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Veit Harlan

-
lm Schaffen meiner Filme
Selbstbiographie, herausgegeben
und mit einem Nachwort versehen
von H. C. Opfermann

Sigbert Mohn Verlag


••
50 unwichtig ein »Filmregisseur« fur das Bild der grolkn
Weltgeschichte ist, 50 wichtig wurde das, was ich als Regisseur
getan habe, in der Offentlichkeit genommen und fast grund_
satzlich falsch beurteilt. Das entsprach der OberHachlichkeit,mit
der man der tragischen Vergangenheit nach dem Kriege begeg-
nete. Mein Fall wurde zum Musterfall - zum Schlagwort. Midt
abzulehnen war sehr bequem, denn man Iehnte damit "en bloc.
etwas ab, was man nicht mehr genau ru bezeichnen und smon
gar nicht zu bekennen brauchte. Wer das tat, machte sim nam
dem Kriege der Offentlichkeit sympathism. Es gab viele, die
sich diesen billigen Sympathiegewinn nimt entgehen lieBen.
Wenn es der Sinn dies es Bumes sein sollte, fur mim und
meine Karriere etwas Vorteilhaftes zu untemehmen, dann hiitte
ich es nicht erst heute mit 63 Jahren", sondem smon gleim
nach dem Kriege oder nam meinem endgültigen Freisprum var
dem Schwurgericht in Hamburg verfaBt. Es wird heute für die-
jenigen geschrieben, die ein echtes Interesse daran haben, die
wahren Begebenheiten des deutsmen Filmlebens um Goebbels
herum zu erfahren-und zwar genauso, wie im sie selbst erlebt
habe. Ich werde die Wahrheit mitteilen - soweit ein Mensdt
objektiv berichten kann. Diejenigen allerdings, die an der Ver-
deckung der Wahrheit ein Interesse haben, werden an diesem
Buch Argernis nehmen.
Eigentlich woIIte im nur für meine Kinder aufsdueiben" WU"-
Urn das Leben ihres Vaters, ihrer Mutter und aum ihr ef&e''''
50 verdunkelt wurde. Sie soIleneineklareAntwortdalraulf.........,j~
ko nnen, wenn sie gefragt werden: War dein Vater eIn NI~i'
C 1966 Sigbert Mohn Verlog. GUtersloh
oder nicht?! War er ein Antisemit oder ein Oppuatuadlt7
Ubrary of Congress Catalogue Card Number : 66-25801
EiDband H. P. WilIberg er, wie behauptet wird, einBusenfreund vonGoebbelsl W ..
CeoamtberoteU"", Mohn " Co GmbH, GÜle .. loh
BadI Nr. J056 . Prlnted ln Gennany
• Barlan schrieb diese Zeilen lm Jaru.196z.
. d H'tler-Zeit eine 50 groge Stellung aIs Regisseur keit, Undank und auch mit v ersteckter Obstruktion beantwor-
hat er ln er 1
bekleidet? Was davon ist wahr? . , ten. Sie sollten alle diese Damen und Herren einmaI erleben,
Mein altester Sohn Thomas" klagte berelts un Jahre 1947 wenn wir eines Tages nicht mehr da sein sollten. Sie haben alle
darüber, wie sehr er unter dem Namen Harlan auE der Univer- unser Brot gegessen - ja sich an unseren Tisch gedrangt. Sie
sitat in Tübingen zu leiden habe. Er ging deshalb an die Sor- haben ihre Millionengagen und ihre Professoren- und Staats-
bonne in Paris, um unangeEochten Philosophie studieren zu schauspielertitel geme von uns angenommen. Darm aber, das
konnen. Ais er spater in Palastina einen Film machte, m~te er weiB ich ganz genau, würden sie die ersten sein, die sich wieder
sich einen fremden P~ und einen fremden Namen zulegen, um an die neuen Herren herandrangen und behaupten, sie w3ren
überhaupt nach Palastina hineingelassen zu werden. schon immer gut antifaschistisch gewesen urid zur Anrlahme
Zu etwa der gleichen Zeit m~te ich meinen damals sieben- der Gelder und Ehrungen >gezwungen< worden. [ch kenne dieses
jahrigen Sohn Kristian *"' aus der Hamburger Schule nehmen elende Pack ".«
und in ein weitentferntes Internat, nach Salem, schicken. Die Dieser Ausspruch kennzeichnet sowohl Goebbels selbst ais
Klassenkameraden in Hamburg quii.!ten ihn mit der Behaup- auch seine unendliche Verachtung, die er rur die Filmschaffen-
tung, d~ sein Vater ins Zuchthaus kommen würde. den hegte; aber auch die Situation, in der sich die 5<hau-
Auch meine Tochter aus zweiter Ehe mit Hilde Korber, die spieler befanden, denen namlich gar nichts anderes übrigblieb,
Maria und Susanne Harlan hieBen, m~ten ihre Namen in aIs entweder jede antifaschistische Bemerkung zu unterlassen
»Korber« iindem, weil die Theater es ablehnten, sie unter dem oder sie Goebbels nur fühlen zu Iassen.
Namen ihres Vaters zu engagieren. Wer bei solch einer Bemerkung erwischt wurde - und es
Der Dichter Hans Homberg hat das Verhiingnis, das mich waren einige -, dem wurde der Kopf abgeschlagen. Goebbels
und meinen Namen traf, einmal 50 ausgedrückt: Loser und wuBte, d~ der grêH~te Teil der Filmschaffenden nicht national-
Wolf gehoren zueinander wie SchneeweiBchen und Rosenrot, sozialistisch war. Er beutete als echter »Propaganda«-Minister
Tünnes und Schii.!, Scylla und Charybdis, Veit Harlan und die Beliebtheit der Schauspieler und anderer Filmschaffender
Jud s üB. aus und verwandte sie voller Verachtung für seine Zwedœ.
DaB sie ihm Nationalsozialismus vorlogen, ~te er.
Die Hauptrolle in dem Drama, das ich hier schildere, spiele Es würde ein besonderes Buch erfordem, wenn ich soime Bei-
nicht ich, sondem Dr. Josef Goebbels. spieIe nennen würde. Ich als Filmregisseur habe ein anderes
~s ist von Bedeutung, in diesem Zusarnmenhang einen von Interesse und will nur darstellen, was im selbst erlebt habe. Es
semem Stenografen niedergeschriebenen Ausspruch von Goeb- wird kein schoner Blick auf die Jahre zurück sein - aber audt
bels zu zitieren. Goebbels sprach von den Wissenschaftiem und vorwarts sehe im nur auf eine Mauer.
von den Künstlem, und er bedauerte, d~ die Wissenschaftler Das Buch der tHfentlidtkeit vorzulegen, wurde mir wahrend
50 schlecht behandelt und bezahlt wurden. Er sagte: de.s Sdtreibens eine immer deutlimere Gewissensfordenmg.
'»Welch
. Jamme r 1. D'lese G' elstesh eroen verdienten zumindest Mir er~chienen meine privaten Erlebnisse viel weniger widttig
die gle!che
, Betre!lung zu er fah ren, Wle
. 1'ch sie
. dem Kroppzeug aIs meme Konfrontation mit Goebbels und einigen midttigen
1I0n Frlmleuten an
di' gedeihen 1asse, die mir unterstellt sind und Herr~n der nationaIsozialistismen Zeit. Es sdtien mir sogar
e rrut Auszeichnunge d Eh . geschlmtlim wimtig zu sein, das private Wesen der Menschea
moglich El ' n un ren, rrut Geld und allen nur
handlunen r elchterungen
' b edacht wer den und die" dlese Be- z~ besmreiben, die mir in ihrer hohen Mamtposition in der
g gar rucht verdienen, sondem sie mit Charakterlosig- HltIer-Zeit auf dem kIeinen Filmsektor begegnet sind. Nebaa
• Aus
•• Aus =:
.
z~eiten Ehe ~t H,ilde Korber.
dritten Ehe nut Knstina Soderbaum. • Die Quelle des Stenogramms war nicht aufzufinden.
6
Hitler Goring und auch Mussolini. Goeb_
)l'bbels waren e s , ' .
. f das deutsche Filmwesen lst noch ruemals Von rungen, mit Blut und SmweiB aufgeb t d "
bels Wlrken au d' . . ck ". au WUr e und Wle sie
'eben worden, der es aus 50 Irekter Niihe ]etzt ln Dre
.emandem besc fi h . . und Erbarrnhchkeit vor di e H un de ge ht.«
J . 'ch Der Mmlster macht eine Pause Er tupft '..L di T"
erlebt hat Wle 1 . . · ih . ilul e Tanen ab,
oebbels mehr ais nur »den Schmnherm des d le m unaufhaltsam aus den Augen rollen.
Ich kaM tev on G
deuts ch en F1'lms« . Ich habe in sein Privatleben
• ..
gesehen

und ."Id! h~be var mir ein reines Gewissen« - fahrt er darm mit
habe auch seine Schwache erlebt. In seme ver~angrusvolle Niihe lelser Shmme f~rt. -. »lch bin einen geraden Weg aufrecht
stellte man sich nidlt (wie er es selbst semem Stenografen gegangen, 5 0 , wle mem Gewissen es mir vorgeschrieben hat.
gegenüber behauptet hatte); in diese Niihe wurde man gestellt. Qualvoll wurde mein Weg erst fur mim, als im mich vor die
Ihr aus eigenem Willen ohne groBe Gefahr zu entkommen, war Frage gestellt sah, zwischen dem Führer und Deutschland zu
wahlen.
nahezu unmëglich.
Ob manNationalsozialist war oder nicht, ja sogar ein Gegner, Da trat der Versucher an mich heran mit tausend verlocken-
den ~rgumenten. Ich will ehrlich sein, ich habe nach dern 20. Juli,
das war Goebbels bis zu einem gewissen Grade ziemlich gleich-
aIs eme Rettun~ De~tschlands noch mëglich war, eine Rettung,
gültig, wenn er glaubte, jemanden für seine Ziele brauchen zu
wohlgemerkt, die die Aufopferung des Führers bedingt hatte,
kënnen. Er achtete mein Wissen von den Dingen des Films und oft geschwankt. Vor aUern, als ich in einem 50 rnakellosen und
der Dramaturgie, von denen er selbst nicht viel w~te, aber charakterlich vorbildIichen Marm wie dern Reid!sführer einen
viel wissen wollte. Von Dramaturgie verstand er irnmerhin Gleichgesinnten entdeckt hatte. HimmIer und ich waren wohl
mehr ais die meisten Nichtfachleute, und in der Literaturge- in der Lage gewesen, ein Deutschland ohne Hitler in eine ge-
schichte war er auBergewëhnlich bewandert. sicherte, wenn auch vielleicht nicht in die von ihm ertraumte
Da.J5 er gebildeter war als aUe anderen führenden National- Zukunft zu führen. Ich habe aU diesen Versuchungen wider-
sozialisten, die ich kennenlemte, kam hinzu. Aber es kam noch standen. Meine Wahl zwischen Deutschland und dem Führer
etwas anderes hinzu: Goebbels glaubte an sich selbst und an konnte nicht anders ausfallen, als sie ausgefaUen ist, obwohl
seine »vaterlandische Sendung«. lhn trübte kein privates Ge- ich mir klar darüber bin, daB dabei beide zugrunde gehen.
wissen. Das, was man schlechthin »ein Gewissen« nennt, besaB Dem Tode sehe ich mit klarem Blick entgegen. Er hat keinen
Goebbels nüht. Die Worte »Kopf ab«, »die Rübe 'runter« be- Schrecken für mich. Ich werde auf den Trürnmern mein Leben
gleiteten seine Gesprache immer wieder. beenden, wenn der letzte Funken einer Hoffnung erlosmen ist.
Um das nmer zu erlautern, will ich das stenografierte Meine Frau und rneine Kinder werden bis zuletzt bei mir blei-
Gespriim wiedergeben, das Goebbels am 16. April 1945 (also ben und mein Schicksal teilen. lch bin dazu nimt irgendeines
nam dem Attentat auf Hitler) mit einem seiner Freunde führte. Effektes wegen entschlossen, den eine solche HandIungsweise
. »Meine Ansimten über Treue, Ehre, Eid und Gefolgschaft vielleicht haben würde, sondern weil es fur mim gar keine
smd unverrückbar . Ml!" fehlt di e F"h' a Igk elt,
. nu'ch mit . .lrgend- andere Mêiglichkeit des Handelns gibt.
welchen
daru"b hm Entschuldigungen, und selen " sie noch 50 plausl'be, 1 Ich bin der Oberzeugung, dap der Mensch in seinen Tatm
er wegzusetzen. Darum bin ich auch für eine 50 strenge weiterlebt - sa wie er sid! zu seinen Lebzeiten bewlihrt wul
Bestrafung der M"
B .. armer vom 20. Juli eingetreten obwohl ich die gehalten hat. Id! bin weiter der Oberzeugung, daP eine grope
eweggrunde, wenigst " .' ch und gute Tat irgendwie und irgendwann ihre Frilchte tnlgen
halte di . ens emlger von ihnen, anerkenne. 1
ese meme Grund .. t fü' . Wird.
Staat fur unerliiBlim .sa ~.e r ~men sauberen, anstandigen
Aber nu' k . Wle konnte lm sie jetztauBerachtiassen7 An ein materielles Fortleben nach dem Tod g1aube kh DidaL
r OIDmen di T"
Wieviel ldealism di e ranen, wenn im daran denke, mit Aber Wenn es ein solches geben sollte, dann werde kh NUIJt}.~~
us ese Bewe dies em Tode in ein Walhall einziehen, in dem mkh meJne
sung unter Opfern und Entbeh-
8 e
,. fer und Kamera d en, die nm auf anstandige Weise
fitkamp . d schon erwarten .«
egangen sm , ch l'ch G" Il " b hielten, mit denen sie die verhafSte Bourgeoisie umgelegt hatten.
vorang 1 n seiner geschi tien rOI:>e u erzeugt
Goebb~chs:o
DafS . kte 51 m ungewohnlicher Aktivitat suggestiv auf
Das breite Volk erwies sich auch in militarischer Beziehung ais
reicher Quell von T alenten und Begabungen.
war, Wlr . d er verhandelte, sprach oder stritt.
jeden aus, m~tl eMm oiren gel es en, in welchen Personlichkeiten
Diese neuen Offiziere hatten zunachst von Strategie und
Ieh habe vie e em . d l'ch T aktik ebensowenig Ahnung, wie von den gesellschaftlichen
.
"b die Hltler- el g Z't eschrieben hab en. Es war melst
. eut 1 zu au15erlichen Formen, wie sie von den Offizieren in aller Welt
u er n . di Damonie von Goebbels bis zur Albernheit beachtet werden. Aber in ihnen glühte das Feuer einer revolu-
kennen, da", Sie e f bb 1 .. b h
er D ch Herabsetzung ist Jose Goe e suer aupt tionaren Idee. Und mit heiligem Eifer machten sie sim an ihre
herabsetztekn. ur ondern lediglich in der diabolischen oder neue Aufgabe. Heute ist der russische Offizier nimt nur so weit,
nieht zu er ennen, 5 ' .
.. . ch W cht seiner Konsequenz, semer suggeshven Er- dafS er mit Messer und Gabel essen und sim in seiner neuen
damorus en u W dB" goldstrotzenden Uniform in jeder internationalen Offiziers-
.
sehemung un m er d' d Schlagkraft seines Wortes. 0 . as ose
gesellschaft sehen lassen kann, sondern er beherrsmt audt das
bel. ihm'm R inkulture auftrat
, konnte man es nur mitb Waffen ch Kriegshandwerk bis zur Vollendung.
bekampfen, die er annahm. Wer eine falsche Waffe ge rau te,
Damit hat der russisme Offizier jedem anderen Offiziers-
wurde rücksichtslos erschlagen.
korps und vor allem leider aum dem deutsmen folgendes vor-
Mit Stalins Charakter hatte derCharakter von Goebbels sehr
aus: seinen fanatischen, durch nimts ins Wanken zu bringen-
viel gemeinsam. Das war auch der Grund, daB er von Anfang
den Glauben an seine revolutionare Idee und an den Führer
des Krieges an immer wieder von der »grol5artigen Kons€- Stalin.
quenz« Stalins sprach. Stalin war - 50 unglaubwürdig das ... Bei den Russen gibt es keine nennenswerte Opposition,
kIingen mag - sein Ideal. Alles, was Goebbels in Deutschlan~ denn sie haben nicht nur die Opposition selbst, sondern den
falseh fand, was er am preufSischen Militar und in der Partel- gesamten Volksboden, aus dern sie vielleimt eines Tages wieder
ordnung zu kritisieren hatte, fand er bei Stalin, in Stalins Heer hervorkeimen k6nnte, vollkommen vernimtet OberJahrzehnte
und in seiner Partei ideal organisiert. Die grausarne Unbeirrbar- ging die Sauberung weiter, ja, Stalin scheute sim nimt, Men-
keit dieses Mannes, der Abermillionen rur seine Ziele hinrich- . schen aus seiner engsten Umgebung, Politiker, Generale tmd
ten liefS, war für Goebbels der Ausdruck des politischen Gernes. hohe Parteifunktionare, mitleidlos zu liquidieren, nimt, weil sie
AIs z. B. im November 1943 Feldmarschall Manstem . sem . e effektiv revoltiert hatten, sondern nur, weil sie aufgrund ihres
Truppen in RufSland zurücknehmen mul5te, behauptete Goeb- Charakters oder ihrer Herkunft anfiillig für die Bazillen thr
bels, Manstein tate dies, um dem »lacherlichen Gefreiten« ZU Auflehnung erschienen und daher eine potentielle Gefahr für
zeigen, daR seine Anfangserfolge nur Überraschungserf~l~e das Regime darstellten.. . "dl
gewesen waren. Er behauptete, dafS die deutsche Generahtat Stalin hat viele Millionen semer Landsleute, einsdtIieIIi
"es darauf anlege«, Hitler zu beweisen, dal5 sein »Feldherm~ pers6nlicher Verwandter, Freunde und Parteigenossen. blt-
genie« ein grausamer Irrtum war. In diesem Sinne sagte er am blütig umbringen lassen. Dafür hat er heute Ruhe. DaEar ~
3· November 1943 zu seinem Stenografen: das boIsmewistische Regime unersmütterlidt tmd uw" "1
»Sehen Sie, Stalin ist auch in dieser Beziehung wieder weit
er dem Siege entgegen. . . ait cW
bess dran aIs wir. Die alte Zarenoffizierskaste war _ bis auf An Clémenceau z. B. hat mir nimts 50 lDIpomert,
ganz vereinzelte Reste - ausgerottet. Beim Aufbau der Roten in Frankreichs schwerster Stunde die KaltbIfHiaIœ't
Ann~ muRte man also aus der Not eine Tugend machen. Ihre Verwegenheit besaB, die meuternden Divisionen • • dIIP"tI
OffiZl
ere
wurden aus den Reihen der revolutionierenden Arbei~ herauszuziehen und jeden zehnten Mann ~.
ter und Bauern genommen, die noch die Gewehre in der HaIUI Das war die groBte Tat seines Lebensl Die
1.0
.B muBte er sich zu dieser unmenscb._
• .1. d G eWl
'h n To. ch .
hel. Ulte 1 re . . gen a ber gerade das ma te die GraBe
amkelt zwm , lan - sagen Sie laut und deutlich es tut mir leid - dann ist der
bmen Graus . die GraBe seiner Schuid ausgemacht hatte,
,cinerTat au~, wle es l"cklichen Zufall der Krieg fur Frankreicb.
ganze Fall für Sie ausgestanden. lch habe es aum 50 gemadtt,
.. d rm emen ung u lk und es ist mir nicht schwergefallen...
l'lare u gangen. Er wa"re dann vom eigenen Vo ais Kriegs-
lch antwortete: " DalS es mir leid tut, mit diesem Film )Jud
ver1orenge R..L schaft gezogen worden. Aber gerade die SülS< in Verbindung gestanden zu haben, ist do<h selbstver-
b eroer ZUT eUien
ver r chl'chkeit einmalige GrofSe (1) seines Ent- standlich. Es tat ja Ihnen genau wie mir schon damais leid. Aber
in ihrer Unmel1S 1 . •• •
..Lt Clémenceau zu emer geschlchtltchen Egur ein solcher Ausdruck steht doch in keinem GrëBenverhaltnis zu
smlusses maUi e . S f . d
• .1.
FrankrelUis. n a .
U d d sollte ich rnich scheuen, emem taats em ,
1 d dem Vorwurf, der gegen mich erhoben wird - und namentlim
der unserem Sleg en · tgegen , und darnit auf die Vere en ung und in keinem Verhaltnis zu den Verbrechen, mit dem wir beide in
Verbindung gebracht werden sollen.« KrauB antwortete: ,.Na-
die Vers kl avung un Seres ganzen Volkes hinarbeitet, die Rübe .
? Der Kohlkopf mlill 'runter! lch werde kem türlich nicht. Und trotzdem genügt es. Sie sehen es an mir. Ic:h
abh a cl< en zu 1as sen . .
..L fur' einen Defaitisten unterschrelben und wenn bin jetzt mehr oder weniger frei.«
Gna dengesuUl
er ein zweiter Beethoven wiire, ihrn wÜIde der Kopf abge- Heute sage ich: Mir genügt es nicht! lm will gar nimt mit
einem "Es tut mir leid« davonkommen, denn wenn ich wirldidt
schlagen. «
schuldig bin, wird mir das gar nichts nutzen.
Das war die Sprache und der Geist von Josef Goebbels. Nur
lch habe vor Gericht gesagt, wie es waT, und über hundert
in dieser Sprame hatte er ein »reines Gewissen«. Darurn w~dte
Zeugen traten an, um es zu bestatigen. Jetzt werde im aum in
er diese Sprache in Permanenz an, wenn es mm darum gmg,
diesem Buch 50 genau, wie das m6glich ist, sagen, wie es 1DIU',
seine Entschlossenheit zu demonstrieren. In dieser Sprache gip-
vielleicht noch genauer ais vor Gericht, weil dort viele der hier
felten auch oft seine Reden, und die Millionen jubelten mm zu. aufgezeichneten Erlebnisse gar nicht zur Sprache kamen.
Unter dem Gesetz dieser Konsequenz gab er auch den Fûm-
leuten seine Befehle, wenn er es rur notwendig ruelt. Ich habe
diese Sprache selbst mehrfach h6ren müssen.

Die Hoffnungen sind inzwischen zerschellt, und die Fragen


haben zu einem groBen Teil eine gralSliche Antwort gefunden.
DamaIs wuBten wohl noch nicht einmal die zu jeder Konsequenz
entschlossenen Diktatoren, an welchem Ufer sie eigentlich lan-
den würden, nachdem sie sich auf das ungewisse wütende Meer
gewagt hatten, und damaIs konnte man auch nicht ahnen, daB
Unsere Gegner, die »für die Freiheit« gegen Hitler-Deutschland
zu kiimpfen aufgerufen hatten, im Jahre 1945 diese »Freiheit«
weniger liebten, ais sie Hitler und die N ationalsozialisten gehaBt
ha?en. Der ganze Westen hat es teuer bezahlen müssen, daIS er
~elnen eigenen Grund für den Krieg schlieBlich vergaB und daB
ihm der HaB .mti d
.
die Uebe l'Il ger war ais die Liebe zu den Menschen un
ZUT Freiheit.
Wemer
Jahre 1.949KrauS sagte zu mir in Berchtesgaden wohin er iJn
ais Zeu' . ,
ge m memem ProzeS gerufen wurde: »Har~
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Eltern und Geschwister
Mein Vater war der Sohn eines sehr reichen Bankiers, seine
Mutter eine geborene Bienert. Die Famille Bienert besaB die
millionenschwere Mühle in Plauen bei Dresden. Mein Vater
selbst war »primus omnium« auf der Fürstenschule zu MeiBen
gewesen. Er war also irn Gegensatz zu seinem Sohn Veit ein
wahrer Musterschüler. Sein hoher Geist brachte in unser Haus
im Grunewald die bedeutendsten Wissenschaftler und Künstler.
50 geschah es oft, daE ich ais Knabe auf5paziergangen mitging,
bei welchen mein Vater mit Adolf von Harnad<, Walter Rathe-
nau oder auch mit Josef Kainz und zahlreichen groBen Wissen-
schaftlem und Künstlem wichtige, für mich unvergeBUche Unter-
haltungen führte. Wer konnte damais ahnen,daBeinverlorener
Weltkrieg das gesamte Verrnéigen meines Vaters verschwinden
las sen und daE überhaupt alles in Unordnung kommen würde.
Ich habe am 22. September 1899 abends 21 Uhr 15 am Savi-
gny-Platz in Berlin-Charlottenburg das Ucht der WeIt erbIidd.
Mein Vater, der zuniichst die Staatsanwaltskarriere einge-
schlagen hatte, war dann zum Schred<en seines Vaters ,.Dichterc
geworden. Er wurde ein bekannter Bühnensduiftsteller, dESS.
Theaterstüd<e »Der Jahrrnarkt in Pulsnitz« und ,.Das Niirnbe-
gisch Ei" über siirntliche deutsche Bühnen gingen. Aus seillIIIi!lIL':.
Theaterstüd< "Das Nümbergisch Ei«, welches die ErJirullDIIca_~.
Taschenuhr durch Peter Henlein dramatisdt darstellte, W.
spiiter unter dem Titel »Das unsterbUche Herze e1a• .
gemacht. Mein Vater war gleichzeitig Dramaturs am
Thea ter. In Leipzig brachte er in der Uterarisdlen
aIs ers ter Gerhart-Hauptmann-Stücke heraus. Er __
lich Vorsitzender des Verbandes Deutscher BUbrfI."
und Bühnenkomponisten und hat dort bis ..
segensreich rur seine Kollegen gewirkt.
Mit Rudolf Steiner, dessen Nadtfolaer
.L. th-Harlan wurde, lag er in religiosem
" UlsmU . f'n seiner groDen anu le ausge ragen wurde, und
f) F '1' t gebraucht wurden, war schon in seiner Jugend ein begeisterter
d
Strelt, er tie 1 1 M . '1' Gitarrenspieler ...
'h ch im Zorn gesehen, a s aXlml lan Harden in
i chh~elnw . . Mein Bruder Fritz Moritz ist jetzt Professor an der Musik-
n Theorien entWlckelte, von d enen mem Vater
unserem Garte hochschule in Freiburg.
ar nichts wissen wollte.
ganz und g Anh" .. d d Meine drei Schwestern brauche ich nicht vorzustellen. Sie
Er war ein begeisterter Naumann- ~nger un ~tan. zum werden auch kaum Anspruch darauf erheben. Ihr Leben verlief
Entsetzen seiner Brüder niemals so weit r~~ts, Wle sie das im bürgerlichen Gleichklang.
wünschten. Sein bester Freund war der Knttker und Schrift-
steller Julius Bab, der an seinem Grabe irn Jahre 1931 eine
erschütternde Totenrede melt. Theater in Berlin
Als meine Mutter im Jahre 1934 starb, durfte der Jude Julius
Bab nicht mehr an ihrem Grabe sprem en. Aber er sandte uns Nachdem ich meine Famille vorgestellt habe,kehre ich zurüœ
Kindern cine erschütternde Rede, die er gehalten, wenn er in die Jahre 1908, 1909, 1910. lm hatte das unschiitzbare Glüœ,
gedurft hatte. aIs Knabe im Berliner Nollendorfplatz-Theater Josef Kainz ais
»Hamlet« zu sehen und werm im auch von diesem Stück noch
Von meiner Mutter kann ich nur mit jener Zartlich.keit spre- nichts verstand, 50 ist mir der groBe Zauber diesesAbends doch
chen, in der jeder von ihr spram, der sie kannte. Sie war bis in tief im Herzen haften geblieben.
ihr 64. Jahr eine ausgesprochen smone Frau. Ais junges Miid- Da mein Vater als Dramaturg des Lessing-Theaters zu den
chen sah sie aus - wie ein Engel. lhre Güte - 50 schien es mir - Prernieren der Berliner Theater meist eingeladen wurde, habe
war 50 groB - 50 groB -, daIS ich Hemmungen habe, sie zu ich nicht nur den gewaltigen Aufstieg Max Reinhardts miterlebt,
beschreiben. Eigentlich wollte meine Mutter Schauspielerin sondern darüber hinaus an der groBen Berliner Theaterzeit
werden. Aber sie hatte damals kein Geld, um Unterricht zu lebendigen Anteil genommen. Ich kannte nahezu alle Vorstel-
nehmen. Sie war ein uneheliches Kind und hatte mit diesem lungen, und den meisten groBen Schauspielern bin ich persôn-
Mangel viel mehr Schwierigkeiten, als man 50 etwas heute nodt lich begegnet. Sie verkehrten bei uns ru Hause. Da waren
kennt. lch glaube, daIS sie eine sehr unglüddiche Jugend gehabt Alexander Moissi, Albert Bassermann, Max Pallenberg, Hans
hatte - aber sie sprach nicht geme davon. Jedenfalls wurde Wassrnann, Rudolf Rittner, Maria Fein, Hermine Komer, Else
von jener frau Kaiser aus dem bekannten "Kaisers Kaffee- Eckersberg, Lucie Hoflich, Friedrich KayBler Paul W - -
Ld' ' - ..- - ,
geschïHt« aufgenommen. Sie war von zu Hause fOlrtg,ehluten·, u wig Hartau, Maria Orska; da waren Werner KrauB, Emil
und wurde Verkauferin bei Kaisers, und schlieBlich in einer Jannings und jene vielen anderen, die heute nicht mehr av dei"
Kaisers Kaffeeprobierstuben gewissermalSen eine Welt sind und deren Geist in mir mxh 50 lebendig ist.
Dort lemte sie meinen Vater kennen. Er hat sie von dem ert;tell\ werde
sa 'ch'
1
B
e~ne egegnung vergessen, die ich, mit Janninp ...
Tag an, an dem er sie gesehen hat, jeden Tag besucht und h rnrnen, rrut dern groBen russischen Sanger Fjodor Sdwj~~
sie festgehalten. Sie ist ihm eine sehr gute Frau geworden .atte, der flieBend alle Sprachen durcheinander sprach. Es
elne
unsere liebe Mutter. unheirnliche Personlichkeit. lch habe audt nom cleo. . . . .
Caruso h"
. Mein Bruder Peter, der heute auf der Burg Sternberg in ......'1"1 1 ge ort, un d Rabinhanath Tagore - in priida1_lai;l&ll
- groien Stil alte Hausmusik lehrt und selbst InsitrulllelLdl 8? denen Brokat gekleidet mit langem "ÙIlDeeweil_~M.
Daut, die vor der Zeit Johann Sebastian Bachs in der Ml18i1~WI elnern sch ' ,-
warzen Kneifer auE der Nase - habe _,. ...
• A III 13. 1. 1966 ge.torben.
damalige Berlin war ein einziger Tempel
d" fen Das ganz e
nen ur . auf den BUdhauer Kolb e 0 d er auf Pro- schrieb mir immer auf, was ich behalten wollte. Das bedeutend-
der J...uns~. Ob manf nun man im »Café GrolSenwahn« mit Eise ste Erlebnis allerdings war: der groge Zauberer Max Reinhardt.
, or Khmsch tra ,ob b Mein Vater war sehr dagegen, daR ich zur Bühn ' Es
tess ü1 alS oder mit der TanzerinAnita Ber er, ob man · t ih ch . e gIng.
Lasker-S~ her 5 f der Slevogt oder EmU Orlik: Berlin war rur b eruh 19 . e n s on. em wenig ' daR ich Re<>isse
cr ur werden woIIte
und rucht •Schausplaler. Aber aIs mein Vater m'ch' emes Tages
Lovis Connt tra " 0tl r dl'e Urzeile allen er1eb' '..L
rusrell:nen Gl"ck
u s. , 1
, 'ung en Kuns e ~t zu ~emhardt nahm, mich ihm vors tell te und erkIarte, daB
em~ J 'ch ilt'ch gar nimt Smauspieler werden, sondern
Elgentli wo e l " . lch RegIsseur werden woUte, lachelte der "Professor« auf mich
. lm mamte darum smon wahrend memer
imIDer nur Repsseur. . herab. Er empfahI mir dringendst, zunachst einmal Schauspieler
. h ft St tisterie im Deutsmen Theater und ID den zu werden. Nur so sei ich imstande, mich in die Gemüts-
Schulzelt se r 0 a " Al
. 1 umMax Reinhardt beobamten zu konnen. s verfassung der Smauspieler runeinzuversetzen. Es ist smwer
Karnmersple en, l f
. k b nh ft Statist stand im neben dem »Ho 0 emes« - meinte er - auf der Bühne zu stehen, unter Hemmungen zu
klemer, na e a er . '
Wegener und der »Judith« der Tilla Duneux. lm stand leiden oder nach einem Ausdruck zu sumen, ohne ihn finden zu
des P aul . T 0 b'las Bun- t
Pallenberg, als er den »Clown« ID» kënnen. Ein Regisseur müsse das alles aus eigener Anschauung
neb en M ax mahml'm b"h
schuh« von Carl Hauptmarm mit seiner urma .1 en 0 - kennen. Er meinte damais: " Ein Smuster muR seinem Lehrling
misch-rnelancholismen Komik darsteilte. Als Statist und ~ls beibringen kënnen, wie eine Sohle angenagelt wird. Wenn er
Zuschauer erlebte ich vom »Sommernamtstraum« Max Re~­ das nimt karm, soU er Schuhhandler werden.« Ich erlaubte mir
t zaghaft einzuwenden, daR Dr. Brahm auch kein Schauspieler
hardts über den »Hamlet« und den »Lebenden Leimnam« x:ru
Moissi über die "Maria Stuart« mit Maria Fein und Herm~e gewesen sei. Da lamte Reinhardt: "Verlassen Sie sich gefalligst
, d "b die nicht darauf, ein Genie zu werden. Das kann schiefgehen.«
Kërner, über den "Egmont« mit Bassermarm un u er.
"Lulu« mit Maria Orska und Albert Steinrück aile Klasslk~ lch habe dann auf vielen Proben, bei denen ich zusmauen
und aile modernen Stücke - die von Gerhart Hauptmann, die durfte, erlebt, auf welche Weise Max Reinhardt seine Schau~
von Ibsen, die von Strindberg, um nur die wimtigsten Namen spieler liebte und wie er sie zu sim selber "rief«. Natürlich
spielte er ihnen auch vieles vor - aber darin lag nicht seine
zu nermen. .' . d eigentliche groge Bedeutung, sondem vielmehr daTin, daB er
Es gehëren auch die unvergelSlime Fntzl Massary dazu un
der groBe russische RegisseurStanislawsky, denen i~ ebe~alis die Persëinlichkeit der Schauspieler entfaltete und zurn Blühen
begegnet bin. Die Massary erlebte ich nicht nur in vlelen ih~er brachte. Hemmungen - namentlim bei Frauen - nahm er nicht
RoUen sondem auch bei der Uraufführung der "Czardasfür- einfach weg. Er kuItivierte vielmehr diese Hemmungen, weil
stin« ~on Emmerich Kâlmân. lm erlebte ihr geradezu explosives sie ein Ausdruck des SchamgefuhIs seien, das den Charme und
Temperament, wie sie ihren kIeinen Pantoffel nach einem Tanz das Geheirnnis einer Frau ausmache.
in das Publikurn hineinschleuderte und wie sim die Mens men Aus Max Pallenberg mamte er gam und gar: Max Pallen-
urn dieserI Pantoffel balgterI. berg. Und aus Hans Wassmann einen hundertprozentigenHllls
Stanislawsky war neben Dr. Otto Brahm das Vorbûd MaX Wassmann. Dem ersteren lieG er nicht nur das biilunisch VrII!-
Reinhardts. Mit seinern berühmten »Moskauer Künstlertheater« zwackte und das ewige Wortverdrehen (»Traurïng genugc lüd
gastierte er in ..Die drei Schwestern« von Anton Tsmechow. e.s bei Pallenberg oder »Hinterlassen Sie die trauten Verplump-
Dort sah i<h den bedeutenden Schauspieler Moskwin, die Ger~ hgkeiten« oder "Was kümmert mim der Vogt an - ....,'fi
manowa und die Knipper-Tschechowa - Tschechows Frau, und Uhr ist hinabgelaufen«) und Hans Wassmann naIun •
d' ,
neben der zauberhaften kleinerI Krischanowskaja den mamtigen le Eigenart, stets an der falsmen S~lle zu • .....,
Kats<halow. mal mitten im Wort. Reinhardt kultivierte die VII_III
ln jeder dieser vielen Vorstellungen lernte ich etwas, urId ich SmWiichen, bis sie zu einer suggestiven Stirke der SdI.
ch seine Personlichkeit verhinderte er J'ede A
"urden - dur rt
nn ' klamotte« und er verband dann diese Eigenarten mit dem Rollen spielen und war bei MaxMa-LI<. »M"dch
a en f"ur aIl es «. Ais
L
.
Geist der Gestalten der groBen Dichter. slch der Karnerarnann Brückner einmal di e Han d vers tauch t
.
Am auWi11igsten war es, wie er den ltaliener Alexander hatte, muBte
. Ich sogar die Kurbel des Au fnah meapparates
Moissi, der zunachst von der Presse ganz abgelehn t wurde, über drehen, dIe damais noch mit der Hand be weg t wurd e.
das merkwürdig Fremdklingende seiner italienisch-melodio sen
Sprache auf eine solche Weise zu sich selbst führte, daB er Ende 1?~6 meldete ich mich kriegsfreiwillig und machte an
schlie!Slich zu den gefeiertesten Künstlern der Reinhardt-Zeit der franzosischen Front den Weltkrieg in so abscheulichen Sta-
tionen mit, daB ich wenig Lust verspüre, mich im einzelnen
wurde. Der Kritiker Alfred Kerr hatte ein Jahr lang striktes darüber auszulassen.
Hausverbot - er durfte aIso nicht über die Vorstellungen schrei-
ben, weil sich Reinhardt wohl jede Kritik , aber keineswegs jede
Ais ich vom MÛitar entlassen wurde, brachte mich der Freund
Storung in der Entwicklung sein er Schau spieler gefallen lieR meines Vaters und mein zukünftiger Trauzeuge Julius Bab, der
Das erste Theater, an dem ich auftreten durfte, war das einen leitenden Posten an der Volksbühne hatte, zu dem Direk-
»Luisen-Theater« in Berlin in der Reichenberger StraBe. In einer tor der Volksbühne am Bülow-Platz, Friedrich KayBler. Dort
Nadunittagsvorstellung durfte ich den »Moritz« in »Max und lernte ich erst richtig, was es heiBt, Schauspieler ru sein. Der
Moritz« spielen. lch gefjel dem Theaterdirektor Ritterfeid. Und aIte Guido Herzfeld unterrichtete mich - manchmaI auch Fried-
darum bekam ich fur die Abendvorstellung die Rolle eines rich KayBler -, und bei Julius Bab horten wir »Schauspieler-
jungen Grafen. Ich glaube, er hieB »Knut von Hassestrom« volontare« die einführenden Vortrage. Auch die aIte Adele
und war einem Roman der Hedwig Courths-Mahler entnom- Sandrock, jene berühmte Tragodin des Wiener Burgtheaters,
men. Ich spielte die Rolle in den Lackreitstiefeln meines Bruders, deren Neuentdeckung aIs groBe Komikerin ich in Wedekinds
der damaIs Vlan war, und war in dieser Rolle »zumindest an »Liebestrank « miterlebt habe, hat mich vieIes gelehrt.
den Beinen glanzend«, wie Direktor Ritterfeld meinte. Sie wuBte gar nicht, daB sie komisch war. Jürgen Fehling
In der »Berliner Morgenpost« erschienen damaIs die Romane war auf die Idee gekommen, die Wedekindsche GestaIt, eine
der Courths-Mahler in Fortsetzungen. Direktor Ernst Ritter- ehemaIige Zirkusprinzessin und jetzt aIt gewordene Fürstin,
feld - er trug einen Bart wie Kaiser Wilhelm II. - dramatisierte mit ihr zu besetzen - Erwin Kisch führte Regie. Der Premieren-
diese Romane und lieB sie in seinem Luisen-Theater spielen, ab end wird mir stets unvergeBlich sein: lm ersten Akt war die
wenn die Fortsetzungen in der »Morgenpost« bis zur Halfte groBe Adele entsetzlich schockiert, daB man 50 schallend über
gediehen waren. Der Zuschauerraum war dann mit lauter ihre »Hochdramatik«, mit der sie einst die »Medea« verkor-
»Morgenpost-Lesern« besetzt, die wissen wollten, »ob« und perte, lachte. Sie war irritiert. Sie konnte sich den Grund der
»wie« sie sich kriegen. viel en Lacher nicht erklaren und hatte zunachst geglaubt, ihr
lch war auch kurz am »Rose-Theater« in Berlin und schlieB- Kleid sei aufgepIatzt. Aber Fehling beruhigte sie in der Pause
lich am »Trianon-Theater«, das unter dem Stadtb~hnbogen am zum zweiten Akt. lm zweiten Akt fing sie bereits an, die Lacher
Bahnhof FriedrichstralSe seine Vorstellungen gab. Sowohl die beim Publikum hervorzulocken. Sie war zwar noch skeptisch,
5cha 'l . aber der Schock war gewichen. Und im dritten Akt war sie
usple er wle das Publikum gewohnten sich schnell daran,
d aIS "h d d
d wa ren er Vorstellung unentwegt die Züge larmend über b~reits - vollig bewuBt - die grandiose vollendete Komikerin,
as Theater hinwegrollten. die sie dann bis zu ihrem Lebensende geblieben ist.
M 1915 machte rru'ch d er bekannte Stummfilmregisseur
MImJahre Meine Mitschüler und Mitvolontare waren damals Heinz
ax a<k, der im G t . Hilpert, an den ich mich freundschaftlich anschloB, Friedrich
FI'lm d h ar en memes Elternhauses Szenen eines Do .
5 re te zu 5 .
' emem» H'lf
1 sregisseur«. lch durfte auch kleine mIn und noch ein paar andere.
2.0
Bühnenschauspieler und Theaterregisseur
»Die Meistersinger von Nürnberg« spieIte, den David spieien
An der Volksbühne blieb ich drei Jahre *. Ich verheiratete dürfen. Und dann rü<kte in der Tonfilmzeit der Film immer
mich mit der Schauspielerin Dora Gerson. Die Ehe war von kur- naher an mich heran. lch war schon damals gartz fest entsdùos-
zer Dauer. lch ging an das Landestheater in Meiningen und sen, Filmregisseur zu werden.
spielte dort alles, »was gut und teuer war«. Dann ging ich für AIs ich in dem Stü<k »Meier Helmbrecht.< von Ortner neben
eine kurze Zeit zur Holtorf-Truppe und gastierte mit Mathias Friedrich KayBler und Kathe Gold die Hauptrolle spielte _
Wieman, Ernst Ginsberg und mit meiner damaligen Frau über- qualte ich mim 50 sehr mit einem für meine künstlerischen Vor-
all in Deutschland und landete sch!ieBlich am Staatstheater in stellungen »falschen Theaterspielen« ab, daB ich fest entsdùos-
sen war, von nun an selbst Regie zu führen.
Berlin **. lch sprach dort den Hamlet vor und muete ihn spater
unzahlige Male in Gegenwart Leopold J essners immer wieder
Der Glaube an meine starke Lebensbejahung war zurn ersten-
vor anderen Schauspielern vorsprechen, weil ich nur den» Denk-
mal gefahrdet worden, aIs meine ers te Frau - Dora Gerson -
prozeB« sprach und das »Suchen im Denken«. lm Staatstheater mich verlieB. Es mutet wie ein bèisartiger Witz an, daB es aus-
spielte ich eH Jahre lang die schonsten RoUen. Meine groBten gerechnet mir beschieden war, von einer Frau verlassen ru
Lehrmeister waren dort Jürgen Fehling, aber auch Erich Engel, werden, nur weil sie behauptete - mit einem Nichtjuden nicht
Leopold Jessner und Erwin Piscator. Unter Fehlings Regie leben zu kèinnen. Vor der Ehe hatten sowohl sie wie auch ihre
spielte ich mit Lucie Mannheim das Hanschen in der »Ju- Eltern eine ganz gegenteilige Auffassung gezeigt. Die Famille
gend« zurn 60. Geburtstag von Max Halbe. Es war ein groBer Gerson, soweit ich sie kennengelernt hatte, war liberal, und für
Erfolg. (Spater machte ich mit meiner Kristina einen Film dar- mich gab es die Frage überhaupt nicht, ob ich eine Frau heiraten
aus.) lch spielte den Leon in »Weh dem, der lügt« von Grill- dürfe, die Jüdin sei. Ebenso gab es damals für Dora Gerson die
parzer unter der Regie von Erich Engel, und mit Werner KrauB urngekehrte Frage nicht. Aber die orthodoxen Juden in der
zusammen in »Wallenstein" den Max Piccolomini. DaB ich groBen Farnilie Gerson brachten meine Frau doch 50 weit, daB
bei Albert Steinrü<ks letztem Auftreten des sen Sohn irn sie sich zu der orthodoxen Auffassung bekehrte. Wir trennten
»Londoner verlorenen Sohn« - ein Stü<k, das von Shakespeare uns, und sie heiratete einen Juden.
sein soU- spieien durfte, und daB ich mit Werner Kraue in der Etwa fünf Jahre spa ter heiratete im Hilde Kèirber. Aus dieser
Hauptrolle des Stü<kes »Charleys Tante« alternierte, will im Ehe habe ich meine Kinder Thomas Christoph, Maria Christi-
hier verzeichnen. Und wenn aum der Roller keinesfalls zu ane und Christa Susanne.
den grèiBten RoUen in »Die Rauber« gezahlt werden kann, 50 Es gab zu dieser Zeit zwei Manner, die meinem Herzen sehr
wa: doch diese Rolle, die ich unter der Regie von ErwinPiscator nahe standen und die im wahrsten Sinne des Wortes meine
spleIte, eines meiner schèinsten Erlebnisse am Theater. lm Freunde waren. Der eine war Francesko von Mendelssohn,
spieite
fi h diesen Mens ch en, der gerade semem . .
Scharfnmter ent- dessen Vater der Mitbegriinder des bekannten Bankhauses
o en :-,ar, der ihn erst radern und dann henken wollte, mit Mendelssohn in Berlin war. Er war CeUist, spielte im Klingler-
der glelchen eleme t Quartett und wurde spa ter Regisseur. In seinem Hause begeg
.th . n aren Leb ens f reude in meinem Herzen, d·le
I Drr:: :l:ahren wer~e, ~is der Sargde<kel über mir zuklappt.
nete ich der groBen Berliner Welt, aber auch der intemationalen
Welt, wie z. B. dem Cellisten Pablo Casals, dem italienischen
filrnz ·t h meldete SIch Immer wieder. Schon in der Stumm-
el atte ich mit d B Musiker Ottorino Respighi, dem Smauspieler Ramon Novarro
der de H em gro en Schauspieler Rudolf Rittner,
n ans Sachs unt er der Regle . von Ludwig Berger 111 . (dem ersten »Ben Hur«), dem Filmregisseur Friedrich WIlhelm

•• Von 191 9-1 922. Murnau und allen groBendeutschenSchauspielem. AuchA1fn4
lm Jahre 192 4. Kerr war dort, jener Kritiker, der sim »DavidsbUndlerc nannte.
~

STAATS - THEATER
SCHAUSPIELHAUS AM GENDARMENMARKT
Donnersfag, den 28. Miin 1929, abends 23 (11) Uhl'

Albert Stein rück


Gedachtnisfeier
Gedenkworte gcsprochen von H E INRICH MANN
Einmalige AuHührung

"DER MARQUIS VON KEITH"


Schauspiel in 5 Akten von FRANK WEDEKIND
Unter Leitung von LEOPOLD JESSNER
EiD Dienotmüdcbro . . . . . Fritsi Ha .. ary
Konoul Casimir. . . \\'erner Kraus! . . . . Kathe Donc},
Carola Neher Simba . . . . .
Hermann, Hm SOM
Heinrich George
AJelOnder Granach
Der Marquia von Keith . Frit. KortDeJ'
Schola •. . Lothar Matbel Meugerkncchtc . . . . . Vietor Schw..... eeb
( Pul

.Kren&I, BaumeUlf!t' . . . · Quo 'VaUburg Walter J......,n


GrandA uer, Re.l.ur.leur · Albert Florath Eduard v. Wintentei.o
Frau O.lermeie.r . . , Gisela Werbezirk \ Trude Heaterhora
Blckerweiber . . t Tilly WedekiDd
Frau Krend . . . . . · . Roaa Valleti
XCl'" Freifrau v. Roaeoiron . Mady Christian. Hao • .<Uben
!!. n1 ~
Freifrau v, Totleben. · . Haria Bard Kelloer . . .. Ernst Deutaeh
~Po
;:T~: ~
• 9- ...
~-o
Sascha . . . . . . . . Elilabetb Bergoer
GAste dei Marquis v. Keith:
t Kurt Gaet.

:> \oC
C;;' '" Roma Baho. SibyUe Bioder. Harleoe Dietrich, Gertrud Eysoldt. Kltbe Haak, Else Heimo. Leopoldioe
;;' KonuantiD, Il.ria KoppenhOfer, Hilde KOrber, Till KIClkow. Lina Lossen, Lucie Mannheim. Renate
;;. MaUer. Martha Maria New... Aata Nid.eo. Maria Paudler. Henny Porteo. Hannah Ralpb. Frieda Ricbard. Dagoy
... Servae., -,!:ne. Straub. Erika voo Tbellmaoo. Irene Triescb. Elsa Wagner, Ida Wast. Alfred Abel, Ferdinand
§ von Allen, Alfred Braun, Ju1iue Falkeo8lein, Walter Franck, Max GUl1slorfi'. Paul GrAla. Frita Kampen,
Arthur Kraulla«lt. Otto Lauhioger. Hanl Leibelt. Theodor Loos, H. C. MUller, Paul Otto. Jobaon ..
_.
Po
Riemann. Albert Patry. Dr. Max Pohl. Emil Rameau, Heinrich Schnitzler. Heinrich Schrotb. Emit Stahl·
" Nachbaur, Herrmann Thimig, Hane Wa n mann, Mathia! Wiemann. Wolfgang Zilzer.
~ Hilfilinepi&ienl: KarlheÎoz Martin Bü.hoeobild : E mil Pircbao Buhoenmu8ik : Weintraube Synkopat~n
-
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~.
Bühocninlpeklor : Karl Rupprechl Souffleu8e: Mar!. KrUger Bohnenmei.t~r : Fraoa KaiHr

Nach d cm dritten Alt /indet eiDe Geeellschafispouse von 45 Miouteo statl.


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!;, Die Gemllde Albert Steimaclt•• ind lm 100Ion<1.",,1 au.s ... ellt.
2!
:r EHRENAUSSCHUSS:
2 Dr. la. t. Geor~ Graf l'OIS Arca, K.d".. ml·n.i.5ler Pro/euor Dr. Berlur. Loff.dfa,..5préltiJt"' Bartth, f ï"Nr
Bar"oK,.ky. Prefeuer Cear! Btrn".rfl, OHrbUr&"mti.5ttr Blip. Pro/tuor A lbt r1 "; i"$(,.i". Jake/) Cold..chmidl.
i Vi,dlor IIrrIH" C ... monn, Victor lIoAn. In,eruJon' C,u.atl lIorlun~. Ctntralinl,.noon, P,O/f!"j OT lA-o/)()JJ
< Jrpn,r, Ce."aUi,r"'"r Ludu'i& Kotunrlle".08''', Dr. Poul JÙmpnu. Ur. Robert I\/ti". GenrrolJird'or
g Lud ... ~ K/i'ucll. lIan. 1.cu:lam."n- J\1ollc. C.n.raJlt.n .• &J E'uK,n Landau. Pro/enor ~fox Lidt.rmonn, R.i~A!I·
• '"".pra.ifknl P.ttI LÂt. PrlhiJ.r", F,an. von ~f,"Jtll~oJan , Direk'ttr IItinriclt N,fl. Pro/t,'t.or .\lax H,inJ.a,th ,
~ l'rol,,!',,r Dr . ": ..~,n 1(0••11. J'rof, ..or ";J.·in Scllarlf. JJ~"n,r P. l'on Sitmrn.f. C,ntrnldirtJ..:.or Ur . H.JI"
S.,AJa,im t 1)irr1.to, Emil C.or~ .'e" S.oup. Dr. Fran, UII••û,.. Ctnerol",u,ikdirrl'or l'rolt',•.• • , Brtme

