hier vor allem die Qualität der Wohnobjekte. Wichtige Kriterien bei der Auswahl dieser
Anlage sind vor allem die gute Lage und Infrastruktur wie öffentliche Verkehrsmittel, Einkaufs-
möglichkeiten oder Schulen. Zusätzlich soll die Wohnung einen durchdachten Grundriss auf-
weisen, Balkon oder Terrasse.
Die folgende Tabelle fasst die behaupteten Vorteile und die Nachteile der Vorsorgewohnungen
zusammen:
86
Vorteile Nachteile
Wertsteigerung der Immobilie Mangelnde Liquidität
Mietgarantie Risiko einer persönlichen Notlage und damit
verbundener Notverkauf
Wertgesicherten Mieteinnahme durch die Langfristigkeit der Veranlagung
Indexanpassung
Kapitalsicherheit Nebenkosten
Steuervorteil Problematik der Liebhaberei
Risiko von Leerstandzeiten
Mietnomaden
Ausgangssituation
Das Bewertungsbeispiel hat ein tatsächlich im Jahr 2015 ausgeführtes Wohnprojekt der BK
IMMO zur Grundlage. Alle in die Berechnung einfließenden Daten sind von das Unternehmen
BK IMMO für dieser Arbeit zur Verfügung gestellt worden.
Die Wohnung befinde sich im einen modernen Wohnhaus in ruhiger Lage mit Südausrichtung,
sie hat zwei Zimmer mit Bad und WC, sowie Küche, und weist die folgenden Merkmale auf:
Wohnfläche 43,30 m²
Etage: 3 Obergeschoss
Kaufpreis: 3815,72 EUR per m² netto
Balkon : 9,03 m²
Anschaffungskosten: Die Anschaffung erfolgte im zweiten Halbjahr des Jahres 2015. Die Be-
rechnung für die Anschaffungskosten wird in der folgenden Tabelle vorgestellt.
87
Kaufpreis netto (exkl. Küche) € 165.220,68
Küche K € 3.500,00
"Netto-Kaufpreis" P0 € 168.720,68
Kaufnebenkosten
Vertragserrichtungskosten 1,5% von P 0,binkl.K € 3.036,97
Grunderwerbsteuer 3,5% von P 0,bexkl.K € 6.939,27
Eintragungsgebühr in das Grundbuch 1,1% von P 0,bexkl.K € 2.180,91
Treuhandabwicklung 0,44% von P 0,binkl.K € 888,00
Summe € 13.045,15
Eigen- und Fremdfinanzierung Für die Finanzierung der Wohnung werden Eigenmittel in Höhe
von 49.796,19 EUR (27,40 % vom A0) eingebracht. Der Fremdfinanzierungsbedarf beläuft sich
auf 131.969,64 EUR. Das Fremdkapital wird durch ein Darlehen mit einer Laufzeit von zehn
Jahren finanziert. Der nominelle Zinssatz für das Darlehen ist 3 % p.a. Das Darlehen wird in
gleichen Annuitäten getilgt. Es werden folgenden Finanzierungsnebenkosten für das Darlehen
berechnet:
Finanzierungsnebenkosten
Bearbeitungsgebühr Bank 1,00% € 1.319,70
Eintragungsgebühr Pfandrecht (Basisbetrag + 20%) 1,20% € 1.900,36
Beglaubigung ca. € 300,00
Summe € 3.520,06
Die Finanzierungsnebenkosten werden mit Eigenmittel gedeckt. Somit beläuft sich das Eigen-
mittelaufwand gesamt auf 53.316,26 EUR (49.796,19 EUR zuzüglich Finanzierungsnebenkos-
ten von 3520,06 EUR).
Der Zins- und Tilgungsplan für das Darlehen befindet sich im Anhang A.
Laufende Einzahlungen: Für dieser Wohnung wird mit einer anfängliche Miete340 von 10,72
EUR per m² und pro Monat. Daraus ergeben sich erwartete Mieteinnahmen in der Höhe von
340 Der Planrechnung ist ein angemessener, ortsüblicher Hauptmietzins als Grundlage zugrunde gelegt.
88
464,08 EUR pro Monat bzw. 5.568,96 EUR pro Jahr. Die Mieteinnahmen werden jährlich mit
einer Inflationsrate von 1,50 % angepasst. Weiteres wird angenommen, dass der erste Mieter
am Ende des Jahres 2016 in der Wohnung einzieht.
Laufende Steuerzahlungen Das Gebäude kann man über 66 2/3 Jahre steuerlich abgeschrieben
werden, bzw. diese bedeutet einen Afa-Satz von 1,5 % anzuwenden zu können. Die Bemes-
sungsgrundlage sind die Anschaffungskosten, bzw. der Kaufpreis der Wohnung zuzüglich den
Anschaffungsnebenkosten. Die Kosten der Küche belaufen sich auf 3500 EUR. Die Küche ist-
fünf Jahre steuerlich abschreibbar. Nach jeweils fünf Jahren wird eine neue Küche bereitge-
stellt, deren jeweiliger Preis mit der allgemeinen Inflationsrate steigt. In Anhang B sind die
laufenden Steuerzahlungen und Abschreibungen erfasst.
Zur genauen Festlegung der jeweils gültigen Abschreibungshöhe ist der gesamte Anschaffungs-
wert auf Wohnung, Küche und Grundstück zu ermitteln. Dies geschieht wie folgt:
Abschreibungsdauer
Afa Afa p.a.
in Jahren
Anschaffungswert insgesamt € 181.765,83
davon Küche € 3.500,00 5 € 700,00
Anschaffungswert exkl. Küche € 178.265,83
davon Wohnung (60%) € 106.959,50 66,67 € 1.604,39
davon Grundstück (40%) € 71.306,33 0
Tabelle 13: Berechnung der Abschreibungshöhe für die Gebäude und die Küche
Quelle: Eigene Berechnungen
Der Grundanteil ist 40 % und darf nicht abgeschrieben werden. Weiters dürfen die Zinszahlun-
gen sowie Instandhaltungs- und Kosten bei Leerstand als Werbungskosten steuermindernd gel-
tend gemacht werden. Der Steuersatz des Investors wird mit 50 % angenommen.
Veräußerungspreis Die Wohnung wird nach 25 Jahren verkauft. Die Wertsteigerung für neue
Wohnungen wird mit 1,5 % p.a., somit im Gleichlauf mit der Inflation angenommen. Es handelt
89
sich um eine nominelle Wertsteigerung. Eine realle Wertsteigerung wird nur erreicht, wenn die
Wertsteigerungsrate über der Inflation liegt.
Berechnung
Die Rendite der Vorsorgewohnung ist der interne Zinsfuß, der für Investitionsentscheidungen
aus Sicht des Eigenkapitalgebers relevant ist. Hier wird die nominelle Rendite nach Steuer auf
das Eigenkapital p berechnet, indem man den Kapitalwert nach der Nettomethode mit expliziter
Berücksichtigung der Steuer gleich null setzt. Es wird die Formel (18)341 angewendet. Die Aus-
gangsdaten für die Vorsorgewohnung wurden schon oben definiert. Daraus ergibt sich eine no-
minelle Rendite von 1,252 % p.a. Die Berechnung der FTE und die relevanten Zahlungen kann
man im Anhang C entnehmen.
Für die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit dieses Investments braucht der Investor eine Min-
destrendite als Vergleichsbasis. In der Regel dient als erster Referenz für die Mindestrendite
der risikolose Zins von zehnjährige deutsche Bundesanleihen. Weil die Investition in eine Im-
mobilie diverse Risiken enthält, muss die Zielrendite ein höherer Wert ausweisen. Aktuell ent-
spricht der Zins solcher Anleihen einem Wert von 0,2380 %.342 Die ausgerechnete Rendite
weist ein höherer Wert als die risikolose Rendite auf. Bei dieser Betrachtungsweise ist dieses
Investment vorteilhaft.
Für die Bewertung, ob sich ein Erwerb lohnt, ist neben dem Zinsniveau auch der Mietmultipli-
kator entscheidend. Weil die erzielbare Mieterträge und Kaufpreis nicht mehr in einem ange-
messenen Verhältnis zueinander stehen, droht das Investment zur Enttäuschung zu werden. Be-
sondere Aufmerksamkeit in der Praxis wurde der Mietmultiplikator-Entwicklung geschenkt. Es
gilt als gerade noch akzeptabel ein Mietmultiplikator von 25.343 Er sagt aus, das wie vielfache
der Jahresmiete man für eine Immobilie investieren muss. Dabei gilt: Je höher der Multiplika-
tor, desto teurer die Immobilie. Für die oben dargestellte Vorsorgewohnung, bei einer Jahres-
miete von 5.568,96 EUR und Investitionssumme von 181.765,83 EUR liegt der Mietmultipli-
kator344 bei 34,36. Es vergehen genau 34,36 Jahre bis der Kaufpreis durch die Miete erwirt-
schaftet wird. Beim diesem Multiplikator-Wert würden Experten vom Erwerb abraten.
gesetzt zum geforderten Kaufpreis je Quadratmeter. Wir sprechen hier zunächst von der Nettomiete (Kaltmiete ohne Neben-
kosten).
