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LQ 1601 02 Die Foerderung Der Bewegungskompetenz Im Alter
LQ 1601 02 Die Foerderung Der Bewegungskompetenz Im Alter
Meine Arbeit im Seniorenwohnheim. Ich arbeite ner Anleitung und Unterstützung ausprobieren
seit dem Jahr 2001 im Seniorenheim „Heywinkel- wollten (vgl. lq 2/2014). Das Angebot fand über
Haus“ in Osnabrück. Das Haus verfügt über sechs Wochen hinweg einmal wöchentlich statt.
128 Betten, die auf drei Wohnbereiche verteilt Die Erfahrungen waren so positiv – und auch die
sind. In meinem Wohnbereich leben 37 Bewohne- BewohnerInnen wünschten sich eine Fortfüh-
rInnen, die meisten von ihnen mit demenziellen rung –, dass die Bewegungswerkstatt heute zum
Veränderungen. Durch gezielt angepasste Be- regulären Angebot gehört.
gleitung im pflegerischen Alltag ergibt sich ein
vielfältiges, förderndes Angebot. So gibt es z. B. Es geht weiter. Das Angebot findet mittlerweile
Beschäftigungsangebote und die Mahlzeiten regelmäßig zweimal im Monat statt. Jeder darf
werden gemeinsam eingenommen. Das Konzept kommen und kann jederzeit miteinsteigen. Eini-
der „Tagesoase“ entstand angelehnt an das Mo- ge BewohnerInnen kommen ganz regelmäßig, an-
dell der „Pflegeoase“ aus der Schweiz und aus dere schauen immer mal wieder herein. Manch-
hauseigenen Überlegungen und Ideen. Durch die mal sind nur sechs, ein anderes Mal 14 Bewohne-
Betreuung der BewohnerInnen im Gemein- rInnen da. Das heißt, ich passe mich kurzfristig
schaftsraum des „Beschützten Wohnens“ wird an die jeweilige Situation an. Die Bedürfnisse
eine Isolation im Einzelzimmer weitestgehend sind unterschiedlich. Mal gehen alle Bewohne-
vermieden. rInnen auf den Fußboden, ein anderes Mal (es war
ein heißer Tag) bewegten wir uns auf allgemeinen
Rückblick. Während meiner Kinaesthetics Ausbil- Wunsch nicht bis in die Rückenlage, sondern nur
dung zur Trainerin Stufe 1 in den Jahren 2012 und bis zum Vierfüßer-Stand.
2013 ist das Pilotprojekt „Fit und mobil im Alter“
entstanden. Nach einem Sturzereignis wurde Wie gehe ich vor? Während der Treffen finden im-
uns klar, dass es bei einer kompetenzorientier- mer eine grundsätzliche Erläuterung sowie Be-
ten Sturzprävention nicht primär um ein Wegräu- wegungserfahrungen zu einem Kinaesthetics-
men von Hindernissen gehen kann, sondern um Konzept statt. Es gibt auch die Möglichkeit zu ei-
die Erhaltung und Förderung der eigenen Bewe- nem Gespräch über die Erfahrungen. Jedes
gungskompetenz. Treffen hat unterschiedliche Themen oder Frage-
Es war für mich, aber auch für die teilnehmen- stellungen. Hier einige Beispiele:
den BewohnerInnen eine spannende Herausfor-
derung. Ebenso war es für alle auch eine ganz • Mobilitätsförderung in Bezug auf tägliche
neue Erfahrung. Wir wollten gemeinsam lernen Aktivitäten
und die Entwicklung der Bewegungskompetenz • Eine Position einnehmen
beobachten. In diesem Projekt engagierten sich • Der Positionswechsel
vier ausgewählte BewohnerInnen, die den Weg
auf den Boden und das Wiederaufstehen mit mei- >>
lebensqualität 01| 2016 praxis 19
>>
• Wie gelange ich auf den Fußboden – und Gehende Fortbewegung im Sitzen. Auch die Ge-
wie stehe ich eigentlich wieder auf? wichtsverlagerung in der Sitzposition ist ein
wichtiges Thema: Wie kann man durch Gewichts-
Womit beginne ich? Für den Ablauf hat sich fol- verlagerung die gehende Fortbewegung im Sit-
gende Struktur bewährt: Wir beginnen immer im zen bis an die Stuhlkante und zurück erfahren?