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Wall.,. ",4.iJ•• , Ka,I Wall"urr. JI,. f:,irh Iri•••• Th,Gdo, JJ'oIff. 4"hu, WulJl'
A R D F. 1 T S A U S S C /1 l i :-; S:
f :riclt Bu,,.,. Au~" .. 'la,.rlNl. N.,6." f'eJk, AII,HI f'iorhrr, ,II"." Flor.,h , Il.iMirhC,.r( •. "rof '''"l''''JJrjhtn,
"·"".r . . ,.u... Ur. K .. ,. Pi.,IIu,. Dr. GUn,"" S ..,'.II"r",o",. . 'oIltll,i" , UlrllorJ ".M,..
U,. ,..,ill 1'·.. ,,4 ........
a i PnI.. der PllllA!: Pl\rk~1I u, l , Rana 60 Mit,. 11 . RAna 40 l\Ik .. 111. RunlllO ~Ik .. (;u(~rle 10 Mil,
. d "cken wollte, dag er sowohl mit der Leier ais
'OmIt er aus ru . 'k ch . b M'
. d Smleuder seine Knh en s ne. eln Zweiter
aum m twarer der gr oge Fritz Kortner. Diese beiden Manner Staatstheater ais Sc:hauspieler engagiert wurde., spielte ic:h noch
Freund einige RoUen mit ihm, z. B. den "Sc:hiller« und den .. Baccalau-
wurden meine Trauzeugen. reus« im »Faust«, in der Inszenierung von Gustav Lindemann
aus Düsseldorf, in welc:her Gründgens seinen T riumph ais
"Mephisto« feierte.
Der NationalsozialisIllus dringt vor Auch beim Ministerprasidenten war ic:h hm und wieder ein-
geladen. Am Potsdamer Platz war sein Palais mit einem groSen
Der N ah·onaIsozialismus meldete sich im Staatstheater zum Park, der bis zur Louis-Ferdinand-StraBe reic:hte. Er war ein
1 durm den Obmann der Bühnengenossenschaft des sehr »byzantinisc:her Herr«. Es regierte eigentlic:h nic:ht 50 sehr
erstenma b' ,. L b' das Natürliche in diesem Hause, ais vielmehr das Symbol,
.. n· _L
PreUl!>ISUlen Staatstheaters , Otto Lau. . . au mger war
mger. .
weder ein groBer Smauspieler nom em gelshger Mensch, ffilt das Symbol groBer, leutseliger Mac:ht und des Mazenatentums.
Ich erinnere mic:h, daB auf den LederstühIen und auc:h in
dem man sich über politische Dinge auseinandersetzen konnte.
Stein gehauen an den Karninen immer wieder eine eiseme Faust
Lediglich mein Freund, der Schauspieler Hans Otto, der als
- die einen groBen Ring hielt - zu sehen war. Es war der Gëitz-
k" f rischer Kommunist kurz nach 1933 verhaftet wurde und Ring - der »Go-Ring«.
amp e . . l'B
der sich im Polizeiprasidium in Berlin von den Polizisten osn , Damals im Jahre 1933-1934 stromte dieser Mann mit dem
um sich durch das Fenster auf das Pflaster hinunterzustür~en, Pour le mérite des Kriegsfliegers ein groges Woh\woUen aus.
nahm Notiz von ihm - sonst gab 's Herm Laubinger gar rumt lc:h glaube, jederrnann hatte ibn gem, waruend Hitler, Goeb-
bis 1933 - : da allerdings wurde er machtig. . bels und Frick noch mit ziemlic:her Skepsis betrac:htet wurden.
Das Unheil rückte immer nmer. Ein jüdismer Schauspleler
nach dem anderen versmwand. Leopold Jessner verIor sein Adolf Hitler sah ic:h zum erstenmal - wenn auc:h sehr von
Amt ais Generalintendant, und der Schauspieler Ernst Legal weitem - am 1. Mai 1933 auf dem Tempelhofer Feld. Alle Ar-
trat an seine Stelle. Kurz nam der »nationalsozialistismen beiter aus den Fabriken, alle BüroangesteUten, Manner und
Machtergreifung« zogen der Weimarsche Intendant Ulbrich ~d Frauen, alle Organisationen, die Künstier und Jugendorganisa-
.
der Dic:hter Hanns Johst aIs Staatstheatennten d anten m
. dIe tionen zogen in breiten Kolonnen durc:h Berlin. Jede Einheit
Oberwall-StraBe ein. Ulbrim bramte aus Weimar die Darstel- war mit einem Schild ausstaffiert, auf dem entweder "AEG..
lerin Emmy Sonnemann mit, jene Frau, die spater Emmy Go~ing oder "Siemens und Halske« oder »Backerinnung« oder aum
heiBen sollte. Sie war ein gutherziges, immer hilfsbereIte!l »Das PreuBische Staatstheater in Berlin« und 50 weiter stand.
Wesen. Mein letzter Staatstheatervertrag trug bereits die U~­ Hitler sprach über »den Untergang des Abendlandes« - jenes
tersehrift Hermann Gorings, denn der war ais preuBismer Mi- seherische philosophische Buc:h von Oswald Spengler. Er spram
nisterprasident Herr des Staatstheaters am Gendarmenmarkt über dieses Buc:h 50, daB man den Eindruck haben muBte, daB
geworden. er mit dem Inhalt des Buches gar nic:hts anzufangen wuBte..Er
leh spielte mit Emmy Sonnemann, mit Albert Bassermann stürzte sic:h auf den tragisc:h-seherischen Titel und tobte bestia-
und Lothar Müthel, in dem Stück des zweiten Staatstheater- 1isc:h gegen die philosophisc:he Meinung des graBen Denkers.
intendanten Hanns Johst "Sc:hlageter«. Ais Gründgens a!Il Er nannte ihn einen Antideutsc:hen _ was nun Spengler gam:
gewiB nicht war.
~~~tf~ dedr Fadtgruppe Theater im nationalsozialistischen »Kall\pf- Diese Rede war unangenehm. Augerdem war nom etwu
.un p ropagandaminl·st· d 1933 Leiter der ~iz:,e~~~:sTht~ea:;w;.
r eutsdte Kultur«, nach
kanunèr. enum un erster Priisident der ~ lm lahre 193 2 •
enehm' Es wa r namlieh für zuwenig Toiletten
anderes unang . .
an bekam dadurch von verzwelfelten Frauen Der Beginn als Regisseur
gesorgt wor den. M
~1" BI'lder zu sehen, die jeder Besehreibung spotten
und "annern . ' . .
1 • g wurde aIs »Antmazl« aufgesehneben. Die 50 AIs Gustaf Gründgens Intendant des Staatstheaters wur d'" e ,
\'.; er wegg m , . .
rotesken Situahonen brachten vlele leute zum entschloB ieh mieh trotz der groBen Sympathie und Freund-
erzwungenen g ..
Lachen, was wieder todernste SA-Manner veranlagte, emport sehaft, die ieh für ihn empfand und trotz der guten RoUen, die
ieh spielen durfte, meinen Staatstheatervertrag zu Iosen. leh
dazwischenzufahren.
wolIte endlich Regie führen. Grundgens sehüttelte den Kopf.
»Du mach st einen groBen FehIer, Veit. Du hast eine fabelhafte
Goebbels sah ich nur von ferne. leh konnte jetzt sagen:
Stell ung ais Sehauspieler und du verrlitst in allem eine so starke
»Ware er mir nur 50 fern geblieben!« Wenn ich ehrlieh bin,
jungenhafte Subjektivitlit, daIS ieh nicht begreife, wie du darauf
mochte ich aber gar nicht versaumt haben, diesem Damon ins kommst, Regisseur sein zu wollen. In deiner Knabenhaftigkeit
Gesicht geschaut zu haben. Nieht nur, dag der Teufel auf alle und in deinem Wesen kann ich niehts entdecken, was dieh für
Falle interessant ist und d~ die meisten Mensehen langweilig den Bernf eines Regisseurs geeignet erseheinen IaBt.«
sind - sondern ich habe in der Hitler-Zeit aueh Phasen durch- leh habe dann aueh mit den Hürden, von denen er spraeh, 0&
lebt, die ich als Künstler aus meiner lebenszeit nieht auszu- sehier unüberwindliehe Sehwierigkeiten gehabt. Aber ieh glaube,
radieren wünsche. Es gibt mehrere Filme, die ieh gerne und mit daIS meine knabenhafte lntensitlit und Naivitlit mieh an manme
Hingabe gemacht habe. Und ich will auch das Glück nieht ver- Formen des Regieführens nliher heranführten, als es seinem
schweigen, das ich empfand, wahrend ieh an ihnen arbeitete groBen Stil und seiner damit urslichlim verbundenen Distanz
oder wenn die groBen Erfolge eintraten. gegeben war. leh glaubte jedenfalls fest daran, daIS mein wahrer
Der Film »Jud S~ «, der mein und meiner Familie Leben 50 Bernf im Regieführen liege und daIS ieh eben ein ganz anderer
entsetzlich verdunkelt hat, ware auf jeden FaU auch ohne mieh Regisseur werden würde, aIs es der groBartige Gustaf Gründ-
gemacht worden, denn er war ja bereits ohne rnieh begonnen gens war.
worden. Aber den ersten groBen Farbfilm'" gemaeht zu haben - leh bat um »unbezahIten Urlaub« und ging mit einer Ilicher-
Filme wie »Die goldene Stadt«, »Opfergang« und »Immensee« lich kleinen Gage an das Schiffbauerdamm-Theater, an dem im
oder Filme wie »Jugend«, »Verwehte Spuren«, »Die Kreutzer- zunlichst eine Posse »Hochzeit an der Panke« inszenierte. Das
sonate«, »Die Reise naeh Tilsit«, »Der Herrseher« und »Das war im Jahre 1.934.
unsterbliche Herz« bedeuten rur mein Leben ein groBes Glück. Mit dieser lnszenierung kam ich zum erstenmal mit einer
lch weiB, daIS ich dieses Glück teuer bezahlen mu!$. Art nationaisozialistischer »Reiehskulturkammer« in Berüh-
Goebbels war der Teufel selbst - ieh weiB es -, aber der rung, obwohI sie damals noeh nieht 50 hie!$. Diese neue Kultur-
Teufel hat wenig Macht über eine Seele, die sieh ihm versehlieBt. polizei saB am Potsdamer Platz im »Vox-Haus«.
Also: Damais sah ich diesen Goebbels , dessen Charakter ich »Die Hoehzeit an der Panke« ist ein altes, harmloses 5tü<k.
ansdJ.einend mitzuverantworten habe, zum erstenmal. Wir hatten einige neue Couplets eingefügt. Eines davon sang
der liebenswürdige Berliner Schauspieler Gerhard Bienert. Auf
einer Landpartie _ 50 sehrieb es das Bueh var - hatte er sida
erkliltet und saIS nun eingemummelt in einem graBen Ohren-
sessel und trank einen überheiBen Grog. Am SchluB jeder
Strophe soli te er an dem heigen Grog nippen, aber jedesmal
• -Die goldene Stadt d 0 r
erste War F ." war er zweite groBe deutsche Farbfilm. e
erst nam »Di:aguehi stnd dom bessere Oiplomaten«, der allerdinSl
o ene s tadt« uraufgeführl wurde. • lm Jahre 1934.
zuru• ..L ..len, um den einzeiligen Refrain zu singen·.
UlreL" »J et z
. mir beinah' die Schnauze verbrannt. « diesem Stück einige meiner eigenen Berlinismen hinzu und da
hab 1 . .. h 't "n
In dieses Couplet hatten Wlr emlge se r. zel gernac>e Strophen ich in diesem »Milljoh« zu Hause war, hatten wil einen auBer-
hineingedichtet. In einer Strophe kam, mIt dem h eiligen VIieQ gewohnlichen Erfoig. lch hatte für das Stück die unvergeBliche
der »Nibelungen« geziert, »Hermann der Cherusker« Vor, der Rotraut Richter entdeckt, die sowohl an dem Premierenabend
in Barenfelle gekleidet und mit Hornern am Helmkopf herum_
aIs auch spa ter im Film einen Sensationserfoig in dieser Rolle
hatte. Das Stück wurde über sechshundertmai gespielt.
lief. Mit dieser Strophe wurde au f harmIose Weise GOring
Die ABC-Film, deren Besitzer Hans Lehmann den Theater-
»durch den Kakao gezogen«, aum wurde betont, daIS der Kakao erfoig zu einem Filmerfoig machen wollte, engagierte mich
braun sei. Man wu/5te damais ja n om nimt, wie ernst ailes war dann, das Stück auch ais Film zu inszenieren. Mit einem Herm
und wieviel ernster es nom werden soUte. Bevor also Bienert MeiBner zusammen schrieb ich das Drehbuch. Die altemde und
in dieser Strophe nam dem Namen »Hermann« den Namen noch immer zauberhafte Henny Porten spielte die Wasdûrau
»Gëring« aussprechen wollte, brach er ab,nippte an demheillen in echtem Berlinisch, neben ihr Rotraut Richter, Eduard von
Grog und sang : »J etz hab' ick mir beinah' die Schnauze ver- Winterstein. lch drehte den Film in der Rekordzeit von elf
brannt.« Tagen ab. Die Herstellungskosten betrugen ganze zweihundert-
Wir hatten sie uns verbrannt. lm weill bis heute nimt, wer tausend Mark. Millionen wurden mit ihm verdient.
das an die KuIturpolizei gemeldet hatte. J edenfalls kamen zur Damit war ich Filmregisseur und bekam sofort von allen
Generalprobe zwei Herren, die ganz rubig in der Mitte des Par- Seiten Angebote. Zwar inszenierte ich zunachst noch imAgnes-
ketts saBen. Sie hatten ernste Gesichter und lachten über nichts, Straub-Theater am Kurrurstendamm CaIderons »Dame Kobold«
was natürlich die Schauspieler irritierte. Am SchlulS des Stückes und wiederholte damit meinen Erfoig ais Theaterregisseur.
gingen die Herren mit mir in das Foyer. Sie erklarten mir, d~ Aber der Film lieB mich nicht mehr los.
Zunachst kam der Münchner Komiker WeiB Ferdl auf mich
nimt nur dieses Couplet gestrichen werden müsse, sondem d~
zu, und ich drehte mit ibm den Film »Der müde Theodor«. Aber
im mich in amt nehmen solle - es würden wahrscheinlich
in dem bayerischen Humor war ich nicht 50 ru Hause.
Weiterungen aus diesem empërenden Vorgang folgen. Es sei
Dann machte ich das Volksstück »Kater Lampe« mit Albert
eine Unverfrorenheit, den Ministerprasidenten lacherlich zu
Lieven, Alfred Abel und Suse Graf. Einen Film machte ich in
mamen. Eine neue Zeit sei angebrochen, in der Leute keine
Wien, einen anderen in Budapest. lch war ja »5chnellregisseur«
Arbeit finden würden, die sich die abstruktion zur Aufgabe
und aIs solcher sehr beliebt. lch konnte mir aussumen. was idt
gemamt hatten. Das Gesprach war kurz, hart und wurde immer
wollte. Der Geschaftserfolg blieb mir treu - und wem der Ge-
lauter. Dann wurde es plëtzlich abgebrochen. lch hërtenurnom
5chaftserfoig treu bleibt, dem bleibt auch die Filmindustrie treu.
ein strammes »Tla!« - was »Heil Hitler« heillen sollte -, und Damais durfte ich allerdings meine Filme noch 50 besetzen und
damit verlieBen sie larmenden Schrittes das Theater.
50 drehen, wie ich das wollte. Goebbels mismte sim auch in
Wir strichen dann den Teil des Couplets, der »anzüglim" den ersten Hitler-Jahren nom nicht in die Produktion eiD. und
war, und am Premierenabend warteten wir vergebens auf die
die Produzenten waren klug genug, einem Erfolgsregisseur BU
Herren. Wir waren überzeugt, es würde einen Knall geben. Es trauen.
gab keinen. lm wurde zwar etwas spater in eine Art arts-
Aber vorlaufig mamte ich nur »Filmmen.. und noch nichtdal,
gruppenleitung gerufen und wegen meines Verhaltens getadelt,
aber d ' t ._ Was man einen künstlerismen Film nennt. Das kam jetzt _
amI war die Sache ausgestanden. 50 war' s nom ....
1ahru934. mich zu, und damit kamen aum neue Probleme.
Meine zweite ln ' . d
lin V 1 szemerung ln diesem Theater war as
er 0 ksstü&; von Bottcher »Krach im Hinterhaus«. lm
»Die Kreutzersonate« nam Tolstoi
die Herren aile beisammen. Kommen Sie um Uh' f
. ' . 12 r rau - um
Die Filme, die ich jetzt in Massen aIs bekannter »5chnell_ halb ems machen Wlr SOWIeso Mittagspause _ d .
· . b un tragen Sie
regisseur« mamte, waren künstierisch nicht so sehr viel wert. vor, was Sle mir e en erzahlt haben Dann d '.
H . wer en WIr Ja
Meinen ersten künstlerisch anspruchsvollen Film machte ich sehen, was err Meydamm und die anderen H d
erren azu sa-
mit Hans Moser, Hans Brausewetter und Françoise Rosay, mit gen. lch kenne offengestanden die ,Kreutzersonate, ar 'ch
· bel'mIr
D a ISt " eme kl' eme Bi/d ungslücke.« g rul
HeU Finkenzeller und mit meiner zweiten Frau Hilde Korber.
Also gesmah es. In der Sitzung waren etwa 12 He rren, d'le
Es war der Film »Mein Sohn, der Herr Minister«. Der Film
mich mehr oder weniger verlegen anschauten . Den m"; t
~.s en war
brachte mir Anerkennung. Dann inszenierte ich (nach einer
es unangenehm, bekennen zu müssen, daIS sie die »Kreutzer-
Novelle meines Vaters) mit Hilde Korber »Maria, die Magd« sonate« von Tolstoi ebenfalls nimt kannten.
und hatte schlieglich meinen ersten grogen künstlerischen Erfolg
lch meinte: »J a, wenn Sie den Tolstoi nicht kennen, darm ist
in »Die Kreutzersonate«, der nach dem Roman von Leo Tolstoi es natürlich sehr schwer, dafÜber zu reden. Aber vielleimt ken-
gedreht wurde. Lil Dagover, Peter Petersen (der seinen Spitz- nen Sie den >Odipus( von Sophokles?« Das wurde allseits
bart sein »hohes C« nannte) , Albrecht Schonhals und Hilde lachelnd bejaht. Aufreizend keg sagte im: »Wenn in der Ufa
Kërber spielten die Hauptrollen. der Geschmack des Verleihs die letztgültige Instanz ware, darm
Die Ufa hatte in ihrem Programm den Film mit einem happy würde ein verfilmter Odipus nicht seine Mutter heiraten, son-
end angekündigt. Bei Tolstoi erschiegt der eifersüchtige Ehe- dem seine Tante.«
mann seine unschuldige Frau, wahrend sich im Film die ver- Einer der Herren unterbrach: "Eine solme Albernheit wür-
krachten Eheleute wieder zusammenfinden sollten. Es soUte den wir schon verhindem, Herr Harlan.« Ich antwortete: "Ja,
eben »halb 50 schlimm« sein. »Kintopp«!! Ich protestierte ge- weil Sie den Odipus kennen. Wenn Sie die ,Kreutzersonate< und
gen diese Verflachung, denn auch der Produzent Georg Witt den Wert dieser Dichtung kennen würden, darm würden Sie
fand diese Veranderung der Tolstoischen Dichtung abscheu- das genauso albern finden.«
lich. Aber (und 50 ist das auch heute noch) der Verleihchef, in Ich erntete groBes Gelachter. Dr. Klitzsm meinte: ,.Im
diesem FaU ein Herr Meydamm, war starker und verlangte gl~ube, der junge Herr Harlan hat uns davon überzeugt, daB
einen »positiven SchlufS«. belm Dichter zu bleiben, wenn es sim um einen Genius wie
lch hatte damals als Regisseur noch einen kleinen Namen, Tolstoi handelt, vielleicht doch besser ist. Was sagen Sie, Herr
und es mangelte mir die Macht, die Form eines Films gegen Meydamm?«
den Willen des machtigen Verleihchefs der Ufa zu bestimmen. . Meydamm sagte: "Schade, daIS der Produktionsmef nimt da
ISt. «
AIs ich aber zufillig den Generaldirektor der Ufa, Dr. Klitzsm,
auf dem 13abelsberger Gelande traf, sprach ich ihn an und er- lch hatte also gesiegt. Diesen Film inszenierte im auf eine
zahlte mm, daR sein Verleih meines Erachtens einen Fehler 1neuartige
. W . . d 'ch di
eIse, In em l ' e Smauspieler veranlaBte 50
~.ache, der die Ufa lacherlich zu machen geeignet sei. Der be- else zu sprechen, daB man sie nur in ihrer niimsten Nàhe' ho-
rühmte Roman Tolstois habe einen folgerichtigen SchluB, wah- ren kOnnte D d
Weil das '. as wur . e zu einem Problem für den Tonmeister,
rend das aufgesetzte happy end nur ein ),Smrecken ohne Nah d Mlkrophon In allen wesentlimen Szenen ganz in der
Ende" sei.
hOche e~ Schauspieler versteckt werden muBte. Durdt di. .
.Dr. ~litzsch war Sachse und hatte sim seinen Humor ebenJO trautgradk,ge Sprechdiskretion, der dieSmauspieler se1bst bma
w.le semen Dresdner Dialekt erhalten. Ich habe ihn eigentli.c:b en am' k
den A ' d eIne rampflose und übersteigerte Prizls!OIl ..
nlHeernalsHschlechter Laune gesehen. Er antwortete mir liicheInd
» rr arlan . h b Es WU ~ ruel< und in die Bewegung; namentlien in die AII. .~'<I~;
,Wlr a en morgen Vorstandssitzung. Da r e Kraft gespart, und es war auBerdem nient mthf
li:h die Sprache 50betont zu modellieren, wie das Schaus . 1
' . D d ' pIe er
ft tun Dadurch entstand eme auc>eror enthche Lebendi k .
. 'ch ' g~ Zunachst verlangte er daIS ich den g F'l
und auBerdem eine »fotografIs e Sprache ", dIe viel schnell . Il ' anzen 1 m von A bis Z
mit a en 5chauspielem durchprob E " . .
gesprochen werden konnte (w~~l ja vie~ Lu& und viel Ton Vi:; e. s sac> muner Jemand mit
der 5toppuhr dabei, um festzustellen, wie lang jede einzelne
Zeit beanspruchen). Dadurch ruckten dIe Begriffe naher aneIn- .
5zene und summa summarum der F'1m "
ander und machten sie verstandlicher und intensiver. . ft . ganze 1 werden wurde
Wle 0 passlert es im Filmleben d a B ' c h .
. . ' ausgezel net gelungene
Vor allem Li! Dagover war am Anfang angstlich und fragte 5zenen rucht m den Film aufgenommen werde k" il
immer wieder, ob denn die Sprache überhaupt noch zu ho ren d il' n onnen, we
er F m zu lang ISt. 50lche ÜberHingen kosten auBerdem viele
sei. Damais konnte man noch nicht 50 wie heute die Dialoge Hunderttausend Mark. Durch das vorh'
. ' . enge Ab stoppen der
vom Magnetophonband abhoren, sondem muBte warten, bis ongmal ge~plelten 5zenen kommt man spa ter nicht in solche
der Lichtton fertig war, der genauso entwickelt werden muBte Verlegenhetten.
wie das Bild. Am Anfang erschrak Jannings über meine »orientali ch
Pl astI'k «, Wle
. er meine oft lapidare 5prechweise gem nannte. s e
Die Schauspieler waren sehr erstaurIt, aIs sie an den ersten
»Mustem« die Auswirkung verspürten. Es kam eine geheim- ~a ich sehr schnel/ in Rage kam, wenn etwas anders ging,
nisvolle Wirklichkeit irI die Szenen, die deshalb 50 über- aIs lch wol/te, nannte er mich »das Teufelchen aus dem Kiist-
chen(,.
raschend war, weil die Stimmen genauso laut aus dem Laut-
Trotz meiner grolSen Liebe und Verehrung, die ich für ihn
sprecher kamen, wie bei anderen Filmen. Auch die Intimitlit
hegte, hatten wir es manchmal sehr schwer miteinander. 50
wurde gesteigert. Der Erfolg dieses Filmes war darm auch
wol/te ich z. B. nicht einsehen, daIS ein grolSer lndustriekapitan
auBergewohnlich groB. Das »epische Gesetz«, welches das echte
yom Range eines »Krupp« das Bild seiner verstorbenen Frau
Filmdrama bestimmt, kam mit leiser Rasanz zu zwingender in einem Wutanfal/ véillig zerschneidet, nur weil er die Tote
Geltung. fur eine vermeintliche Fehlerziehung der Kinder verantwortlich
macht. lch sagte J annings, daIS eine solche HandJungsweise
»Der Herrscher« mit Emil Jannings zwar zu dem »Buchverleger Klausen« passe, wie ihn Gerhart
Hauptmarm in seinem 5tück »Vor 50nnenuntergang« geschrie-
Emil Jannings hatte die »Kreutzersonate« gesehen. Ich kannte ben habe. Dieses 5tück hatten wir uns zur Grund1age unseres
diesen groBen 5chauspieler zwar schon viele J ahre, aber nimt Filmes genommen, jedoch die Figur des Klausen zu einem
naher. Nun wollte er mich ais Regisseur für seinen Monumen- sou veran en Herm über Hütten- und Walzwerke gemacht, also
talfilm »Der Herrscher« haben. véillig verandert. Da in unserem Film »Der Herrscher« von sei-
Goebbels lieB mich kommen und sagte mir, daB er den nen Kindem für unzurechnungsfahig erklart werden soli, weil
Wunsch von Herm Jannings respektiere und daB es sehr gut er seine junge 5ekretarin heiraten will und somit die Erbschaft
S~i, ~enn einmal junges Blut in »den alten Kintoppgeist« hin- zum groBen Teil ihr zufallen würde, und da in dem Film he-
emflieBe. Er verehrte Jannings. Aber Jannings war ihm niIDt wiesen wird, daB dieser lndustriekapitan alles andere als irr-
respektvoll genug. lch weiB nicht, was der Grund war _ irgend sinnig ist, sondem vielmehr ein beispielhafter Mensch, der
etwas hat er immer gegen Jannings gehabt obwohl er ihn al. allen »bürgerlichen Kram« über Bord wirft, schien es mir, daB
den groBten deutschen Filmschauspieler' bezeichnete. Aber die irrsinnige Tat des Bildzerschneidens den Kindem gewisser-
wenn
'hn man genau h'morte,h" schimpfte er eigentlich immer auf malSen ein Recht gabe, ihren Vater entmündigen zu lassen.
l . - selbst
ail er l n sprach . Nun war EmI'1 J
wenn er gu t u"b'h Auch die Geschmacklosigkeit, sich vor den Kindem an deren
nmgs es andere al al K' .-,- toter Mutter so zu vergehen, schien mir asthetism untragbar
richr f s» ter mtopp«. Bei ihm lernte lu'
19, au welche W else
' em l m vorbereitet werden m uB .
. F'l zu sein. Wir kamen uns über diese Szene 50 sehr in die Wolle,
34
d.l~ ich 5 hliel5lich kurzerhand den ~i1m. "hinschmiB« und rrtei-
ncm Freund Emil erklarte, er solle slch emen anderen Regisseur Produktion überwiesen worden *. Er war ein freundlicher Mann,
verlangte aber, daB sowohl bei einer Feier auf der Zeche
.uchen. Hakenkreuzfahnen flattern ais auch, daB der »Heil Hitler«-
'ach diesem Krach lieB Goebbels mich zu sich rufen. lch
GruB selbstverstandlich von sarntlichen Personen in aller Deut-
erklarte ihm den Konflikt. Er gab mir Recht. Aber er gab auch
lichkeit ausgeführt werden rnüsse, um zu betonen, daR der Film
Jannings das Recht, seinen Standpunkt zu vertreten, denn im nationalsozialistischen Deutschland spiele.
Janning s habe mich engagiert und nicht ich ihn. Es sei eine Das Lied "Deutsch ist die Saar« war noch zu verkraften.
Sache der Disziplin, sich einem 50 groBen und erfahrenen Aber auf Hakenkreuzfahnen oder gar auf den Heil-Hitler-
Manne unterzuordnen, und diese Disziplin hatte ich zu üben. GrulS wollten wir uns durchaus nicht einlassen. Wir machten
Er befahl mir, den Film zu Ende zu drehen. !ch fragte Goebbels, Herm Raether klar, daR die Fahnen und der HitlergruB den
ob er denn 50 genau wisse, ob Jannings das noch wolle. Goeb- intemationalen Wert dieses Filmes wesentlich herabsetzen und
bels antwortete: "Fragen Sie ihn selbst.« daB man dadurch nicht nur dem intemationalen künstlerischen
Als ich zu Jannings kam, sah er mich traurig an. Er war ent- Erfolg, sondem auch dem Geschaft dieses Filmes Schaden zu-
tauscht von mir. Aber er umarmte mich. Er sagte mir einige fügen würde. Der freundliche Herr sah ein, da.B die national-
zartliche Grobheiten, die ich aus Gründen der Âsthetik hier sozialistischen Symbole im Auslande h6chst unpopular waren.
nicht wiedergebe, doch kannte ich Emil gut genug, um zu wis- Aber gemütlich war ihm doch nicht dabei zumute, darum tele-
fonierte er zur Rückversicherung mit dem Propagandaministe-
sen, daR in diesen Grobheiten seine ganze Güte, ja sein ganzes
rium. Wir hatten im Jahre 36 noch Glück mit unserem Ein-
Herz verborgen war.
spruch, denn Goebbels lielS sich von unseren Argumenten über-
lch habe auch bei Jannings gelernt, wie sorgsam man ein
zeugen.
Drehbuch vorbereiten muR Damals wohnte ich in seinem Haus
Von den AuBenaufnahmen nach Berlin zuriickgekornmen,
am Wolfgangsee. Auch Thea von Harbou, die den Film nach bestellte Goebbels mich ins Propagandaministerium. Er sprach
dem Theaterstück Hauptmanns schrieb, wohnte bei Janning s. mit mir über dieses Thema. Er hatte wohl gehofft, daRJannings
Sie strickte die ganze Zeit an Pullovern, die sie rur ihren indi- allein dieser Meinung ware, doch muBte er feststellen, daB ich
schen Freund fabrizierte, und diktierte dabei ihrer Sekretarin Jannings Meinung teilte: " lch teile sie auch mit Ihnen, Herr
die Szenen, die dann abends vorgelesen und kritisiert wurden. Minister. Sie haben ja die Erlaubnis gegeben.«
Emil Jannings nannte Thea von Harbou ,>die Marchentante Goebbels sah mich schrag an. Es war einer seiner ungemüt-
des deutschen Films«. Er hatte sie sehr gern und beteiligte sie lichsten Blicke. Er erinnerte mich daran, daR er es nicht ver-
eigentlich an allen seinen Filmen. Jannings hatte nicht die Be- gessen habe, wie jener Dieb, der in »Krach im Hinterhaus«
gabung, selbst Filme zu schreiben. Aber er wulSte einze!ne die Kohlen klaute, sich vor Gericht dadurch sympathisch zu
Szenen 50 plastisch zu erzahlen und darzustellen, daIS man nut machen versucht, daB er sagt: »lch bin von der Partei.« "Aus-
gut zuzuhoren brauchte, um nach seiner Erzahlung ausgezeich- gerechnet der Dieb rnu.B ,von der Partei< sein« - sagte Goeb-
nete Szenen zu Papier zu bringen. Thea von Harbou steno- bels. Ich erfuhr erst zu dieser Zeit, daR Goebbels diesen Satz
~rafierte viel von dem mit, was Jannings sagte, 50 daIS schlielS' eigentlich herausschneiden las sen wollte, daB er dann aber die
lich ~anche Szene original 50 niedergeschrieben wurde, wie zahllosen Kopien aIle hatte zuriickziehen müssen, um den
Janrungs sie improvisiert hatte . Schnitt zu rnachen, weil er den Film erst gesehen hatte, nam-
. Wir hatten auch einen Aufpasser vom Propagandaministe- dem er eine lange Zeit in den Theatem gelaufen war.
num dabei, dessen Aufgabe es war, darauf zu achten, daIS
Belange des Nationa1Sozla. l'lsmus« gewahrt blieben. A r11'1O)W • Raether war zei tweise Vizeprasident der Reichsftlmkanuner.
R aether hieB er E
. r war von der »Reichskulturkammer« an
E" "ar einc wamende - noch ungefahrliche - Unterhaltun
in der er mir erklaren woU te, dag er Jannings nicht recht trau:'
bels. Die Besuche von Goebbels in Wolfgangsee sehatzte Jan-
und da/5 er sich an mich, aIs einen Mann der jüngeren Gene~
nings gar nicht. Aber dem Genug, mit Funk zusammen bei
ration, halten wolle. Es sei selbstverstandlich, dag in Geg _ Baarz, dem besten Bierhaus von Berlin, »ein paar phantastische
en
wartsfilmen deutlich gemacht werden müsse, daE der National_ Pilsner zu zischen«, hat J annings ëfter gefrënt. Auen ich war
sozialismus das herrschende Gesetz in ail en Lebenslagen sei. manehmal dabei. Wenn Funk blau war, küJ5te er mich geme.
Man dürfe sich nicht aus merkantilen Griinden, wie im Falle Dagegen hatte ich allerdings etwas. Es muJ5 ein merkwürdiges
»Krach im Hinterhaus«, über den Ernst einer solchen Forde- Geheimnis dahinterstecken, dag ein 50 herzensguter Mensen
rong hinwegsetzen. Er habe diesmal lediglich ein Auge zuge- dureh politische Umstande Verbrechen zu begehen imstande
drückt. sein kann, die zu seinem Wesen überhaupt nicht pas sen. "
Am Sch!ulS des Films vererbt »Der Herrscher« sein Werk Aber ieh bin abgesehweift. Aiso der Staatssekretar Funk
hatte die SehluJ5szene geschrieben. Wir hatten den Film langst
der Arbeiterschaft, und zwar tut er das mit Worten, in denen
angefangen, ais uns diese SchluJ5szene vom Propagandamini-
typisch nationalsozialistische Schlagworte, wie »Volksgemein-
sterium mit der Weisung geschickt wurde, mit dieser SdùuJ5-
schaft« und »Arbeiter der Stirn und der Faust« und ahnliche apotheose den Film ausklingen zu lassen.
damaIs übUche Wortbildungen mehr, vorkamen. Diese Satze Diese Szene spielte in einer Dekoration, bei der man duren
hatte der Staatssekretar im Propagandaministerium und spa- das groge Fenster des Direktionsraumes das gewaltige Werk
tere Wirtsenaftsminister Walter Funk hachstpersanUch ge- sah. Aus den Sehornsteinen quoll senwarzer Rauch und aus den
senrieben. Emil Jannings hatte sich aIs künstlerischer Ober- Kühltürmen weilSer Dampf. Auf dem Werkgelande sah man
leiter dieses Films mit Vehemenz gegen diese politischen Satze Züge fahren. Das Sprühen des Rüssigen Stahls, das aus Tho-
gewehrt, aber nichts erreicht. U nd das, obwohl Funk ein ge- mas-Birnen in Kanale RolS, gab dem Bild etwas Imposantes.
mütlicher Mann, ja sogar ein Saufer war, der niemandem Bases Ieh hatte eine sogenannte »Rückprojektionswand« hinter das
wollte. Ich habe erIebt, wie man ihn einmal aus der KddK (Ka- Fenster der Dekoration aufstellen lassen, auf welche dieses
meradsenaft der deutschen Künstler) nachts um vier dadurch Bild, das ieh in der »Gute-Hoffnungshütte« aufgenommen
herauslockte, dal5 er dem Ziehharmonikaspieler schwankend hatte, durch eine Rückprojektionsapparatur geworfen wurde.
naenging. Funk liebte Ziehharmonikamusik. Der Ziehharmoni- Eine solche Rückprojektion ist heute vielleienter zu erstellen.
kaspieler ging zuerst durch den Saal, dann die Treppe hinunter DamaIs war sie sehr zeitraubend. Und 50 dauerte es jedesmal
und hinaus auf die Stral5e. SchlieJ5lich stieg er in Funks Auto ein ungefahr eine halbe Stunde, ehe man die sehr lange Szene
wieder von vorne beginnen konnte, wenn sie miJ5glückt war
und auf der anderen Seite wieder hinaus. Funk torkelte ihm sin- .n 1".u ckt e diese Szene
oder abgebrochen werden muJ5te. N un mll,g
gend naen. Die Türen des Autos wurden zugeklappt, der be-
trunkene Funk war im Auto gefangen und wurde nach Hause
• Das humanistische Bildungsideal des 19: Ja~rh'dnderts h~~~:~
gebraent. Vorher hatte er zum Entsetzen von Benno von Arent, Ziel jeden einzelnen zum »niitzlichen Mltghe~ eZr menshal .. ,na
dem Chef der KddK, den Alkoholgeruch aus seinem Munde '
Gesellschaft« .
zu erzlehen. 50 wur d e ger adezu eme wangsder .~
d. Hiirte ...
kor-
daduren zu entschuldigen versucht, dal5 er sang: »Meine Fahne unbedingter Reehtlichkeit erz~ugt. ~a.~u .kade~n Fa~i1ie die heftige
flattert mir Voran.« perlichen Erziehung, die Patnarch.?htat ~hr d der Studenlenzelt,
Gewèihnung an alkoholische Getranke wa. en Haltung Sie aile
Für Manner ~'t 1-'- H . der Komrnentstandpunkt und die d soldahs~~idten Individualilil
h "u 50 ulem umor, namentlich wenn sie sa
ohe Stellen bekleideten und denNazismus selbst zu verkohlen sdtrankten die freie Entwicklung er person la te verbogen, ver-
sehr stark ein. 50 wurde selbst der f'dl ~e'ii,nin gder nationalsozia-
wbagten, empfand man leicht eine Art Freundschaft. Deshalb
estand zWische J . di ~ra.mpft, ressentimentgeladen und ~e esG~wissen ofl ra&eh und
n annmgs und Funk eine Verbindung, e hShsdten Belastungsprobe vor semem
ganz anderer Natu 1 d· L. gründlich urn.
r war a 5 le zwischen Jannings und Goep-
38
c;age und schreibe - 64 ma l. Jannings, der Sonst durchaus
- so~
veran spielte, stets seinen Text beherrsch~e und sich selten
Lied >,Volk ans Gewehr«. Niemand konnte sich der Suggestion
yersprach, brachte den geschraubten nahonalsozialistischen der fanatisierten Menge entziehen - mag den einen das Gefühl
Text nicht über die Lippen. Nicht nur, dag er sich genierte, ihn des Mitjubelns oder den anderen das der Angst in diesen
sprechen zu müssen, worin wahrscheinlich hauptsachlich seine Hexenkessel hineingetrieben hab en. Die ganze Stadt war elek-
Hemmung lag: die Satze waren auch viel zu lang, lauter trisiert.
Nebensatze und Schachtelsatze standen da. Gleichzeitig galt 50 fuhr ich mit meinem Wagen in den Vorhof der Reims-
der Befehl, d~ nichts daran geandert werden dürfe. Es kamen kanzlei ein. Hunderttausende warteten vOr dem Palais und
viele Worte darin var, die »in meine Schnauze nicht passen«, hofften darauf, daB Hitler sich zeige. Jedesmal, wenn er auf
wie Jannings immer wieder verzweifelt sagte. Wir drehten an den Balkan trat, schallte ihm ein ohrenbetaubender Jubel ent-
gegen.
dieser einen Szene, die normalerweise mit allen Vorbereitungen
Wir wurden von SS-Wachen durch die Reichskanzlei hin-
in zwei Stunden abgedreht worden ware, zweieinhalb Tage,
durch in den Park geführt. Dort standen Hitler, Goebbels,
von morgens bis abends. AIs wir am zweiten Tag früh neu
Baldur von Schirach und die Adjutanten Brüd<ner und Schaub
begannen, war der sonst 50 beherrschte Emil Jannings einem
auf der graBen Terrasse var dem Prunksaal der alten Reichs-
Verzweiflungsausbruch nahe. Endlich hatten wir die Szene am kanzlei.
dritten Tag mittags »im Kasten«. Wir wurden zu unserer »Deutschland Ehre bringenden Lei-
stung« beglückwünsmt. Es fielen groBe Worte. 50 gut der Film
auch gewesen sein mag - durch die steten Superlative, die in
Erste personliche Begegnung mit Hitler solchen Fallen fiel en, wurde das Lob entwertet. Es war der
»groBte Film« - und Jannings »der groBte SmauspieIer der
Der Film »Der Herrscher« erhielt den Staatspreis. Um diesen Welt« und ich war "der groBte Regisseur« und es war noch
Preis in Empfang zu nehmen, wurden Emil Jannings und ich am manches andere in diesem Film »das GroBte«. Jannings, dessen
1. Mai 1937 in die Reichskanzlei eingeladen. Ein Schriftsteller Leistung gewiB manchen Superlativ verdient, sah verlegen
namens Bethke, der, wenn ich nicht irre, das Theaterstück zu Baden. Von Gerhart Hauptmann, der doch den groBten
»Marsch der Veteranen« geschrieben haUe, bekam den Staats- Anteil am Erfolg hatte, wurde gar nicht geredet.
preis fur Literatur *. Was ich an diesem 1. Mai 37 im Park des Goebbels strahlte. Hitler war sehr aufgeraumt. Den Film
ehemaligen Reichskanzlerpalais, der damaligen Reichskanzlei, hatte er bald verges sen. Es wurde hauptsachlim von den Auto-
erlebte, will ich nun prazise schildern. bahnen gesprochen und noch von einigen anderen Plan~gen,
Es war »Hitler-Wetter«. Die Sonne schien. Schon frühmor- die Hitler vorhatte. 50 vom Umbau der ReimskanzIel. Von
gens hatten wir das majestatische Luftschiff »Hindenburg« koIossaIen Raumen und koIossalen Figuren von Breker, die
über der Stadt kreisen sehen. Wir hatten beobachtet, wie sim den neuen Bau zieren soIlten.
das Schiff über der Reichskanzlei mit seiner Spitze tief nam Emil Jannings sah, daB in dem Park, und zwar ~.n der VoS-
unten senkte, »um sich var dem Führer zu verneigen«. Alle straBe entlang die uralten machtigen Eimen gefaIlt worden
Waren deren s'tamme nom auf dem Boden Iagen. Er kOMte es
Autos hupten ais Antwort, die Stadt war im Begeisterungs- , . herrI"1m en Bmen
ta~mel und aIle StraBen waren flaggengeschmückt. Auf dem nicht unterdrüd<en, zu bedauern, daE dlese .
sterben muBten, »unter denen smon Bismarck .. gegange~ sel.
Wilhelmplatz stand eine Blaskapelle, die Marsche sdunet-
terte W· . dunkl . d .J._ ·
H ItIer . verbIüff·ende Weise auf diese ben
antwortete auf eme Be-
. le eme e Vorahnung erklang immer Wle er u -
• Getneint· F· _..... _ merkung: »Sehen Sie mal da runauf, Herr Jannings. Da 0
'..LterprelS
D .... . lat nedrim Bethge, geb. 1891 ' der 1937 den DeutlKl-
ermelt. über der Mauer sieht man Damer und sogar einige Fenster von

41
Hau<.cm aus der VoBstraBe. lch werde a n der Stelle, Wo die
Baume gestanden haben, ein lang~ez.ogen~s H~us für meine SS Sie hier - wenn ich hier in meinem Park umhergehe und mich
b auen, 5 0 daB es in Zukunft unmoghch sem wud, Von da oben vorbereite, wenn ich mich 50 weit versenke oder fortdenke ,
Einblick in den Park zu nehmen. Es kèinnte sonst irgend einem wie Sie sich das nicht vorstellen kannen, dann bin ich wie ein
Itzig einfallen, herunterzuschieBen, wenn ich hier im Park Schwamm, der alles aufsaugt. Dann ruhen meine Abwehr-
urnhergehe.« krafte, und sie müssen auch ruhen in solchen Stunden. Sie
Wir waren über diese Antwort erschrocken. Jannings fragte würden mich staren, wenn sie es nicht taten. Und sehen Sie,
verlegen: »MeinFührer, wennSie jemand erschieBen will, dann dann habe ich mein Lindenblatt auf dem Rücken. Das Linden-
blatt ist nicht nur die Stelle gewesen, an der Siegfried unge-
kèinnte er das doch in einer der vielen Versarnmlungen tun, in
sch ützt war, sondem sie ist auch das Schwarze in der Scheibe,
denen Sie vor tausenden Leuten sprechen und ganz schutzlos
auf das der Schütze zielt. Zu solcher Zeit konnte es gesche-
dastehen. Oder auch wenn Sie im Automobil durch die StraBen
hen ... « - Er sah hinauf auf die Dacher der VoBstraBe und
fahren. lch hatte die Antwort nicht erwartet.« Hitler schien schlog : »Und darum trauem Sie nicht um Bismarcks Eichen!«
durch Jannings hindurchzuschauen - er gab dann gar nicht Er sah Emil Jannings lange an. Es war mehr ais bedrückend,
mehr ihm die Antwort: »Sie meinen, ich hatte Angst?!« Er in Hitlers Augen zu sehen, die jetzt wie Fischaugen aussahen.
lachte vemeinend und fuhr dann fort: » lm J ahre 26 sind auf Trotz der Tatsache, daB Hitlers Offenheit sehr interessant war,
Mussolini drei Attentate verübt worden. Er sprach mit mir wurde doch das Augenblicksgefühl eines groBen Unbehagens
darüber und zitierte den Ausspruch Cas ars, der, aIs er vor stark und unverbergbar. Jeder von uns fühlte sich wohl als
Attentaten gewamt wurde, sagte: Lieber einmal sterben - als imaginarer Schütze verdachtigt. Man konnte natürlich aum
immer zittem. Ein mutiger Gedanke. Aber ich werde noch ge- glauben, sein hochstes Vertrauen geschenkt bekommen zu
braucht, und darum ist es besser, diese Umstande zu studieren, haben. Es war alles drin - das Streicheln wie das Drohen. lch
unter denen groBe Persanlichkeiten, wie Mussolini es ist, über- horte plOtzlich auf meinen Atem, aber aum auf den Atem
haupt in eine Attentatsgefahr kommen kannen. Sehen Sie, Hitlers. Das war ein anderer Hitler, als man ihn kannte. Er
Herr Jannings, weIL.'l ich vor den Leuten stehe und zu ihnen wirkte wie ein Fakir, der sich der Macht seines Atems bewuBt
spreche (er kniff die Lippen zusarnmen und schob den Arm war.
ruckartig nach vom), dann bin ich in der Einatmung. In der Hitler bemerkte anscheinend befriedigt die Irritation der
habe ich meine natürlichen Abwehrkrafte! Was meinen Sie - Umstehenden. AIs Regisseur und Schauspieler hatte im mir
wie viele Hahne schon und wie oft sie gespannt waren und viel Gedanken über die Macht des Atems gemacht. lch beob-
achtete Hitler mit einer geradezu gefriilligen Neugier. Mir
immer wieder gespannt sein werden, um auf mich abzudrük-
wurde der Grund seiner monstrosen Suggestionskraft, die er
ken. (Dann fuhr er laut fort.) Aber das geht nicht - sola~ge
ausübte, klar. lch habe viele Menschen, gewaltige Mensmen,
ich es nicht will, solange ich meine Abwehrkrafte in FunktlOn
die die graBte Verehrung und Liebe verdienen, kennengelemt,
setze!" Und nun 50 laut, daB wir erschrecken soUten, setzte er
aber keinen, der eine solche bezwingende und zugleich beang-
runzu: "Und das wird niemals gehen! Niemals wird einer auf
stigende Suggestionskraft besaB. Diese Suggestionskraft ko~­
mich schieBen! Das paBt weder zu der Vorsehung noch zu
te man nicht fotografieren. Darum sah sie aum niemand m
meiner Entschlossenheit, mit der ich das, was mir vorbestimmt
den zahlIosen Wochenschauaufnahmen, die von Hitler exi-
ist, verwalte! Wenn ich in meinem Auto durch die Stragen
stieren. Man fühlte sie nur seiner lebendigen Person gegen-
einer Stadt fame, dann bleibe ich nicht hinter der dicken kugel- "b . war W1e ' permanenter
. em
uer. Man sah sie nicht nur - SIe
simeren Scheibe sitzen, sondern ich stelle mich in meinen
elektrischer Strom. Es gab einen Witz, nam dem Hit1~r den
Wagen und hebe meinen Arm zum GruB und rufe jedem zu:
niichsten Umstehenden befahl, aus dem Fenster zu spnngen,
Hier ist mein Herz!! Niemals wird einer schiegen. Aber sehen
um unten auf dem Pflaster der Strage tot zu landen und
die Befehlsempfanger es dann ohne zu zëgem taten 1 d' daR
. n 1eSetn Form, die Hitler sofort an seinen Adjutanten weitergab. Einige
Augenblick wurde mir klar, d~ dieser Mann tatsachlich sol beschwerten sich, daE sie von der Halbtagsarbeit nicht leben
'rafte über eine bestimmte Menschengattung besitzen ko <he konnten. Hitler versprach ihnen, alles zu tun, das zu iindem.
lm hatte damals nom nimt erfahren, wie weit ich selbst ~te. Aber »in der Textilbranche ist nun einmal ein Materialman-
semer
unglaublimen Suggestionskraft ausgeliefert war. gel«, den würde er nach und nach beheben. Er sprach davon,
Hitler bram die Pause, die jeder von uns auf seine e'1gene daE Geld nicht Gold, sondem Arbeit sei und daE Deutschland
Weise durmdamt haben wird, ab, indem er mich bei der Schul- nur an der Arbeit genesen konne. Sie würden bald alle voU-
ter nahm und sagte: »Kommen Sie mal mit. Das wird Sie aIs beschaftigt sein.
Regisseur interesSleren. Auch Sie, Herr Jannings.« Ein Mann, der Hitler strahlend anschaute, erzahlte, daB er
mit dem Luftschiff »Hindenburg« habe herlliegen dürfen, und
Nun gingen wir mit Hitler, neben ihm ein Mann namens
welche Wirkung es auf ihn gehabt hatte, mit dem gewaltigen
Hadamovsky *, der stets ein Mikrophon vor Hitlers Gesicht
Schiff über Deutschland und über Berlin zu brausen, und wel-
hielt, durch den Park. Goebbels und einige andere Herren ka- cher erhabene Eindruck es gewesen war, wie sich das Luft-
men mit. An einer Stelle des Parks hatten sim etwa hundert schiff über der ReichskarlZlei vor dem Führer verneigt habe.
Leute brav aufgebaut und warteten. Alle Arme f1.ogen in die Da dieser Mensch 50 schwarrnerisch von seiner Luftreise sprach,
Luft, als Hitler kam. Mit Blicken, als kame ein Heiliger, emp- konnte es sich Hitler anscheinend nicht versagen, seine Hand
fingen sie ihn. Die meisten waren in SA-Uniform, aber es auf das Mikrophon zu legen und es weit hinunterzudriicken.
waren auch Zivilisten und Frauen dabei. Vor den Leuten stan- Er sagte leise : »Das brauchen die Leute drauBen nicht zu horen.
den Geschenke. Es waren entweder kunstvolle Modelle von lhre Begeisterung in Ehren - aber ich würde mich niemals in
Hausern, die irgendwo gebaut wurden, aber auch zum Teil dieses Ding hineinsetzen. Das ist ein lliegender Sarg. lch Blege
wertvolle Kunstgegenstande. J a selbst groEe, sehr kunstvoll erst über den Ozean, wenn die Flugzeuge 50 weit sind, das tun
hergerichtete Torten und Kuchen - auf denen Schokoladen- zu konnen. Diese riesige Zigarre ist mit Gas gefüllt - die
hakenkreuze zu sehen waren. lm sah aum ein altes, wertvolles Amerikaner geben uns kein Helium. Friiher oder spa ter wird
hoUiindisches BUd. die Zigarre explodieren *.« Dann setzte er lachelnd hinzu:
Hitler gab jedem die Hand und spram einige von ihnen an. »Darum heillt das Luttschiff auch nicht Adolf Hitler, wie man
Wenige antworteten sem frei. Viele stotterten, manche zitter- es nennen woUte.«
ten, ja einer bekam Schaum um die Lippen und konnte kein VieUeicht ist es psychologisch oder, besser gesagt, psych-
Wort hervorbringen. Hitler berührte ihn mit seinen Fingern iatrisch interessant, die SchluBpointe dieses Tages der Staats-
an der Schulter, und 50 lange er ihn berührte, wim der Krampf preisüberreichung zu erzahlen. Ein groBer braununiformierter
von ihrn, 50 daE er einige Worte sprechen konnte. AIs ihn Hit- Herr hakte mich freundlich unter und nahm mich etwas bei-
ler 10slieB, war der Mann wieder 50 stumm wie vorher. Eine seite. Er sagte aufatmend: "Sie ahnen nicht, wie ich das sc:hOne
Frau fiel auf die Knie, und Hitler hob sie sanft auf. Er wa3 Sonnenwetter preise. Wenn dieser 1. Mai bei schlechtem Wet-
zauberhaft zu ihr - und lieb. Ja - 50 sah man ihn auf Post- ter im Saale gefeiert worden ware, dann hatten Sie was erleben
karten, und 50 war er auch mit den Rehen am Berghof foto- konnen, Herr HarIan. Wenn namlich die Frauendelegationen
grafiert worden - 50 wollte er gesehen werden. Das war ein erscheinen _ wissen Sie, was dann in dem Augenblick passiert,
ande.rer Hitler als der vor zehn Minuten. in dem der Führer den Saal betritt7 - Dann pÎSsen sie aIlel Et
Dle Wartenden brachten Petitionen vor, meist in sdu-iftlidtet ist kaum auszuhalten.« Ich sah den Herm einigermaBen er-
•derEugen Hadamov k b
Reimsrundf nks y, ge . 1.90 4, Reimssendeleiter und Dire
ktof ~ Da. Luftschiff »Hindenburg« verbrannte 1937 bel der LandUIII
u geseUschaft. In Lakehurst/USA.
.l.
"(I1r0 en an. Aber ehe ich ihn fragen konnte, antwortete er AIs oberer Fries des Tanzsaales war eine Reihe von in sim
1".lUlen
.l. cl . » Ja, u, Herr Harlan, der SchlieBmuskel geht auf, und
J"
verschlungenen Hakenkreuzen zu sehen, die smon Walter
le T epplUl·..Le tn'efen . Die magische Erscheinung des Führers
Rathenau aIs Zierde seines Festsaales in feiner Stuckarbeit
zwingt die Menschen, nicht nur an Stellen, wo das sympathisch hatte anbringen lassen. Natürlich war dieses Zeimen in den
. t Z u Offenheit und Hingabe, sie lëst auch manchmal hëchst
IS 1 Augen Rathenaus jenes »Kultzeichen des Glücks«, aIs das es
unerwünschte Wirkungen aus. « in Indien, China und Japan gilt und aum bei den alten Ger-
manen gegolten hat. DaB sein Haus nunmehr das Zentrum des
Hoheitszeichens des antisemitischen Nationalsozialismus ge-
Hitlers Suggestivkraft worden war und daB jeder darauf hingewiesen wurde, der er-
mordete Jude Walter Rathenau habe dieses Zeienen »in weiser
Aum ich war ihm ausgeliefert: Eines Abends gegen zehn Voraussicht« selbst in seinem Zimmer a.nbringen las sen, ent-
Uhr - im glaube, es war Anfang 1939 - wurden wir von sprach jenem Humor niedrigster Klasse, den man damaIs in
Benno von Arent *, dem Leiter des Künstlerklubs (KddK), der den »besten Kreisen« antraf. Da ich Walter Rathenau auf
sim ausgerechnet in dem Privathaus von Walter Rathenau in einigen Spaziergangen durch den Grunewald begleiten durfte,
der ViktoriastraBe etabliert hatte, angerufen. In ziernlich her- die er mit meinem Vater zusammen untemommen hatte, wirk-
rischem Ton wurde mir mitgeteilt, ich solle mich mit meiner ten diese Raume der KddK auf mich ohnehin gespenstisch, und
Frau sofort in den Wagen setzen und in die KddK korrunen. ich habe sie niemals besucht, wenn ich nicht muBte.
Befehl des Ministers Goebbels. Ich erklarte, daB sowohl meine Bei unserem Besuch hing allerdings über diesen Haken-
Frau wie im für den Film »Reise nach Tilsit« am nachsten Tag kreuzen ein kurzer schwarzer Stoff in Falten, unter dem ein
senwere Aufnahmen zu machen hatten. Aber Benno von Arent wenig weiBe Spitze hervorlugte, aus denen zahlreiche Glas-
sagte: »Lassen Sie meinetwegen den Drehtag ausfallen, wenn beinchen - eins hinter dem anderen - mit Strümpfen bezogen
sich herausstreckten. Benno von Arent hatte sie von einer
es nient anders geht. Aber korrunen Sie sofort mit Ihrer Frau
Strumpffabrik ausgeliehen. Es war Karnevalszeit, und Hitler
hierher. Es ist sehr wientig. Betrachten Sie diese Einladung ais
meinte gutgelaunt, daB dieser erotische Scherz da oben sehr
einen Befehl ihres hëchsten Chefs.«
gut passe, denn "die Karnevalszeit ist eine sehr nützlime und
Also 'raus aus den Betten, obwohl meine Frau Kristina zu
beviilkerungspolitisch ertragreiche Zeit, in welcher viele Solda-
dieser Zeit schon nierenkrank war und es ohnehin schwer
ten ihr Leben empfangen.«
hatte, die Szenen für den Film zu Ende zu drehen.
Hitler, der, wo er ging und stand, Ansprachen hielt, wu
Kaum waren wir im KddK angekorrunen, erschienen Hitler
sehr bald bei seinem Lieblingsthema: die fremden groBen
und Goebbels mit ihren Adjutanten und dem Leiter der ReimS- Staatsoberhaupter. Er nannte sie samt und sonders »NuIlenc.
kanzlei, Bouhler. Kristina und ich wurden an einen groBen Nur bei Stalin machte er eine gewisse Einschrwung. Den
Tisen beordert, von dem man über ein zierliches EisengeHinder ,)Whisky-Saufer« Churmill konnte er nimt liimerlim genua
in den Tanzsaal hinuntersenauen konnte. AuBer den hohen machen, und ahnlich sprach er über den »dummen Daladi....
NS-Besuenem wurden noch Jakob Tiedtke, Paul Unke, der Von seinem Hohn blieben nur wenige der groBen »politisdteo
Komponist von »Das ist die Berliner Luft, Luft, Luft«, Harald
paldsen und einige andere Smauspieler an Hitlers Tism s: Schachfiguren" versmont, von denen er behauptete, nur eineIl"
einzigen »Bauem« zu gebraumen, um sie zu schlageo. Die
• 'rI Arent wurde von Hitler mit »Benno« angeredet und Wi.8 Franzosen und die Englander seien 50 von den Juden ~
. . pater alter Freund behandelt. daR sie keinerlei Widerstandskraft mehr besiBen. VOl
»roten Popensohn aus Georgien« sdùen et allerclinlPt
1!':~". .dfII, RekbsbtihnenbUdner.
Resr ekt zu haben, und er bemühte sich auch gar nicht, ihn zu Hitler erûhlen, was ihn interessieren konnte? D fi 1 . .
\'erbergen. Jedenfalls sprach er über Stalin ganz anders, ais () ·ch . T a e DUr em
d al> 1 .weruge age Zuvor bei dem Bildhauer Pro. f Fritz'
er es sonst in seinen Reden tat. Klimsch ln dessen Atelier gewesen war Er h tt
. . . a e uns geru fen,
Senwarmerisch sprach er dagegen von dem Manne mit dem weil er von memer Frau eine Marmorbüste anferti II
» ietzsene-Kopf«, Pilsudski, und mit abwertenden Worten dar- . t . B·· gen wo te.
Er zelg e uns eme .uste von . Marianne Hopp e und aUm ..1...
emen
auf von des sen unwürdigem Nachfolger. Roosevelt nannte er AbguB der »OlympI~«, die im Garten Hitlers auf dem Berghof
einen »Epileptiker«, obwohl jeder von uns wuJ$te, daB er an aufgestellt war. Er Wles auen auf Abgüsse von Figur en hm, die
KinderIahmung litt. i~ Treppenh~us .des Propagandarninisteriums standen, und
Hitler meinte schlieBlich, daB die D amen die politischen Ge- zelgte uns schheBhch namentlien ein Mozart-Denkmal, das _ in
spraene wohl nient interessierten, und darum for derte er seine der Mitte des Ateliers stehend - vorlaufig nur in Gips exi-
Adjutanten und Bouhler auf, mit den Damen zu tanzen. Meine stierte. Klimsch wollte es in Marmor ausführen. Es war, werm
Frau, die einigermaSen vers tort neben Hitler saB, war sehr ich mich recht erinnere, eine kleine, dreiflachige Pyramide. AuE
zufrieden, aufstehen zu dürfen. Die »Eselserenade« wurde ge- der einen Seite war, 50 glaube ien es noen vor mir zu sehen, das
spielt, und Hitler erklarte, daS sie sein Lieblingsschlager sei. Relief eines Mozart-Kopfes angebraent, und an den drei Ecken
Darum wurde sie auch am Abend unentwegt wiederholt. Er der Pyramide warenFiguren, die das " Senerzo«,das »Andante«
trommelte mit den Fingern auf dem Tisch. den Takt dazu. und, wie Prof. Klimsch sien ausdriickte, das »Triumphatore«
Seine groBen, wasserblau-grunen Augen sch.ienen durch die darstellten. Rundherum war eine dicke, kunstvoll geschmiedete
meinen hindurchzusehen, 50 daS ich den Eindruck hatte, er sehe Eisenkette angebraent, die, an drei pfeilem hangend, das
auf etwas, was hinter mir war. Ich beobachtete, wie richtig er Denkmal schützend abschloB.
beim Sprecnen atmete. Er sprach die langsten Satze - sich Klimsch erûhlte mir mit einiger Bitterkeit, daB er dieses
immer steigernd, ohne dazwisch.en Luft zu holen. Manchem kleine Denkmal in Salzburg vor das Mozart-Haus steUen
wolle - und zwar auf die Mitte der FahrstraBe, die direkt auf
Senauspieler oder Sanger hatte ich diesen Atem gewünsch.t.
die Salzach zuführt. Er habe sien diesen Platz ausgesudtt und
Dieser Atem war es auch - das war mir klar, der seine Sug-
ihn genau berechnet. Der Verkehr würde nient behindert wer-
gestionskraft ausmachte und der seinen Augen etwas Elemen-
den, zumal man die StraSe zur Salzaen ganz senlieSen ki:inne.
tares gab. Denn er regelte mit seinem Atem nicht nur seine
Sie sei überflüssig und ohnehin rur Fahrzeuge verboten.
Sauerstoffzufuhr, sondern er benützte ihn auch als Waffe.
Mit groBer Begeisterung schilderte er, wie er den Stein zu
Plotzlich wandte er sien an mich: »Na, Herr Harlan, ich. bin
Musik werden las sen wolle und wirklich - was er sagte, sdùen
ja nient hierhergekommen, um Ihnen etwas zu erzahlen, son-
schon in dem rohen Gipsmodell in Erscheinung zu heten. &
dern idt wollte einmal horen, wie ein Künstler über seine Ar-
forderte rur Mozarts Haus eine besondere Rühmung, die wllis
beit spridtt. Ich meine keinen professoralen Vortrag und auch.
fehle. Abgesehen davon, daS in einer geschmadc.losen Sduit
keine Skandalgesdtidtten aus demFilm (dabei sah er mit einelIl
:>Mozarts Geburtshaus« an dem Hause angesduieben sei, feble
auEreizenden Laeneln auf Goebbels). Erzahlen Sie mir mal
J~.dwede echte Ehrung. Die gegenwartige Ehrung bestehe baupt-:
etwu oder sind Sie im Reden sch.wach 7« sachlich . . ch . .
sche . ln e~~em S okoladenladen, unten un Haus, ID ClelIIU.... "c
&- legte seine Hand kurz auf die meine - und idt dach.l:e
uBhch suBen Mozart-Kugeln verkauft würden. & belltIIIl.
_'lit an die Szene in seinem Garten. »Nein - im Reden 1ft
erte, daB es ihm vollig unmoglich. sei an den Fihrw
tchwadt, mein Führer", lach.te Goebbels dazwisch.en- zukommen und daB er darum nidtt 'zur AlIlSflIlhn-.
."11 Diskussionsduelle erinnernd, die ich. iJnDU!r wieda' Arbeit k .
D k ornme. Nebenbel hatte er nom _ ........
__ ...1....
"8I1aab1 batte. en mal etwa 100000 Mark kosten würde.
Cehim Sng es an zu rumoren. Was tOUt..
Idt "ar also froh, eine in teressan te Geschichte erzahlen zu
. "nnen, und hoffte auEerdem, dem verehrten Prof. Klimsch zu wuBten, daB ich von einer dreiflachigen Pyramide gesprochen
helfen. Ich hatte aber bei Hitler einen ganz anderen Erfolg, aIs hatte und daE die Figuren unten auf dem Sod<el standen. Aber
Ich erwartete. Er horte sich meine Erzahlung an, ohne mim zu solange Hitler da war, schien das keiner von uns mehr zu
unterbrechen. Ais ich fertig war, fragte er Goebbels: »Warum wissen. Wir waren vielmehr aile davon überzeugt, daB es sich
weiE ich dayon gar nichts, Goebbels?« um eine Saule handele.
Der souverane Goebbels, den eigentlich nimts aus dem Kon- Erst ais Hitler gegen 3 Uhr nachts mit Goebbels die KddK
zept zu bringen vermochte, mamte in diesem Augenblick den verlassen hatte, wuEte jeder von uns wieder, daE Hitler das
Eindrud< eines Schuljungen, der seine Aufgabe nicht rimtig Denkmal falsch beschrieben und daB nicht einmal Goebbels
gemacht hat. Sein Respekt vor Hitler war 50 ungeheuerlich, ihn korrigiert hatte. Wir waren uns übrigens aile einig dariiber,
daE er sich selbst zu verlieren schien, wenn er durch sein Ver- daB wir nicht etwa aus Feigheit keinen Widerspruch erhoben
halten den Führer unzufrieden gemacht hatte. Das Blut smoE hatten, denn es ware ja ganz aIbern gewesen, ihn bei seiner
ihm in den Kopf. Er erklarte, von dem Projekt niemals etwas falschen Vorstellung zu belassen.
gehort zu haben. »lch stehe doch mit Klimsch 50 gut, daE der Jakob Tiedtke schüttelte den Kopf und sagte in seinem lapi-
daren Berliner Tonfail: »Herrgott, bin id< denn ein 50 voll-
Professor mich jederzeit anrufen kann. Ich bringe das gleich
kommenes Arschloch! Id< hab an die Sieges saule jedacht, ais
morgen in Ordnung.«
er von dem Denkmal sprach. Und id< hab och jeglobt, det es 50
Hitler erklarte, sehr interessiert daran zu sein, einen Bericht
ahnlich aussieht. Die Triumpatore war für mich aus Jold - da-
über dies es Denkmal zu bekommen. Es war eine betretene
bei wuEt ick doch - det se weill is.« Er schüttelte nochmaIs über
Stimmung aufgekommen.
sich selbst den Kopf.
AIs nun Bouhler vom Tanzen zurückkam, fragte Hitler ihn, Wir stellten dann abschlieEend Fest, daB wir in dem Augen-
ob Prof. Klimsch in letzter Zeit in der Reichskanzlei um einen blick, in dem Hitler die Geschichte falsch erzahlte, uns aile
Termin nachgesucht hatte. Bouhler verneinte das. Ich saE wie zwangsUiufig ebenfalls eine Saule vorgestellt hatten, und daB
auf Kohlen, denn Goebbels war verargert, und wenn er mir es zu dieser Zeit für uns aIle eine Saule war, und daE die
auch keine Vorwürfe machen konnte, 50 war ich schlieElich Triumphatore oben stand, genau wie auf der Siegessaule.
doch der AnlaE für diesen Millklang. Es ging also eine ganz primitive, aber vallig unabwendbare
Nichts tritt 50 sicher ein wie das Unerwartete: Hitler, 50 Fakirwirkung von Hitler aus. Selbst wenn man k1ar wuBte, ditS
sagen aile, die ihn naher kannten, solI über ein auEergewohn- etwas falsch war, was er sagte, war es dennoch richtig, weil er
liches Gedachtnis verfügt haben. Er solI die Anzahl der ver- es sagte. Das hatte nichts mit Angst zu tun oder mit Oppor-
schiedenen Bataillone oder Schlachtkreuzer, derU-Boote usw. ge- tunismus oder mit Subalternitat. Jakob Tiedtke laste lachelnd-
nau im Kopf gehabt und die Leute scharf kritisiert haben, wenn auch etwas bedrüd<t - das Problem folgendermaBen:
die ihm etwas Falsches auf diesem Gebiet erzahlten. In diesem »Det der een Fakir is, det steht für mich fest. Davon beiBt
Augenblid< schien ihn aber sein Gedachtnis im Stich gelass en keine Maus eenen Faden ab. Id< jloobe, det is jenau so, wie mit
zu haben. Er schilderte namlich Bouhler das Denkmal falsch. dem Sei!trid< bei den Marokko-Fakiren für de Fremden. Id< hab
Er erzahlte zwar von den Figuren, von der Kette und von der det selbst jesehen, daB eener det Sei! hochschmeiBt und ditS
Grô8e des Denkmals und auch von dem Ort, wo Klimsch es et jewissermaBen in de Luft hangt, ais wenn der Himmel eenen
aufgestellt haben wolIte - aber er machte aus der Pyramide eine Haken hatt, und daE dann een k1eener Junge ruffklettert. Idt
Siule,am welcher oben die Frauenfigur» T riumphatore« stünde. sage dir, Veit, 50 wahr id< hier sitze, der Junge ist ruffjeklet-
Das war 50 offensidttlich. falsch. daE man Hitler sofort hatte tert. Und 50 Îs det heute och jewesen.«
~ müssen. Aber keiner 'tat das. Auch. ich.. nidtt. Alle
Goebbels und Gerhart Hauptmann
Personen - aber wer die Aura dieses groiSen Geistes zu spÜTen
ln diese Zeit gehiirt auch eine Episode, in der ich mir eine vermochte, ahnte auch die Hohe, aus der herab er über »die
neue Schlappe bei Goebbels holte. AIs begeisterter Verehrer Igel« sprach, »die da unten stechen«.
Gerhart Hauptmanns und aIs begeisterter Berliner, war ich In diesem Si~e erziihlte er mir auch von »Schluck und Jau",
schon lange mit dem Plan umgegangen, Gerhart Hauptmanns jenem »Scherzsplel «, das sich teils auf die Rahrnenhancllun
Berliner Tragikomiidie »Die Ratten« zu verfilmen. »Der Widerspenstigen Zahmung« von Shakespeare und teil~
Ich hatte einige Zeit vorher auf Hiddensee Gerhart Haupt- auf »Jeppe vom Berge« des danischen Dichters Holberg smtzte.
mann getroffen und mit ihm über meine Absicht, sein Stück zu Die Namen »Schluck und Jau« sei en hier auf der Insel Hidden-
see zu Hause, sagte er.
verfiImen, gesprochen. Gerhart Hauptmann setzte sich eine
In Jau hatte Hauptmann in der Form dem »Scherz« Platz
Weile auf den Boden in den Dünen. Neben ihm graste ein klei-
mach en wollen. Er verfolgte aber einen sem emsten Sinn. Er
ner grauer Esel, den er hin und wieder streichelte und auch
demonstrierte in ihm namlich die Gefahrlichkeit des versoffenen
ansprach. Er fabulierte von seinen Berliner Stücken.
Landstreichers, der sich einbildete, der Herzog zu sein. Derechte
Da war zuerst »Der Biberpelz«, über den er ganz anders
Herzog und seine Umgebung bestatigten ihm das, bis er es
sprach, als man heute dieses Stück im allgemeinen darzustellen schlie@ch selbst glaubte. Er rn.iBbraucht nun seine Macht als
pflegt. Er sprach von seiner Liebe zu der Diebin, die sich auf Herzog sofort in tierischer Weise. D~ ihm Fressen, Saufen und
ihre Weise gegen das groBe soziale Unrecht mit Schlaue und die Weiber das wichtigste sind, ist noch natürlich. Aber jeden
Versdùagenheit zur Wehr setzt, und er sprach über ihren will er »uffhanga« lassen, der ihm aus irgendeinem Grunde
Gegenspieler, den Amtsvorsteher Wehrhahn. Für diese Figur nicht paiSt. Er ist maiSlos und wütet. 50 konne es auch einem
schien er eine besondere Vorliebe zu haben. Nailirlich sei er Volk ergehen, das sich besinnungslos »dem Plebejertum« aus-
dumm und blasiert. Kurz : ein Junker. Die Zartlichkeit, mit der liefere - meinte Hauptmann.
er von dieser Gestalt sprach, schloB natürlich nicht aus, daB er 50 wie Hauptmann über sein »Scherzspiel« sprach, ent-
sich wiinschte, über den durnmen Amtsvorsteher miige 50 viel wickelte er eigentlich eine »verborgene Warnung«. Wer aber
wie miiglich gelacht werden. GewiE war Gerhart Hauptmann spielt sein Stück 50? Meistens wird doch nur die Lustigkeit,
der letzte, der wiinschte, d~ solche Leute wieder irgendeine nicht aber die tragische Warnung gespielt, die deutlich zu
Macht in Deutschland haben sollten. Aber er betonte doch, mach en Gerhart Hauptmann als sem »modern« erscheinen las-
d~ dem Deutschen, wie er nun einmal sei, etwas fehle und sen würde.
irnmer mehr fehlen werde, je mehr der Adelsstand aus Gründen Dann kam er auf seine »Ratten«. Er sprach von Friedrich
des aufkommenden Sozialismus verschwinde. Der sozialistische Hebbels Epos »Mutter und Kind«, dem das gleiche Thema zu-
Deutsche habe sich schlieBlich leider aIs ein etwas anderes grunde liegt, und erlauterte mir seine Sicht auf dieses geniale
Theaterstück in einer Weise, d~ ich es als Regisseur sehr leicht
Wesen entpuppt, aIs man ihn sich zu früherer Zeit ernoffte.
gehabt hatte, das zu verdeutlichen, was der Dichter mit seinem
Hauptmann sprach in bezug auf ihn von dem »groBen Spiel~er"
Stück aussagen wollte.
und von dem »Mediokritatenanbeter«.
Voll er Zuversicht schlug ich nun bei der Tobis das Thema
Da ich schon damals manches Torichte über Hauptmannll
»Die Ratten« vor. Der Produktionschef Demandowsky reichte
Beziehung zum Nationalsozialismus gehiirt hatte, habe ich das das Vorhaben im »Promi« ein, und ich wurde daraufhin zu
Rem.~, an dies~r Stelle zu betonen, daiS ich in den. kurz.en : Goebbels bestellt.
den, ID denen un Hauptmann sah, mit aller Deuthchkelt e Goebbels behauptete, das Stück zu kennen. Mir war solort
we1dt namenlose Verachtung er rur das geistig MinderWertiIt' ar
kl , daiS, wenn er es überhaupt gelesen hatte,er nur sehr ober-
halte,das zu dieser Zeit herrschte. Er sprach nicht von
Radllich in das Stück eingedrungen sein konnte. Darum erz1ihlte
icn, auf welche Weise ich Berlin und die Tragik der Mutter, die filmt
. sehen
. mochte. Mit.. der Verfilmung d es »B'b 1 .
1 erpe z«, die
.;ich schliel5Jich in ein Verbrechen vers trick t, in diesem Film HemrIch. George .durchführte' sei es nun wa h r h a f tig
. genug.
behandeln wolIte. Damlt war mem Plan, »Die Ratten" zu verfilmen, end ülti
lch hatte von Goebbels die Erlaubnis erhaiten, niemals sitzen_ zugrunde gegangen. g g
bleiben zu müssen, wenn ich etwas erzahlen wolIte. Brav auf
einem Stuhl zu sitzen - gewissermaBen dem Chef gegenüber_
engte mir die Phantasie ein. lch fuhrwerkte deshalb in seinem Die eigene Produktionsfirrna scheitert
Zimmer hin und her und gab alles Wichtige, was ich von Haupt-
Da aile :,on ~ir ins~enierten Filme gute Geschafte waren, lag
mann darüber wuBte, Goebbels zur Kenntnis. Auch betonte
es nahe, eme elgene FIlmproduktion zu gründen. Der alte Carl
ich das, was ich dazu von "Sch!uck und Jau« wugte. AIs ich das
Froelich, auch Willi Forst und andere, hatten gute Erfahrungen
Stück erzahlen woUte, unterbrach er meinen Redeflug: "lch
damit gemacht. Ein Produzent verdi ente am Einspielergebnis
kenne ja das Stück. Sie brauchen sich nicht in groge Unkosten seiner Filme ungefahr 30 Prozent. Der gréiBere Teil jedes dieser
zu stürzen. Sie scheinen nicht zu wissen, dag Gerhart Haupt- Filme wurde von derVerleihfirma, der Ufa, der Tobis, der Terra
mann ein Kommunist ist!« lch antwortete verdutzt: ,,!ch glaube usw. finanziert - und alle Verleilifirmen gehorten zu 51 Pro-
ganz sicher zu wissen, daB er das auf keinen Fan ist, Herr zent dem Staat, wodurch Goebbels - abgesehen von seiner
Minister.« personlichen Machtstellung - auch wirtschaftlich zum absoluten
Goebbels lieg daraufhin vom Ministeramt eine Fotografie Diktator der deutschen Filrnherstellung wurde.
bringen. Auf dieser Fotografie war Hauptmann vor Arbeitem Den Rat, eine Produktionsfirma zu gründen, gab mir der
zu sehen - diese Szene solI in Essen fotografiert worden sein - liebenswürdige Generaldirektor der Tobis, Lehmann. Wie
zu denen er mit erhobener Faust sprach' Hauptmanns Handbe- immer muBte ein entsprechender Antrag über das Propaganda-
wegung deutete Goebbels aIs kommunistischen " Rotfront- ministerium laufen. lch hatte den Antrag wahrend der Her-
GruE« . Nachdem er noch einige Gehassigkeiten gegen "Die We- stellung des Films »Der Herrscher« gestellt und wollte ver-
ber« abgeschossen hatte, gipfeite seine Kritik über Hauptmann suchen, den Film »Jugend « (nach Max Halbes berühmtem Thea-
darin, er sei "überhaupt kein Dichter, sondern nur ein geschick- terstück) bereits aIs ersten Film meiner eigenen Produktion zu
ter Milieuschilderer, dessen Zeit vorbei ist.« Was wir aus dem starten. Dieser Film war billig herzustellen. Die Hauptrollen
"Herrscher« gemacht hatten, habe mit Hauptmanns Stück gar wurden von jungen Menschen gespielt. Doch dieGründung der
nichts mehr zu tun. Unser Film sei eben deshalb 50 vortrefflich »Veit Harlan-Filmgesellschaft« wurde auf folgende Weise von
gelungen, weil wir Hauptmann nicht gefoigt seien. Goebbels verhindert:
lch kann keine Antwort darauf geben, warum der auBer- Mir war vom Ministeramt - wenn ich nicht irre von Hada-
movsky - nahegelegt worden, aIs Antwort und Dank dafür,
gewohnlich gebildete und intelligente Goebbels mich mit eineI1l
daB der von mir inszenierte Film »Der Herrscher« den Staats-
solchen Unsinn abspeiste. Es ist véiIlig ausgeschlossen, daB er,
preis bekornmen hatte, den Antrag zu stellen, in die Partei auf-
der ehemalige Germanist, der in Heidelberg studiert hatte,
genommen zu werden. Das zu erreichen war zu dieser Zeit gar
nimts von der GréiBe der Dichtungen Gerhart Hauptm anns
en nicht 50 einfach. Da Jannings aIs personIicher Empfanger des
gewuSt haben soU. lch weiB auch zuverlassig, daB er zu ander
Staatspreises galt, weil er die künstlerische Oberleitung dieses
Zeiten mit weit mehr Achtung, wenn auch niemals mit groBer
Filmes innehatte deutete man mir an, daB ich wahrschein1ich
Zuneigung überGerhartHauptmann gesprochen hat. Goebbels das »Goldene P~rteiabzeichen« bekommen WÜrde. Ich lehnte
pb eUh also gar keine Mühe, gute Gründe dafür anzugebeJ1, dies es Ansinnen ab. Und ich erkUirte, daB ich es nicht fIIr
MIIm er keine weiteren Themen von Hauptmann rnehr ",er-
~'sd1mad.voll halte, »als Dank « in eine Partei eintre ten zu wol-
len \'on der man im Augenblick nur Vorteile genieBen kon ne , eins sei, der aile versoffenen Brüder aufforderte, die strapazier-
\\àhrend man die Nachteile, die die Parteimitglieder vor 1933 ten Lebern und Nieren in Frieden zu lassen, Einkehr zu halten
und zur Wasserleitung zurückzufinden.
auf sich zu nehmen hatten, nicht tragen müsse. Kurzum - ich
brauchte einige Ausreden, und das ganze schien oh ne Aufsehen
50 etwas lie.B sich Hitler von seinem geliebten Hoffmann
gefallen . Wir fuhren durch den Wannsee nach Potsdam und
an mir vorbeizugehen.
durch die Havel-Seen. überall an den Ufern und auf den
Dem war aber nicht 50. Goebbels verstand es, mich fur meine
Brücken stand en Menschenmassen, denn man wu.Bte: "Der
Absage ganz empfindlich zu bestrafen. Diese Strafe soUte mich
Führer kommt! « Ein besonderer Jubel brach aus, wenn Hitler
viele Millionen kosten. sich neben Zarah Leander an der Reling zeigte.
Eines Tages wurde ich zu Goebbels in seine Seevilla nach Der Adjutant Schaub stand mit mir an der Reling und sagte
Schwanenwerder eingeladen. Goebbels besaB am Wannsee ein tief aufatmend: »Glauben Sie nur nicht, da.B ich ein schones
prachtiges groBes Motorboot. Hitler war anwesend. AuBer Leben habe. lch habe mir gestem abend drei - sprich drei! _
vielen Schauspielern und Schauspielerinnen war auch ein Sohn Filme ansehen müssen und heute friih wieder einen. Und das
von Mussolini dabei. Der damaIs bekannte Leibkoch Hitlers, auf nüchternen Magen. Der Führer hat darin eine unbeschreib-
Kannenberg, bereitete in der Küche des Schiffes ein Mittag- liche Ausdauer. Leider interesse ich mich fur Filme überhaupt
essen vor. In der Mitte des Schwielow-Sees wurde geankert nicht. Glauben Sie mir, ich sitze in einem goldenen Kiifig, aus
und serviert. Auch Hitlers Leibfotograf Heinrich Hoffmann war dem ich nie wieder in die Freiheit komme. lch beneide Sie.« Er
dabei. Er war ziemlich betrunken. Aber er hatte Narrenfreiheit hatte ebenfalls zuviel getrunken und war eigentlich immer me-
bei Hitler. Deshalb durfte er seinen hohen Führer damit frot- lancholisch. Es paBte 50 gar nicht in meine Vorstellung von
zeln, daB es eine Schwache sei, immer nur Limonade und Was- Hitler, da.B er diese beiden Leute um sich haben wollte. lch war
ser zu trinken. damaIs sehr neugierig, das Phanomen seiner Existenz zu be-
Wir bekamen Braten und Spargel vorgesetzt, was Hitler, der greifen. Man wu.Bte ja noch nicht, mit welchem furchtbaren
kein Fleisch aB, zum AnlaB nahm, uns eine Rede über die Ver- Henkersschwert er seine» ldeen« durchfechten würde. Ein ers tes
derblichkeit des Fleischessens zu halten. Er behauptete, da.B er Erschrecken kündigte sich bei mir an, aIs er sagte: »lch habe
niemals in seinem Leben Fleisch gegessen habe. Von Rechts meinem Chauffeur, der neulich 50 gebremst hatte, da.B ich nach
wegen hatten wir nun aile aufhoren müssen, unsere Braten- vorne Rog, nur weil ein Hund über die Stra.Be lief, die Anord-
nung gegeben, da.B er weder wegen eines Tieres noch wegen
scheiben zu verzehren. Aber Hoffmann mischte sich ein und
eines Menschen mein Leben in Gefahr bringen dürfe, und daB
betonte, daB dies keinesfalls notig sei. Er meinte in seinem
er rücksichtslos auf alles, was sim mir in den Weg stellt und
behabigen Bayrisch: »Mein Führer, der Mensch hat Eckzlihne.«
nimt beiseite geht, zuzufahren hat. Was ist überhaupt ein ein-
Er zeigte die seinen. »Er ist eben ein Raubtier. Sie müssen das
zelner Mensch! Und was würde aus Deutschland werden, wenn
doch am besten wissen. Wenn Sie einem Lowen nur Preisel-
ich nicht mehr da bin!«
beeren zu fressen geben, dann stirbt er garantiert. Also laBt es Nachdem das Schiff in Schwanenwerder wieder angelegt
euch gut schmecken, ihr Raubtiere!« hatte, muBten wir, von der Landungsbrücke kommend, ~
Hitler antwortete ihm mit merkwürdiger Geduld: »Sie sind steilen Weg nach oben zum Hause von Goebbels nehmen. Die--
ja smon wieder vollkommen betrunken, Hoffmann. Das nimJJ\t sen Weg muBte Goebbels, seiner verkrüppelten Beine ~
nodt ein hOses Ende mit Ihnen.« Da nahm der betrunkene sehr langsam gehen, und er hakte sich dabei geme ein. Dieses
Hoffmann eine gedruckte, gro.Be Karte mit goldgedruddelll Einhaken verband er bei mir meist mit einem Gesprid!., du Ir
Rahmen aus der Tasche und übergab sie Hitler, der aUS iht in der Stille geführt wissen wollte, damit es nidtt 50 auf6el. cid
YOdu, da8 Hoffmann der Vorstand eines AntialkoholikerVer-
('r schwer aIJein den Berg heraufkam. Er sagte: »Ich kann ganz
gut \'erstehen, daB Sie nicht in die Partei eintreten wollen, und »Jugend« nach Max Halbe
idl bin der letzte, der ein Interesse daran hat, etwa jemanden
dazu zu zwingen. Aber Sie müssen verstehen: Wenn Sie sich Schon fur meinen Film »Mein Sohn, der Herr Minister«,
nicht zu diesem Mann, der vor uns geht, bekennen wollen, den ich vor »Der Herrscher« inszeniert hatte, wollte im Kristina
dann kèinnen Sie auch nicht verlangen, daB der Staat Ihre Filme Siiderbaum, eine junge Schauspielsmülerin, für eine Kammer-
katzchenrolle engagieren. Die Smwedin Kristina spram damaIs
finanziert und daB Sie die Einkünfte kassieren. Sehen Sie sich
noch sehr gebrochen Deutsch. Aber gerade das hatte mir rur die
einen Mann wie den alten Carl Froelich an. Er hat den Weg
kleine Rolle gut gepaBt. Da ich jedoch bereits die Franzosin
zum neuen Deutschland gefunden. Warum nicht auch Sie?
Françoise Rosay und einen zweiten Auslander in meinem Film
Glauben Sie, daB es einen einzigen Staatsmann auf der Welt beschaftigt hatte, war das sogenannte »Kontingent rur Aus-
gibt, der seine Künstler so stützt, wie das der Führer tut? Wenn lander« erschopft.
Sie ihm lhre Zugehèirigkeit nicht beweisen wollen, dann bin ich Nun bereitete ich für die Tobis den Film »Jugend« nach dem
der Meinung, daB der Staat das Geld, das lhre Filme durch bekannten Bühnenstück von Max Halbe vor. Da fiel mir ein,
unsere Organisation bringen, allein verdi en en kann. Sie hab en daB Kristina Soderbaum schon rein auBerlich ideal rur die Rolle
ja eine prachtige Gage.« sein müBte. Ihre lebendige Blondheit, die Reinheit, die sie aus-
Dann schlug er mir gèinnerhaft auf die Schulter, und da wir strahlte und die groBen blauen Augen - 50 stellte im mir das
oben angekommen waren, humpelte er zu seinem Führer. »Annchen« vor. Kristinas Deutsch war in der Zwismenzeit
Dieser Mensch muS eine unfaBbare Energie aufgewandt besser geworden, wenn auch noch keineswegs einwandfrei. Sie
haben, um überhaupt 50 zu gehen, wie er es in seiner Uniform sprach ahnlich wie Zarah Leander am Anfang ihrer Laufbahn
tat. Er hatte ein Metallgestange an beiden Beinen, das ich in Deutschland. Sie hatte jenes fremde »R«, das nahezu wie ein
fühlte, aIs er sich auf mich stützte, um bergauf zu gehen. Hin »L« klingt. Ihre Sprache hatte etwas Singendes. Punkte kamen
und wieder sah man es auch, wenn er die Beine übereinander- in ihren Satzen nie vor.
schlug und die Hosen etwas hochgerutscht waren. Viele sagten, Genauso wie ich es bereits im »Herrsmer« gemamt hatte,
daB er in friihester Kindheit eine Kinderlahmung hatte, andere, probte ich wochenlang an einer Probeaufnahme des Annmen
daB er schon 50 geboren sei. lch habe es jedenfalls bewundert, sowohl mit Gisela Uhlen, mit der Schellhom ais aum mit Kri-
wie er vor einer Kompanie Soldaten hergehen konnte. Sein stina. Alle spielten die gleiche Szene. Der junge Schauspieler
energiegeladener Gang verlieh seinem Krüppeltum etwas Im- Hermann Braun spielte das »Hanschen«.
ponierendes. !ch hatte eine sehr lange Szene gewahlt, die 180 Meter Film
brauchte - also etwa sechs Minuten dauerte. Diese Szene he--
Aus diesem Gesprach wurde mir klar, daB die Aufforderun~,
gann mit bebender Zurückhaltung der beiden Liebenden und
daB im in die Partei eintreten soli te, von ihm ausgegangen Sein
steigerte sich immer mehr bis zu einem Crescendo der Ver-
muSte. Ehe im ihm antworten und um die eigene Firma kam~­
zweiflung. Das kaum erworbene Glüd< ist bedroht. Es wachst
fen konnte, hatte Goebbels bereits seine Absage so eindeuhg
die Angst sich zu verlieren bis schlieBlich Annchen, die mit viel
erteilt, daB es sinnlos gewesen ware, noch einmal davon anzu- , , ..L ··rtlich
grotSerer Intensitat zu lieben vermag ais ihr HansUlen, za
fangen.
entsagt. Beschworend warnt sie ihren maBlosen Hans. 5chlieB-
lich bringt sie die Situation in ihre Gewalt, ohne ihr zu en\--
fliehen. Annchen ist 17, Hanschen 18 J~hre. . Eros..
Um den Zusammenprall dieser zwel vom "AllSleger
besiegten Kinder ohne Filmschnitte einfangen zu kannen -
J nn so Idle Unterbrechungen hatten die filmunkun digen An-
· anderen, die ihn gesehen hatten. Trotzdem wurde er zwei Tage
f anger seh r ges tort -lieB ich »die entfesselte Kamera«. wah rend spa ter verboten.
.
leser Sean
zen die Schauspieler heranfahren, um. Sle herum_
fahren und sich wieder von ihnen entfemen. D le Schauspieler lm wurde zu Goebbels besteUt und erfuhr folgendes: Rudolf
braurnten sich dabei um die Technik nicht zu kiimmem. HeB hatte den Film gesehen und ihn dem Führer vorgeführt.
Nach dieser Vorführung war aus der Reimskanzlei die Weisung
Srnon wahrend der Proben sah ich klar, daB ich in Kristina
gekommen, daB am SchluB des Films eine Anderung durm-
ein groBartiges Annchen gefunden hatte. Ais ich nun die drei
geführt werden müsse. Der jetzige SchluB habe »eine empO-
Szenen mit den drei verschiedenen Schauspielerinnen meinem
rende katholisrne Werbewirkung«. Das sei nimt im Sinne des
Freund Jannings vorführte, sagte er nach der Vorführung Nationalsozialismus.
ganz spontan: »Was ist da viel auszuwahlen ? Nur die kleine !ch war wie vor den Kopf geschlagen. Max Halbe hatte sein
Srnwedin kommt in Frage. Das Gor wird Karriere m achen. « Leben lang gerade dieses Stiickes wegen unter den AngriIfen
lrn sah es Jannings an, daB er wirklich erschüttert war. lch habe von katholischer Seite zu leiden gehabt. Goebbels verbarg aum
dann die Szene noch anderen Kollegen vorgeführt. Kristina nirnt, daB er mit dem Eingreifen von HeB auBerordentlim un-
war einmal dabei und hat selbst bemerkt, daB einer der Regis- zufrieden war. Aber gegen den Willen »des Führers« opponierte
seure Tranen in den Augen hatte. DaB solche Wirkungen bei Goebbels nicht. Er hatte viehnehr bereits im Propagandamini-
Probeaufnahmen 50 gut wie niemals erzielt wurden, wuBte sterium eine Zusatzszene schreiben lassen. lm bin Fest davon
Kristina damals noch nicht. Auch der Generaldirektor Lehmann überzeugt, daB Goebbels diese Szene selbst gesrnrieben hat.
und der Produktionschef Demandowsky waren hingerissen. lch hatte sie aufzunehmen und einzuschneiden.
Ais Goebbels die se Szene vorgeführt wurde, 5011 er genauso Die Situation in dem Fihn war folgende : Annrnen, das un-
angetan gewesen sein. Er befahl sogar spa ter mehrfach, daB eheliche Kind der Schwester des Pfarrers war nam dem Tode
diese Probeaufnahme ins Propagandarninisterium gebrarnt der Mutter im pfarrhof aufgenommen und erzogen worden.
werde, um anderen Regisseuren zu zeigen, wie er Probeauf- Mi t 17 Jahren führte sie die Wirtsmaft des Pfarrhauses. Eine
nahmen in Zukunft gemacht wissen wollte. groBe Liebe verbindet Annrnen mit ihrem Onkel, dem Pfarrer.
Mein Freund Eugen Klopfer spielte den Pfarrer, Werner Hinz AuBerdem lebt auf dem Pfarrhof nom ein Kaplan. Er ist ein
den Kaplan, Elisabeth Flickenschildt eine Magd. Es war eine eifernder Katholik. Diesen Frommen qualt ein furchtbares
wunderschone Arbeit im Grunewald-Atelier. Oft war auch der SrnuIdgefühl. Er hat sich in Annchen verliebt. Eine kraftvoUe
Dimter Max Halbe dabei. Er sah sich die gedrehten Muster mit Selbstbeherrschung und SelbstgeiBelung haben diesen Kaplan
in eine gewisse Hysterie getrieben, denn seine Entsagung lag
an und ermutigte Kristina durch seine Begeisterung. Er war
in qualvollem Kampf mit seiner miinnlimen Natur. Er blieb
aum dabei, als ich mit Thea von Harbou zusammen das Dreh-
Sieger und hielt das Keuschheitsgelübde. Seine Eifersumt aber,
buch smrieb. Er muBte ja einem neuen SchluB zustimmen. Zwar
wenn Annchen irgendeinen Mann liebevoU ansah, blieb und
stirbt Annchen in Halbes Theaterstiick auch, sie wird aber von
hatte stets furchtbare Folgen.
einem Verrückten erschossen. D iese ZuHilligkeit des Todes
Nun war zu dieser Zeit Hanschen, der Neffe des PEarrers -
schien mir schon immer ein M angel des Stiickes zu sein. Der
ein neunzehnjahriger Abiturient _, auf dem pfarrhoE ru 8esudt.
Tod ~mens erwuchs in Halbes Stück .~cht ur:.a~li~ a~s d~~ Hansmen verliebte sim in Annchen. AIs nun der Kaplan von
Tragodie, sondern es wirkte eher ais sellhr zufalhg em Z eg einer Liebesnacht erfuhr, die Annmen und Hans verbracht
stein auf denKopf gefallen. Haihe stimmte der Modernisieruns haben soUten, verlor er vollig den Kopf.
~~ru. r A nnmen - von Scham gequalt - muB 51'ch anh"oren, wie der
AIs der Film im Propagandaministerium zur Abnahm.e v~ Kaplan den Flum, der auf der Mutter Iag, aIs einen F1uch
pffibrt wurde, applaudierte ihm Goebbels genauso Wle
er 1art, d cr SI"ch auch auf Annchen übertragen habe. Er dringt gut wegklime«. 50 seien »die Brüder« nicht D Film . .
Juf Annchen ein, sie solle in ei~ Kloster"gchen: Nur ~o konne . . er sel eme
»verkappte Klrchenpropaganda« und so etwa k" 'ch d
<lE' des Pfarrers Schande und die Vorwurfe semer klrchlichen ' sonne SI er
Nationalsozialismus nicht gefallen lassen. De r F'l . k
1 m WJr e »wle
.
Obngkeit mildern. ., . . " . GiEt« .
Annchen bildet sich m Ihrer Unwissenhelt em, em Kind
Diese überzeugung hatte er aufHitler übertragen, und darnit
em fangen zu hahen. Wie soli sie in diesem Zustand in ein war das Urteil perfekt.
Kl!ter gehen?! Der Kaplan steigert sich in seiner Eifersucht Der neue Vorschlag, den Goebbels mir in einer ferti e-
und Wut in immer schlimmere Vorwürfe hinein und hetzt die schriebenen Szene übergab, die ich in je zwei GroBaufna~;en
Siebzehnjiihrige schliegjich in eine vollige Ausweglosigkeit. von Eugen Klêipfer und Werner Hinz nachaufzunehmen hatte,
Der pfarrer hort zuniichst nur von dem Vorfall in der Nacht. war folgender: In einer Szene an der Leiche Annchens (!) rnuE-
Er glaubt, daB Annchen lediglich yom Pfarrhof ausgerissen sei. ten sich die zwei Geistlichen über »die Unfehlbarkeit des Pap-
Ais er aber erfiihrt, was der Kaplan zu Annchen gesagt hat, stes« streiten. Es ging um die Auslegung, ob Annchen über-
erkennt er sofort die todliche Gefahr, in der sein geliebtes haupt in dem BewuBtsein gehandelt habe, durch den Selbstmord
Annchen schwebt. Er selbst, Hanschen und die Leute aus dem eine Todsünde zu begehen, oder ob es nicht eine KurzschluB-
Dorf suchen nun Annchen die ganze Nacht hindurch. handlung gewesen sei, fiir die man sie nicht verdarnmen dürfe.
Max HaIbe hat eine elementare Szene geschrieben, in welcher Ich edaubte mir, Goebbels zu sagen, daB »die Unfehlbarkeit
der aIte pfarrer dem übereifrigen Kaplan klar mach t, wie des Papstes « sich lediglich darauf beziehe, daR der Papst durch
eigensüchtig und unchristlich er sich gegenAnnchen benommen Gottes Beistand in seinen Entscheidungen darm fiir unfehlbar
hat. Es giibe rur den Christen keine Sünde, die nicht vergeben angesehen wird, wenn er eine Glaubens- oder Sittenlehre ais
werden konne. Annchen habe ihre Sünde bekannt und sei von Gott geoffenbart und für alle Glaubigen verbindlich erklart.
Mit der im Film gezeigten Situation habe das Wesen der »Un-
gewi/S bereit gewesen, sie zu sühnen. In dieser Auseinander-
fehlbarkeit des Papstes « überhaupt nichts zu tun. Goebbels sah
setzung hiiuft der Pfarrer eine grolSe Last auf die Schultem des
mich spêittisch an: »Wollen Sie den Führer und Rudolf He/S auf
Kaplans. Er macht ihn, Falls Annchen in den Tod gegangen sein
solche Weise belehren? Hoffen Sie dabei auf einen Erfolg?«
sollte, daHir verantwortlich. Echte christliche Nachstenliebe
Ehe ich antworten konnte, daR ich bereit sei, zu HelS zu gehen,
steht einem starren Dogma und einem eifersüchtig eifemden sagte er mir: »Der Film ist ausgezeichnet, die kleine Schwedin
Fanatismus gegenüber. ist groBartig. Es wird Ihnen leicht fallen, die paar GroBauf-
Annchen hat sich ertrankt. Aufgebahrt liegt sie irn Zimmer. nahmen in diese Szene einzuschneiden. Ich werde dann den
Noch einmal treffen sich die beiden Priester an der Leiche des fertigen Film dem Führer selbst zeigen.«
Mlidchens. Jetzt steht die Todsünde des 5elbstmordes ais Thema Der mir überreichte Text war vêilliger Unsinn. Jeder eWache
zwischen den beiden Priestem. Der alte Pries ter will sein lie~es Katholik hatte gemerkt, daR etwas Falsches behauptet wurde.
Annchen von dieser T odsünde freisprechen. Sie habe irl Besm- lch veranderte daher den Text, soweit das mêiglich war, und
nungslosigkeit und Unzurechnungsfahigkeit gehandelt. De~­ schnitt ihn in die Szene ein. Halbe sagte ich gar nichts davon.
..
)eruge, d er diB
e esinnung h atte b ewah ren musse
"nwnihrbel-
, "Ik lch kam m'Ir zu Jammer
... l'ICh vor.
zustehen, habe sie ebenfalls verloren. 50 sch!ielSt Halbes ~u. t . Aber aIs Max Halbe zwischen Kristina Sêiderbaum und mir
mit einem vernimtenden Urteil- das der echte fromme ~s lm LUitpold-Lichtspieltheater in München bei derUraufführung
saB fI"
ibe.r einen Fanatiker failt, der ein junges Leben auf dem e- ' usterte er mir leise zu: »Haben Sie Angst7« Ich fraste:
»Wov ? D
w.iHen hat. . >_.ok »N . or er Film kann nicht schiefgehen.« Max Haihe sagte:
EinW-
Dieter Sdùu8 war es, der auf Rudolf HeB den viel eIn. Aber ich weiB, daIS Sie am 5chluB etwas lindem mu&-
. . . . . ZII baben sdteint, daB der katholisme pfarrer ..
ten.< 1 vvun~r Wl~~~l1 '::>1~ U~lln uas «< lialbe: »l<h h

meine Spione. Und ich habe mir die Stelle in Berlin an ab e 50


aum einmal der Stier, der, über den Rutsm verargert, 50 heftig
Schneidetisch angesehen. Der Text ist iiimmer1i<h dunun lhretn
hin und her tanzelte, daIS Europa schleiernackt, wie sie war, mit
es schadet wei ter nichts. Die Leute merken den U . - aber
. nSlnn g dem Hinterteil unsanft auE den Eisboden knallte. Die hübsm
nicht.« Er drückte mir die Hand. ar
gewachsene Europa hatte ein wenig zuviel getrunken, sonst
Und 50 war ~s ~enn a~ch: Der Erfolg war, nament1i<h fur die ware ihr das wohl nicht passiert. Wir muBtenihrnamIimneben
unbekannte Knshna, belsplellos. Auch habe i<h noch v . einem Sonderhonorar, das sie der Khlte wegen mit Recht ver-
mandem gehort, d~ ihm der hinzugefügte Unsinn aufgOe~a~~ langte, ziemlich viel Grog geben, damit sie ihre Darstel1ung
ware. trotz der Kalte durchführen konnte. Mai""! konnte behaupten, es
sei grausam yon uns gewesen, die Szene bei dieser Temperatur
Julius Streicher und »Verwehte Spuren« zu drehen. Aber ihr machte es gar nichts aus - sie war im
Gegenteil sehr vergnügt, sich einen ordenÙichen Batzen ver-
Kristina bekam einen festen Vertrag von der Tobis. lm dienen zu konnen.
Das Bi/d wird mir immer haEten bleiben, auE welme Weise
schrieb fur sie ein Drehbu<h für den Film »Verwehte Spuren«.
sich der groge Frankenführer Julius Streimer um »die gesrurzte
Nam einer Radiosendung, in der ich früher einmal mitgespielt
Europa« kümmerte. Er legte ihr homst eigenhiindig denMantel
hatte. Die Geschichte selbst hatte der Schriftsteller Hans Rothe
um und bot sich an, sie in einen warmen Raum zu führen. lch
aufgeschrieben. rnulSte das natürlich verhindem, denn rneine Aufnahrnen waren
Der Film schlug wie eine Bombe eÏn, und Kristina festigte durch den Sturz gestort worden. J edenfalls stieg Europa wieder
ihren RuE als Schauspielerin, den sie im Film »Jugend« begrün- gehorsam auf ihren Stier und führte die Aufnahrne mit jener
det hatte. Prazision, die Artisten eigen ist, frohlim zu Ende.
Nun trat der seltene FaU ein, d~ i<h in keiner einzigenSzene Wie im horte, solI es dann nom ein ganz mobiler Abend für
etwas verandern muBte. Hitler war 50 begeistert von dem Film, den Frankenführer geworden sein. Jedenfalls schwirrten am
daB er Goebbels befahl, mir seine Anerkennung auszusprechen. nachsten Morgen die seltsamsten Geriimte durch Geiselgasteig,
Besonders Kristina galt sein Lob. von denen ich nicht behaupten will, daR sie aile der Wahrheit
Aber dennoch hatte ich ein remt peinlimes NS-Erlebnis mit entsprechen. Jedenfalls sag unsere Europa am nachsten Tag
dem Film: AnlaElich einer Nachtaufnahme, in der durm die zwar nicht mehr auf dem Stier, aber auf einem sehr hohen RoB.
Sie war zum Mittelpunkt geworden, und es wurde viel gelamt.
StraRen des alten Paris der grolSe WeltausstellungsUIDzug ge-
Auch Goebbels hatte yon der Geschichte gehort und bedachte
filmt wurde - der Umzug war eine Werbung fur die »Welt-
sie mit dem Wort »Saustall«. Er konnte Streicher nicht riechen.
ausstellung« -, hatte im in Symbolen die fünf Erdteile gezeigt.
Es tat ihm sichtlich wohl, seinemArger Luft rnachen zu konnen,
Europa ritt ziemlim unbekleidet auf einem Stier, wie das der dag » ••• dieser Streicher die ganze Innung blamiere«.
antiken Vorstellung entspram.
Julius Streimer, seines Zeimens »Frankenführer« und Her-
ausgeber des antisemitismen Hetzblattes »Der Stürmer«, wat »Die Reise nach TiIsit« nach Sudermann
mit seinem Stab in Automobilen von Nürnberg herübergekolll-
men, um sim diese sensationellen Nachtaufnahmen anzusehen. lm Anschlue an den Film »Verwehte Spuren« machte ich
Der karnevalsahnlime Umzug, der in der Namt gedreht werden »Die Reise nach Tilsit« nach der »Litauischen Noyelle« von
m~te, war besonders smwer darzustellen weil sim durch ejne Hermann Sudermann.
plotzlim eingetretene Khlte Eis auf dem 'namtlichen StraBen" Dieses Thema wurde friiher schon einmal in Hollywood yon
pflaster gebildet hatte, 50 daR alles rutschte. Nun rutsdt~
dem bekannten deutschen Regisseur Friedrich Wilh
unter dem Titel »Sunrise « (Sonnen au fgan g) 1 elm Murnau
·
ge d reh t. D leser F'I h d a s StllInmfilll'I
1 matte amais einen ungewohnl'ch verges sen. Dieser Mensch wa r damais nicht davor zurück-
und ging um die ganze Welt. In einiger Abwandl~ en Erfol g geschreckt, mich vor der ganzen Fûmwelt lacherlich zu machen,
r indem er meine Scheidung von Hilde Korber dazu benutzen
velle beschreibt mein Film die Geschichte einer g .de No-
· ch ers f rau, d le
' von 1'h rem M ann mit einer Polin di einfachen woIlte, um mich zum Scheingatten der Baarova zu mach en.
FIS al
. ' e s Kur- Und das aIles n ur, um ungestort seine eigene Liebesgeschichte
gast auf der Kunschen Nehrung weilt, betrogen wi d D . fortsetzen zu kannen. Das verriet eine 50 namenlose Nieder-
r. er Fllll'l
spielt in der seltsamen Landschaft der Wanderdünen d K . tracht und Nichtachtung, daB es mir beinahe die Besinnung
es un-
schen Haffs dort, wo die Memel in das H a ff einflieflt nahm, ais er nun ausgerechnet diese Geschichte auf den Kopf
r.,un d ln
.
der Stadt Tilsit. stellte. Einige Minuten lang war es mir vollig klar, daB ich
Die Fischerin hejgt Eike. Kristina spielte sie. Ihr Vater wurde sein Zimmer nicht verlassen würde, ohne daB er einmal von
mir die voile Wahrheit über seine unglaubliche Niedertracht zu
von Eduard von Winterstein dargestellt. Der Fischer und Ehe-
haren bekam.
mann war Frits van Dongen, und die polnische Ehebrecherin
Mein Zorn und mein Ekel waren einfach stiirker als meine
spielte Anna Dammanr!.
Vernunft. Goebbels muB die Gefahrlichkeit des Augenblicks
D er Film war gut. Doch Goebbels war empo rt über ihn. lch bemerkt haben. lhm waren wohl auch seine taktlosen Worte
erfuhr aus dem Ministeramt den Grund der Emparung. Seine und das auBergewohnliche AusmaB an Verlogenheit, das er mit
eigene Uebesgesc:hichte mit der Tschechin Lyda Baarova muB ihnen zeigte, klar geworden. Darum sagte er plotzlich stotternd
mit manchen Szenen des Films eine verflixte Ahnlichkeit gehabt und hilflos, ich solle schnellstens, aber allerschnellstens sein
h aben, wovon wir, die Autoren des Films, natürlich keine Zimmer verlassen. Der Produktionschef Demandowsky warte
Ahnung h atten. D ie Ahnlichkeit war aber offenbar 50 stark, drauBen, und er werde mir sagen, was mit dem Film geschehen
daB Magda Goebb els wiihren d der Vorführung dieses Films in müsse. Es war ein harter, plotzlicher RausschmiB, der meiner
scheuBlichen Situation ein jahes Ende bereitete.
Gegenwart zahlreicher promin enter Zuschauer, die in dem Pri-
lch traf drauBen im Vorzimmer des Ministers auf Deman-
vatvorführungsraum von Goebbels saJ5en, aufgesprungen war
dowsky. Der zuckte mit den AchseIn und sagte: »Reg dich nicht
und wütend den Saal verlassen h atte. Der SkandaI war da. auf, der beruhigt sich wieder. Das kann er sich gar nicht leisten,
Goebbels schiiumte. Er narmte den Film eine himmelschrei- den Film zu verbieten. Die Sache ist schon überall 'mm - aum
ende Geschmacklosigkeit. Er versuchte es 50 zu drehen, ais drüben in der Reichskanzlei. Wenn der Führer erfahrt, aus
h iitten meine eigenen Schwierigkeiten in meiner Ehe mit Hüde welchem Grund der Film verboten werden soIl, kann das
Korber in dem Film ihre Darstellung gefunden. lch hiitte kein Goebbels sauer aufstoBen.«
Recht, in der Dffentlichkeit meine "Privatwiische zu waschen«, Es passierte aum gar nichts. Die Zulassung des Films wurde
brüUte er. einige Wochen hinausgezogert, und dann ersmien er ohne
lch wandte ein, daB ich bei der Gleichstellung des Füms mit wesentliche Veranderung in Berlin zur Uraufführung - 50, wie
meinen eigenen Erlebnissen mir selbst ein 50 fürchterlidt es Demandowsky es vorausgesagt hatte. Der Film hatt~ ein~
Zeugnis ausstellen würde, daB das wohl nicht ganz sein Ernst grog en Erfolg, und es dauerte nicht lange, da ,wurde lm nut
sein konnte. meiner Frau zusammen • wieder bei Goebbels emgeladen, und
lch wüns~te, er hiitte mir die Wahrheit gesagt und mir die zwar diesmal in kleinerem Kreis.
lm erwartete, daB er auf unsere Auseinandersetzung zurück-
B.aarova-Affare unter die Nase gerieben. lch hatte ihm gem
eme Antwort. darauf gegeben, denn sein emporendes Beneh' • Nach der Erinnerung von Kristina 5iiderbaum lag sie zu dieler
Zeil im Krankenhaus und war nicht anwesend,
m~n gegen rru~, .aIs er mich zwingen wollte, die Tsdtedtin tU
helIaten, damlt Sle Deuts-'-e
Ul Wur" d e, h atte lUl
. -'- l'h m nOUl
-'- .~
nldtt

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ommen würde, denn seine Frau war nich t im Hause. lch hatte sicherte Goebbels, habe er schon mehrere iihnliche Gerüchte
mir auch fest vorgenornrnen, eiskalt zu bleiben und mich von ausgestreut und dadurch erreicht, daiS manches Gerücht, dem
ihm nicht wieder in eine unüberlegte Situation treiben zu las- vieIleicht eine Wahrheit zugrunde lag, ebenfaIls nicht geglaubt
sen. Aber er berührte das Thema überhaupt nicht. Er berührte wi rd.
es nur insoweit, aIs er von »Gerüchten« sprach. Den »Gerüch-
ten« - er habe ein VerhaItnis mit Fraulein Baarova, war er »Das unsterbliche Herz «
vorher schon einrnal vor vielen Hundert Film schaffenden irn
und noch einrnal Julius Streicher
»Thronsaal« des Promis drohend entgegengetreten.
Jetzt stelIte er mir plastisch dar, daiS ich einen Film machen lch sch rieb dann mit Richard Billinger zusammen nam dem
solle mit dem Titel »Das Gerücht«. Es ware hochinteressant, Silick meines Vaters »Das Nürnbergisch Ei« meinen Film »Das
wie Gerüchte entstehen, was sie anrichten konnen und daiS man unsterbliche Herz« *. Es ist die Geschimte des Schlossers Peter
nahezu wehrlos gegen sie sei, denn die Gerüchtemacher blie- Henlein, der irnJahre 1517 in Nümberg die Tasmenuhr erfand.
ben meist unbekannt. Goebbels hatte sich unter dem Film, der in Nürnberg und
In diesem Rahmen sprach er nun von einem Gerüchtemacher, zum Teil auf der Nümberger Burg spielt, eine Art »Meister-
der sich dazu bekannte, Gerüchte in die Welt gesetzt zu haben, singer« vorgesteIlt. Er woIlte das »Evchen« sehen und in Peter
und auf welche Weise er Gerüchte »zu toten « pfIegte - und Henlein den »Hans Sachs«. Kurzum : Er war ganz enttausmt
zwar sei er das selbst. über das Drehbuch : »Herr Harlan, das ist ein Kulturfilm über
Er erzahIte, wie er das Gerücht aufgebracht habe und von die Erfindung der Tasmenuhr. Für 50 etwas sind Heinrim
verschiedenen Vertrauten hatte verbreiten lassen - Gerhart George, Paul Wegener und Kristina Soderbaum zu smade.« AIs
Hauptmann sei wegen heimlicher sozialdemokratischer Um- ich ihm dann aber den Film in der mir eigenen Plastik vorstelIte,
triebe und wegen Beleidigung des Führers verhaftet und in ein begann er ihn zu sehen und seinen künstierischen Sinn zu
Konzentrationslager gebracht worden. Dieses Gerücht machte begreifen. Er behauptete zwar, das, was im erzahlte, konne
etwa vier bis sechs Wochen vor einem Geburtstag Gerhart kein Mensch aus dem Drehbuch herauslesen. AIs er aber spa ter
Hauptmanns - ich glaube, es war der 75. - die Runde. Nailir- den fertigen Film sah, brachte er seine Anerkennung dadurdt
lich erschraken die Künstler. Goebbels lieB die Auswirkungen zum Ausdruck, daiS er zu mir sagte: »Von Ihnen lese im kein
dieses Gerüchtes beobachten und sich genau darüber Bericht Drehbuch mehr. lch lasse mir lhre Filme in Zukunft erzahlen.
erstatten. Denn der Film ist tatsachlim 50 geworden, wie Sie ibn mir
Dann erzahlte Goebbels weiter, auf welche Weise er Gerhart damals vorgesteIlt haben. «
Hauptmann zu seinem Geburtstag gratuliert und wie er diese Die Arbeit an diesem Film verIief sehr harmonism. lm hatte
GratuIation popular gemacht habe. Wenn ich rnich recht erin- lauter Freunde um mim. Neben meiner Frau - Heinrim George,
nere, hat er Hauptmann sogar personlich besucht, sich dabei Paul Wegener, Ernst Legal, Paul Henckels und Mima~l Bo~en.
fotografieren und diese Fotografien in der Zeitung erscheinen Die Proben für »Das unsterblime Herz« fanden ID Hetdel-
lassen. Jedenfalls sprach Hauptmann am Abend seines Ge- berg statt, weil Heinrim George dort allabendlim im .Freilidt~­
burtstages über das Radio, und es war klar, daB das k eine Auf- theater des Schlosses den >, Gotz von Berlidtingen« SPlelte. Die
eigentliche Dreharbeit begann mit einem haBlimen MiBklang:
nahme sein konnte, da er von ganz gegenwartigen Dingen
sprach. Ich hatte in der alten Stadt Nümberg eine Menge Aufnahmen
.
zu mamen, tellwelse. brauUlte
-'- lUI
'..l.. dazu mehrere Tausend Kom-
Das von Goebbels ausgestreute Gerücht solIte die Empfin-
dung wachrufen : »Da sieht man' s mal wieder _ man solI die • Zur Chronologie:. »Das uns t etblj-Le
~. Herz« wurcle 19,8 pdreht,
entstuel.
a l80 vor dem Film _Die Reise nam TIlslt«, der 19'9
dummen Gerüchte nicht glauben.« Auf diese Weise, 50 ver-
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rarsen. lch mulSte die modernen StralSenschilder und die Schil-
der an den Laden abmontieren und alles Moderne von Allen singen, die ich einbauen lassen wollte. Es war ziemlich schwie-
rig, Streicher die angebotenen HilfsmaBnahmen auszureden,
StralSen entfernen lassen, die auf die Burg Nürnberg zuführten.
und es stellte sich auch sehr schnell heraus, dalS ich sie gar nicht
Ja, ich wollte sogar die StraEenbahnschienen mit Sand zuschüt-
notig hatte. Der betreffende Domherr, den ich aufsuchte, erteilte
ten und die Oberleitung entfemen lassen, um vor der St.-Lo-
mir nich t nur die Erl aubnis, sondern er half mir auch, wo er
renz-Kirche dieZeit von 1517 wiedererstehenlassen zukonnen. konnte.
Ais wir um Erlaubnis für diese Umbauten bei dem damaligen
Durch einen offentlichen Aufruf in der Zeitung und im Radio
Bürgermeister baten, rief dieser 50 fort bei Julius Streicher an bat ich die Nürnberger Bevalkerung, in einer Kleidung, die
und meldete mich dort an, weil ohne die Genehrnigung des maglichst mittelalterlich aussehen sollte, an einem bestimmten
»Frankenführers « solche weitgehenden Erlaubnisse in Nürn- Sonntagmorgen vor der Burg zu erscheinen, weil ich das feier-
berg nicht gegeben werden konnten. liche Begrabnis Peter Henleins, des Erfinders der Taschenuhr,
50 kam ich zum zweitenmal zu Julius Streicher. filmen wollte.
Streicher begrül5te mich, als seien wir alte Freunde. Er sagte, Die Szene war auf Bachs Chorwerk »Komm sül5er Tod« ab-
dalS er »Verwehte Spuren« gesehen hatte, und lobte den Film gestimmt. Es kamen etwa zwanzigtausend Menschen - zahllose
über Alle MalSen. Er lieg sich kurz den lnhalt des Films »Das von ihnen in nahezu echter Kostümierung.
unsterbliche Herz« von mir schildern und war von dem Thema Mit einer weitlaufigen Lautsprecheranlage verteilte ich vom
hingerissen. Mehrfach sagte er, wie stolz er sei, daE ich in hachsten Turm der Nümberger Burg aus, von dem ich ganz
Nürnberg arbeiten wolle und daE er mir natürlich samtliche Nürnberg übersehen konnte, die Bürger an den entsprechenden
Schwierigkeiten aus dem Weg raumen würde. Das hat er dann Stellen. Es war ein herrliches Bild. Der Leichnam Peter Henleins
auch im grolSen AusmaE getan. wurde von sechs Rittern auf einen Schild gehoben und durch
Ais ich ihm sagte, daE ich im lnnem der St.-Lorenz-Kirche Nürnberg hinauf zur Burg getragen. Die Trauemden foIgten,
einen Knabenchor, der eine Bach-Kantate sin gen solle, drehen und die ganze Stadt nahm Abschied von ihrem groBen Toten.
und deswegen zu dem Dornherm gehen wolle, der dieses Got- Alles war aufgestellt und wartete auI die Sonne. Stunden-
teshaus verwalte, sagte er: »Sie werden doch nicht zu dem Iang verbarg sie sich hinter Wolken. Die blauen HimmelsHecken
Schwarzen gehen. lch gebe lhnen 20 Mann von meinen Leuten waren immer woanders, nur nicht dort, wo die Sonne den Weg
in Uniform. Da mochte ich mal sehen, wer Sie daran hindert, des Begrabnisses bescheinen konhte. Nach etwa zwei Stunden
in der Kirche zu filmen!« kam ein bedenklicher Humor auf, und alles geriet in Unord-
Genau das wollte ich natürlich nicht. lch muBte mich darum nung. Ein zweitesmal würden 50 viele Menschen nicht geduldig
kümmem, wann die Gottesdienste stattfanden, und ich wollte wiederkommen - das stand mir beangstigend vor Augen. Ais
selbstverstandlich den notwendigen Anstand walten lassen und nun plotzlich die Sonne hervorbrach, schien ganz Nümberg
jenen Respekt, ohne den man das erhabene Haus nicht betreten aufzujubeln - 50 schallte es jedenfalls von den Tausenden zu
kann. lch wollte ja den »Englischen GruB « von Veit StoB und mir hinauf auf den Turm.
se~n Kruzifix aufnehmen. Auch wollte ich die gewaltige Kirche In dem Augenblick, aIs ich mit einer Leuchtpistole den Start-
ffilt dem Sakramentshauschen von Peter Fischer ausleuchten, schuB von oben geben wollte, wurde mir von meinem Auf-
um den gigantischen Bau in seiner ganzen GroBe wiederzu- nahmeleiter Kiekebusch über sein Mikrophon hinaufgerufen:
geben. Die Regensburger Domspatzen soIlten die Bachsche »Harlan, du muBt noch warten, der Bohnen ist nicht da/«
Kantate "lch geb' mich Dir zu eigen hin« " auf einer Estrade Michael Bohnen hatte in vorderster Reihe in schwarzer Riistung
• Bad! h t k ' K wie die übrigen runf anderen Ritter den Leichnam zu tragen. lm
Kantate a ~m~ antate mit diesem Titel gesd!rieben. Welme
gememt 15t, konnte nimt festgestellt werden. wurde nervos und rief hinunter: .. VerHixt, wo lst denn -

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Bohnen?!« Kiekebusch rief hinauf: »Daskann ich nichtsagen!«
Ich rief hinunter: »Du bist wohl nicht ganz bei Trost, ich muB Beispiel gegeben. Er hatte mich niirnlich zunachst in einem
drehen, wo ist der Bohnen?!« Kiekebusch: »Wenn du es genau roten Bademantel empfangen und war darunter nur mit einer
v.1.ssen wiUst - der muB mal - - - und ehe der seine Rüstung winzigen Dreiecksbadehose bekleidet gewesen. 50 stand bald
wieder ankriegt, dauert es bestimmt eine Viertelstunde. « alles hemdsiirmlig, wie das ja auch in eine Kegelbahn paBt, und
Die ganze Aufnahme drohte unter dem ungeheuren Geliich- 5treicher forderte uns auf, »5timmung« zu machen.
ter aller, die Kiekebuschs Antwort gehort hatten, auseinander- Er verlangte von Heinrich George, er solle rur ihn etwas aus
seinen RoUen sprechen. Heinrich soUte den Teil aus dem
zufallen. Ich gab die Anordnung, daB ein anderer schwarz-
),Gotz« rezitieren, der mit dem " Gotz-Zitat« endet, was Hein-
gekIeideter Ritter an die Stelle von Bohnen treten solle, und
rich kaltliichelnd ablehnte. George war überhaupt demonstra-
gab dann den StartschuB.
tiv sauer. Die Geschichte mit der nackten Figur hatte ihm den
Am Abend dies es Tages waren die Schauspieler, die Produk-
Rest gegeben . Er wollte zurück in den Park gehen und ihr
tionsleiter und der technische Stab in die rote Sandsteinvilla
Mostrich auf den Arm schmieren, weil er das "passend« fand.
Julius Streichers eingeladen. Die Einladung war, wie Streicher
Aber ich hielt ihn zurück. Er gab Antworten, die zu seiner
sich ausdrückte, auf einen ),altfriinkischen Stil« abgestimmt.
5timmung p aiSten. Immer wieder locl<te Streicher, der Hein-
DrauBen vor der Terrasse gab es Nürnberger Spezialitiiten, richs Millmut nicht übersehen haben konnte, durch schrage
namentlich Würstchen aus dem »BratwurstglOckle«. Es wurde Fragen Antworten aus uns heraus. Man wu!Ste nicht recht,
auf Zinn serviert. Jedes Fleischstück, das man aufgelegt bekam, warum er eigentlich 50 merkwürdige Fragen stellte. 5ch!ieSlich
hiitte für drei Personen gereicht, und das Bier floiS in 5tromen. erklarte er, Kristina habe in ),Verwehte Spuren« so schon die
Die biedere verhiirmte Frau 5treicher fungierte aIs Haus- "Marseillaise« gesungen, sie solle doch ein schones deutsches
herrin, aber ein junges Miidchen hing meist an 5t reichers Ann. Volkslied singen. Kristina erkIiirte sofort, daB sie ohne Beglei-
Mehrfach wurde mir zugeflüstert, daiS sie die eigentliche Frau tung überhaupt nicht singen konne. Sie wurde feuerrot und
von 5treicher sei. gab Streicher sehr treffende Antworten, die sich auf der Grenze
Mit dem Miidchen am Arm forderte Streicher Heinrich des gerade noch Moglichen bewegten. Kristina bezog sich mit
George, die anderen 5chauspieler und mich auf, mit ihm durch einem Krampflacheln auf den " freien Ton«, der hier herrsme,
den Park zu gehen und fragte, ob wir Interesse daran h iitten, und da Streicher gesagt hatte, wir soilten uns "wie zu Hause
"einen guten Kegel zu schieben«. fühlen «, müsse sie feststellen, daB sie zu Hause niemals siinge.
Mitten im Park stand eine lebensgroiSe rote Terrakotta- Die meisten wurden unter dem Alkohol entweder berlinisdt
Figur, eher )'ausgezogen« als in künstlerischer N acktheit, auf oder bajuwarisch ziemlim keiS, denn Streimer ermunterte sie
dem Rasen. Ais wir an der Figur vorbeikamen, stellte er sie dazu und bezeugte eine diebisme Freude daran. Der Alkohol
vor. Es war das Miidchen, das er am A rme führte. N iemand lockerte mehr und mehr die Zunge und der Kegeltumult
wuBte recht, wo er hingucken soUte. Lachen durfte man wohl wuchs.
nicht ... SchlieBlich durfte man es, denn der ,)liebe Franken- Plotzlich wurden WiI still. Streimer hatte einen Wink ge-
führer« lachte selbst. »Auf zum Kegeln! Gut Holz! AUe geben, und nun hOIten wir aus einem Lautsprecher genau das,
Neune! « wa s wir in der letzten halben Stunde alles gesagt hatten.
Beim Kegeln wurde noch meh r Bier und Schnaps getrunken. H eute besitzen viele Leute Tonbandgerate, mit denen man
Es ..gin~ wieder sehr »frankisch« zu. Streicher gab jedem aus- die Gesprame einer Gesellsmaft mit Leimtigk~it aufn~en
druckhch die Erlaubnis, sich 50 formlo s zu benehmen, wie er kann. lm Jahre 1:938 war das eine absolute Newgkeit für un:;
wolle. Er hasse die Subalternen. In seinem Hause herrsche jede denn das Magnetophon war erst im Jahre 1:935 von der AE
Freiheit. In diesem Sinne hatte er uns ais Hausherr bereits ein herausgebramt worden. lm hatte nodt nie ein solmes Gerit

"
gesehen. Jeder lieg durch sein Gedachtnis rasen, was er wohl
gesagt hatte. streicher schaute sich grinsend um und weidete aIle muBten die gra uenhaft lange Zeit mit gehobenem Arm
sim an unserer Betroffenheit. »Na denn man tau!« - sagte stehenbleiben.
Heinrich George bissig und gog sich eine weitere Mag hinter Der AbschluB der Uraufführung war dann feierlicher. Die
die Binde. deutsche Uhrmacherinnung hatte mir eine schone Standuhr ge-
War es nun Krampf, dag wir der Unwürde - uns rurchten schenkt, und in einer Rede wurde ich aIs »Ehrenuhrrnacher-
zu müssen - durch Lachen zu entgehen versuchten oder wollten meister« angesprochen.
wir einen Gleichrnut vortauschen, den wir nicht hatten. Jeden-
falls lachten wir. Obwohl streicher uns grinsend versicherte,
dag ungeschickte Worte, die »bei Lustigkeit und Trunk« ge- »Pedro solI hiingen«
sprochen wurden, selbstverstandlich wieder gelOscht werden
Vielleicht war es die gespannte Lage, die auf einen Krieg
würden, war der AbschluB des Abends doch 50, dag jeder er-
leichtert aufatmete, als er zu Ende war. hinzielte - oder es war der groBe Erfolg, den der Film "Das
unsterbliche Herz« hatte -, daJS Goebbels sich mein Drehbuch
Dann begann einer der schonsten Arbeitsabschnitte im Ate-
von "Pedro soll hangen« nicht durchlas? Jedenfalls erklarte er
lier in Johannisthal, den ich jemals leisten durfte. Es waren
mir, daR meine mündliche Darstellung sehr plastisch gewesen
Geist und Dichtung meines Vaters, denen ich zurn neuen Leben sei und daR er die Geschichte für witzig und verfilmenswert
verhelfen konnte. Und Manner wie Heinrich George, Paul halte. Hatte allerdings Goebbels das Drehbuch durchgelesen,
Wegener, Paul Bildt, Michael Bohnen, Jakob Tiedtke, Paul darm ware es mir wahrscheinlich auch durch die briIlanteste
Henckels, Ernst Legal, Eduard von Winterstein und Bernhard Verteidigung nicht geglückt, diesen Film durchzusetzen.
Minetti standen mir mit meiner Kristina zur Sei te. Kristina erwartete damals ein Kind. Für diesenZustand hatte
Die Uraufführung des Films »Das unsterbliche Herz« fand ich ihr die Rolle geschrieben. Da sie aber gleichzeitig an einer
am 31 . Januar 1939 in Nümberg statt. streicher hatte es ver- schweren Nierenkrankheit litt, durch die sie wochenlang in
standen, sich diese Uraufführung für seine stadt zu sichem. Lebensgefahr schwebte, übertrug ich die mr zugedachte Rolle
Der Erfolg war grolS. Maria Landrock. Mitten in diese Arbeit fiel der Ausbruch des
Streicher saJS in der Loge des Filrntheaters. AIs sich die Krieges.
Schauspieler nach der Vorführung des Films auf der Bühne Die groBen Schauspieler, die ich für meinen Film »Pedro«
verbeugten, stand Streicher auE, urn ihnen zu danken. Das zur Verfügung hatte, waren Heinrich George, Gustav Knuth
gesamte Publikum drehte sich Streicher zu und uns den Rük- und Jakob Tiedtke. Mein Freund Heinrich George, über den ich
ken. Es hielt - wie ein Mann - den Arm hoch zurn deutschen zunachst berichten will, war fraglos dem Nationalsozialismus
GruB. Auch alle, die in der groBen Loge urn streicher saBen, am ehesten zugewandt, wenn er auch mit der Abscheulichkeit
taten das. Selbstverstandlich muBten wir es auch tun. Ware es des Antisemitismus gar nichts zu tun hatte. Aber Heinrich
ein kurzer GruB gewesen, dann hatte uns das nichts weiter hatte durch eine aktive Ablehnung des herrschenden Systems
ausgemacht, denn man war ja daran gewohnt. Aber Streichers weder leben noch arbeiten konnen. Alles, was Heinrich George
Rede, in welcher er »Das unsterbliche Herz« pries und in wel- tat, war 50 hundertprozentig und eindeutig, daB es für ihn nur
<her er »die Unsterblichkeit« nun auf alles anwendete, von die Entscheidung geben konnte: Entweder arbeitest du freudig
dem .. ch und mit Hingabe mit, oder du wirst ein Widerstlindler und
er wuns te, es solle »unsterblich« sein, dauerte und
dauerte . W'le eme
. 5 tun de kam es einem vor. AIs seine Rede liiBt dich einsperren. Dazwischen gab es ror das ~esen dieses
schlieBlich zu Ende war, wurde auch noch das Deutschlandlied groBartigen, vitalen und kindlichen Menschen ruchts. N~ so
und im Anschlu B das H .
orst-Wessel-Lled gesungen, und Wlr. konnte er sich erfüllen. 50 war er auch ein treuer Freund se1MIl
74
jùdlsmen Freunden gegenüber ebenso wle ein treuer Deut-
scher. gewuJSt haben, an welcher Stelle ich stand, und ich habe es auch
Jakob Tiedtke \Var - \Vas Heinrich George k einesfalls war _ niemals verborgen. Aber was müssen all diejenigen gedacht
ein weiser, alter Mann. Er besaE einen Berliner Weillbierhumor hab en, die über das, was ich mit Goebbels bereits erlebt hatte,
und eine groJSe Portion Skepsis. Die ungeheuerliche Furchtbar_ ni cht orientiert waren.
keit der Nationalsozialisten konnte er zu dieser Zeit noch Wer wuJSte schon, daJS es mir bereits damaIs verboten war,
nicht kennen. 50 war Jakob Tiedtke einer, der über alles lachte eine Firrna zu gründen? Wer wuJSte darüber hinaus, daJS ich
und seine Scherze machte - auch über den Nazismus. Er war in der " Intimsphare« mit Goebbels eine Auseinandersetzung
ein besonders liebenswürdiger und groJSartiger Schauspieler. hatte, die an Abscheulichkeit nicht zu überbieten war. Ich war
Aber ein politischer »Kampfer« war er nicht. Bestimmt ist er ja auch durch die verschiedenen vorangegangenen Eingriffe in
meine Filme vor dem Nationalsozialismus genügend gewamt.
nie auf die Idee gekommen, eine Rolle wegen ihres politischen
Inhalts abzulehnen. Aber da war etwa im Jahre 1934 oder 1935 irn »Volkischen
Beobachter« * ein sogenanntes Interview von mir erschienen,
Gustav Knuth, der dritte in die sem Kreis, war ein Mann,
das den Titel trug: »Wie ich den Weg zurn Nationalsozialismus
der wohl ungern laut kritisierte. DaE er sich aber schüttelte,
fand«. Von diesem falschen Titel ausgehend wurden in diesem
wenn er von den Nationalsozialisten ü berhaupt nur etwas
Artikel Dinge behauptet, die ich der betreffenden Joumali~tin,
horte, war unverkennbar. Wer mit ihm zusarnrnen arbeitete
die den Artikel geschrieben, überhaupt nicht gesagt hatte. Dlese
und namentlich den Kriegsausbruch miterlebte, sah in Gustav Dinge waren allseits in der Presse bekannt gewo~den, uI~d eben
Knuth nicht nur jenes »goldene Herz«, das sich in Liebenswür-
darurn wurde diese Joumalistin vom "YB" zu mrr gesc:u~~: ~
digkeit verschenkte, sondern einen Menschen, der bereits in dem Gesprach wurde nicht nur diskutiert, daJS sich meme Judi-
der ersten Stunde des Kriegsausbruches erkannte - alles konne sche Frau von mir getrennt hatte, sondem man kannte auch d:n
nur mit einem kolossalen Unheil enden. Heinrich meinte dar- Namen eines heute noch sehr bekannten jüdischen S~ausple-
auf: »Bange machen gilt nicht«, und Jakob Tiedtke: »Auch det 1ers, d er die se Trennung herbeigeführt hatte. Auchdmeme hef-
Unheil muJSte relativ betrachten. « Knuth verabscheute die Ge- dT u
tige Auseinandersetzung, die ich mit meinem Freun un. ra-
walttatigkeit und jede Art von Ungerechtigkeit. Der Ausdruck zeugen Fritz Kortner hatte, stand zur Di~kus~i~n, auch. m dent
seines Gesichts ist mir unvergeJSlich, als wir gemeinsam im Interview, obwohl diese Dinge mit Antiserrutismus ruch t dalas
Cicero-Atelier in Berlin-Halensee vom Beginn des Polen-Feld- geringste zu tun h atten. Au ch daJS Alfred Kerr, der uf dam 'chs
zuges erfuhren. bedeutendste deutsche Theaterkritiker, einen ~.ru~ a .rru
Meine Frau Kristina, die zu dieser Zeit im Franziskus-Kran- "bt habe nach dem ich eine Erklarung fur die Zettung
ausgeu, b b llt bekannt
kenhaus in Berlin lag, reagierte mit ahnlichem Entsetzen wie eben sollte, die ich durchaus nicht a ge en wo e, war .
Knuth, denn sie erwartete in den kommenden T agen ihr Kind. gDas wesentlichste aber war, d al>n die Umstiinde bekannt
al waren,
H 1
Dieses Kind würde nun in eine Zeit hineingeboren, die eine .
unter denen mem Vater, er d Schriftsteller Dr.
. . W ter
H ar chIan,
Mutter natürlich entsetzen muJSte. AIs Schwedin hatte sie über- am 14. April 1931 im Eden-Hotel in Berlin emem erzs ag
haupt keinen Kontakt zu der Art »deutschen Denkens«, wie es
erlegen war. . 1 Z 'tungen beschrie-
uns in Deutschland vorpraktiziert wurde. Daneben hatte sie in Es war bekannt und damaIs von VIe en el
der Offentlichkeit eine gewisse Scheu, als »Fremde« anderen b en worden, daJS mein Vater ais "Vorsitzender
h d '
des Verbandes
Rede die er im
wa
mitzuteilen, was sie von solchem deutschen Denken hielt. Deutscher Bühnenschriftsteller« ch r~~::::~:llem ~d Kom-
Tiedtke war gleichzeitig mein Freund und der Taufpate Eden-Hotel vor etwa 400 deuts en
meiner Tochter Maria. Ebenso war George mein Freund, und . trotz vieler Bemühungen. auch von
• Der Text des IntervI.ews war aufzufinden. (5iehe auch 5. 148.)
auch mit Knuth verband mich groBe Herzlichkeit. Sie werden wissenschaftlidlen Inshtuten, n idlt
.,.,
~a(t et' ~adan 1 ~r fd;nard)t

Er.. SCHNAR.CHT
6n (ef«Jt-1A' ~a.Du-ruu~