90
Sensitivitätsanalyse der Rendite
Im Rahmen von Sensitivitätsanalysen soll durch die systematische Variation der Input-Größen
der Einfluss auf das Bewertungsergebnis festgestellt werden. Als nächstes werden die ökono-
mischen und steuerlichen Einflussgrößen auf die Rendite von Vorsorgewohnungen analysiert.
Die Rendite von Vorsorgewohnungen kann von allen bisher dargestellten Einflussgrößen ab-
hängen,345 bzw. von dem Kaufpreis, Anschaffungsauszahlung zu Investitionsbeginn, Fremdka-
pitalbetrag, Tilgung, Cashflows, Wertsteigerungsrate, Inflation, etc. Die Effekte folgenden Ein-
flussgrößen auf die Rendite wird im dieser Absatz dargestellt:
Bisher wurde im Rahmen der Renditeberechnungen die Sicherheit der Zahlungsströme voraus-
gesetzt. Für die laufende Mieteinzahlung kann diese Annahme durch vertraglich gesicherte In-
flationsanpassungen beibehalten werden. Der in der Zukunft erzielbare Veräußerungserlös, ab-
hängig von der jährlichen Wertsteigerung, soll jedoch nicht als sicherer Zahlungsstrom ange-
sehen werden. Die Wertsteigerung ist von mehreren Faktoren wie bspw. Lage des Objektes,
dem Bevölkerungswachstum der Region, sowie von volkswirtschaftliche Faktoren abhängig.
Um die Unsicherheit über die zukünftige Wertentwicklung in die Berechnung zu berücksichti-
gen sowie den Einfluss der Wertsteigerungsrate auf die Rendite zu analysieren, soll in der Folge
neben der Ausgangssituation (w = 1,5 %) die nominelle Rendite für andere Wertsteigerungsra-
ten berechnet werden, wobei die Inflation ist bei 1,5 % belassen. In der Regel wird von den
Anbietern von Vorsorgewohnungen angenommen, dass dieser Investitionsform inflationssicher
sein. Auf einer Seite werden die Mieteinnahmen an die jeweilige Inflation angepasst, und auf
die andere Seite wird angenommen, dass der Wert der neuen Wohnungen mit der allgemeinen
Inflationsrate sich erhöht. In der Praxis, ist die Annahme nur manchmal zutreffen.346
91
Folgende Abbildung verdeutlicht das Ergebnis der Berechnungen, bzw. skizziert die Rendite p
für die anderen Wertsteigerungswerte. Ersichtlich ist, dass die nominelle Rendite p mit der
Wertsteigerungsrate w steigt.
Im Rahmen der Annahmen, die während der konkreten Festlegung der Prämissen der Vorsor-
gewohnung getroffen worden sind, wird definiert, dass die Einkünfte aus Vermietung und Ver-
pachtung mit einem Grenzsteuersatz von 50 % gesteuert werden. Das gilt für Einkünfte ab
90.000 EUR pro Jahr. Alternativ wird nun die Rendite für einen Grenzsteuersatz von 48 %347
sowie 42 % berechnet.348
Es wird für den jeweiligen Grenzsteuersatz berechnet wie sich die nominelle Rendite p sich
Abhängigkeit von der anderen Wertsteigerungsrate w entwickelt. Die folgende Tabelle zeigt
die Ergebnisse:
Tabelle 14: Nominelle Rendite p in Abhängigkeit von der Wertsteigerungsrate w für verschiedene Grenzsteuersätze s
Quelle: Eigene Berechnungen.
347 Dies entspricht einem Gesamteinkommen zwischen 60.000 EUR und 90.000 EUR.
348 Dies entspricht einem Gesamteinkommen zwischen 31.000 EUR und 60.000 EUR.
92
Der geringere Grenzsteuersatz führt einerseits zu einer geringeren Einkommensbelastung des
Investors, andererseits ist allerdings auch die Einkommensteuerersparnis geringer. Bei alle Be-
rechnungen war es vorteilhaft, weniger zu verdienen und somit weniger Steuer zu zahlen. Fest-
zustellen ist dass, bei geringerer Steuersatz, die Renditen dieser Veranlagungsform weniger
attraktiv sind. Eine Möglichkeit zur Erhöhung der Attraktivität dieser Veranlagungsform wäre,
den Anteil der Fremdfinanzierung zu reduzieren. Bei der nächsten Abbildung ist zu sehen, dass
der Grenzsteuersatz des Investors eine untergeordnete Rolle spielt, da die Unterschiede zwi-
schen den Renditen bei den unterschiedlichen Grenzsteuersätzen nicht signifikant sind.
Abbildung 12: Nominelle Rendite p in Abhängigkeit von der Wertsteigerungsrate w bei unterschiedlichen Steuersätzen s
Hier wird angenommen, dass sich die Inflationsrate auf die Mietpreise auswirkt, aber nicht auf
die Wertsteigerungsrate der Wohnung, welche auf 1,5 % belassen wird. Die Berechnungen ha-
ben ergeben, dass eine höhere Inflationsrate zu einer höheren nominellen Rendite führt, weil
die Indexerhöhung der Verbraucherpreise auf die Miete übertragen werden kann. Bei einer In-
flationsrate um ein Prozent höher als im Ausgangssituation, steigt die nominelle Rendite um
weniger als ein Prozent (genau 0,312 %), weil der Wert der neuen Wohnung nicht mit der In-
flation einhergeht.
93
Abbildung 13: Nominelle Rendite p in Abhängigkeit von der Inflationsrate π und der realen BIP-Wachstumsrate g
Quelle: Eigene Berechnungen.
Außerdem, bei der Analyse der Inflation muss man zwischen der reale und der nominelle Ren-
dite unterscheiden.349 Die nominale Rendite ist die Rendite, die erforderlich ist um das Investi-
tionsrisiko und das Inflationsrisiko abzudecken. Die reale Rendite entspricht die Rendite, wel-
che erforderlich ist um das Investitionsrisiko abzudecken. Sie kann durch die nominelle Rendite
wie folgt ausgedrückt werden:350
1+𝑝
𝑝𝑟𝑒𝑎𝑙 = −1 ( 23 )
1+𝜋
Die Entwicklung der erzielbaren realen Rendite wird in der nachstehenden Abbildung darge-
stellt. Höhere Inflationsrate führt zu sinkenden reale Renditen. Dies bedeutet dass höhere Infla-
tionsrate kann man nicht über die Indexklausel auf die Mieter abgewälzt werden.
94
Abbildung 14: Reale Rendite in Abhängigkeit von der Inflationsrate π und der realen BIP-Wachstumsrate g
Quelle: Eigene Berechnungen
Die Prämisse in diesem Fall ist, dass die Wertsteigerung der Wohnung mit der Inflation einher-
geht. Die Berechnungen haben ergeben, dass die nominelle Rendite in Abhängigkeit von der
Wertsteigerung bei verschiedenen BIP-Wachstumsraten g überproportional sich erhöht. Der
überproportionale Anstieg ist ersichtlicher, je geringer der Anteil des Eigenkapitals ist.351 Fol-
gende Abbildung stellt die nominelle Rendite p in Abhängigkeit von der Wertsteigerungsrate
w bei unterschiedlichen BIP-Wachstumsraten g dar.
Abbildung 15: Nominelle Rendite p in Abhängigkeit von der Wertsteigerungsrate w und der realen BIP-Wachstumsrate g
Quelle: Eigene Berechnungen
Der überproportionale Anstieg der nominellen Rendite führt zu einem Anstieg der realen Ren-
dite, in Abhängigkeit von der Wertsteigerung bei beliebigen Wachstumsraten des BIP. Der
95
Grund dafür ist, dass die möglichen Gewinne aus der Wertsteigerung sind im Vergleich zu den
Mieteinnahmen höher ausgefallen.
Die Kündigungsterminen sowie Fristen zwischen Mieter und Vermieter sind frei vereinbar. In
den bisherigen Ausführungen wird von einer Auslastung der Vermietung von 95 % ausgegan-
gen. Festzustellen ist, dass höhere Leerstandkosten zu geringerer nomineller Rendite führen,
obwohl höhere Leerstandkosten größere steuerliche Vorteile des Investors bewirken, denn
durch die höheren Kosten ergeben sich auch höhere Einkommensteuerersparnisse. Zudem fällt
die Einkommensteuerbelastung aufgrund der höheren Leerstandkosten geringer aus.
Die folgende Abbildung stellt die Entwicklung der Rendite bei unterschiedliche Leerstandkos-
tensätzen dar.
Die oben genannten Darstellungen in Form einer Sensitivitätsanalyse geben Hinweise darauf,
wie die erwartete nominelle bzw. reale Rendite sich ändert, wenn die wesentlichen Einfluss-
größen Wertsteigerungsrate w, BIP-Wachstumsrate g, Inflationsrate π sowie die Leerstandkos-
tensatz variiert. Es lässt sich jedoch keine konkrete Wahrscheinlichkeit dafür angeben, dass die
berechneten Renditen die ausgewiesenen Werte annehmen. Vielmehr liegt es an der subjektiven
Einschätzung der Investorin, für die erwartete Inflation, für die reale BIP-Wachstumsrate und
damit implizit den nominellen Kreditzinssatz, sowie für die Wertsteigerungsrate die ihrer Mei-
nung nach zutreffendsten Werte anzusetzen.