Sitzen. Dann stelle ich Fragen, die mit der eige- Wir probieren verschiedene Möglichkeiten aus,
nen Achtsamkeit zu tun haben, zum Beispiel be- mit unterschiedlichen Fragestellungen: Was geht
züglich der Erfahrung von Gewicht. Was wird be- leichter und mit weniger Anstrengung? Ist die Be-
nötigt, um eine Sitzposition einzunehmen und wegung spiralig oder parallel? Jeder darf diese
darin verweilen zu können? Nur wenn ich mein Unterschiede ausprobieren und erfährt auch
Gewicht gut abgeben kann – über das Becken, Grundsätzliches: Wenn ich z. B. das Körperge-
die Oberschenkel und die Füße, gegebenenfalls wicht auf eine Körperhälfte verlagern kann, kann
auch über den Rücken und die Arme –, ist es mög- ich anstrengungsarm die gewichtsfreie Körper-
lich, bequem und über einen längeren Zeitraum hälfte an einen neuen Ort bringen.
zu sitzen. Um das tun zu können, brauchen einige Manchmal gelingt es mir nicht, dies über Wor-
BewohnerInnen unter ihren Füßen einen Bloc. te zu verdeutlichen. Ich sehe, dass es für eine Be-
Dies ist zwar nur eine kleine Veränderung, hat wohnerIn irgendwie schwierig ist oder nicht
aber eine große Wirkung. klappt. Dann setze ich mich zu ihr hin und wir be-
wegen uns gemeinsam. Weil dadurch die Kommu-
Erfahrungen im Sitzen. In einer bequemen, sta- nikation über Berührung und Bewegung erfolgt,
bilen und ausbalancierten Sitzposition kann man klappt es dann meist sofort.
seine Bewegungsmöglichkeiten vielfältig aus-
schöpfen. Gewichtsfreie Körperteile können Sich auf den Boden begeben. Im hohen Alter ist
ohne große Anstrengung bewegt werden. Man es eine bedeutende Herausforderung für viele
kann die Arme heben, senken und kreisen lassen, Menschen, sich auf den Boden zu begeben und
den Rumpf beugen und vielleicht sogar die Hände wieder aufzustehen. Wenn sie dies aber wieder
bis an den Fußboden bringen. Oder die Beine und erlernt haben, fühlen sie sich sicherer. Außerdem
Füße bewegen. Wir bewegen uns immer gemein- entwickeln sich viele grundlegende Kompeten-
sam, jeder so, wie er kann; alle dürfen Pausen
einlegen. >>
Im Seniorenwohnheim
„Heywinkel-Haus“ in
Osnabrück ist die Bewe-
gungswerkstatt „Fit und
mobil im Alter“ ein fester
Bestandteil.
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In der Zeitschrift LQ können die LeserInnen am Knowhow teilhaben, das Kinaesthetics-AnwenderInnen und
Kinaesthetics-TrainerInnen in zahllosen Projekten und im Praxisalltag gesammelt haben. Ergebnisse aus
der Forschung und Entwicklung werden hier in verständlicher Art und Weise zugänglich gemacht. Es wird
zusammengeführt. Es wird auseinander dividiert. Unterschiede werden deutlich gemacht. Neu entdeckte
Sachverhalte werden dargestellt und beleuchtet. Fragen werden gestellt. Geschichten werden erzählt.
Die LQ leistet einen Beitrag zum gemeinsamen analogen und digitalen Lernen.
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