~~~~10~' ... •

~)\~~~~.

Widmung Walter Harlans für Dora Gerson.


VON

ponisten gehalten hatte, plotzlien tot hinstürzte, weil sein Herz WALTEJ. HAR.LAN
es nient ausgehalten hatte, daR eine bosartige Clique ihn in
DE UT Je H f Vi" LACS,AN.JTALT
verlogener Weise als Antisernit angegriffen hatte, nur um ihn
auf diese Weise als Vorsitzenden zu stiirzen.
.UV"'AaT
In dieser Rede hatte mein Vater alle Griinde dargelegt, die
bewiesen, daR er ein ausgesproenener Philosernit war. Dann
hatte er angewidert seinen Posten niedergelegt, wohl weil er
fühlte, daR er gegen diesen Unflat nient ankommen konne.
Mein Vater ein Antisernit! Mein Vater hatte nient nur einst-
mals freudig zugestimmt, aIs ien eine Jüdin heiratete; er hatte Titelblatt Walter Harlan .Er sdmarcht.
auch mehrere Werke geschrieben, in denen der A ntisemitismus
ter Unsinn. Ich h atte ga r nicht die Absicht, dem Nationalsozia-
ln aller Deutlichkeit als abscheulich dargestell t wird. Er hatte
lismus »die H arke zu zeigen«, wie Goebbels tobte. Es lag auch
sich auch von dem bekannten antisemitischen Schriftsteller
nicht in meiner Absicht, eine »Kirchenpropaganda cc zu betrei-
Arthur Dinter (»Die Sünde wider das Blut«) eine »Sabel-
ben. Ich hatte rnich vielmehr von sokratischem Humor und
forderung « eingehandelt, weil er in seiner Eigenschaft als Vo r -
Ironie leiten lassen, aIs ich das Drehbuch abfaBte. Ich hatte rnich
sitzender dies es Verbandes Dinter aus dem Verband ausge-
dabei nur ganz lose auf ein Theaterstück von Hynitsch gestützt,
schlossen hatte. Arthur Dinter hatte namIich im Z irkus Busch
das im übrigen nie gespielt worden ist.
(dem spateren GroBen Schauspielhaus), in welchem das christ-
Goebbels tobte und tobte. Er lieB rnich gar nicht zu Worte
lich-religiiise Stück von Karl Vollmiiller, "Das Mirakel«, mit kommen. Er warf mir vor, daB meine Kinder »Thomas Chri-
der bekannten Schauspielerin Maria Carmi unter der Regie von stian, Maria Christi ane, Christa Susanne« und daB mein letztes
Max Reinhardt ausgeführt wurde, vor dem vollbesetz tenZirkus Kind »Kristian « hieBen. DaB ich aus dem Narnen »Kristina«
mitten in die Aufführung hinein eine antisemitische Rede ge- Kris tian gemacht hatte, nannte er eine faule Ausrede. lch wolle
halten und einen Tumult hervorgerufen. Mein Vater hatte zwar rnich dern Publikurn mit altmodischer christlicher Propaganda
die Sabelforderung nicht angenommen, denn Dinter war kein an den Hals schmeillen, das ja auf so was immer fliege: es sei
Mensch für ihn, mit dem er sich schlug, aber er hatte über seine viillig unmiiglich, den Film in dieser Form zu belassep. Er
in seinen Werken festgelegte Meinung hinaus weithin ein deut- bereue es tief, daB er das Drehbuch nicht vorher gelesen habe.
liches Bekenntnis gegen die Abscheulichkeit des Antisernitismus Mir war viillig klar, daB er den Film verbieten muBte, wenn
abgelegt. er bei seinen Ansichten verharrte, denn der ganze Film hatte in
Meine engsten Freunde wuBten allerdings, daB mich solche allen seinen Szenen die Mangelhaftigkeit des irdischen Lebens
Niedertracht weder spater den Nationalsozialisten in die Arme wie der rnenschlichen Gerechtigkeit zur Melodie, und den Glanz
treiben, noch gar zum Antisemiten machen konnte. Aber die des Hirnrnels in der Harmonie. »Denn das Linke - das vom
vielen, die mir femstanden und die das »Interview«, in dem Menschen Gelenkte, ist das Melos - die Melodie, und clas
diese »Tatsachen« aufgeführt wurden, gelesen hatten, konnte Rechte - das Feststehende, das Giittliche - ist die Harmonie.
ich nicht aile der Wahrheit entsprechend informieren. Meinem (Sitzend zur Rechten Gottes, von dannen er kommen wird, zu
Freund Francesko von Mendelssohn allerdings, der im Jahre richten die Lebendigen und die Toten) « - so sagte im e~ Goeb-
193 6 noch einrnal in Deutschland war, gab ich das schriftliche bels. Nach diesern dramaturgischen Prinzip sei mein Film an-
Bekenntnis mit, daB ich mit dieser Abscheulichkeit nichts zu gelegt. Ein Film, der das Religiéise im Zentrum habe, müsse
tun hatte und niemals etwas zu tun haben würde. immer nach diesern Gesetz gebaut sein, wenn er nicht blasphe-
In der Wirrnis so erregter Empfindungen wurde also der rnisch wirken wolle. Das müsse der Nationalsozialismus cloch
Film »Pedro soli hangen« begonnen und zu Ende gedreht. Ich auch wollen. . .
packte in diesen Film alles hinein, was ich aus religiiisen Grün- Es gab keine Méiglichkeit für Goebbels, diesen praktisch. In
den gerade in dieser Zeit zu sagen wünschte. jeder Szene vorhandenen Gedmken aus dem FiI~ au~zuradie-
AIs Goebbels den fertigen Film sah, platzte eine Bombe, .
ren. »Klrchenpropagan da« war der Flm
1
nun .wirkhch
"
rucht. Der
cl Film
deren Wirkung alles in den Schatten stellte, was ich bis dahin Film gehéirte etwa in die Gattung, zu der viel spa ter er
nach der Ablieferung eines Films erlebt hatte. Die Worte »un- »Camillo und Peppone« ûihlte. . l' k"
verschamte Kirchenpropaganda« oder »bewuBte Verhiihnung Der Film war nicht teuer. Goebbels hatte es sich elsten on-
der nationalsozialistischen Grundsatzerklarungen « und ahn- nen, ihn zu verbieten. Statt dessen lieS er mn bis zur Unkennt-
lime Gesmosse Eeuerte er eines nam dem anderen auE mich ab. Iichkeit verstümmeln. . he'ch muBte
Jede seiner Behauptungen war in rneinen Ohren ausgernach- »Pedro« war schon im Herbst 1.939 ferhg, a r 1

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noch wahrend der Arbeit an meinem nachs ten Film - der mein
ganzes künftiges Leben überschatten sollte - immer wieder Ehefrau - wie das 500ft der Fall ist - zuletzt : Goebbels lebte
Bearbeitungen und Schnitte an »Pedro« vornehmen . Wiederholt mit Lyda Baarova in einem bereits lange Jahre dauernden Liebes-
versuchte ich mit groBter Energie, einige Szenen, die mir beson- verhaltnis und lehnte es ab, sich von ihr zu trennen, ais seine
ders lieb waren, zu retten. Von Goebbels wurden meine Bitten Frau da von erfuhr. lch habe diese Vorgange aus groBerer Nahe
stets schroff verworfen. AIs ein Torso - des groBten Teiles miterlebt, als mir Iieb war. Lyda Baarova war mit meiner da-
seiner Originalitat und seiner gedanklichen Konsequenz beraubt maliger Frau Hilde Korber und mir befreundet. Aus diesem
- kam der Film im Juni 1941 - fast zwei Jah re spater - zur Ur- Grunde verabredete sich Goebbels vor meiner Scheidung wie-
aufführung. Ganze 800 Meter fehlten. Es waren gewiB die derholt in unserem Hause mit seiner Lyda. Solche Besuche
besten Meter in diesem Film. Es war zum Weinen. waren unverdachtig, denn es hieB ja, die Besuche galten mir.
Goebbels muB es sch!ieBlich leid gewesen sein, und er hatte Er behauptete sogar in diesem Zusammenhang, er giibe mir
wohl zu irgendeinem Zeitpunkt den D isput mit mir über die den Vorzug vor anderen Regisseuren, weil er mich am meisten
Veranderungen des Films satt. Er entschied endlich, daB der schiitze. DaB ich mich in meinem Stolz getroffen fühlte, wird
Film 50 heraus müsse, wie er sei, und nicht mehr verandert wer- mir jeder glauben. Abgesehen davon war es mir auch peinlich,
den dürfe. in einer solchen Form zum »Mitwisser« jenes Verhaltnisses
gemacht zu werden. Da wir im Hause von Goebbels immer
wieder dessen Frau trafen, waren die Umstande ganz besonders
Die Baarova-Afhire bedriickend. Goebbels kam sehr oft. Auch in unserer StraBe
w uBte man, wie oft er da war, denn das Auto mit der Standarte
Goebbels war damals gerade aus seiner Verbannung nach
stand vor der Tür und ein SS-Mann stand Wache. lch habe auf
Rhodos *, wohin ihn sein Freund Ewald von Demandowsky, diese Weise Goebbels aus intimerer und privaterer Nahe ken-
der Produktionsmef der Tobis, begleitet hatte, mit frischen nengelernt ais die meisten Schauspieler. Goebbels hat z. B. in
Kraften zurückgekommen. Der Krieg, der gerade ausgebrochen unserer Wohnung den Einzug Hitlers in Wien an unserem
war, hatte seine energische Beweglichkeit und Entschlossenheit Radio mitgehort, und er hat mich an seinen Gedanken 50 teil-
noch gesteigert. nehmen lassen, als gehorte ich in den Kreis seiner Familie.
Wie war es zu der Verbannung des Ministers gekommen, Lyda war für ihn: seine Frau. lch habe nicht nur viel von seiner
aus der ihn Hitler - wahrsmeinlich wegen des geplanten Krieges Liebesgeschichte, sondern spater auch einige Nervenzusammen-
- von Rhodos zllrÜckrief? briiche von Lyda miterlebt, wie auch dazwischen ein merkwür-
Magda Goebbels war im Anfang des J ahres 1939 am Ende diges Heiratsangebot.
ihrer Duldungsfahigkeit angekommen und hatte Hitler gebeten, Nachdem niimlich Goebbels erfahren hatte, daB Hilde Karber
in eine Scheidung zwism en ihr und ihrem Mann einzuwilligen. und ich unsere Scheidung beschlossen hatten, wollte er diese
Hitler dachte natürlich nimt daran, seinem Propagandaminister Situation ausnützen, um seine eigene Situation Lyda Baarova
zu gestatten, eine 50 schlechte Propaganda gegen eine »kinder- gegenüber zu verbessern.
reiche deutsche Ehe« zu machen. Er verbot die Scheidung und Darum kam eines Tages Lyda zu mir in mein Haus in der
verbannte damr Lyda Baarova aus dem deutschen Film und Tannenbergallee und mach te mir den auBerordentlim merk-
nach Prag. würdigen Vorschlag, im solle sie nach meiner Scheidung heira.-
Was der ganzen Filmwelt und dariiber hinaus aum in den ten. Die Heirat würde natürlim nur eine Formsame sein, wir
Kreisen der NSDAP ganz allgemein bekannt war, erfuhr die würden uns über kurz oder lang wieder smeiden lasser\. Sie
• Es ist nidtt sehr wahrsdteinlidt, daB Goebbels nadt Rhodos ver-
untermauerte ihre Forderung damit, daB Goebbels sie zu mir
bannt wurde, aber genau konnte diese Frage nidtt gekllirt werden. geschickt habe und gab mir einen mit roter Schreibmasdùnen-
smrift gcschriebenen Brief von Goebbels in die Hand, der m ich Lyda Baarova hatte groSartige RoUen gespielt, sie war
mit groSer Prazision aufforderte, mm personlich diesen Gefal- begabt, auSergewohnlich schon und beim Publikum beliebt, sie
len zu tun. hatte also die Protektion des Ministers gar nicht nOtig. AIs die
Lyda Baarova war Tschechin. Himmler war Goebbels zu Liebesgeschiclüe begann, war der groSe Zwist zwischen Hitler-
dieser Zeit nicht gut gesonnen. Er muS sich sehr darüber auf- Deutschland und der Tschechoslowakei noch gar nimt aus-
geregt haben, daS eine "Tschechin«, deren Regierungschef »ein gebrochen. Und wenn er smon gesmwelt haben sollte, dann
Herr Benesch,< war, ein Liebesverhaltnis mit einem führenden war Lyda Baarova keinesfalls die Frau, die "in politismer Vor-
nationalsozialistischen Minister hatte. Er lieS Goebbels genau aussiclü« sich Goebbels angelt, um von ihm besmützt zu wer-
überwachen. Samtliche Zusammenkünfte, die er mit Lyda hatte, den oder um ihre Karriere zu retten.
wurden peinlich registriert. Spater, nachdem Hitler Goebbels Gustav Frohlim lebte, namdem er sim von seiner jüdismen
verboten hatte, mit Lyda noch einmal zusammenzutreffen, Frau Gitta Alpar hatte smeiden lassen, mit Lyda Baarova zu-
wurde ein solches Register Hitler vorgelegt, der die Konsequen- sammen. Und zwar wohnten die beiden in einem pramtigen
zen zog und Goebbels nach Rhodos verbannte. H aus in Schwanenwerder, das direkt neben dem Haus von
Goebbels wollte also Lyda Baarova durch eine Heirat mit mir Goebbels lag.
Es mag wohl die Nambarsmaft der zwei angrenzenden
zur Deutschen machen und darnit verhindem, daR sie weiterhin
Besitzrumer und Hauser gewesen sein, die Lyda Gelegenheit
als Auslanderin behandelt würde. AuSerdem wollte er bewei-
gab, den Minister oft allein zu bcsumen. Gustav Frohlim war
sen, daR meine Ehe mit Hilde Korber an einem Liebesverhaltnis
oft bei AuSenaufuahmen und Magda Goebbels oft in ihrer Ber-
gescheitert sei, das ich mit Lyda Baarova gehabt haben sollte. liner Wohnung. Jedenfalls erlebten die Rivalen Frohlim und
lch antwortete damais Lyda: »Die gesamte deutsche Film- Goebbels einesTages einenZusammenprall, der spater in über-
industrie und zahllose andere Menschen wissen, daS du ein triebener Form kolportiert wurde: Goebbels saS nlichtlimer-
Verhliltnis mit Goebbels hast. Viele wissen auch, welcherSchau- weise anscheinend von Lyda eng umschlungen in seinem Auto
spielerin mein Herz zuneigt - namlich Kristina Soderbaum. Es vor seiner Villa in Smwanenwerder, die Wame von Goebbels
ist also eine niedertrachtige Zumutung, mich vor der Offent- muSte wohl ins Haus geschid<t worden sein, weil sie storte,
lichkeit und vor meinen Kollegen zu einem solchen Affen wahrend Frohlim frühzeitiger, als es Lyda ahnte, von seiner
machen zu wollen. AuSerdem ist es eine Grausamkeit gegen Reise zUTÜd<kam. Er smaute in das parkende Auto von Goeb-
Kristina, ih r zuzumuten, ein solch gemeines Spiel zu dulden bels und glaubte, seine Lyda zu erkennen. Er offnete die Türe
und dann spa ter doch meine Frau zu werden. Das Niedertrach- des Wagens und scheint dem Minister und seiner Lyda ein paar
tigste aber ist, mir mit der Gewalt des allmachtigen Ministers kraftige Worte der Verachtung zugerufen zu haben.
zu drohen, denn nur die Angst VOT den Folgen einer Absage Diese Geschichte wird auf 50 versmiedene Weise erzahlt,daB
konnte mich bewegen, dieser unwürdigen Aufforderung zuzu- sich nicht mehr klliren lliBt, welmer Wortwechsel damaIs statt-
stimmen.« gefunden hat. Es hieS, Gustav Frohlich habe Goebbels geohr-
Lyda wuBte nicht, daB Kristina im Nebenzimmer saR und feigt, und es entstand aus dieser Erzlihlung das geBügelte Wort:
vieles mitanhorte. Ich wuSte es übrigens auch nicht. "lch mochte aum mal frohlim sein.«
Das alles habe ich der gehetzten und von allen Seiten unter Nun Frohlich ha t das mi t der Ohrfeige selbst nie behauptet,
Drud< gesetzten Lyda Baarova gar nicht übelgenommen. lhre und e: würde wohl aum sonst heute nicht mehr leben. 5eit
Liebe zu Josef Goebbels war echt und reprasentierte wahr- dieser Zeit aber gehorte Lyda zu »Juppe, wie Goebbels allseits
scheinlich den groBten Wert, den ihr Herz besaB. Ihre Karriere, genannt wurde.
die sie ohne ihn gemacht hatte, wurde durch diese unbeirrbare AIs Frau Magda Goebbels lahre spater erfuhr, daB bereitl
Liebe in Gcfahren gebracht, in denen Lyda schlieBlich unterging. 8J
ein ~o lange wahrendes Verhiiltnis zwischen ihrem Mann und
L"da bestand, wandte sie sich an Hitler mit der Bitte, einer die dem Politiker zur Verfügung stünden. Er damte gar nicht
Ehescheidung zuzustirnmen. Aber Hitler wies diesen Gedanken daran, eine »L'art pour l'a rt«-Filmerei zu dulden. Er betonte,
entsetzt zurück. Seine Minister sollten ein gutes Beispiel sein. daR er auch »das Vergnügliche« nicht hemmen wolle, daR es
Hitler verbot Goebbels strikt, Lyda jemals wieder zu treffen. aber das Wesen des deutschen Films sein müsse, das Gesetz
Er drohte ihm, ihn fristlos aIs Minister zu entlassen, Falls er des Nationalsozialismus zu verkünden.
etwa nicht gehorchen sollte. Für den ehrgeizigen Goebbels war Da die ewigen Superlative zur normalen Terminologie der
diese Drohung besonders furmtbar. Es war ja das Ziel von Nationalsozialisten gehéirten, nahm niemand von den Film-
Goebbels, AuJSenminister zu werden. schaffenden diese Rede wirklich ernst, zumal zunachst kaum
nationalsozialistische Propagandafilme gemacht wurden.
Man kann die Wahrhaftigkeit der Liebe von Goebbels zu
Anfanglich gab es nur einen »Leiter F«, das wa: die Film-
Lyda Baarova daran erkennen, daS er trotz dies er furchtbaren
abteilung des Propagandaministeriums, kurz » Pro~ « .ge~annt.
Drohung Schleichwege fand, um seine Lyda immer wieder zu
Spa ter wurde eine Filmintendanz geschaffen, d~r .em Filmmten-
treffen. Aber Himmler lieS seinen Ministerkolleg en von seinen
dant vorstand, der mehrere Mitarbeiter und emlge Drama~-
Schergen belauem und stellte fest, wo und wann tagsüber oder Zunachst leitete Ewald von Demandowsky diese
namts weiterhin Zusammenkünfte der beiden Liebenden statt- gen h a tte . ch .. dilich
Reichsfilmintendanz. Da aber Demandowsky ein s wa er,
fanden.
wemg . souveraner
.. Mensch war, wurde er zum Trost zum FPro- .
AIs Hitler erfuhr, wie wenig ihm sein Propagandarninister duktionschef der Tobis ernannt; an seine Stelle trat Dr. ntz
gehorchte, verbannte er ihn kurzerhand nach Rhodos. Der
Hippler. chd .m
Staatssekretiir Gutterer wurde stellvertretender Propaganda- Von diesem Mann horte ich zum erstenmal, na em er 51
minis ter. Lyda Baarova wurde in die Tschechoslowakei abge- gegen eine groRe Buchverbrennungsaktion gewandt hatte. Da
schoben, und zwar mit dem strengsten Verbot, jemals wieder diese BÜcherverbrennungen maRgeblich von Goebbels . aus-
in das Reichsgebiet einzureisen. gingen lieB es aufhorchen, daR Goebbels ausgerechnet ~esen
Von diesem »Elba«, wie Goebbels es selbst einmal nannte, Mann ,zum Filmintendanten mach te. 1-'-al
h 0··rte d ann aUrn von
zurückgekehrt, empfing er mich mit der Ohrfeige des »Pedro«- einem Aufruf Hipplers rur bekannte Maler, unter d~en :;g:
Verbotes und kurze Zeit darauf mit dem furmtbarenSchlag des E "1 N Ide war lch weill nicht, welchen Rang Dr. pp
»Jud Siill«. d: SS ~ekleidet~ * - jedenfalls ging er in SS-Unif0rm.:;ra~los
besaB Dr. Hippler nach Goebbels die groBte Madtt u er en
Goebbels' Filmpolitik deutschen Film. ch . U d Letzten Endes
Hippler fiel spater nach und na mS-'-rift~gntalle. Eridt Kastner
··b daR er den a l s e er
Ehe im zu dem tragismsten Kapitel dieses Bumes kornme, stürzte er wohl daru er, h d · t dieser den
d . . t ·um gebradtt atte, anu
will ich den Leser daran erinnem, daR Goebbels bereits im ins Propagan anurus e~ .b ollte _ ein Film, der für das
Jahre 1935 die Filmsmaffenden um sich versammelte und eine F·I M·· chhausen« Srnre1 en s uf
1 m » un . .. .d Ufa mit besonderemA _
Rede hielt, die nimt nur die Oberschrift »Jetzt sind wir dran!<' runfundzwanzigjiihrige Jubdaum ..er ..L • b damaIs unter

wand hergestellt wurde. Tl E ·dt Kastner SmTle


d . t ..J.. erfahren
hatte, sondem auch aIle Filmschaffenden aufrief, Filme mit N Bürger« un sowel lUI
dem bezeichnenden amen» f chtb en Zusammenarbeit
nationalsozialistismem lnhalt zu drehen. Das Wort »Propa-
gandafilm« fiel damaIs zum erstenmal. Goebbels hatte die habe, kam es zu einer durdtaus
zwischen diesen beiden Mannem. er sp
r;; ~tere 5turz Hipplers
Filmsmaffenden in den Thronsaal des Propagandaministeriums
befohlen und ruhrte aus, daB der Film nom weit mehr aIs der
• SS-Hauptsturmführer.
Rundfunk eins der graBten Meinungsbildungsinstrumente sei,
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",urde wohi mehr von der Reichskanzlei aus diktiert aIs vom
gesehen. über diesen und noch einen zweiten Arztfilm hatte er
Propagandaministerium.
sich aus irgendwelchen Gründen geargert.
Die neuen Reichsfilmdramaturgen hielSen von Reichmeister,
Der getreue, aber nicht sehr begabte Ewald von Demandow-
Frowein, auch der Narvik-Kampfer Parbel war eine Weile da-
sky hatte nun seinen hohen Freund und Minister falsch ver-
bei. standen und sofort an samtliche Filmfirmen die Anordnung
Die Besetzung eines jeden Films muBte zunachst mit Dr. Hipp- ergehen lassen, daIS der Minister keine »emsten« Filme mehr
1er besprochen werden, ebenso muBte jedes Filmvorhaben in sehen wolle. In dieser Zeit war Demandowsky noch der Reichs-
einer Kurz- wie in einer langeren Fassung bei ihm eingereicht filmintendant.
werden. Erst wenn Fragen zu kUiren waren, die Dr. Hippler Diese merkwürdige Forderung von Goebbels verstand nie-
nicht alleine entscheiden wollte oder die Goebbels von vorn- mand. Sie war aber »héichster Befehk Man ratselte ratlos
herein an sich rill, wurde man ins Arbeitszimmer des Propa- herum.
gandaministers bestellt. Wollte Goebbels etwa dem Ernst der kriegerischen Situation
Das war ein schoner, grolSer Raum in demSchinkel-Bau. Von Humor und Leichtlebigkeit gegenüberstellen, um von der
den Fenstern aus sah man auf den Wilhelmsplatz. Rechts lag Schwere des Schicksals abzulenken? Ein solcher Unsinn paBte
die Reichskanzlei und links in einiger Entfernung das Hotel im Grunde nicht zu Goebbels, denn er hatte ja bereits befohlen,
»Kaiserhof«, in dem 50 manche wichtige Entscheidung der Propagandathemen auszuwlihlen, die eine Waffe sein sollten.
nationalsozialistischen Bewegung gefallen war. DaB die zwei Vielleicht aber wollte Goebbels neben dies en Themen »leichte
vergoldeten gewaltigen Lowen am Eingangstor des Propaganda- Ware« haben ... Vielleicht, vielleicht, vielleicht ...
ministeriums schliefen, war ein schlechtes Symbol für die un- Ais nun Goebbels ein Klamaukfilmdrehbuch nach dem ande-
geheuerliche Wachsamkeit, die von die sem Hause ausging. Diese ren eingereicht wurde, bekam er schlielSlich die Wut. Ob denn
LOwen hatte der grolSe Bildhauer Christian Rauch für das Grab die Filmleute verrückt geworden seien, ihm in dieser emsten
Scharnhorsts geschaffen. In preuJ5ischer Gradlinigkeit führte Zeit solchen Quatsch vorzulegen. AIs dann schlielSlich heraus-
kam, daIS Ewald von Demondowsky seine Worte falsch ver-
eine breite Treppe, deren Gelander aus goldenen preuJ5ischen
standen hatte, gab es ein ungeheures GeHichter. Goebbels selbst
Adlern bestand, hinauf zu den Vorraumen und zum Minister-
5011 am meisten gelacht haben.
amt. Die Sale und der Flur waren in einer Mischung von Preu-
lSentum und pompejanischer Bildnerei ausgemalt. Aus diesem
Haus zog einstmals Friedrich der GroISe in den Siebenjahrigen
Krieg. Die Vorgeschichte von »Jud Siill«
Ais der Zweite We1tkrieg ausgebrochen war, machte Goeb- Wie wenig es aber unter den Filmleuten zu lachen geben
bels mit seiner Forderung an den deutschen Film teuflisch Ernst. 5011 te, das erfuhr ich wohl aIs erster: .
Er war entschlossen, den »Film ais Waffe« zu benutzen. Des- · D hb chautor namens Metzger hatte berelts vor
EIn re u . 1933
't
halb zeigte er uns amerikanische, russische und englische Filme, . D re hb u ch »Ju d S··n
eln UJ.:)
« verfalSt • Goebbels hatte semersel 5,
die seiner Meinung nach Waffen der Demokratie und der Juden noch ehe er in die Verbannung nach Rhodos geg,,:"ge~ti;;~
ebenso wie des Kommunismus waren. samtlichen Filmfirmen die Auflage gema~t, ":"tiSeDU
Zunachst drückte sich diese Wende in einem auJ5erordentlich Filme zu drehen. Davon las Metzger. Er schrie~;lll n~~'dan­
komischen MiBverstandnis aus. Goebbels hatte namlich seinem scheinend recht abscheuliches Drehbuch und rel te es 1 em
Freund Ewald von Demandowsky am Telefon mitgeteilt, daIS Dramaturgen der Terra, Alf Teichs, ein. 'ch 'ch
keine »Ante-Filme« mehr gedreht werden sollten. Goebbels AH Teichs hatte eine jüdische Frau, von der er SI ,werm 1
hatte den Film »Roman eines Arztes« von Jürgen von Alten
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redit unterrichtet wurde, nUI "pro forma« scheiden lieB wa"h
rend er weiter mit ihr lebte. Jedenfalls konnte er, aIs :in .- war. Jedenfalls war er sehr niedergedIÜckt, aber durchaus ent-
.
emer J"d'
u m verh' el ra t e t gewesener M ann, d en wichtigen Postnut schlossen, in dem Film nicht zu spielen.
eines Drarnaturgen bei einer der wichtigsten Filmfirme en Das Drehbuch, das Eberhard Wolfgang Moller aus der Vor-
n nur lage von Metzger verfertigte, hatte die bekannte Novelle von
dadurch halten, daB er sich wenigstens den Anschein gab s .
Amt im nationalsozialistischen Sinne aufzufassen. We~ em Wilhelm Hauff zur Vorlage. Die Herren sind auch nach Stutt-
also diesen Film zunachst Greven, dem darnaligen Produktion:~
gart hinuntergefahren, in die Stadt, in der SüB Oppenheimer
gehenkt worden war. Sie haben in den Archiven die Dokumente
chef der Terra, der dann zur Vfa hinüberwechselte, und an-
über den ProzeB von SüB gefunden und durchstudiert, um mog-
schlieBend dem Nachfolger Grevens, Peter Paul Brauer anbot lichst dokumentarisch sein zu konnen.
dann hat das gewiB nichts mit einer inneren Entscheidun fü; Der Film wurde dann von Staatssekretar Gutterer endgültig
antisemitische Ideen zu tun. g in Auftrag gegeben. Für die Rolle des "Stupn« hatte Eugen
Teichs erkannte aber anscheinend sofort, daB dieser Vor- Klop fer abgeschlossen. Malte Jager war ais jt7gendlicher Revo-
schlag im Propagandaministeriurn ein starkes Echo finden lutionar und zukünftiger Gatte der Tochter Sturms bereits
würde. besetzt. Aber weder die Rolle des "Herzogs« noch die Rolle des
Der Produktionschef Dr. Brauer ernannte sich sofort selbst "Rabbi Low« waren besetzt. Sowohi Heinrich George ais auen
zum Regisseur des Films und lud damit die Hauptschuld rur Werner Kraul5 hatten sie rundweg abgelehnt. Auen der »]ud
diesen Film auf seine Schultern. Bei dieser Feststellung stütze Sül5« hatte noch keinen Darsteller gefunden. Gustaf Gründ-
ich mich auf authentisches Material *. gens hatte ihnen was gehustet. Er hatte sien an seinen Chef,
Greven hatte, dUIch seinen Wechsel ZUI Vfa, das Glück, sich Hermann Goring, gewandt, der sein direkter Vorgesetzter war.
von der Verantwortung rur diesen Film befreien zu konnen. Er Grundgens unterstand ais Generalintendant der Staatlienen
erfüllte den entsprechenden Befehl des Ministers bei der Vfa Schauspiele dem Ministerprasidenten PreuJ5ens. Das "Promi«
mit dem Film "Die Rothschilds «. hatte ihm deshalb nichts zu befehlen.
Es wurde auch bald bemerkt, daB dies es Drehbuch von Metz- Es waren Probeaufnahmen von Ferdinand Marian gemaent
worden. Bei diesen Probeaufnahmen hatte sien Marian wie der
ger miserabel war. Der Staatsekretar Gutterer zog darurn einen
»alte Dessauer« gekleidet und 50 talentlos wie nur moglien
n:uen Autor hinzu, und zwar Eberhard Wolfgang Moller, der
angestellt, um die Rolle loszuwerden. Zu seinem Senaden hatte
em erfolgreicher Autor und Leiter irgendeiner Abteilung des
er aber seine Talentlosigkeit 50 stark übertrieben, daJ5 die offen-
Propagandaministeriums war **.
sichtliene Obstruktion Goebbels, ais er die Aufnahmen sah,
Zum erstenmal horte ich von dem Film als mir Otto Wer-
nient entging.
nicke erzahlte, er solle unter Brauers Regi~ irgendeine Rolle - Klug, wie der Teufel nun einmal ist, erkannte der in sein
entweder den Herzog oder den Oberst Roder - in diesem Film Amt zurückgekehrte Propagandaminister anseneinend sofart,
spielen und daB er entsetzt über dies en Antrag ware. Er habe dal5 aus dem Drehbuch eine senmierige Hintertreppengeschiente
eine jüdische Frau und haIbjüdische Tochter. lch war damais geworden war, die mit Wilhelm Hauff, naen dessen Novelle
noch sehr sicher und sagte zu ihm: "Aber Wernick.e, Goebbels das Drehbuch gesenrieben sein soli te, künst1erisen überhaupt
ka~ Sie doch nicht zwingen, eine Rolle zu spielen, die Sie nilht nichts mehr zu tun hatte. Er setzte den produktionseneE Peter
splelen wollen!« Doch Wernicke hatte wohl schon eine Aus- Paul Brauer der sien selbst zum Regisseur dieses Films erwahIt
einandersetzung mit Brauer gehabt, in der er bedroht worden hatte, ab ~d gab ihm den Befehl, mien anzuruEen und mir die
• Gerimtsakten Regie dieses Films zu übertragen .
Theaterabteilung des
.. .Referefn tIld er Propagandaministeriums. lm Sa klingelte eines Tages im Cicero-Atelier in Halensee, WO
Kr .ege ge a en.
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idl irnmer weiter und immer neu an meinem Film "Pedro sol!
hangen« herumdoktem muBte, das Telefon. Mit unverhohle ihm, daE das Buch etwa auf dem Niveau von Streichers Zeitung
er
"'ut teilte Brauer mir mit, was ihm aufgetragen worden w: »Der Stürmer« stünde. Ich wuEte, daE Goebbels diese Zeitung
Zwei Stunden spa ter bekam ich durch einen Boten das D hr. selbst abscheulich fand. Ich machte ihm aIso klar, daB die Ver-
re -
buch in die Hand gedrückt - und begann zu lesen. mischung des primitiven Antisemitismus mit einer widerwar-
Nachdem ich ungefahr 20 Seiten des Buches gelesen hatte tigen Erotik einem Regisseur übergeben werden müsse, der
rief ich Brauer an und sagte ihm, es sei vol!ig ausgeschlosse~ daran seine Freude habe und der das fraglos aum weit besser
fur mich, dieses Drehbuch zu inszenieren, und er solle sich konne ais ich, weil ich gewohnt sei, meine Filme nach den Ge-
einen anderen suchen. setzen der Asthetik zu inszenieren.
»Sie haben wohl nicht richtig verstanden, Herr Harlan«, er- !ch hatte mir gar nicht 50 viel Mühe zu geben brauchen.
Goebbels gab mir in aIlem vollkommen recht. Er sprach über
widerte Brauer. »Es ist ein Befehl des Ministers, daB Sie dieses
den Regisseur Brauer mit der groEten Geringschatzung, 50 daE
Buch inszenieren. Wenn Sie das nicht wollen, dann müssen Sie
ich bis heute nicht begreife, warum er ihn überhaupt je zum
sich schon an ibn selbst wenden. «
Produktionschef gemacht hatte, und er sprach sehr deutlich da-
Ich wandte mich zunachst an Hippler, den Reichsfilminten-
von, daE er ein Drehbuch brauche, welches den Fall »Jud SüEc
danten. Er lachte am Telefon, denn er wuBte natürlich, was objektiv schildere. Das Verbrecherische an "Jud SüE« sei 50
geschehen war, und er kannte mich zur Genüge, um voraus- offensichtlich, daE man es gar nicht notig habe, dem noch etwas
sehen zu konnen, daB ich mit einem solchen Drehbuch nichts
hinzuzufügen.
zu tun haben wollte. Natürlich hatte er genauso wenig Macht, Goebbels wuEte, daE ich mit einer Jüdin verheiratet gewesen
mir die Regie abzunehmen, wie Brauer. Darum vermittelte er war und daE meine Trauzeugen in meiner zweiten Ehe mit Hilde
fur den nachsten Tag eine Unterredung mit Goebbels. Kiirber der Schauspieler Fritz Kortner und mein Freund Fran-
Meiner Frau Kristina hatte ich von diesem neuen Auftrag cesko von Mendelssohn waren. Er kannte meine V erehrung f"ur
noch gar nichts gesagt. Sie hatte trotz einer langen schweren Max Reinhardt die er übrigens durchaus teûte - kurzum: er
Krankheit am 20. Oktober 1939 unseren Sohn Kristian durch folgerte, da ich la die Juden besser kenne als viele andere Regis-
Kaiserschnitt zur Welt gebracht. Ihr Leben hatte an einem seure, werde mir auch Humoriges einfallen, was zu den Juden
Faden gehangen. Unser Sohn war damaIs etwa drei Wochen ait, gut passe. Ich solle ihm deshalb einen Drehbuchvorschlag
und sie muEte noch das Bett hüten. machen, der rneiner Kritik an dern ersten Drehbuch ~ntspreche,
Da ich über diese Sache kein angenehmes Gesprach mit und ich solle mich beeilen, da er diesen Film vorranglg brauche.
Goebbels zu führen die Aussicht hatte, las ich das Buch sehr Tableau. Aber ich gab nicht auf. ..
genau durch. Ich strich mir die schlimmsten Stellen an, um Noch kurze Zeit vorher hatte Goebbels meine »polthsche In-
Goebbels klarzumachen, daE mir niemand zumuten konne, stinktlosigkeit« anliiglich des Films "Pedro. solI hangen« . s~
meinen guten künstlerischen Namen mit einem 50 miserablen deutlich gebrandrnarkt, daE ich mir erlaubte, ihn daran zu e~
Drehbuch zu zerstoren. nem. Aber Goebbels schnitt meine Einrede einfa~ ab: ,.S~e
haben jetzt nach der Pedro-Katastrophe ~e~egenhelt zu bew~-
Goebbels empfing mich sehr »leutselig«. DaE ich die Regie- dg' h . Urteil über Sie zu revldieren habe. Es glbt
aufgabe zurückgeben wollte, wuEte er schon von Hippler. Er sen, a IC me,hnb"ch Ihnen warum also solIten Sie
sagte zunachst wenig und horte sich die Stellen aus dem Dreh- genug gute Dre u er v o n , S'
· D
dleses re u hb ch plotzlich nicht schreiben konnen7 Wenn le
buch an, die ich 50 stark »mauschelte« wie nur irgend miiglich. ch Sie sich
einen Mitarbeiter am Drehbuch brauchen, dann su en .
I~ versuchte mit groEer Mühe, ihm klarzurnachen, daE durm . D F'!m muB repriisentativ besetzt werden. Ich will
dleses Drehbuch nicht etwa ein widerlicher Jude dargestell t , emen aus. er 1 . di Flm sehen
die grogten Schauspieler Deutschlands III esem 1 •
sondem ein widerlicher Film gemacht werden würde. lm sagte
93
Mamen Sie ProbeauEnahmen mi t Emil Jannings, den ich fur
den besten DarstelIer des >Jud SülS< halte. In der RoUe d gefahrliche Projekt »Jud SüB« sehr brauchbar für ihn sein
des Konsulenten Sturm Eugen Klopfer. D en Rabbi Low sPie~ konnte. In »Pedro « waren philosophische und humanitare Ge-
Werner KrauK danken miteinander auf volkstümliche Weise verBochten.
Gerade da s fehlte dem »Jud-Sü/S «-Drehbuch von Moller, und
Und die weibliche HauptrolIe spielt Kris tina Soderbaum.
das hatte Goebbels erkannt. Er war bestimmt zu stolz, um einen
Wenn die Rolle in dem Buch nicht 50 an gelegt ist, d~ sie zu
Film vom »Stürmer«-Niveau haben zu wollen. Er wollte au<h
ihr p~t, dann haben Sie jetzt Gelegenheit, das zu iindern.«
zu dieser Zeit keinesfalls einen menschenunwfudigen antisemi-
lm wandte sofort ein, d~ meine Frau gerade ers t entbunden
tischen Film produzieren. Aus politischen Gründen konnte er
habe, daIS sie unseren Sohn nahre und d aIS sie augerdem nieren- einen solchen Film gar nicht gebrauchen. Nicht umsonst hatte er
krank sei - also im Augenblick gar ni~t imstande, in einem immer wieder in kleineren und groBeren Kreisen über die
Film aufzutreten.
»ldiotie der Kristallnacht« gewettert. Er hatte auf den .dum-
Goebbels blieb an seinem Schreib tisch stehen . Er lachelte men« SA-Chef Lutze eine solche Wut, daB er ihn fortwahrend
mim bosartig an : »Wenn ich nimt irre, haben Sie bei der Tobis liicherlich mach te, obwohl jedermann wuEte, daB die beiden
das Thema Agnes Bernauer vorgeschJagen. lm Tobis-Katalog seh r gut miteinander standen. Goebbels behauptete, Lutze habe
ist das Bild lhrer Frau grog auf dem Plakat Agnes Bernauer zu nUI seine heruntergekommene SA, die von der 55 entthront
sehen.« lch antwortete : »Herr Minister, i.ch habe ja das Dreh- worden sei, durch diese »Privat-Bartholomiiusn.acht« w.ieder ZUI
bum nom gar nimt fertig gesduieben. Es werden noch einige Geitung bringen wollen. Er erzahlte viele Geschichten uber Lutze
Monate ins Land gehen, ehe ich mit dem Film beginnen kann. und dessen Glasauge, das dieser einer Kriegsverwundung wegen
Dann wird aum meine Frau wieder filmen konnen. Aber Sie t rug, dle· 1·ch hier nicht niiher beschreiben will. .Er wollte. .
Lutzes
h r
sagten dom eben, d~ der Film >J ud Sü/S< eiligst begonnen wer- primitive Dummheit und dessen »rohen« Antisenutismus e-
den mulS. « Goebbels antwortete kalt: »Sehr eilig sogar. Und absetzen. Warum?? . A
zwar mit Kristina Soderbaum, mit Werner KraulS, mit Emil Goebbels - anders ais sein »Führer« - fürchtete ~~~
Jannings. lch nehme an, Sie haben mich verstanden.« weitung des Krieges. Er war sicher, daB nach Poien F~ 1.