96
5 Hedonische Modelle zur Immobilienbewertung
Einführung
Der Begriff „hedonischer Wert“ wird in Anlehnung an die englische Bezeichnung „hedonic
price method“ (Methode der hedonische Preise) angewendet. Als hedonisch definiert man eine
Bewertungsmethode, die den Preis eines Objekts nach den Preisen seiner Qualitätseigenschaf-
ten beurteilt und mit Hilfe von statistischen Verfahren den Preis des Objekts anhand dieser
Qualitätsmerkmale ermittelt wird.
Hedonische Modelle wurden am Anfang insbesondere in der Computer- und Autoindustrie ver-
wendet. Court hat in seinem Aufsatz „Hedonic Price Indexes with Automotive Examples“ den
Grundsatz für die Theorie der hedonischen Preise gelegt.352
Die Methode der hedonischen Preise ist geeignet für heterogene Güter und somit auch für Im-
mobilien. Früher verwendete man die hedonische Methode bei der Konsumenten- und Markt-
forschung,353 zur Ermittlung von Preisindizes,354 zur Bewertung von Autos und Computern355
oder für steuerliche Bemessungen.356 Gegenwärtig national wie international haben hedonische
Modelle als adäquate Methode zum Vergleich von Preisen und auch in der Immobilienwirt-
schaft zur Marktermittlung an Bedeutung gewonnen.357 Hauptsächlich werden hedonische Mo-
delle für die Bereinigung von Qualitätsänderungen bei der Ermittlung von Hauspreisindizes
herangezogen.358 Ein weiteres Anwendungsgebiet dieser Modelle ist die Bewertung von Grund-
stücken. In der Schweiz ist die hedonische Bewertung von Wohneigentum bereits etabliert.359
Aber auch in den USA wird häufiger die hedonische Methode zur Bewertung von Grundstücken
angewendet und dient der Massenbewertung in steuerlicher Hinsicht.360
In Österreich werden vom Institut für Stadt- und Regionalforschung der TU Wien in Koopera-
tion mit „Austria Immobilienbörse“ die Modelle ÖGRUSIM GPSIM seit 1995 angeboten.361
Die erarbeiteten Modelle GPSIM (Raum Wien) sowie ÖGRUSIM (restliches Österreich) er-
97
möglichen die kleinräumige Analyse von Immobilienpreisen. Für die Entwicklung dieser Mo-
delle wurde die Methode der hedonischen Preise angewandt, bei welcher auf Basis der einzel-
nen Eigenschaften (Ausstattung und Lage) die Immobilienpreise ermittelt werden. Die entspre-
chenden Modelle wurden zum Bewertung von Eigentumswohnungen (neu und gebraucht),
Mietwohnungen, Mietbüros, Ein- und Zweifamilienhäuser, Reihenhäuser (Preise und Mieten)
sowie Baugründe angewendet. Aus dem Modell können aber auch unmittelbar Immobilien-
preisindizes abgeleitet werden, die die zeitliche Entwicklung einzelner Immobilienkategorien
widerspiegeln. Aktuell liegen für die meisten Immobilienkategorien quartalsweise Indizes vor.
Die Ermittlung dieser wird von der Österreichischen Nationalbank unterstützt und zweimal
jährlich in Pressekonferenzen vorgestellt.
In diesem Kapitel wird dieses hedonische Modell näher analysiert. Zunächst wird der Grund-
gedanke des theoretischen hedonischen Modells dargestellt.
Der Grundgedanke der hedonischen Preistheorie besteht in der Annahme, dass der Nachfrager
eines Gutes nicht nur das Gut selbst will sondern dessen Nutzen erwerben möchte.362 Als Käu-
fer oder Mieter einer Wohnimmobilie stehen somit die einzelnen nutzbringenden Eigenschaften
der Immobilie im Fokus. Bei der Erwerb oder Vermietung des Gesamtnutzens kommen durch
den Gesamtprei die jeweiligen nutzbringenden Eigenschaften explizit zum Ausdruck. 363 Ein
impliziter Preis der nutzbringenden Eigenschaften wird hingegen durch Angebot und Nach-
frage auf impliziten Märkten hergeleitet. Weiters stellt der beobachtete Kaufpreis P einer Im-
mobilie die Summe der impliziten oder sog. hedonischen Preise für jede dieser einzelnen Ei-
genschaften z dar und kann durch die folgende hedonische Preisfunktion beschrieben wer-
den:364
𝑃 = 𝑃 (𝑧) ( 24 )
Wobei P den beobachteten Marktpreis, und z den Vektor von Attributen (Eigenschaften) der
Immobilie darstellt.
98
Methodische Grundlagen: Hedonische Funktionsformen
Statistisch liegt der hedonischen Methode ein multiples Regressionsmodell zugrunde, wobei
die beobachteten Transaktionspreise die abhängige Variable und die wertbestimmenden Eigen-
schaften die unabhängige Variable bilden.365 Die ermittelten Regressionskoeffizienten stellen
folglich die marginale Zahlungsbereitschaft der Marktteilnehmer für die betreffende Eigen-
schaft dar.366 Als Attribute, die den Wert der Immobilie beeinflussen, werden üblicherweise
Charakteristika der Immobilie (Größe, Zahl der Räume, Zustand, usw.) und Standortfaktoren
(Mikrostandort, Standortimage, usw.) erfasst.367 Allgemein kann eine hedonische Regression
wie folgt dargestellt werden:368
𝑃 = 𝑓(𝑋, 𝛽) + 𝜀 ( 25 )
Wobei P der Vektor beobachteter Marktpreise ist, X gibt die Matrix der Eigenschaften an, 𝛽
den Vektor der Koeffizienten und 𝜀 den Störterm (Residuum).
Die funktionale Beziehung (Formel 24) zwischen dem Immobilienpreis p und den Eigenschaf-
ten der Immobilie ermöglicht die hedonischen Preise ℎ𝑘 – auch implizite Preise genannt – mit
Hilfe der partiellen Ableitungen369
zu definieren und dadurch eine Aussage über die Stärke des Wirkungszusammenhangs der Ver-
änderung der Immobilieneigenschaft 𝑥𝑘 und des Immobilienpreises 𝑝 zu treffen.
Die Schätzung des Zusammenhangs (Formel 24) und die Ermittlung der hedonischen Preise
(Formel 25) erfordert zum einen die Sammlung von Transaktionsdaten über Immobilienpreise
und Immobilieneigenschaften. Zum anderen ist die Spezifikation der funktionalen Form erfor-
derlich, da dies maßgeblich die ökonomische Interpretation der geschätzten Parameter und da-
mit die geschätzten hedonischen Preise beeinflusst
99
Hedonische Funktionsformen In der Literatur werden verschiedene Ansätze beschrieben.370 Im
Fall einer linearen Beziehung zwischen Immobilienpreisen und Immobilieneigenschaften spie-
geln die hedonischen Preise absolute Preisänderungen aufgrund einer Änderung der Immobili-
eneigenschaft um eine Einheit wider. Die Regressionsgerade für den linearen Ansatz wird wie
folgt definiert:371
𝑃 = 𝛽0 + ∑ 𝛽𝑘 𝑥𝑘 ( 27 )
𝑘=1
𝜕𝑃
ℎ𝑘 = = 𝛽𝑘
𝜕𝑥𝑘 ( 28 )
wobei P der Preis der Immobilie ist und 𝑥𝑘 repräsentiert die Menge der erklärende Variablen/ Qua-
litäten (Eigenschaften) bspw. Größe, Baualter, Zustand, Lage, etc. 𝛽0 bezeichnet die Konstante der
Regression. Der Koeffizient 𝛽𝑘 (k = 1,…K) gibt die marginale Veränderung des Immobilien-
preises an, wenn sich die Charakteristika 𝑥𝑘 der Immobilien ändern.
Wird die exponentiale Formulierung verwendet, sind die hedonischen Preise als Semi-elastizi-
täten interpretierbar. Die Funktionsform in diesem Fall hat die folgende Struktur:373
𝑙𝑛𝑝 = 𝑙𝑛𝛽0 + ∑ 𝛽𝑘 𝑥𝑘 ( 29 )
𝑘=1
𝜕𝑃
ℎ𝑘 = = 𝛽𝑘 ( 30 )
𝜕𝑥𝑘
Hier können die Koeffizienten als prozentuale Aufschläge interpretiert werden. Regressionsko-
effizient 𝛽𝑘 stellt dar, um wie viel Prozent sich der Preis der Immobilien ändert, falls sich die
Eigenschaft der Immobilie um eine Einheit verändert.
100
Ein anderer Ansatz ist das Potenz- oder Doppel-Logarithmus-Modell, das wie folgt dargestellt
wird:374
𝜕𝑃 𝛽𝑘
ℎ𝑘 = = 𝑃
𝜕𝑥𝑘 𝑥𝑘 ( 32 )
Bei Anwendung dieses Ansatzes können die hedonischen Preise als Preiselastizitäten verstan-
den werden. Sie geben an, um wie viel Prozent sich der Immobilienpreis ändert, wenn sich eine
Eigenschaft der Immobilie um ein Prozent ändert.
Aus dem hedonischen Modell können unmittelbar Indizes ermittelt werden, die die zeitliche
Entwicklung einzelner Immobilienkategorien widerspiegeln. Weiters werden die Methoden zur
Ermittlung der Preisindizes aus hedonischen Regressionen vorgestellt.
Branchinger in „Statistical Theory of Hedonic Price Indices“ sowie Maurer, Pitzner und Sebas-
tian in “Hedonic Price Indices for the Paris Housing Market” geben eine gute Einführung in die
statistische Theorie der hedonischen Preisindizes. Bei Bestimmung des Preises einer Immobilie
kann es ein Problem aufgrund von Qualitätsunterschieden geben, die auf zeitlichen Verände-
rungen zurückzuführen ist. Eine Herausforderung für einen guten Preisindex ist es, den Effekt
der Qualitätsänderung einer Immobilie kontrollieren zu können. Darum ist es das Ziel der he-
donischen Methoden, die Preisänderung bei konstanter Qualität wiederzugeben.375
Bei der Berechnung von Immobilienindizes aus hedonischen Regresionen können drei Metho-
den angewendet werden: die direkte Berechnung der Indizes unter Verwendung von „Zeit Dum-
mis“, die Methode der „konstanten Preise“ und die Methode der „Charakteristische Preise“376.
Im Folgenden werden die Methoden vorgestellt.
101
Die „Zeit-Dummies“-Methode
Der Methode „Zeit Dummies“ bietet eine einfache und schnelle Kalkulation von Preisindi-
zes.377 Die Regressionsgleichung hat die folgende Form (bei einem semilogarithmischen Mo-
dell):378
K T
ln 𝑃 = β0 + ∑ βk 𝑥𝑘 + ∑ δj 𝐷𝑗 + ε ( 33 )
k=1 j=1
Die Terme 𝑃 und 𝑥𝑘 sind bereits oben erläutert, die Regressionskoeffizienten 𝛽𝑘 messen den
Einfluss der Charakteristika 𝑥𝑘 . 𝐷𝑗 bezeichnet die "𝑛 − 1-Zeit-Dummies“ und 𝛿𝑗 stellt die Re-
gressionskoeffizienten der Zeit-Dummies dar. Der Term ε ist der Störterm. Der Dummy ist
gleich 1, wenn die Beobachtung aus der Periode i stammt und sonst den Wert 0 annimmt.379
̂
Wenn man die Periode i als Basisperiode annimmt, bildet der geschätzte Koeffizient 𝛿𝑗 die
̂) − ln
Differenz der geschätzten logarithmierten Preise: 𝑙𝑛(𝑝 ̂ (𝑝𝑖 ) . Der exponierte Koeffizient
𝑗
𝛿̂𝑗 gilt als Schätzung für den Preisindex j, bezogen auf die Basisperiode.380 Die Methode funk-
tioniert nur dann, wenn der Einfluss der erklärenden Variable 𝑥𝑗 (im Vergleich zur Basisperi-
ode) über die Zeit hinweg konstant ist. Diese Annahme kann mittels Chow-Test überprüft wer-
den.381
Es kann überprüft werden, ob es einen Zusammenhang der einzelnen Indizes mit der Variable
der räumlichen Differenzierung gibt, ob also die Preisentwicklung von Immobilien in verschie-
denen Regionen unterschiedlich verläuft. Dabei werden in dem vorher formulierten linearen
Erklärungsmodell auch die Wechselwirkungen zwischen der Zeitvariable (den Zeit-Dummies)
und der Variable der räumlichen Differenzierung berücksichtigt. Nun hat die Regressionsglei-
chung die folgende Struktur:382
K T T T
ln 𝑃 = β0 + ∑ βk 𝑥𝑘 + ∑ δj 𝐷𝑗 + ∑ γj 𝑍𝑗 + ∑ 𝜗j 𝑍𝑗 + ε ( 34 )
k=1 j=1 j=1 j=1
102
wobei γj die Koeffizienten und 𝑍 den Faktor der räumlichen Differenzierung repräsentiert.
𝑗
𝜗j 𝑍𝑛 bildet die Interaktion (Wechselwirkung) zwischen Zeit und Raum.
Eine andere Methode, für die die gleichen Annahmen wie oben gelten, ist die Methode der
„Konstanten Preise“. Laut dieser Methode wird der Index (für Periode j) (PI) folgendermaßen
berechnet:383
𝑝̅𝑗
𝑃𝐼𝑗 = ( 35 )
exp(𝛽̂i + ∑ 𝛽̂ki 𝑥̅kj )
Die Methode der charakteristischen Preise berücksichtigt im Gegensatz zu den zwei oben be-
schriebenen Methoden die zeitlichen Veränderungen der erklärenden Qualitätsvariablen. Hier
wird für jede Zeitperiode eine eigene Regression kalkuliert, in der folgenden Form: 384
𝐾
( 36 )
ln(Pt ) = βt + ∑ 𝛽𝑘𝑡 𝑥𝑘𝑡 + εt
𝑘=1
Der Preisindex für die Periode j ist jener Preis, den die Konsumenten in der Periode j für eine
Immobilie von „durchschnittlicher Periode i Qualität i“, zu zahlen haben.385 Er wird folgender-
maßen berechnet:386
exp(𝛽̂j + ∑ 𝛽̂ij 𝑥̅ kj )
𝑃𝐼𝑗 = ( 37 )
exp(𝛽̂i + ∑ 𝛽̂ii 𝑥̅ki )
103
wobei 𝑥̅ki der Mittelwert der Variable 𝑥𝑘 in Periode i ist. Da das Modell für jede zusätzliche
Periode neu berechnet werden muss, erhöht dies bei vielen Qualitätsvariablen den Rechenauf-
wand.
104
6 Internationale Bewertungsverfahren
Immobilien haben als Veranlagungsmöglichkeit in den letzten Jahren stark an Bedeutung zu-
genommen. Höhere erwartete Renditen und der Wunsch nach Streuung der investierten Mittel
in unterschiedliche Wirtschafszweige waren die Treibmittel zu Internationalisierung von Im-
mobilientransaktionen. Europa entwickelte sich zum zweitgrößten Immobilienmarkt der Welt.
Im Jahr 2013 betrugen die institutionellen Immobilieninvestitionen in Europa ca. 140 Mrd.
Euro. Dies entspricht einem Anteil von ca. 35 % des weltweiten Transaktionsvolumens.387 So-
mit steigt bei den Investoren der Wunsch nach Transparenz und Vergleichbarkeit der Immobi-
lienbewertung. Zusätzlich stellen die Weiterentwicklung der Bilanzvorschriften (IFRS) und die
neue Baseler Eigenkapitalverordnung für Banken weitere Anlässe für eine Harmonisierung der
Immobilienbewertungsstandards dar.
In diesem Kapitel werden die relevanten internationalen Methoden nach einer Gegenüberstel-
lung zu der nationalen Bewertungsverfahren dargestellt. Einleitend werden die internationalen
Organisationen sowie die internationalen Wertbegriffe definiert.
105
(die Gewinnmethode), wobei diese nicht deckungsgleich mit der Pachtwertmethode ist,388 so-
wie die Residual Method (Residualwertverfahren). Sie ist einer Kombination von den Ver-
gleichswert-, Sachwert-, und Ertragswertverfahren. Hier geht man von einem ermittelten fikti-
ven Veräußerungserlös des Objektes aus um den Bodenwert zu ermitteln.
International wird viel Wert auf die bestehenden Mietverhältnisse, die Prüfung der möglichen
Alternativnutzung sowie auf eine genauere Analyse der Marktfähigkeit der Immobilie bei der
Bewertung gelegen. Es gibt keine Trennung zwischen Bodenwert und Gebäudewert. Im Rah-
men des Sachwertverfahrens zur Ermittlung des Bodenwertes wird dies über Vergleiche aus
dem Marktgeschehen abgeleitet, und ohne Abwertungen sowie ohne Anwendung pauschaler
Bebauungsabschläge in die Bewertung übernommen. Es wird somit eine fiktive unbebaute Flä-
che angenommen.
Die Unterschiede der nationalen und internationalen Verfahren werden häufig überbewertet.
Internationale Organisationen
106
International Valuation Standards Council (IVSC) Das IVSC wurde erst im Jahr 1981 gegrün-
det und ist eine internationale und unabhängige private Non-Profit-Organisation.389 Seit 2008
wird es nicht mehr Council genannt, sondern Comittee. Das IVSC besteht heute aus ca. 90
nationalen Organisationen aus über 50 Ländern, wie bspw. RICS, TEGoVa, World Bank, etc.390
Ziel des IVSC ist die Erstellung und Veröffentlichung von Bewertungsrichtlinien und Umset-
zungsempfehlungen für die Bewertung von Immobilien sowie die internationale Vereinheitli-
chung der Immobilienbewertung.391 Zusätzlich erstellt IVSC Standards für die Bewertung aller
möglichen Vermögensgegenstände und Schulden. Für die Förderung grenzüberschreitender
Immobilienbewertungen werden die einzelnen nationalen Bewertungsrichtlinien analysiert um
die Unterschiede der Standards und Anwendung festzustellen. Folglich werden aus den natio-
nalen Regelungen unter der Verwendung des „Best-Practice“ Ansatzes die internationalen
Standards abgeleitet.392 Die gültigen Richtlinien des IVSC befinden sich im „White Book“, in
der 10 Auflage, erschienen 2013, zusammengefasst.