Erst in der Namt sagte ich meiner Frau, nachdem sie unseren schnell faIhm und dann E;ngland nachgeb~ ~de, weil ebs, Wle
. »dB " dni s Hitlers mit Stalin fürchtete «. A erem'er
kleinen Jungen genahrt hatte, was vorgegangen war und d~ er meInte, as un d Kri
. daB Amerika in en eg -
sie wohl in dem Film mitspielen müsse. sah auch eine Gefahr darrn, .. d R.. nl d d Nicht-
greifen konnte. Denn In . di esem Fall wur e w> an en eh
Sie fuhr in die Hohe : »Das k ann er gar nicht befehlen, der 'ff akt brechen Er war auch intelligent genug zu sen,
Arzt wird es nicht erlauben! « Zuniimst war sie ganz sicner, d~ angn s p . h he Antisemi-
daB der in Deutschland zur Staatsreligion er 0 ntli~ch' Ame-
Goebbels sie ihres Zustandes wegen nidü zwingen konne. Dann
tismus unendlichen Hal>n un d Ver achtung - IInamend 1f ikeinen
aber wurde aum ihr nam und nam klar, d~ wir in einer nahe-
rika - erzeugt hatte. Aus d'lesem Grund ..wo n
teker ama
t Ers wollte
zu hoffnungslosen Situation waren. Professor Wagner yom · HaB noch vergrol>em onn e.
Franziskus-Krankenhaus in Berlin smrieb ihr am niimsten Tag Film machen, der d lesen tI 1 ch den übrigen
.\
ganz im Gegentel sowo uns hl Küns .em a
1 SFau d des Anti-
ein Attest, d~ es vollig unmoglich sei, sie in den niichsten sechs . " h M hrzahl mema s reun e
Deutschen, die Ja In 1 rer e . al 'ali ti'sche Antisemitis-
Monaten mit einer künstlerismen Aufgabe zu betrauen. Für d r nation sOZl s
mich selbst allerdings blieb die Situation hoffnungslos. semi tismus ware~, sa~~n, e lihnlich, den es von jeher gegeben
mus sei dem AnhsemItismus . P l ' Amerika in Frank-
Immerhin ist es keinesfalls sicher, d~ Goebbels mir diesen · RuEland f i 0 en, f i ,
habe, wie er a uch In '. h rrschte Er wollte die
Film aus Gründen personlidter Feindsmaft übertrug. Vielleicht h oder wemger e .
reich und England me r d hi ton'schen Antisemi-
hatte er gerade in »Pedro« einen Wesenszug von mir erkannt, Feindschaft mil dem, ln 'demeren»s
den er Zwar rur diesen Film ablehnen mulSte, der aber für das
94
ti~mus«
. zum Schild gegen den HaiS mach te. Mit einer Vorb e re~
. poleo n , auch Casar wurde genannt, Alexander der GroBe, Bis-
tung der spateren furchtbaren Verfolgungen der Juden konnte marck - Künstler nannte keiner, weil man wuBte, daiS Hitler
dieser Film deshaIb zu diesem Zeitpunkt nichts zu tun hab ihnen keine geschichtliche GroiSe beimaiS. Es fiel en noch viele
Goebbels wollte lediglich alles in seiner Macht stehende ~~. Namen, aber Goebbels schüttelte lachelnd den Kopf. SchlieB-
Deutschland den Krieg gewinnen zu helfen. Er wollte d aher mi; lich nannte er den N arnen,auf den niemand von uns gekommen
dem Film eher beruhigen ais die Spannung vergroiSern. war: Moses.
Und nun begründete Goebbels mit groiSem Eifer das Urteil
seines hochsten Chefs: Natürlich sei Moses kein Jude gewesen
War Moses ein Jude? _ den habe m an nicht »im Bach gefunden«, das habe sogar der
jüdische Psychoanalytiker Sigmund Freud auf die ihm eigene
Es kann hier nicht zur Debatte stehen, ob Goebbels damais prazise W eise nachgewiesen. Moses sei gewiB das uneheliene
seine eigene wahre Meinung sagte. Er spram stets ohne Rück- Kind irgendeiner agyptischen Prinzessin gewesen und habe
sicht auf die Wahrheit immer nur das aus, was er rur zweck- einen pharaonischen Geist in sien getragen. Moses habe wie
miŒig hielt. Keiner von uns war dazu imstande zu prüfen, was kein anderer erkannt, daiS die Juden sien untereinander nicht
an dieser plotzlichen gemiŒigteren Einstellung zum Antisemi- liebten, sondem sich standig haiSten und bekriegten. über diese
tismus und der mit ihr verbundenen Kriegspolitik echt war und Kriege gabe das Alte Testament ausgiebig Auskunft. Moses
was nicht. Goebbels zeigte uns vielmehr einen Film »Jud Siill«, habe aIso gewuBt, daiS den Juden die Liebe zueinander fehle
der in England mit Conrad Veidt in der H auptrolle gedreht und habe darauf seine Gesetze aufgebaut. Goebbels narmte
worden war. D ieser Film hinterlieiS eine deutliche antisemitische auch einige Beispiele aus dem Talmud, aus denen hervorgehe,
Wirkung. Er hatte im üb rigen eine seltsarne Meinung über die daiS Moses der »Erschaffer des Antisemitismus« sei. Er habe die
Entstehung des Antisemitismus, die er angeblich von Hitler Juden systematisch zu Feinden der anderen Volker gemaent -
übemommen haben wollte. Aus dieser hitlerschen Phantasma- und zwar »um der Feindschaft willen«.
Da die Juden von innen her ihrer Natur naen nient zusam-
gorie über den historismen Antisemitismus schmiedete er sofort
menhielten - 50 habe Hitler es ausgesproch.en - , hatte Moses
eine Waffe fur den NationaIsoziaIismus, mit deren Hilfe er die
beschlossen, sie durch eine Kraft von auBen zusammenzuhalten.
deutsche Intelligenz in den Teufelskreis der nationaIsoziaIisti-
Die5e »Kraft von auBen« sei der HaB der anderen Volker - die
schen »Volksgemeinschaft« hineinzuzerren hoffte. Das zeigt
Kraft des Antisemitismus. Sie sei es gewesen, welche die Juden
unter anderem die folgende Geschichte, die ich im Kreise ande-
»notwendig zusammengesenweiBt« hatte. In dieser Weise habe
rer Kollegen etwa drei Jahre nach Kriegsbeginn von ibm horte: Hitler auch über die Ghettos gesprochen, die spa ter überall ent-
Goebbels fragte viele Schauspieler, die bei ihm eingeladen standen. Sie seien nicht etwa Statten gewesen, in welche die
waren, welche Figur in der Geschichte Adolf Hitler wohl für Juden von den Christen verwiesen worden waren, sondem
den groBten aller »Manner, die Geschichte machten«, hielte. Er diese Ghettos sei en die »Judenburgen« gewesen, von denen aus
kame vom Führ~r und sei gespannt, ob einer von uns den glei- dieses >,Volk ohne Raum« sein Judentum verteidigte.
chen Namen wie der Führer nennen würde. Goebbels beschrieb uns nun mit groBer Gründlid!keit du
Wir saBen nun auf der Schulbank und rieten herum. Es Wirken des Schriftgelehrten Esra, das in den "apo~~~
machte Goebbels sichtlich SpaB, uns wie Schüler zu prüfen, ob Büchem« des Alten Testaments niederge1egt ist. Der Korug
unsere Bildung auch ausreiche. Er hielt von der Bildung der Artaxerxes habe lange vor Christi Geburt dieseDl Esra .den
S~u5~~eler nichts und brachte sie gem in Verlegenheit, indelIl Pentateuch in die Hand gedrückt und ihm befoh1en. lm SUIIle
er sich uber die5en MangellU5tig mach te. Mose Ordnung in das verlotterte und uùt fremdeDl Slut ~
Wir rieten al 50 herum: Karl der GroBe, Kaiser Karl V., Na-
m;scn.te jüdische Volk zu bringen. Esra sei darauf nach J
. 1 · ch h .. erusa_
lem gerelst, habe a le MIS e en fur ungesetzlich erkHirt Es sei aber noch eine andere Erkenntnis in Hitler wachgewor-
den nichtjüdischen Teil der Ehen aus dem Land getrieb unEd
eQ r
den, fuhr Goebbels fort, namlich die, d~ der Geist Moses noch
habe es unterTo desstrafe gestellt, wenn einJude sich ml·t . in anderer Weise hochst lehrreich sei. Die Lehre, die Moses
. . . . emem
NichtJuden geschlecn.tltch emlasse. Dleser Schriftgelehrte und verbreitete, gel te auch rur das Leben anderer Volker. Und zwar
Politiker Esra sei ~er Begründ.er des »Laubhüttenfestes« gewe- rur die Deutschen in der Forrn, d~ jeder einzelne Deutsche im
sen und habe gewlssermaBen m umgekehrter Wei se den Nürn- Ausland nicht nur aIs Deutscher, sondem auch aIs National-
berger Gesetzen Adolf Hitlers vorgegriffen. Esra habe ein sozialist gewertet und damit gehaBt werde. Auf diese Weise
politisch kluges Werk vollbracht, dem die liberalenJ uden spa ter gewënne jeder einzelne Deutsche ein persënliches Interesse
leider nicht mehr gefolgt seien. Auch Luther habe in seiner Vor- daran, an dem Sieg des Nationalsozialismus rnitzuarbeiten. Es
würde dann der Zustand eintreten, d~, wenn der Krieg etwa
rede zur übersetzung dieses Werkes den Leser des Alten Testa-
verlorenginge, jeder Deutsche in den Augen derJuden und ihrer
ments aufgefordert, daB derjenige, der die vier Bücher des Esra
Freunde ein Verbrecher sei und d~ dann auch jeder Deutsche
nicht liebe, »an ihnen vorbeibHittem solle«. Anscheinendhatten
die Rechnung bezahlen müsse. Der H~ gegen den Deutschen
gar zu viele Deutsche dem Ratschlag Luthers Folge geleistet, im Ausland würde 50 zu einem starken Schild und eine starke
sonst konnte sich namlich heute niemand in Deutschland dar- Waffe des Nationalsozialismus. D~ Alfred Kerr auf den Dich-
über aufregen, wenn Hitler die gleiche VorsichtsmaBnahme ter Gerhart Hauptmann einen Huch von seinem jüdischen Gatt
treffe wie vor 2400 J ahren jener Esra. herabgefleht habe, nach welchem der Dichter " bei lebendigem
Goebbels erklarte weiter, daB die Juden aufgrund der Wei- Leibe verfaulen« salle, habe Hauptmann in eine Treue zu den
sung Esras und Nehemias spater die TaImud-Gesetze erhalten NationaIsozialisten gezwungen, die er vielleicht gar nicht gehabt
hatten. Diese hatten sie absichtlich und vorsatzlich zu Feinden hatte, wenn dieser Zwang nicht über ihm gelegenhatte-meinte
der Gojim gemacht. Dadurch sei erst der »selbstverstandlich Goebbels. Das Schicksal der Juden sei dem Schlcksal der Deut-
antwortende Antisemitismus« entstanden, den die Juden wie schen ahnlich und darum m~ten die Deutschen auch von Moses
eine Mauer um ihre Burg brauchten. »Thora« sei hebraisch und und von den Juden das lemen, was ihnen infolge ihrer Senti-
heille »die Lehre«. Diese Lehre sei von Moses erdacht, aIs Ge- mentalitat fehle.
setz niedergelegt und in jener Mauer gegen alles Nichtjüdische Goebbels wollte also zu dieser Zeit Filme haben, die sich
deutlich geworden. gegen einenJuden richteten und nicht gegen alleJuden. Ersagte
»Diese Mauer des Antisemitismus hat das Judentum über die das in voller Klarheit. »Ich mag sie alle nicht - aber sie sind
Jahrtausende hm am Leben erhaIten.« Ihr Blut ware sonst na- nun einmal da und ihre Gefahrlichkeit und Last wird gemindert
werden, wenn sie wieder einen eigenen Staat haben. Ein sol cher
türlich Iangst resorbiert worden, und es gabe keine Juden mehr,
da sie seit undenklichen Zeiten in fremden Landem Iebten. Staat ist in Madagaskar geplant.«
lm Jahre 1939 ahnte man von den zukünftigen Masse~ver­
Ohne das Mosaïsche Gesetz, das ihnen die Vermischung verbot,
brechen an den Juden nichts. Goebbels war damals davon uber-
würde es heute keine Judenfrage geben. zeugt, daB der Krieg in spatestens einem Jahr siegreich beendet
»Nun hat aber der Führer von Moses gelemt. Er entschlog
sein würde.
sich, in dem gleichen Geist, in dem Moses einmal handelte,
Gesetze für Deutschland zu verkünden und einem Antisemitis-
mus Einhalt zu gebieten, der seit 2000 Jahren den Juden nur
nützt. Er hat darum den Antisemitismus gesetzmaBig 50 ver-
ankert, daB nicht die Juden var den Nichtjuden, sondem die
Nichtjuden var den Juden geschützt werden.«
99
Der Film» Jud Siill« wird besetzt
Goebbels setzte sim an seinen Tism, sah mim gar nüht mehr
Um dem Goebbels-Befehl doch noch zu entgehen, meldete ich an und machte nur noch eine wegwerfende Handbewegung:
mien mit Billigung meiner Frau kriegsfreiwillig. Da ich aus- "Ihre Frau kann die Aufnahmen unterbreenen, wann sie will.
gebildeter Soldat vom Ersten Weltkrieg her war, meldete ich Sie haben vollig freie Hand, als Vater und Ehemann das zu tun,
was Sie rur notig halten. Wie sahe es aus, wenn die Frau, die
mich »an die Front«. lch war überzeugt, daR Goebbels dieser
Handlungsweise nichts entgegenzusetzen vermochte. bisher aile ihre Filme mit ihrem Mann gemeinsam gemamt hat,
plotzlich aus der Reihe tanz~n würde *. « .
Goebbels lieR mich kornmen und fuhr mich an, diese Kriegs_
Er stand argerlich vom TIsch auf, ohne mIen anzusehen, und
freiwilligenmeldung sei nichts wei ter aIs eine Sabotage seines
schaute dur ch das groRe Fenster auf den weiten Wilhelmsplatz.
Befehls. Er habe mit dem Führer darüber gesprochen, daR ich Sein Adjutant gab mir ein Zeienen, ien hatte zu gehen. Also
und die meisten Schauspieler ihre Mitarbeit an diesem Film
ging ich.
ablehnten. Er sei mit dem Führer übereingekornmen, die Grenze In den nachsten Tagen wurden Anschlage an den smwarzen
klarzumachen, wo die individuaHstischen Wünsche von Künst- Tafeln im Propagandaministerium und in den Filmateliers ge-
lem aufhorten. Er drückte mir einen schriftlichen »kriegsdienst- mach t, auf welchen zu les en stand, daR jede Freiwilligenmel-
lienen Befehl«, der von ihm selbst unterzeichnet war, in die dung an die Front mit Desertion bezeimnet .und en~spremend
Hand. Er maente mir auch klar, daR Herr KrauR wie Herr Jan- geahndet würde, falls eine solme Meldung ID Verbmdung zu
nings den gleichen Befehl erhalten würden, falls sie sich etwa einer Befehlsverweigerung stünde.
weigem sollten, ihre Rollen zu übernehmen. Er sagte auch ganz "L't
lch Waru . Alfred Braun zum Mitarbeiter. Braun war
e mIT hin . . rt
unrniRverstandlich, daR wir als Deserteure behandelt werden damaIs aus der Türkei zuriickgeko~en, wo' er emI:~_
würden, Falls wir seinen Befehl verweigerten, und daR Deser- war. Die Nationalsozialisten hatten ihn als bek~ten R .
teure im Kriege erschossen würden. Er denke nicht daran, mit funksprecher gleich im J ahre 1933 ins KZ Oraruenburg .ell-
g dort mit dem Sohn des ehemahgen Relms-
sich spaRen zu lassen. Ich solle mir des Ernstes der Situation gesperrt. Er sa füh d L ten
bewuRt sein. rasidenten Friedrich Ebert und mit anderen .. ren en eu
pder Berliner Offentlichkelt.
. -'- errug
. N au. .. en Monaten. war er ent-
-'-
Dann forderte er mich auf, die Freiwilligenmeldung zucück- -'-, . tmit Frau undKind DeutsU1-
zuziehen und unverzüglim mit der Bearbeitung des Drehbuches lassen worden und hatte suueurugs .d d b
land verlassen, ehe sich die Behorden etwa WIe er an ers e-
zu begirmen, Besetzungsvorsenlage zu machen. Falls ein Senau-
spieler es wagen würde, eine Rolle abzulehnen, weil er sien sannen. 0 chland zuriick Er
Ais der Krieg ausbram, kam er nam euts .
»das Gedankengut des Nationalsozialismus nient zu eigen
maenen will«, wollte er Bericht haben. »Verstehen Sie mich rich- wollte kein Deserteur sein. .. die ich mit Goebbels über
In einem der namsten Gesprame, .' rechnet
tig, Herr Harlan, der Nationalsozialismus steht im Karnpf gegen f .m warum lm IJUl" ausge
die Besetzung hatte, ragte er mI '.. d di drei »Sklarek-
seine Feinde. Die Feinde des Nationalsozialismus werden ge- einen Mann zur Mitarbeit geholt hatte, _.~~" e 'mt was
schlagen werden, wo sie aueh stehen! Und wer uns in die sem habe lm ww>te gar ru ,
Pfeile« am Revers getragen .: .m fOie drei Skla-
Kampf um Deutschland in den Weg tritt - ist ein toter Mann!« Sklarek-Pfeile waren. Goebbels klarte mI D~u cl . pfeile ,.der
lm war irn Bilde. leh versuehte noeh zaghaft, wenigstenS -'- V bremer gewesen. le rel
reks seien jüdisu.e er .ald kr ti men Kampfgruppe,
meine Frau zu retten. Aber er drehte mir den Rücken und ging Eisernen Front«, einer SOZI emo a 5
zurück an seinen Tism: »lhrer Frau wird eine Amme gestell t,
wenn sie das Kind nahren will.« lm schrie lauter, ais im es
wollte: »Sie braucht keine Amme. Sie nahrt es selbst, Herr . Pedro soli hiingen« nlmt mi!gesplelt.
• Kristina Soderbaum ha! ln »
Minister.«
101
:100
standen wahrend des Aufst~egs ~er n ationalsozialistischen Be-
wegung oft im Kampfe rrut semer SA. lch antwortete, daB halbseidenen austriakismen Kellner «, wie er Willy Forstnannte,
Alfred Braun meines Wissens kein Sozialdemokrat, sondern 'cht rie chen. »lch hielt ihn aum eher rur einen Tenor, um in
eher ein Nationalist sei. Wahrscheinlich sei er im Zentnun ~rer 5prache zu reden «, meinte er. »Aber Forst konnte aU5-
gewesen. Das müsse man nach seinen AuJSerungen jedenfalls gezel'chnet sein . Er konnte ...endlich mal sim seIbst spieIen. lch
annehmen. Goebbels meinte daraufhin ironisch: »Ach, ein habe ihn friiher immer rur emen Juden gehaIten.«
lrgend jemand muBte ihn auf »Forst« gebracht haben. lch
Frommer! Sehen Sie mal an! Also gut - behalten Sie Ihren
Christen !« kann nicht bestreiten, daB Forst eine sehr gute Besetzung ge-
wesen W'a're . lch soUte sofort mit Forst teIefonieren.
Nun ging ich zu Jannings ins Hotel »Kaiserhof«, um den mir
lch rief Forst in Wien an. Der Iehnte natürlich ab. Und zwar
erteilten Befehl auszuführen. Wenn er in Berlin war, wohnte
in einer so briisken Form, daB ich Goebbels die Absage ~er-
Jannings mit seiner Frau und seiner T ochter Ruth immer in . en m"f)te Deshalb sagte ich ihm, daB ich groBe Zwelfel
schwelg lID. . '
diesem H otel. Er hatte k eine Ahnung davon, daB Goebbels hatte, ob die RoUe mit Forst richtig besetzt sel. Goebbels gmg
bereits von einem »kriegsdienstlichen Befehl,( an ihn gespro- ell darauf ein: »Es ist richtig. Dieser Operettenfatzke
chen hatte. Jannings bat mich' im Namen der Freundschaft, die seh r s chn "f)' d" . ..L
Wlr. k t zu unge f"L
<iHrl'ch
1 . 5üB-Oppenheirner mlID. eme amorusUie
uns verband, dafür Sorge zu tragen, daB er von dem schreck- Personlichkeit sein. Darum wollte im ja Jannmgs haben.«
lichen Angebot, den »Jud SüB« spielen zu müssen, loskomme. Nun verfieI er wieder auf Marian, der so schlemte Probeau.f-
Er sei als »Frauenverführer« auch viel zu ait. n ahm en gelief er t hatte . Da er ihm in der Rolle des Jago .m
lch konnte Jannings nur mit einem »Dreh« helfen. Wenn »Othello« im Deutschen Theater gefallen hatte, befahl erbbmIr,
auch der aufgeweckte Goebbels durch W orte kaum hereinzu- eine neue Probeau fn ah me ID!.t Marian zu mamen. d al Goe D els
legen war, denn W orte beherrschte er ja selbst wie kaum ein sagte' »Er sah in den Pro b eaufnahmen aus wie er te I es-
anderer, 50 gelang es mir hier doch eirunal. lch erkHi.rte ihm sauer . 5agen Sie Herm Manan, . daB im mim nimt dfoppenR II asse.
d
lch will. den groBartigen Smausple . 1er Man'an in er 0 e es
nJ.mlich, daB zwar die Besetzung mit Emil J annings vom Namen
her nicht zu überbieten sei. Sie ware aber dennoch falsch. Denn Jud SiiB sehen.«
Heinrich George, der den GroBherzog von Württemberg, und
Eugen Klopfer, der den Landtagskonsulenten Sturm spielte, Werner KrauJ5
seien beide Schwergewichtler. Deshalb sei ein dritter Schwer- . b Falls erklart daB er gar nimt
gewichtler in einem Film im gleichen Sinne eine falsche Beset- Werner KrauB hatte mIr e en . 1 di 'G bbels zuliebe
zung, ais wenn man in einer Oper drei Basse in den Haupt- daran denke, unter lauter Smausple ~rn, edeno~abbiner Liiw
dem Antisemitismus »ihren Zucker gaben«, d . e
rollen hatte und der Bariton vollkommen fehle. .. k . on ihm verlangen, enn sem
lch muB diesen Un sinn sehr überzeugend vorgebracht hab en, zu spielen. Das konne em.er v d R . e kleine Nebenrolle
Stellung ais Schauspieler sel 50, a er em
denn durch diese Scheinlogik lieB Goebbels sich von seinem
Gedanken abbringen. Er sagte kurzerhand: »AIso gut, dann nimt zu spielen braume. ft b . K .. f) niemals verges-
d · Z mmenkun el ralID
lch werde lese usa .' Haus in Dahlem.
bringen Sie mir einen Bariton. « MiBtrauisch lachelnd fragte er: .. b ds Wir saBen m semem
sen. Es war spa ta en. . kl . umifizierte Mensmen-
»Was rur einen Tenor haben Sie denn?« Ich antwortete eben- Erote .
h 1 aus emem Smrank Zwel eme,m
Falls lachend: »Na, den Liebhaber. Der Liebhaber ist immer der aht war und die langes smwarzes
kiipfe, denen der Mund. ZUg~ii fe auS 5üdamerika mitgebramt
Tenor. Den spielt Malte Jager.« Goebbels dachte kurz nach: Haar hatten. Er hatte dlese P f'. V n dem einen Kopf
»Malte Jager? Sieht der nicht aus wie Schiller? Malte Jager ist O
gut.« - es waren Trophaen von KOPdJagemd' m anderen Kopf, daB
sagte er, daR er es se lb st sei , un von e
Dann kam Goebbels auf Willy Forst. Er konnte zwar »den 10"5

102
es oebbels sei. Nun lieB er die beiden Këpfe sich auf gespen_
stische Weise miteinander unterhalten. lange sehr laut sprechen, ohne heiser zu werden. Bevor der
Die Kopfe in seinen Hiinden wirkten beangstigend abstoBend Marsch begann, sagte KrauE leise zu mir: »Na, nun werden
auf mich. KrauB merkte das. Er schilderte mir genau, auf welche wir horen, ob du heiser wirst.«
Weise diese Kopfe in heiBem Sand verkleinert wurden, nach- Max Piccolomini hat zu dieser Musik seine berühmte »Ab-
dem das Knochengerüst des Schiidels und der Kiefer entfemt schiedsstretta« zu sprechen : »Blast, blast - oh, waren es die
schwed'schen Homer, und ging's von hier gerade ins. Feld des
worden waren. Es machte ihm SpaB, daB es mich ein wenig
Todes ... « Es ist ein sehr langer Ausbruch, der den dritten Akt
schüttelte. Aber er meinte, daiS es sehr gut sei, sich mit dem
abschlieBt. lm ersten Schrecken wuBte ich nicht, was ich tun
Grausigen zu beschaftigen, wenn man solche »kriegsdienstliche
soUte. Dann lief ich einfach die »Jessner-Treppe« hinunter, ob-
Befehle« zu erwarten habe. Unaufhërlich arbeitete in ihm der
ohl ich eigentlich ob en zu stehen hatte, bis dicht an die Rampe,
Gedanke: Wie kann ich den Goebbels mit seinem kriegsdienst_ :olte tief Luft und schrie mit einer Besessenheit wie nie zuvor
lichen Befehl übertolpeln.
in meinem Leben die Todesahnung des Abschieds in das Pu-
Er schweifte ab und spielte mir mit den Totenkopfen jenen
Abend vor, an dem er den Wallenstein und ich den Max Pic- blikum. . . . . _ uR
Meine Verzweiflung - mem Kampf nut dem Larm m.
colomini gespielt hatte. lch hatte immer - wie man in der Eindruck auf das Publikum gemacht haben, als nahme es bere~ts
Theatersprache sagt - eine »miichtige Rëhre«. Es war von jeher teil an der Schlacht. VieUeicht hielt auch mamner im appla.udie-
eine besondere Eigenart von KrauB, sich irgend etwas auszu- renden Publikum für eine Meisterleistung - was nur schrelende
denken, was den Partner auf der Bühne zum Lachen brachte oder Angst war, den AktschluE zu verpatzen. .
ihn erschreckte. 50 hatte er an jenem Abend, an dem wir beide Von alledem lieB KrauE seinen schrecklichen toten Ko~f ~ur
in der schwarzen Rüstung der Pappenheimer auf der »Jessner- reden, um abzulenken und sich etwas auszudenken. Plot~ch
Treppe« standen, versucht, mit seinem Stahlhandschuh nach fragte er: »Stimmt da s, daiS der Goebbels .Doppelrolle~ ~:!:
dem meinen zu greifen. Wiihrend er nun seine erschüttemde Ieiden kann?« (50 nannten es die 5chauspleler, ~enn :;d
Ansprache an den ihn verlassenden Max Piccolomini hielt, die l 'ch 5tti"ck zwei verschiedene Personen von eID un em-
g el en ch b l'·tigte ihm daB
mit den Worten beginnt: »Max, bleibe bei mir ... geh nicht selben Schauspieler verkorpert werden.) 1 ~ a h b ' Iche
von mir ... Es kann nicht sein, ich mag's und will's nicht glau- Goebbels eine klare Anweisung herausgege .en aufe~ s~
ben, daiS mich der Max verlassen kann ... « - knackte er eine »5tarmatzchen« zu unter1assen. KrauB sagte nur alI dJara
d .» . demun,
b 1 daiS' ch entweder e u en ID
NuE in meiner Hand und blinzelte mich keB an. Der Eisenhand- dann sagen Sie Goeb es, 1 . 'üdische Volk oder
Film spiele oder gar keinen. Ich splele das J
schuh lieR sich schwer bewegen. lch dachte nur daran, was wer-
den wird, wenn er 10slliBt. lch hielt krampfhaft die zerknackte nicht.« . KrauB überbrachte, war
NuE in der Hand und spielte 50 die ganze Szene zu Ende. Aber AIs ich Goebbels diese Antwort von Ich Mlitzchen«
. KrauB daiS er 50 e"
das war nur der Anfang seiner Versuche, mich zu erschrecken. ich genauso überzeugt wle '1 würde Er schaute
d 'chl'gen Film nicht zu assen .
Zum Ende des dritten Aktes hat hinter der Bühne der »Pappen- in em ihm' 50 WI ~ n ud 5üB auch spielen? Wie will
heimer Marsch« zu erklingen, der Max Piccolomini in die mich an: »Fuchs! Will er de J J d 5"" ist J'a HaIb-
h 7 Ich antwortete: » u w>
5chlacht ruft, in der er fallen wird. Wiihrend sonst einige we- er denn das mac en « E . t der Sohn eines hohen
jude. Das habe ich KrauB gesMagt. t r ISGoebbels fragte zurüdc::
nige Trompeten dies en Marsch in einiger Entfemung bliesen, . '''d' chen ut er.«
hatte KrauE sich von der 5taatsoper, an der an diesem Tage we- Adeligen und e~ner JU 15 aB das überhaupt geht7« lch: "Man
»Ja, glauben Sie denn, d __ Il ~;n,..;chten. Aber ich
nig Blech gebraucht wurde, eine groBe Menge von Trompeten, ht man mw> es 50 ~~.
muR sehen, ob es ge - . .. « Goebbels sehr leise und
Posaunen und Tuben besorgt, die plëtzlich mit ohrenbetauben- weie ja, dae Sie 50 etwas rucht mogen .
dem Larm den Marsch hinter der Bühne spielten. lch konnte
1°5
sehr scharf nachdenkend: »Vielleicht ist das seh r interessant.
Ich verspreche mir sogar etwas davon. Das jüdische VoIk: Wer- der Gruppe, die an der Türe stehengeblieben war, und ging
ner Kraug!! Also gut: ich bin damit einverstanden.« sehr schnell auf den aufstehenden Goebbels zu. Er schüttelte
Kra~ war entsetzt. Er hatte sich in seiner eigenen Schlinge ihm herzlich die Hand, strahlte ihn an und zeigte seine schiinen
gefangen. Für die künstlerische Wirkung des Films war dies grog en weigen Ziihne.. ...
e D ieser Auftritt vonManan war berelts emAngnff aufGoeb-
Entscheidung von groger Bedeutung. lch hatte neben ihm
bels. Das mochte Goebbels gar nicht. Wenn einer angriff, m~te
KIiipfer und George, Albert Florath und Theodor Loos und
er es sein. Wir, die wir Goebbels karmten, ~ten, daR nun eine
schli~lich auch Ferdinand Marian. lch war also von der Elite
Explosion kurz bevorstand. Marian dagegen war ahnungslos
der griigten deutschen Schauspieler umgeben. Auf diese Weise
und sonnig. Goebbels pflegte sonst seine Giiste um einen run-
konnte ich hoffen, das biisartige Thema w enigstens auf eine
den Tisch zu versammeln. Aber an den Tisch war er j.a ~un
künstlerische Basis zu heben und seine Biisartigkeit zu mildem. nicht gekommen, weil Marian bereits bei ihm am Schrelbtisch
stand. Goebbels stützte sich auf den Schreibtisch und tr~t ~~er
iiher an Marian heran. Er sprach liichelnd und freundlich uber
Ferdinand Marian n schlechtgemachte weille Schliifen, die Mari~ in ir~endeinem
Film getragen hatte. Ich glaube, es war der Film nut d~m an-
Nun m~te ich auf Marian zu gehen. Ich besuchte ihn in züglichen Titel »Morgen werde. ich .ver~aftet«. Werugst~ns
seiner W ohnung und eroffnete ihm Goebbels' BeschluK Marian spielte Goebbels unmigverstiindlich nut diesem ~o~: M~an
war überzeugt davon, sich durch die schlechte Probeaufnahme war zu nalV,. um das zu durchschauen. M.it der PrazlSlon . emesuf
einen endgültigen Ausweg geschaffen zu hab en. Er hatte in ·f . F·lmmaskenbildners machte Goebbels Manan dara
el ngen 1 ahn Film
seiner Wohnung den ersten M arm seiner Frau, einen Juden - aufmerksam, daR er vor kurzer Zeit den oben erw ten
er hieg Gellner und war Regisseur und Schauspieler gewesen - geseh en h ab e un d daR es sche~lich ausgesehen habe, chmi Wle Ma-
aufgenommen, um ihn vor Verfolgung zu schützen. . rian sich seine SchHifen mit irgendeiner »weillen 5 er~ v:;-
Neben seiner grolSartigen Begabung war er ein »versoffener klebt habe. Marian gab Goebbels recht, er habe »G~wn- e .«
Hallodri « , wie er sich selbst narmte. Er erkliirte mir in seiner genommen obwohl er selbst inuner sage, daR das rucht gut sel.
Wohnung sehr selbstsicher, daB er mir beweisen werde, da1S Auf das Wort »Gown« ging Goebbels bissig ein. Dann~agte
ih daB Emil Jannings ror ihn ein Vorbild sein soli te. enn
man nicht m~, wenn man soll, und ich solle nur dem Minister er m, B kl b der irgendwelchen
viillig klar und ohne jede Umschweife sagen, dalS diese RoHe sich dieser Schauspieler einen art e e 0 . Stunden
ch d F· seur morgens zwel
nicht seine Rolle sei. Haaransatz, dann brau e .er n ukl b 50 würde der
lch machte das telefonisch, und Goebbels bestellte mich mit dazu, um Haar für Haar emzeln anz e en. twachse
Marian zusammen zu sich ins Propagandaministerium. Eindruck erweckt, aIs ob das Ha~r le.~~dig~::rd~::r.« .D~
lch hatte Marian gewarnt, Goebbels, wenn er yom Schreib- Marian lachte verlegen: »Dasr's:~~ :~stehen, Herr Marian,
tisch her auf ihn zugehe, auf die Beine zu schauen. Man pflegte mug man eben morgens seh ch II Sagen Sie mir pri-
X f ·· U orma en wo en.
an der Türe stehenzubleiben weil Goebbels seinen Glisten wenn Sie mir ein ur v lien Sie den Jud SUS
zise - ohne aile A us fI u··chte·. Warum wo
entgegengehen und sie dort e~pfangen wollte. Wer ihm dabei
auf die verkrüppelten Beine sah, begab sich von vornherein in nicht spielen?« bl.ck f die Frage nicht gefaBt.
Marian war m . d·le sem Augen 1 au 1 ihm dicht vor dem
Gefahr. .. ck weil Goebbe 5 ZU • b-
Er wich etwas zuru , . . 1 Bonvivants und Ue
Nun spielte sich die Szene Eolgenderma1Sen ab: Marian Gesicht stand: »Herr Minister, ~ch.~ple e Dieser Jud SUS !st
traute der Situation nicht 50 recht und fürchtete wohl, dodt haber, wenn au ch ru·cht mehr die )ungsten.
hinunter auf die Beine zu schauen. Er loste sich jedenfalls auS 1~

106
eine ganz unsympathische Charakterrolle. 50 will mich .
Filmpublikum nicht sehen.« rnem Wie mir der Musiker Hans Otto Borgmann, der im gleichen
ie M arian wohnte und mit ihm sehr befreundet war,
Goebbels ging ihm nach, und Marian mui5te am Schreibtisch_ Ha use W " . ch.il
rand stehenbleiben. Er sagte leise: »Sehen Sie mal an! lhr Pu- "hlt hat und wie es genauso spater Frau Byck-Manan s -
derte, h a t Marian , zu Hause angekommen, ein halbe Flasche
erza di
blikum will Sie nicht 50 sehen? Wer besetzt Sie denn mit lhren
Rollen? Ihr Publikum oder ich?! « Marian schüttelte nur den Kognak auf einen Zug ausg.etrunken und .dann begonnen, e
Kopf. Was sollte er auch antworten. Goebbels: »lch habe Sie Wohnung zu demolieren, die Fensterscherben zu zerschla~~,
um schlieglich nach einstündigem Rasen und Fluchen vollig
neulich als Jago im Deutschen Theater gesehen . Sie waren aus-
gezeichnet. War das ein sympathischer Bonvivant? « betrunken zusammenzusinken.
lch selbst mugte noch im Ministeramt warten. Goebbe~ hatte
Marian war bereits durch die leise Art von Goebbels ganz
demoralisiert. Scham, Wut und Ausweglosigkeit bestimmten das ange or dne t . lch erhielt den Befehl, innerhalb. der nachsten
d K uB
Woche eine brauchbare Probeaufnahme von Manan un ra
seinen Ausdruck, ais er sagte: »Das ist ja Shakespeare, Herr
zu liefem, und das tat ich dann auch.
Minister.« Und plotzlich schrie ihn Goebbels ganz nah an Natürlich gefielen Goebbels die Aufnahmen, denn KrauB und
seinem Gesicht überlaut an: "Und ich bin Josef Goebbels!! Die auch Marian waren Ja n Scha usple.
. grol>e . 1er Ihr Gegenwehr war
Schauspieler wollen jede HiIfe von uns. Erst die Nationalsozia- gebrochen, und nun wollten sie gut sein.
listen h aben euren Stand überhaupt salonfah ig gemacht. Wir
lassen euch mehr verdienen ais unsere groBten Wissenschaftler.
- Und kaum wollen wir einmal etwas von einem Schauspieler, »Jud Sü1.S« in der Geschichte und im Film
dann denkt er - wenn ich den Jud Siill spiele, dann kann ich
nicht mehr nach H ollywood. Dann wird mich das Juden- .. Iche esdùchtlichen Grundlagen die Gestalt
Dm zu prufen, we g . lichst im Meyerschen
geschmeif5 da drüben nicht mehr engagieren! « Marian wollte des Siill Oppenheimer hatte, sah lch zun b d Jahre
etwas sagen. Aber Goebbels schrie: »Sie haben das Recht ver- 'k d ar in der Ausga e aus em
KonversationsleXl on, un zw . d Hitl chen Antisemi-
loren, mir in diesem Zirnmer zu sagen, daiS Sie die Rolle an- 18 99, nach. lm Jame 1899 gab es Ja en ers
nehmen. Sagen Sie es drauBen einem Herrn meines Amtes!« tismus noch nicht. Ich las: . . . er württembergischer
Und dann schrie er dreimal: "Raus! Raus! Raus!« Marians »SûSS-Oppenheimer, Joseph, beruchti~ H 'delberg widmete
Gesicht war ganz naiS von dem Geifer Goebbels'. Es war eine Finanzminister, em . Jud e, geboren 1692d mch el schiedene , Geld-
der impertinentesten Szenen, die ich je von diesem Manne sich dem Handelsstand und trat 173 2 ur ver Württemberg
gesehen habe. Karl Alexander von
geschafte mit dem H erzog . . ek' des Münzwesens
Marian flüchtete zur Türe h inaus. Wir bekamen einen Wink d ihm rst die Du hon
in Verbindung, er zue h . Finanzrat und Kabi-
mit ihm zu gehen. Die Tür zum Ministerzirnmer schloB sich übertrug und ihn endlich zurn Ge elffien 5 aile Stellen mit
hinter uns. Marian warf sich drauBen auf einen der vielen gelb- nettsminister erh O. b AI s sol.. cher besetzte .
Gulden falsches Geld pra-
..
.
semen Kreaturen, lie15 11 Mtlhonen
. dT baksIDonopol, verk aufte
seidenen Sessel. Er wischte sich mit dem Taschentuch das Ge-
sicht ab und machte dabei ein Gerausch unbeschreiblichen Ekels. gen, errichtete ein Salz-, Wem- un . a Menge Juden ins Land
SchlieiSlich schrie er den neben ihm stehenden Leiter des Mini- um groge Surnmen Privilegien, zog e~~ Art Durch dies alles
steramtes an: "Sagen Sie dem Herm Minister, ich mach's!« und drückte das Volk mit Abgabe~ch er nadt dem Tode des
. HaE auf SI unhaftet d
Dann sprang er die Treppe des schonen Schinkel-Baus, deren zog er den allgememen var ein Gericht
.. wurde er v e r , d
Gelander mit den goldenen Preugen-Adlem verziert waren, Herzogs am 12. Marz 1737 . . em Staatsgewan am
brecher m sem
gestellt und aIs Staatsver d Kiifig aufgehiingt.«
hinunter und schrie fortwahrend wie ein Verrückter: "Ich . .
4. Februar 1738 III ellle ID beson eren
mach' s, ich mach' s !"

108
daE dieser übertre1ben . d eU · n ja sehr
nSID.
Der Rechtsphilosoph Rudolf Stammler, geboren im Jahre r·rte Goebbel s , . G d bedeute dieses Zltat das
erk a .. fb r sel lm run e b ch
1856, der in dem gleühen Lexikon als »der bedeutendste Rechts- leicht nachpru a. ·Iln cht ( die er doch selbst vera s eue.
. die " Knsta a (, . 1 sagt
philosoph neukantischer Richtung der Gegenwart« bezeichnet gleich e Wle h daE Luther 50 etwas ruema 5 ge
··rte rond eraus,
wird, hat seine Untersuchungen über das Urteil, das gegen rch er kl a
Jud SüB gefallt wurde, in einem Buch niedergelegt. Er hat nach e
haben konn . .ch f rueses Gespriich natürlich vorbe-
den Verbrechen und dem Charakter des Siill Oppenheimer bbels hatte SI au chanl ihm den
Goe fahl durch seine Spre age,
geurteilt, daR die Todesstrafe vollig zu recht über SüB ver- reitet. Liichelnd be be~ gen Der Foliant hielS: " Die Lügen
hangt wurde. · t Luther« zu nn . . 1 .
"Fo1lan en M tin Luther « Es war eID a tes, ID
Wenn im Februar 1963 im Fernsehen der merkwürdige Ver- d * Von Dr. ar u s · Il
der Ju en . B ch d d·e Stelle, die er mir zeigen wo te,
such gemacht wurde, den Charakter des Siill Oppenheimer zu Leder gebundenes u ,un 1.
»retten«, dann war das kein sehr kluges Unterfangen. Es hait d h ein Lesezeichen marklert.
keiner emsthaften Geschichtsprüfung stand. Wenn man aber war urhlc di Anordnung alle Synagogen zu verbrennen,
Jawo - ese, amk. .
nachzuweisen sucht, daR in dem Film die geschichtliche Figur ·t ch einigen anderen zusiitzlichen Graus elten ID
stand rru no di U d mit
verfalscht wurde - dann hat man recht. Nur geschah dies mit ·
dlesem u . B ch Goebbels schIoB daher ·ese nterre ung
k d kann es ein
genau den entgegengesetzten Mitteln, als heute behauptet den Worten: »Wenn Luther das sagen ann, ann
wird. Veit Harlan auch. Oder halten Sie sich für sittlich hochstehen-
lch las Wilhelm Hauffs Novelle »Jud Siill« und wuBte nun der ais Luther? Ubrigens werden ja in dem Film keine Syn-
eindeutig, daR ich mich auf dem gefahrlichsten Pflaster befand, agogen verbrannt.« .. .
auf das ein Drehbuchautor geraten kann, wenn er nicht bereit Damit muBte also dieser graBliche Satz, der natürlich sym-
ist, zum Diener einer Sache zu werden, der zu dienen Unehre bolisch gemeint war, denn Luther hat keine Synagogen ver-
und Gefahr mit sich bringen muBte. brannt, stehenbleiben.
50 wurde mir klar, daB ich die historischen Verbrechen, wie lch muBte irnrner neue Anderungen machen, und die Ande-
es der Diebstahl, der Âmterverkauf, die GeldHilschung usw. rungen wurden wieder veriindert. Streckenweise war der he-
waren und durch die SüB-Oppenheimer zum vielfachen Millio- angstigende »grüne Ministerstift«, mit dem Goebbels »selbstc
nar wurde, in meinem Film nimt verwenden durfte, sondern daR schrieb, in den korrigierten Drehbuchseiten zu sehen. Worte,
im einen Kampf zwismen Judentum und Antisemiten darzu- die von Goebbels selbst stammten, waren zu übernehmen. Der
stellen versumen muBte. Der Anführer Siill Oppenheimer, der »grüne Stift« war der absolu te BefehI.
reime Jude SüB, muBte durm die Hingabe an seine Berufung
SchlieBlich verlangte er von mir, daR ich »Schiicht-Szenenc,
verarmen. Und 50 gesmah es denn aum im Film.
die er im Warschauer Ghetto hatte aufnehmen lassen, und
DaR SüB am S<hluB gehenkt wurde, war eine geschichtlime
ZWar in KIeidungen, die das Moderne nicht verrieten, in den
Tatsame, der im versumte, das Zeimen eines groBen Unrechts Film hineinnehmen soli te.
beizugeben, und das, obwohl er gesmichtlich zu recht gehenkt
wurde. Diesen Gedanken konnte ich ihm ausreden. In den von
Auf welche Weise im den S<hluB drehen würde, wuBte im
G~ebbels bezeichneten Szenen wurde stehenden Kühen und
Kalbern, di· e ln sch·1er en dl oser Relhe . aufgestellt waren, und
zunachst nom nimt. Goebbels war mit meinen Veranderungen
~st einverstanden. Ais im allerdings das Luther-Zitat, das ~um an den Hinterbeinen aufgehiingten Hammeln die Kehlen
un er6ten Orehbuc:h ein groges Gewimt hatte, weglieg, wonam ur.chschnitten, 50 daR das Blut in entsetzlimer Weise herum-
SPrt tzte und d· T· 1
Luther in einer Schri& angeordnet haben soUte samtlime Syna- le lere angsam verendeten. Irgendein ScheusaJ"
agogen in Schutt und Asme zu legen, lieB e: mim rufen. lm • R·..L .
lU1hg ~Vo d J·d
n en ü en und ihren LUgen e .
110
ein fetter Ker!, setzte sich auch noch lachend auf eines der mit dem Titel »Die groBen Diebe der Weltgeschichte~. In dieser
sterbenden Tiere, bis es unter ihm zusammenbrach. sarnm1ung stand auch die Geschichte des Juden Sii/S-Oppen-
Goebbels hatte befohlen, daE ich mir diese etwa 1500 Meter · er der an einem riesenhaften Galgen auf dern Marktplatz
h elm , K"{: D
langen Szenen in der Filmvorführung des Propagandaministe_ . Stuttgart gehenkt wurde, und zwar in einem ang. er
riums ansehen sollte. lch muBte mir eine Flasche Kognak brin-
gen lassen, um die Vorführung überhaupt überstehen zu kan-
K
l~'fi war extra erfunden worden, um dem Juden eine beson-
ag d
dere Quai zu bereiten. Er wurde namlich an Han en un
dru
-
nen. Die meiste Zeit über schloB ich die Augen. lch fragte dann Ben gefesselt, mit der Schlinge um den Hals, in dem Kafig
Goebbels, ob er die Szenen selbst gesehen hatte. Er sagte stehend, hoch hinaufgezogen, ohne zu wissen, zu wei cher
gleichgültig: »Ja, so ein Stückchen davon. Schan ist das ja Stunde der Boden des Kafigs von unten durch einen Seilzug
wirklich nicht. Aber das soli es auch nicht sein.« lch sagte zu geaffnet werden würde. 50 starb Sii/S-Oppenheimer viele Stun-
Goebbels : »Alles ScheulSliche mulS in der Kunst schan darge- den lang.
stellt werden. Sonst hart die Kunst auf, Kunst zu sein. Sie hat Diese Grausamkeit gab aber aum dem Juden, der wahrerId
sich nach den Gesetzen der Asthetik zu richten. Sie kannen seiner Gefangnishaft zum religiasen Judentum zurückgefunden
auch keinen echten Kaiserschnitt im Film zeigen. Die Leute hatte, Gelegenheit, sich mit machtiger Stirnrne von oben herab
würden scharenweise das Kino verlassen, wenn solche Szenen an die Zuschauer dies es grausigen Schauspiels zu wenden. Der
erscheinen. Der graBte Schauspieler mit der alIergraBten Da- Fluch SM-Oppenheimers hatte foIgenden Wortlaut:
monie und auch der graBte Regisseur kannen in einem Film, »lhr Wüteriche, Baalsdiener und Sodomsrichter! Verdorren
in dem die se grausige Realitat gezeigt wird, nicht zur Geltung sollen eure Glieder wie die Weiden am wasserlosen Kidron.
kornrnen. Das Publikum würde sich erbrechen.« Goebbels sah Verwesung solIt ihr tragen am lebendigen Karper, vereitem
das sofort ein, und ich war die Szenen los. sollen eurer Kinder - und Kindeskinder Gebeine. Jeder Tag
Er brachte übrigens spa ter diese Schachtszenen in dem Film solI euch Jarnrner bringen und der Schrnerz euch den SclùaE
»Der ewige Jude« unter. Der Chef der »Antikornintern-Zen- aus den Augen scheuchen. Bose Nachbam sollen euch den
trale« hatte diesen »Kulturfilm«, der irn eroberten Polen auf- Frieden storen, eure Erstgeburten eum Smande machen, eure
genornrnen worden war, auf Befehl des Propagandaministers Andenken verflucht sein und eure Stadt vom Feuer des Him-
gemacht. mels zerstOrt werden: Darum, daIS ihr nimt mit gleicher Rute
Die SchluBszene des Films »Jud SM«, in welcher Oppen- bestraft die, die gIeich gesündigt haben! Eurem Hunger soIl
heimer gehenkt wird, hatte eine Wirkung, vor der, als wir sie kein Brot, eurem Durst kein TrarIk werden, eure Rechte saIl
drehten, aile erschraken, auch Marian selbst. Die meisten Mit- kein Ohr, eure Saaten fremde Heirnser, eure Mühe keinen
arbeiter sagten mir voraus, daIS Goebbels diese Szene niernals Lohn, eure Hande keinen dankbaren Erben finden und euren
durchlassen würde, weil der Fluch Oppenheirners über seine Gott 5011 liistern eure eigene Zungel!«
In dem von mir inszenierten Film wird aIso ein Jude gezeigt,
Morder in seiner alttestamentarismen Wumt beangstigend
der seine eigenen Millionen opfert, um seine Stammesgenossen
und erschütternd wirkte. Nur im wuBte, daB in dem an den
nach Stuttgart zurückführen zu konnen, über welcher 5tadt
Propagandaminister abgelieferten Drehbuch, das ich genehmigt
dem Gesetz nach »der Judenbann« lag. Dieser Jude betreibt mit
von Goebbels zurückbekornrnen hatte, der Flum, der spater in
dem Rabbinat zusammen systematisch die Bekampfung des
~llen Drehbüchern enthalten war, nom nimt stand. lm Dreh- Antisemitismus. Er entfesselt schlieBlich eine Revolution gegen
uch, das Goebbels abgenornrnen hatte, stand nur : "SM die Antisemlten. Solche erfundenen heroischen Taten, die cler
Ilucht.«
mt Verbred1er süB-Oppenheimer nicht begangen hat, .md
Das war nicht einrnal Berechnung von mir gewesen. lch fand ~~ wohl dazu geelgnet, sich zu vergegenwirtigen, wu es
den historisch echten Text erst spater, und zwar in einem Bum
hieS in der Hitler-Zeit derartige Absichten Sü.!S-Oppenheimers
in ein Drehbuch hineinzupraktizieren. Waffen verletzt, den selben Krankheiten unterworfen, mit den-
Selbstverstiindlich begeht Oppenheimer in dem Film auch selben Mitteln geheilt, gewarmt und gekiiltet von eben dem
Untaten. Der historische Dieb jedoch, der Betrüger, der Âmter- Winter und Sommer ais ein Christ? Wenn ihr uns kitzelt,
verkaufer und Geldfalscher, der sich auf gemeine W eise be- lachen wir nicht? Und wenn ihr uns beleidigt, sollen wir uns
reichert - ist er in meinem Film nicht. nicht rachen? . . . Wenn ein Jude einen Christen beleidigt, was
Selbstverstiindlich hat der Film in den antisemitischen Rol- ist seine Demut? Rache! Wenn ein Christ einen Juden beJeidigt,
len einen starken antisemitischen Ausdruck, der natürlich, da was muB seine Geduld sein nach christlichem Vorbild? Nu,
das ja ein nationalsozialistisches Thema war, ebensowenig Rache ! Die Bosheit, die ihr mich lehrt, will ich ausüben, und
weggelassen werden konnte wie in einem kommunistischen es muE schlimm hergehen, oder ich will es meinen Meistem
Propagandafilm die Verurteilung des Kapitalismus. In diesem zuvortun. «
Sinne spiegelte der Film die Zeit wider, in der er gemacht Die Arbeit an »Jud SiliS« fing mit den Probeaufnahmen an,
die ich mit KrauE und Marian zu machen hatte. Wir hatten
wurde. Der von mir inszenierte Film war aber nicht 5 0 ange-
ausgemacht, weil wir ja im Atelier beobachtet wurden, daB das
legt, daB er die Menschen auf die Seite der Antisemiten rief.
von mir leise gesprochene Wort »Stürmer« fur Marian und
Die groge und unentschuldbare Sünde des Jud SiliS in dem
KrauE das Stichwort sein sollte, das die Schauspieler darnpft,
von mir inszenierten Film ist die Tatsache, daB er sich die
wenn sie in ihrer komodiantischen Freude am Spiel zu stark
Frau, die er liebt und die er heiraten will, die ihm aber nicht
»mauschelten« oder Bewegungen mamten, die in ihrer Akzen-
gegeben wird, weil er Jude ist, mit Gewalt nimmt. Es ist die tuierung antisemitisme Wirkungen hervorrufen konnten. 50
einzige Sünde des Juden. Sie ist keines falls mit den niedrigen hielten wir es wahrend der Probeaufnahmen und aum spa ter
Untaten zu vergleichen, die der geschichtliche J ud SiliS in zahl- den ganzen Film hindurch. .
losen Fallen durch seine Sexualverbrechen begangen hat. Der Wir hatten beschlossen, den Antisemitismus von den Anti-
geschichtliche Jud SiliS zog die verheiratete Adelswelt durch semiten spielen zu lassen, also von den Nazis, und ihn nimt
einen Schlamm sondergleichen, ohne das Motiv gekrankter in die jüdischen Gestalten zu legen.
Ehre zu seinen Gunsten gehabt zu haben, wie es in der Dar-
stellung Ferdinand Marians hervortritt. Es muE betont werden,
daR in dem Film SiliS Oppenheimer den Vater Dorotheas um Die Juden in» Jud Sü1S«
die Hand seiner T ochter bittet. Statt einer Antwort reiBt der
Vater die Fenster auf, damit die Luft des Zimmers nicht von In den Synagogenszenen griff im in die Dars.tellung ais ~e­
dem Juden verpestet werde. Diese Szene lieB es spater begreif- gisseur nicht ein einziges Mal ein. Ein Rabbmer untenYles
lich erscheinen, warum SiliS Oppenheimer sich rur die ihm da- Werner KrauE in allem, was dem Ritus entsPrimecht.KrauB selbalst
mit angetane Schmach 50 tierisch racht. Aus seiner Liebe wurde war sehr darauf beda m t, semen . Ra bb'mer ganz t ru gest -
HaB - und dieser HaB antwortet dem antisemitischen HaB. ten Der Gottesdienst war ein »massidismer« Gottesdienst,
Ais ich die Szene der Brautwerbung in die Bearbeitung hin- d er "ch
Si ne b en d em» Pentateum« auf den» Talmud« bezieht. lm
einschrieb, die ein Kernstück des ersten Drehbuchs war und auf verstand davon gar nimts, und darum lieB im diesen Ritus
die Goebbels groBen Wert legte, dachte ich an die unwiderleg- allein von den Juden gestal ten. .. .
bare Beredsamkeit des Shylock, der im III. Akt sagt: Ob er auph t waren die Aktionen der Gegenwehr vom Judisch-
»lch bin ein Jude. Hat nicht ein Jude Augen? Hat nicht ein ' .. ·
RelIglOsen her bestimmt - wahrend di'e Anti' senu'ten ihren
1 RI ..··.. b d
Jude Hiinde, GliedmaBen, Werkzeuge, Sinne, Neigungen, Lei- Kamp f gegen d le · Juden mit keiner ei e . iglOsltat
. .ver. an en,
denschaften? Mit derselben Speise genahrt, mit denselben auch nicht mit der mristlimen. Darauf sah lm sorgEiltig.

11J
Um die Synagogenszene ganz echt darstellen zu lassen, Euhr
groBten russischen Regisseurs Stanislawski war. lm Geiste
ien zunaenst mit meinem Mitarbeiter Alfred Braun und mit
Stanislawskis wurde in jiddischer Spraene gespielt. Wir sahen
meinem Aufnahmeleiter Carstensen nach Lublin in Polen. lch
auBer einigen Filmen, wie z. B. "Der Jidel mit der Fidel~, auen
erklùte dort in Gegenwart emes Rabbiners sehr genau, was
den sehr eindrucksvollen Film" Der Dybuck«.
ien aufnehmen wollte, was das Thema des Films sei und daR Sowohl Marian als auen Werner KrauB sahen sim mit mir
sien jeder im klaren sein müsse, daR Goebbels keinen philo- zusammen diese von der Reiensregierung natiirlien verbotenen
semitisenen Film machen würde. Filme mit Genehmigung von Goebbels an. Die Vorführungen
Es meldeten sich eine groRe Zahl jüdischer Bürger aus Lublin, durften allerdings nur im Propagandaministerium durmge-
die sehr daran interessiert waren, aus Lublin fortzukommen, führt werden. Der kleine Zusmauerraum war stets überfüllt,
weil sie glaubten, in Berlin sicherer zu sein. Da ich nur 15 0 weil sich die Mitglieder dieses Ministeriums in den Bann dieser
Personen brauenen konnte, versprach mir ein Rabbiner der unheirnlichen Filme gezogen fühlten. Es kamen auch Leute von
dortigen T almud-Schule, die betreffenden Leute auszusuchen. der Reichskanzlei herüber. Da wir uns die Filme mehrmals an-
Er senenkte mir - als ich mich verabschiedete - eine echte alte sahen - namentlich KrauB war ganz besessen von der Darstel-
Thora-Rolle, eine sehr lange Pergamentrolle, die mit groRer lung und hat sie spater auf seine Rollen sehr deutlich übertra-
Genauigkeit mit der Hand geschrieben die Synagogen-Rolle gen, erging ein Verbot der Reichskanzlei, diese Vorführungen
darstellt, aus der die Gesetze Mose aus dem " Pentateuch« ver- fortzusetzen.
lesen werden. KrauB übemahm das Spukhafte und verarbeitete es mit sei-
Naen Berlin zurückgekommen, erkHirte Goebbels mir, d~ ner damonischen Suggestionskraft, mit der er das Publikum in
mein Vorhaben nur verrückt zu nennen sei. Es sei vollig aus- aller Welt mitzureillen verstand. Der anfangliche Millmut von
geschlossen, jemals die Erlaubnis dafür zu erhalten, Juden naen KrauB und Marian, der aus Zorn und Scham gemischt war,
wich langsam. Jeder glaubte, dem schandlichen Auftrag da-
Berlin zu transportieren. Er befahl mir darum, nach Lublin zu
durch etwas abhandeln zu konnen, daR er den oder die Juden
fahren und die Aufnahmen an Ort und Stelle zu machen, wenn
50 groRartig oder kleinbürgerlich komisch spielte, wie jeder der
sie wirklich unentbehrlich für den Film sei en.
beiden das mit seinem Talent zu erspielen vermochte.
Wir beschlossen dann, mit einigen Senauspielem naen Prag
"Das Schwein« war der Herzog. Und die Antisemiten ver-
zu fahren, weil das naher war, und bauten dort den lnnenraum traten eben die Ansichten des Nationalsozialismus. Jeder Zu-
der berühmten gotischen Altschul-Synagoge im Prager Baran- schauer konnte selbst entscheiden, wer in diesem Film unrecht
dow-Atelier nach. Die Darsteller rur diese Szene stammten
tat und wer nicht.
zum groRten Teil aus Berlin. Sie waren nach 1933 nach Prag Wolfgang Liebeneiner wurde im Jahre 19~9 ~om Pras~den­
geflüchtet. lch hatte ein hohes Tageshonorar ausgesetzt, und ten des Schwurgerichts gefragt, ob er den Film m .der Hi~er­
darum meldeten sich wiederum viel mehr, ais ich brauchen Zeit ais antisemitisch empfunden habe. Es wurde ihm gleJch-
konnte. Rabbiner und Kantoren der Altschul-Synagoge steIlten zeitig gesagt, daB sehr viele Zeugen - auch jüdis~e Zeug~ -
sim zur Verrugung. lch muR es hier feststellen, daR natiirlim das Antisemitische nicht 50 stark empfunden hatten, Wle er
niemand zur Mitarbeit gezwungen wurde oder aum nur ge- dem Film vorgeworfen wird. Liebeneiner antwortete·: .
zwungen zu werden braumte. »Wenn ein verschworener Antimilitarist, wie ich es z. B. bm,
Ehe wir bei der Ufa in Berlin ins Atelier gingen, wurden uns . elnem
ln . F·I
l auf e,·nem
m Kasernenhof oder sonstwo
.Soldaten
vom Propagandaministerium mehrere Filme gezeigt, die von sieht, die schnurgerade ausgerichtet sind und sien beim Exl!l'-
der "Habima« hergestellt worden waren. Die »Habima« ist
ein altes jüdismes Theater, das einstmals in Moskau von dem • Zitiert nach dem Stenogramm.
Regisseur Wamtangoff gegründet wurde, der ein Smüler des

u6
zieren 50 bewegen, als scien etwa 2 00 50ldaten nur ein ein-
ziger, und wenn sie in gerader Unie marschieren, ohne nur Un len. Eine ah nlime Wirkung hat der Film auf mich gemacht und
geringsten das Grade der Reihe zu vedindern, sich auf den auf viele M enschen, die im gesprochen habe. Meines Wissens
Bauch werfen, ais hatten aile zusammen nur einen Bauch, dann ist damais niernand auf die Idee gekommen, den schauspielem
wird er sagen: Es ist doch zum Kotzen, daB es hier gar keine oder dern Regisseur einen Vorwurf daraus zu machen, daB sie
schlielSlich Goebbels gehorchten. Wie es ist, wenn man heute
einzelnen Individu en mehr gibt, sondern nur einen Block Men-
den Film sieht und welche Empfindungen man hat, wenn man
schen. Einen begeisterten Militaristen hingegen wird bei 501-
heute an diese Zeit erinnert wird und die Antisemiten Worte
cher 5zene das Herz hoher schlagen und der PreuBenstolz wird
sagen hort, die damais an der Tagesordnung waren, kann ich
seine Brnst blahen.
nicht beurteilen, weil ich den Film nimt wieder gesehen
50 ahnlich verhalt es sich bei dem Film Jud 5iiB. Wer die
habe.«
verschiedener. Volker, die auf der Erde verstreut sind, in ihren
Eigenarten liebt, der konnte durch die Darstellung von Werner
Heinrich George
KrauB oder von Marian niemals antisernitische Empfindungen
bekommen. Er war irn Gegenteil froh, zu sehen, auf welch Mein Freund Heinrim George war schon, bevor wir mit den
vortreffliche Weise die Juden echt gespielt wurden. 50 hat es Dreharbeiten begannen, biise mit mir. Er sprach waruend un-
mich z. B. sehr interessiert, den jüdischen Gottesdienst in dem serer Filmarbeit auBer den wenigen Worten, die fur eine Zu-
Film zu sehen, der in seiner Echtheit cine groBe Wirkung auf sammenarbeit unerlaBlich sind, kein Wort mehr mit mir. Ich
mich ausübte. war rur ihn »gestorben«, denn er schob es mir zu, daIS der
Wer aber Antisemit war und sein wollte, konnte seinen »Herzog« ein biises, unappetitliches Wesen war, und er war
Antisemitismus in dieser Darstellung bestatigt finden. solche auch deswegen zu Goebbels gegangen, um diese Rolle loszu-
Leute haben gewiB dem Antisemitismus in diesem Film ihren werden. Er brachte bei Goebbels vor, daIS er schon den »nega-
Beifall gezollt. Eine werbende Kraft rur den Antisemitismus tiven Herzog « in dem »Schiller-Film« hatte spielen müssen,
habe ich jedoch in dem Film nicht feststellen konnen, obwohl um als Schattenfigur gegen die Lichtfigur S<hillers zu st~hen.
oder vielleimt aum weil bekannt war, daB er eine solche wer- Er habe, um diese Scharte auszuwetzen, ~ seinem Schiller-
bende Kraft haben sollte und daIS die Nationalsozialisten sich Theater den GroBen Kurfürsten in »Der pnnz von Homburg«
. It H e l'ch schimpfte, daIS er es satt habe,
gesple. fiT'
. Scheusale
' d zu
selbst natiirlich in den Antisemiten verkorpert sahen. Wer
spielen, und daB nicht der Jud SüB in dem Film der Min er-
dem Nationalsozialismus zu schmeimeln gewillt war, wird sim
wertige sei, sondem eben der Herzog.
also im Lippenbekenntnis gewill auf die seite der Antisemiten
Heinrich ha t mir seine A useinandersetzung bei Goebbels
gestellt haben. Aber daB fühlende Mensmen nicht Mitleid mit
spà:ter selbst geschildert. Zuerst scheint Goebbels gegla~bt zu
den Juden hatten, die aus einer Stadt ausgewiesen wurden, nur
haben daB die Eitelkeit Georges, der immer »derSympathlsche c
weil sie Juden waren, kann ich mir nimt remt vorstellen. Mir . wo 'Ut e, der Grund der Ablehnung war. Aber das dentsprach
ist nur bekannt, daIS fast alle Mensmen, welme Juden mit dem sem Film
Georges künstlerischem Wesen nicht. Er wollte aus em .
Judenstern am Arro auf der StralSe sahen, eher Mitleid emp- heraus. George hat auch erklart, daIS er sich seinen B~ rucht
fanden aIs das Bedürfnis, Mensmen mit solmen Zeichen auch abnehmen lassen wolle, den er mit der Allonge:Pe~cke zu-
noch zu treten. GewiB gab es Letztere in besmiimender Masse. 'cht t ra gen kiinne Er hrauche den Bart rurdieRollen,
Gesehen habe im aUerdings solme Szenen nlemals. lm Gegen-
teil erlebte ich immer wieder, daB die Menschen auf der StraBe
d
s~mme.n ni 'nem Schl1ler-Theater spielte. Natürlich waren das
le er ln sel h"
alles nur hilflose Ausreden, die Goebbels nur ver ar:eten.
diesen Juden vielleicht vorsichtig, aber doch betont freundlich George wollte vielleicht mit dem »Heroischen« des National-
entgegentraten, um dem Schamgefühl seinen Tribut zu bezah-
119
118
sozialismus einiges zu tun haben - ihm imponierte auf kind-
liche Weise die ungeheure Macht -, aber auf keinen FaU mit mals veriindert habe. Das stimmte zwar nicht, denn zu dieser
dem Antisemitismus. In seinem Zeit waren die meisten jüdischen Rollen noch gar nimt ge-
.. Zimmer hing wahrend d er
ganzen nationalsozialistischen Ara ein grolSes Bild von Elisa- schrieben, vielmehr nur der Rabbiner Law und der Sekretar
beth Bergner an einem vorrangigen Platz. Lewi.
DaIS Heinrich aus dem Film heraus wollte, horte schlieBlich !ch bekam den Befehl, daIS KrauB sich in der Rolle des Lewi
auf jeden FaU eine Hakennase zu kleben habe. Ais mir von
Goebbels heraus. Er wuBte auch, daIS George mit seiner Mei-
irgendeinem der kleinen Beamten von Goebbels dieser BefehI
nung über seine Rolle recht hatte. Goebbels hatte ja das Dreh-
übermittelt wurde, erkIarte ich sofort, daIS dann mehrere Sze-
buch gelesen. Er befahl Heinrich George mit unwidersprech-
nen wiederholt werden mülSten. Dieser Wunsdl. des Ministers
barem Nachdruck, die Rolle 50 zu spielen, wie er - Goebbels _
würde ein teurer SpalS werden. KrauB ging selbst ans Telefon
das Drehbuch abgenommen habe. Und der Riese Heinrich und sprach mit dem Ministeramt. Er erkIarte kurz und bündig,
George wurde klein und machtlos vor dem machtigen Zwerg. daIS er gar nicht daran denke, die Beweglimkeit und die Aus-
In der Verbitterung, klein gemacht worden zu sein, drehte drucksfahigkeit seines Gesichtes dadurch einzuschranken, daR
Heinrich die ersten drei Wochen. Es war eine scheuBliche Situ- er sich "Karnevalsnasen« aufsetze. Er wurde wegen dies es Aus-
ation rur mich als Regisseur. Das Ekel, das er mir gegenüber drucks zu Goebbels bestellt. KrauB bat Goebbels, er mage sich
sein wollte, war er nun ganz und gar in seiner Rolle. Er war doch die nachsten Muster ansehen, in denen er vier verschie-
wie ein wütender Bernhardiner, der sich gerade noch beherrscht, dene Juden dargestellt habe. Damit würde sidl. der Wunsch des
nicht zuzubeiBen. Ministers von selbst erledigen. Und 50 war es dann audl.. Es
Ich habe den AnlalS vergessen, der es ihm wahrend der wurde nie mehr von den Kittnasen gesprochen.
Arbeit deutlich machte, daIS diese Feindschaft unter uns Freun- In dem Film spielten mehrere Leute mit, die jüdisch verhei-
den albern und dumm war. Jedenfalls fing Heinrich platzlich ratet waren - z. B. mein Freund Hans Meyer-Hanno, dessen
laut an zu lachen, umarmte mich, küBte mich auf beide Wan- jüdische Ehefrau die bekannte Pianistin Irene Saager ist.
gen und sagte: "Ach, Veit, wir sind schon zwei Arschlacher!!« Ich war mit Meyer-Hanno sehr befreundet, 50 daIS idl. mich
Ich antwortete ihm glücklich: "Sei gefalligst auf deine eigenen irn Jahre 1934 an den damaligen Kultusmin.ister Rust wandte,
Kosten bescheiden, Heinrich.« Damit war derStreit zu Ende. weil die halbjüdischenKinder von Meyer-Hanno aus derSchule
genommen werden sollten. IdI. konnte erreichen, daIS der Fa-
Wahrend der Herstellung mulSten laufend die gedrehten
milie dieses Schicksal erspart blieb. Meyer-Hanno war ein
Szenen, die "Muster«, taglich ins Propagandaministerium ge-
wütender und offenherziger Kommunist. Er haB te die National-
schickt werden. Es gab selten Beanstandungen. Muster, die mir
sozialisten und den Antisemitismus wie die Pest.
zu gefahrlich erschienen, wurden nicht mitgeschickt. Es war
klar, daIS Goebbels sich aus den kleinen Teilen, die er zu sehen
bekam, kein Bild des Ganzen machen konnte. Er bemerkte
zunachst nur die brillante Darstellung und lobte sie mehr-
Goebbels exploruert
facho
Ais der Film fertig war und dem Propagandaministerium zur
SchlieBlich kam der erste Einwand von Goebbels. Es gefiel Abnahme vorgelegt wurde, waren der Regisseur und die Sd1.au-
ihm nid1t, daIS KrauB sich in keiner seiner RoUen eine gebo- spieler nicht dabei, um n.i!ht etwaige kritisdl.e AuBerungen der
gene jüdische Nase mit Nasenkitt geklebt hatte. Ich wurde Zuschauer zu unterbinden. Viele hundert Personen saRen in
deswegen vom Ministeramt angerufen und verteidigte midi. dem groBen Vorführraum, ais Goebbels die »Musterkopiec di~
sofort darnit, daIS idl. Probeaufnahmen von allen RoUen von ses für ihn 50 wichtigen Films zum erstenmal vorführte.
KrauB gemadl.t hatte, in denen er ebenfaUs seine Nase nie-
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·1:1.0
ach der Vorführung wurde ich in meiner Wohnu
ng an-
gerufen. Ich bekam ~en Befehl, sofort ins Propagandaministe- anfing. Wahrend meiner Abwesenheit muB Goebbels 50 schre~­
rium zu kommen. Mir selbst war offengestanden ziemlich kl liche Dinge über mich gesagt haben, daB Puttkammer meine
daR Goebels an dem Film einiges auszusetzen haben wür~r, Frau darauf vorbereitete, daIS im vielleicht überhaupt nicht
Die Art des Anrufes lielS mich 5chlimmstes ahnen. Und d:~ mehr aus dem Propagandaministerium zurückkame. Die Stim-
5chlimmste folgte dann auch. mung sei schJimmer ais katastrophal.
Goebbels hatte sich in den sogenannten» Thronsaal« begeben. In dieser Stimmung schien Goebbels aber noch etwas anderes
Etwa hundert Zuschauer (oder mehr) waren ihm gefolgt. Es wichtig zu sein. Wahrscheinlich hatten Leute den Film mit an-
gesehen, die Hitler Bericht über die Vorführung erstatten wür-
waren meist uniformierte 55-Leu te oder SoIdaten. In diesen
den. Goebbels hatte die Auswirkung der Umarbeitung des
Kreis wurde ich gebracht.
allerersten Drehbuches nicht richtig berechnet. Das muBte er
lch habe damais gar nicht alles prazise aufnehmen konnen,
anlaBlich der Vorführung erschreckt feststellen. Er gebrauchte
denn Goebbels verlor zeitweilig die Beherrschung über sich. Er
daher die griibsten, ja allergriibsten Worte gegen mich, um vor
war malSlos emport. Er betonte von vornherein, daR ich »ein den über hundert Zuschauern ganz klar zu machen, daIS ich
gewisses Pardon« genosse, weil ich unfahig sei, »politisch zu allein schuld sei an der »Verwasserung des Themas«.
denken«. DaIS ilh aber übersehen haben soli te, daIS ich dieses Er entwarf auf auBerst schmissige Weise - darin war er ja
Thema in einer ganz anderen Wei se dargestellt hatte, ais er es Meister - einen Plan, nach welchem der Film zu iindern sei.
mir befohlen habe, glaube er mir einfach nicht. Er übertrieb Die Szenen des »sauselnden Romeo Marian«, die vom Uicheln
malSlos und behauptete, ich hatte aus dem »Scheusal« SüB einen Kristina Siiderbaums »zurückgesauselt« würden, miillten selbst-
»Romeo« gemacht. verstandlich aus dem Film verschwinden. Er erfand eine Menge
Natürlich grill er den SchlllE des Films ganz besonders an - phantasiereicher Szenen, die übrigens niemals nachgedreht
und darauf war ich innerlich vorbereitet. wurden, weil sie gar nicht in den Film hineingepaBt hatten.
Seit dem Auftrag, diesen Film zu machen, war eine lange, Dann entwarf er einen neuen SchluB.
geschimtlich inhaltsreiche Zeit vergangen. Norwegen und Dane- Zwar hat spater Goebbels den SchluB nochmals veriindert.
mark waren besetzt und der Frankreich-Feldzug war in sechs Aber die Hiillenapotheose, die er in diesem Augenblick mir und
Wochen siegreich beendet worden. Es hieB, es werde nun in der den Zuschauern schilderte, hatte er in dem Film gar nicht an-
bringen kiinnen. Seine Worte waren alle nur ror den Augen-
namsten Zeit gegen England gehen. Der Luftkrieg gegen Eng-
blick gesprochen. !ch warf einmal dazwischen, daB ich den
land hatte bereits begonnen und ein Sieg nach dem anderen
Film genau nach dem Text gedreht hatte, den er abgenommen
wurde ais »Sondermeldung« mit Fanfaren und posaunen durch
hatte aber diese Bemerkung machte ihn nur noch wütender.
das Radio gedonnert. Unter den Nationalsozialisten haUe sich AIs dann eine Pause entstand, weil seine Phantasie erschëipft
nam diesen Blitzsiegen, die niemand vorausgesehen haue, ein war, fragte er mich, warum ich nicht antworte, ich sei doch sonst
Siegestaumel breitgemacht. Seine Ansichten über einen »anti- nicht auf den Mund gefallen.
semitismen Film« - so wie Goebbels sie im Jahre 1939 noch ver- lch zuckte mit den Schultern und sagte, daB ich im Augen-
trat - hatten sich grundsatzlich gewandelt. blick gar nicht imstande sei, aufzunehmen, was er gesagt habe.
lm wuBte nicht, daIS mein Cutter und Trauzeuge" Friedrich Mich tdifen seine Vorwürfe ganz unvorbereitet und unerwartet.
Karl von Puttkammer, der die Musterkopie in das Propaganda- lch betonte mehrfach, daB er ja das Drehbuch gekannt habe
ministerium brachte, bereits meine Frau angerufen hatte. Er und daB ich es nicht verandert hatte. Das war zwar nicht wahr,
war im Vorführsaal anwesend gewesen, aIs Goebbels zu toben aber da er mir das von ihm zuletzt geanderte Drehbuch zurück-
gegeben hatte, konnte er das gar nicht mehr prüfen. lch sagte
• Bei der Eh. mit Kristina Stiderbaum.