European Group of Valuer`s Association (TEGoVA) Die TEGoVA gibt es seit 1997 und ist eine
gemeinnützige Vereinigung.393 Die Organisation hat aktuell 63 Bewertungsverbände als Mit-
glieder, die aus 34 Ländern kommen und 70.000 Gutachter vertreten, die die Standards bereits
verwenden.394 Österreich ist in dieser Organisation durch die Vereinigung „Austria Association
of Real Estate Experts“ vertreten. Die TEGoVA veröffentlichte das „Blue Book“, in dem die
sog. „ Approved European Property Valuation Standards“ (EVS) zusammengefasst sind. Das
„Blue Book“ gibt es in der 7. Auflage, erschienen 2012, und in deutscher Sprache verfügbar.
Ziel dieser Organisation ist es unter anderen europäischen Bewertungsstandards für Begriffe
und Methoden zu formulieren, die sich als anerkannte Verfahren herausgebildet haben.395
Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) Der RICS ist ein weltberühmter Berufsverband
von Immobilienfachleuten und Immobiliensachverständigen, der 1868 in England gegründet
wurde. In Österreich ist dieser Verband seit 2001 aktiv.396 Der RICS ist als Verband weltweit
tätig und umfasst ca. 150.000 Mitglieder aus über 130 Ländern.397 Die Hauptaufgaben des RICS
sind: Regulierung und Förderung des Berufsstandes, Aufrechterhaltung hoher Standards in der
Ausbildung sowie in der Berufsausübung, sowie Konsumentenschutz durch Einhaltung eines
107
strengen Verhaltenskodex.398 Die von RICS veröffentlichten RICS Valuation-Professional
Standards 2014, das sog. „Red Book“ gehört zu den wichtigsten Leitlinien für Immobiliensach-
verständige auf internationaler Ebene. Das Red Book gibt es seit 1974399 und ist in der 9 Auf-
lage im Jahr 2013 erschienen.
Appraisal Foundation wurde 1987 in Washington D.C, USA als Non-Profit-Organisation für
die Immobiliensachverständigen gegründet.400 Die Organisation hat vom amerikanischen Kon-
gress eine Autorisierung für bestimmte Aufgaben erhalten und kann als halbstaatlich bezeich-
nen werden. Somit sind private Mitgliedschaften nicht möglich, nur Mitgliedschaften für Or-
ganisationen, wie z.B. die RICS. Ziel dieser Organisation ist es Bewertungsstandards in den
USA zu entwickeln und diese zu aktualisieren und zu erweitern. Veröffentlicht wurde erstmals
1989 die sog. „Uniform Standards of Professional Appraisal Practise“ (USPAP).401 Diese
wurde jährlich aktualisiert und erweitert.
Die für die nationale Immobilienbewertung relevanten Wertbegriffe wurden bereits in Kapital
2 beschrieben. Gegenüber den nationalen Richtlinien sind in der internationalen Bewertung von
Immobilien mehrere Wertbegriffe und Definitionen verfügbar. International wird zwischen
Marktwert (Market Value) und kein Marktwert (Non-Market Value) unterschieden.402 Zu den
Non-Market Bewertungsbegriffen gehören unter anderem gemäß IVS 2013: die Fair Value, die
Investment Value, die Special Value, die Marriage Value, die Value in Use sowie die Going
Concern Value. Einige Wertbegriffe werden hier näher beschrieben.
Marktwert (Market Value) Ein zentraler Wertbegriff in allen Standards ist der Marktwert, der
„Market Value“. Dieser Begriff wird in das „Red Book“ definiert als „ geschätzte Betrag, für
den ein Vermögenswert am Tag der Bewertung zwischen einem kaufbereiten Käufer und ei-
nem verkaufsbereiten Verkäufer in einer Transaktion im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach
angemessener Vermarktungsdauer ausgetauscht werden sollte, wobei die Parteien mit Sach-
kenntnis, Umsicht und ohne Zwang handeln“.403 Dieser Wertbegriff wurde vom IVSC und
TEGoVA übernommen. Der Marktwert entspricht grundsätzlich dem Verkehrswert. Die Markt-
wertdefinitionen der jeweils einzelnen Verbände weisen minimale Unterschiede auf, aber alle
108
führen zu demselben Ergebnis. Das Ergebnis des Marktwertes stellt den Kaufpreis dar, den ein
Investor für die Immobilie ohne Transaktionskosten zahlen musste.404
Der Marktwert kann auf Basis der gegenwärtigen Nutzungsform oder der Alternativnutzung
bzw. nach dem höchsten und besten Nutzen der Immobilie abgeleitet werden (Highest-and-
Best-Use).405 In diesem Sinne gibt es die folgenden Begriffe:406
Marktwert als Existing Use, Die Immobilie wird unter Weiterführung ihrer bestehenden
Nutzung am Markt verkauft. Hier sind die ermittelten Werte gleich hoch oder unter dem
Wert der Immobilie bei optimaler Nutzung.
Marktwert als Alternative Use Value: Bei der Veräußerung der Liegenschaft wird nach
alternativen Nutzungen gesucht um höchste Verkaufspreise zu erzielen. Der Wert der
Liegenschaft soll maximal der Wert der optimalen Nutzung sein.
Investment Value (Worth) ist das Ergebnis der Investment Methode. Er repräsentiert einen sub-
jektiven Wert aus der Perspektive eines bestimmten Investors.408
Value in Use stellt den Wert der Liegenschaft mit einer spezifischen Nutzung für einen be-
stimmten Nutzer dar.
Going Concern Value Hier wird das ganze Geschäft im Rahmen der Bewertung betrachtet,
wobei die Immobilie nur ein Teil des Ganzen ist.409
Internationale Bewertungsverfahren
109
lässt all jene Wertermittlungsverfahren zu, die dem jeweiligen Stand der Wissenschaft darstellt,
und die Sachverständigen sollen nur ihrer Auswahl begründen.
International wird viel Wert gelegt auf die bestehenden Mietverhältnisse, die Prüfung der mög-
lichen Alternativnutzung sowie auf eine genauere Analyse der Marktfähigkeit der Immobilie
bei der Bewertung. Es gibt keine Trennung zwischen den Bodenwert und Gebäudewert. Im
Rahmen des Sachwertverfahrens wenn das Bodenwert ermittelt wird, so wird dies über Ver-
gleiche aus dem Marktgeschehen abgeleitet, ohne Abwertungen, ohne Anwendung pauschaler
Bebauungsabschläge in der Bewertung übernommen. Es wird somit einer fiktiver unbebauten
Fläche angenommen.
Die Unterschiede der nationalen und internationalen Verfahren werden häufig überbewertet.
An dieser Stelle wird daher nur ein Überblick über die internationalen Bewertungsverfahren
gegeben.
Die Direct Value Comparison Methode wird hauptsächlich für die Bewertung von vergleich-
baren Immobilien angewendet. Zusätzlich wird diese Methode bei der Marktanalyse und zur
Überprüfung anderer Bewertungsergebnisse eingesetzt.411
Die Marktdaten werden wie in Österreich privat erhoben und bearbeitet. Zusätzlich zu den Ver-
öffentlichungen von Maklerhäusern oder den eigenen, internen Datenbanken der Sachverstän-
digen, gibt es in vielen Ländern Informationsdienste für Immobilien (Data Services). In den
USA ist etwa das CoStar Realty Information CoreLogic als großer Datenanbieter zu nennen.412
110
Wenn nicht genügend Daten für die Anwendung dieser Methode verfügbar sind, sind direkte
Vergleiche nicht möglich. In diesem Fall werden - wie in Österreich - international indirekte
Vergleiche angewendet. Bei diesen indirekten Vergleichen werden die vorhandenen Daten mit-
tels statistischer Verfahren aufgearbeitet, mit dem Ziel einen objektivierten Vergleich liefern
zu können.
Die internationale Sachwertverfahren (Replacement Cost Method) ist vergleichbar mit dem
Sachwertverfahren und wird auch als Cost Approach, Contractor´s Method oder Depreciated
Replacement Costs (abgeschriebene Wiederherstellungskosten) genannt.414 In den USA und in
Großbritannien finden diese Verfahren nicht häufig Verwendung. Diese Verfahren wird von
den International Valuation Guidance Notes und der RICS bei der Bewertung von Liegenschaf-
ten bei denen keine Vergleichsdaten oder laufende Einnahmen vorliegen, empfohlen415 Inter-
national wird das Sachwertverfahren angewendet für:416
Zusätzlich kann die Methode - wie in Österreich - für die Überprüfung anderer Verfahrenser-
gebnisses herangezogen werden. Unterscheidungen zum Anwendung des Verfahrens im Ver-
gleich mit der österreichischen Bewertungspraxis ergeben sich in der Art der Berechnung, der
Häufigkeit der Verwendung und den zur Verfügung stehenden Daten.