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noch "Die Tatsache, daIS Marian wie ein Liebhaber . k
· "h d . WJ.r t, hat
lhnen d 0 ch M an an wa ren semer ersten Auseinande rsetzung bleibe bei meiner Absage, den Film in Ihrem Sinne zu andem.«
selbst gesagt. « Ab er ich wulSte: Je mehr ich recht hatt Es war Gnade des Schicksals, daB er mich nicht zwingen wollte.
.. .. ~~so
schlechter fur Goebbels und um 50 verhangnisvoller rur mich Ais ich unten auf dem Wilhelrnplatz in mein Auto stieg, kam
Darum stammelte ich noch ein paar mehr oder weniger hilflo . ich zur Besinnung. lch fuhr sehr langsam durch die StraBen und
Worte und bat ihn schliefSlich, mich von der überarbeitung di:~ dadlte über die Foigen dieser Auseinandersetzung nach. lch war
ses Films zu entbinden. Ich betonte, daR ich das, was ich mit Fest davon überzeugt, daB der Film verboten würde. Die Figu-
ren waren viel zu prazise gezeichnet, als daB noch geandert
Hingabe und Liebe gestaltet hatte, nicht selbst plèitzlich für
werden konnte, was Goebbels geandert haben wollte. Er hatte
idiotisch und schlecht halten kèinne. Und daR ich, der Regisseur,
auch den Marktplatz in Stuttgart noch eirunal wiederaufbauen
der an seine Arbeit glaube, der Ungeeignetste und der Befan-
lassen müssen, um den SchluB zu andem.
gens te sei, den Film 50 anzusehen, wie er das tate. Es war mehr
ein »wa-wa-wa«, das ich 50 hinbrabbelte, denn mir fiel nichts
Vemünftiges ein, und das um 50 weniger, ais mich ein paar
»Jud Siill« wird geiindert
Hundert Augen gespannt anstarrten - zum Teil sogar mit un-
verhohlenem Mitgefühl, denn niemand wuBte, wie diese ab- Goebbels begnügte sich darm damit, verschiedene Szenen
scheuliche Szene enden würde. herausschneiden zu lassen, in denen ihm der Jude zu syrnpa-
Goebbels registrierte schnell, daB er durch meinen lahmen thisch war. Namentlich fiel eine wesentliche Szene, die zwischen
Widerspruch keinen Zündstoff rur einen effektvollen SchluB Marian und Kristina spielte. Dorothea Sturm hatte ein groBe
seines Auftritts geliefert bekam. Er sagte noch ein paar veracht- Sympathie für SüB Oppenheimer, obwohl sie einem anderen
liche Worte, aber sie wirkten nicht mehr. Da er das wohl selbst jungen Marm versprochen war. Erst nachdem der Va ter seine
merkte, legte er pléitzlich die Platte leiser Resignation auf und Tochter von dem Juden in Harte getrennt hatte, anderte sicll
flüsterte: »Vielleicht haben Sie recht, Herr Harlan, wahrschein- das. Diese »lnstinktlosigkeit«, mit der Dorothea niclltsahnend
lich haben wir uns von Anfang an gründlich millverstanden ihr Herz dem Juden zuwendet, hatte Goebbels besonders ge-
und darum ist es wirklich besser, wenn ein anderer den Film brandmarkt.
Goebbels lieB sich aucll von seinen Mitarbeitern anhand des
andert. Sie konnen gehen.«
Drehbuchs Vorsclliage macllen, an welchen Stellen man dem
Mit einem 50 schnellen AbschluB hatte ich nun wieder nicht
Text nachtraglich eine antisemitiscllere Wirkung aufsyncllroni-
gerechnet. lch sah ihn noch einmal, wahrscheinlich ziem1üh sieren konnte. Dann lieB er den gesamten Text des Fluches
dumm und verblüfft, an, und dann ging ich. Es war eine Art wegnehmen. Marian muBte in einem Synchronisationsra~
SpieBrutenIaufen, ais ich mehr oder weniger verdattert durch irgend etwas Erbarmliches winseln und um Gnade bltten, wah-
die Gasse hindurchlief, die mir die Zuschauer machten. rend er in seinem Kang hochgezogen wurde. Einige der GroS-
Es war keineswegs der Ausdruck eines »groBen Mutes« ge- aufnahmen in denen er den FlUch deutlich sichtbar sprach'
wesen, Goebbels abzuschlagen, die befohlenen Ânderungen zU wurden he:ausgeschnitten und dafür Aufnahmen eingesdmit-
rnachen. Es war mehr Hilflosigkeit und andererseits auch die ten in denen SüB in seinem Kafig nur aus der Feme zu sehen
UnHihigkeit, seine Wünsche überhaupt zu erfüllen. Was Goeb- wa;. Die ganze Szene wurde auch wesentlicll gekürzt. Es wur-
bels als »normal« empfand, hatte ich nur ais Karikatur oder den dann ohne mich einige Nahaufnahmen gemacht, in denen
Ubertreibung darstellen konnen. Hatte er mir nun in dieser Marian in GroBaufnahme im Kafig gezeigt wurde. Eugen Klop-
Situation wieder eine seiner stets bereitgehaltenen Pistolen auf fer muBte eine Proklamation verlesen, die eine Ausweisung der
di~ B~st gesetzt, dann ist es durmaus nom die Frage, ob ich Juden aus Stuttgart zom lnhalt hatte.
Wle em Held gesagt hatte: »lm ziehe jede Konsequenz und
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Der Film bekam durch diese Veranderung wohl einen hetze-
rischen Charakter, den er vorher - trotz des in ihm verUetenen

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. . . ...... Antisemitismus - nich t hatte. Und gewiB habe ich die von

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Goebbels geanderte Form - die spa ter in den Kinos lief - über-
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• haupt nicht zu verantworten. Aber Goebbels lieS nicht nach-
drehen, wie etwa dem Juden Lewi oder anderen jüdischen Ge-
stalten, die KrauB d arstell te oder die von den vielen Kompar-
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sen dargestellt wurden, etwas Bosartiges geschah. Er hatte zwar
in seiner Wut geschrien, daB er Pogromszenen nachdrehen

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lassen würde, wie sie im ersten Mollerschen Drehbuch enthal-
ten waren. Er hatte solche Szenen auch ohne groSe AtelierauI-
bauten im Freien drehen konnen. Sie hatten wenig Zeit und

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-- .... nicht viel Geld gekostet. Menschen mit Peitsmen und Schüssen

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über Felder jagen zu lassen, wie er androhte, waren Szenen
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gewesen, zu denen er gar keinen künstlerischen Leiter gebraucht
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gebrüllt. Soviel Verstand hatte er doch, um ru sehen, daR solche
Szenen erst nach dem eigentlichen Filmsch1uB gebracht werden
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konnten, das heiBt also nach dem Tod des "Jud SiiB« und nach
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bn Veit lIarian-film de r Te rra ::.,. .. ,"

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Fûm in seinem dramaturgismen Aufbau und Ablauf wesentlich

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dann aum nam den »Verbessenmgen«, auI die er bei jeder
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der Uraufruhrung im Ufa-Palast in Berlin sag im in der Mittel-
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loge neben ihm, und er drückte mir - vor dem gesamten ap-
plaudierenden Publikum - dankbar die Hand. Nun war im -
der vor kurzem nom .ein politismer Idiot« war, wieder der
Regisseur, dem Goebbels dankbar war.
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Die Vorreklame, die rur den Film .Jud SiiB" gemamt wurde,
hatte damaIs unter den Juden und aum unter anderen Feinden
des Nationalsozialismus mehr Angst erzeugt, aIs spa ter die
Wirkung des Films.
Diese Vorreklame hatte mein Freund, der Pressechef der
Terra, Dr. Knauff, gemamt bzw. mamen lassen. Das Gesimt
filmankündigung .Jud süB.
des SüB - also Marians Gesicnt - erschien grün gemaIt mit

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gel ben Augen auf riesenhaften Plakaten. Die SchriIt war

- hebraischen Schriftzeicnen angeahnelt. Es erschien aucn eine


Fülle von Zeichnungen und Fotografien mit hetzeriscnen, anti-
semitischen Unterscnriften.
Der Mann, der diese Reklame gemacht hatte, war alles andere
ais ein Nationalsozialis t. Er war ais aufrecnter Kritiker schon
einmal von Hermann Ge ring ins KZ gesteckt worden, weil er

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sich erlaubt h atte, in einer Kritik über die italieniscne Siingerin
D usolina Gianini, die an der Staatsoper aIs "Carmen« gastierte,
zu schreiben, sie sei »wohl eine Dame, aber niemaIs eine Car-
men«. Dusolina Gianini war bei Hermann Gering zu Gast und
Jud 5üss wohnte in dessen PrunkschloB in Karinhall. AIs Goring die
Eln Veit - Hor!on - Film
Kritik las, lieB er »den unverscnlimten Kritiker« rur eine Weile
mil Ferdinand Mar)cn, Krist,na S6derbaum. H. lnrkh
George, Werner (rouss, Eugen 1(\6pfer. Albert Rorctt. einsperren.
Splelleilung Veit Horion Nach diesem Vorfall war Dr. Knauff fur keine Zeitung mehr
ais Kritiker tragbar. Er wurde darum ais Pressecnef der Terra
Achtungl Feind hort mitl' engagiert.
mit Re"' D&ltgen, IOnIen Heiberg, lotte KodI,
Micnoel Sohnen, Chnstian Kayuler. Emst Waldow Knauff machte seine Arbeit fur dies en Filin 50 gut, wie Goeb-
SpieUeitung: Arthur Morio Robenalt bels es wollte. Er konnte also damit rechnen, ais pflicnterfüllen-
der Befehlsempfiinger der Nationalsozialisten angesehen zu
Rosen in Tirol werden. Ais er aber eines Nacnts in einem Luftscnutzbunker
mit Hans Moser, Man. HOT. II, Johannes H...-s.
Hons Hoh, Theo llng. n,loo 5\ezolt, TheodorOon.oo- mit seinem Freund, dem bekannten Zeichner O. E. Plauen, etwas
Splelloltung: GelO \Ion Bolvary zu Jaut über die Widerwartigkeit des Antisemitismus gespro-
chen hatte, wurden er und Plauen verhaftet. Und dann wurden
Die schwedisc:he Knauff und Plauen zum Tode verurteilt.
Nachtigall Der Film »Jud 5üB« hatte in der Presse einen Monstererfolg.
mil JlseW.rner. Karlludwig Dtehl. Joodll," GottJChafk, Aber der Monstererfolg war in der Pressebejubelung des Anti-
Ariben W6ach .... Hans teibell. Emn Heu
SpieUeilung: Peler Paul Brouer semitismus begründet. Fraglos kam der Antisemitismus in zahl-
losen Kritiken viel starker zum Ausdruck ais im Filin.
Dreimol Hochzeit Zu dieser Zeit gab namlich das Propagandaministerium durch
Ein W •• n·film im V.rlerh der rerro
mi1 Willy Frr1Id1, Mon_ HOT.n, Tho lIngen, Hedwig
seine Presses telle eine »Grüne Zeitung« * heraus. In ihr waren
Blaiblre". Theod04" Oanegger die »Wünsche des Herrn Ministers« enthalten, die in den Kri-
Spie llf.llung , G e zo von Bolvory
tiken berücksichtigt werden muBten. In dieser Zeitung wurde
genau angeordnet, was die Kritiker hervorzuheben hatten und
Auf Wiederaehen, was unter den Tisch fallen soli te. 50 kam mir z. B. eine solche
Franziakal
mit MarionM Hop~. Ho,," S6hnker, Fritz: Odemo" • Gemeint sind die oTagesparolen« und .Presse-Rundschrelben«
RtJdoll F.,MU, H.tmann SPMlmonl, H.rbert HlibMr
SpI.II.,lung , Helmut K6lJtner
des Propagandaministeriums, die von aIIen Redakteuren beachlel
werden muBten.
., 8
Dit. •• "Z "IP'UI
l<I/W...................
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...UM.d+Ft""'B'
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vert.ner V

Ich ersuch. 'l'orsorge zu treUen. Herm Veit Herlan


~ 41. ge_a • W14 PoU •• l im Lauf. des 'fintera Berlin - Charlottonburg 9
du Yilm nJud Bü.B" ou seh6ll belr.oJllllt. Tannenbergallee 28

Sehr geehrter Herr Harlan,


Himmler 30. 9· 1940 als Anlage Uberreiche ioh Ihno. die beiden TorgilDc.
Filmbesuch »J ud 5üB« für 55 und Polizei "Agnes Bernauer".

Ioh telle Ihnen mit, daB !br. l'til.chste ubeit ein anderee
'.rhema Z'UlIl Inhal t haben 8011 und aa sich fUr Sie 8IIp:t'ehl_
»Grüne Zeitung« vor die Augen, in der die Kritiker den Auftrag wUrde, s10h von Ihrer Begeisterung, Agnes Dernauer ale
bekamen, den Film »Der gro15e Kéinig« nicht etwa 50 zu be- Regisseur ru gestal tan, langsam aber raUIe&! ru llSeeD.
~er88 in einer mttndlichen Bespreehung, su der 1eh Ihn~
sprechen, dal5 Kristina 5éiderbaum und Gustav Fréihlich aIs
jederze1t zur Vertugung atehe.
Liebespaar oder gar als »5tars« herausgestellt würden. Diesen
Ul~ besten GrUBan und Heil Hitler!
Gestalten sei vielmehr nur wenig Aufmerksarnkeit zu schenken.
Nur die Gestalt des Kéinigs müsse hervorgehoben und mit dem
Wesen und Amt des Führers verglichen werden.
Die gesamte Presse verfuhr nach solchen Befehlen; es blieb
fur amn gar nichts anderes übrig, aIs das zu tun.

»Agnes Bernauer« und »Der graISe K6nig« Anlago


lnzwischen hatte ich schon mehrere Monate an dem Dreh-
buch für »Agnes Bernauer« gearbeitet.
lch schickte nun sowohl ein Exposé wie ein sehr langes Bilder-
Treatment, das im Grunde ein Drehbuch war, im November
1 94 0 an das Propagandaministerium, und zwar an den Reichs-
Hippler an Harlan 2. u. 1940
filmintendanten Dr. Hippler. Betr.: Vorgange >tAgnes 8ernauer«
lch erhielt meine Arbeiten mit folgendem Brief zurück:

130
l ch rief H ippler sofort an. Da ich gut nùt ihm stand k
ich sehr frei nùt ihm reden. lch fragte ihn darum ob Onnte
.. ck d . . . lch 1 k , e r ver- tion«, das mir Goebbels - trotz seiner Feindschaft gegen diesen
ru t gewor en SeI, nur eme so e a oni sche Antwort auf . Dichter - ausdrücklich zu lesen empfahl.
A rb el't zu geb en, f ur" d"ch
le 1 monate1ang Geschichtsforschelne lch las auch franzosische Darstellungen, die von Voltaire be-
getrieben und die ich im Einvemehmen nùt Goebbels gescr:~ einRuiS t waren, und das, was Friedrich der GroiSe selbst über die
ben hatte. Zeit seiner Regierung aufgezeichnet hatte.
Hippler antwortete nùr, daB ihm gar nichts anderes übri _ lch ging vor das Reiterstandbild Friedrichs des GrolSen, das
blieb e, aIs lakonisch zu sein. Er wüBte w ohl, daiS Goebbels m~r einst Christian Rauch geschaffen hatte. Es stand in Berlin »Un-
ter den Linden «.
bei dem Auft rag »Jud Sü!5" versprochen h a tte, danach »Agnes
Zum Arger aller Militaristen reitet der Alte Fritz auf die-
Bemauer « machen zu dürfen. Er wüBte aber auch, was Goebbels
sem Denkmal ohne Sporen. lch sah am Sockel des Denkmals
nunmehr nùt mir vorhabe, dürfe es aber noch nicht sagen.
den Philosophen lmanuel Kant, der dem Konig den Rücken zu-
Goebbels h abe es sich vorbehalten, mir den Auftrag selbst zu kehrt, weil Friedrich II. sich niemals um seine Existenz geküm-
übertragen.
mert hat, obwohl er doch neben Johann Sebastian Bach sein
D as geschah euuge Tage spater. Ich bekam den Auftrag, gewaltigster Zeitgenosse war.
einen Film über Friedrich den GroiSen zu machen. Das Thema lch beschlolS, den Konig von jeder Art Denkmalssockel her-
»Agnes Bemauer« hatte ich viel »zu katholisch " aufgefai5t, unterzunehrnen und ihn menschlich zu gestaIten. lch lielS ihn
weil ich h atte anklingen lassen, daiS das »Sakrament der Ehe« darum im Pots damer ldiom sprechen, das heillt, er berlinerte,
durch den Fall »Agnes Bem auer« in Bayern kirchengesetzlich wenn er deutsch sprach. Hin und wieder sprach er ein gutes
wurde. Er wolle jetzt vielmehr einen Film haben, der die Zeit- Franzosisch. Durch die deutschen Antworten war die Verstiind-
spanne »des Siebenjahrigen Krieges« erfasse. lch solle mich an Iichkeit der Szenen auch fur ein Publikum gewahrIeistet, das
keine dichterische Vorlage, sondem nur an die Geschichte halten. kein Franziisisch verstand.
lch erklarte, auf jeden Fall eine Liebesgeschichte zu brauchen, Um die übliche »Fridericus-Rex«-Serie, in der Otto Gebühr
seit Jahrzehnten den »Jungen« und den »Alten Fritz« verkiir-
damit ich der offiziellen Historie die notwendige lntimitat geben
perte, nicht noch zu vermehren, besetzte idt die Rolle mit Wer-
konne. "Warum brauchen Sie eine Liebesgeschichte?« fragte er
ner KrauB. Goebbels war einverstanden. ldt soli te allerdings
mich argerlich. lch führte mm vor Augen, daiS weder Schiller
vorher Probeaufnahmen von Werner KrauB machen.
noch Goethe, ja nicht einmal die alten Griechen ihre geschicht- KraulS, der eine Zahnprothese trug, naIun, uneitel wie dieser
lichen Dichtwerke zum Ruhm führen konnten, ohne den Gott grolSe Mann war, die Ziihne heraus, so daB seine Lippen nach
Eros mitwalten zu lassen. lch sprach von " Wallenstein«, vom innen fielen. Nachdem er den Dreispitz auf den Kopf gesetzt
»Egmont«, von der " Antigone«. lch ereiferte mich und erklarte hatte und sich gebückt auf seinen Stock stützte, sah er leib-
ihm, daB ich ja kein Dichter sei, dem solche erhabenen Geschich- haftig aus - wie der Kiinig. Seine groBen runden hellblauen
ten einfallen, um sie zur Geschichte hinzuzurugen. Augen und sein stechender Blick erinnerten in gespenstischer
Goebbels lachte mich an: »Es wird lhnen schon etwas ein- Weise an die Bilder von Knobelsdorff und Pesnes und an die
fallen, wenn Sie rur lhre Kristina eine gute Rolle brauchen. Zeichnungen von Adolf von Menzel. Goebbels war hingerissen.
lch will Ihren Entwurf bald haben. Es eilt.« Er sprang auf, nachdem er die Probeaufnahmen gesehen hatte
lch las zunachst einmal das Buch »Die Geschichte des preu- und sagte: »Das wird eine Sensation, wie sie überhaupt noch
Bischen Konigs Friedrichs II.<(, das der englische Schriftsteller nicht da war. « Werner KraulS erhielt einen sehr hochdotierten
Thomas Carlyle geschrieben hat. Bei Carlyle habe ich das meiste Vertrag von der Tobis und - wurde dann ausgezahlt, denn er
gefunden, was ich spater in dem Film verwandte. durfte die Rolle nicht spielen.
ldt las audt Thomas Manns "Friedridt und die grolSe Koali-
Es war für mich eine traurige Stunde aIs G bb 1
' oe es m' .
unverhohlenem Bedauern erklarte, Hitler habe d' B Ir mit dem Gustav Frëhlien in einer sehr ahnlienen Rolle einen Bom-
le esetzun
mit Werner KrauB verboten. Er hatte sie al, T b g benerfolg gehabt hatte, konnte er künstlerisen nients mehr
» reue ruch
gegenüber Qtto Ge b ü h r bezeiehnet. Hitler habe beh " gegen die Besetzung einwenden.
"h h"tt' . Z't d n
G eb u r a e m emer el en »grOl!)en Kënig« ges ielt. auptet ' Für den Film »Der groge Konig« wurde mir alles zur Ver-
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d les aus po !tise en run en »se r unpopular« gewesen . P , ln der fügung gestell t, was ien für notwendig hielt. len bekam fünf-
DaB Gebühr stets sehr popular in dieser Rolle war und du:~ tausend pferde, aIs ich sie brauente, und ien durfte mit eenten
Soldaten Schlachten jeden Ausmages drehen. Auf Geld kam es
sie seinen Namen berührnt gemacht hatte, wuBte zwar jeder
nicht an. Der General Daluege stellte mir nahezu die gesamte
und wer es noch nicht wuBte, der konnte den Beweis in eine:
Berliner Polizei zur Verfügung.
Kritik von Alfred Kerr finden. Der nannte niirnlich einmal den AIs der Film fertig war, waren in der Tobis alle begeistert.
Schauspieler Alexander Granach, der bei Erwin Piscator den Es war ein »Kolossal-Gemalde« im Stil des Malers Anton von
»Lenin« gespielt hatte, den »Gebühr des roten Mannes«. Aber Werner. Aber es beinhaltete auen viele Kammerspielszenen,
gegen den Befehl Hitlers war nichts zu mach en. durch die der Film meine personliene Handschrift behielt. EmU
Otto Gebühr wurde dann mein Freund. Er war auch sehr gut Jannings hatte ich ihn zuerst gezeigt. Er und die Herren der
in der Rolle. Aber das, was Werner KrauB in seiner einmaligen Tobis fanden den Film »gewaltig«. Dann muBte er hinüber-
Genialitat, noch dazu angesichts der merkwürdigenAhnlichkeit geschickt werden in das Propagandaministerium.
mit dem »Alten Fritz«, gestaltet hatte, ware vielleicht zu einem
ungewëhrùichen Filmkunstwerk geworden. Der gute Otto Ge-
bühr wu.Bte das selbst - und er sprach auch immer wieder »Der groJSe K6nig« wird verboten, dann geandert
davon. Wiederholt sagte er, es tate ihm leid, daE mir der Kraug
Etwas vollig Unerwartetes gesenah: Der Film wurde verboten.
»von Hitler geklaut« worden ware.
Diesmal allerdings ohne jede scharfe Kritik und ohne bose
Für Kristina fanden mein Mitarbeiter Alfred Braun und ien Worte fur mich. Demandowsky teilte mir das Verbot mit. Nient
in einer Anekdote, nach der eine Müllerstochter den Kënig nicht etwa ien, sondern Jannings und Demandowsky wurden ins
erkannte, der dadurch Wahrheiten von ihr erfuhr, die ihm Propagandaministerium gerufen, um die Anordnungen ent-
sonst verborgen geblieben wii.ren, eine gute Rolle. gegenzunehmen, wie der Film urnzusdmeiden sei. Die Liebes-
Wir verheirateten diese Müllerstochter mit einem Waent- geschichte sei zu breit geworden, sagte Goebbels, er hatte das
meister, der, nach einer anderen Anekdote, wegen UngehorsaJ1l schon vorausgesehen. Es m~ten darum mindestens 200 Meter
ans Rad gebunden und schwer bestraft wurde und der spa ter "Kristina Soderbaum und Gustav Frohlich« aus dem Film ent-
aIs Soldat fiel. fernt werden. Die Geschichte m~te mehr auf die Gestalt Fried-
Den Wachtmeister lieg ich von Gustav Frëhlich spielen, ob- richs konzentriert werden. Jannings und Demandowsky ver-
wohl mir bekannt war, d~ Goebbels ihn aus den bereits er- lieBen diese Unterredung, ohne genau begriffen zu haben, was
wahnten privaten Griinden h~te. Goebbels war von dieser sie eigentlich zu tun hatten. Jannings muE mehrfach danach
Besetzung naturgemag hëchst unangenehm berührt. Aber er gefragt haben. Er hat aber nur unprazise Antworten bekommen.
war nach anfanglichem Widerspruch zu schlau, die Besetzung Jannings war verargert: »Ich mache das nicht!« schimpfte er.
"Ich bin doch nicht verrückt 1 Er sagt einem ja gar nicht genau,
endgültig zu verbieten, weû allzu deutlich geworden ware,
was er will. Der Film ist ausgezeichnet! Ich sause ab zum Wolf-
warum er das getan hatte. lch muB gestehen, daB es mir einig e
Freude bereitete, mit dieser Besetzung vor Goebbels zu erschei- gangsee!«
nen. Da ich auf einen Film »Oberwachtrneister Schwenke« ver-
Und er sauste a. b Di e Bear bel't ung des Films überlieB er
wei sen konnte, den Professor Carl Froelich inszeniert hatte, in
Demand owsky. Dieser stand Goebb 1 "
Er wu~te wohl von den Verbotsgrund
f) e s personlich h
' . se r nahe
smeinlich hat er den Film gar nicht an en '~hmlgeS meh r . Wahr' r ückte er mit der Sprache heraus: "Sie sind gar nicht schuld
. . geru rt. -
daran. Ais Sie den Film begannen, hatten wir noch keinen
1lt mu sprach Goebbels überhaupt nicht üb
lm hatte ais Musik fur diesen Film f' d' er das Verbot. Kri eg mit RuBland. Und ais Sie ihn beendeten, war er noch
ur le preu€ischen T nieht ausgebrochen. Ieh aber wuBte,dag er kommt. Esistnatür-
pen d as Tema h des »Hohenfriedberger M ch rup_
· ... . ars es« ausg "hl lich vollkommen ausgeschlossen, daB der russische General
und fü r die osterrelchischen Truppen das b "hm . eWa t Tschernitschew - dag ausgeremnet ein russischer General es
· eru
Eugen, d er e dl e Ri tter «. Die Osterreicher hatt te Lied »Prinz
.
'f)
en wel~e Unifor- is t, dem Friedrich der Groge den Sieg des Siebenjahrigen Krie-
men, d le Preu€en dunkle. Auf diese Weise bek 'ch' . ges zu verdanken ha t.«
. am 1 ln die
sonst stets verwlrrenden Schlachten eine ganz b t' ... Ich fragte einigermagen verblüfft: » Wie 5011 ich denn das
. H es lmmte Prazl- andern, Herr Minister? Es steht ja in jedem Schulbuch, daB
sIOn. ans Otto . Borgmann hatte die Musik geschne . b en. Berelts
.
Friedrich die groge Schlacht bei Schweidnitz, die den Sieben-
an .der Musik konnte das Publikum feststellen, wer der An-
jahrigen Krieg im Jahre 1762 abschlog, nicht gewonnen hatte,
grelf~nde war. Die preu€ischen Truppen griffen zudem stets
wenn der General Tschernitschew nicht entgegen der Order der
von links nach rechts, die osterreichischen stets von rechts nach Zarin Katharina II. Gewehr bei FuE stehen geblieben ware,
links an.
ohne den dsterreichern zu Hilfe zu kommen.«
Auf einem offiziellen Empfang bei Goebbels hoffte ich, etwas Goebbels ironisierte diesen ),Geschichtsunterrieht«, den ich
über das Verbot des Films zu horen. lch horte von ihm aber ihm erteilte: »Dann wird von heute ab jederSchuibuberEahren,
nur,daE er sich über dieVerwendung des Motivs »PrinzEugen« daB Tschernitschew aus privater Infamie gegen die Zarin nicht
sehr geargert habe. Es beweise aufs neue meine »politische in die Schlacht eingriff und daB der Sieg Friedrichs des Grogen
lnstinktlosigkeit«. Erstens sei der Führer selbst dsterreicher ausschlieglich auf der geniaIen Strategie des preuEischen Konigs
gewesen, zweitens seien jetzt die dsterreicher Deutsche und beruhte. Und auf seiner Fahigkeit, schwere SchIage hinzuneh-
drittens habe der Führer, um diesem grogen Feldherrn und Po- men. Und daB es eben darauf ankommt, die !etzte SchIacht zu
gewinnen. Der Sehulbub wird lernen, in Tschernitschew keinen
litiker eine Ehre zu erweisen, ein deutsches Schlachtschiff auf
Freund und Helden zu sehen, sondern einen Verrater. Ich
den Namen »Prïnz Eugen« getauft. Es sei daher vollig unmog-
hoffe, Sie haben mich verstanden! «
lich, daE dieses Volkslied, das jedermann kenne, ais ein Kampf- Ich hatte ihn verstanden. Ich ging mit dieser Bereicherung
motiv gegen Friedrich den Grogen benutzt werde. Das war neuartiger Geschichtsauffassung zu Paul Wegener. Der hatte
alles, was ich erfuhr. namlich den Tschernitschew gespielt. Da ich Wegeners Einstel-
ln dieser Zeit der UnUitigkeit verhandelte ich mit dem Pro- lung zu den Nationalsozialisten kannte - er hielt in keiner
duktionschef der Ufa, Otto Heinz Jahn. Solange Goebbels Weise damit hinter dem Berg -, glaubte ich, daB er mir eine
nicht mit mir sprach und solange der »Groge Konig« nicht fertig glatte Absage erteilen würde, eine solche GeschichtsfaJschung
und abgenommen war, konnte ich ihn auch nicht bitten, mich mitzumachen.
bei der Ufa das Thema »Die goldene Stadt« machen zU lass en, Aber Wegener lachte nur drohnend los. Dann legte er mir
das zu verfilmen ich ganz besessen war. lm mugte aIso warten. seine groge Pranke auf die Schulter und sagte in einer Mjschung
Nach Monaten lieB er mich plotzlich rofen: »Nun denken Sie aus ostpreugischem und berliJùschem Djalekt: »Ist doch scheill-
aber noch einmal smarf nach, Herr Harlan. Was ist an Ihrem egal, Harlan, ist doch wurscht, was die hinkende Mkkymaus
Film politisch indiskutabel?« lch wugte es wirklim nicht. Goeb- von uns will! Schreib man itnmer ordentlich lange Szenen, daB
bels schüttelte den Kopf, aIs wollte er sagen: Mit soviet Dumm- viele Aufnahmetage dabei herauskommen. Mein Vertrag ist
heit habe ich nicht gerechnet. Die anderen waren aJ1erding s abgelaufen. Das sind 2000 Mark pro Tag. Sag dem Goebbels,
genauso dumm wie ich. Es wuEte namlich niemand. Schlieglich
137
lch ~piele, was er will - aber blechen muB
er.« nd W
'u
cpielte widerspruchslos und vergnügt dl'e G ch'ch egener
es 1 tsfhl ch Staatstheater den »Friedrich« gespielt hatte. Er fand es schmach-
'nd die Tobis muBte blechen. 5 ung.
voU, solche Geschichtsklitterung vorzunehmen. Er lehnte zwar
Das war natürUch Resignation. Kurz vorhe h nicht ab, smrieb aber etwai, von dem er wuJSte, daB ei unbrauch-
"ch h .... ratte Weg ene
SI se r erregt nut nur daruber auseinanderg t r bar war und lieB sich hoch daHir bezahlen.
· 11 ese zt, weil ich
d le Ro e von Otto Gebühr überal! da nachs ch '. Menzel hatte unter anderern eine Szene gesdu-ieben, in
__ n b l' yn rorusleren
mw>te, wo er er me rte oder Franzësisch sprach lch .. n welcher der Reitergeneral von Ziethen den Konig über den Tod
. mw:.te auch
die Szenen wegnehmen, in denen sich der Kënig di ch" eines jungen Prinzen, eines Neffen Friedrichs, den er sehr ge-
e ges warz-
ten. Enger an der. Uniform neben dem Schwarzen-Adl er- 0 r d en liebt hatte, trostet. Ziethen sagte zurn Konig: »Wen Gott lieb
_ hat, den ruft er friih heim. « Der Konig antwortete darauE lake-
remlgte, nachdem er eme Prise Schnupftabak genommen hatte.
nisch: »Na, dann werde ich tausend Jahre alt!« Ausgerechnet
Es hatte mir nichts genützt, Goebbels eine Stelle in einem Ge-
diese Forrnulierung benutzte Goebbels, urn zu erkHiren, was er
schichtsbuch zu zeigen, in der diese Eigenart genau beschrieben
rur eine »wahrhaft künstlerische 5prache« halte, die irn Film
wurde. Durch die Fülle dieser Veranderungen verlor der Film viel zuwenig Verwendung fiinde.
einen groBen Teil seiner Originalitat. DaB der " Alte Fritz« Nachdern die Stürrne über diesen Filmhinweggegangen waren,
berHnerte, schien Goebbels eine »distanzlose Unverschamtheit« wurde er auf die Biennale nach Venedig geschickt, wo ich als
zu sein und eine »Proletarisierung seines adeligen Wesens«. Regisseur rur den besten auslandischen Film den »Mussolini-
DaB prelillische Offiziere damais wirklich 50 sprachen, wuBte er Pokal« erhielt. lch habe den Pokal nie ru sehen bekommen.
natürlich genauso wie ich. 5tatt des sen erhielt ich jenen kolossalen Goldring, auf dem
Der Film wurde vor den Nachaufnahmen und vor den neuen die Worte »Film der Nation« in did<.en Buchstaben aufgeschrnie-
Schnitten in der Filmvorführung von Goebbels in Schwanen- det sind. Es hieB bei der Obergabe : »Es ist der Pour le mérite
werder einigen Herren vorgeführt. lch erkHirte mich wieder des deutschen Films. «
rur auJSerstande, den Tschemitschew in der gewiinschten Form
umzuschreiben. Die groBartigen Schriftsteller und Dichter Ger-
hard Menzel und Hans Rehberg wurden zu dieser Vorführung
Goebbels im Familienkreis
befohlen. Sie sollten die entsprechenden Szenen schreiben und Ich wollte endlich von der Tobis weg, weil mir der Produk-
sollten dem Film auJSerdem nom einige »Lichter« aufsetzen, tionschef von Demandowsky in keiner einzigen meiner vielen
damit der »Sarkasmus des Konigs" starker zum Ausdrud<. schwierigen 5ituationen echte Hilfe geleistet hatte. Vor alle~
komme. Da der Film mit dem Einzug der Sieger in Berlin schloB, nicht, wenn es darum ging, Goebbels in irgendeiner Entschel-
in dem der Konig seine Staatskarosse leer mitfahren lieB, wah- dung umzustimmen. kit benutzte daher eine Einladun g. bei
rend er sim allein in der Potsdamer Kirche ein Tedeum von Goebbels, an der viele 5chauspieler teilnahmen, ,hm memen
Graun anhorte, wollte Goebbels diesen zwar historismen, aber Wunsch, bei der Ufa abschlieBen zu dürfen, vorzutragen.
geflihrlichen »KirchenschluJS" durch moglimst viele unmristlich e Otto Heinz Jahn, der Produktionschef der Ufa, war ebenfalls
Bemerkungen Friedrims »entzaubern« - wie er sich ausdrüd<.te. eingeladen. 50 machten wir uns denn gemeinsam au~ den Weg
lch glaube, er haBte die Christen nom mehr ais die Juden. AuE und fühlten bei dem »5chi rrnherrn des deutschen Fllms« vor,
aile Fane waren sie ihm unverstandlicher. ob er mein künftiges Engagement bei der UEa eventuell billigen
Die von Gerhard Menzel geschriebenen 5zenen fanden den würde. Aber wir kamen mit unserem VorstoB an diesem Ta~e
Beifa1l von Goebbels. Die 5zenen von Rehberg fanden keinen ni<ht weit, denn es s<hob sich ein Unwetter innerhalb der Fanu-
BeHa1l. Rehberg hatte selbst ein gutes Theaterstück »Der 5ie- lie Goebbels dazwischen.
benjahrige Krieg« geschrieben, in dem Gustaf Grundgens am
lch sehc m ich n o ch h eu te an einem g n .
· ~.. . ro.,en welBg d k
T ISUl m lfgendemem R aum d es H au ses vo G bb e ec ten
. D .. n oe els i L ken, daB sie hoffte, wir würden die Nervositat ihres über-
sltzen. er Mmlster u nd seine Familie sn . n anke
a.,en mit am T" ch arbeiteten Mannes verstehen und nicht alles auf die Goldwaage
M agd a Goebbels, die k leine Helga Goebb 1 IS ,
· · e s, auch Harald legen. Das war der Nationalsozialismus! Auch die Frau eines
Q uan d t, n e b en K nstina und mir H einz Ott J h der Machtigsten muBte sich vor Foigen fürchten, wenn dieser
.. d 0 a n und n ch
elnlge an ere. G oebbels sprach von den Aus SI.cht en auf . 0 einmal seine wahre Meinung auBerte.
baldigen 5 ieg. emen leh kam also an diesem Tage mit meinen eigenen Wünschen
Harald Quandt * - dam aIs etwa 15 oder 16 J a h re al t - war nich t sehr weit. Aber schlieBlich gelang es mir mit Hilfe des
d er 50h n von Frau M agd a Goebb els den sl·e· ·h neuen Reiehsfilmintendanten Dr. Hippler, der mit dem Pro-
, ln 1 rer ersten duktionschef der Ufa, Otto Heinz Jahn, befreundet war, spiiter
Ehe d.em GroBindustriellen Q uandt geboren hatte. Ich hatte
doch noch von Goebbels die Erlaubnis zu erwirken, von der
den E~ndruck, daIS er zwar sein e M utter und seine Geschwister
Tobis wegzugehen und einen mehrjiihrigen Vertrag mit der Ufa
sehr hebte, daIS aber zwischen ihm und seinem 5tiefvater eine
abzusehlieBen.
5pannung bestand.
Dieser Harald sagte plotzlich zu seinem machtigen » Vater« _
50 nannte er fun -: »Das ist doch alles Unsinn. Der Krieg mit
Der FaU »Joachim Gottschalk «
den Russen dauert noch mindestens zwei Jahre.« Goebbels fuhr
wie eine Kerze hoch und schrie ihn an. Er vergalS sich in seinem Ich muBte, wie üblich, meinen Plan, nach dem ich »Die gol-
Zorn 50 sehr, daIS er Dinge sagte, die er bei einiger Uberlegung dene Stadt« drehen woU te, beim Reichsfilmintendanten im
bestimmt nicht gesagt hatte. Man erfuhr anlaBlich dies es Streits, Propagandarninisterium einreichen. Dieser Plan enthielt sowohl
daIS Goebbels schon im Jahre 1941 den Krieg rur verloren ein dreiseitiges Exposé und die Besetzung der RoUen ais auch
gehalten habe und daIS Deutschland zu »einem einzigen rau- meine Absicht, den Film in der neuen Agfaeolor-Erfindung ais
chenden Trümmerhaufen« werden würde - »wenn RuBland Farbfilm zu drehen.
Die Antwort war ein striktes Verbot, den Film in Farbe zu
nicht innerhalb des Jahres 1942 endgültig zusammenbricht«.
drehen, und auBerdem war Joachim Gottschalk, der den »Leid-
Auch erfuhren wir, daB Goebbels es »schon immer für einen
wein« spielen sollte, von der Liste gestrichen worden.
Wahnsinn gehalten« habe, in den Fehler zu verfallen, wieder lch wuBte, daIS Goebbels den Marika-Rokk-Film »Frauen
eine zweite Front heraufzubeschworen, wie das »bereits Kaiser sind doch bessere Diplomaten« deshalb verboten hatte, weil er
Wilhelm getan hatte «. Das waren handfeste Bemerkungen über ihm aIs ers ter Agfacolor-Film farblich nicht gut genug war.
Hitlers Fehlentschlüsse. Jeder andere ware nach solchen Worten Der Film wurde zwar spliter ein groBer Erfolg, aber Goebbels
wegen »Defaitismus« augenblicklich eingesperrt worden. Frau fand seine Farben »abscheulich bunt und unnatiirlich «. Er sagte,
Magda drückte ihrem Mann mehrfach die Hand. Sie war sehr das Gras sei braun, die Menschen siihen aus wie Puppen und
besorgt. SchlieBlich saBen ja Leute am Tisch, rur die eine solche die amerikanischen Farbfilme, die mit gekaperten Sc:hiffen »er-
Offenheit ganz und gar nicht paBte. obert« wurden, seien tausendmal besser. Unter anderen Fa.rb-
Ais Harald Quandt bei seiner Meinung blieb, nahm das Ge- filmen ha tte er uns den Film »Vom Winde verweht« gezelgt.
spram 50 heftige Formen an, daB Magda ihre ganze Kraft auf- Goebbels hatte nach der Vorführung an die Zuschauer eine
bieten muBte, um ihren »Liebling« oder "Liebsten« - wie sie Rede gehalten, in der er behauptete, daB der deutsch~ Farb~m
Goebbels nannte - zurückzuhalten. im Gegensatz zum amerikanischen Technicolor-Film »eille
Magda Goebbels lieB dann in einem spateren Gesprach rner- Schande« sei.
Ich war Fest entschlossen, meinen Farbfilmplan durchzuset-
• Lebt heute al. Dipl.-Ing. in Bad Hornburg.
zen. Au h hielt ich es für leich t, für Gottschalk die S .
ni. zu erhalten. lch wurde zu Goebbels n h L ptelerlaub_
ac anke h' geschloss en . Gottsmalk hatte mir vorausgesagt, daR ich mit
bestellt und fuhr mit meiner Frau h l'n D t Inaus- ih m kein Glück bei Goebbels haben würde. Aber da ich sowohl
. . or traf 'ch
Professor Carl Froeltch, den Prasidenten der Reichsfi~a auch Alfred Braun aIs auch manchen anderen Schauspieler, die bei
Goebbels hatte ihn zu diesem Gespra ch wegen G nuner; Goebbels »persona ingrata« waren, durchgesetzt hatte, ja, da
stellt. ottschalk be-
ich sogar Gustav Frëhlich mit einer groBen Rolle in "Der groge
Mein Kollege Carl Froelich war eigentlich imm h'lf b . Kënig« hatte durchboxen kënnen, obwohl Goebbels ihn wie die
. er 1 s erelt
und darum wunderte es mlch, dé& er im Anfang des G .. ' Pest haB te, glaubte ich auch dies maI, mit meinem Angriff auf
. d' l 'ch K b hl esprachs Goebbels' Entscheidung durchzukommen. Gottschalk spielte
ln le gel e . er e sc ug wie Goebbels. Er fand den Farbfilm
groBe Roll en an der Volksbühne; meiner Meinung nach konnte
noch so unfertig, dag es leichtsin nig sei, einen zweiten Farbfilm
Goebbels um 50 weniger gegen ihn vorbringen, aIs auch viele
z~ dre~~n, ehe das Material nicht wirklich gut sei. Wie Froelich andere Schauspieler, die wie Paul Henckels, Paul Bildt, Otto
mir spater sagte, hatte er dem Farbfilmplan nur deshalb so Wernicke, Meyer-Hanno u. a. jüdische Frauen hatten, in meinen
heftig widersprochen, um mir in der wichtigeren Sache besser Filmen beschaftigt worden waren.
helfen zu k iinnen. AIs ich von Gottschalk zu sprechen anfing, bremste mich
lch gab Goebbels mit seiner Kritik an dem Farbfilmmaterial Goebbels sofort veriirgert und kam wieder auf den Film »Die
recht. 50 liebenswürdig der Riikk-Film auch war, das MateriaI goldene Stadt« zurück. Er war plëtzlich gegen die Verfilmung
war noch nicht gut genug. lch erkHirte ihm, dé& die Erfinder des Themas »Die goldene Stadt«. Er meinte, ich solle politische
und Chemiker der Agfa-W erke diesen Mangel selbst erkannt Filme drehen und nicht Filme, die man im Frieden machen kenne.
hatten und dé& man jetzt dabei sei, ein Material zu entwickeln, lch machte ihm daraufhin klar, daR der Film »Die goldene
rur das man viel weniger Licht im Atelier brauche, und das sich Stadt« insofem auch ein politischer Film sei, aIs er »die Land-
bei Probeaufnahmen bereits gliinzend bewahrt habe. flucht« behandele. Das Miidchen liiuft ja vom Dorfe weg und
geht dann in der Stadt Prag zugrunde. Da Goebbels in seinen
Wenn man sachlich mit Goebbels diskutierte und von einer
Reden immer wieder »die LandfIucht« behandelt hatte, redmete
Sache mehr verstehen durfte, ais er verstehen konnte, dann
ich damit, seine Sympathie rur dieses Thema des Films zu ge-
durfte man auch - wie der Berliner sagt - ziernlich keB werden. winnen. lch erinnerte ihn darum an einige Reden, die ich über
Ja, es durften sogar Ausdrücke wie »Quatsch« oder: »Das kôn- dieses Thema von ihm gehert hatte. Er lieB sich von mir schil-
nen Sie ja gar nicht beurteûen, Herr Minister« fallen. Goebbels dem, auf welche Weise ich diesen LandfIuchtgedanken in den
war in solchen Augenblicken zu stolz, um »übelzunehmen «. Vordergrund des Filmes stellen wolle. Deshalb trieb ich auf die
Zum Schl~ sagte ich zu Goebbels: »Ich verpfiinde Ihnen mir eigene hammernde Art den politischen Gedanken in der
meinen Kopf dafür, Herr Minister, daB >Die goldene Stadt<, in Geschichte nach vorne. lch hatte es bei ihm gelernt, wie man
Farbe gedreht, ein Bombenerfolg wird.« eine an sich unpolitische Sache auf wirkungsvolle Weise »auf
Goebbels sagte lakonisch: »Was fange ich mit Ihrem Kopf Politik drillen« konnte. lch kopierte ibn also, und er,der wuBte,
an, Herr Harlan?« Aber er lamte , und darnit hatte ich ihn was Schlagworte waren, verRel den Sdùagworten selbst. Jeder,
bezwungen. Er gab mir die Erlaubnis, die Farbe zu verwenden. der den Film gesehen hat, wird bestatigen, daB der LandBucht-
Nun kam der zweite Teil: Joachim Gottschalk. Gottschalk gedanke in ibm überhaupt nicht enthalten ist. Aber Goebbels,
war in einer sehr miBlimen Lage. Er hatte eine jüdische Frau. dem die ZweckmiiBigkeit stets 50 vordringlich erschien, daB er
Goebbels hatte mehrfach geii~ert, daB dieser gute Smauspie- alles Sinnvolle darüber vergaB, war mit meinen Ausführungen
1er, der bei Klôpfer an der Volksbühne engagiert war, sim von zufrieden. Natürlich würde er spater enttauscht sein, wenn er
der Jüdin trennen solle. Aber Gottschalk lieB sim nimt daz u vergeblich nach der .politischen Aussage« Ausschau hielt. Ich
bewegen. Er war deshalb vom Filmen schon eine Zeitlang auS-
nahm aber dieses Risiko auf mich, um das Thema nicht lU
AIs es aber statt besser sdùimmer wurde, s<hrie er - eigentlich
verlieren. auS Hilflosigkei t - schlieBlich Goebbels an.
Dadurch, daiS er von der »Goldenen Stadt« nun nicht wei ter
Eine beangstigende Pause entstand. Es war das erstemal, daE
sprach, sondern das Thema "Gottschalk« ansdùug, wurde mir
ich 50 etwas erlebte. D er ruhige und besonnene Froelich hatte
klar, daiS "Die goldene Stadt« von ihm »genehmigt« w ar. voll ig die Haltung verloren.
Wir saiSen auf der Terrasse vor sein em Haus, auf der man
Goebbels war aufgestanden und ging hin und her. Froelich
auf elektrischem Wege die Fenster in den Boden versenken entschuldigte sich für seine Heftigkeit, aber das machte alles
konnte. Der »groge« Goebbels spielte immer wieder mit seinem nur schlirnrner. Es ging Würde von dem Zorn Froelichs aus _
neuen spielzeug. das war unübersehbar - , und das irritierte Goebbels.
Er schweifte dabei von Gottschalk ab und leigte uns ein Bild »Es ist ja gar kein Grund zur Aufregung, Herr Professor
von Bismarck, das, von Lenbach gemalt, über seinem Karnin Froelich «, sag te Goebbels. »Wenn Herr Harlan ihn in dieser
hing. lch habe verges sen, was er über dieses Bild sagte, denn Rolle besetzen will,darm kann er dasuntereinerVoraussetzung
ich wuBte, daiS er nun »maikaferte«. D ieser Ausdruck starnmt tun !« Dann wandte er sich an mich: "Haben Sie schon mit
von Goebbels selbst. Er meinte darnit die Bewegung dies es Gottschalk über die Besetzung der Rolle des Leidwein gespro-
Tieres, wenn es mit seinen harten Deckflügeln langsarn und chen ?« lch bestatigte das, denn ich muBte ja wissen, ob Gott-
immer mem zu atmen scheint, ehe es sie ausbreitet, um abzu- schalk überhaupt Zeit hatte. »Dann sagen Sie ihrn, er solI sich
fliegen. Er pflegte mich ofters mit diesem W ort lU irritieren, von seiner Frau trennen. Seine Frau kann sofort in die schweiz
wenn ich eine Pause mach te, um eine prekare Frage vorsichtig reisen. lch werde veranlassen, daE man ihr so schneU wie mog-
zu beantworten.
lich einen PaE gibt. lch schatze Gottschalk selbst ais schauspie-
Es entsprach ganz der Art von Goebbels, aus seinem Gesprach 1er. sagen Sie ihm das. Wenn er allerdings mit seiner Jüdin
über Bismarck erschreckend plotzlich auf das Thema Gottschalk zusarnmen ein Feind des Nationalsozialismus sein will, dann
zurückzukornmen. Er tat dies, ohne auch nur den Ton zu wech- kann er nicht erwarten, daE der Nationalsozialismus seine
sein, und verstand es auf diese W eise, seine Zuhorer immer Feinde protegiert. « lch wandte ein: »Gottschalk hat einen sohn,
wieder wie "Ochsen vors s cheunentor« zu stellen. der bei der Hitlerjugend ist, und einen Bruder, der einen hohe-
Was sich dann ereignete, war einfach unfaEbar. In Gegen- ren 55-Rang bekleidet. « Goebbels antwortete kurz und hart:
wart meiner Frau und Professor Carl Froelichs gebrauchte »Sein Sohn gehort nicht in die Hitlerjugend, und sein Bruder
Goebbels Ausdrücke über die sexuelle Horigkeit primitiver is t mit keiner Jüdin verheiratet. Er solI seine Chonte hin-
D~ts~er, die »raffinierten Jüdinnen« zum Opfer gefallen schicken, wo der Pfeffer wiichst! Sind Sie nun zumeden, Herr
se~en, die jeder Beschreibung spotteten. Er erklarte, Gottschalk Froelich?! «
sel vor seinem schauspielerberuf ein einfacher Handelsmatrose Wir wuBten zwar nicht, ob Gottschalk zufrieden sein würde.
~.~~esen und daher den »ausgedachtesten sexuallisten« seiner Vielleicht aber war es ihm willkornmen, seine gefahrdete Frau
Ju~schen Frau waFfenlos ausgeliefert. sowohl Froelich wie mir in Sicherheit bringen zu konnen. lch fragte daher Goebbels, ob
trieben
5ch "die .hemmung s1os en A us d ru"cke, d ie er gebrau chte, d'le ich seine Bedingung ais »Zusage des Ministers« an Gottschalk
arnrote ms Gesicht . M eme' Frau h atte slch ' abgewand t.
weitergeben dürfe. lch bekam die Erlaubnis.
p Carl ' Froelich
. . d G0 tt sch aIk sehr gem mochte und der al s
,er In dem letzten Gesprach, das ich mit Gottschalk führte, wu
BarteEI~Itghed und Prasident der Reichsfilmkarnmer stets gro- er sehr skeptisch, ob Goebbels auch halten würde, was er ver-
en lnB.uB auf Go bb 1 h
J'ov'la1e Berl'mer Arte d' esG atte, versuchte zunachst auf seine sprochen hatte. Er interessierte sich sehr fur das Buch .Die goI-
grl'ff f d' ,le rausamkeit des Goebbelsschen An- dene Stadt«, und er wollte auch einmal einen deutschen Farb-
s au le Ehe G tt ch lk
OSa s wieder aus der Welt zu schaffen. film sehen. lch lud ihn ein, in die Ufa zu kommen, wo ich ihm
Proben zeigen wollte. Aber bald darauf erhielt im den Besmeid, »Die goldene Stadt« nach Richard Billinger
daIS die Besetzung mit Gottsmalk definitiv verboten wo rden sei. Durchbruch des deutschen Farbfilms
Die Rolle wurde mit Paul Klinger besetzt. Gottsmalk hat mir
eins aulSerordentlich klargemamt: 50 sehr er die Nationalsozia- Bei der Vorbereitung für den neuen deutsmen Agfacolor-
listen verabscheute, 50 simer schien ihm zu sein, daIS sie den Film half mir ein Mann, mit dem im mim heute noch. freund-
Krieg gewinnen und ihren Nationalsozialismus überall in schaftlich verbunden fühle. Er war einer der leitenden Herren
Europa verbreiten würden. Da er bestirnmt nicht die Absimt der IG-Farben, Eduard 5monicke. Viele Jahre lang war er mein
hatte, sich endgültig von seiner Frau zu t rennen, wird ihm die bester Mitkampfer um die Verbesserung des deutsmen Farb-
Augenblickslosung, die sim ihm bot, weniger Hoffnung gemacht fi lms, denn von nun ab mamte im nur noch Farbfilme.
haben als anderen Menschen, die sicher waren, daIS die Grau- Die Au/Senaufnahmen fanden in Prag statt. lm hatte mir den
samkeit des Antisemitismus irgendwann ihr Ende haben mu/Ste. jungen, bis dahin unbekannten 5mauspieler Kurt Meise!, der
lch erfuhr dann nom, daR es Gottsmalk auch verboten wurde, diese Rolle smon in dem Theaterstück Rimard Billingers "Der
auf eine »Wehrmamtstournee •• zu gehen. D iese Wehrmachts- Gigant •• im 5taatstheater gespielt hatte, für den Film geholt.
toumeen wurden von Hans Hinkel arrangiert. 5mlieISlich 5011 lch engagierte aum die pramtige Annie Rosar, die wohl ihren
noch eine Unterredung zwismen Hinkel und Gottschalk in der ersten grof5en Filmerfolg in der »Goldenen 5tadtc hatte. Paul
SchlüterstraRe in der Reimskulturkammer stattgefunden haben. Klinger spielte die Rolle, die Gottsch.alk zugedamt war. Eugen
lm Anschlu/S daran vergiftete sim Gottschalk mit seiner Frau Klopfer spielte den Bauern, den Vater Annusch.kas, und Liese-
und seinem Sohn mit Gas. Das gesmah im November 1941. lotte 5chreiner, die zum erstenmal in einem Film zu sehen war,
Die Beerdigung der drei Toten wurde zu einer Demonstra- spielte die Magd. Auch Rudolf Prad<: kannte damals noch. nie-
tion. Jeder Schauspieler, der mitgegangen war, wurde auf Be- mand. lch holte ihn fur den Knecnt, der sich in Annusch.ka ver-
fehl von Goebbels photographiert "'. liebt. Bis in die kleinste Rolle war der Film mit ersten 5ch.au-
Wir waren damais bereits in Prag und drehten den Film »Die spielern besetzt. 50 spielte Hans Hermann 5maufuB eine drol-
goldene Stadt«. Dort erhielt ich auch die erschütternde Nach- lige Rolle, und die Hauptrolle in der »Goldenen 5tadt« spielte
richt. Mich beherrschte die schrecklime Empfindung: Durch meine Kristina.
meinen VorstolS bei Goebbels sei diese Tragodie ausgelost Es war gar nicht einfach, das Drehbuch aus dem vollendet
worden. Vielleicht hatte Gottschalk noch jahrelang am Theater gebauten Theaterstück herzustellen. Der Dichter Richard Bil-
weiterspielen konnen, wenn ich damaIs das Gespram mit Goeb- linger wollte mir eigentlich helfen. Aber er fand mehr Ver-
bels nicht 50 auf die Spitze getrieben hatte. gnügen an den priichtigen Knodeln und dem dazugehorigen
Mit diesem tragischen Vorspiel also begann der Film, der eine Sa&lleisch, das eine bohmische Kochin in meiner Wohnung in
50 groge Bedeutung rur Kristinas und auch mein Leben haben Berlin-Charlottenburg wohl zuzubereiten verstand. Er war aIs
soUte. Didüer seines 5tüd<:es auch viel zu befangen, um für das Dreh-
huch wirklich brauchbare Ratschliige geben zu konnen.
Mit besonderer Zartlichkeit denke ich an meine ZusammeD-
arbeit mit Frieda Richard, jener alten Schauspielerin. die Max
Reinhardt entded<:t hatte. Es war eine wunderschëine Arbeit -
ein hannonischer Zusammenklang. »Die Moldau« vonSJDetana
wiihlte ich ais durchgehendes musika1isches Motiv für di BI
• E. gingen ·t · B ..
Wolfgang Lie~n·· ng'tte Horney, René OeItgen, Gustav Knuth, Film, auch entlieh ich von diesem Komponisten eini&e Melodie
e'ner un d Ruth Hellberg. aus der Oper »Die verkaufte Braute. Die Musiit luit in awi. p
Filmen stets zur Dramaturgie geh6rt, was bei diesem Film
sein k6nne. 50 ange tan er von der Darstellung Eugen Kl6pfers
besonders zutage trat. Denn »Melodien sind Abstraktionen der
Wirklidù<eit« und heben in diesem Sinne das »bloE Foto- war, der einen ,>echten deutsch.en Bauern,( verk6rperte, 50 an-
etan war er auch. von der Gestalt des "Prager Louis", den
grafierte«.
Wenn der »Goldenen Stadt« ein ungew6hnlicher Erfolg be-
~eisel spielte. - Der aber mach.e gerade in seinern Spiel deut-
Iich, was für ein verabsch.euungswürdiges Wesen 50 ein Tsch.eche
scrueden war, dann hatte das mehrere Gründe. Der Hauptgrund
liegt natürlich in der Dichtung Rich.ard Billingers. Ein zweiter sel.. Und das Kind eines solchen solle nun Erbe des Hofes wer-
den! Was ich mir eigentlich dabei gedach.t hatte!
und wesentlicher Grund liegt in der Musik Smetanas. Ein dritter
Der Reichsfilmintendant Dr. Hippler war begeistert von dern
Grund liegt in der Sensation, die der erste deutsche Farbfilm
Film und Fest entschlossen, mir bei Goebbels zu helfen. 5chon
ausloste. Denn der Film »Frauen sind doch bessere Diplomaten«
ofter hatte er mit einem Mut, den nur wenige Mitglieder des
wurde von Goebbels erst freigegeben, nach.dem das Ansehen
Propagandaministeriums vor Goebbels aufbrachten, Goebbels
des Agfacolor-Verfahrens durch. »Die goldene Stadt« gefestigt
widersprochen. Aber Goebbels lieE ihn dies mal kaurn zu Worte
worden war. Der vierte Grund lag in einem geradezu beispiel-
kommen. Er stach ihn f6rmlich mit seinen Augen, wenn er ihn
haften Ensemblespiel und, wie ich. zu sagen wage, in der Dar-
zornig anschaute, bis Hipplerendlich aufreizend fragte: »Warum
stellungskraft und der Personlidù<eit Kristinas.
sehen Sie mich eigentlich immer 50 b6se an, Herr Minister?! Als
Der Produktionschef der Ufa, Hans Heinz Jahn, rief nach. der
lhr Reichsfilmintendant wollen Sie mich doch nicht etwa in
ersten Vorführung, die ich für ihn allein veranstaltete, alle
meiner wahren Meinung einschüchtern!«
»Herren der Ufa« zusammen, urn den Film noch einmal vor-
lch mach te mich wieder einmal auf einen furchtbaren Donner
führen ru lassen, bevor er bei Goebbels abgeliefert wurde. Wir
gefaBt. Aber der blieb aus. Es war eben 50, daB eine wirklich
emteten schon damais in dem Vorführungsraurn der Ufa einen
einmaligen Applaus. mutig vorgetragene Gegenrede oder besch.amende Wahrheit
Goebbels zwar argerte, daB aber gerade dann sein Bestreben
Dann nahm Hans Heinz Jahn mit stolzgeschwellter Brust
den Film, um ihn Goebbels irn Propagandarninisteriurn vorzu- überwog, sich auf keinen FaIl kleinlich. zu zeigen. Hippler hatte
führen. Nie war ich 50 sicher wie damais, auch vor Goebbels kurz vorher schon einmal leise, aber doch. 50, daB Goebbels es
einen trfolg zu haben. Aber es sollte wieder einmal anders horen muBte, das Wortchen "Kase« fallen lassen. Goebbels
kommen. Goebbels emporte sich erneut über meine »politische sagte nun nach einer ebenso spannenden wie furch.terregenden
lnstinktlosigkeit« und wurde bose. Pause: "Antworten Sie selbst, Herr Harlan. Wie ich. weÏB,
lm hatte namlim, entgegen dem Ausgang des Stückes "Der hat lhr Dichter Billinger die gleich.e Ansch.auung wie ich..
Gigant«, die Annusdtka nimt irn Moor versinken lassen. Es In seinem Stück stirbt das verführte Madch.en genauso wie
sdüen mir ein homst unmoderner und unreligioser Gedanke zu in Hebbels Tragodie ,Maria Magdalena(. Sie haben mir erzlihlt,
sein, daB ein Madmen, das ein Kind tragt, nur weil der Vater Sie wollten einen Film gegen die LandRucht machen. Was haben
des Kindes sie verlassen hat und weil ihr eigener Vater sie Sie getan? Sie haben einen widerlichen tschechischen Stiidter
enterbt, sim das Leben nimmt. zum Bauern eines Erbhofes erhoben. Wollen Sie auf diese Art
. Aber Goebbels war anderer Ansicht. lch muBte sofort bei die Landflucht bekampfen?«
,hm
di ersmeinen. Auf seine drastisme Art stellte er mir vor, daB
Ich antwortete: "Aus meinem Film geht doch deutlich hervor,
~ses "Bauernhürmen« nun einen Sohn zur Welt bringen dag Annuschka schlieBlich den Bauemknecht heiraten wird und
wurde, der, »mit der Kreissage auf dem Kopf« ein ekelhaftes nicht den tschechischen Stadter. Der hat sie ja verlassen .•
"dTsthethenbalg« werden und ais zukünftiger Érbe des Hofes Da schrie Goebbels mich plotzlich an: "Und das Kind7/ Du
en Bauern spiel 00 d d 1 Kind wird doch der Erbe! Er ist doch. der Atteste. Er wird sei-
en Wur e. er er seiner Natur nach niema s
nem Vater ahnlich sein! Wo wird in dem Fûm gesagt, dd cler

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al, .a. 8'04ta&4ab.,. lba WIll cI_ .<IIt k.la GU•• ~. . . ciJoe
41. 8cobc 1.. ~. Da aber cI.r ftla la M, ..t h . i I _ .... u
~ yoz.cetllbr\ w1.rct, ao "«lM el' alo.h ~, aY:t ... ru.... künftige Ehemann, der bereits gehornt in seine Ehe geht, den
.011Uaobc Gaillet. DtocboaQcUOD _ or la .01....lac . .U. Sohn seines Vorgangers enterben wird7!«
Nicht aus gewollter Frechheit, als vielmehr aus VerblüHung
-. • • • 1. . .
.2.
sagte ich : »Herr Minister, Sie wissen ja noch gar nimt, ob's ein
überschlug sich in seinem Zorn, Er verbat sim entrüstet meinen
SS-Gruppenführer und G Junge oder ein Madchen wird,«
Betr,: Urauffüh ~neralleutnant der Polizei 11, 11, 194 2 Dies e lapidare Feststellung war 50 zwingend, daB Goebbels
rung des Flims -Die goldene Stadt«
initiert vor mir 5tehenblieb. Hippler milite lamen. Goebbels
"unangebrachten Humor«. Er wandte sich emport ab und beEahl
AIs Produktionschef abgesetzt,
mir, den Fûm »im Sinne Billingers zu andem«, wenn ich scho
n aber zum Professor ernannt
nicht ihn, den Minister Goebbels, verstehen wolle.
Goebbels schmig mich zwar nicht hinaus, aber Hippler nahm In dieser Zeit maente ien eine weitere hoenst unangenehme
eine stramme Haltung an, klappte die Hacken zusammen und
Erfahrung mit Goebbels: Der Generaldirektor der DEa, Dr. Lud-
gab mir einen Wink, mit ihm hinauszugehen. Draugen ange- wig Klitzsen, hatte mien naen einer Rückspraene mit Hugenberg
kommen, krümmte sich Hippler vor Lachen. Mir war allerdings
zum ProduktionseneE der Dfa emannt"', weil der Produktions-
nicht zum Lachen zumute.
chef Otto Heinz Jahn ais Chef an die neugegründete "Berolina-
Also: Annuschka mugte sterben. lch legte die Veranderung
Film« gehen soli te. Dr. Klitzsen hatte Goebbels nient urn Erlaub-
zuniichst in einem Drehbuchvorschlag vor, in dem Annuschka
nis gefragt, weil er naen der hohen Auszeichnung, die mir zuteil
zum SchluJS befehlsgemaB starb. Aber Goebbels wollte eine
geworden war, und naen meinen von Goebbels gerührnten
politisch deutliche AuJSerung der Annuschka haben. Sie solI te
ErfoIgen der Meinung war, dae seme Auffassung, ien würde
sagen: »lch habe meine Heimat zuwenig geliebt und mue des-
die Ufa ais Produktionsenef am besten leiten, von Goebbels
halb sterben.« Und diesen Satz schrieb er in meinen Verande-
geteilt werden würde. Dr. Klitzsen wollte wohI auen ein fait
rungsvorschlag hinein. lch habe diesen fürchterlichen Satz
accompli schaffen, denn er litt unter der irnmer weiter fort-
etwas abgewandelt in die Schlueszene, in der Annuschka mit
schreitenden Entmachtung ais Generaldirektor. Die Dfa war ja
ihrer toten Mutter spricht, aufnehmen müssen. Aber die Szene,
mit der Finanzhilfe Hugenbergs sein eigenstes Lebenswerk.
in der Annuschka am GrabkreuzAbschied von der Welt nimmt,
Dr. Klitzsch muiS eine aueerst unangenehme Auseinander-
wird von Kristina so erschütternd gespielt, dae der »politische
setzung mit Goebbels gehabt haben, bevor ien dann ins Pro-
Dreh«, auf den Goebbels so grogen Wert legte, von keinem
Zuschauer wahrgenommen wird. pagandaministerium befohIen wurde. Goebbels nahm mir das
Amt des Produktionschefs kurzerhand wieder ab. AIs ien
Ais der Film abgeliefert wurde, war Goebbels zufrieden. Er
begriindete »die hohe Qualitat« mit den von ihm veranlaiSten Dr. Klitzsch spiiter einmal fragte, was eigentlien bei Goebbels
Veranderungen. Die Nachaufnahmen kosteten etwa einhundert- vorgegangen sei, winkte er nur müde ab und sagte leise: »Las-
amtzigtausend Mark. sen Sie mich mit dem Ker! zufrieden, mir dreht sien der Magen
um.«
Auf der Biennale in Venedig hatte der Film einen rauschen-
den Erfolg. Kristina ging in dem buntbestickten blauen Bauern- Goebbels erkIiirte mir, es sei volIig ausgesdùossen, daB im
kleid, das mit roten und goldenen Rosen übersat war in die den Posten eines Produktionschefs der Ufa behalten konne. lm
Premiere. Sie ging dann aueh. in diesem Kleid durch di~ Lagu- sei ein QueruIant. IntelIigent, wie Goebbels war, raumte er mir
nenstadt die man ' d R ' '" d zwar ein, dae am Widersprum sich meine künstlerisme Be-
' ID er el1aJ.ssance-Zelt »dle silberne Sta t«
gvenannl. t hat. Steter Jubel begleitete sie. Kristina bekam den gabung entzünde - bei ihm sei das 50 iihnlich gewesen _ und
» 0 Pl-Pokal« für di b d li' . . , daiS ich daher Wildheit und Widerspruch brauche, um mich zu
'" e este ars te ensme Lelstung m emem
europatsmen Film lm b k
. des P "'d .
fü' . ~ntfalten. Er vergaiS aber nicht, zu betonen, dae ich aus eigener
>>Preis d e am r die beste Regieleistung den Arfahrung wissen müsse, wie gut er Widersprüche künstlerischer
rasi enten er internationalen Filmkammer« da ich
den» Mussolini-Pokal«
hatte il'
ch '
s on hatte. lch unterstreiche das »schon
..2
lu, vertragen
. d konne . Leutselig sagte er, ich solIe bleiben, was
«, we nur der M 1" P k d sel, enn es sei volIig ausgesdtlossen, daiS die bedeutendste
hiitte u"berrelmt
'..1.
bekomm lnl- .. 0 al, den ich von Goebbels
usso
eutseh.e Filmfirrna von einem Geist wie dem meinen gesteuert
Wurde . Genauso beamwd k en mussen,
. niemals ausgehiindigt Werde leh. ck . d '..1. ..1.
mals zu sehen, nou, e er . zu te mit en Seh.ultern - was sollte IUt auU1 sagen.
..1. •
lm »den P meme
. d Frau den Volpi-Pokal je- • A
reis es Prasidenten«. m 7. Januar 7943.