111
Der Sachwert (Effective Capital Value) nach der Cost Method setzt sich aus dem Bodenwert
(Land Value) und den Herstellungskosten, abzgl. einer entstandenen Alterswertminderung (Ac-
crued Depreciation) zusammen. Der Bodenwert wird grundsätzlich mit dem Vergleichswert-
verfahren ermittelt. Im angloamerikanischen Raum sind zwei Berechnungswege zulässig, um
zum Bodenwert einer Liegenschaft zu ermitteln. Die erste Möglichkeit ist ident mit dem Sach-
wertverfahren nach ÖNORM B 1802 Pkt. 5.4.1.2, der Bodenwert wird hier aus dem Bodenwert
der fiktiv unbebauten Liegenschaft hergeleitet. Es werden also Herstellungskosten (Construc-
tion Costs) für eine fiktive Wiederherstellung des Gebäudes bemessen. Die zweite Möglichkeit
sieht hingegen vor eine Herleitung des Bodenwertes aus dem Bodenwert einer gegenwärtigen
bebauten Liegenschaft. Es werden die Herstellungskosten (Total Replecement Costs New) für
ein neues Gebäude herangezogen, die in der Funktion den alten Anlagen gleicht. Demnach wird
nicht die Reproduktion des bestehenden Gebäudes berechnet, sondern die Kosten für die Er-
richtung einer Anlage mit demselben Nutzwert.417 Diese Berechnungsmethode wird auch als
„contractors method“ bezeichnet.418
Häufig wird wegen des Highest-and-Best-Use-Ansatzes der Bodenwert der fiktiv unbebauten
Liegenschaft verwendet. Somit durch die stärkere Orientierung der Bewertung am ökonomi-
schen Nutzen der Liegenschaft wird auf das Replacement Cost Approach im angloamerikani-
schen Raum in Ausnahmefällen angewendet.419
Die Herstellungskosten können als Kosten je Einheit bzw. Bauelement (Unit-in-Place Method)
oder als Kosten je m² oder m³ (Comparative-Unit Method) berechnet werden.420 Diese Kosten
berücksichtigen die Preisbasis. Im angloamerikanischen Raum existieren Tabellen, in denen
festgelegt ist, wie ein Basissatz je square foot angepasst werden soll.
Von den Herstellungskosten wird die Wertminderung wegen Alters abgezogen. Die Höhe der
Alterswertminderung wird mit Hilfe von Vergleichsobjekten421 oder mit der Economic Age-
Method berechnet. Diese Methode gleicht den nationalen Methoden in der Wertminderungsbe-
wertung. Bei dieser Economic-Age/Life-Methode wird das Alter des Objektes (Effective Age)
mit der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer (Economic Life) ins Verhältnis gesetzt.422 Das Er-
gebnis wird für die Neuherstellungskosten verwendet.
112
Die Wertminderung wegen Alters inkludiert nach internationalen Definitionen folgende Para-
meter:423
International gibt mehrere kommerzielle Auskunftsdienste, welche Unterlagen für die Berech-
nung aktueller Herstellungskosten liefern. Beispiele für solche Informationsdienste sind das
Building Cost Information Service der RICS in UK oder der Marschall Valuation Service in
den USA.426
Income Methods
Income Method, Investment Method oder in den USA Income Capitalisation Approach sind
Begriffe für ertragswertorientierter Bewertungsmethoden.427 Allgemein wird zwischen der Di-
rect Capitalization-Method, welche dem traditionellen Ertragswertverfahren entspricht, und der
Discounted Cash-Flow-Method (DCF-Verfahren) unterschieden.428
Direct Capitalisation
Das Verfahren wird besonders in Großbritannien aber auch in den USA verwendet. Die Direct
Capitalization entspricht das internationale Gegenstück zum nationalen, im LBG geregelten,
traditionellen Ertragswertverfahren.
Im Mittelpunkt der Überlegungen ist die Antizipation künftiger Erträge. Die Methode wird vor-
wiegend bei jenen Objekten angewandt, die regelmäßige Zahlungszuflüsse erwarten lassen.429
113
Diese Methode unterscheidet sich von der nationalen Ertragswertmethode in folgenden Aspek-
ten: Der Hauptunterschied besteht darin, dass im Rahmen dieser Income-Methode nicht zwi-
schen dem Bodenwert und dem Gebäudewert unterschieden wird.430 Die Berechnung des Ver-
vielfältigers und die darin implizit enthaltene Restnutzungsdauer des Gebäudes entfällt eben-
falls, wie die durch separate Betrachtung von Grund und Boden überflüssig gewordene Ermitt-
lung der Bodenwertverzinsung. Gebäude und Grund werden als eine Einheit betrachtet und die
Jahresreinerträge durch Berechnung einer ewigen Rente kapitalisiert werden. Die endliche Nut-
zungsdauer des Gebäudes wird im diesem Fall im Zinssatz (der so genannten All risks yield)
einbezogen.431 In dieser Rendite werden ebenfalls die Mietsteigerungen sowohl die Restnut-
zungsdauer und die Gebäudezustande einbezogen.432 Er setzt sich zusammen aus einer risiko-
losen Verzinsung, einem Risikoaufschlag sowie einem Abschlag für das Wertsteigerungspo-
tenzial der Immobilien zusammen.433 Dieser Zinssatz ist nicht gleichbedeutend mit dem Kapi-
talisierungszinssatz des nationalen Ertragswertverfahrens. Jedoch bei sehr langen Restnut-
zungsdauern der Bewertungsobjekte nähern sich beide Zinssätze an.434
Ein weiterer bedeutender Unterschied ist die Abbildung der Vertragsmieten. Dabei wird in drei
verschiedene Ausgangssituationen untergliedert:436
Rack Rented Bei dem Rack Rented- Fallkonstellation entsprechen die Marktmieten den tatsäch-
lich eingenommenen Mieten. Hier gilt dass, die Vertragsmiete und die Höhe der nach Vertrags-
ende erzielbareren Abschlussvermietung gleich hoch sind. Die nächste Abbildung stellt die
Rack Rented Property dar.
114
Abbildung 18: Rack Rented Property
Quelle: Seiser/Kainz (2014), S. 353.
Als Erstes werden die Roherträge aus dem zu bewertenden Objekt ermittelt. Davon werden die
Bewirtschaftungskosten abgezogen. Die daraus resultierten Reinerträge werden mit dem Ver-
vielfältiger einer ewigen Rente multipliziert. Die Kapitalisierung erfolgt im Rahmen dieser Me-
thode mit dem All Risks Yield. Abschließend werden die ortsüblichen Erwerbskosten abgezo-
gen und das Ergebnis stellt den Kapitalwert der Immobilien dar.
Underrented Property Liegen die vertraglich vereinbarten und für einen bestimmten Zeitraum
fixierten Mieten unter/ober dem marktüblichen Wert, so wird dies als Under-/.Overrented Pro-
perty bezeichnet. Zur Berechnung des Ertragswertes in solchen Fallkonstellationen wurde das
Verfahren angepasst und es wird mit Hilfe des so genannten „Two Income Models“ berechnet.
Dadurch erfolgt eine methodische Annäherung zu den DCF-Verfahren, da der Zahlungsstrom
ebenfalls in zwei Phasen geteilt, getrennt betrachtet und mit unterschiedlichen Zinssätzen kapi-
talisiert wird.437
Term & Reversion Bei dieser Methode liegt der vertragliche Mietzins unter dem Marktmiet-
zins.439 Dieser Fall wird als Underrented bezeichnet. Hier werden die Mieteinkünfte in zwei
Blöcke unterteilt, die in der folgenden Abbildung grafisch nebeneinander angeordnet sind.
115
Abbildung 19: Term & Reversion Approach bei Underrented Properties
Quelle: Seiser/Kainz (2014), S. 354.
Beim Term and Reversion Approach werden die Reinerträge aus der Vertragsmiete über die
Restlaufzeit, also bis zur nächstmöglichen Anpassung (Rent Review) kapitalisiert. Der Kapita-
lisierungszinssatz wird für diese Periode niedriger angesetzt und liegt unterhalb jenes Zinssat-
zes, der zur Berechnung der Reversion angewendet wird, da diesen vertraglich schon fixierten
Einnahmen eine höhere Sicherheit unterstellt wird.440 Der Barwert der Reinerträge des Terms
ist eine Zeitrente, die mit dem Auslaufen des Mietvertrages endet. Danach wird die für den
darauf folgenden Zeitraum (der sog. Reversion) zu erreichende Marktmiete prognostiziert, als
ewige Rente auf den Zeitpunkt der Mietanpassung kapitalisiert, und anschließend auf den Be-
wertungszeitpunkt diskontiert. Zur Diskontierung wird der gleiche Zinssatz angewendet, der
zur Kapitalisierung als ewige Rente eingesetzt worden ist.441 Weiters werden die Barwerte der
beiden Zeitbereiche addiert. Davon werden die Erwerbskosten abgezogen um den Ertragswert
zu ermitteln.