1"
Goebbels drückte mir dann sogar sein M itgefühl für meine
50 blieb Liebeneiner noch eine Weile auf diesem Posten, um
»verstandliche Enttauschung « aus. Er m achte die Voreiligkeit
den ich ihn nun nich.t mehr.. beneidete. . .... ...
von Dr. Klitzsch darnr verantwortlich und würzte seine »Raus-
Als jedoch spa ter das funfundzwanzlg)mnge Jubllaum der
schmigrede~ mit einer Fülle von Schmeicheleien über meinen
Vfa gefeiert wurde, wurden Wolfgang Liebeneiner und ich.
Wert ais Regisseur.
durch ein persi:inlich.es Schreiben von Hitler zu Professoren er-
!dl will hier bekennen, daR ich über diese brutale Absage
nann t " . Generaldirektor Klitzsch. bekam die »Goethe-Medaille«.
sehr enttauscht war. Es war stets mein Ideal gewesen, junge
Geheimrat Hugenberg, der Begründer der Vfa, der im ersten
Regisseure, 5chauspieler und Autoren an den geeigneten
Kabine tt HitJers Minister gewesen war, sich aber ais Deutsch.-
Platz zu stellen. Es gibt leider keine Regisseurschulen, die nach
nationaler mit Hitler verfeindet hatte, wurde mit einem hohen
meiner Meinung notwendiger gebrauch t würden als Schauspiel-
O rden ausgezeichnet.
schulen. Die Regisseure sollen die Schauspieler zu hohen Lei-
Zu die sem Jubilaum hatte Erich. Kastner den »Münchhausen,,·
stungen führen und brauchen desh alb eine viel sorgfaltigere Film geschrieben. Hans Albers spielte neben Ferdinand Marian
5chulung und Ausbildung aIs die Schau spieler.
die Hauptrolle. Die Regie führte Joseph von Baky. Dieser Film
Wenn dann mein Kollege Wolfgang Liebeneiner diesen machte das Jubilaum zu einem pompi:isen Fest.
Posten bekam, dann gewiB nicht deshalb, weil er dem National- Die ]ubilaumsfeier fand im Ufa-Palast am Zoo statt. Meine
sozialismus nahergestanden hatte als ich.. Liebeneiner war
Frau und ich bekamen Platze, die auseinanderlagen. Sie saB in
Thomas-Mann-Verehrer und das genaue Gegenteil eines Na- der ersten Reihe auf dem Balkon, und ich. soIlte unten in der
tionalsozialisten. Die Gründe, die Goebbels hatte, ihn für ersten Reihe des Parketts Platz nehrnen. lch. wünsch.te die Kar-
diesen Posten zu bestimmen, lagen wohl im Wesen von Lieben- ten umzutauschen - das wurde mir aber hi:iflich. verwehrt. Die
einer, der ausgeglichener und umganglicher ist als ich. Karteneinteilung habe das Ministeriurn vorgenornrnen.
lch muR te also in der ersten Reihe neben Geheimrat Hugen-
Diese Umganglichkeit vergaR Liebeneiner allerdings, aIs er berg sitzen. Zu meiner Rechten saR die NSDAP-GrèiBe Robert
sich fur den mit dem Todesurteil bedrohten Pressemann der Ley, dessen Verbundenheit mit der deutsch.en Kultur sich. unter
Ufa, Düwell, mit einem ungewi:ihnlichen Mut einsetzte. anderem darin ausdrückte, daR er seine Toch.ter "Lore« genannt
Der »Fall Düwell« ging bis zu Freisler " . lch. war an Lieben- hatte. Ley war, wie meist, angetrunken. Er sch.üttelte mir
einers Seite ebenfalls mit von dieser »traurigen Partie«. Wir schwankend ZUT Gratulation die Hand. Da ich keine Ahnung
ernteten einen harten, allerdings nur sch.riftlich.en Rüffel dieses hatte, womr er mir gratulierte, laIlte er ein paar Worte der
bësartigen Komëdianten-Richters Freisler. Der vi:illig unschul- Entschuldigung, daR er Goebbels vorgegriffen habe. lch wuBte
dige Düwell aber, der in der Ufa-Kantine lediglich das Wort dadurch, daR hier irgend etwas vor sich gehen soli te. Goebbels
hatte fallen lassen: »Mir ist es wurscht, unter wem ich Filme stieg auf die Bühne und sprach über die Geschichte und die
~~e - unter Adolf oder unter Josef«, wurde hingerichtet. Internationalitat der Ufa. Dann sprach er über den griiBten
Tonchterweise hatte Düwell zugegeben daR er mit Josef nicht Erfol g , den die Ufa jemals gehabt hatte, meinen Film "Oie gol-
Goebbels, sondem Stalin gemeint hatte:
dene Stadt«. AIs Schi:ipfer dieses Ufa-Films überreichte er mir
Nach der Hinrichtung Düwells steIlte Liebeneiner seinen
Posten die Emennungsurkunde, die mich zum Professor machte.
ais Prad kt" .J..
t t d u IOnSUlef der Ufa zur Verrngung - und zwar DaB ich damais sehr stoIz auf diese Auszeichnung war, denn
a er asaufein W· d· k.
du th "'- e else, le Goebbels sofort ais Obstru tlon mr diesen Film hatte ich ja meinen »Kopf verpfindetc, wird
r Scnaute Lakonl·s"'-· d .d_
. Ul Wles er as Rüd<trittsgesuch. ZUTU""· mir wahl niemand emstlich übeInehmen.
• Pra'ident des Volk .
handlungSführun g. sgenchtshofs, berüchtigt für seine infame Ver'
• Am 4. Marz 1943.
\'\'ir trafen uns danach in der Villa von Professor C 1 F
. Hans Albers war da, d
hch. '
er Regisseur ar rOe_
von Baky, Wolf . se Türe und erklarte uns, daR im Augenblick der Führer
die "nI'ch in diesem Raum sal>e, d-f} brere Genera"1 e bel. ihm
liebeneiner, und schlielSlich kam auch Goebbels. lm Mittel ~~g aI> me
"f}
perso 1 • • •

des Gesprachs stand sehr lange Erich Kastner Goebbel P t ..


waren und sogar ein katho\ischer BlSchof. Dann
. wurden wu ID
. s War . Eckzimmer geführt, das an der Ecke WilhelmplatzNol5-
sehr angetan von ihm. Wenn ich nicht irre, hatte Goebbels zu-
eIn_ f} 1a g . Hier residierte in pramtiger
straDe .. ordensübersater Uni-
nachst Schwierigkeiten in der Reichskanzlei, den Dichter aIs
Filmautor durchzusetzen. Kastner hatte immerhin das Gedicht fo rm, mitGold und EimenIaub ges~~ckt, der.~ta~schef Lu.tze.
D Stabschef war auRerordentlim Iiebenswurdig. Er bench-
über den ersten Weltkrieg geschrieben » Wenn wir den Krieg
gewonnen hatten - zurn Glück gewannen wir fun nicht«. Aber tete,erer habe meinen »GroBen Konig« gesehen und 'ch auch »Die 15
goldene Stadt«. Er wolle nun einen Film ha~en~ den 1 50 gro
Goebbels hatte mehr von Kastner gelesen und erklarte: »Es ist aufziehen soli te, wie ich den Film um Fnedrich den GroBen
sehr tOridlt, solche Leute wie Kastner auszuschalten. lhren gestaltet hatte. In dem Film sollte~ di~ Geburt der SA, ~es
Esprit hat die deutsche Kunst sehr notwendig, und gerade an H t-Wessel-Liedes « und smlieBlich die Waffen-SA gefelert
Esprit fehlt es dem Deutschen so leicht. lch habe Schwierig- » ors f} K'" t
d
wer en. Ul 1-'- sollte ebenso, wie ich es im "Grol>en orug« ge an
. G chicht d
keiten wegen Kastner gehabt - es ist gut, daB ich sie überwin- hatte eine Liebesgesmichte erfinden und die es e es
den konnte.«
Held~n Horst Wessel geschichtsgetreu zum F~darnen.~ des St-
Goebbels hatte diese Schwierigkeiten gar nicht »überwun- Gedankens machen. Er habe diesen Plan nut de~ Führer e-
den«. Hippler, der fur das Engagement Kastners seinen ganzen ch D Führer sei von dieser Idee sehr emgenommen.
spro en. er finanzi Il Art ais auen
EinHuR gel tend gemacht hatte, sollte spa ter nom teuer dafür Er versprach mir jede Hilfe, sowohl . e er r mir daR ich
bezahlen. durch die Mitwirkung der SA. Dann verslenerte e ,
neben meiner Gage auch auf emen · mas si ven Dank rechnen
Der SA-Film konne der »nicht von Pappe« sei. D
' clin ch »nient von Pappe«. as
Der Auftrag war aller .gs a.u te banale Melodie, die
Wenige Tage nam der Emennung zum Professor bekam im Horst-Wessel-Lied * selbst Ist eme al f ih Bank
einen Anruf von einem Herm Smulz, dem Leiter des Baran- . . "denen abends au rer
in meiner Jugend die Dlenstma . talen Text sangen.
dow-Ateliers in Prag, der mir auftrug, im solle mim sofort _ var dem Haus naUl Irgen el-,-. d 'nem sentimen
. 1 W ener smon ein-
alles muRte immer »sofort« sein _ beim Stabsmef der SA, .. d f} 't d 5chausple er eg
Lutze erzahlte, al> nu em d ei der aber seiner
Lutze ", melden. Der Stabsmef residiere in der Reimskanzlei, 1 Film emaent wor en s ,
mal ein Horst-Wesse - g G bb 1 zunaenst verboten
nh . n von oe e s
Eingang VoBstraRe, und wiinsme, mit mir über eine wichtige Unvollkomme elt wege ft vurde*' Das vater-
Same zu spremen. W tmar« umgetau > .
und dann in »Hans e s . . Film dem Helden der deut-
Seit 1937 hatte situ dieses Gebaude sehr verandert. Die landisme Denkmal, das mIt dlesel1m . k1a"glich daneben ge-
d soteseJ·
GroBenmaRe der Raume und der Figuren waren ins Gigantische schen Jugend gesetzt wer e~ 'einte er daB ien wüBte,
-'- b h"tte beWlesen, 50 m , d'
gewamsen. Zum erstenmal ging ich durch die breite, marrnome lungen«. lUI a er a . lch ware der einzige, der Je
Wandelhalle der neuenReimskanzlei. über einer dermamtigen was »heroisenes Dcnken« sel. k" e 50 wie ien die Moldau
Türen prangte, aIs saBe der Sonnenkonig Ludwig XIV. da- Smarte von dama15 auS wetzen onn.
hinter, ein riesiges Wappen. Auf dem Wappen war, ahnlim .. wurde 1930 ermordert, ~ahrscheiJ.'-
wie Albremt Dürer sein A. D. zu zeimnen pflegte, ein .. A. H « • Horst Wessel, ein SA-Fuh~~~~m Streit zwischen ZuhaItem. Sem
lich im Zusammenhang mIt t chlandlied« Nationalhymne. d
zu lesen. Die Wame, die uns begleitete, sah mit Ehrfurmt auf lied wurde neben dem ·d~eums Film sdlfieben Paul Wegener un
•wurde.
Nachfol
ger
von Rohm, der 1934 auf Hitler. Befehl erschossen
+. Das Dreh b u ch 7.. u !ese
Hanns Heinz Ewers .

1~7
»meisterhaft« in der »Goldenen Stadt« verwendet h atte, 50 stellungssumme von :1,8 Millionen gekostet. Heute ware das
soUte ich es jetzt mit dem Horst-Wessel-Lied tun. Es mügte nicht viel, damais war das sehr viel Geld. Meine Vorschlage
natürlich ein Farbfilm werden. waren »Imm ensee« nach Theodor Storm, " Opfergang.. nach
lch hatte gehart - und zwar von Heinrich Hoffmann, der es Rudolf Bi nding, und »Pole Poppenspaler«, ebenfalls nach Theo-
ja wissen mugte - , dag die Farbe der SA-Uniform zu Anfang dor Storm. In allen diesen Filmen soUte Kristina die Hauptrolle
der »nationalen Bewegung« ganz zufallig von Hitler gewahlt spielen. Sie sollte auch immer die gleichen Hauptpartner haben.
wurde, weil er einen gewaItigen Posten ver farbten Tuches !ch hatte ais ihre Partner Carl Raddatz und Paul Klinger aus-
gesmenkt bekommen hatte. Schon die Farbe dieses Tuches, die gesucht. D ie Augenaufnahmen aller drei Filme solIten in Sdùes-
zur Grundfarbe des Filmes hatte werden müssen, erfüllte mich wig-Hoistein gedreht werden. Ebenso sollten die meisten ande-
mit Schrecken. D~ Lutze den Geist der SA 50 dargestellt sehen ren Schauspieler in allen drei Filmen beschaftigt werden. Die
wollte, wie im den Geist Friedrichs des Grogen dargestellt hatte, lnnenbauten im Atelier wolIte ich ais Wande stehen lassen,
war eine Aufgabe, die vallig unerfüllbar war. Ganz abgesehen nach Beendigung der jeweiligen Aufnahmen die Dekorationen
von dem »Wert« des »Horst-Wessel-Liedes«. ummaIen und ummablieren lassen, um am nachsten Tag dort
lm entsdùog mich, zu Hippler ru gehen und ihn um Hilfe zu den zweiten bzw. dritten Film spielen zu lassen. »Die Herstel-
bitten. Er ersmrak einigerm~en, dag der Stabschef - anschei- lungsgruppe Veit Harlan « in der Ufa hatte gemeinsam mit dem
nend aum nom mit Billigung Hitlers - einem Filmregisseur Produktionsleiter Erich Holder und den Aufnahmeleitem er-
sowohl einen künsÙerischen Auftrag ais auch die Finanzierung rechnet, dag in diesem FaIl drei Filme für den Preis von zwei
anbot. Solche Beauftragungen fielen grundsatzlich und allein in Filmen hergestellt werden konnten.
das Ressort des Propagandaministeriums. Er erinnerte sich mit Goebbels fand den Plan gut und meinte, d~ er ,,5chule
Smrecken daran, dag Leni Riefenstahl einstmals von HiÙer machen« würde. Es war ein pdizises Programm aufgestellt wor-
selbst sowohl den Auftrag ais auch die Finanzierung für den den, das von den Kaufleuten gegengezeichnet war.
Film »Tiefland« erhaIten hatte. Wortlim sagte er, daE »Leni Aber bald wurde ich wieder zu Goebbels geruEen *. Er las mir
nun seit Jahren dreht, ohne daR man etwas zu sehen bekommt den Brief eines bekannten 5chauspielers var. Hatte dieser
und ohne daR Goebbels sich einmischen darf«. Hippler besorgte Schauspieler, der auch noch der Partei angehorte, gewuBt, daB
mir daher sdùeunigst einen Termin bei Goebbels. Goebbels mir seinen schiindlichen BrieE vorIesen würde, dann
Goebbels tat meine Besorgnisse, diesen Film machen zu hatte er ihn wahrscheinlich nicht geschrieben. In dem Brief
müssen, mit einer argerlichen Handbewegung ab. Er hatte wurde ich zwar ais der »beste 5chauspielerführer« gepriesen,
andere Aufgaben für mich, und ich solle mich nicht mehr um doch wurde heftige Beschwerde darüber geführt, daB id! mid!
dieses Filmprojekt kümrnern. Wie er dies en »Lieblingsgedanken nur um Kristina 50derbaums Karriere kümmere und dadurch
des Führers« - wie Lutze sich gea~ert hatte - abgebogen hat, die anderen Schauspielerinnen, z. B. seine eigene Frau, aus der
weilS ich nicht. lch horte jedenfalls nichts mehr davon. Produktion meiner Filme vollig ausgeschloss en waren. Goebbels
las mir noch andere, ahnIich lautende Briefe var, in d~ sid!
Schauspieler und Schauspielerinnen in g1eicher W~ ~
»Immensee« und »Opfergang« Georg Jacoby beschwerten, der stets nur mi~ Marika ROkk
Filme mache und über Heinz Rühmann, der keme andere Part--
Der Film :Die goldene Stadt« hatte wegen der vielen Farb- nerin anerk~nne als seine Frau Herta Feiler. In diesen Brielen
filmversuche ,die ich vorher machen lassen m~te , elne
. H er- wurden auch Regisseure erwahnt, die Verhiiltnisse mit Sc:hau-
'. Bi. dahin. war der deul.che Farbfilm an der man elnd
nlS der .pezlellen Bedingungen des Farbfilms gescheif t en Kennt- • Am '4. April '94~·
er .
spielerinnen hatten und deshalb nur Schauspielerinnen beschaf_ meine. Goebbels kannte meinen Stolz. Er wuJ5te also ganz ge-
tigten, die mit ihnen »schlafen gingen«. Kurzum: Durch die na U, daB ich ganz freiwillig und wahrscheinlich unehrlich die
vielen Briefe aus Kollegenkreisen war eine wahre Verschwo_ Basis dieses Stolzes verlassen hatte.
rung gegen die »Familienfilmerei«, wie Goebbels es nannte lch spieite aiso meinen »Othello« weiter und erklâ'rte, daB
zustande gekommen. Er erklarte mir dann, daB ich nur eine~ ich ebenso sinnIos handeln konnte wie jene Figur Shakespeares
der drei Filme mit Kristina machen dürfe. !ch antwortete ihm: und daB es gut sei, sich und seine Schwachen selbst zu ken-
»Dann fallt das ganze System ein, nach dem ich die Filme ge- nen.
plant habe. Die mannlichen Partner sind ja auch immer die- Goebbels lachte. Er dehnte das Gespriich über diesen wunden
selben.« Goebbels lachte mich aus: »Ach, das System ist an Punkt genüBlich aus. Er schien verges sen zu haben, womit es
lhre Frau gebunden? Sehen Sie mal an! Die mlinnlichenPartner eigentlich angefangen hatte. Darum pendelte er zwischen drol-
konnen Sie ja behalten. AuJ5erdem wünsche ich, daB auch ligen Bemerkungen und bosartigen Spitzen hin und her .. Zum
andere Regisseure Gelegenheit bekommen, die Hauptrollen in SchluB fand er zum Ausgangspunkt zurück und behauptete, er
ihren Filmen mit lhrer Frau zu besetzen.« lieBe sich kein X fur ein U vormachen. Er werde, ohne mich zu
lch wurde sehr nervos und sagte ihrn, daB das schon deshalb fragen, anordnen, in welchen Filmen meine Frau in ZukunIt zu
gar nicht ginge, weil die drei Filme durcheinander gedreht wer- spielen habe.
den sollten. Damit sei meine Frau ohnehin die ganze Zeit be- Ebenso entschieden antwortete ich ihrn darauf, daB schon
schaftigt. Sie würde also lediglich für zwei Filme lahrngelegt Bismarck gesagt habe, als der Kaiser ihn besuehte, um sieh
und trotzdem das gleiche Geld bekommen. Das ware doch Friedrichsruh anzusehen und dabei auf einen Raum stieB, der
ziemlich sinn!os. SchlieBlich sei Kristina ja auch eine wertvolle ihm verschlossen blieb: >>>Die Macht Ew. Majestiit endet an der
Zugbesetzung. Schwelle der SchIafzimmerrur meiner Frau.< Meine Ehe ist
Aber Goebbels lieB sich nicht von seiner Idee abbringen. Er mein Privatissimum. Wie ich personlich zu meiner Frau stehe,
befahl mir, es 50 einzurichten, daB Kristina in der gleichen Zeit ist meine Sache und ich brauche diese Sache vor niemanden zu
einen anderen Film machen konne. verteidigen. leh würde sie jedenfalls veranlassen, aufzuhoren,
Jetzt ging ich aufs Ganze. lch erklarte ihm, daB ich ais »Ehe- Schauspielerin zu sein, wenn es ihr etwa in den Sinn kommen
mann« nicht wolle, daB meine Frau unter anderen Regisseuren sollte, sich von anderen Regisseuren führen zu lassen.« Das
spiele. Goebbels sah mich verblüfft an. lch sah es ihm an, daB war eine unmilSverstiindliche Drohung, die sieh nur seheinbar
er sich entschloB, mich zu demütigen und »zur Raison zu brin- gegen Kristina richtete. Dagegen konnte Goebbels nieht an-
gen«. Aber ich hatte das ebenso schnell erkannt und beschloB, kommen. Gerade diese Macht hatte er nieht.
mich selbst zu demütigen. Ais er mich in verletzendem Ton lch erkIarte Goebbels dann, daIS ich den dritten Film Eallen-
frag.te, ob ich etwa eifersüch tig sei, antwortete ich ihm an gr iffs- lassen würde - nii.mlich »Pole Poppenspaler« - und daB im
l~shg: »Ja, Herr Minister, ich bin eifersüchtig - sehr sogar. unter den obwaltenden Umstiinden nur zwei Filme mamen
Ltebe ohne Eifersucht ist ein Vorne ohne Hinten. Au15erdem ist würde. Damit hatte ich den Wünschen des Herm Ministers
die Eifersucht meine Privatsache. lch hatte nicht über sie ge- mein Opfer gebracht. Die Rolle der Elisabeth in "Immensee«
sprochen, wenn Sie mich nicht 50 direkt gefragt hatten Herr sei aber Kristina ebenso auE den Leib geschrieben wie die Rolle
lvlinister.« ' der Joy in »OpEergang«. In dieser Rolle hatte sie sehr viel ru
~as konnte er noch darauf antworten? Er meinte, daIS mein reiten und da Kristina in ihrer Jugend Turnierreiterin gewesen
MifStrauen gegen meine Frau eigentlich nichts Ehrendes über sei und es bis zur vollendeten Schulreiterin gebramt habe, bitte
sIe a~ssage. lch antwortete, daIS ich doch vielmehr nichts Ehren- ich ihr 5zenen geschrieben, die gar keine andere Sdtauspielerin
des uber mich selbst aussage und daIS er das wohl auch 50 spielen konne.
160
Jetzt wurde er zornig und fragte mich offen, ob ich ein In-
prasentiert. Auch eine D~e, die in meinem Zimmer die wert-
teresse an seinem Zorn hatte, was ich natiirlich vemeinte. Er voIle Uhr mit den Sternzelchen stehen sah, die mir einst von
erklarte: »Die Rolle der Joy wird mit einer anderen Schau- der Uhrmacherinnung als Ehrung rur den Film "Das unsterb-
spielerin besetzt. Das ist mein letztes Wort.« Dann erklarte er liche Herz« geschenkt wurde. Die ungewohnlich hübsche
weiter, d<ill es »Krampf« sei, eine blonde Frau mit einem Wesen junge Dame schrie entzückt auf: »Genau dieselbe Uhr steht im
zu besetzen, das einen franzosischen Namen habe. Auch Bin- Schlafzimmer von Goebbels! «
ding habe eine Schwarzhaarige in ihr gesehen. Ich antwortete Endlich bat ich meinen stets hilfreichen Chef Wolfgang
ihm, d<ill diese Dame in dem Film "J oy« heiEe und nicht »Joie<,. Liebeneiner, rur mich zu Goebbels zu gehen und ihn zu he-
Beides heille »die Freude«. Aber »Joy« sei ein englischer Name. wegen, mich die Rolle mit Kristina besetzen zu lassen. Ich kiime
Aus diesem Grunde sei die Dame blond. seit Monaten mit meiner Arbeit nicht mehr vom Fleck. Ich
Es war aussichtslos. Zunachst schickte er Margot Hielscher brauchte aber den Sommer für meine Alillenaufnahmen. Der
zu mir - jene Schauspielerin mit dem faszinierenden Gesicht, gesamte Drehplan ware damit bedroht. Liebeneiner zuckte die
die vormals Modeschopferin gewesen war und in der Ufa viele Achseln und sagte lachelnd : »Ich spring doch nicht aus dem
Schauspielerinnen »angezogen« hatte. Goebbels lieE mir mit- 6. Stock, lieber Harlan. Da müssen Sie schon selbst hingehen.«
tellen, daE sowohl das Aussehen von Fraulein Hielscher als Ich ging zu HippIer, der seine besondere Tedmik hatte, in
auch ihr Wesen sich ausgezeichnet mit der Phantasie Bindings solchen Fallen zu helfen. Hippler stand zwar schon dicht vor
verbiinden. Er hatte die Novelle noch einmal genau gelesen und dem »Abgesagtwerden« und war in hOchste Ungnade gefallen.
ich solle gut vorbereitete Probeaufnahmen mit Fraulein Hiel- Er war geradezu allergisch gegen Goebbels geworden, und audt
scher mach en. die Tatsache, daE er sich in seiner Ausweglosigkeit zu betauben
Margot Hielscher kam zu mir in mein Haus in der Tannen- suchte, war nicht geeignet, seine Beziehungen zu Goebbels wie-
bergallee. Sie interessierte sich natürlich für diese Rolle sehr. der zu ki tten.
AIs ich sie nach ihrer Reitkunst fragte, erkliirte sie mir, wohl Wie ich spa ter erfuhr, ist Hippler mit dem Ausdruck der
reiten zu konnen, aber nicht besonders gut - man konne ja für Resignation vor Goebbels erschienen. Er wuBte, weldte Mittel
schwierige Reitaufnahmen ein Double nehmen. erfolgversprechend waren, um Goebbels ru einer Umkehr zu
An dieser Stelle mlill ich sagen, daE ich ein Feind von Doubles bewegen. Er stellte ihm dar, wie groge Mühe idt mir gegeben
bin. Kristina hat in den gefahrlichen Passagen aller ihrer Filme hiitte, seinem Befehl zu gehorchen, aber es bliebe nun nidtts
niemals ein Double gebraucht, sondern grundsatzlich alles wei ter übrig, als auch den Filin "Opfergang« abzublasen und
selbst dargestellt. nur noch den Filin "lmmensee« zu drehen.
lch gab Margot Hielscher eine Szene aus Wedekinds »Erd- Goebbels hatte damais groge Kriegssorgen. Das wuBteHipp-
geist«. Sie solle diese Szenen lernen, damit ich mit ihr an Hand 1er. Sein Interesse an seinem Verbot gegen Kristina hatte damit
nachgelassen. Diesen Mangel an Interesse un . entsdtel·denden
dieses Textes die ProbeauEnahmen machen konne. lhr Partner
in der Probeaufnahme würde Carl Raddatz sein. Natürlich hiitte Moment auszunutzen und "die Unwidttigkeit c zum Th~ zu
machen das hat Hippler stets meisterhaft verstanden. SdtlieB-
ich auch eine Szene aus dem beinahe Eertigen Drehbuch nehmen
kèinnen, aber sa hiitte ich nicht konzentriert fe ststellen kèinnen, lich solIGoebbels gesagt haben: .Soll er seine ~stin.a nehmer:;
und 1assen S,e · m,·dt zufn·eden.« 50 bekam Kristina
• Ihre .Joy
was die Darstellerin der »Joy« für die Rolle mitbringen mlillte.
_ in der sie einen 50 groSen Erfolg haben soilte ..
Nach kurzer Zeit kam Margot Hielscher zu mir und gab mir
Meine Hoffnung, mit den zwei Filmen endlidt beginnen zu
den »Erdgeist« zurück. Sie hiitte die Novelle von Binding ge-
lesen und sahe ein, daB das nicht ihre Rolle sei. • Kristina S/Sderbaumo Tasebum am 16. '1.194%: .Im cIarf di.loy
Mir wurden dann noch einige andere 5chauspielerinnen spielen III.
konnen, erwies sich jedoch wieder einmal aIs trügerisch. Noch . untereinander 5 0 wesensfremden Filme .. Op fer-
Dies e zwel .. dr h
ehe Kristina ihre Rolle endlich zurückerhielt, erschallte noch mensee« zu glelcher Zelt zu e en, war - vom
g « un d » Im
einmal von Goebbels ein neues »Oas Ganze halt!« Goebbels gan . h _ gar n icht 5 0 einfach. O ie bei en Themen h at-
d
MUSlschen er dr h .
hatte mit »besonderer Aufmerksamkeit« das Orehbuch von .
etne grun vers d chiedene Melodie. Trotzdem e ten Wlr an
.
»Opfergang« gelesen und verbot es in der vorliegenden Form ten T »Opfergang«, am niichsten Tag »Immensee«. Wlr
etnem ag 1" "glich t
zu verfilmen. . uns dabei nach den Aufnahmep atzen, um mo s
nchteten
. h' .. O
nd herreisen zu mussen. le zar· ·· tlich L
e an dschaft
Er lieR mich kommen und erklarte, daR es »volkserzieherisch werug tn- u ch di
indiskutabel« sei, wenn ich in dem Film eine eheb recherische Be- .
der H 0 1s t elru 'schen Schweiz , ihre groRen Seen
. und au e
ziehung zeige, die gewissermaRen das Wohlwollen des Oichters Mars ch waren di e Kulisse . lm AnschluB an diese AuBenaufnah-
Binding genieRe. Er stellte mir vor Augen, daR gerade meine n wir n ach Italien und drehten dort auf dem Forum
men f Uhre . al .
Filme hinaus an die Front geschickt würden und daR ein solcher R oman um , vor der Basilika des Maxentius, vor dem P atin
.
Film unter den Soldaten geradezu Verheerungen anrichten und var der Peterskirche einige Aufnahmen rur den Film
konnte. Und zwar um so schlimmere, wenn z. B. eine so beliebte »!mmensee<<.
Frau, wie Kristina, die für die Soldaten »ein Idol« bedeute, die
Rolle spiele. Hier ahnte ich zum erstenmal, daR Goebbels in der
Besetzung vielleicht doch noch mit sich reden las sen würde. Erlebnisse wiihrend der Dreharbeiten
Denn jetzt gebrauchte er den Namen »Kristina« - sie hieR bei
niemandem »Frau Soderbaum«, auch bei den Beleuchtern nicht- AIs ich mit meiner Frau das lnnere der Peterskirche besuchte,
als Waffe gegen das Thema. hatte ich eine Begegnung, die ich niemals verges sen werde.
Goebbels erklarte uns, daR »zig tausend« Soldaten an der Wahrend ich in die Betrachtung der herrlichen »Pieta« des
Front desertierten, weû sie von der Angst geplagt seien, ihre Michelangelo versunken war, sprach mich ein Pries ter an, ob
Frauen betrogen sie zu Hause. Wenn nun ein Film, in dem der ich der Regisseur Veit Harlan sei, der drauBen vor der Peters-
Betrug glorifiziert würde, var den Soldaten erschiene, würden kirche gedreht hatte. Ais ich das bejahte, stellte sich der Priester
die Angstphantasien anfaIliger Menschen nur noch genahrt. vor und sagte: »Mein Name ist Kaas. lch bin von Seiner
Aus dieser politischen Erwagung hatte ich folgende Konse- Heiligkeit, Papst Pius XII. zum Oomherrn ernarmt worden. Ich
quenzen zu ziehen: Sterben müsse die an dem Ehebruch schul- méichte lhnen etwas zeigen, was bisher nur sehr wenige Men-
dige Frau und nicht der Ehemann. Die Ehe müsse vielmehr schen gesehen haben. «
erhalten bleiben. Das ware übrigens nicht nur für die Front, 1 .Exzelle~z Kaas führte uns zu den Ausgrabungen, die er
sondem aum fur die Heimat im volkserzieherischen 5inne bes- eLtete. Ole Ausgrabungen fanden unter der Peterskirche statt.
ser. lm war an der Grenze meiner Widerspruchsméiglichkeit Er erzahIte uns davon, daB Papst Pius XII. ihn zuniichst beauf-
angelangt, also gab ich nach.
tragt habe, nach Riiurnen zu suchen die der Erbauer der Peters-
Bei der Umarbeitung des Schlusses stellte sich jedoch heraus, kirche, Donato Bramante, vielleich; noch innerhalb des groBen
daB im nahezu den ganzen Film mit meinem Freunde Alfred
Braun umsmrel'ben mu",te,
() wetl' . . der Joy K~llergeschosses angelegt hatte, wo jetzt die Papste begraben
..l.. Wlr das TodesmotIv selen. Es werde namlich nicht lange dauem, bis kein Platz mehr
su.on in den Anf ang der H andlung verankern muBten. 5 0
..l..
mau.ten wir aus de r NoveIIe B'md'mgs und aus der Gestalt der v~~handen sein würde, urn den kommenden Piipsten die Grab-
)oy das S<hicksal ' d statte zu geben, die ihrer würdig sei. AnliiBlich dieser Suche sei
ihres Leb ens d emer ah to geweihten Frau, die das letzte Jahr er nun auf uralte Raume gestoBen, doch wiihrend man weiter--
und sim lb en n en Tod VOr Augen, in einem dionysischen suchte hab .
, e man etne »Nekropole« entdeckt.
se st verbrennenden Glückstaumel durchJebt. Der P ra"Iat f"uhrte uns dann an die Stelle, wo die Ausgrabuq
164
dei Grabes Sankt Peters bevorstand. Der Pralat hatte erfahren d die Arbeiter freuten sich diebisch über die kesse
Soldaten un . fnahm
daB wir ein neues Farbfilmmaterial besaBen. Er erklarte mir' . t·sche Bemerkung. lch unterbrach zwar dieAu e
ka bareth s 1 d Bild
daR er mir jede Unterstützung zuteil werden lassen konn e,' . Finck und seine Bemerkung waren auf em
sofort - a ber . ..
wenn wir die einzelnen Phasen der Ausgrabung drehten. Wir hen und im Ton zu horen.
würden jede Menge Licht zur Verfügung gesteIlt bekornmen zUBs~el uns
herrschte 50 viel Kameradschaft, daB Bild und Ton
und jede Menge Arbeiter. Er selbst leite die Ausgrabungen verstandlich sofort aus den Apparaturen herausge-
ganz selb 5 t
gemeinsam mit Archaologen. . sen und vernichtet wurden.
riS p .
Der Vatikan wünsche aIs Gegendienst lediglich fünf bis zehn Trotzdem kam die Sache ins roITU.
Farbkopien und moglichst ein zweites Negativ. Dieses Negativ Goebbels war bose, d~ wir das Material vernichtet hatten.
wolle er keinesfaIls geschaftlich auswerten, sondern in den lch sagte ihm, daB jede Entwicklung von Ton und Bild viel
Archiven verwahren. Die denkwürdige Offnung des Grabes Geld koste. Es hatte doch keinen Sinn, fur 50 etwas Geld aus-
Sankt Peters solle, wie die übrigen Ausgrabungen, fur irnmer zugeben. Goebbels aber meinte: Wenn im Atelier 50 etwas
im Bilde festgehalten werden. vor Soldaten, var der gesamten Belegschaft und var den Sdtau-
spielern passiere, dann bestünde immerhin die Gefahr, daB eine
Kurz nachdem wir ins Atelier nach Babelsberg zurückgekehrt »Atrnosphare der Anarchie« entstehe. Es ware ganz falsch, 50
waren, kam der Kabarettist Werner Finck, mit dem ich im etwas karneradschaftlich zu vertuschen. Der »Defaitismus« von
»Choral von Leuthen« unter der Regie von Prof. Carl Froelich Finck sei gefahrlich - und zwar gerade deshalb, weil er ihn mit
schon einmal als Schauspieler gefilmt hatte, in grauer Uniform einem »stotternden Witz« hervorbringe.
mit einer ganzen Kompanie Soldaten vor die Ateliertiire und lch gebrauchte in meiner Antwort das Schulwort »petzen«
b~t, e~gelassen zu werden. Er wollte seinenKarneraden zeigen, und verteidigte mich darnit, d~ es mir nie gelegen habe. lch
wle eme Filmaufnahme gemacht wird. ging 50 weit zu behaupten, d~ er selbst auch gelacht hatte,
F~ck in Uniform war an sich schon eine komische Figur. Die wenn es sich nicht gerade um Finck gehandelt hatte. Es war
Art, m der er mit seinen Kameraden umging war alles andere dann nicht wei ter schlimm, und ich wurde ohne Groll entlassen.
ais rnil·t·· . .l..
1 anSU1. '
Bevor nun die naUlste
.. .l.. Aufn ahme vonstatten ging bat ich Noch wahrend ich die Filme »Irnrnensee« und »Opfergang«
~ Ruhe. Die Kamera schnurrte, und ein Arbeiter hielt, in der schnitt, wolIte Goebbels von mir wissen was ich ais nachsten
Film plane. lch hatte mehrere Jahre an e~em» Beethoven«-Film
Miue der Szene stehend,eme .l..
. SynUlronklappe vor die Kamera.
~f der Synchronklappe kann man die Nummer der Szene und an einem Film »Goethe« gearbeitet. Namentlich den erste-
~ lesen. und. durch hartes Zusarnmensdùagen des Klappen- r~n hatte ich 50 weit vorwartsgetrieben, d~ bereits ein aus-
Hil
~ zfes e~Zelchen auf der LichUonspur hinterlassen mit dessen
k e spater der Ton.l..
synUlron an d.le Szene angesetzt
' werden
führliches
. Expose' var1ag. Goebbels war mit diesem Plan sehr
emverstand en, un d 1·ch war froh, sicher sein zu kënnen, welches
arm. Th
Ais nun der M . d ema mein nachster Film haben würde.
nah b. ann mIt er Klappe vorne stand und die Auf- Gboebbels kam sogar auf die Idee, ich salle den Beethoven
egmv~en soUte, sprang Find< plëtzlich vor die Karnera
undmneef :>, I st spiel
ett ich b .
se
" () en. M·eme zum Widerspruch neigende Natur mein
»Geh doch ' . ewundere dlesen Mann.« Ich rief Finck zu: ~U",eres . T '
weg, Wlr drehen 1 F" _L D arstellu,mem emperarnent - aIles das würde sich Eür die
sagen _ ich b .« mU<. sagte: ~ Ich muB es dir aber B h
haltenl. ewundere d·
lesen M ann: er kann die Klappe den »Smng. 1 eet avens ausgezeidtnet eignen. Id!. kënnte auch
An . mu auchtopf« behalten, den id!. ais Frisur ausgibe.
Ein drahnendes Gellich t b
er rach los. Alle Smauspieler, die Na~e;:n I:·Iaaren sehe man bereits, was für eine ungebirdJae
166 sel. Das passe ausgezeimnet zu Beethoven.
Ich redete Goebbels diese Besetzung aus. lch wies ihn auf ·· t und sie am SchluB ais gebrochene Rose gezeigt, die
verkl ar d
meine kleinen flinken Augen hin, die, wie er bemerkt haben am Strand Iiegt, um vom sanften Meer abgeholt zu wer en",
müsse, in schwierigen Situationen unablassig nach einem Aus- . .. rte er den von mir gedrehten SchluB. Er gebrauchte
Iro!U Sle
weg suchten und ihn auch fanden. Beethoven sei eine schwere, uch mehrmals das W ort »Todeserotik«. Aber er sprach anders
dumpfe und eine der UnbilI des Lebens ausgelieferte Natur al 50 nst • Eine tiefe Resignation schien ihn erfaBt zu haben. Er
as
gewesen. Atillerdem konnte ich nicht zugleich Regie führen und hatte etwa5 Uns tetes und Unbestirnmtes in seinem Wesen. lch
die Hauptrolle spielen. Kein anderer konne den Beethoven kannte das gar nicht an ihm. Es war alles müde, was er sagte.
spielen als Werner KrauB. Mit der schauspielerischen Damonie Leise und müde *.
von Kratill konne sich die meine nicht messen. SchlieBlich gab SchlieBlich sagte er : " Sie brauchen nichts zu andern, Herr
sich Goebbels damit zufrieden. Harlan, der Film ist unrettbar! «

AIs ich den Film »Immensee« abgeliefert hatte, wurde er von


Goebbels als »deutsches Vo\kslied« mit superlativischen Worten Bombennamte in Berlin
gelobt. Es wurde kein einziger Schnitt und k eine einzige Ver-
anderung befohlen. Er war unter samÙichen Filmen, die ich im In dieser Zeit verlor ich in zwei Bombennachten nacheinander
Kriege zu drehen hatte, der einzige, der sowohl in Besetzung meine Cutterin Frau Christa Loose und meinen Chefcutter,
als auch im Drehbuch genau 50 blieb, wie ich ibn geplant und Freund und Trauzeugen, Friedrich Karl von Puttkamer.
durchgeführt hatte. AIs ich dann einige Tage spater auch den lch werde die Nacht nie vergessen, in wei cher ich mit meiner
Film »Opfergang« ablieferte, wurde er vom Propagandamini- Frau im Automobil die damalige Ost-West-Achse, die heute
sterium 50 fort gestoppt. wieder »Kaiserdarnm« heillt, hinunterfuhr, um nachzuprüfen,
lch muBte wieder zu Goebbels. Der Film »Opfergang« sei ob unser KaIli von Puttkamer von dem h611ischen Bomben-
gut, aber der SchluB sei »indiskutabler Quatsch«. »lmmer wenn angriff verschont geblieben war.
die Regisseure nicht wissen, wie sie ein Thema beenden soli en, Auf beiden Seiten der Ost-West-Achse brannten die Hauser
dann kommt der dumme Deus ex machina, und man verliert lichterloh. Die unheimliche Hitze erzeugte einen Feuersturm,
sich ins unkontroIlierbar T ranszendentale!« sagte er argerlich. der brennende Holzstücke - ja ganze brennende Fensterkreuze
Kristinas Darstellungskunst lobte er ausdrücklich und zwar -.Wi~ flammende Todeszeichen durch die Luft fliegen lieB. AIs
hauptsiichlich wohl deswegen, weil es ibm schon' selbst zum Wlr biS zum »Knie « vorgedrungen waren begann das Eckhaus
HaIse heraushing, mit mir solche unerquickIichen Auseinander- arnK· ,
setzungen in Permanenz zu haben. rue zu wanken. lch schaltete rasch den Rückwwsgang ein,
ab er schon stürz t e d as Eckh aus wenige Meter vor uns donnernd
. lch war offengestanden auch ziemlich am Ende. Darum er-
lUnerte ich ibn ganz stur an seme
. Anordn ung, nach der die Frau z uhl
sam~en. Es sprühte und blitzte. über den Himmel huschten
a relche Sch . f
zu sterben habe d d- ·ch d
D Bo b .. emwer er, die FIugzeuge suchten, brennende
Moglich. ' un "'" 1 rarnaturgisch gar keine andere m er sturzten · d· S d d·
k kelt hatte, ais auf diese Weise zu einem SchluB zu D m le ta t, le Zerst6rung wütete maBlos
rnrnen
?ch , der natür!ich zu der Dichtung Bindings im Grunde am ;r .ungeheure lodernde Haufen des eingestürzten Ha~
fil t passe. Dnsern;: versperrte uns den Eingang in die HardenbergstraBe.
»Sehen Sie 1 ·ch· uto war eine Z . tl . .
an lhr M.. ma an - 1 bm also der Trotte!! lch bin schuid eingehüllt w. el ang m emen Rauch- und Funkensturm
em archenschlu.
sie ist· B lch
« antwortete: »Nein, die Phanta- dies er l-Ioile .Ir sahen nichts mehr. Wir zweiEelten, ob wir aus
melne. « »Sie habe . d ch . Jemals wieder herauskommen würden. I.an&sam
Ehebrech . n)a 0 wleder einen Mythos aus der
enn gemacht S· h b .
. le a en sie mit einem Heiligenschein • Da. W
ar Ende 1943·
168
rückwartsfahrend, fürchtete ich, daB unsere Reifen jeden e lüht. AufSerdem bestand die Gefahr, d~ der madüige
Augenblick platzen kënnten, weil wir ü~er. brennendes Holz ausg g . H chheben der Steinmassen die StraBendecke
g er
Bag .. ckbelln 0 1. di
und aufgeweichten Asphalt fuhren. Allmahhch kamen wir aus .. de und daB d adurch die Wasser eItungen, e
. dru en wur . hr
der Rauchwolke heraus. elU . di chen elektrischen Verbindungen und die Gasro e
untenr
.. s .. den Der Bagger wurde 50 f ort an emer · and eren
Um uns herum liefen schreiende Menschen mit Kofferchen, zerstort wur .
teilweise in Nachthemden. Sie hatten Hunde bei sich und eini- Stene eingesetzt.
gen Hausrat in der Hand. Das Auto herumzudrehen dauerte As . u··ckfuhren , brannte es. noch überall. In der oberen
1 Wlr zur . .
furchtbare Sekunden, die an unseren Nerven rissen. Aber Kantstraf5e war ein Kino. Dort hef der Film "Die gold~e
schlieBlich kamen wir aus der klebrigen heillen Masse heraus. Stadt«. Auf einem groBen Plakat in übergroBe das Geslcht
Wir fuhren nun auf den breiten Kaiserdarnm zurück, wo die Kristinas. Wir sahen es verbrennen. .
F1ammen beinahe von einer StraBenseite auf die andere schlu- Ohne daB an dem Film " Opfergang« auch nur em Meter
gen. verandert worden war, wurde er ein garues Jahr spater zu-
Wir muBten in die Joachirnsthaler StraBe. Dort wohnte Kalli gelassen.
von Puttkamer. Aber durch keine einzige QuerstraBe, die dort-
hin führte, kamen wir durch. überall brannte es. Schweden, Hamsun, Narvik
SchlieBlim fuhren wir bis zum Westkreuz hinauf. Von da
kamen wir zum Kurfürstendamm. Dort brannte es zwar aum, lm Jahre 1943 erhielten Kristina und ich vom »Internationa-
aber man konnte streckenweise nom fahren. 50 kamen wir len Klubben« * in Stockholm und von der Universitat in
schlieJSlim auf Umwegen über den Hohenzollerndarnm zum Uppsala eine Einladung. lnsbesondere soUte ich anlaBlich der
Haus unseres Freundes in der Joachirnsthaler StraBe und fan- smwedischen Uraufführung unseres Films " Die goldene 5tadt"
den nur nom einen riesigen Trümmerhaufen. in Stockholm und auch in Uppsala über meine kommenden
Das Nebenhaus stand nom, brannte aber ebenfalls. Niemand Filme sprechen.
mamte Anstalten zu losmen. Viele Menschen standen hoff- .. Auf Wunsch der Professoren und 5tudenten sprach ich zu-
nungslos verzweifelt mit Stühlen, Sofas, Standuhren, Koch- ~achst irn »Auditorium Maximum« der Universitat in Uppsala
topfen, Hunden, Vogeln, Katzen auf der Straf5e und schauten u.ber die beiden Filmplane »Beethoven« unà »Goethe«. lch hatte
tatenlos in das maBlose Zerstorungswerk. Da erklangen von eme starke Resonanz. Sowohl meiner Frau als auch mir wurde
::ch ~ie Verleihung »der weillen Mütze« das» Ehrenstudenten-
neuem die Sirenen. Nom wahrend des zweiten Angriffs rasten
wir nam Hause. Um uns herum nelen die Bomben. «..m Uppsala feierlich zuerkannt.
Wahrend der Namt erreichte ich bei einer Namrichtenzentrale Spa ter sprach .ch ch·
der Marine, die in der Tannenbergallee von einem Admirai Stockh 1 1 au lID »Intemationalen K1ubbenc in
o m. Darm wurd Ehr.
befehligt wurde, daB mir am frühen Morgen ein Raupenbagger Stockh 1 . e uns zu en lID Grand-Hotel in
geliehen wurde. Wir rückten mit 20 Matrosen die mir der Dom em Essen gegeben.
Admirai mitgab, ab. Sie sollten helfen die Tr~er des Hau- t 1 er freundliche deutsche Gesandte Thomson sandte em·e
e egrafische Adres
ses in der Joamimsthaler StraBe wegz~raumen, weil Hoffnung daB ich .ch se an Goebbels, in wei cher zu lesen wu
be~.tand, daB Karl von Puttkamer nom unter dem groBen Sc:hweden
ml
.
aIs t A b '
"gu er m assadeur« rur Oeutsdùand in
T~erhaufen im Luttschutzkeller war. S erWlesen habe.
owohl in U 1
b D,ese Aktion wur de ab er seh r schnell von der Pohzel
. . ver-
dern Fil ppsa a ais auch in Stockholm wurd ·el
o~e~ Es dürfe nur dort geholfen werden wo nom eine be- rn »Jud SM e VI von
• Intern . « gesprochen, ebenso wie vorher in Züric:h.
grun ete Hoffnung sei. In diesem Haus sei' alles bis unten hin hOlll\s ahonal er Klub d
. er obersten GeseIlsdtaftskreise Stock-
170
Die meisten meiner Zuhorer schienen in Privatvorführun e schaftsbezeugungen für Hamsun eTg~~g. Er sagt~, dag HaIm.tWtl
oder in Deutschland dies en Film gesehen zu haben. Sven He~i~ . her erschüttert habe - er zahlte aIle selIle WerY~
ihn von Je der E d e '
hatte ihn sich zweimal angesehen, und zwar in meiner Geg en _ Schnürchen her und betonte, daiS .. Segen r " .sem
wart. Und man muiS wis~en, daiS Sven Hedin" jüdische, Blut a~Btes »sei n seherisches Stück« sei. "Schicken Sie mir ~
hatte. D hbuch noch einma1 h er, 1'ch WI'11 es genau u"berprüf'en, "CO~"",en....,·
gro,
AIs ich nach Berlin zuruckgekommen war, bekam ich nicht i~ehabe Hamsun versprochen, daiS ein groiSer Hamsun-Fili:l '-
nur eine kalte Dusche für diesen Erfolg, sondern mein Glücks- Deutschland gemacht wird.«
gefühl wurde in noch weit starkerem MaiS abgekühlt. Ich muB gestehen, daiS ich »Segen der Erdeq genauso glr.'..e
Goebbels hatte die Bemerkung über den »guten Ambass a- veralmt hatte wie »Beethoven«. Ich war daher über ~
deur « nicht nur in dem Telegramm gelesen, sondern auch in Wendung nicht 50 unglücklich. Es war nur eine Gef,,::.•.
den Zeitungen. Die positiven Berichte hatten ihn verargert. Er Hamsuns Buch, das er schon im Jahre 1917 geschrieben ",,=re:
meinte, meine Aufgabe sei es, für Filme zu sprechen und nicht Eine jüdische Figur, der Aron, spielte in dem Romzn :c=e
»für Deutschland«. Schon daiS ich den Filmtitel »Seid umschlun- wichtige Rolle. Hamsun hat die »Juden und die Yankees
gen Mil!ionen« für meinen Beethoven-Film in Uppsala genannt materialistische Ausbeuter und als Feinde des Segens:z
hatte, sei politisch anmaiSend gewesen. Ein sol cher Titel passe Erde« dargestellt, natürlich nicht auf gemeine antiseI:li -=-=
nicht in die Kriegszeit. Weise. Aber in der Hitler-Zeit wurde ja ein solther .Z"-.i."'"
Mich traf der Zorn von Goebbels auch noch in anderer Wei se. anders gesehen aIs im Jahre 1917. Es war mir \\ich-' :- es<'
Wieder einmal vollig unerwartet. Es war mit ihm klar abge- Gestalt und alles, was einen antisemitischen Anklang ~
sprochen worden, daiS ich als nachsten Film »Beethoven« machen Roman hatte, zu unterdrücken.
würde. lch hatte ihm alIerdings nicht gesagt, daiS ich anIaiSlich Ich arbeitete also das Drehbuch für »Segen der Erd
der schwedischen Uraufführung von »Die goldene Stadt« vor gab der Rolle des Aron einen anderen amen \ ~ ~
der schwedischen Offentlichkeit sprechen würde. Diesen Vor- Jüdische ganz entfiel. Goebbels muR dieses Bu
~rag hielt er offenbar für eine unerlaubte politische Einmischung gefallen hab en. Die Weglassung des antisemitiis_,d1€71 \.x-.,;u:::~
': Ausland. Er argerte sich auch, daiS ich Werner KrauiS aIs kens schien er gar nicht bemerkt zu haben
en Darsteller des Beethoven genannt hatte, denn er sei mit Ab .
er schon vor der Ablieferung des Drehb'u.:l:le,;
dieser
. Besetzung ganz und gar ru'ch' t emverstanden. Woher
dleser Umschwung kam weiE ich 'cht Befehl von Hitler, der anordnete, ich s Ile den Fil
D ,ru . machen.
er einzige T rost in dieser deprimierenden Zeit war daB
Goebbels mir e'ln anderes seh r wertvolles Thema in Aussicht '
steIIte ** Er erinn t .ch d
hatt S· er e rru aran, daiS er Knut Hamsun zugesagt
Kristina Soderbaum contr.\ '
e,»
b ch 1 f 'egen der Erde II
« 50 e verfil mt werden. Das erste Dreh - In diese Z .t fi 1 .
u ag ertig vor lch h tt
und G bb 1 h '
b
a e es ereits vor Jahren geschrieben Er de« n ch ei. e eme Episod ' dil \
oe e 5 atte es gelesen. es sant Omit . »Na rVI'k « l'tW,IS 111 tlln h. Il
Hamsun war in dies Jah . B . Ggenug ISt, festgehalt('1l rll \V1'r 1 Il
Fen WI'e G bb 1 em r mIt Goebbels zusammengetrof- el oebbels . .
. oe e 5 er "hlt h in sein H war Clnl' gn\R"rt (.1' "11 'h
sdten 50 tl'ef b za e, atte Haumsun sich mit den Deut- em ause 50 cl ,)
ver
Goebbels sidt . unden ge f'hl
u t und namentlich mit Hitler, daB gandam" . ' Il l'rn, 1 tri \1 III. ~
•s ln superlativischen Lobspruchen und Freund-
lIustenum st.IU. 1. w r Il ) 1
... venHe d'ln son eine "'d' dt
lm September 1.944. lU 16 e GroBmutter gehabt haben. .: éOern b3belsMarz '94 ' •
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(ïI
Weht« vor 1 li II! d.. " 1,,,,..,110: ni ,h
1.72
\'iele Berühmtheiten und sehr vie1e Schauspieler eingeladen. . . . hachster Erregung. Sie sagte: »Vielleicht muE
Kns hna war ln ch 'ch lch '11
Unter anderem auch der General der Waffen-SS Sepp Dietrich . 'ch d Macht beugen - das weiB ich no ru t. W1
der die »Leibstandarte Adolf Hitler« befehligte. Ferner de; lch ml er 'ch ch
noch nicht sagen, denn Sie werden nu s on
fühl en
bekannte Rundfunkkommentator Hans Fritzsche und der es lh ne n d' S' . b tim
Jassen, wenn ich die Grenze erreicht habe, te le nur es -
Reichs6lmintendant Dr. Hippler.
men.« hr
lch safS mit Kristina an einem Tisch mit einigen Schauspie- D' er letzte Satz war nicht klar gesprochen. Er war me
lem, ais wir bernerkten, daB Goebb els nebenan mit einigen gest~~:ert. Jedenfalls war das Wort »die Grenze« das Stichwo~
5chauspielerinnen über uns sprach. Wie sich heraussteIIte, hat- für Goebbels, der nun laut lachend fragte: »Wo glauben Sie
ten sich die Kolleginnen ans chein end für Kristinas Alter inter- -n dl' e Grenze meiner Macht liegt?« Kristina sagte: ,.lch
denn, d <ID nd 'ch
essiert. Goebbels rief vergnügt und angriffslustig zu uns her- meine meine Grenze, Herr Minister! « Goebbels: » U 1
über : »Frau 50derbaum, Sie sind ja noch jung. Man darf Sie meine !« Jetzt sagte Kristina aus einer geradezu hallischen Ein-
ja wohl noch fragen: Wie aIt sind Sie eigentlich?« Kristina gebung: »Wenn Sie die Macht haben, Herr ~ster, )Gat~
schaute Goebbels eine Weile an und schwieg. borgs Tidningen<, die auf rotem Papier gedruckt wlrd, auf weiB
»Ach, Sie wollen es nicht sagen, Frau Soderbaum? Zwingen erscheinen zu lassen, dann werde ich Ihnen sagen, wie ait ich
will ich Sie natürlich nicht.« Kristina antwortete: »lch darf es bin.«
gar nicht sagen, Herr Minister. Es steht ausdrücklich in meinem Jetzt schaltete sich der Rundfunksprecher Hans Fritzsche ein.
Vertrag, daB es mir verboten ist, mein Alter zu nennen,« Er wollte seinem Chef lielfen, den Humor wieder herzustellen.
Goebbels fragte: »50, steht denn ein solcher Unsinn in Ihrem Aber kaum hatte er begonnen, unterbrach sie ihn: »Herr
Vertrag?« Kristina antwortete : »Es steht in allen Vertragen - Fritzsche, Sie sprechen dienstags und freitags. Heute ist Mitt-
im Vordruck.« Goebbels antwortete: »lch bin lhr Chef, und woch!«
ich gebe lhnen ausdrücklich die Erlaubnis, diesen Passus des Goebbels mufSte lachen. Er rief: »Bravo, Frau Saderbaum,
Vertrages, den ich gar nicht kenne, zu brechen.« bravo. Seh' einer die Schweden an!« Und nun lachte der ganze
Es wurde bereits gelacht. Raum befreit.
Kristina sagte in das Lachen hinein: »In jeder Garderobe der Die Gefahr war vorbei. lch glaube nicht, daB Goebbels Kri-
Ufa hangt eine gedruckte Anordnung, auf der steht, daJ5 jede stina ihre Antworten übelgenommen hat. Schlagfertigkeit im-
Umlinderung des Vertrages der schriftlichen Bestatigung durch ponierte ihm irnmer, sogar wenn sie auf seine Kosten ging. Am
die Direktion bedarf, um wirksarn zu sein. « Eine Darne piepste: Abend verabschiedete Goebbels sich besonders haflich von der
»Da hat sie recht, das steht in jeder Garderobe.« »schwedischen Monarchistin«.
Goebbels liefS nicht nach und fragte sie, ob sie nicht glaube,
daB er die Macht dazu habe, ihr Alter zu erfahren. Kristina
sagte: »Doch, am PafSarnt. Aber hier im Augenblick nicht,« Der Narvik-Film
Goebbels, immer belustigter, fragte sie darauf: »Haben Sie
denn wirklich 50 viel Grund, rhr Alter zu verbergen oder wollen Es existierte irgendein halbfertiges Drehbuch für den Film
Sie. sich
. gar al ter mamen?«
-'-
Kristina sagte: »In zwanzig Jahren »Narvik« - ich glaube, es war von Felix Lützkendorff" Goeb-
Willich es heute nicht gesagt ha ben.« bels ging auf dieses Drehbuch gar nicht ein. Er schild~rte mir
d _~as ~elachter hatte aufgehort. SchliefSlich sagte Goebbels,
""" er sIe · auf ke'men rra11 zwmgen
. werde, ihr Alter zu sagen.
fO.lgende Szene, die er im Zen trum des Films zu sehen wünschte.
DIe M t d .
Aber 0 b Sie denn . kl·..1.. d . a rosen er gesunkenen Torpedoboote, die noch halb
ein ..1.... wu lUI er Meinung sei, dafS sie ihn richtig
sUlatze, wenn sie ih di 1 • LB'
m e Antwort einfach verweigere aut nef von Harlan an Goebbels vom 2. 4. 1941 .
aus dem Wasser der Fjorde vor Narvik herausragten, hatten aus
ihren Booten aIle Gerâte ausgebaut - 50 auch aIle Radioteile.
Sie hatten sich Radioapparate daraus gefertigt, die sie in die
verschneiten nachtlichen Berge in die Umgebung von Narvik
mitgenommen hatten. Dort standen sie auf Posten, um etwai-
gen Angriffen begegnen zu konnen. Die nun folgende Szene
sollte zu einer Zeit spielen, in der sich »die ewige Nacht« über
die Berge Narviks gesenkt hatte. Die Matrosen sollten ein
Konzert durch ihre Apparate empfangen, das Furtwangler in
Salzburg dirigierte. Das Konzert sollte mit dem Horst-Wessel-
Lied und dem Deutschlandlied beginnen, um dann von der
9. Symphonie von Beethoven abgelost zu werden. Das groEe
Musikfest von Salzburg sollte also in der nordischen Nacht von
Narvik erklingen. Zu dieser Musik sollte nun eine ganze Reihe
verschiedener Szenen spielen, und jede dieser Szenen sollte
unter das Gesetz des Beethovenschen Gedankens gestellt wer-
den.
Goebbels meinte, daE ich auf diese Weise nun doch noch zu
meinem Beethoven kame. Er war geradezu fanatisiert von
der Idee, in der ewigen Nacht Norwegens »Freude schoner
Gotterfunken« erklingen zu horen. AIs besonderes »Bonbon«
bekam ich zu wissen, daE der groEe General Dietl, der Sieger
von Narvik, mich selbst beraten und in dem Film auf Wunsch
des Führers auch selbst die Rolle des General Dietl spielen werde.
Noch bevor ich Goebbels' Gedanken ganz erfaEt hatte, war
mir bereits klar geworden, daE ich wieder einmal in der Falle
eines heroischen Filmspektakels gefangen war.
Ich beteiligte mich zunachst nicht an Goebbels' Begeisterung
und erklarte ihm, daE ich das »riesenhafte AusmaE des Auf-
trages« erst verarbeiten müsse. !ch würde ihm Bescheid sagen,
auf welche Weise ich seinen Auftrag zu erfüllen gedachte. Zu-
nachst erklarte ich, nach Narvik fliegen zu müssen, um mir den
Schauplatz anzusehen und mit General Dietl zu sprechen. Ich
bekam sofort einen von Goebbels personlich unterzeichneten
»kriegsdienstlichen Befehl«, nach Narvik zu fliegen - ich durfte
sogar meine Frau und meinen Mitarbeiter Carstensen mitneh-
men. Er telefonierte augenblicklich mit einem Müller in Oslo,
bereitete ihn auf mein Kommen vor und ordnete an, daE mir
jegliche Hilfe zu leisten sei.

Link s oben: Veit Harlans Mutter Adele 1934. R ech ts: Veit Harlans
Vater Walter 1927, mit der Unterschrift: »Einen unrasierten Alten /
siehst du liicheln unter Falten«. Unt en: Veit Harlans Elternhaus .
Lin ks oben: Veit Harlan aIs kleines Kind. Rechts: Veit Harlan a is I l,,/, s oben: Veit Harlan (n'lit Ruth Alhu) in »Zaungaste«. Rechts:
VI' il Harlan (mit Lucie Mannheim) in »Jugend « von Max Ha Ihe.
junge r Mann. Unt en : Die Familie Harla n ; Veit recht s a ùfS e n.
11111(' 11 : 2 wei tere Rollenfotos von Veit Harlan .
Ob en: Veit HarIan, ? und Fri tz Kortner. Unten:
Renate Müller in »StOrungen« von Hans Meise!. ( 1""11: Veit Harlan in dem Spielfilm »Stradivari«, Unten: Lothar
f\ 111 (he l, Emmy Sonnemann (spiitere Frau Giiring) und Veit Harlan
III '" hlage ter « von Hanns Johst.
1 i /lb obel1: Veit Harlan spielt Lil Dagover für »Die Kreutzersonate «
Oben: Veit Harlan und Kristina Soderbaum wahrend ein er
Liebesszen e vor. Rechts: Veit Harlan 1942 mit dem Drehbuch
. ' l 'll'
pause fUr »Die goldene Stadt« . Unten: Veit Harlan b ei der Regie
Il ,,' »Narvik «. Unten: Veit Harlan arrangiert mit Emil Jannings eine
für »Das unsterbliche H erz «.
" I t'ne für »Verwehte Spuren«,
Links ohen: Frits van Dongen und Kristina Soderbaum in dem O hen: Kristina Soderbaum und Paul Klinger in dem Harlan-Film
Harlan-Film »Die Reise nach Tilsit« . Rechts: Kristina Soderbaum »Die goldene Stadt«. Unten: Kristina Soderbaum und Otto Gebühr
und Paul Wegener in dem Harlan-Film »Das unsterbliche Herz «. in dem Harlan-Film »Der gro15e Konig «.
Unt en: Kristina Soderbaum und Herrmann Braun in dem Harlan-
Film »Jugend «.
O hen: Kriegsszene a u s dem H arla n-Film »Kolberg«. Un ten : Jose f 1 illks ohen: W erner KrauB ais Rabbi Loew in dem Harla n-Fi lm
Goebbe ls ernennt Veit Harl a n und Wolfgang Liebeneiner (von lin ks " Iud SOB «. R ech ts : Ferdinand Maria n a is Jud SüB in der Hinrich -
nach r echts) zu Professo ren . IlIngssze ne. Unten : Kri stina Sod erb aum und Ferdinand M a ria n in
.1\ ' 1" VC l"ge wa lti gun gsszene .
O [Jen: Demonstrationen gegen den Harlan-Film »Unsterbliche Ge-
Links oben: Die Polizei verhaftet Anti-HarJan-Demonstranten wah-
l i('b te« in Salzburg. Unten: Veit Harlan und Kristina Soderbaum
rend der Aufführung des Harlan-Filmes " Sterne über Colombo« in
\IIlIll ittelbar nach dem ersten Freispruch vor dem Hamburger Schwur-
Berlin. Rechts: Veit Harlan wahrend des Wiederaufnahmeverfahrens
)', l'I' icht 1949.
vor dem Hamburger Schwurgericht mit seinen Verteidigern Wand-
schneider und Zippe!. Ul1t en: Veit Harlan diskutiert in Offentlichen
Veranstaltungen an Hochschulen mit Studenten.
Ob en: Veit Harlan mit seiner zweiten Frau Hilde Kiirber und 2 Kin- O !J en: Veit Harlan hinter seinem 5cnreibtisch. Unten: Veit Harlan
dern 1933. Unten: Ve it Harlan mit se iner dritten Frau Kristina mi t seinem 50hn Thomas kurz vor seinem Tod.
5iiderbaum und Christian 1941.
Die Offiziere in Narvik erkHi.rten mir sofort, daf5 mein Vor-
haben zwar hochinteressant sei, daf5 sie es aber für undurch-
führbar hielten. Der FaU von Narvik sei für die EngHi.nder
nicht nur eine verlorene Schlacht, sondem ein grof5er Prestige-
verlust. Jedwede grof5ere Filmaufnahme sei daher geHihrlichen
Storungen durch die »Home-Fleet« und anderen milWirischen
Aktionen der Englander ausgesetzt.
Ich fuhr also nach Oslo zurück. Dort horten wir von Herm
Müller, daf5 die Englander bereits über das Radio gemeldet
hatten, der Filmregisseur Veit Harlan würde die Schlacht um
Narvik filmen und sie würden dafür sorgen, daf5 er ein auf5er-
ordentlich blutiges Bild vor die Kamera bekame.
Es war namlich bereits nach London gemeldet worden, daf5
ich hundert Flugzeuge angefordert hatte, die viele hundert Fall-
schirmjager abwerfen sollten, und auf5erdem mehrere Schiffe.
In Oslo sprach ich einen der hohen Offiziere, der mir kurzer-
hand argerlich erklarte, meine Wünsche aIs Filmregisseur seien
vollig unerfüllbar.
Ich wandte nun die Technik an, meine Forderungen für diesen
Film immer hoher zu schrauben. Indem ich den Wahnsinn
immer wahnsinniger mach te, hatte ich eine gewisse Hoffnung,
daf5 der Film »sterben« würde. Keiner von den Militars konnte
kontrollieren, was ich wirklich für einen erfolgversprechenden
Film an militarischem Material und an Menschen notwendig
brauchte. Auch Goebbels konnte das nicht. Ich stellte mich auf
den Standpunkt, daf5 es keinesfalls meine Aufgabe sei und
keinesfalls »im Sinne des Führers«, die Ungeheuerlichkeit des
Sieges und der Gefahren zu verkleinem. Wenn der Krieg um
»Narvik« gezeigt werden sollte, dann müf5te ich ihn so zeigen
dürfen, wie ich das aIs Regi~seur für notwendig hielt. Ich ver-
langte also vier Torpedoboote, wenigstens ein Schlachtschiff,
hundert Transportflugzeuge, aus denen in mehreren Anflügen
fünftausend Fallschirmjager abspringen sollten und auf5erdem
sechs Stukas, die in die Schlacht um Narvik eingreifen müf5ten.
Das mit solcher Emphase vom Führer selbst befohlene Film-
vorhaben entschlummerte.
Der Film »Narvik« war tot, und der Plan »Segen der Erde«
Jebte wieder auf. Was konnte mir besseres passieren!

Veit Harlan auf dem Sterbebett.


177
Kristina Soderbaum wird wieder Schwedin ~l!R9hlag AAr' ,Betœ 1i!11oJ' 1.
Il 1 • It • 1 (tUa)
Goebbels jedoch - obwohl er selbst behauptet hatte, mit ..........ta&1krt Xl .e'"" .... , ..... '-tl~
. Ver sprechen an Hamsun . gebunden
. . .zu sein, sprach '

-
semem
nachdem der »Führerbefehl« fur Narvik zuruckgezogen war,
'cht mehr mit derselben Begeisterung von dern Filmplan. Das
~eBe nicht, daIS er fallengelassen sei - ich soUe vielmehr an dem
Film weiterarbeiten, denn es sei ja schon viel Zeit verlorenge-
gangen. Aber eigentlich woUe er einen politischen Film haben. .s... 'OI'lac' ....1
Dfpoad
• lO.hl1 1944 '-Ch d.., !IWr

Zum erstenmal hOrte ich mit Schrecken von dem Film, der
~.h..u1.W,..dU. fi1<I_ I!II'_ !IId. ~t _b I0I0_

die Presse der letzten hundert J ahre in Deutschland zum Thema


l a rel.t'a" Ut 4111 .Prft1ftlll d •• '11." • ()pt'l"PD& • la blaII.
oet.bo,.~ und Stookhol. t.11oun.b.en.
haben soli te. »Die siebente GroBmacht« soUte er heiBen. Goeb-
Die lIa1mlolurcaDa au Aattilhrunj;.tenoin.....ht .u." tut
bels war ja ais Journalist in diesem Milieu zu Hause. Ihn faszi-
,-w6o)ûgen Autenthal t der rri8tlna S'S.a.l"œtlll 1ft Sohn«_ AG"""
nierte dieser Gedanke. Er richtete ihn aber nicht 50 sehr auf die
Presse, ais auf ein rein antisemitisches Gift. Es war daher
31. hat c ebetcm,lD Anb.1:rroht 1hrer
.
Yvhllb.1n1..N1c lu-
ganz logis ch, daIS aum der Film »Der Kaufmann von Venedig«
s en .U ,".o6nhe1 t lhr t.\DDI'hlllr'n4 ~~3ahr1C'e. HM ai ~ . .
genannt wurde, selbst »Soll und Haben« von Gustav Freytag d Irf'C'n.
wurde gestreift. Natiirlich soli te die jüdische Figur in diesem
Is~ der Ulrr Re1cl:sr.lr.hhr <!-~rnt e1D.,.er.'tM~t'1I.d ... bi-
Roman vergrobert werden. Antisemitismus auf der ganzen
oUnIl S3derbnUJI r u.t der Relft . naob Sa!:l"ec!ea 1"'OlI lhr_ [!.ad bI-
Linie war nun die Parole. ~1Q,1 tC"t -!rd ?
Goebbels wollte wissen, ob Kristina sich nicht für die Rolle
der Portia interessiere. Er nannte auch eine Rolle aus Frey-
tags Roman. AIs er mich fragte, ob Kristina »etwa wieder ein Hinkel an Goebbels 2. 8. 19H
Kind« bekomme, war die Bissigkeit unüberhorbar. Er wuBte Reise K . S. naeh Schweden zur Premiere »Opfergang.
ja, daIS sie in »Segen der Erde« die weibliche Hauptrolle spielen
würde. Es war also ein WarnschuB, der soviel heillen sollte, Zur 1I~. vorl.:"'lro ....cda&.l\&
Abeoll'rf!'t. v:QôII 2. 8. (l.4riet &.8.)
wie: »Wenn ein antisemitismer Film gemacht wird, hat Ihre I1Phtaranit
"rl1.n, den 5. 8. 1944
Frau zu spielen!« Ra D».R.1nr1ob.do~tleohr.

Uns war klar, daIS etwas gesmehen muBte, damit sim wenig- Herm
.1nleter1aldirektor Slnkel
stens rur Kristina ein Fall »Jud SüB« nimt wiederholte.
---------------------------------
Der smwedisme Botschafter Dr. Rickert war mit seinern ItItr. t Ra1e. ~11t1;1na ~ttd.rb.UJD: nach. Schnd ••.
Personal und seinen Amtsriiumen aus dem standig bombar-
dierten Berlin nach Cottbus evakuiert worden. Der Minister
empfing uns sehr freundlich aber unserer Bitte, uns zu helfen,
konnte er nicht entspreche~: »Kristina ist durm die Ehe rn~t
Ihnen Deutsche geworden, und 50 gut ich verstehe, daB Sie
hl,,!
keinen zweiten antisemitischen Film machen rnochte, habe ich
gar keine Vollmaehten, einer ehemaligen Schwedin in diesern Dr. Heinrichsdorff an Hinkel 5· 8. 1~4-4 " 'h Kind
hoehpolitisehen Sinne zu helfen.« Reisegenehmigung für K. S., jedodl ",dlt fur 1 r .
179
50 kamen wir auf den Gedanken, ein Gesueh an den KOni
aufzusetzen, Kristina wieder zur Schwedin zu machen. Da de~
Ais ich nun bei Frowein un· Propagandarnmist . .
fragte, ob das etwa das Ende des »Se b d enum nach-
Vater meiner Frau, Prof. Henrik Soderbaum, Chef der Wissen_ gen« e eute bekarn ·ch
die Antwort, daIS Goebbels noch gar nicht f ' 1
schaftsakademie in Stockholm gewe~en war, der die Verteilung . est entschlossen sei
leh 50 Il e nur welter »5egen« vorbereiten. .
der Nobelpreise vomahrn, hatte er m emer guten personliehen Um mit dem Drehen anfangen zu kënne kl.. .
Beziehung zu dern alten Kënig Gustav V. gestanden. . d".eh h·· n, er acte Ich Fra-
wem,
.. al> . 1 sowo 1 rur den Film »Segen der Erde. ais auch
Auf diese Beziehung bauend stellten Kristina und ich ge- rur den Film »Kolberg« grolSzügige Ernteaufnahmen b ch
meinsam den Antrag, Kristina wieder zur Schwedin zu maehen . h 50 d re h en k··onnte, d aIS die Erntearbe·t
di e IC rau
hl W1e.e,
1 er sowo
und ihr einen entsprechenden PaB auszusteIIen. Der hilfreiehe norwegisehe Bauem von heute als aueh wie deutsche Bauern
Minister Dr. Rickert schaffte es tatsaehlieh, daB dies nam aus dem J ahre 1807 aussehen würden. leh bekarn daraufhin
Monaten schlielSlim geschah. Da die Renaturalisierung »ge- von Goebbels die Erlaubnis, mit dern Drehen dieser Aufnahmen
heim« bleiben mulSte, urn nimt sofort einen Eklat heraufzube- zu beginnen.
schwëren, mulSte Minister Rickert diese Aktion in Verbindung Gerade ais ieh mit dem Orehen der Ernteaufnahmen ferti
mit einer Reise nach Schweden durchfiihren. Dadurm nahm war, traf der entseheidende Befehl ein - und zwar bekarn il
die Erledigung eine langere Zeit in Anspruch. den Befehl von Hitler, wie Goebbels ausdriiddich betonte _ ,
Es mulS 50 im ersten Viertel des Jahres 1944 gewesen sein, den Film »Kolberg« zu drehen *. »Segen der Erde« sollte ich
daIS wir den Antrag steilten. DaB er genehrnigt werden würde, nach dem Kriege drehen.
wurde uns rasm und mit Sicherheit zugesagt. Aber erst im Ok- »Kolberg« war zwar kein diehteriseh hochwertiger, aber es
tober bekarnen wir ein 5chreiben, das die Einbürgerung Kri- war wenigstens auch keiner von den antisernitischen Stoffen.
stinas aum dokurnentarism vollzog. lch daehte sofort an das Theaterstiick von Paul Heyse ••, das
Von etwa MarzlApril 1944 ab war Kristina auf das Ver- ich allerdings nieht genau kannte.
sprechen verpflimtet, das wir der sehwedischen Regierung ge- Goebbels behauptete kurzerhand, Heyse sei Jude gewesen,
geben hatten, keinen antisernitisehen Film mehr zu mamen. und ich dürfe mieh keinesfalls auf sein Theaterstiick stützen.
Ab Oktober stand sie nun auch nicht mehr unter der arntliehen Er sagte grirnrnig, daIS es eine Sehande für die Stadt sei, daB
Befehlsgewalt von Goebbels. Selbstverstandlich hielten wir das dieses Stiickes wegen ein Jude Ehrenbürger von Kolberg se-
geheim, weil wir ja hofften, daIS kein antisernitischer Film an worden sei. »Nicht gedaeht soll er werden! « - diesen jüdischen
uns herangetragen werden würde. Denn daB es einen folgen- Fluch stielS Goebbels aus.
smweren Skandal gegeben hatte, wenn die Renaturalisierung leh bekarn den Befehl, mieh bei der Abfassung des Dreh-
offenbar geworden ware, kann man sich vorstellen. buches genau an die Gesehiehte Nettelbecks, Gneisenaus und
die Gesehehnisse von 1807 zu halten. leh sollte eine Liebes-
geschichte dazu erfinden, wie ieh das rur den Film . Der groBe
Kënig« getan hatte.
»Kolberg« Goebbels sah in der Figur des Nettelbeck sieh selbst. Er sprach
das auch aus. Nettelbeck war ein Bürger und hatte ais über-
. lch drückte mich in dieser Zeit, soweit das mëglich war, vor
haupt der Stadt ein Bürgerheer zusarnmengetrommelt. ln die-
Jeder Einladung bei Goebbels. leh war entweder krank oder
aulSerhalb von Berlin. Zum erstenrnal horte ich in der UEa -
* Tagebu~eintragung Kristina Siiderbaums am s· 10.19J!h.~
~d .zwar 50 ganz nebenbei _ daIS der Film »Kolberg« wïeder bekarnen die entsetzliche Nachridlt, da8 Veit ,KoIbers' ma
m Simt sei. Dieser Film hatte schon einmal irn J ahre 1.940 odet ~e n mulS. Hic incipit tragiidJa. Was soli werden717«
1941 ZUr Diskussion gestanden. »Colberg«, 1.868.