Diese Methode ist aufgrund der Trennung der zwei Zahlungsströme auch als „Term and Rever-
sion Method“ oder als Säulenverfahren bekannt.442
Die Hardcore and Top Slice Method Diese Methode wird hauptsächlich bei Overrented Proper-
ties verwendet (Marktmietwert < der vertragliche Mietzins). Hierbei wird erwartet, dass künf-
tige Erträge nach der Mietvertragsende sinken. Es wird zwischen folgenden Zahlungsströme
unterschieden. Der Reinertragsanteil der Marktmiete wird über die gesamte Laufzeit, bzw.
116
Mietvertragslaufzeit und Abschlussvermietung auf ewige mit dem ARY kapitalisiert. Der Zah-
lungsstrom wird als Hardcore genannt. Die Reinertragsteile die innerhalb der vertraglich ver-
einbarten Laufzeit über dem Hard Core liegen, werden als Top Slice bezeichnet. Der Top Slice
ist demnach die Differenz zwischen momentaner Vertrags- und künftig erwarteter Marktmiete.
Hardcore und Top Slice werden getrennt voneinander als ewige Rente kapitalisiert und die Er-
gebnisse werden für die Bewertung zusammengefasst. Für den Core wird gewöhnlich ein nied-
rigerer Zinssatz verwendet als für die Kapitalisierung des Top Slice.443 Der Zinssatz für den
Top Slice wird der markübliche Zinssatz um einen Risikozuschlag erhöht. Hier wird davon
ausgegangen, dass es zu erhöhten vorzeitigen Vertragsauflösungen bzw. Zahlungsunfähigkei-
ten seitens der Mieter kommen kann.444 Somit die Höhe des Risikozuschlages hängt von der
Mieterbönität, der Mietvertragsqualität sowie der Mietvertragsrestlaufzeit ab.445
Diese Methode ist auch als Layer Method oder Sandwichverfahren bekannt und wird in der
folgenden Grafik dargestellt:
Abbildung 20: Hardcore and Top Slice Method bei Overrented Properties
Quelle: Seiser/Kainz (2014), S. 355.
Der Term and Reversion Approach Ansatz und die Hardcore Method können sowohl für under-
als auch für overrented Properties angepasst und somit angewendet werden.446 Die Problematik
bei diesen Methoden ist der Verzicht auf eine detaillierte Prognose der Mieteinnahmen.447 Hier
wird eine konstante Wachstumsrate in der ARY über den gesamten Bewertungszeitraumen an-
genommen.
117
7 Conclusio und Ausblick
Zur Erarbeitung der Bewertungsmethoden war es nötig, sich zunächst mit den Grundlagen der
Immobilienbewertung auseinanderzusetzen. In Kapitel zwei wurden dazu Definitionen, Be-
griffsbestimmungen und gesetzliche Grundlagen erörtert. Aus diesem Abschnitt kann beson-
ders die Relevanz der Angabe des Bewertungszwecks hervorgehoben werden. Es steht fest,
dass ein Sachverständiger seine Aufgabe ohne Zweckangabe nicht adäquat durchführen kann.
Nach der Analyse der gesetzlichen Grundlagen wurde der Einfluss des Liegenschaftsbewer-
tungsgesetzes, aber auch die hohe Praxisrelevanz der betreffenden ÖNORMEN festgestellt. Als
Treiber für die Ableitung von Entwicklungstendenzen der österreichischen Liegenschaftsbe-
wertung hat sich die erst kürzlich erschienene ÖNORM B 1802-2 erwiesen. Diese Norm wurde
in Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen erstellt und hat das DCF-Verfahren als
geeignete Methode der Immobilienbewertung etabliert.
Kapitel drei hat sich mit den klassischen Methoden der Immobilienbewertung auseinanderge-
setzt. Dabei wurden für die österreichische Bewertungspraxis relevante Verfahren beleuchtet.
Die einzelnen Schritte des Bewertungsvorganges wurden detailliert erörtert und die Funktions-
weise der Verfahren wurde dargestellt. Weiters wurde auf die entsprechenden verfahrensspezi-
fischen gesetzlichen und normativen Grundlagen eingegangen und es wurde festgestellt, für
welche Immobilienarten und Bewertungszwecke die Methoden zu verwenden sind.
Unter den klassischen Verfahren stellt das Vergleichswertverfahren die marktnahe Methode
dar, bei der man ohne großen Rechenaufwand zu einem Ergebnis kommen kann. Neben einer
allgemein guten Marktkenntnis werden dafür jedoch Vergleichsdaten benötigt, die häufig nicht
in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen. Beim Sachwertverfahren steht in erster Linie
die Ermittlung der Herstellungskosten im Vordergrund, für welche vergleichsweise das größte
technische Verständnis gebraucht wird. Die Anwendung des Sachwertverfahrens alleine wird
für einen Investor nicht sehr zielführend sein. Es macht aber durchaus Sinn, dieses Verfahren
unterstützend in Verbindung mit anderen Bewertungsmethoden einzusetzen. Gerade die Be-
wertung der Bau- und Ausstattungsqualität, welche die notwendigen bzw. zu erwartenden In-
standhaltungskosten besser einschätzen lässt, gibt dem Investor eine höhere Sicherheit bzgl. der
künftigen Erträge aus der Liegenschaft.
118
Das Ertragswertverfahren ist die dritte Wertermittlungsmethode für Immobilien, die zu den
klassischen Verfahren gehört. Im Gegenteil zum Vergleichswertverfahren orientiert sich das
Ertragswertverfahren nicht an den Transaktionspreisen vergleichbarer Immobilien, sondern an
den zukünftig realisierbaren Erträgen. Hier werden die zukünftigen Renditen prognostiziert und
auf den Bewertungsstichtag abgezinst. Der benötigte Kapitalisierungszinssatz kann direkt aus
dem Immobilienmarkt oder indirekt aus dem Kapitalmarkt hergeleitet werden. Bei der Ertrags-
wertmethode wird das Wachstum in dem Zinssatz berücksichtigt, deshalb wird diese Methode
auch als implizites Wachstumsmodell bezeichnet.
Anders als bei den einfachen ertragsorientierten Verfahren hat der Sachverständige die Mög-
lichkeit, Risiken und Wachstumspotenziale explizit im Kapitalfluss im Rahmen der Discoun-
ted-Cashflow-Verfahren zu berücksichtigen. Diese Methode ist das Thema des Kapitels vier.
Das Verfahren ist ein weiteres ertragsorientiertes Bewertungsverfahren, bei dem wie auch beim
Ertragswertverfahren, die zukünftigen Zahlungsströme auf den Bewertungsstichtag abgezinst
werden. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden orientierten Ertragswertverfahren
liegt darin, dass die Berechnung der Ertragswertverfahren aufgrund von vergangenen Daten
erfolgt, während bei der DCF-Methode versucht wird, die Zukunft möglichst realitätsnahe ein-
zuschätzen. Diese Methode eignet sich, um sowohl Marktwerte als auch Investmentwerte aus
Anlegersicht zu ermitteln. Die einzelnen Schritte des Bewertungsvorganges wurden detailliert
erörtert und die Funktionsweise der Verfahren wurde dargestellt. Bei der Ermittlung des Inves-
titionswertes sind die rechtlichen Einflüsse von primärer Bedeutung, weniger bei der Verkehrs-
wertermittlung. Aufgrund dessen werden in diesem Absatz sowohl mietrechtliche wie auch
steuerliche Parameter analysiert. Die Analyse bezieht sich auf Österreich. Zusätzlich wird in
diesem Absatz veranschaulicht, wie die DCF-Wertansätze für Investitions-und Desinvestitions-
entscheidungen verwendet werden können. Es wird hier kein Kapitalwert berechnet, sondern
die Rendite einer direkten Investition bzw. einer Vorsorgewohnung. Nach der Einführung in
das Konzept der Vorsorgewohnungen ist die Datenbasis ausführlich beschrieben. Die Rendite
ist nach der Kapitalwertmethode berechnet. Anschließend ist eine Sensitivitätsanalyse der Ren-
dite durchgeführt, welche Hinweise darauf gibt, in welcher Höhe die erwartete nominelle Ren-
dite ausfällt, wenn die wesentlichen Einflussgrößen Wertsteigerungsrate, Inflationsrate, BIP-
Wachstumsrate, Steuersatz, Leerstandkosten variiert werden. Zusammenfassend wurden fol-
gende Fakten festgestellt. Die Wertsteigerungsrate neuer Eigentumswohnungen stellt eine we-
sentliche Einflussgröße auf die Rendite einer Vorsorgewohnung dar. Eine hohe Wertsteigerung
ist nur bei erstklassigen Rahmenbedingungen einer Immobilie, wie z.B. ruhig Wohnung in
Grünanlage, urbane Innenstadtlage ohne Lärmbelästigung, etc. zu erwarten. Der Inflation ist
119
ebenfalls eine wesentlicher Einflussparameter für die nominelle bzw. die realen Rendite. Die
Berechnungen haben ergeben, dass eine höhere Inflationsrate eine höhere nominelle Rendite
generiert. Dies liegt an der Annahme, dass die Indexerhöhung der Verbraucherpreise auf die
Miete übertragen werden kann. Wenn eine höhere Inflation automatisch auch die Preise für
Vorsorgewohnungen in der Höhe treibt, steigt sowohl die nominelle Rendite als auch die reale
Rendite. Höhere Leerstandkosten führen im Gegensatz zum niedrigeren nominellen Rendite.