180
sem Bürgerheer sah Goebbels eine Art SA. Er wollte betont
wiisen, daB zumindest im FaU Kolberg Nettelbeck der eigent_
lime Held war und nimt etwa der groge Gneisenau. Die Ge _
nersmaft zwismen dem Bürgergeneral Nettelbeck und de~
zum Militar gehorenden Offizier Gneisenau 5011 te ich mit aIlem ~ ~idI...i iftn
Respekt vor Gneisenau deutlim herausschalen. Es sollte klar fil' !)oIt~ ..0 1>r0f! a t.a
erkennbar werden, daR der groge Mann im Kampf um Kolberg
der Bürger Nettelbeck war und die Siege seiner Bürgerwehr ge-
horten. Damit wollte Goebbels die standige Rivalitat zwismen
Waffen-ss und Waffen-sA auf der einen seite und dem übrigen Herrn
Militiir auf der anderen zugunsten des Bürgerheeres darstellen Pro ( . H el ~ l a n
Ut',-€,i ldkuf\at.-Ga.bH
lassen. Heinrim George hatte die rechte Figur rur einen solmen
.Ufoll'ta:1t Bo.biel.sbeT6
Nettelbeck.
Es ist also vollig falsm, wie spa ter behauptet wurde, Goeb-
bels habe diesen Film im Jahre 1943 befohlen, weil er zu dieser
Jrr.rblt beauftrR,e 1cb Sie, e1u.a aro.tU.a
Zeit smon vorausgesehen habe, daR einmal der Volkssturm
lJlC-olbel"S' ltet.zU"et.Il.~. AUtsa1w dj. •• ee n I . Mil •• . &ot .. ,
aufgerufen werden würde. Da Goebbels bereits im Jahre 1941
1112 iJ'';1a.pl el dErr st;'e.d1, dle de. pj 1. ctt'o Tl '.1 "M, . .
das Thema »Kolberg« verfilmt sehen wollte, kann um 50 weni-
ger die Rede davon sein, daB dieser Film eine Propaganda fur zeïgen, dao ~in in ~OLmat and ~roDt ge~tntea ~k ~

den »Volkssturmgedanken« sein sollte. Goebbels wollte viel- .a68ner Ul;Ierwuule't. Ica eralJ.cbt1p st., al1. "allt...ll..
-Yan ·,y~hrmaolrt, staat. \ln4 Partu, ~lt erlo1'CullC'b, _
mehr zeigen, daR der» Widerstand bis zum Aul.Sersten« gegen
den fremden Eroberer Napoleon yom Volk ausging und nicht l/rr. IliU. and lInteralnezuftg Z11 111._ WICI Gall ....1

vom Militar. Am Ende des Films sollte natürlich die typism daraut' zu berufttn, d... a dft' ht.œa1t 'YOIl al. ~..

nationaIsozialistisme »Versmmelzung« deutlich gemacht wer- P,11m lm D1endte I1nae,.er pieU,. 1r1.,~ .....t.
den, nam der jeder PreuBe, ob Zivilist oder Uniformierter, ein
Soldat zu sein hatte.
Gleidlzeitig legte Hitler Wert darauf, daB Napoleon aIs
eine »verehrungswürdige Ersmeinung« dargestellt werde, weil Goebbels 1.6.1943
Napoleon, der zur Zeit Kolbergs darauf abzielte, ganz Europa Auftrag an Harlan, den »Kolberg«-Film herzuslellen
zu regieren, eine Gestalt sei, der »der Führer héichste Amtung
zollt •. Goebbels bezog sim auf Friedrich Nietzsme, um "das
Knechtische~ des deutschen Volkes hervorzuheben, von dem er nur Unglück über Deutschland gebracht habe. Die Kirme zu
es belastet gewesen sei, bevor Adolf Hitler an die Mamt kam. wandeln heiBe, ), das abgewirtsmaftete und die Mensmen
Auf der einen seite sei es die »Lehenstreue«, die von den Deut- schwachende Christentum herstellen«. Die Deutsmen hiitten
schen gem zur schau getragen werde, auf der anderen seite einen Genius wie Napoleon daran gehindert, ein einiges Europa
a~er aum eine »knechtische servilitat«. Die Deutsmen hiitten zu schaffen, womit der ganze ), leidige NationaIitatenspuk« ein
d,e leidige Angewohnhelt, ' Fremdes zu bewundem, na<nz -'- u- Ende gehabt hatte. Nun müsse Europa eben lemen, deutsm zu
ahmen und ihr eigenes volkisches lch aufzugeben. 50 hiitte sein!
Luther den Verfall der katholischen Kirche aufgehalten, wonlit Goebbels erkliirte zum smluB dies es langen Gespriimes, daB
182
er sich diesmal von den Militars keinen strich durch die Rech-
un werde machen lassen. Es sei der ausdrückliche Befehl des
~üh;ers, daR fur diesen Film das Militar in jeder notwendigen
Menge eingesetzt werden dürfe; auch daR mir jegliches Material
zur Verfugung stehen solle. Der Film müsse »ein Kolossal-
gemalde« werden. Falls diesem »kriegsdienstlichen Befehl«
nicht Folge geleistet werde, hatte ich mich sofort an ihn zu
wenden.
Es fi el mir nicht weiter schwer, das Drehbuch zu »Kolberg«
zu schreiben *. lch erfand eine Liebesgeschichte zwischen dem
durch die Geschichte berühmt gewordenen Reiteroffizier schill
und der mit Nettelbeck verwandten Bauerntochter. lch erinnerte
rnich an die Anekdote: Ein Bauernmadmen hatte eine Ausein-
andersetzung mit der Konigin Luise, bei der sie aus Ehrfurcht
stumm blieb. Den Hauptteil bildeten drei gewaltige schlachten.
Der Film durfte kosten, was er wollte. Und er kostete auch
etwa achteinhalb Millionen Mark. Das war ungefahr das Acht-
fache von dem, was ein guter Film damals zu kosten pflegte.
Mit den auBergewohnIichen Vollmachten von Goebbels aus-
gestattet, konnte ich fur meine riesenhaften Bauten soviel Holz
requirieren, wie im wollte, obwohi Holz damaIs eine Mangel-
ware war. lch konnte mir überhaupt jedes Material verschaffen.
Und darüber hinaus Soldat en in beliebiger Zahl von ihrem
Dienst und ihrer Ausbildung wegholen. Goebbels wollte ge-
waltige Schlamten sehen. Er wollte den »groBten Film aller
Zeiten« machen, der die Massenfilme der Amerikaner in den
Schatten stellen sollte. lch bekam sogar rur eine szene die emte
deutsche Kaiserkrone des Romischen Reiches, die Karl der
GroBe getragen hatte; auch ein Zepter und den Reichsapfel.
Zwanzig Detektive bewachten das kostbare Gut.
Den Nettelbeck spielte Heinrich George. Den Oberst Luka-
dou, den ersten Kommandanten der Festung Kolberg, spielte
Paul Wegener. Gneisenau wurde von dem groBten jungen
Schauspieler verkorpert, den die Deutsmen besaBen, Horst
Caspar. Gustav Diegl spielte den Schill, Otto Wernicke den
Bauem und Kristina Soderbaum des sen Tomter. Kurt Meisel
spielte eine wesentliche Rolle und war gleichzeitig mein Assi-

• Ab
Aus dem Tagebuch K. 5. 5· 10. "19H
5· "10. "1943. Erster Drehtag war der 28. 10. "1943. (Auftrag zu »Kolberg«)
stent Auch Paul Bildt und Paul Henckels spielten eben
• . .. 50 mit
wie mein Freund Meyer-Hanno, d~r w iihrend der Herstellun die Stadt Kolbe rg füh rte, hatte ich vorher nicht gewuBt. Die
dieses Filmes verhaftet wurde. DIe Hauptlast der in d' g armen Radfahrer iahen die Hand vor Augen rticht, und alle
lesem Kolberger husteten und fluchten. Erst ais der Rauch sich ein we-
Film besonders schwierigen Regieassis tenz lag auf Wolf a
schleif, ohne den ich die riesigen Schlachtenbilder kaum ~a~:
nig verzogen hatte, lielS ich die Granaten zünden, und die ver-
schiedenen Kameras begannen nacheinander zu laufen.
erstellen konnen. lch brauchte zu diesen Aufnahmen tagelang viele soldaten.
Die Mole des Hafens der Ostsee-Stadt Kolberg lieB ich durch Nun waren in Kolberg Matrosen, die einen Lehrgang zu ab-
die Ausschüttung zahlloser mit Salz gefüllter Güterwagen in solvieren hatten, der sie mit einem neuen Verfahren bekannt
eine s chneelandschaft verwandeln. Geld spielte ja keine Rolle. mach te, mit dessen Hilfe die Ortung von U-Booten durch den
Auch lieB ich die Stadt Kolberg zu einem Teil in GroB-Glienicke Feind erschwert würde. soviel ich horte, wurden über die
bei Berlin aufbauen, um sie dort sch!ieBlich mit den Kanonen V-Boote Netze gezogen, wodurch die Radar- oder Ultraschall-
Napoleons zu beschieBen und abzubrennen . gerate irritiert wurden.
ln der Stadt und Festung Kolberg wie auch in den kleinen, Ais ich die Matrosen angefordert hatte, kam ein hoher
der Festung vorgelagerten Forts, die ich sowohl von einem Marineoffizier und erklarte mir, daIS es vollig unmoglich sei,
schiff von der Ostsee her ais auch von einem Fesselballon aus die Matrosen für den Film abzusteUen. Da ich von woanders
der Luft aufnahm, lieB ich von verschiedenen Standpunkten her keine soldaten bekommen konnte, berief ich mich auf
durch sechs Kameras den beginnenden Untergang der stadt meine Vollmacht und bat ihn, sich selbst mit Berlin in Verbin-
aufnehmen. dung zu setzen. lch verstünde natürlich seine Ablehnung, konne
Etwa dreiBig Pyrotechniker entwickelten an vielen stellen sie aber rticht annehmen. Eine stunde spa ter kam der Offizier
der Stadt grolSe schwarze und weiBe Rauchwolken. Sie schossen zuruck. Er zuckte mit den Achseln und meinte lakonisch: "sie
Scheingranaten in die Luft, deren Blitze sich wirkungsvoll gegen haben gesiegt, Herr Professor!"
den schwarzen und weilSen Rauch abhoben. Rund um Kolberg lm ganzen hatte ich zehntausend Uniformen anfertigen
herum lielS ich die in der Geschichte berühmt gewordenen lnun- lassen. ln den groBten schlachten bekamen die wei ter hinten
dation, die Nettelbeck veranstaltet hatte, wiederholen. Das stehenden soldaten Klosettpapierrollen, die sie sich quer über
heiBt, ich lielS den kleinen FluB Persante durch KanaIe, die die Urtiform roll en mufSten, um das weiBe Leder vorzutauschen,
gegraben wurden, in die Niederungen, die um Kolberg herum- das die damaligen franzosischen soldaten von der linken Schul-
liegen, 50 einflielSen, daIS die ganze stadt vom Wasser einge- ter bis zur rechten Hüfte trugen. An diesem Lederband hingen
schlossen zu sein schien. 50 war Kolberg vorubergehend zu das Bajonett, der Sabel oder die Patronentasche. lch bekam für
einer uneinnehmbaren Festung gemacht worden. den Film sechstausend Pferde gestellt, mehrere Eisenbahnzüge
Wahrend des GrolSangriffs der Franzosen auf Kolberg und - es war kaum auszudenken - im ganzen 187 000 solda-
stand ich selbst mit einer Kamera auf einem schiff in der Ost- te~. Die Organisation dieser gewaltigen Aufmarsche lag in den
see, von wo aus ich auf drahtlosem Wege die Anordnungen an Handen des Produktionsleiters Sperber.
die einzelnen Aufnahmestellen gab. 50 wulSte jeder einzelne, lch habe mich wahrend der Aufnahrnen immer wieder mit
wann er anfangen soUte zu drehen. den Offizieren über das Opfer unterhalten, das vom Militar
Zunachst m~te ich mit dem Sturm der Franzosen auf die dd
em
Film gebracht wurde. Die meisten waren froh, keiner war
Festung warten, bis sich die Rauchwolken etwas verzogen arauf .erp'cht .. l'ch ch k ommen.
Ab l ,mog 1 st 5 neU an die Front zu
hatten. lm Anfang war von Kolberg vor lauter Rauch überhaupt
nimts mehr zu sehen. er memand verstand, warum ein Film solche Wichtigkeit
hab en 5011 te.
DaB ausgeremnet an diesem Tage ein Fahrradrennen durdt
Es War das Jahr 1944. Stalingrad war langst gefallen und die
186
Gefahr eines totaI verIorenen Krieges ruckte irnrner unh . . n au wo sie lagen, und 5 0 konnten die Nicht-
liener an uns h eran. D le · ·Jungen M enschen waren VOn iheuo_ . d Reiter ge , ah
ren Je er di Stellen meiden. Auf den Fm nchen standen Z -
Feldem weggeholt worden. Sie hatten die Emte im Stich I
ge as- ar tisten d ese g die Reiter wuBten, in wei ch er R eih
. enf0 1ge di e
sen, weil Soldaten gebraucht wurden - und nun mtillte n~ . len, 50 a gezündet werden würden. über Stellen, die eine
sien monatelang beim Film herumtreiben ; einige Offiziere sag_ 5prengZunhlgen hatten, konnten aIso die Reiter noch hinwegrel't en,
ten offen: "beim Kaspertheater«. ho~e . a nt n daE dort die Zündungen erst spater ausgelost
weil sie WUD e , di F ~ L-ch
Die viertausend angeforderten Matrosen erschienen aIs o .. den Bei der Aufnahme wurden dann e aIln en
wer den wur . . . ah
ganz bravo Sie wurden ais franzosische Soldaten sehr zu ihrem . und nur die Stocke blieben stehen. Die Reiter s en
Unwillen von ihren eigenen Offizieren in das Wasser der Inun- abgefflssen Stocke aber die Kamera sah sie nicht. Auf diese
die emen , .. . h
dation getrieben. Irgendein Honorar bekamen sie damr nicht. Weise entstand eine Kavallerieschlacht, Wle Sie gewill vor er
Soldaten zu bezahlen war verboten. d spater in keinem Film gezeigt wurde.
Unter der WasserfHiche waren groEe Spren gladungen ein- unNatürlich fand ich auch in diesem Film Gelegenheit zu
gebaut, 50 daB zehn und zwanzig Meter hohe Fontanen hoch- Kammerspielszenen. 50 sind in dem Film »Kolberg« Szenen,
senossen, wenn sie platzten. Die Sprengungen wurden durch wie die zwischen der Bauerin (Kristina Soderbaum) und der
elektrisene Drahte vom Aufnahmeplatz aus gezündet. Zündun- Konigin Luise (Irene von Meyendorff), zwischen Gneisenau
gen erfolgten natiirlich nur dort, wo im Au genblick kein Soldat (Horst Caspar) und N ettelbeck (Heinrich George), Lukadou
war. Die Soldaten mtillten zum Teil fallen und im Wasser (Paul Wegener) und Schill (Gustav DieEI), für deren künst-
liegen bleiben. Wir hatten auch Artisten, die sich für eine sehr lerischen Wert ich sehr geme die Verantwortung trage.
hohe Gage gepanzert über eine solche Sprengladung stellten. Ich habe rnich ehrlich bemüht, die Grausarnkeit und Last des
lm Augenblick der Zündung sprangen bzw. flogen sie hoch und Krieges in einem AusmaE darzustellen, wie sie ein Krieg im
stürzten dann ins Wasser zuruck. Jahre 1 807 noch gar nicht gehabt hab en konnte, weil man die
Ich hatte auch Artisten engagiert, die bei den Sturmangriffen technischen Mittel zu einer 50 ungeheuerlichen Vemichtung
der Kavallerie im rasenden GaIopp vom pferde stürzten. Sie und für den Mord noch gar nicht besaE. lm übrigen ist ge-
taten so, ais seien sie getroffen, und lieEen die übrigen pferde schichtsbekannt, daE die siegreiche Verteidigung Kolbergs da-
über sien hinweggaIoppieren. Soviel ich weill, ist keiner der mit endete, daE die Stadt schlieElich ihre Tore doch noch den
Gestiirzten getreten worden; Pferde sind kIug. Franzosen offnen muBte, weil der Krieg verIoren WaI. Am Bei-
Die Kavallerie wurde von Schill * angeführt. Da Gustav spi el der Stadt Kolberg hatte man aIso die Sinnlosigkeit eines
DieBI ein prachtiger Reiter war, der auf seinem Schimmel eine bis zur letzten Konsequenz geführten Krieges eher zeigen
tadellose Figur machte, und da ich hinter ihm die besten Reiter konnen als etwa das Sinnvolle, das 50 wahnwitzige Opfer zu
der WeIt, namIich die Kosaken des General Wlassow, die ais rechtfertigen vermochte.
Russen auf deutscher Seite kampften, reiten lieE, bekant icn Um aber die Wirkung des "Schandfriedens von Tilsit« nicht
priichtige Bilder vor die Kamera. ais SchJtill des Films hinnehmen zu müssen, war Goebbels eine
. Es waren mitunter über hundert Sprengungen, die wahrend » ~ahmenhandlung« mr den Film eingefaIlen, die im Jahre1813
emes solchen Angriffs ausgelost werden muBten. Bei den Pro- splelte, nach der Schlacht bei Leipzig, ais Napoleon geschlagen
ben waren stets Fahnchen an die Stellen gesteckt worden, wo War und aus PreuEen vertrieben wurde.
Sprengladungen eingegraben waren. Auf diese Weise wuBte l' In dies er Rahmenhandlung marschierten viele tausend Zivi-
• Ferdinand von Sdtill b Kries ~~~en, militarisch geordnet - unter dem Kampflied Theodor
gegen Napoleon E e!lann 1809 auf eigene Faust den .
füsiliert. . r wurde lm Kampf ersmossen, elf seiner Offizlere .orners »Der Kampf bricht aus, der Sturm bricht 105« -, dunh
dle b .
relten StraEen eines kleinen Stadtchens und füllten mit
188
Ihren Reihen sowohl den Fahrweg als auch die zwei B" , 1 dag es no ch mog .. l'ch
1 w a"re , seinen Wunsch auf
steige 50 aus, daiS die Marschkolonnen links und redJ.~ger- 'ssen sel, a 5
fiO" Weise zu erfüllen, ..
Il
StraJ:>e di'e H"auserwan el en. 50 entstand der z . s der
.. d e s tr·ft pra zlse l' () 'ch immer wieder die Muster vorführen -
.. Wlngende bbels leI> SI al d
Eindruck, aIs quollen aus allen StraiSen und Gassen und üb Goe d Schlachten Er rief m ich mehrrn 5 an un
ntlich von en ' , d ck f ih
alle Pliitze Strome von PreuBen, um den Eroberer Napol
.. eon ln
~r name . d B die Szenen einen grog en Em ru au
icherte mir, a ilm '
n
ihren Fluten zu ersaufen. vers hO' t und daiS er sehr gespannt auf den F Sel.
gemacht at en
Die Musik zu diesem Lied schrieb der Musiker N orb ert
Schulte, der damals durch das Soldatenlied »Vor der Laterne ' Z 't noch wahrend ich an »Kolberg« drehte, er-
In dleser el, "
vor dem groBen Tor« beriihrnt geworden war. Das Lied »De; .. G bbels mir dag ich zwischen den Filmthemen »Dle
klarte oe ' d 5 11
Sturm bricht 105 « hatte eine zündende W ucht. ' b t GroBmacht« »D er Kaufmann von Venedig« un ,. 0
Sie en e ' 'ch 'ch b" uf
Der Aufruf zum Befreiungskrieg wurde 1813 von Kiini d Haben« zu wahlen hatte und daiS 1 rru elZelten a
Friedrich Wilhelm III. verkündet. Gneisenau hatte den ziigern~ ::einen nachsten Film vorbereiten solle, weil »sofort im An-
den Kiinig zu diesem Aufruf veranlaiSt. D er »Kolberg«-Film schlug« an den Film »Kolberg« einer dieser drei Filme begonnen
fing deshalb mit dem Jame 1813 an, und zwar mit der Szene, werden müsse,
in der Gneisenau das Heldentum der Bürger von Kolberg dem Das Damokles-Schwert hing also über uns, Natürlich sagte
Kiinig ais »das Beispiel« vors tell te, nach dem sich das ganze ich ihm zu dieser Zeit noch nichts davon, daiS Kristina als
PreuBen richten müsse. Auf diese Weise bekam der Aufruf Schwedin gar nicht mehr in einem antisernitischen Film drehen
zum endgültigen Befreiungskampf eine Vorgeschichte. Gneise- dürfe, Die schwedische Regierung konnte kein Verbot ausspre-
nau steIlte dem Kiinig den Heldenkampf Kolbergs aus dem chen, sie konnte aber durch die Gewahrung der schwedischen
Jabre 1807 noch einmal vor Augen. Und dann rollt der Film Staatsangehorigkeit vor unzumutbaren Aufgaben schützen.
»Kolberg « ab. Durm diesen dramaturgischen Trick brauchte der Vor diesem Bekenntnis wollte ich rnich 50 lange wie moglich
Film auch nicht mit dem Untergang Kolbergs und damit mit drücken - und es war ja noch nicht aller Tage Abend. Jeden-
einem verlorenen Krieg zu sdtlieBen. Er schlog vielmehr mit falls entschied ich mich sofort für »Kaufmann von Venedig«.
jener berühmten Ansprame Friedrich Wilhelm III. »An mein Goebbels lachte: »Das habe ich vorher gewuJSt,« Aber warum
Volk«, die zu dem groBen Freiheitskrieg aufrief, von dem jeder I~ mich für den »Kaufmann « entschieden hatte, wuJSte er eben
Deutsche wuJSte, daB er zum Sturz Napoleons und zum end- rucht :
gültigen Siege geführt hatte. R Zunachst war das Stüek Shakespeares von künstlerismem
Auf diese raffinierte Weise war es dem Propagandagenie ang und mit den anderen Stoffen unvergleichbar. AufSerdem
G~ebbels gelungen, aus einem verlorenen Krieg um Kolberg aber Ist es' eine Komo"d'le, 1m Grunde. Ist
, es sogar ein Lustspiel
Un d wo Viel 1 h 'd .
»eme gewonnene letzte Sdtlacht« zu machen. konnt 'ch ge,ae t wlr ,und zwar im Geiste Shakespeares da
lch erinnere mich sehr genau daran dag er mich wahrend griiBtee ru
W t Viel wirkl'leh B"oses passieren, Goebbels legte' ja
d~r Herstellung des Films zweimal dara~f anspram, ob im nimt n ert darauf 50 w 't .
bleiben E 11 '
.. lich
el wle mog Shakespeare treu zu
eme »Leonidas-Szene« in den Film aufnehmen kiinnte. Ihm lag Films f~tor wOfi te sogar eine groge Marmortafel im Anfang des
viel an einer solchen Szene »aus symbolischen Gründen«. Er g gra ert sehen in di 't Id
elt werden 11 d : ,e nu go enen Lettem eingemei-
w~lltde »im Kleide der Schlacht um Kolberg« dargestellt wissen,
wle. Hamals der K"orug . ID
. den Thermopylen vor Sparta sim un d ten Dichters :~Ie~e, ~ ln dlesem Stück die Meinung des grog..
sem eer opferte,um d spa"t eren En d sieg zu erIDog
" 1'.L das Judentu 'dZeüen, der zudem noch Englander war über
p, en IUle n . m nie ergelegt worden sei. '
ut sagte Goebbel
'
gedreh t selen s, d-" k '
d.l!> pra hsch aIle Schlachtszenen bereIts
'
und das G ef"uge meines Themas viel zu Fest urn-
»Kolberg« wird geandert . A t der Versmiebung des Zielpunktes sollen die
h dlese r d' .-,-
Dure der preuBen auBerstand gesetzt wor en sem, slcner
Als der Film »Kolberg« abgeliefert wurde - das war Ende Kan onen d schieBen. Abgesehen von dieser interessan-
f diese Ka ers zu . d V
November 1944 - brach zum letztenmal ein Bombardeme aU .' eh Bewegung ergaben die verschie enen er-
ilitans en lch
von Flüchen und Beleidigungen über mich herein. Goebbe7: ten· m b ngen em pra. "chtiges Bild . Man sah etwa hundert 50 er
war gar zu enttauscht. Er behauptete, daB ich ihm Eine Trumpf_ ch
5 le u f ' h ukommen die sich in der Eben beschriebenen
Kaders au sie z , . . di G
karte aus der Hand geschlagen hatte. schnell bewegten, wahrend zWlsmen ihnen e ranaten
Mit einem Sarkasmus sondergleichen verurteilte er die Forro Nachdem sich die Quadrate versmoben hatten,
einschlugen. Id . 't d
Greuelszenen, die vie!en Leichen und die Flucht der Einwohner d · Zündungen 50 daB die 50 aten )ensel 5 er
erfolgten Je , . '
vor dem Feuer der brennenden Stadt Kolberg. Das alles sei 5preng1a dun gen standen. Wieder lieBen sich emzelne Arhsten,
sadistisch dargesteUt. Er befahl, diese Szenen herauszuschnei_ die unter der Uniform gepanzert waren, durch Sprengungen
den. DaB Eine Frau ein Kind gebare, wahrend das Haus über in dle· Lu ft schleudem
· Durm den mit hochgeschleuderten Sand .
ihr brennt und im Zusammenstürzen die Mutter und das Neu- und durch verschiedenfarbigen Qualm und Rauch, den ~e~e
geborene unter sich begrabt, bezeichnete er ais geschmacklose Granaten erzeugten, entstand ein Bild, wie es wohl noch rue m
Ubertreibung. Ebenso hatte ich herauszuschneiden, daB die einem Film gezeigt worden war. Auf diese Weise konnte ich
Menschen die Türen aus den Hausern brachen, um Sarge rur das übliche »Ausschwarrnen« der preuBischen und russischen
die zahllosen T oten anzufertigen, da in Kolberg keine Bretter Truppen in einen deutlich sichtbaren Gegensatz zu der Be-
mehr aufzutreiben waren, und auch daB die Brunnen und wegung der franzosischen Forrnationen stellen.
Wasserleitungen in Kolberg durch die Leichen der vielen Toten Zwar blieben spa ter noch einige Bilder mit Kaders in dem
vergiftet waren, 50 daB es niemand mehr zu trinken wagte; Film enthalten, aber die GroBartigkeit der Bewegung fiel "dem
sogar Eine der drei groBen Schlachten muBte faUen. Das an- Befehl des Führers« und darnit der Schere zum Opfer. Schnipp
dauernde Toten und Getotetwerden falle den Zuschauem auf - schnapp - schnipp - schnapp - 50 wurden nach und nach
die Nerven. Das würde rur einen pazifistischen Film passen, für zwei MiIlionen Mark Szenen aus dem Film herausgeschnit-
aber nicht für »das Heldenlied von Kolberg«. Er donnerte: ten und fortgeworfen. Es war rur zwei Millionen Mark das
»Pazifisten werden irnrner von denen regiert, die keine sind!« Grauen eines totalen Krieges.
Der Film führe in die Resignation, aber nicht in »die Entschlos- lch versuchte zu retten, was zu retten war. Aber Goebbels
senheit zum Siege - koste Er, was er wolle!« bemerkte doch, daB ich die dritte Schlacht, werm auch ohne die
lch kann nicht sagen, wie es zu einern »ausdrüdclimen Befehl Kaderbewegungen, in dem Film gelassen hatte. Es wurde Tag
des Führers« karn und wann Hitler den Film gesehen hat. und Nacht gearbeitet. lmmer wieder sah er sich den Film an,
Jedenfalls muBte ich der »Anordnung« Hitlers, »die Kaders., ~nd schli~Blich wurde der Produktionsmef der Ufa, mein lieber
in denen die franzosische Armee auf die PreuBen zumarsdtier- oll.ege llebeneiner, angewiesen, den »politisch unverstiindigen
ten, herauszuschneiden, Folge leisten. lm hatte niimlim der Reglss eur « zu unterstützen. Er soUte den Film in dem 5inne
Geschichte getreu die franzosischen Truppen in Quadraten, die zusarnmen
D' sch'd . Goebbels es woIlte.
nel en, wle
aus je hundert Mann bestanden, über das weite Feld auftnat- ber le let~te Unterredung über den Schnitt fand am 2;. Dezem-
schieren lassen und hatte durm Zeimen, die im vom Fessel- W .~944 statt. Das heiBt, jeder von uns wurde von seinem
ballon aus gab, die in bestirnmte Nurnmern aufgeteilten I<adetf zahelll nachtsfest weggerufen. lm von Guben, wohin ich mit
duu veranlaBt, hin und wieder aus dern Quadrat ein schr"- osen Sch 'd '..l..
nel ehsUlen evakuiert worden war um den Film
~drat, das schlieBlich zu einer langen Zeûe wurde, zu bUIIlIIIIo : • A
m 22. Dezembe bl 'bt H' 1
'
Diese Linie entwuxelte
. sim dann wieder zurn Quadrat zwiid'-; mit ist die 1 t H r el lt ers Ardennen-Offensive stecken.. Da-
e zte offnung auf einen deutschen Steg zunichte.
nimt in dem bombengefahrdeten Berlin fertigmachen zu m"
us-
sen. rede, ich hatte mit Horst Caspar och' S
· n eme zene rur ~Kolber «
Vor allem muE te der SchluE von »Kolberg« umgeandert na ehzu ru e h en, rucht mehr gelte D Ch f g
· . » er e . , das war Hitler
\Verden. AIs namlich die Franzosen das Feuer a u f Kolberg ein- h a b e dle Anordnung gegeben »die Held d d '
'eh , e n es eutschen Films.
gestellt hatten und Nettelbeck und Gneisenau sicher waren, 50 Il ten ru t nur dauernd rur hohe G . Film
eh '. agen lID sterben son-
dal5 die Schlamt um Kolberg beendet sei, liel5 ich die Soldaten der.n a u »endhch emmal richtig an die Front«. Mit den Helden
und die Bürgerwehr in groRen Kolonnen aus ihren Schutzwillen memte er Horst Caspar und noeh ein en and eren Sch auspleler .
und aus den Trümmern hervorkommen. Sie vereinigten sich leh erlaubte mir, Hinkel zu antworten' D k . .
. . . » as ann Ja wohl
in dem imIDer starker aufbrausenden Choral »Ein ' feste Burg mcht ihr Ernst sein.« Hinkel antwortete'.» M" emer lst es nt'ch t
sondern der des Chefs.« '
ist unser Gott. «
Goebbels erklarte, daR der Choral »von N iemoIIer « sei. Bis- Caspar 5011 in einer Weise, die ihn gerade noch »wehrwür-
dig« m ach te, "jüdisches Blut« gehabt haben. Hitler hatte für
sig erlaubte ich mir einzuwerfen, daR er »von Luther« sei.
die nachsten Tage einen Rapport von Hinkel verlangt, der ihn
Goebbels erklarte, daR dieser Choral stets var den Sendungen
darüber orientieren sollte, was aus seiner Anordnung geworden
Englands gesendet würde, wenn die »politisch religiosen
sei. Hitler hatte sich »Rohschnittmuster« aus dem damais noch
Quatschereien« des Pastors NiemoIIer, der im KZ sage, von
unfertigen Film»Kolberg« angesehen. lrgend jemand hatte ihm
dort nam Deutschland ausgestrahlt würden. lch erklarte: »leh gesagt, daR ausgerechnet der Gneisenau des Films jüdisches
hiire keine auslandischen Sender. lch kann d as nicht WÎssen *.« Blut habe.
Er befahl mir, ungerührt, das »Niederlandische Dankgebet« an Hinkel wul5te, daR Horst Caspar einen Einberufungsbefeh!
die SteIIe von »Ein' feste Burg ist unser Gott« zu setzen. lm in Wien bekommen hatte, den ich dureh meine Vollmacht für
erwiderte Goebbels, daR »das niederlandische Dankgebet« den Film »Kolberg« auEer Kraft setzte. Nun lief ja noch der
fünfzig oder sechzig Jahre nach der Schlacht um Kolberg ge- Befehl, den »Kaufmann von Venedig« zu machen. lch erkIarte
sdlrieben worden, also ein Anachronismus sei. »Quatseh!« - darum HinkeI, daR ich in dem nachstbefohlenen Film den »Bas-
war die Antwort von Goebbels. »Wer weill das schon?« Dar- sanio « mit Caspar besetzt und Goebbels diese Besetzung unter-
aufhin kam das »Niederlandische D ankgebet « an den Schlul5 zeichnet hatte. Weiter erkIarte ich, daR ich meine SchIuBauf-
des Films. nahmen für »Kolberg« mit Caspar noch gar nicht hatte machen
Der Film erlebte bereits am 30. Januar 1945 seine Urauffüh- konnen, weU am 5chluE noch fortwahrend herumgeandert
rung in der Atlantikfestung La Rochelle und am 31. Januar würde. Die 5chIuEaufnahme sei aber eine Oberblendung. lch
erkIarte ihm, daR die Farbfilmentwicklung noch nicht 50 weit
1945 gleichzeitig im Ufa-Theater am Alexanderplatz und in
sei, überblendungen auf chemischem Wege zu machen, wie das
dem Ufa-Theater in derTauentzienstraRe in Berlin. Die meisten
bei Schwarz-Weig-Filmen ginge. Darum konne ich die SchluB-
Uraufführungstheater waren bereits in Schutt und Asche ge-
aufnahme erst dann machen, wenn ich wü{5te, welmes die da-
fallen.
vorliegende Aufnahme sei, weil in der Kamera überblendet·
werden müsse.
Hinkel war unbeeindruckt. lch hatte die 5chluBaufnahme 50-
Horst Caspar, Fritz Kühne und Meyer-Hanna
• Bei der Oberblendung .in der Kamera« ist es erfo~derlidt, daB
50 etwa im November wurde ich in die Reichskulturkamrner die beiden überblendenden Szenen unmittelbar n.adtem~der a'j;
zu Hans Hinkel bestellt, der mir eriiffnete, daR meine Aus- genornmen werden. Der Film der ersten 5zene wlfd zurü~f"~
und darauf auch die zweite 5zene aufgenommen, 50 daB bel e ze-
•botDas Abh"Oren f eindlicher Sender war damaIs bei Todesstrafe ver- nen anscheinend ineinander übergehen.
en.
195
194
fort zu machen und ihm innerhalb ein er Woche zu melden, daIS
Caspar seine Rolle als Gneisenau definitiv beendet h ab e. ihm sagen, dal5 ich mch t gegen die Order von Goebbel
lch stand ganz gut mit Hinkel. Darurn gab ich nicht 50 schneU stoBen wollte.« s ver-
auf. lch hatte Erfahrungen mit ihm gemacht, aus denen zu er- Hitler muB es tatsachlich vergessen haben 0 C
d 'ch .
wur e ru t emgezogen. . enn aspar
kennen war, daIS er ein Herz hatte. lch verwies darurn noch ein-
mal auf den »Kaufmann von Venedig« und stellte fes t, daIS ich Es gehërt~ fraglos Mut dazu, einen solchen Befehl Bitlers zu
einen 50 verantwortungsvollen Film nicht machen k ë nne, wenn umge~en. Hlnkel. hatte ~ir auch in anderen Fillen geholfen _
mir die besten schauspieJer weggenommen würden, um schleu- Z. B. lffi Falle Fneda Richard, jener grol5artigen alten Schau-

mgst »beispielhaft ru fallen«. spielerin, deren halbjüdi sche Tochter irgendwo in der Nahe von
Hinkel kniff eines seiner Augurenaugen zu und Hichelte »das Paris irn KZ sal5 und um Hilfe schrie. Ich weill, daB er sich viel
Mühe gegeben ha t, dieser Tochter ebenso zu helfen, wie er
Uicheln der Eingeweihten«: »Eine schëne scheiJSe, lieber Har-
auch alles tat, um meinen Oberbeleuchter Fritz Kühne zu retten.
lan. Manchmal hat man scheuBliche Auftrage. Aber Dienst ist
Dienst und Schnaps ist s chnaps.«
Fritz Kühne hatte eine jüdische Frau. Er war der Chefbeleuch-
lch antwortete: »Wenn D ienst D ienst ist, dann ist es doch ter der Dfa. Er beleudltete »Die goldene Stadt«, »Immensee«,
mein Dienst, den )Kaufmann von Venedig< 50 gut wie mëglich »Opfergang«, »Kolberg« und war auch immer bei den AuBen-
zu drehen.« Hinkel fragte mich: »5011 ich etwa dem Führer aufnahmen dabei. Beirn Farbfilm wird selbst in der Sonne noch
sagen, Sie kënnen den Film ohne Caspar nicht drehen? Was zusatzliches Licht gebraucht, um stërende Gesichtsschatten auf-
glauben Sie wohl, was er mir antwortet ?« zuhellen. Jahrelang wurde Kühne immer wieder bedroht, daIS
lch erinnerte jetzt Hinkel, daIS Goebbels mir einmal strikt seine Frau in irgendein Lager abtransportiert werden würde.
verboten hatte, Soldat zu werden, weil kein anderer aIs ich den lmmer wieder war ich deswegen bei Hinkel, und immer wieder
»Jud sü/S « drehen kënne. lch kënne aber meinerseits einen 50 haIf er, da/S diesem Marm die Furcht genommen wurde.
verantwortungsvollen Film nicht drehen, wenn mir die ersten Schliel5lich bekam Kühne einen Stellungsbefehl der »Orga-
schauspieler weggenommen würden. lch k annte keinen schau- nisation Todt«. Er soIlte sich am 9. November 1944 melden.
spieler, der Horst Caspar in der Fahigkeit glich, klassische lch ging mit dem "Stellungsbefehl« wieder zu Hinkel, um die
Texte 50 zu sprechen, daIS sie gegenwartig wirken und foto- Einberufung Kühnes zu verhindern. Ich mach te Hinkel k1ar,
grafierbar werden. daB ich diesen Mann unbedingt brauchte, da die meisten guten
Beleuchter bereits eingezogen worden seien.
Hinkel schaute zum Fenster hinaus und schien sich etwas zu
lch fragte dann mehrfach bei Hinkel nach, ob der Stellungs-
überlegen. s chIiel5lich sagte er: » Wenn Sie wirklich einen
befehl aufgehoben worden sei. Die mündliche Bestatigung
kriegsdienstlichen Befehl haben, dal5 Caspar den Bassanio spie- bekam ich zwar, aber Kühne glaubte mcht daran. Er konnte ja
len soU, dann kënnte das vielleicht ein bil5chen anders aus- auch nichts mit ihr anfangen. Erst am 4. November spatabends
sehen.« Da »der kriegsdienstliche Befehl« ja auch für meine erfuhr ich am Telefon von Hinkel, daB die schriftliche Bestati-
Frau galt und fur Werner Kraul5 und da Goebbels die übrige gung endlich gekommen sei. . .
Besetzung genehmigt hatte, konnte ich ruhig behaupten, dal5 !ch holte mir das Schreiben sofort und Euhr dann nut metner
Caspar unter einem solchen Befehl steh e. Wenn es auch nicht Frau nach Potsdam, wo Kühne wohnte. Die Nachbam hatt~
50 ganz prazise stimmte. die Türen bereits gewaltsam geëffnet. Fritz Kühn~ lag .DUt
Hinkel sagte schliel5lich stockend : »W ir wollen mal darauf seiner Frau Lom tot irn BeU. Zu beider FüBen lag etn k1emer
h~ffen, daIS der Chef Horst Caspar vergil5t . . . Er ist ja schon Dackel. Nachdem die Fenster aufgerissen worden waren, hatten
':'Ieder drüben im Führerhauptquartier ... Wenn er mich wirk- die Nachbarn einen Brief entded<t, der auE der Bettded<e Iag.
lich noch einmal darauf ansprechen sollte . . . dann würde im
197
An der Beisetzung der Farnilie Küh ahrn .
ne n en meme Frau
und Kurt Meisel teil. sonst folgte niem d d 5" .
an en argen. Ole
Herren der U fa wagten es nicht' zu dieser Beerd'Igung zu gehen
lch selbst konn te nicht gehen, weil ich einen schweren Nach~
aufnahmedreh
. .. tag für »Kolberg« hatte . Auf den 5"argen 1agen
zwel Kranze der Ufa. Auf den schleifen dieser Krwe waren
groSe H akenkreuze.
..._-_._-- -_._----
""--
Hans Meyer-Hanno war mitten aus den Dreharbeiten zu
»Kolberg « heraus pliitzlich verhaftet worden. Seine jüdische
Frau Irene saager wandte sich sofort an mich. lch ging bis zu
einer Volksgerichtshofstelle in Potsdam. Dort saS Meyer-Hanno
im Gefiingnis und sollte nach Leipzig abtransportiert werden.
Seine Frau Irene brachte mich hin. Sie selbst durfte ais Jüdin
den Gerichtshof nicht einmaI betreten. Sie wartete unten auf
der StraBe auf mich. lch trat vor den Richter, der sich meinen
Ausführun gen über Hanno, soweit er konnte, auch zuganglich
zeigte. Zu einem getreuen Gefolgsmann Hitlers konnte ich
Meyer-Hanno natürlich nicht umfalschen. Dazu lag zuviel
MateriaI gegen ihn vor. lch konnte ihn immerhin vor der
schlimmsten Strafe bewahren. Die beiden Kameraden von
Meyer-Hanno wurden gehenkt. Er bekam dreiJahre Gefangnis.
Aber letzten Endes half es ihm doch nichts. Er end ete unter den
Kanonen der anruckenden Russen, die gekommen waren, die
Gefangnisse zu iiffnen und die Hitler-Gegner zu befreien.

»Der Kaufmann von Venedig« nach Shakespeare


Zunachst muS ich die Umwege aufzeichnen, über die Goeb-
bels mich zum »Kaufmann « gehen lieS.
Fraglos hatte er es am liebsten gesehen, wenn ich den Filin
.L h"
»Die sie ben te GroSmacht« gemaUlt atte. Er erzlihlte mir, daB
er diesen Film in eigener Person absdùieBen walle. Und zwar
wollte er sich seinen alten schwarzen Ledermantel, der einen
Ehrenplatz in seinem Schrank habe, noch einma1 anziehen ~
die Rede wiederholen, die er damais gehaIten hatte, ais er
Zeitung »Der Angriff« gründete. ch darIlber
Loni und Fritz Kühne 5. 11 . 1 944 Er meinte, es sei ihm ganz gleidtgültig, wu 1
Dankbrief an Harlan
diichte. Seine Person sei seine Pers on und niemand würde an-
nehmen, daB er Schauspieler geworden sei oder gar ein anderer dig « von Shakespeare und .De r J d
Goebbels sagte: "Ein Marrane _u de v~n .Malta« von Marlowe.
ais Josef Goebbels. eiBt
Er schûderte mir, wie ich die »alte jüdische Presse« mit Theo- licher Ker!, 50 wurden die geta ft aS d auf spanisch haB-
u en Ju en di h' l'ch J d
dor Wolff, Georg Bernhardt, Alfred Kerr - kurz mit allen blieben, in Spanien offiziell genannt 'tN e etm 1 U en
Wolff, hatte den Versuch unternornrne::Ual am.ebn LoPd , sP.~~
ez
bekannten jüdischen Zeitungsbesitzern und Feuilletonisten zu . El ' b h ' s Lel arzt er KoOl-
einer spannenden Geschichte »der Presseversumpfung in gm. Isa et von England seine k"orug. l'ch
1 e
Patientin
. umzu-
Deutschland« machen kënnte. Erstaunlicherweise soUte ich bnngen. Er woUte sich dafur rachen d- Il f d" .
.. . . ' <1J> au aus ruckhchen
Theodor Wolff, den Chef des Zeitungshauses Mosse, ais eine Be f ehl der. Korugm die aus Portugal und S ' vor den Po-
paruen
relativ sympathlsche Figur gegen die Niedertracht der anderen gromen fhehenden J.uden ' die bereits Frank'ch rel und HoIl and
durchguert
. hatten, mcht über den Kanal nach Eng1and' welter-
.
jüdischen Zeitungsverleger steUen und dabei das Interview, das
Mussolini Theodor Wolff gewahrt hatte, ausschlachten. fhehen durften. Engl~.nd. war fur Juden gesperrt. Die Konigin
soUte durch Lopez fur lhre antisemitische Haltung mit dem
Die »Kriegserklarung der Juden gegen Deutschand« woUte T ode bestraft werden.«
er mir im Original übergeben. Ich soUte sie ins Zentrum des
Dieses »Geschichtsbuch« war ein handfester Schméiker und
Films steUen. Demnach hatten also die Juden Deutschland den
besaB aUe Attribute der »Hintertreppe«, des »Grausligen. und
Tod angesagt und nicht etwa die Nationalsozialisten den Juden. der »Spokenkiekerei« . Was Goebbels an diesem Buch ge6el,
Die Sonne des YB, das hieB »Vëlkischer Beobachter«, soUte in war der hemmungslose Antisemitismus.
groBer Apotheose aufgehen. Man las in diesem Buch, daB die Kéinigin Elisabeth jenen
Allerdings hatte er keine durchgehende Handlung. Er fragte Lopez nicht nur enthaupten lieB, sondem daB sie auch seinen
mich, ob ich ihm nicht einen Vorschlag machen kënne. Er sagte Kopf zur allgemeinen Warnung auf einem SpieB am Tower
etwas von einer »Cavalcade der deutschen Presse« - dieses habe aufstellen lassen. Dann habe sie die Schriftsteller Marlowe
Wort »Cavalcade« * hatte er aus einem amerikanischen Film. und Shakespeare zu sich gerufen und sie veranlaBt, je ein
Er druckste herum. Der schlaue Goebbels, der doch über UU- Theaterstück gegen die »Abscheulichkeit des Judentums. zu
stein und über Mosse Bescheid wissen muBte, hatte keine ein- schreiben.
zige Handlung im Kopf, die er mir hatte vorschlagen kënnen. »Der Jude von Malta« findet amSchluB des verlorengegange-
Natiirlich fiel mir zu die sem Film, mit dem mir das Schlimmste nen Stiickes von Marlowe ein grausiges Ende. Man band an je
drohte, beim besten Willen ebenfaUs keine Handlung ein. einen seiner Arme und Beine ein Pferd und trieb dann die vier
Wenn Goebbels »Land« gesehen hatte, ware ich dieser Kata- Tiere auseinander, 50 daB der Jude in vier Teile zerrissen wurde.
strophe nie entgangen. Indem ich »5011 und Haben« heftig bei- Goebbels kam auf die Idee, diesen Vorgang zwar nicht zu
seite schob und auf den »Kaufmann von Venedig» losging, zeigen, ihn aber doch textlich zu verwerten. Es sollte erziihlt
rettete ich mich in eine bessere Situation. werden, daB die Freunde des Kaufmarms dem Shylock ein g1ei-
Nun hatte Goebbels für die Geschichte des Shakespeareschen ches Ende bereitet hatten.
Ich machte Josef Goebbels sofort darauf aufmerksam, daS
Stückes eine zusatzliche Geschichte zur Hand, die er in einem
sich der méirderische SchluB des »Juden von Malta« Eür den
»Geschichtsbuch« gefunden hatte. Er gab es mir in die Hand
SchluB der Koméidie in keiner Weise eigne. Das Stück sdùieBe
und erzahlte mir den Inhalt. Der Inhalt war die Entstehungs-
ja ganz versohnlich und Shakespeare habe sich gewiB unter
geschichte der zwei Theaterstiicke »Der Kaufmann von Vene-
dem Shylock eher einen .bosen Clown« vorgestellt, ais die
Inkarnation des Bosen.
~ Ein amerikanismer Dokumentarfilm über das Leben in GroB- Ich schrieb ein Drehbuch. Goebbels las fIS und verwarf es.
ntanmen nam dem Buren-Krieg. Regisseur war Frank Lloyd.
J01
200
Er nannte es »Theater!« lch bat nun den mir befreundeten
ehemaligen Kritiker Herbert lhering, der im Besetzungsbüro beantwortet werden. Ich antwo r tete ,'hm ' - He M "
der Tobis tatig war, mir bei einer Neubearbeitung der Schlegel_ Stück ist doch viel eher ein Lu t . 1 l' . rr ,mster, das
. . s sp,e a seme KomOdi d
Tieckschen Obersetzung zu helfen. lherin g brachte mich mit kemesfalls em ernstes Schauspiel W e un
denn nicht lachen dürfen! . . arum sollen die Leute
einem Herm Reisinger zusammen, der wesentliche Textver_
besserungen schrieb, und ich reichte das zweite Drehbuch ein. Das, was ich vorschlug, konnte Goebbels' B 'fall 'ch fi
ch uB · d ' e, mtnden.
lch Heferte dann noch ein drittes Drehbuch ab, in dem ich das 1 w te la, aB er kem Lustspiel haben w lIt Ab .
an d ers k onnte,'ch d en Stoff umbringen? G bb0 1 e. II er w'e
Humorige ganz besonders betonte. . . oe e s wo te abso-
Es war mir klar geworden, daB Goebbels das Theaterstück lut die Darstellung des . Grausigen sehen . Es se,. k em
' Lustsp,el
.
von Shakespeare nicht genau im Kopf geh abt hatte, ais er den zu. nennen, »wenn em Jude einem Schuldner bei lebendigem
Befehl gab, es zu verfilmen. Nachtraglich muS er es dann doch Lel~e dasHerz herausschneiden« wolle. lch antwortete: -Erwill
es la nur - er tut es ja nich!. « Er beendete unseren Dialo in-
gelesen haben. Auf die sem Weg entdeckte er, daB der Diener
dem er ironisch erklarte, von diesem . intellektuellen lit:;ari-
Lanzelot Gobbo behauptet, Jessica sei nicht von Shylock gezeugt
schen Tiefsinn« nichts mem horen zu wollen.
worden, sondern Shylocks Frau habe ihren Mann mi t einem
Es saBen etwa zehn Menschen in seinem Zimmer, ais er
Venezianer betrogen ! auBerte, er wolle gar nicht den genauen Text von Shakespeare
Es war recht rabulistisch, was Goebbels dann vom StapellieB, hab en. Dieser Text gehore in die Hochrenaissance und sei un-
denn daB Lanzelot Gobbo in seinem drolligen HaB diese und filmisch. Ich antwortete: »Wenn er schon in die Vergangenheit
andere Gemeinheiten gegen seinen ehemaligen Herrn Shylock gehoren soll, Herr Minister, dann gehort er in die Biedermeier-
ausspricht, bedeutet bei Shakespeare keinesfalls, daJS der kleine Zeit, denn der deutsche Text ist von Schlegel und Tieck.« Goeb-
Gauner Lanzelot darnit etwa die Wahrheit sagt. Das Gegenteil bels erwiderte, daJS kein Schauspieler diesen Text in einem
ist klar. Goebbels aber war richtig froh, daJS die Jessica, die Sirme sprechen konne, der mit dem »Wesen der Fotografie« und
bekannÙich von den Venezianern aus dem Haus des Juden des Films vereinbar ware. »Sie haben oft von diesem Wesen der
geraubt und schlieBlich von Lorenzo geheiratet wird, wenig- Fotografie in der Sprache des Films gesprochen. Warum rücken
stens ais HaIbjüdin dargestellt werden k onnte. Darnit sei die Sie also plotzlich von Ihrer eigenen Memung ab., wandte ich
»Rassenschande" in etwa zu ertragen. lch beschloB, diese Goeb- ein. »J annings hat bereits in seinem >Zerbrochenen Krug' bewie-
belssche Shakespeare-FaIschung nicht in mein Drehbuch aufzu- sen, daB sich eine hochkünstlerische Dichtersprache fur den Film
nehmen, sondern fand einen anderen W eg. nicht eignet. Ich will nicht, daB der gleiche Fehler wiederholt
lch hatte in meinem Drehb uch Shakespeare selbst auftreten wird. lch habe es Jannings vorher gesagt - aber er war genauso
lassen, und zwar ais den Kaufmann Antonio. Auf diese Idee eigensinnig wie Sie!« schloB Goebbels.
brachte mich der Literaturhistoriker Frank Harris, der nach- Plotzlich kam er auf den Einfall, ich salle ibm eine besonders
schone Stelle aufschlagen. Er wolle uns den Text vorlesen. lch
wies, daJS Shakespeare sich in dieser Rolle selbst dargestellt
schlug ihm den berühmten »Gnadensatz der Portia« auf und
hat. lch habe den Dichter den dichterischen ProzeB seines
zeigte ihm die Stelle, in der Portia sagt: »50 muB derJudeGnad
Stückes sichtbar und Mrbar durchführen lassen. Nun lieB ich -
ergehen lassen.« Nun las Goebbels den Text weiter:
da Goebbels das Jüdische an Jessica storte - an einer Stelle des
Shylock: Wodurch genotigt muB ich7 Sagt mir das!
dritten Drehbuchs Shakespeare zu Jessica sagen : »Du bist nicht
Portia: Die Art der Gnade weiB von keinem Zwang.
das Kind des Shylock, sondem du b ist mein Kind denn ich
h . ' Sie traufelt wie des Himmels milder Regen
abe d,ch geschaffen, ich, der Dichter Shakespeare! « Zur Erde unter ihr; zwiefach gesegnet:
Goebbels fragte verargert, ob ich ihn veralbern wolle. Dieser Sie segnet den, der gibt, und den, der nimmt.
Satz konnte mit einem groBen Gelachter aus dem publikum

202
Am miichtigsten in Miichtgen, zieret sie
Den Fürsten auf dem Thron mehr ais die Krone. ln diesem Augenblick wurde er 't H'lf '
Das Zepter zeigt die weltliche Gewalt, mIle emes Trick d
er stets anwandte, wenn er eine Unt d hn s, en
erre ung 0 e ' kl
Das Attribut der Würd und Majestiit, Konsequenz beenden wollte von e;~ H d eme are
, '~,em erm es Miruster-
Worin die Furcht und Scheu der Kéinge sitzt. amts daran ermnert, daB er einen 'dtti' B
" Wl gen esudt erwarte
Doch Gnad ist über diese Zeptennacht, Und wlr waren wleder mal drauBen Ent chi d '
.. ' s e en wargarnidtts
Sie thronet in dem Herzen der Monarchen, Fur Horst Caspar war das sehr wertvoll Z h '
, ' war at er von mir
Sie ist ein Attribut der Gottheit selbst, memals etwas von dem absdteulidten Gespradt erfah d
'ch 't H'
ml .m e ge k 1 füh
' h ren,
rt atte, dom muBte im sel'td em ru'..L as
Und irdsche Macht kommt géittlicher am niichsten, 1
rUlten,
Wenn Gnade bei dem Recht steht. Cas par rucht mehr halten zu konnen, ldt rührte daher an dieses
Er las la ut und bewuJh unkünstlerisch. Dann sah er sich im Thema überhaupt nidtt, fragte audt nidtt mehr zurück, sondem
Kreise um und fragte mich: »N a, Herr Harlan, Sie sind doch beschiiftigte mim nur nom mit den letzten Phasen des Films
ein 50 erfahrener Regisseur. Glauben Sie etwa selbst, daR lhre »Kolberg«, Caspar sagte im audt nidtts davon, daB der .Kauf-
mann« anscheinend »gestorben« war, Idt hatte das audt gar
Frau als Portia einen sol chen Satz 50 sprechen kann, daR er
nicht sagen dürfen, denn »abgeblasen« werden durEte der Film
realistisch und dem fotografierbaren Leben entnommen wirkt,
nur durch Goebbels selbst.
wie er im Film wirken muR?«
Meine »Berliner Smnauze« war wieder einmal schneller als
Am Tag der Premiere des »Kolberg«-Films, in der Horst
mein Verstand: »lch würde Sie nie engagieren, Herr Minister.« Caspar neben den anderen Sdtauspielem ganz besonders ge-
Das ging ihm zu weit: »Niemand kann mir abstreiten, daB ich feiert wurde, schrieb er mir einen Brief.
empfanglich für Humor bin. Das heillt aber nicht, daR man mit !ch glaube, daR aIle, die Horst Caspar karmten, erkIiiren wür-
mir dumme Witze machen darf. Gehen Sie nach Hause und über- den, daB es keinen reineren und edIeren Charakter unter den
setzen Sie das Drehbuch in eine übliche FiIrnsprache. Welches Schauspielern gab als den seinen, Er hatte sidt daraufverlassen,
VersmaR Sie auch auswiihIen würden - es ware immer falsch!« von mir nicht an einem Film beteiligt zu werden, der die Min-
Jetzt konterte ich: »Herr Minister, dann dürfen wir aber auch derwertigkeit des Antisernitismus zu steigem gecignet war, Er,
nicht mehr behaupten, in dem Film spreche Shakespeare!« dem selbst jüdisches Slut in den Adern BoB, gibt in diesem
Goebbels wehrte veriirgert ab: »Das Stück bleibt irnrner noch Brief ein Zeugnis da von, daB man keine verbremerisdte oder
von Shakespeare!« lch antwortete: »Nein, Herr Minister. opportunistische Veranlagung haben muBte, um in einem 501-
Shakespeare hat zwei Geschichten aus der Novellensammlung chen Film wie dem gefiihrlidten »Der Kaufmann von Venedig.
Il Pecorone des Giovanni Fiorentino genommen, niimlich die unter mir zu arbeiten, Dieser Brief wirft keinen 5dtatten auf
Novelle über den Juden Shylock und die andere Novelle über Horst Caspar, sondern gibt denen von seinem hellen Ucht
die drei Kiistchen der Prinzessin. Er hat die zwei Novellen mit- ab, die mit ihrn zusammen im 5chatten von Goebbels standen,
Wiihrend unserer A b wese nh elt " m Ber lin warde in ciner
einander zu einem Stück verwoben. Die Geschichte selbst ist
nicht von Shakespeare, sondern lediglich der dichterische und Nacht unser Haus von Bomben zerstërt', Ali unsere Habe, die
philosophische Text. Wenn ich diesen Text nicht nehmen darf, dort war, viele wertvoIIe Sil der, narnen tli ch auch meine
. .. Pa-
t
dann kéinnte man nicht einmal sagen, daB der Film >Der Kauf- piere, die Drehbümer und Aufzeichnungen und meme sam -
mann von Venedig< Frei nam Shakespeare gestaltet sei, son- l1'ch en Urkunden, waren den FI arnmen zum Op fer gefallen,
dem homstens Frei nam Fiorentino.« Goebbels sagte nur noch
nervos: »Glauben Sie, daB im so viel Zeit für einen Film übrig
habe? !« • Am 12. Dezember 1944,
.105
2°4
Die letzte Unterredung mit Goebbels
Wir zogen, ais wir von Guben "ckk
Zuru amen' . 1
stehendes Haus in der Tannenb all d ' .m em eer-
'b h b erg ee, as kelIle Fenster
sch el en me r esaR Zu dieser Zeit hatt .dt d t . -
merkwürdige Begegnung mit Goebb ls e 1 au meme letzte
e .
AIs ich Mitte Februar 1945' Goebb 1 " "
. e s 1Il elIlem groBeren
Krels von Leuten zum letztenmal sah, rezitierte er plotzUdt leise
den Satz aus dem Film .Opfergang«· . Siehst d d R
/ . d . u en egen-
bogen I~ er Luf! ... die Brü<ke ... die hinüberruhrt ... Wer
weiJ5, wle bald wir sie beschreiten müssen ...• ldt wuJ5te nidtt
was er mit dieser Wiederholung sagen wollte. '
AIs ich mich, um vor dem üblidten FUegeralarm zu Hause zu
sein, von ihm verabschieden wollte, lieJ5 er midt nidtt fortgehen.
Er hatte noch mit mir zu reden. Spat in der Nadtt - die meisten
waren schon gegangen - zog er midt in eine Sitze<ke und fing
an, über "Opfergang« zu phantasieren. Er spradt über die Art,
in der ich Tod und Ewigkeit in dem Film auf symbolisdte Weise
verflochten hatte.
Er betonte, daIS er jetzt eine andere Einstellung zu dem Film-
schlu/5 von »Opfergang« habe als ein Jahr zuvor und daB es
ihm ein Bedürfnis sei, mir das zu sagen.• Die Todesnahe ist
doch zwingend dargestellt und 50 versohnlidt, daB man den
Blick nicht abzuwenden braudtt, wie man das wohl sonst tut,
wenn man den Tod zu sehen glaubt oder wenn man in die
~~ KI Sonne schaut.«
Er erzahlte mir von seinem Adjutanten Hanusmke, der etwa
~ i.-rlt ~J~~- ein oder zwei Jahre früher gefallen war: .Hanusmke hatte mir

~-~~~~~--'
genau die gleiche Bank rur meinen Park in Lanke gebaut, wie
Sie sie in lhrem Film )lmmensee< gebraumt haben. Die Bank
~. - Sie erinnern sich -, an der aum das Grab des kleinen Vogels
lag. Hanuschke hat diese Bank aus Birkenholz sehr geliebt und
sie rur seinen Minister namgebaut, weil er das, was er am
meisten liebte, immer mir gegeben hat. Er war treu und \iebte
~­ mich wirklich Von vielen kann idt das nimt sagen.. Und nun
redete Goebb'els erstaunlim weiter: .Hanusdtke wird an cler
~ca HimmelslÜr stehen, wenn im hinaufkomme, um, wie er es
~
Horst Cas par 31. 1. 1945
Oankbrief an Harlan • Am 17. Februar 1945 in Goebbels' WohnWl8.

206
imIDer getan hatte, zu sagen. ,Herr Minister, es ist alles lhrem
Befehl gemaB geordnet. (<< hinkenden F~ ais vielmehr durch .
. gera cl ezu zwingende G semen Charm e. M'It ihm
u"bte er eme
Diese AbsurdWit, dag Goebbels so redete, ais woUte er damit
bli tze sprühten und die zielSI'ch eWpalt a~, wenn die Geistes-
ausdrücken, "in den Himmel zu kommen«, war ein General_ ere omtierun .
angriff auf mein Aufnahmevermogen. lch sah deutlich, dag er kens, den er, urn mit Nietzsche ch g emes Gedan-
zu spre en -mit d H
mer« zu denken schien, aus ihm h eraus b ram.' em am-
mich nicht etwa foppen woU te, denn seine sonst 50 kraftig
blitzenden und sprühenden Augen hatten einen schwachen
Glanz. Was war das fur ein Goebbels?
lch erinnerte mich, wie Goebbels noch wenige J ahre ZUVor in Das Kriegsende
Gegenwart vieler Schauspieler seine eigene alte Mutter darnit
Anfang Marz 1945 wurde es in Guben zu gefah l'ch D'
hanselte, d~ sie auf eine superkindliche Weise katholisch sei. .. k
R ussen ruc ' h r i . le
te.n unmer na er. Berlin bekam jede Nacht furcht-
50, wie es ihr Sohn als nationalsozialistischer Propagandamini_ bare Luftangnffe. AIso wollten wir auch dort unseren kI emen.
ster eigentlich verbieten müsse. Sohn nimt lassen. Er soli te in die Heirnat seiner Mutter, nach
Es war bei Tisch, als Goebbels seine antikatholischen Plan- Smweden, urn aus der inuner mehr wadtsenden Gefahr her-
keleien seiner Mutter mit lachelnder Zartlichkeit entgegen- auszukommen.
schleuderte. lch werde nie die Augen vergessen, mit denen sie Kristina wollte ihn zu ihren Verwandten begleiten und zu-
ihren Josef anschaute. Sie hatte offensichtlich Mitleid mit ihm rückkommen. Sie dachte nicht daran, mich allein zu lassen.
und machte eine zaghafte Bewegung mit der Hand, aus der Kristina m~te ebenso wie die anderen Schwedinnen sdtriftlich
man entnehmen konnte, d~ sie ganz heimlich und undeutlich um die Ausreisebewilligung einkommen. Alle schwedischen
ein Kreuz vor der Brust schlug. VieUeicht kannte ihr "Jupp« Frauen bekamen diese Bewilligung. Für Kristina jedoch erlieB
diese Bewegung. Jedenfalls schien er in diesem Augenblick Goebbels ein striktes Vorbot. Sie habe Deutsdùands Grenzen
einzusehen, d~ er sich vergaloppiert hatte. Man ho rte nur noch nicht zu überschreiten.
das Klappern von Messern und Gabeln auf den Tellern. Er hatte Was war geSchehen? Hatte Goebbels irgendwie davon Wind
mit der ganzen Hemmungslosigkeit seines fixen Denkens aus bekommen, d~ Kristina Schwedin geworden war7 Wollte er
dieser Situation nicht hinausgefunden, wenn seine Mutter ihm uns auf diese Weise zwingen, es einzugestehen7 Denn mit
nicht spontan die Hand hinübergereicht und ihn angelachelt ihrem schwedischen P~ hatte ihr ja die Po\izei die Ausreise
hatte. gar nicht verweigern kiinnen.
Der Goebbels dieser Nacht war ein anderer, ais ich ihn bis Wir gingen nicht in diese Falle. Kristina blieb, und unsere
dahin kannte. ln sich zusammengesunken sag er auf seinem Kinderschwester bekam die Erlaubnis, unser Kind nach Schwe-
Sofa und lieg mich nur unwillig gehen. Warum hatte er mir den zu begleiten *.
Wir zogen nach Hamburg. Dort wohnten wir bei schwedi-
das alles erziihlt? Was wollte er von mir? D~ ich mich mit ihm
auf ein solches Gesprach einlassen würde, konnte er nicht an- schen Freunden von Kristina.
In der Hamburger Rabenstrage wohnten allerdings gefahr-
nehmen. Er war mir selbst in seinem Zorn angenehmer gewes en
liche Leute. Dort war eine Art .Braunes Haus«, und dorthin
aIs jetzt - wo er 50 unnatürlich und gefahrlich zahm war.
Goebbels in seinem Zorn zu sehen, konnte ein gigantisches • A m 23. April 1944 schrie b K"
nshna S"d 0 e.rbaum
. in ihr . Tagebudl:
Bglldl-
Smauspiel sein. Dieser Mann hatte Charme. Vielleicht nicht .Erfuhr durch WI'lhelm dall die Gestapo mlf Jede Au~.re,setm..L' den
'
keit nach Schweden verweigert. daB .dl miu. en Suu,
inuner. Aber er hatte gerade in Situationen Charme, in den en Wie gut, .' U dlamtheU
habe bei Veit zu bleiben. Auf aile nille ist es eU\e nyers .
andere Leute keine Spur von Charme mehr zu haben pRegen.
lch werde es mir merken .•
Goebbels verkërperte den Teufel nimt 50 sehr durch seinen

208
wurden wir eines Tages bestellt. Man rientete infame Fragen
einzige, durch den ich das Material für einen solchen Film be-
an uns. Der» Untersuenungsrienter« hieB Standartenführer Her-
kommen konnte. Nur er hatte die Macht, Anweisungen zu ge-
ford. Fotomontagebilder wurden uns vorgelegt, auf denen
ben, wo und inwieweit ich sie bekommen kOnnte, denn daB
Kristina zwischen englisenen Offizieren zu sehen war. Die Fal-
dieser Film eines Tages einmal gemacht werden müBte, schien
schung war deutlich sientbar. Die Unterschrift hieB: »Die
mir vollig klar zu sein. (Er ist übrigens bis heute nicht gemacht
schwedische Schauspielerin plaudert in Senweden an Engliinder worden.)
deutsche militarisene Geheimnisse aus.« Solene Bilder hatten Der Damon Goebbels, dessen furchtbarer Schatten unser per_
die Englander über Hamburg abgeworfen. sonliches Leben noch heute verdunkelt, hat mich jedoch nicht
Ich fragte zurück: »Was fur militarisene Geheimnisse sol! mehr sehen wollen. Seine Absage war kurz und hart. Eigentlich
meine Frau eigentlich wissen? Wer hat denn behauptet, daB sie paBte sie nicht zu der letzten Unterhaltung, die er mit mir über
in Schweden ist?« Darauf erfolgte die sehr eindringliche Frage: »Opfergang« geführt hatte.
»War Ihre Frau etwa nient im letzten Monat in Senweden?«
»Wie soli sie denn dorthin gekommen sein?« fragte ich. »Wir
wissen es nient«, war die Antwort. Schikanen
Man sti:iberte in Kristinas Handtasene herum. Auen ich wurde
untersucht. Was man mit uns vorhatte, blieb offen. Jedenfalls Und dann kam der Tag, an dem die Englander Hamburg
muBten wir mehrfach und immer wieder in die RabenstraBe besetzten. Hitler war tot, Goebbels war toto
und uns i:ifter prüfen lassen, ob wir noch da sei en und was wir Der ers te unter den groBen Künstlern, der maBlos und un-
eigentlich in Hamburg maenten. gerecnt beleidigt und angegriffen wurde, war Gerhart Haupt-
Artikel über Artikel aus dem In- und Ausland wurden uns mann. Er hatte weder mit Goebbels oder mit sonst einem
vorgelegt. Auch wurden uns Briefe vorgelesen. Alles richtete Nationalsozialisten jemals etwas zu tun gehabt. Er war als
sich weniger gegen mien als gegen meine Frau. Das Benehmen Deutscher Deutschland treu geblieben und muSte nun dafür
der schwarzgekleideten Herren wurde immer ungezogener. manchen Schimpf hinnehmen.
Man sagte uns schlieBlien, daB man sien auf »eine Information« Ich war nicht 50 kindlich, mir nimt stets darüber im klaren
des Propagandaministeriums stütze. Als ien naen dem Inhalt gewesen zu sein, daB mich und viele meiner Kollegen eine
der »Information« fragte, bekam ien keine Antwort. scharfe Prüfung erwartete, wenn der Krieg einmal aus sein
Die in der RabenstraBe gaben keine Ruhe - bis eines Nachts würde.
das Haus von einem Volitreffer radikal ausradiert wurde und Wer in der Nahe von Goebbels stand, hatte sim immer
mit ihm die schwarzen Herren und das ganze torichte Material vor Augen halten müssen: Eines Tages wirst du dim verant-
gegen uns. worten müssen.
Damals war die Atombombe auf Hiroshima noch nient gefal- Wir warteten also auf eine Untersumung meines Falles. Sie
len. Das geschah erst am 8. August 1945. Aber da in Deutsm- muS te klaren, was notwendig zu klaren war. Aber eine solme
land immer wieder von der »Wunderwaffe« geredet wurde, Untersuchung kam jahrelang nimt. Zunamst tobte die Rame.
versuchte ich, dem Wesen dieserWaffe nachzugehen und erfuhr Die Pressefreiheit wurde dazu benutzt, um Lüge auf Lüge zu
sehr viel Interessantes - auch von Peenemünde. lch wollte türmen, von denen man dann spater, als die Wahrheit heraus-
deshalb noch einmal nach Berlin zurückfahren, um mit Goeb- kam, nicht mehr loskam.
bels über dieses Filmvorhaben zu sprechen. Mit eventuellen Am Telefon wurde mir gedroht, im würde in dem Augen-
Fragen an mich, die so ahnlich sein konnten wie die in der blick erschossen werden, in dem im aus meiner Haustüre auE
RabenstraBe, ware ich schon fertig geworden. Goebbels war der die StraBe trate. Einer der Anrufer war ein frumtbarer Sduift.-
210
zt1
<tl'Iler. Er rief oft an und rief diese Drohung nieht nur mir,
Kam es dann zum Termin, stand man vor der Wahl, die
sondern aueh meiner Frau kreisehend ins Ohr. SehlieBlieh blieb
Wahrheit zu sagen oder vielleicht besser zu lügen. Die Haft-
mir niehts anderes übrig, ais ihn bei der Staatsanwaltsehaft in
gründe waren bei mir meist folgende: Man hatte mich vor der
Hamburg anzuzeigen. Die Oberstaatsanwaltsehaft in Hamburg
Sperrstunde auf der StraBe durch lange Gespraehe und Unter-
nannte diese AuBerung »verstandlieh«. Meine Besehwerde suchungen gewaltsam festgehalten und rnieh dann verhaftet,
wurde gar nieht angenommen. weil ich die Sperrstunde überschritten hatte. Einmal hatte man
Aber das alles war nur der Anfang. Immer wieder wurde ieh mieh sogar schon naehmittags auf die Waehe gebraeht, mich dort
aus irgendwelehen unsinnigen Gründen kurzfristig ins Gefang- sitzen lassen und erst fünf Minuten vor Eintritt der Sperr-
1 nis gesteckt. Kristina holte mieh stets wieder heraus. Man hatte stunde entlassen. Mir fuhr dann ein Jeep naeh, und man ver-
ja niehts, was man mir emsthaft vorwerfen konnte. haftete mieh kurz naeh Eintritt der Sperrstunde. Das tat man
Bevor unser Sohn am 5· Februar 1946 geboren wurde, hatten natürlich nur, weil man Veit Harlan bestrafen wollte. Einmal
wir - namentlieh Kristina, die ja das Kind erwartete - bestia- habe ieh diese Wahrheit vor Gerieht gesagt, aber ieh wurde nur
lisehe Erlebnisse. Neben den Todesdrohungen, die sieh hauften, angebri.illt. Spa ter gab ich dann bereitwilligst zu, die Sperr-
bekamen wir Totenkranze ins Haus gesehickt, auf deren Schlei- stunde überschritten zu haben.
fen mein Name stand, und einige andere Liebenswürdigkeiten. Bei solehen Untersuchungen wurden manchmal Erklarungen
lmmer wieder wurde meine Frau angerufen, sie solle meinen unter Eid abgegeben. Den Eid durften natürlich nur die in eng-
Leichnam aus dem Leiehensehauhaus oder sonstwo abholen. lischer Uniforrn befindlichen Soldaten ablegen.
SchlieBlich wurden wir von den Behorden aus Hamburg aus- Einmal wurde unsere Wohnung durchstobert, obwohl der
gewiesen. Wohin - sagte uns niemand. Lediglieh die Sehwan- Besitzer der Wohnung Sehwede war und drauBen an der Türe
gersehaft meiner Frau verhinderte dann die gewaltsame Aus- das sehwedische Zeichen hatte. Man »beschlagnahmte« neben
führung dieser Anordnung. Filmkopien und zahllosen Schmalfilmen auch Kameras und
leh dagegen landete in verschiedenen Gefangnissen. lrgendein meinen Vorführungsapparat. Einen geringen Teil davon bekam
Grund fand sieh immer, rnieh auf der StraBe zu verhaften und ieh spater wieder - der wesentliehe Teil wurde zurückbehalten.
mit Gewehrkolben f i einen Jeep zu treiben. In den Gefang-
nissen selbst ging es mir gar nieht 50 schleeht. Die deutsehen
Gefangnisbeamten kannten meine Filme und behandelten mieh
mit groBer Zuvorkommenheit. lch kam meist in gekaehelte Entnazifizierung und Anklage
Zellen, die hygienischer waren, weil die qualenden kleinen
leh versuehte nun mit groBer Energie meine Entnazifizierung
Tierehen dort nieht zu Hause waren. Wenn in der Naeht die
zu betreiben. leh kannte den zweiten Bürgerrneister der Stadt
Englander weg waren, holten mir die Beamten meine Pfeife und
Hamburg. Er half mir auch. Aber es dauerte trotzdem noch drei
Büeher aus meiner Wohnung. Es dauerte niemals lange, bis
Jahre, bis das Entnazifizierungsverfahren anlief.
mieh meine Frau wieder freibekam.
ln der Zwisehenzeit wurde unser Sohn Caspar geboren.
Ehe es morgens zu irgendeiner richterlichen Haftprüfungs-
lm Jahre 1948 wurde ich von einer »Sonderentnazi6zierungs-
verhandlung ging, saB ieh mit verschiedenen Sehy..'arzhandlem
kOmmission« nach siebenmonatiger Verhandlung in die
und anderen kleinen Gaunem zusammen. Die Sehwarzhandler
Gruppe 5" eingestuft. Daraufhin brach der Sturm erst rimtig
hatten an den merkwürdigsten Stellen ihres Leibes Fleiseh- und
Fettkarten versteckt und verteilten sie groBzügig an uns. Ich
~ Un ter Kategorie 5 fallen »Personen, die auf Grund ein~r Prflfung
las den Leuten - wir muBten oft Stunden warten _ irgend etwas ihres Falles aIs unbelastet erklart oder entlastet worden smdc. (Ver-
vor oder erzahlte aus dem Filmleben. Es war auszuhalten. ordnung Nr. 79 Amtsbl. d. Mil.-Reg. Nr. 16, 1947, S. 4ll H.)