Kapitel 5 beschäftigt sich mit dem hedonischen Modell zur Immobilienbewertung. Dabei wird
diese Methode gleich ausführlich behandelt wie die klassischen Methoden in Kapital drei. Auf
Immobilien bezogen ist dieses Wertermittlungsverfahren, simpel ausgedrückt, das computer-
gestützte, auf statistische Verfahren beruhende Vergleichswertverfahren. Dabei wird möglichst
eine große Anzahl von Kaufpreisen von Objekten mit bestimmten Parametern wie Lage, Volu-
men, Ausbaugrad, etc. erfasst und statistisch anhand einer Regressionsanalyse ausgewertet. Der
Preis der zu bewertenden Immobilie wird nach Eingabe der gleichen Parameter mittels einer
Regressionsgerade ermittelt. Zusätzlich sind Immobilienpreisindizes aus hedonischen Regres-
sionen hergeleitet. Die Methodik ist in diesem Absatz dargestellt.
In Kapitel sechs sind die internationalen Aspekte der Immobilienbewertung behandelt worden.
Nach einer Gegenüberstellung der internationalen Wertermittlungsverfahren, mit den nationa-
len Bewertungsverfahren kann man betonen dass der Unterschiede häufig zu Unrecht über-
zeichnet werden.
Conclusio: Die Methoden der Immobilienbewertung sind Modelle, mit deren Hilfe ein stich-
tagsbezogenes Ergebnis hergeleitet wird. Werden die Methoden unter Beachtung des Bewer-
tungszwecks sorgfältig und verantwortungsvoll ausgeführt, liefern sie wertvolle Informationen
für verschiedenste Anlässe und können als Entscheidungshilfe dienen. Ergebnisse können je-
doch nicht als zeitlich konstant und für jeden Kontext als zutreffend betrachtet werden. Es soll
nicht von einer absoluten Genauigkeit der Werte ausgegangen werden, insbesondere da diese
sich mit der Zeit je nach Entwicklung des Umfeldes und der Wirtschaft stark und schnell ver-
ändern können. Somit liegt der Fokus beim Umgang mit der Immobilienbewertung nicht nur
auf das Verfahren selbst, sondern auch beim Empfänger der Bewertungsergebnisse.
120
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Anhang
A Zins-und Tilgungsplan
Jahr Annuität Zinsen Tilgung Nom Jahresbeginn
2016 € 15.470,87 € 3.959,09 € 11.511,78 € 131.969,64
2017 € 15.470,87 € 3.613,74 € 11.857,13 € 120.457,86
2018 € 15.470,87 € 3.258,02 € 12.212,85 € 108.600,73
2019 € 15.470,87 € 2.891,64 € 12.579,23 € 96.387,89
2020 € 15.470,87 € 2.514,26 € 12.956,61 € 83.808,65
2021 € 15.470,87 € 2.125,56 € 13.345,31 € 70.852,05
2022 € 15.470,87 € 1.725,20 € 13.745,67 € 57.506,74
2023 € 15.470,87 € 1.312,83 € 14.158,04 € 43.761,07
2024 € 15.470,87 € 888,09 € 14.582,78 € 29.603,04
2025 € 15.470,87 € 450,61 € 15.020,26 € 15.020,26
Ergebnis
Jahr Afa W Afa K Steuerzahlung
vor Steuern
2015 -€ 3.520,06 € -
2016 € 802,20 € 350,00 -€ 4.002,58 -€ 1.760,03
2017 € 1.604,39 € 787,50 -€ 929,04 -€ 2.001,29
2018 € 1.604,39 € 787,50 -€ 493,96 -€ 464,52
2019 € 1.604,39 € 787,50 -€ 47,03 -€ 246,98
2020 € 1.604,39 € 787,50 € 412,10 -€ 23,52
2021 € 1.604,39 € 710,50 € 960,78 € 206,05
2022 € 1.604,39 € 710,50 € 1.445,37 € 480,39
2023 € 1.604,39 € 710,50 € 1.943,23 € 722,69
2024 € 1.604,39 € 710,50 € 2.454,75 € 971,62
2025 € 1.604,39 € 710,50 € 2.980,30 € 1.227,37
2026 € 1.604,39 € 721,16 € 3.509,65 € 1.490,15
2027 € 1.604,39 € 721,16 € 3.600,39 € 1.754,82
2028 € 1.604,39 € 721,16 € 3.692,48 € 1.800,19
2029 € 1.604,39 € 721,16 € 3.785,96 € 1.846,24
2030 € 1.604,39 € 721,16 € 3.880,84 € 1.892,98
2031 € 1.604,39 € 731,97 € 3.966,33 € 1.940,42
2032 € 1.604,39 € 731,97 € 4.064,08 € 1.983,17
2033 € 1.604,39 € 731,97 € 4.163,30 € 2.032,04
2034 € 1.604,39 € 731,97 € 4.264,00 € 2.081,65
2035 € 1.604,39 € 731,97 € 4.366,21 € 2.132,00
2036 € 1.604,39 € 742,95 € 4.458,98 € 2.183,11
2037 € 1.604,39 € 742,95 € 4.564,29 € 2.229,49
2038 € 1.604,39 € 742,95 € 4.671,17 € 2.282,14
2039 € 1.604,39 € 742,95 € 4.779,66 € 2.335,58
2040 € 1.604,39 € 742,95 € 4.889,77 € 2.389,83
132
C Flow to Equity:
Jahr MieteinnahmenLeerstandkosten IHK Zinsaufwand Steuerzahlung NCF Tilgung FTE
2015 € - € - € - € - € - € - € - € -
2016 € 1.392,24 € 69,61 € 213,92 € 3.959,09 -€ 1.760,03 -€ 1.090,35 € 11.511,78 -€ 12.602,13
2017 € 5.568,96 € 278,45 € 213,92 € 3.613,74 -€ 2.001,29 € 3.464,15 € 11.857,13 -€ 8.392,99
2018 € 5.652,49 € 282,62 € 213,92 € 3.258,02 -€ 464,52 € 2.362,45 € 12.212,85 -€ 9.850,40
2019 € 5.737,28 € 286,86 € 213,92 € 2.891,64 -€ 246,98 € 2.591,84 € 12.579,23 -€ 9.987,39
2020 € 5.823,34 € 291,17 € 213,92 € 2.514,26 -€ 23,52 € 2.827,51 € 12.956,61 -€ 10.129,10
2021 € 5.910,69 € 295,53 € 213,92 € 2.125,56 € 206,05 € 3.069,62 € 13.345,31 -€ 10.275,68
2022 € 5.999,35 € 299,97 € 213,92 € 1.725,20 € 480,39 € 3.279,87 € 13.745,67 -€ 10.465,80
2023 € 6.089,34 € 304,47 € 213,92 € 1.312,83 € 722,69 € 3.535,44 € 14.158,04 -€ 10.622,60
2024 € 6.180,68 € 309,03 € 213,92 € 888,09 € 971,62 € 3.798,02 € 14.582,78 -€ 10.784,75
2025 € 6.273,39 € 313,67 € 213,92 € 450,61 € 1.227,37 € 4.067,82 € 15.020,26 -€ 10.952,44
2026 € 6.367,49 € 318,37 € 213,92 € - € 1.490,15 € 4.345,05 € - € 4.345,05
2027 € 6.463,01 € 323,15 € 213,92 € - € 1.754,82 € 4.171,11 € - € 4.171,11
2028 € 6.559,95 € 328,00 € 213,92 € - € 1.800,19 € 4.217,84 € - € 4.217,84
2029 € 6.658,35 € 332,92 € 213,92 € - € 1.846,24 € 4.265,27 € - € 4.265,27
2030 € 6.758,23 € 337,91 € 213,92 € - € 1.892,98 € 4.313,41 € - € 4.313,41
2031 € 6.859,60 € 342,98 € 213,92 € - € 1.940,42 € 4.362,28 € - € 4.362,28
2032 € 6.962,49 € 348,12 € 213,92 € - € 1.983,17 € 4.417,28 € - € 4.417,28
2033 € 7.066,93 € 353,35 € 213,92 € - € 2.032,04 € 4.467,62 € - € 4.467,62
2034 € 7.172,93 € 358,65 € 213,92 € - € 2.081,65 € 4.518,72 € - € 4.518,72
2035 € 7.280,53 € 364,03 € 213,92 € - € 2.132,00 € 4.570,58 € - € 4.570,58
2036 € 7.389,74 € 369,49 € 213,92 € - € 2.183,11 € 4.623,22 € - € 4.623,22
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Rendite 1,252%
133