212
gcgen mich los. Dieser »Freispruch« war auch zu emporend.
Der Portier des Hotels hatte sich 50 auEgeregt, daB er cinem
Man zeigte mich beiffi Staatsanwalt in Hamburg an.
Herzschlag erlag.
In den Jahren 1:947/ 48 inszenierte ich dann mit Kristina den
lch bereitete mich in dieser Zeit mit mciner Sekretlirin Lu
BühnenreilSer »Gaslicht«. Es war ein grolSer Erfolg. Dann kam
Schlage auE den ProzelS vor. Beinahe taglich mu!5te ich zu den
»Wie es euch geHillt«. Da Kristina der Erfolg auch bei Shake- Voruntersuchungen. Meine Frau wurde durch all diese AuE-
speare treu blieb, wurden wir aufgefordert, mit dem englischen regungen 50 krank, daB sie in Bad Oeynhausen waruend einer
Stück »Augen der Liebe« auf eine Tournee durch Nord- und Vorstellung zusammenbrach und in cine Klinik transportiert
Süddeutsdùand zu gehen. Es wurde ein Monstergeschaft. Wir werden mulSte. Die Tournee fand darnit mr Ende.
verdienten die neue gute D-Mark. Das Publikum war begeistert,
Kristina zu sehen. Und wenn auch mein Name nicht auf dem In der Voruntersuchung saB ich viele Monate lang immer
Zettel stand, 50 wulSten doch aile, wer das Stück inszeniert wieder im Zimmer des Oberstaatsanwalts Kramer und mu!5te
hatte. Anfanglich begleitete ich die Tournee. In Koln bekam zum Teil vollig an der Sach.e vorbeigehende Fragen über mich
ich jedoch einen Herzinfarkt und war nicht mehr kraftig genug, ergehen lassen. Man wollte nach.weisen, daB ich ein Juden-
diese Reisen wei ter mitzumachen. hasser sei, daIS ich. ein Busenfreund von Goebbels war und daB
Kurz vor meinem Infarkt war in Koln ein Journalist zu mir ich verantwortlich. fur die Entstehung des Films "Jud Sü!5« ware.
gekommen. Er drückte mir beide Hande und sagte : »Spiel und Die Umwege, die man dabei ging, um diese monstrose Unwahr-
Regie sind meisterhaft - ich habe aber Anweisung von meiner heit krampfhaft zur Wahrheit und zum Gegenstand einer
Zeitung, an der Vorstellung kein gutes Haar zu lassen. Wun- Anklage gegen mich. werden zu lassen, waren oft wunderlich.
dem Sie sich also nicht, wenn Sie morgen einen furchtbaren Der Oberstaatsanwalt Dr. Kramer wamte mich. freundlim,
VerrilS lesen. Diese Anweisung haben übrigens aile Journa- daB ich meine Sich.erheit, die im vor ihm zur Smau trüge, vor
listen. Es tut mir herzlich leid !« Es existierte fur mich also Gerich.t gewill verlieren würde. Mit einer solmen Anklage vor
wieder eine »grüne Zeitung« ". Gericht zu stehen, sei nervenzer!rümmernd. Er meinte: .Die
Dann kam die Zeit, in der ich nicht mehr bei den Vorstellun- starksten Eichen stürzen dort und zerbremen wie Streimhéilzer...
gen blieb. Die Auffiihrungen wurden oft durch wüste Radau- Da ich nicht »aus Holz« war, war im nimt 50 angstlim. Die
szenen aufgehetzter Zuschauer unterbroch.en. Es stand in den Offentlich.keit furch.tete ich. überhaupt nich.t. lch. kannte sie ja
Zeitungen, daB ich unter der Anklage des »Verbrechens gegen sehr gut von meinem BeruE her. Wenn ich. etwas furdltete,
die Mensdùich.keit« stand. Hin und wieder gab es zehn Minu- dann war es das unheimliche »Kontrollratsgesetz Nr.1:o«·. Aum
ten lang Larm im Zusch.auerraum und Sch.lagereien. Kristina meine grolSartigen Anwalte Dr. Zippel und Dr. Wandschneider
blieb dann ruhig stehen und wartete ab. SchlielSlich siegtendoch. wamten vor jedem Optimismus.
immer die gutwilligen Leute irn Publikum. Mehrfach. wurde • Harlan wurde angeklagt, im Sinne des KontroUratsgesetzes Nr.
durch die Polizei festgestellt, daIS die Randalierer bezahlte 10, Artikel II 1c1d ein Verbrechen gegen die Menschlidù<eit und Be-
leidigung begangen zu haben.
Leute waren - teûs Auslander, die überhaupt nicht wulSten, Artikel II 1c1d lautet:
gegen was sie eigentlich. Larm mach.ten. c) Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Gewalttaten und Vergehen
In Bayreuth mu!5ten einmal amerikanisch.e Panzer das Thea- einschlieBlich der folgenden, den obigen Tatbestand jedoch nicht
erschopfenden Beispiele:
ter a~riegeln, weû Stortrupps aus Nürnberg auf Lastwagen Mord, Ausrottung, Versklavung, Zwangsverschleppung. FreI-
herbetgesch.afft wurden. Die Amerikaner schützten die Vor- heitsberaubung, Folterung, Vergewaltigung und andere an der
stellung und brach.ten Kristina dann irn panzerwagen ins Hote!. Zivilbevolkerung begangene unmenschliche Handlungen; Ver-
folgung aus politischen, rassischen oder religiosen Gründen. ohne
Rücksicht darauf ob sie das nationale Recht des Landes. in dem
• Siehe Seite 12.9. die Handlung begangen worden ist, verletzen.

us
Ais ich nach zahllosen Verhandlungen den Oberstaatsanwalt
einmal fragte, was er sich von seiner Anklage gegen mich eigent_ tige Stellung bekommen hatte, die mich über alle Bessergewach-
lich verspreche, und erklarte, er wfude es doch niemals fertig_ senen erhob. Da hatte ich erreicht, was ich normalerweise
niemals hatte erreichen kënnen. Darum hatte ich auch 50 gut
bringen, mich in den Augen der Menschen zum Verbrecher zu
mit Goebbels gestanden.
machen, hërte ich aus seiner Antwort folgendes heraus:
All e im GerichtssaaI argerten sich über diese Aussage merk-
» Wenn man eine Million einklagen will, dann ist das eine
bar. Sogar die Englander. Ais FrëhIich den Zeugenstand ver-
sehr teure und risikovolle Sache. Der kluge Mann wird einen
lieB, wurde er übrigens von den Englandem festgenommen. Sie
Teilbetrag - etwa 10000 Mark - einklagen. Das ist nicht 50 behaupteten, er trage einen Mantel aus »englischen Militar-
teuer. Gewinnt er die 10 000 Mark, dann faIlt ihm der Rest bestanden «. Sein Mantel wurde konfisziert, und die Englander
risikolos zu. gi ngen mit Frëhlich ab.
50 ahnlich ist es mit Ihnen. Sie sind die 10 000 Mark. Wenn
Der Regisseur Erich Engel war mir durch seine Aussage
Sie verurteilt werden, kommt die gesamte deutsche Filmindu- erheblich gefahrlicher ais Frëhlich. lch durfte früher unter seiner
strie von Goebbels dran. Dann haben wir ein ,Musterurteil<.« Regie bedeutende Theatererfolge erringen und schatzte ihn
künstlerisch wie geistig sehr hoch. Engel wurde in Berlin im
Schwurgerichtssaal in Moabit vernommen. Er war am Deut-
Der erste SchwurgerichtsprozeI5 schen Theater bei Brecht engagiert. lch hielt Engel fur einen
guten Zeugen für mich, denn ich hatte ihn seinerzeit, ais ich
lm ProzeB sagten alle Filmschaffenden die subjektive Wahr- den Auftrag fur »J ud SüB« erhielt, zu mir nach Hause gebeten.
heit. Auch meine beiden Gegner unter ihnen - wenigstens der Er war es, der mir riet, den Herzog mit mëglichst viel 5ünden
eine - und zwar der Zeuge Gustav FrëhIich. Er, mit dem ich zu belasten, um dadurch den J uden zu entlasten. lch handelte
seit 1919 befreundet war, mit dem und dessen Frau Gitta Alpar nach seinem Rat. Wir schieden damais ais Freunde, und zwar
ich viel gemeinsam erlebt habe - wie oft waren wir mit ihnen ais Duzfreunde, die wir im Jahre 1939 schon fünfzehn Jahre
und Richard Tauber freundschaftlich zusammen gewesen -, er, lang gewesen waren - und die wir auch bis zum Ende des
der sich von ihr trennte und den ich gegen Goebbels' Wil- Krieges bleiben 5011 ten.
len fur meinen Film » Der groBe Kënig « durchgesetzt hatte, Engel bestritt zwar denInhaltunsererUnterhaItunginmeiner
stellte sich ais mein Feind vor. Er konnte nichts Sachliches gegen Wohnung nicht. Er erklarte aber, mir damais schon nicht se-
mich vorbringen. Er schilde rte aber den Richtern und den glaubt zu haben. Ais ich ihn fragte, warum er mir damaIs das
tausend Zuschauern, daB ich »von kleiner Statur« sei und stets nicht gesagt hatte, zuckte er mit den Achseln. Wir waren mit
die beneidet hatte, die groB, schlank und auffallig gut gewach- Francesko von Mendelssohn und Fritz Kortner alle zusammen
sen waren (womit er anscheinend sich selbst meinte). Dann 50 gute Freunde gewesen - er brauchte also keine Bedenken zu
erkllirte er, daB ich durch das Erscheinen der Nazis eine mach- haben, mir einen freundschaftlichen Vorwurf zu mamen oder
d) '"
die Freundschaft aufzukündigen, Falls er es fur beredttigt hielt.
2. Ohne Rüd<sicht auf seine Staatsangeh6rigkeit, oder die Eigen- Engel siezte rnich plëtzlich vor Gerimt. Sogar über sejnrn
schaft, m der er handelte, wird eines Verbrechens nach MaBgabe toten Freund Ferdinand Marian sagte er ganz überfliissi&er-
von Ziff. IC beschuldigt, wer
a) ais Tater oder weise abfallige Dinge aus, die im nur deshalb wiederhole, weil
b) ais ~ehilfe bei der Begehung eines solchen Verbrechens mit- ich ihre vëllige Unwahrheit festgestellt habe. MarIan habe sWt
gewlfkt oder es befohlen oder begünstigt oder einen anderen Namen zugelegt, weil sein editer Nune durdI
~ du.'ch s.eine Zustimmung daran teilgenommen hat oder
) nut semer Planung oder Ausführung in Zusammenhang ge- eine Wechselfalsmung und durdt andere kriminelle ~
-tanden hat ... gen in der Offentlichkeit unbraumbar geworden seL ..
216
gar nicht ntitig, 50 etwas ZU sagen. Marian war tot. lch wellS
nicht, warum er seinen toten Freund verleumdete. Marian selbst Journalisten aus allen tandem waren anwesend. Jeden Tag
hat Engel immer ror seinen guten Freund gehalten, ihn hoch wurde auf der Hauptseite unserer Zeitungen berichtet. Der Pro-
verehrt und geliebt, besonders seit er mit ihm den Jago in zelS drohte hin und wieder in ein 5pektakel auszuarten. Dr. Ty-
rolf hat in solchen Augenblicken hart zugegriffen. lch bewun-
.,Othello« im Deutschen Theater einstudiert hatte. Es war
der te ihn oft, wie er es verstand, die Würde des Gerichts wieder-
Marians grtilSter Erfolg.
herzustellen, wenn sie von Zeugen oder Randalierem strapa-
Der Schauspieler Hans Hermann SchaufuJ$ und seine Frau
ziert wurde. Auch ich selbst verlor oft die notwendige Ruhe und
verloren dieser Aussage von Engel wegen vor Gericht vallig
Besonnenheit.
die Fassung. Sie warfen Engel vor, seine jüdische Freundin
Sonja Okuhn im Stich gelassen zu hab en, 50 dalS sie schlielSlich
Die Aussage von Gründgens
abtransportiert und in einem Lager umgekornmen sei. lch weilS
allerdings nicht, ob Engel Sonja Okuhn, der ich auch sehr nahe Die Schauspieler, die sich vor ihren Aussagen hatten drücken
stand, überhaupt hatte helfen kannen, da er ja nicht mit ihr konnen, benahmen sich mannlich und hochherzig. Es war
verheiratet war. keinesfalls angenehm für sie, günstig wirkende Wahrheiten
über mich auszusagen. Jeder sagte die Wahrheit - auch wenn
Das ers te Gerichtsverfahren vor dem Schwurgericht in Ham- sie geeignet war, ihm selbst zu schaden. 50 denke ich z. B. an
burg begann am 3. Marz 1949 und endete am 29. April. den grolSen 5chauspieler und Regisseur Gustaf Gründgens, der
Da im kurz vorher einen Herzinfarkt erlitten hatte, wies der dem Gericht vor Augen rohrte, auf welche Weise er selbst die
Herzspezialist Professor Uhlenbruck aus KaIn darauf hin, dalS Rolle des »Jud 5ülS « losgeworden war. Es sei mir unmaglim
er annehme, im konne ein solmes Verfahren nicht durchstehen. gewesen, die gleiche Waffe, die er gebraumen konnte, dagegen
Es müsse auf unbestirnmte Zeit verschoben werden. Das war anzusetzen. 5eine Waffe hieB: Hermann Garing.
ein furmtbarer Gedanke ror mich. lch brauchte dieses Verfah- Gründgens schilderte mit grolSer Genauigkeit, auf welche
ren und den SmlulSstrich unter die VOTWÜrfe, die mir fortwm- Weise er »5taatsrat« geworden war. Er war von den National-
rend gemacht wurden. lm setzte es also durch, dalS das Ver- sozialisten 50 angeekelt gewesen, dalS eT in die 5mweiz nach
fahren in Gang kam und nahm die Verantwortung für meine Basel f1oh. Dort rief ihn bei seinem Freund Bernoulli Goring
Gesundheit auf mim. Dom bekam im die Erlaubnis, ais An- an. Er mach te Griindgens klar, dalS Hitler die 5taatstheater
geklagter an einem Tism sitzen und im 5itzen antworten zu Josef Goebbels übergeben würde, wenn er, der Reimsmarsdtall
dürfen. lm habe allerdings fast nur im 5tehen geantwortet und Goring, es nicht smaffe, Griindgens wieder zurück nam Berlin
gespromen. zu holen. Dadurch würden sâmtlime Smauspieler des 5taats-
DasVerfahren hob mit unerbittlimerGrausamkeit an. Nahe- theaters, die mit jüdischen Frauen verheiratet seien - und das
zu die gesamte Elite des deutsmen Films wurde vernommen. waren viele -, und aum andere 5mauspieler, die anderweitig
Da nur knapp tausend 5itzplatze lm grolSen 5chwurgerichtssaal belastet waren, in grolSe Gefahr kommen. Goring garantierte
waren, wurden die EinlalSkarten zu hohen Preisen auf dem Gründgens, es werde ihm nimts gesmehen, wenn er sim sdtnell
5mwarzmarkt gehandelt. entsmlielSen würde, zuriickzukehren. Er solle nur mitteilen, mit
50 hart und unerbittlich der Vorsitzende des Gerichts, der welchem Zug er von Basel nam Deutschland fahren würde. Er
Prasident Dr. Tyrolf, war, 50 sehr bemühte er sich, unparteiism würde dann von der Grenze ab von Gorings Leuten beschützt
zu sein. Er war, wenn er sim einmal wegen ungerechtfertigter und begleitet werden.
Angn·ff..1."
e SUlutzend vor mim stellen mulSte am nachsten Tag in Es war Griindgens klar, dalS er seine 5mauspieler nimt an
der Zeitung der» Verbrecher in der schwa:zen Robe«. Goebbels ausliefem durfte. Darum kehrte er sdtweren Herzens
aus der 5mweiz nam Deutsmland zurück. AIs der Zug in B .
am Potsdamer Bahnhof einlief, war der Perron von 5S a~rhn
im überzeugt, daIS es ihm unmoglim war, diesen Auftrag abzu-
lehnen. Wir aIle wulSten, wie unglücklim er über diesen Auf-
sperrt. Gründgens ging in Begleitung eines OHiziers g a ~e­
trag war. In dem Augenblick narnlim, in dern es Goebbels
wegs an der S5 vorbei aus dem Bahnhof und stieg un: :- merkte, dag wir 5mauspieler grundsatzlim uns an diesern Film
" .
Gonngs W agen, d er' h1 n d'Ire k t zum M'msterprasid n ln
" " . enten nimt beteiligen woIlten, wurde es rur ihn zu einer Prestige-
bramte. Dort wurde Grundgens von Gonng zurn pretillischen frage. lch habe in dem Film ,Ohm Krüger< die Rolle des Cham-
5taatsrat emannt. Es stand in der Verfassung, daB nur d berlain gespielt. Der Auftrag, diese Rolle zu übemehmen,
pretillisme Ministerprasident das Recht hatte, pretillische 5taat:~ wurde mir von Goebbels' 5taatssekretar überbramt. lm habe
rate zu emennen. Von diesern Augenblick ab stand Gründ ens diese Rolle gespielt, weil ich damaIs keinerlei Moglimkeit hatte,
- auch nach nationalsozialistischer Auffassung - unterg der meine angebliche Verhinderung zu begründen. lm mtillte die
alleinigen Befehlsgewalt von Goring. Er mugte sich allerdin s Rolle spielen, obwohl ich über die Art und Weise, in weI mer
davor hüten, sich in den Machtbereich von Goebbels zu b:- man an mim herangetreten war, 50 erbittert war, daB im von
geben. dieser Zeit an kein Filmatelier mehr betreten habe. lm war
Gründgens war wohl sehr bestilizt, aIs er eben dies durch emport, weil man meine Fahigkeiten als Künstler fur un-
die Annahrne der Hauptrolle in dem Film »Friedemann Bach« künstlerische, namIich rur Propagandazwecke millbraumen
tat. Goebbels nützte diese Gelegenheit sofort aus, Gründgens wollte.
durm seinen 5taatssekretar zwingen zu lassen, in dem Film Ais bekannt wurde, daB Veit Harlan den Film ,Jud 5ü!S<
»Ohm Krüger« den Chamberlain zu spielen. Aus dieser Klernme drehte, und auch spater, als der Film ,Jud 5ü!S< lief, wurde in
konnte ihm selbst der mamtige Goring nicht mehr heraus- unseren Kreisen, denen bekannt war, daB Harlan auf Befehl
helfen. Goring hatte nur im Bereim der 5taatstheater, nicht aber von Goebbels tatig geworden war, diese Tatsame als eine Ver-
im Bereim des Ufa-Gelii.ndes, Macht über seinen 5taatsrat und smarfung des Druckes von seiten des Propagandarninisteriums
Generalintendanten. auf uns KÜfistler empfunden. Wir hatten zurn erstenmal das
50 spielte Gründgens, wenn auch ausdrücklich ohne jedes Gefühl, daIS künftig jeder einzelne KÜfistler Gefahr lief, auf
Entgelt, diese Rolle in dem ihrn widerlichen Propagandafilm. diese Weise vom Propagandarninisteriurn direkt unter Druck
Er betonte dem Richter gegenüber : »5ehen Sie: Auch ich mtillte gesetzt zu werden. In der Tat ging das spater 50 weit, daB
rnim beugen. Veit Harlan hatte damais keinen Goring - der es Künstler und KÜfistlerinnen für einzelne Filmvorhaben durm
ihm einfam verbot, in dem Film >Jud 5üB, rnitzuarbeiten, wie das Propagandaministeriurn ,kriegsdienstverpflimtet( wur-
Goring es auf meine Veranlassung hin mir verboten hatte. den.
Goring erklarte: ,Mein Generalintendant Gustaf Gründgens Wenn Harlan den Auftrag des Ministers Goebbels, an der
hat keine Zeit. <<< Herstellung des ,Jud-5üB<-Filmes rnitzuwirken, abgelehnt halte
über den Film » Jud 5üB« befragt, antwortete Gustaf Gründ- oder beharrlich bei dieser Weigerung geblieben ware, dann ist
gens vor Gerimt folgendes": es rur mich gar keine Frage, daIS er sim nimt einfam in ein
»Wenn im nimt der erste, sondern der sechste oder siebte bürgerliches Leben hatte zurückziehen konnen. Das ware ein
gewesen ware, ware es aum rur mich vielleicht schwieriger solcher Affront gegen Goebbels gewesen, der auch unzweifel-
gewesen, diesen Auftrag abzulehnen.« (Es war ja bekannt haft in der Offentlichkeit bekannt geworden ware, daB Goe~
ge:-'0rden, daB Hitler sich inzwismen personlich hinter die bels hatte reagieren müssen. Zusarnrnenfassend muB ich meiner
knegsdienstlimen Befehle gestellt hatte.) »Von Marian z. B. bin Meinung dahingehend Ausdruck geben, daIS Harlan bei beharr-
limer Weigerung unter Berücksimtigung der Umstinde und
• Nam d t·
er s enographlSmen Niedersmrif! zitiert. des Zeitpunktes, zu welmem ihm der Auftrag von Goebbels

220
('rtell! \-"urde, emsthaft für seinen Leib und Leben besor th ..
. mussen,
.. VorstoRe bei mir - er lief mir geradezu die Türen ein. Meine
<em wenn er SI·ch en d gu··lt·Ig geweigert hatte.« gatte
al te Sekretiirin wird Ihnen das bezeugen kënnen. Meine strikte
Soweit die Aussage von Gustaf Gründgens.
Antwort wa r und blieb : >Horen Sie auf, ich will von dem Film
AIle Zeugen vrorden entweder vereidigt oder m~ten _ . nichts wissen .< Herr Teichs hat seit jenen Tagen damals gegen
das Gericht vorher ank~digte - mit nachtraglicher Vereidi~e mich intrigiert und gearbeitet. Am 1. Februar 1939 wurde ich
rechnen. Daher sagten die Zeugen sehr vorsichtig aus. g darauf zu Dr. Winkler" besteIlt, der mir eroffnete, daB ich auf
Befehl des Propagandarninisteriums die Ufa zu übernehmen
hiitte. Mein Nachfolger ais Produktionschef bei der Terra wurde
Wer war der Urheber von» Jud Süf5«? Dr. Paul Brauer. Herm Brauer traf ich wenige Tage nach der
Obergabe der Produktionsgeschiifte in einem kleinen Berliner
Einen ganz besonderen Raum nahm die Prüfung ein, wer nun Res taurant, wo er mir begeistert berichtete, daR er selbst die
eigentlich der Urheber des Planes »J ud Siill" gewesen sei und Regie des >J ud Siill< übemehrne.
wer das Thema in die Terra bzw. in das Propagandaministerium Bedenken Sie, Herr Priisident! Da hat sich der Produktions-
gebracht hatte. chef selbst zum Regisseur gemacht! Machen wollte also diesen
Da es erwiesen war, daE die Bauten des Films bereits stan- Film Herr Dr. Brauer, und er war spiiter sehr bose, daR er ihn
den und nach dem Drehbuch von Wolfgang Eberhard MoIler nicht machen durfte. Geistiger Urheber U dieses Films aber ist
unter der Regie Dr. Brauers bereits gedreht werden soli te, aIs mein ehemaliger Chefdrarnaturg Alf Teichs.c
ich zum Regisseur bestimmt wurde, schien es mir offenkundig Ahnlich sagten auch andere Zeugen aus. Natürlich wehrte
zu sein, daR ich gar nicht der Urheber des Film sein konnte. sich Alf Teichs gegen die se niederschmettemden Aussagen.
Aber das Gericht wolite es ganz genau wissen. Goebbels hatte vor seiner Verbannung nach Rhodos allen
In dieser Situation trat ein neuer, unerwarteter Zeuge au€, Firmen befohlen, antisemitische Stoffe vorzubereiten. Der 5toff
und zwar der Schauspieler Berthold Ebbecke. Er behauptete zu » Jud Siill« wurde jedoch zuniichst unter dem Staatssekretlir

wissen, daR der Autor Ludwig Metzger schon im Jahre 19Z1 Gutterer vorbereitet, der wahrend Goebbels' "Verbannung c im
einen Film »Jud Siill« geschrieben hatte. Da Metzger aus Würt- Jahre 1939 kommissarischer Propagandarninister war.
temberg stammte, kannte er die Figur des SüR Oppenheimer Dieser ehemalige Staatssekretar wurde vor Gericht gerufen.
schon vom Schulunterricht her. Er hatte gelemt, daR man im Natürlich hiitte er die Aussage verweigem konnen, weil sie ihn
Württemberg des 18. Jahrhunderts sogar von den Kanzeln selbst zu belasten geeignet war.
gebetet hatte: »Gott erlose uns von dem übel und von dem Zuniichst schilderte er, wie unter seiner Leitung der FlIm
» Jud Siill" langsarn als Drehbuch entstanden war und wie auch
Juden Siill.« Ebbecke behauptete, daE sein Freund Metzger
sein Tonfi.lmdrehbuch »Jud Siill« im Jahre 193 8 Teichs ange- die ers te Besetzung zustande kam. Zu der Zeit war Dr. Brauer
boten habe und daR Teichs ihm versprochen hatte, mit dent Regisseur des Films. Gutterer hatte die Leitung des »Promis«
Produktionschef, der damals noch Alfred Greven hieR, darüber
zu sprechen und ihm dann Bescheid zu sagen. • Dr. h. c. Max Winkler, ehemaliger Postsekretar, war seit x919
Greven erkliirte darauf vor Gericht: der geheime Finanzberater von 13 deutschen Reichskanzlem. Er
verstaatlichte die deutsche Presse den deutschen Film und verwal-
»Eines Tages, im Jahre 1938, erschien mein Chefdrarnaturg tete polnische und tschechische Vermogen. Er soUte im ~Wilhelm­
Alf Teichs bei mir und schlug mir vor, den Film >Jud SüR< tU straBenprozeB« in Nürnberg angeklagt werden, doch v~chtete ~
Hauptanklliger mangel. ausreichenden Belastungsmaterials clara .
~achen. Er halte ihn für einen groRartigen Stoff. Darauf habe •• Geistiger Urheber eines Filmstoffs ist nicht der Dramaturs.~
Ich. damais Teichs geantwortet: >Dieser Film kornrnt nicht in sei denn, er ist gleichzeitig auch der Autor. Der Dramaturs lit
mem Prograrnm'.< H err T el·ch s a b er untemahm stlindig neue stenfalls der sachkundige Beurteiler eines Filmstoffs.

222
bis zur Rückkehr von Goebbels. Spa ter hatte er dann durm Vorsitzender: »Hat das Propagandaministerium etwas mit
Goebbels von meinem rasanten Protest gegen meine Besetzung der spateren Totung der Juden zu tun gehabt? Sie haben nach
als Regisseur und auch von dem grogen Krach, den es im Zim- dem Gesetz das Recht, die Aussage zu verweigem!"
mer von Goebbels gab, gehor~. lch zitiere die Zeugenaussage Zeuge Gutterer: »Das brauche ich nicht. Das Propaganda-
von Gutterer über die Folgen dleses Krachs: ministeri um hat nichts damit zu tun gehabt.«
»Nach dieser Unterredung (mit Harlan) rief Goebbels seine Vorsitzender : »Hat Goebbels 1940 noch nicbts von der ,End-
nachsten Mitarbeiter zusammen und berichtete ihnen, dag der losung< der Judenfrage ge~t?«
Regisseur Veit Harlan sich zu drücken versuche und sich frei- Zeuge Gutterer: »Nein, das hat er bestimmt nicht gewugt .•
willig an die Front gemeldet habe. Goebbels schrie und tobte. Vorsitzender: »Nach der Ansicht des NÜIDberger Gericbts
Er befahl, sofort ein Rundschreiben herauszugeben, mit einem ist der Plan erst 1941 entstanden. Aber bei lhnen ist nie über
Hinweis auf den emporenden Versuch, den Harlan untemom- dies en Plan gesprochen worden? «
men habe. In diesem Rundschreiben wurde jedem verboten, Zeuge Gutterer: »Nein - nie *!«
seine Einbeziehung zur Wehrmacht zu betreiben, die Goebbels
als eine >Frontflucht< bezeichnete. Jeder von uns sei Soldat,
sagte er, und die Propaganda sei genauso eine Kriegswaffe wie Weitere Aussagen
die Luftwaffe oder die Artillerie. Er werde jede Meldung an die
Front als Verweigerung eines kriegsdienstlichen Befehls auf- Eine der erschütterndsten Aussagen machte die Witwe meines
fassen und sie dementsprechend nach Kriegsgesetzen bestrafen Freundes Marian, Frau Byk-Marian.
lassen. Dieses Rundschreiben wurde aIIen Referenten und Ab- Frau Marian stand deutlich unter einem Druck. Wie sie
teilungsleitem des Hauses mit Goebbels' personIicher Unter- meinen Anwalten und mir spater erklarte, gab es Leute, die
schrift zugeführt. Es ging auch an die weitverzweigten Rund- sie zu einer falschen Aussage zwingen wollten. Es sei ange-
funkstellen, Parteifilmstellen.« merkt, d~ Frau Byk-Marian in der Nacht nach ihrer ersten
Vorsitzender: »Was hatte Goebbels gemacht, wenn jemand Aussage in die Alster gestogen wurde und ertrankt werden
diesen >kriegsdienstlichen Befehl < verweigert hatte?« soli te. Sie ware auch unweigerlich ertrunken, hatte sie nicht ein
Zeuge Gutterer: »Goebbels hatte 1940 (er meinte Ende 1939) berühmter Kabarettist im letzten Augenblick gerettet. An-
seine starke Position wiedererlangt, und dazu einen immer scheinend sollte ihre zweite Aussage verhindert werden.
starker werdenden Einfl~ auf Hitler. Er hatte somit alle lhr ers ter Mann, der Theaterregisseur Gellner, war - wenn
Moglichkeiten in der Hand, Harlan zu bestrafen. Er hatte Har- ich nicht irre - zur Zeit des »Jud S~« noch in ihrem Haus ver-
lan ohne Frage vor ein Kriegsgericht stellen lassen. Goebbels borgen, weil er Jude war. Dr. Brauer wollte ihren zweitenMann
konnte Harlan sowieso nicht leiden. Ich bin über den Grund zwingen, die Rolle des Jud S~ zu spielen, indem er drohte, zu
hierfiir nie orientiert worden. Es m~ mit dem FaIl Baarova im Goebbels zu gehen und das »Geheimnis Gellner« zu verraten.
Zusammenhang gestanden haben. Er sprach oft zu uns über Natürlich wirkten diese Erklarungen wie eine Explosion, denn
seine Abneigung gegenüber Harlan und machte Bemerkungen Dr. Brauer war ja im Saal.
in der Tonart, d~ man bei einem Mann wie Harlan verdammt Zunachst ging die Aussage Frau Marians reibungslos 1/01'
aufpassen müsse und das Drehbuch genau vergleichen müsse. sich. Dann wurde unterbrochen, weil Frau Marian nidtt mebr
Dieser Harlan versuche immer, die Dinge abzuschwachen. Er ordentlich aussagte. Sie schien gehetzt zu sein und in eine EDae
s~ kein Nationalsozialist und daher unzuverlassig in jeder Be- gejagt. Sie schaute sich andauemd zum Publikum um. Sdth"
~ehung. Wenn er nicht ein 50 guter Regisseur ware, würde er • Der Inhalt des letzten Teils dieser Aussage ist nadl deIIl heatli"~:.
liingst auf ihn verzichtet haben.« Stand der Forschung fragwürdig.
lien braente sie alles durcheinander, 5 0 daR ihre Vernehmun
am naensten Tage fortgeführt werden soli te. lhre weitere »Ver~ Antwort. Der Oberstaatsanwalt senien von meiner Antwort
nehmungsfahigkeit « wurde angezweifelt. sonderbar bemedigt. Warum, sollte ich einige Stunden spater
lm Gerientssaal verabschiedete sie sich von meinenAnwalten erfahren.
und mir mit den Worten: " Wenn ich morgen die W ahrheit Meine Frau wurde darauf aufmerksam gemacht, daB sie die
sage, dann werde ich umgebracht, lieber H arlan - das weill ich Aussage verweigern konne, aber Kristina erklarte, daS sie dazu
keine Veranlassung habe. Sie erzahlte alles getreulien - in gro-
genau. Aber ich werde die Wahrheit sagen. M ir liegt nicht mehr
Rer Breite, naiv wie ein Kind. AIs ihre Aussage beendet war,
50 viel an diesern Scheillleben. «
bat der O ber staatsanwalt sie, noen zu bleiben.
Am nachsten Tage sagte Frau Marian dann die W ahrheit.
Man fand sie wenige Tage darauf vergiftet in ihrern Bett. Es
Nun erschien ein Herr, den ich vorher niemals gesehen hatte.
hieS Selbstrnord. Er sagte, er sei in der fraglichen Zeit der Stenograf von Goeb-
Vor dern Gericht übergab Frau Marian die Erklarung ihres bels gewesen und habe an vielen Reisen des Ministers teil-
Mannes, die er vor seinem Tod, den ich nicht für einen Unfall, genornmen. Er sei auen mit ihm in Venedig gewesen.
sondem fur einen Selbstrnord halte, geschrieben hat. Sie unter- Da er keine richtige Aussage ZUT Saene zustande braente,
strien, daR alles stirnrne, wie es in dern Bericht stünde, und daR wurde der Vorsitzende ungeduldig : "}a, was wollen Sie denn
sie es zum groRen Teil miterlebt habe. lhr Mann sei auf grau- eigen tlich aussagen? Sie rnüssen doch etwas Bestirnmtes Un
samste Weise gezwungen, diese Rolle zu spielen. Auge haben. « Aber der Stenograf druckste noch herum.
Kun vor ihrern Tod schrieb Frau Marian dann noch einen »Wissen Sie es, Herr Oberstaatsanwalt, was der Zeuge aus-
Brief an ihre Freunde, den ich den Lesern nicht vorenthalten sagen will? Er ist ja wohl ein Zeuge der Staatsanwaltsdtaft.,
will : fragte der Vorsitzende. Da horte man endlien ziemlich leise
»Von rneiner Zeugenschaft im PrazeR bin ich unbefriedigt, den Stenografen: »lch will aussagen, daS Frau SOderbaum VOT
denn ich habe das sichere Gefühl, es sind energische Bestrebun- Herm Goebbels in Venedig nackt ins Wasser gesprungen ist..
gen irn Gange, sich dieses Op fer (namIich Harlan) nicht ent- Das Publikum fing an zu rurnoren. Der Vorsitzende: .Sie
gehen zu lassen. Die Zeitungen schreiben auch nur irn Revol- sollen das aussagen?? ... « Aber weiter kam der Vorsitzende
verblattchenton, anstatt etwas >voll Nachdrud« zu erwahnen, nicht. lch sprang auf und wollte diesern Kerl an den Hals sprin-
was, um mit Hamlet zu sprechen, >den N arnen Tat verdiente<. gen. Meine beiden Anwalte sprangen dazwischen und bie\ten
Zu gem hatte ich vor Gericht noch fe stgestellt, daR ich acht- rnich fest. Der Vorsitzende schrie mich an: .Bleiben Sie auf
hundert Kilorneter weit hergekornmen w ar zur Zeugenaussage, Ihrern Platz und verhalten Sie sim ruhig. lm muS Sie sonst in
>wegen Verbrechens gegen die M enschlichkeit< gegen einen Strafe nehrnen. « Der uniforrnierte Gerimtsbeamte hatte mich
Mann, der rneines Wissens nichts getan hat, als unter den un- inzwismen fest gepackt, und der Oberstaatsanwalt &ah empOrt
vermeidlichen Gegebenheiten aufrichtig rnenschlich und künst- um sich. Der Zuschauerraum wurde zum Hexenkessel. Meiœ
lerisen gehandelt zu haben ... « Frau war nam vome zum Rimtertisch gegangen und &ah mkb
Das war das letzte, wa s wir von Frau Marian horten. lachelnd an. lm smrie: »50 will man die Ehre einer wbesthol-
tenen Frau mit Dreck bewerfen, urn die ganze Famille UP'~
Auch rneine Frau war von der Staatsanwaltschaft aIs Zeuge lim zu rnachen. Feine Methoden sind das, um den Adn ' - .
geladen. Schon frühmorgens um acht Uhr klingelte das Telefon. mus in Deutsmland zur Strecke zu bringen.. Der Vorsil_~';':\
Der Oberstaatsanwalt Dr. Krarner wollte wissen, ob meine forderte mim noch einrnal zornig auf, ruhig zu sem. XIIldifll@ib
Frau auch bestirnmt zur Zeugenaussage kornrnen werde. »Natür- aber sagte lamelnd: »Reg dim doch nidttauf,denUDù....
lien, sie ist doen geladen, Herr Oberstaatsanwalt«, war meine dom hier niernand.«

226
Dcr Vorsitzende war in sehr groBer Erregung. Er fragte
nen nicht absehbar waren. Goebbels schatzte auf der einen Seite
nlcine Frau, was sie dazu zu sagen hatte. Kristina lachte: "Was
sei ne künstlerische Potenz sehr, auf der anderen Seite hatte er
soll ich auf eine 50 unverschamte Dummheit sagen!«
sich nach meiner festen überzeugung ebenso wenig gescheut,
Der Vorsitzende wies den Herm Stenografen mit Schim f
und Schande aus dem Gerichtssaal. " Nein - Sie haben au~h Harlan auf irgendeine Weise seine furchtbare Macht fühlen zu
lassen. «
nicht mehr das Recht, sich vor Frau Soderbaum oder vor dem
Gericht zu entschuldigen!!« schlolS der Vorsitzende zittemd vor Zu der gleichen Ansicht kam Willy Forst, den ich seinerzeit
Zorn die Vernehmung. von der Rolle des "J ud SüE,( durch ein geschicktes Manover
befreit hatte.
Der grolSe Charakterschauspieler Paul Henckels, selbst Halb- »!ch bin der überzeugung, daIS Harlan dem Befeh! des Mini-
jude und mit der jüdischen Schauspielerin Thea Grodschnisky sters Goebbels, den Film , Jud SülS< fertigzustellen, in keiner
verheiratet, aulSerte sich vor Gericht ais Zeuge ahnlich wie Weise ausweichen konnte, wenn er nicht sein Leben oder seine
Wolfgang Liebeneiner. Er schilderte den Eindruck, den der Freiheit ernsthaft in Gefahr bringen wollte.«
Film auf ihn, der doch unter dem Antisemitismus in einer ganz Willy Forst sprach davon, auf welche Wei se ich ihn von der
personlichen Gefahr stand, wahrend der Zeit gemacht hatte, Rolle befreit hatte und schloS:
fiir die er gedreht worden war. Seine Zeugenaussage begann »Wenn Goebbels mich z. B. nach dem Gesprach von Harlan
mit den Worten: nach Berlin hatte kornrnen lassen, mir dort personlich erkliirt
"AIs der Film , Jud SüI5< fertiggestellt war, habe ich ihn mir hatte, daS ich die Rolle des ,Jud SüI5< spielen müsse, 50 glaube
mit meiner Frau in einem kleinen Nachspielkino angesehen, ich, daIS auch ich mich seinem Befeh! hatte fügen müssen.«
weil wir damals selbst darüber urteilen wollten, was an die sem Alle Aussagen deckten sich mehr oder weniger. Der ehe-
Film dran war. Wir gingen in der Erwartung hin, einen fürch- malige Reichsfilmintendant Dr. Hippler meinte, »dalS Goebbels
terlichen und tollen Angriff auf das jüdische Volk zu erleben. nur darauf gewartet hatte, daIS ihm einmal ein Filmschaffender
lm Verlauf der Filmvorführung stellten wir fest, daIS dem nicht ein definitives Nein ins Gesicht sagte. Er hatte dann vor den
50 war. Bei aller nicht wegzuleugnenden Tendenz des ,Jud SülS<
Augen aller ein Exempel statuiert. Darum gibt es auch keinen
hat Harlan es verstanden, diesen Film 50 zu gestal ten, daIS die einzigen Filmschaffenden, der jemals bis zur letzten Konsequenz
Hauptfigur des' Jud SüI5<viele menschliche Sympathien auf sich dies es Nein gesagt hatte.« Er zitierte einen wütendenAusspruch
konzentrieren mulSte. Marian hat zweifellos un ter der bekann- von Goebbels, den er einmal gebraucht hatte: "Ich werde den
Filmleuten Korsettstangen einziehen, damit sie parieren. Bei
ten Suggestionskraft des Regisseurs Harlan die Rolle des J ud
einer Weigerung werden sie hier im Hof des Ministeriums hin-
SüIS 50 sympathisch wie moglich dargestellt. Es fiel viel Licht
auf die Figur des Juden, wahrend die Gegenseite - der würt-
gerichtet.« Das gleiche sagte auch der Zeuge von Allworden aus,
der ein Amt in der Reichsfilmkarnrner hatte.

tembergische Herzog -, von Heinrich George aIs ein hochfürst-
liches Schwein dargestellt, alles andere aIs sympathisch wirkte.
Mir scheint aber über diese vorhergehenden Aussagen hm-
Meines Erachtens hat Harlan aus dem nun einrnal tendenzios en
aus die Aussage eines alten jüdischen Mannes noch wesentlicher
Stoff ein Kunstwerk zu schaffen versucht.«
Nach langerer Vernehmung schloB Paul Henckels seine Aus- zu sein.
sage: Der Zeuge Dr. Leopold, Vorsitzender des Vereins .. Oie von
Theresienstadt«, der von der Gestapo blindgeschlagen WOl'-
"lch bin fest davon überzeugt, daIS Harlan die Arbeit an dem
Film , Ju d S"Q den war und bis zum bitteren Kriegsende durdl mehrere Kon-
w:.< nt'ch t h"atte ablehnen konnen oh ne sich denkb ar
zentrationslager geschleift wurde, hatte den Film ,.Jud Sfiic
grolSten Schwierigkeiten und Folgen auszus~tzen, die im einzel-

228
vor seiner Verhaftung zweimal gesehen und sagte fol gen d es Zeuge Dr. Leopold : "Wcr das sagt, hat die Verhaltnisse nicht
aus: gekannt.«
"ln meiner ganzen langjahrigen
. KZ-Zeit is t von allem an d e- Gerichtsvorsitzender: "War das Publikum ruhig, als Sie den
ren gesprochen worden, nur rucht von dem Film ,Jud Süfk lch Film sahen? «
habe diesen Film 1:940 in Berlin gesehen und ihn nicht Zeuge Dr. Leopold: »Ja, vollkommen ruhig, keine Spur von
schlimrn empfunden wie den Roman, der von dem jüdisch:~ Leuten, die sich aufgeregt haben. AIs sie rausgingen, sagten
Schriftsteller Lion Feuchtwanger geschrieben wurde. Auf keinen einige: ,Das grafSte Schwein war der Herzog!< Warurn soli ich
F~I war in dem Film eine Tendenz, . die das Volk in Rage etwas anderes sagen aIs das, was wirklich war? Jedenfalls war
bnngen konnte. lch lehne, genau Wle der mir verbundene ich erstaunt, dafS in dem Film weniger Antisemitisches enthalten
Oberrabbiner Dr. Baeck, eine Kollektivschuld des deutschen war, als in der Historie steht.«
Volkes ab. lch habe die Judenverfolgung erlebt, ich will keine
Ais letzte Zeugenaussage 5011 der danische Dolmetscher Ed-
Christenverfolgung. lch war deutscher Staatsangehariger und
gar Dierks zu Worte kommen. Er hatte der Uraufführung des
freue mich, d~ ich es heute wieder bin. lch spreche hier ais
Films in Kopenhagen beigewohnt und schilderte die fragliche
Jude und hachstens noch als Vorsitzender meines Vereins. Wir
Premieren vOfstell ung folgenderm~en:
haben keine Lust, Rache mit Rache zu vergelten .« » Das Theater war ausverkautt. Es war zu drei Vierteln mit
Gerichtsvorsitzender : "Wir, Herr Dr. Leopold, müssen ab- danischem publikum besetzt und zu einem Viertel mit deutschen
~rteil~n. Davon kommen wir nicht weg, 50 edel lhre Einstellung Soldaten. Aus verschiedenen AuRerungen in meiner Nahe sit-
lst. SIe sagen also, Sie haben durch den Film , Jud Siill< keine zender Danen, die sich vor Beginn des Filmes unterhielten, ent-
Nachteile empfunden?« nahm ich, d~ sie ein übles antisemitisches Stück zu sehen
Zeuge Dr. Leopold: "Nein! Wir haben doch taglich etwas erwarteten, auf das sie mit pfiffen und Starungen zu reagieren
Furchtbares erlebt. Es war viel schlirnmer, wenn platzlich zwei- beabsichtigten. Es ist dann nichts dergleichen erfolgt. Ganz
hundert Mann verhaftet wurden. Oder als wir den Stern tragen offensich tlich ha tte der Film eine andere Wirkung, als sie vor-
muRten. Diese MafSnahme der Regierung hatte beirn publikum her von den Danen erwartet worden war. Es erfolgte nicht ein
das Gegenteil ausgelast: Die Leute sind auf der StrafSe stehen- einziger Zwischenruf oder Pliff und schon gar nicht das übliche
geblieben und haben gesagt: Man mufS sich schamen, ein Deut- hahnische Gelachter, das bei der Vorführung jeder deutschen
scher zu sein, wenn 50 etwas in unserem Lande maglich ist. Das Wochenschau in diinischen Lichtspielhausem sofort einzusetzen
deutsche Volk war nicht antisemitisch in seiner Gesamtheit. pflegte, wenn etwa ein deutsches Flugzeug ein feindliches ab-
Dann waren wir, die überlebenden, auch nicht aus dem KZ schog oder irgendwelche sonstigen deutschen Erfolge an der
~a~ Deutschland zurückgekommen. lch habe hier gesagt, daB Front gezeigt wurden. Das Publikum verhielt sich die ganze
lch lm KZ war. Von den vielen Einzelheiten habe ich gar nichts Zeit über vollkommen ruhig. Nach SchluR der Vorstellung war
gesagt. lch habe Zwischenfalle erlebt, die furchtbar waren, z. B. unschwer zu erkennen, d~ der Film eine gToge Wirkung aus-
ais ich abgeholt wurde, um erschossen zu werden. DaB 50 etwas geübt hatte. Beim Hinausgehen aus dem Lichtspielhaus entnahm
ne.rvos .macht, kann ich wohl sagen. Aber ebenso geniere ich ich aus vielen AuRerungen in meiner Umgebung, d~ das
rruch rucht zu sagen, d~ der Film ,Jud SüfS< nicht den gering- danische Publikum besonders von der Darstellung des Juden
sten EinfluR auf das Geschehen hatte.« SüfS tief beeindruckt war und diese Gestalt aIs sympathisch dar-
Gerichtsvorsitzender: "Es wird dem Angeklagten aber zurn gestellt empfand.«
V~.~rf gemacht, dafS viele MafSnahmen gegen die Juden nicht
~oglich gewesen waren, wenn das Volk durch diesen Film
rucht stumm gemacht worden ware.« 231.

23°
Tumulte im Gericht
Ais dann der Journalist Giordano, ein Vertreter der kommu-
Da der ProzeB eindeutig die Schuld, die man mir aufladen nis tisehen Presse, in den Saal sehrie: .Es sitzen hier nur Anti-
\Vollte, ais eine Schuld anderer offenbar werden lieB, hatten sich semiten im Saal! Das sage ieh ais ehemaliger rassiseh Verfolg-
meine Gegner eine besondere Sensation ausgedacht, mit der sie ter. Es ist ja zum Kotzen! « ging ein regelrechter Tumult im
Publikurn 105.
dem ProzeB eine entscheidend neue Wendung geben wollte n.
Der Geriehtsvorsitzende klopfte energiseh auf den Tiseh und
Sie planten einen handfesten antisemitischen Skandal, um in
rief : »leh lasse den Saal raumen und unterbreehe die Verhand-
Deutschland und im Ausland Emporung gegen die Führung des
lung !«
Prozesses und mich hervorzurufen. Kaum hatte der Vorsitzende das ausgesproehen, da braeh wie
Die Journalistin Karena Niehoff, die bei dem Autor des auf Kommando ein ohrenbetaubendes Johlen und Pfeifen aus,
ersten »Jud-SüB«-Drehbuches Metzger im Jahre 1939 Sekre- das aueh noch spa ter auf dem Geriehtskorridor weiterging. Es
tarin war, erschien ais Zeugin. Sie hatte die Stirn zu behaupten, wurde eine Menge kleiner Hakenkreuzehen aus hartem Silber-
daR das ers te Drehbuch ihres Freundes Metzger und die Arbeit papier im Geriehtssaal verstreut. Auf dem Korridor fielen wüste
von Moller weniger antisernitisch gewesen seien ais das von antisemitische Ausdrücke, unter denen das Wort »Judensau"
mir redigierte Drehbum. Spa ter behauptete sie allerdings plotz- noeh zu den sanften gehorte.
lich, sie habe keines der beiden Bücher gelesen. Das ers te Dreh- Die Polizei versuehte, im Geriehtsgebaude die feindliehen
buch stand nimt mehr zur Verfügung, aber es hat keinen unter Parteien notdürftig auseinanderzuhalten. Sie wartete auf das
den fünfzig Zeugen gegeben, die, soweit sie beide Drehbücher inzwisehen herbeigerufene überfallkornrnando. leh beobaehtete
kannten, nicht mit Vehemenz das Gegenteil behaupteten. Aus alles sehr genau und bat meinen Freund Hans Domnick, mit
einem von Brauer veroffentlichten Artikel, in dem der 1nhalt dem ich spa ter meinen ersten Nachkriegsfilm drehte, sieh genau
des ersten Drehbuches erzahlt wurde, ging auch deutlich genug die Personen zu merken, die antisemitisehe Bemerkungen maeh-
hervor, daR das erste D rehbuch einen klaren »Pogrom-Film« ten und sie der Polizei zur Anzeige zu bringen. Hans Domnick
zurn Ziel hatte. notierte aueh prazise die antisemitisehen und die nazistischen
Da Karena Niehoff Halbjüdin ist, ergaben sich aus der Be- Ausrufe, die im Gerichtssaal und dralillen auf dem Korridor
ziehung, die sie zu Metzger in der Hitler-Zeit gehabt hatte, fielen. Ais dann das überfallkornrnando kam, wurden die Leute
einige komische Bemerkungen und Situationen, die vom Ge- festgenommen, ihre Namen festgestellt und auE Anweisung
rieht aus gar nieht 50 gemeint waren. Niemand im Gerichtssaal des Prasidenten wieder entlassen.
daehte daran, dieser Beziehung eine 1ntimitat zu untersehieben. leh erklarte dem Gerieht sofort: »leh oder etwa Freunde von
Lediglich dureh die Antworten von Karena Niehoff wurden die mir haben mit dem abscheuliehen Skandal niehts ru tun. Es
Fragen des Vorsitzenden in ein kornisches Licht gerückt, und steht wohl eindeutig Fest, daR die antisemitisehen Auswürfe
zwar 50 stark, daR im Publikum laut gelacht wurde. mir vor der tlffentliehkeit sehaden sollen."
Ais einige schrnissig formulierte Abwehrbemerkungen von Am naehsten Tag ging dann genau das durm die Zeitungen
Karena Niehoff das Publikum wieder einmal zum lauten Lamen des 1n- und Auslandes, was die Unruhestifter für ihr jlinunel'-
liches Ziel brauchten. Die Hauptübersmriften lauteten: .Anti-
veranlaRten, rief der Oberstaatsanwalt Dr. Kramer aus:
semitischerTumult umHarlan!« »DenAnfangen wehrenlc .Sie
» Es ist unertraglieh, unter die sem Druck verhandeln zu müs-
sen. Es sitzt hier nur nazistisches Publikum im Raum!! « wittern schon wieder Morgenluft« »Gerneine neofasdùstische
Natürlich knallte dem Oberstaatsanwalt aus dem publikum Judenhetze im Harlan-ProzeB!« und ahnlimes rnehr. 50 llIS
eine emporte Antwort entgegen _ darunter aum ein lautes man es in New York, in London, Paris, Wien, Berlin. in ta......
»Frechh.ei t! !« wichtigen und unwichtigen Blattem und Blli.ttmen.
Die Parteizeitung des Hamburger Bürgenneisters Brauer, d as
SPD-Organ »Hamburger Echo«, schrieb unter der überschrift: lch wurde im ersten ProzeB auf Kosten der Staatskasse frei-
»\,\'aren es die Komparsen des Herrn Harlan?!« unter anderem gesprochen. Meine persanliche Schuld oder meine persanliche
folgendes: Beziehung zum NationalsozialiSffius wurde gar nicht weiter
"Diese skandalasen Vorgange werfen ein grelles Licht auf untersucht, weil das Gericht nach fünfrnaliger Vorführung des
jene Kreise, die skrupellos in echter Nazi-Manier das Ansehen Films und nach der Verwertung von über hundert Zeugen-
des deutschen Volkes in der Welt erneut aufs Spiel setzen. Was aussagen zu der überzeugung gelangt war, daB der Film selbst
haIt Harlan von dieser Gesellschaft, die für ihn in die Bresche kein »Verbrechen gegen die Menschlichkeit« darstelle. Der
springt? Oder war es gar eine eigene Regiearbeit?! « Film wurde freigesprochen und ich nur deshalb, weil der Film
eben nicht aIs Verbrechen angesehen wurde. Der Freispruch
Ein Sturm der Entrüstung brach los. Die Abscheu gegen mich
war hachst unangenehm. Er lieB, was meine Person betrifft,
kannte keine Grenzen. Selbst Bundeskanzler Adenauer drückte
alles offen.
sein tiefes Bedauern über die antisemitischen Tumulte aus, die
Der Oberstaatsanwalt legte Revision ein *.
»rur Harlan « wahrend des Prozesses var sich gingen.
Das Oberste Gericht in Kain prüfte das Revisionsgesuch des
Die Sache wurde indessen untersucht und der ehrenhafte Oberstaatsanwalts und entschied, daB dem Antrag zu folgen
Oberbürgermeister Brauer aus Harnburg lieB anschlieBend fol- sei. Es erklarte, daB der Film» Jud SüB« - gleichgültig, welche
gende Presseerklarung in die Zeitungen setzen. effektive Wirkung er gehabt haben mochten - entgegen den
"In meiner Eigenschaft ais Polizeiherr Harnburgs mws ich zahllosen Zeugenaussagen ais »Verbrechen gegen die Mensch-
mein Schweigen im Hinblick auf die Vorkommnisse im Harlan- lichkeit« festgestellt werde und daB das Schwurgericht der
ProzelS brechen, nachdem der Bundeskanzler und das gesamte zweiten lnstanz diese Feststellung des Obersten Gerichtes für
Ausland Stellung dazu genornmen haben. Es handelt sich bei die kommende neue Vemehmung als GrundIage zu übemeh-
dem >antisemitischen Skandal im Harian-ProzeB( um den ge- men habe. Das Oberste Gericht bezog sich in der Begrundung
glücktesten raffiniertesten Trickfilrn, den uns die Kornmuni- seines Urteils ausdrücklich auch auf das Ansehen Deutschlands
sten jemals vorgeführt haben. Die Rollen waren genau verteilt. im Ausland, das erneut geschadigt werden würde, wenn man
Jeder Agent und jeder Provokateur stand auf seinem Platz, diesen Film nich tais verbrecherisch bezeichnen würde.
um das zu diesem Zweck notwendige antisemitische Stichwort lmmerhin hat dann der groBe Rechtsgelehrte Prof. Dr. Her-
zu geben. Die Vorgange standen in engstem Zusammenhang bert Kraus aus Gattingen, der im Nürnberger ProzeS gegen
mit anderen provozierenden Vorfallen, die von der kommu- »die Hauptschuldigen« dem lntemationalen Gerichtshof mit
nistischen Partei in Harnburg inszeniert ward en sind. seinem umfassenden Wissen halE, ein Rechtsgutachten über
Hamburger! LaBt Euch nicht von Provokateuren miBbrau- die dama lige Anschauung des Obersten Gerichts in Kain ab-
chen, denn auch bei den Kundgebungen auf dem Korridor var gegeben, welches nachweist, daE die Haltung dieses Urtells
dem Schwurgerichtssaal wurde festgestellt, daB die Zeugin von Kain unrechtrnalSig ist.
Niehoff die Zuharer mit dem Schimpfwort >Nazi-Schwein< titu-
lierte, bevor dann die ebenso bedauerliche Beschimpfung ,Ju-
densau( fiel. Aber: Die Frau, die dieses Wort sagte, ist - ich
drücke mich sehr vorsichtig aus: in der Umgebung einer ost-
lichen Vertretung zu ~uchen! An der graBen ,antisemitischen
* Eine Revision kann sich z. B. auf die Verletzung eines geltenden
Demonstration<ist kein Wort wahr. lch sage das in voiler Ver- Gesetzes stützen. Wird der Revisionsantrag anerkannt, so muB das
antwortung, denn ich habe kein Recht mehr es zu verschweigen. Schwurgericht erneut über den Gegenstand des Prozes,es verhan-
Es ist notwendig festzustellen, was des Pud~ls Kern ist.« deln.

2'54
Der zweite Schwurgericht5prozefS
Gruppenfüh rer aussagen, daB ich mich mit aller Deutlic:hkeit
Es wurde also eine zweite Instanz anberaumt, die wiederum und mit einem auBergewohnlic:hen Mut, den er sonst nic:ht
sechs Wochen dauerte. Diesmal sollte mein personliches Ver- kannte, gegen den Nationalsozialismus und gegen Goebbels
halten untersucht werden und nicht mehr der Film. geauBert hatte.
Wir waren schon wahrend der ersten Verhandlung nach Das Verfahren ging also von neuem los. Ais ic:h den Ge-
Berlin geflogen und hatten Sitzungen in Moabit. Wir fuhren richtssaal wieder betrat, blitzten die Kameras der Reporter.
Jeder Richter saR an sei ner Stelle. Auch der Oberstaatsanwalt
auch nach München, wo der Schriftsteller Walter Kiaulehn
Dr. Kramer. Rechts saB die Presse, links saB der Nebenklager,
vernommen wurde, der über den Schriftsteller Wolfgang Eber-
dessen Klienten sich schon in den ersten Tagen des ersten Pro-
hard Moller, der das Drehbuch zum »Jud SüE« geschrieben
zesses von dem ProzeB zurückgezogen hatten. Sie, die im KZ
hatte, etwas Wesentliches auszusagen hatte. Wolfgang Eber- gesessen hatten, hatten damaIs den Film zu sehen bekommen
hard Moller hatte namlich drauBen im Felde in einer sehr hoff- und erkHirten sich durch den Film für beleidigt. Auf solche
nungslosen soldatischen Situation seinem Kameraden Walter Weise wurden sie zu Nebenklagern gemac:ht. Sie hatten eine
Kiaulehn mitgeteilt, daE er glücklich sei, daR Veit Harlan sein wahre Not erlebt, die sie in diesem ProzeB, wie sie mir sagten,
Drehbuch verandert und aus einem bosartig antisemitischen eher persifliert aIs angeklagt sahen. Sie horten sic:h einige Tage
»Jud SiiE« eine Art »Rathenau-Figur« gemacht habe. die ers ten Vernehmungen an, dann hatten sie genug von dem
Wir fuhren aueh in das Zuchthaus nach Landsberg. Ais wir ProzeB. Zwei von ihnen besuchten mich zu Hause, und zwar
dort zur Vernehmung geführt wurden, erschien der inhaftierte mit ihren Frauen und Kindern. Alle fünf wollten nic:ht langer
Gruppenführer Mummenthey. Er hatte von meinem ProzeR Nebenklager sein.
in der Zeitung gelesen und hatte sich zu Wort gemeldet. Meine Anwiilte waren diesmal sehr pessimistisch.
Ich glaubte, das Gesicht Mummentheys wiederzuerkennen. Der Staatsanwalt hatte in der ersten Instanz zwei Jahre
Etwa im Jahre 1.943 war er zu mir in mein Haus in der Tannen- Gefangnis und hunderttausend Mark Geldstrafe gefordert.
bergallee in Berlin gekommen, weil er für seinen obersten Mit einer ahnlichen Strafe miiEte ich nun rechnen - meinten
Chef, den Obergruppenführer PohI *, ein Geschenk haben die Eingeweihten. .
wollte. Mummenthey hatte irgendwo in einem Interview ge- Der wesentlichste Teil der Vernehmung begann darmt, d~
lesen, daR ieh einen OriginalbefehI von Friedrich dem GroRen der Vorsitzende auf einen groRen Berg Briefe hinwies, der vor
besaB. Er bot mir sehr viel Geld dafÜI an, wenn ich ihm dieses ihm auf dem Richtertisch lag, und erklarte, daR man mit Hilfe
historische Dokument überlassen würde. Es sollte ein Geburts- bestimmter Leute in den Besitz zahlreicher Briefe gekommen
tagsgeschenk des Stabes an den Obergruppenführer werden, sei. Es waren Briefe, die ich an die Reidtsfilmkammer, an die
der den Konig sehr verehrte. Ieh hatte nicht die Absicht, dieses Reichschrifttumskammer, an das Propagandarrurus " tenurn
' oder
Dokument zu verkaufen - schon gar nicht für den Obergrup- an Goebbels selbst geschrieben hatte. d
penführer Pohl-, und sagte dies in aller Offenheit. Der Vorsitzende fragte mich, was ich selbst zu diesern. Fun
Der Gruppenführer Mummenthey sprach dann über die Ge- zu sagen hatte. !ch erklarte damais, daR in bezug auE natJ~nal-
schichtsfalschung im Film "Der groRe Konig«. leh setzte ihm . l'lstlsche
sozla . .
Bekenntmsse . k'
m emem Bn'ef mehr stehen ." konne
die Schamlosigkeit auseinander, mit welcher zugunsten irgend- ais hochstens die Unterschrift »Heil Hitler«, denn ldt hatte
eines Propagandazwecks im Film die Geschichte 50 verandert niemals Briefe wirklidt natlOna. 1sozla. l'15 t'ISUI
-'-en Inhalts an Be-
wurde wie das gerade paRte. Nunmehr wollte der ehemalige horden Privatpersonen oder gar an Goebbels gesdtrieben...
Diese' Aussage bestatigte der Vorsltzende
. al5 n·dttig. Natür-
W
• Oswald Pohl, 55-0bergruppenführer und General der Waffen- . ·dttige en-
55. Chef des 5S-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes. lich standen in den Briefen hin und Wlecler VOrsl
dungen - denn ich war ja kein Selbstmorder -, aber es war eb
ein einziger nationalsozialistisches oder gar antisemitischen sim das, was sich in Deutschland "Pressefreiheit« nennt, in
Bekenntnis in ihnen zu finden. Auch nicht der Ausdruck m ~s grausarns ter Weise an mir aus. Meine Nerven reichten ja noch
nes Willens, den Film »J ud SülS« zu machen Proteste el- aus, es zu ertragen. Aber meine Frau brach irnrner wieder unter
. . gegen der Wucht der Angriffe vollig zusarnrnen und wurde schwer-
die Beauftragung standen dagegen m den Briefen.
Nun mulSten in den kommenden Wochen sehr viele Ze ugen krank.
Wir hatten kein Geld aus der Hitler-Zeit hinüberretten kën-
die schon irn ersten ProzelS aufgetreten waren, noch einrnal er~
nen, denn wir waren an unseren Filmen nicht beteiligt gewe-
scheinen. Einige, wie z. B. der Schauspieler Eugen Klopfer und
sen. Also mulSte im Geld verdienen. lch wollte meiner Frau,
Frau Mari~, ,:aren to.~. ~.ber ~lIe anderen erschienen und ga- die mir ihreJugend, ihrTalent und ihre unbeschreiblicheSchën-
ben mit pemhcher PraZlSlon Ihre Erklarungen ab, denn sie
heit geschenkt ha tte, wieder ein würdiges Leben verschaffen.
wurden 50 lange ausgefragt, bis sie wirklich nichts mehr wul5- GewilS war es ein Fehler, dalS ich Arbeiten annahrn, die künst-
ten.
lerisch unwürdig waren. Würdige bekam ich aber nicht. Doch
Dieser ProzelS dauerte gualvolle sechs Wochen, in dem sich hoffte ich, auf diese Weise wenigstens in den Film zurückzu-
taglich die gleiche Marter wiederhol te.
kommen.
Es gab auch Zeugen, die gegen mich aussagten. D as waren lch karn auch sch!iel5lich zurück in die Fihnindustrie. Mit dem
aber Leute, die gar nichts über mich und meine Tatigkeit wul5- ersten Film hatte ich grolSes Glück. Dieses Glück hieS: Hans
ten - sie machten nur ihrem begreiflichen HalS gegen ihre ehe- Domnick. Mit ihm machten wir unseren ersten Nachkriegsfilm
maligen Peiniger LuEt, indern sie ihrem Abscheu über den Film "Die unsterbliche Geliebte«.
und über mich Ausdruck gaben. lnwieweit ich selbst schuld Wenn auch die Presse auf mich losdrosch und 50 über mich
oder ein tatiger Antisemit war, konnten sie nicht wissen. Darurn schrieb, ais ob ich ein vollkommen talentloser Lürnrnel ware,
hatten diese Aussagen irn Grunde mit mir gar nichts zu tun. wenn auch kein Superlativ ausreichte, meine und Kristinas
Was keiner - aulSer mir - vorher angenommen hatte, trat künstlerische Niveaulosigkeit ar!Zuprangem, sa hatte doch das
sch!ielSlich ein: lch wurde auf Kosten der Staatskasse - dies- Filmtheaterpublikum eine ganz andere AuHassung von diesem
mal beweiskraftig - freigesprochen. Der Film wurde - der Film. Es wurde auch versucht, einen Boykott zu inszenieren.
Forderung des Obersten Gerichts entsprechend - aIs "Verbre- Er wurde aber durch zwei lnstar!Zen der Hamburgismen Ge-
chen« bezeichnet. richte verboten, weil ein »Freigesprochener« solcher Ungeredt-
tigkeit nicht ausgesetzt werden darf·. Meine vëllige Sdtuld-
losigkeit wurde von den Landgerichten emeut betont.
Nachkriegsfilme und Krawalle Gerade der grolSe Publikurnserfolg des Films »Die unsterb-
liche Geliebte « war für rnich gefahrlich. Politisme Organisa-
Nachtraglich bin ich mir gar nicht sicher, ob ich mich freuen tionen - und namentlich Studenten - machten MassenUIIlZÜge,
solI, vollig straflos ausgegangen zu sein. lch bekam namlim um zu verhindern, dalS mein Film aufgeführt wurde. Mein .
von denjenigen, die geeignete Machtmittel dazu besalSen, eine damaliger Rechtsanwalt Dr. Hans Latemser führte zwar ln
Strafe ganz besonderer Art. M an machte uns n amlich das, was mehreren Stadten Prozesse und gewann sie natürlich aum, aber
wir am meisten lieben und worur wir leben : die künstlerische die Krawalle hauften sich doch. Sowohl in der UniversWitsstadt
Arbeit - vollkornrnen unrnoglich. Gottingen wie in Freiburg und in anderen Stadten schlug~ sim
W~enlang stand Tag rur Tag in irgendeiner Zeitung ir- die aufgehetzten Menschen auf der StralSe die Këpfe blutig.
gendeme erfundene Gemeinheit über mich _ und bei entsmei- • 1958 enlschied das Bundesverfassungsgericht, da8 der Boykott
denden Anlassen, z. B. bei Aufführungen meiner Filme _ tobte rechlmaBig war.

238 239
Ich unternahm in dieser Zei t eine Vortragsreise durch di
grogten deutschen Universitatsstadte und sprach oft vor viele: Ais ich nun ais zweiten Film das Drehbuen nach einem
tausend Studenten. In Marburg z. B. hatte ein Kinobesitzer Theaterstück von Richard Billinger inszenieren durfte., hatte
sein Kino zur Verfügung gestellt, das etwa tausendvierhundert ich eine groge künstlerische Karte in der Hand, die ien ganz
Leute fassen konnte. Zum Entsetzen des Besitzers war es mit grog auszuspielen gedachte.
zweitausend Menschen besetzt. AIs ich vor die Rampe trat Aber die Studentenkrawalle hatten den Firmenenef nervos
also direkt vor die erste Reihe des Publikums, empfing rnich gemacht. Obwohl samtliche Schauspieler fiir den Film bereits
ein ohrenbetaubender Lann. Die Zweitausend schrien und engagiert, die Kostüme fertig waren und wir bei den AuBen-
brüllten. Neben mir stand ein freundlicher Berliner Chauffeur, aufnahmen in Seeshaupt in Oberbayem s~en, ersenien plotz-
den mir die Finna für die Fahrt durch die Stadte mitgegeben lich ein Herr des Verleihs und unterbrach unsere Arbeit auf
hatte. Er meinte: »lch glaube, wir hauen lieber ab, Herr Har- vierzehn Tage. Der Film m~te umgesenrieben werden.
lan, das wird hier nischt! « An einem grog en dichterischen Gedanken wurden nun syste-
Ich war anderer Meinung. lch wartete. Und aIs nach etwa matisch Zerstorungen vorgenommen, die sowohl den Dienter
ais auch den Regisseur und die Schauspieler schadigten. Ganz
zehn Minuten der Lann ein wenig abebbte, rief ich, 50 laut
ge~ aber auch das Geschaft. Durch die Krawalle war meine
ich konnte, in den SaaI: »lch warte 50 lange, bis Sie heiser sind,
Macht, die se Veranderungen zu verhindem, 50 eingeschriinkt
meine Herren. Wer mich nicht horen will, kann ja gehen. «
worden, dag ich froh sein m~te, d~ man mien nient einfaen
Darauf setzte der Lann tobend neu ein. Der freundliche Chauf-
vor die Tür setzte, was spa ter sch!ieglich auch noch gesenah.
feur, der fiir mich fürchtete, meinte: »Die Menschen werden
50 gut wie aile Filme bekamen in dieser Zeit entweder vom
sich auf Sie stiirzen, Herr Harlan.« lch antwortete ihm: »Zwei-
Bund und den Landem oder von einer Stadt Subventionen, die
tausend Studenten schIagen nicht auf einen einzigen.« lch war- man »Bürgschaften« nannte. Nur Filme von mir bekamen
tete also wei ter. AIs es dann nach einer Viertelstunde leiser diese Subventionen nicht, weil Veit Harlan solener Subventio-
wurde, begann ich mit pfeifender Stimme meinen Vortrag. nen »nicht würdig« war. Es bedeutete also fiir einen Produzen-
Aber ich konnte sehr baId leise weitersprechen, denn die Stu- ten ein grog es Risiko, wenn er überhaupt mit mir Filme zu
denten begannen zuzuhëren. lch sprach etwa drei Stunden. machen wagte.
Ais ich in tiefer Nacht geendet hatte, stand der Vorsitzende Damais und spater, wenn ich etwas Ungewohnliches, was mir
des AStA auf und fragte die Anwesenden, wer von ihnen künstlerisch notwendig zu sein sclùen, durchsetzen wollte, hieS
darur sei, dag nach diesem Vortrag Veit Harlan weiter Filme es stets: »Einen Film mi t Ihnen zu machen, ist ohnehin ein
machen dürfe. Er bat die Betreffenden, die Anne zu heben. Problem rur uns. Ist es Ihre Million, mit der dieser Film ge-
Es sclùenen aile zu sein. Dann machte er die Gegenprobe. lch macht wird, oder unsere 7 Für mein Geld aber will ien das ge-
glaube, d~ sich etwa runf bis sieben Arme erhoben. macht haben, was ich für richtig halte.« Ien muBte also dank-
Der Vorsitzende des AStA verlangte am Schlug im Namen bar sein, un ter solchen Umstanden überhaupt Auftrage zu
seiner Organisation, dag ich den gleichen Vortrag am Sender bekommen.
in Frankfurt halten solle. Es waren dann Millionen Zuhéirer, Schlieglich erklarten einige Herren der Stadt Münenen, daB
von denen einige, falls ich irgendwo etwas Fehlerhaftes be- der betreffende Verleih, bei dem ich arbeitete, mien zu entlas-
hauptet hatte, sich sehr schnell mit ihrem Wissen einschalten sen habe, sonst würde die Stadt auch für die anderen FÙlne
konnten. Sowohl die Studenten wie auch ich stellten einen ent- des Verleihs keine Subventionen mehr geben. Die Folge clavon
sprechenden Antrag an den Frankfurter Sender. Der Studen- war, dag meine Frau und ien entlassen wurden.
tenantrag wurde auch in den Zeitungen abgedruckt. Aber der
Sender in Frankfurt reagierte überhaupt nicht. • »Hanna Ammon«, erster Drehtag am 16. August 1951 •
Es dauerte zwei Jahre, bis ich wieder einen Film machen
konnte. Géittingen, wo wir den Film drehten, wiederum StralSenkra-
Ich führte einen Proze15 gegen die Stadt, der schliel5Jich mit walle. Wir wurden taglich mit 50 viel Dreck zugedeckt, 50 viel
einem Vergleich endete. Dieser Vergleich kam einem Gewinn Lüge und Verleumdung beherrschte unser Leben, daIS weder
des Prozesses gleich. Ich hatte auch auf ein Urteil drangen Kristina noch ich in der Lage waren, unter den obwaltenden
und einen sehr hohen sechsstelligen Schadensersa tz von der Umstanden einen »Ieichten fréihlichen Film« zu machen.
Stadt München verlangen konnen, aber mir lag daran, Frieden Ich versuchte schlielSlich, den Film loszuwerden und bat mei-
nen Freund Geza von Bolvary, der ein guter Lustspielregisseur
zu haben. Die Stadt München erklarte in dem Vergleich, den
war, ihn für mich weiterzumachen. Aber Geza von Bolvary
Inhalt meines Hamburger Schwurgerichtsurteils »nicht ge-
glaubte, das nicht tun zu dürfen. Er sagte ab.
kannt« zu haben, auch daIS sie sich niemals gegen mich aus-
!ch wu/5te, daIS dem Film »Die blaue Stunde« kein Erfolg
gesprochen hatte, wenn sie ihn gekannt hatte. Sie gab die Ga-
beschieden sein konnte, und schlolS darum einen Vertrag bei
rantie, mir in Zukunft bei der Arbeit keinen Stein mehr in den einer anderen Firma ab, die uns verpB.i.chtete, zwei Zirkusfilme
Weg zu legen. Die Kosten des Prozesses trug die Stadt. in Indien zu drehen.
Aber Frieden bekam ich damit trotzdem keinen, und auch Ich hatte diese Filme angenommen, weil Kristina in ihnen
für künftige Filme keine Subventionen. Der vorteilhafte Ver- wenigstens beweisen konnte, daIS sie eine grolSartige Schul-
gleich vor Gericht gab mir bei den Zeitungen gewisserma15en reiterin ist - denn auf dem Rücken der Pferde war Kristina
den Rest. Die Presse schaumte: »Harlan wirft man lieber ein aufgewachsen. Der Hauptgrund des schnellen Vertragsab-
paar hunderttausend Mark in den Rachen, aIs daIS man ihn schlusses war aber folgender: Einmal raus aus Deutschland!
noch filmen lalSt« (Mündmer Abendzeitung) . In Ceylon aIlerdings stellte sich nach und nach heraus, daIS
Zwei Jahre spater kam eine Firm a, die erklarte, ich dürfe ich unter véillig minderwertigen Bedingungen Minderwertiges
keinen weltanschaulichen und überhaupt k einen ernsten Film leisten sollte. Ich hatte weder das Geld, noch war ich »politisch
machen, das sei zu gefahrlich für Veit Harlan. Wenn ich aber frei«, noch hatte ich etwa EinBu/5 auf die Presse oder auf einen
einen Lustspielfilm machen wolle, dann ware diese Firma be- ma15geblichen Kulturkreis, mich gegen die kommenden Zumu-
reit, einen dritten Film mit uns zu starten. tungen aufzulehnen.
Ich nahm das Angebot an. Weil mir nichts anderes übrig- AIs wir nach München zurückkamen, brach das Chaos aus.
blieb. Wir mu!Sten ja leben. In einer Zeit, in der pausenIos in Eigentlich sollte der Film abgebrochen werden. Ich hatte nam-
lich die Halfte der Au/5enaufnahmen überhaupt noch nicht
den Zeitungen stand, daIS »Strome von BIut von Veit Harlans
drehen kéinnen. Es steckten aber schon weit über zwei Millio-
Handen flie15en« und in der andere Ehrabschneidereien und
nen Mark in dem Film und darum beschlo/5 die Firma, den Film
VerunglimpfungenKristina und mir das Leben zurHolle mach-
doch zu Ende zu machen. Finanziell hat sie darnit das Richtige
ten, sollte ich aIso einen Lustspielfilm schreiben. Die Firma,
getan. Künstlerisch war es fur mich ein furchtbarer Schlag.
von der ich das Angebot erhielt, machte den Film dann gar
Ich war aber nicht begütert genug, um rnich mit meiner Fa-
nicht. Eine vomehrne Géittinger Firma machte ihn. Den Ver-
milie zur Ruhe setzen zu kéinnen, und wollte daher nicht auf-
lust, den sie an diesem Film hatte , hat diese Firma wahrhaftig geben. Viele meiner gutgesinnten Kollegen kamen zu mir und
nicht zu verantworten. Daran sind die Verh1iltnisse bzw. ich sahen aIs Fachleute deutlich den Strick, der mir um den Hals
schuld. lch hatte in dieser Zeit niemals ein leichtes Lustspiel gelegt wurde - deutlicher, aIs ihn das Publikum zu sehen ver-
annehrnen dürfen, denn den frechen Witz, den ich noch bel mag. Aber keiner konnte sich offen fur mich einsetzen, weil
»Krach im Hinterhaus« hatte, besa15 ich langst nicht mehr. er sonst 50 fort die Presse gegen sich gehabt hatte. Einige Kriti-
lch glaube trotzdem, daIS der Film in seiner Drehbuchfo rm ker sagten es mir ganz offen ins Gesicht: »5ie konnen zappeln,
durchaus gut gelungen war. Aber bei der Arbeit gab es in
wie Sie wollen, wir lassen Sie nicht mehr hochkommen . Ih
Freispruch ist für uns ein stück Papier.« r
Ich versuchte es trotzdem und nahm nach heftigsten Kam _
fen um einen niveauvollen stoff schlieRlich den Film »Verr~t
an Deutschland« an. Die Umstande, unter denen dieser stoff
um den spion sorge vorbereitet und durchgeführt wurde
waren entsetzlich. Ich hatte einen ProzeR anstrengen müssen'
um von diesem stoff loszukommen. Was mir zugemutet wurde:
1 war ein klarer Vertragsbruch. Ich klagte erst im AnschluB an Ich habe qualvolle Stunden und Monate unter Goebbels und
den Film und gewann den ProzeR. Aber ich bekam keinen spa ter auf andere Weise in der Nadlkriegszeit durchlebt. Ich
niveauvollen Film. würde aber den Leser tausmen, wenn durch mein Buch der
Dann machte ich noch einige »Filmchen "'«. Am liebsten von Eindruck vermittelt würde, aIs sei ich die ganze Zeit über ein
diesen letzten t5richten Filmen ist mir noch der Film » Das unglücklicher Mensch gewesen. In der tragischen Hitler-Zeit,
dritte Geschlecht«. 50, wie ich ihn gedreht hatte, wurde dieser wahrend der ich das Alter erreichte, in dem der Künstler die
Film allerdings von der Freiwilligen selbstkontrolle verbo- voIle Hiihe seiner Schaffenskraft gewinnt, hat mich das Glück
ten n. Dort wurde behauptet, daR er sich gegen den Paragra- meines Berufes ott in unsagbarer Weise gesegnet. Mein Schick-
sal, das mich meine Frau finden lieS, mit der ich gemeinsam
phen 175 wende und daR er zur Aufführung nur zugelassen
meine gr5Sten Filme geschaffen habe, war ein auBerordentlich
werden k5nne, wenn entscheidende Anderungen vorgenommen
liebevolles Schicksal - dem ich aus tiefstem Herzen danke.
werden würden. Nicht nur, daR der Homosexuelle am SchJuB
verhaftet werden muBte, was in der ersten Fassung nicht ge-
schah, sondern auch alle Szenen, in denen Homosexuelle sym-
pathisch waren und gerecht handelten, muBten rücksichtslos
entfemt werden.
lch muB zu Ehren des Verleihers und Produzenten sagen,
daR sie sich mit aller Hingabe gegen diese Veranderungen
wehrten. Aber da unzweideutig gesagt wurde, daR der Film
ganz verboten bliebe, wenn man die Anordnungen der Selbst-
kontrolle nicht befolge, wollten natürlich weder der Verleih
noch der Produzent das ganze Geld, das der Film gekostet hatte,
verlieren. Es blieb ihnen aIso nichts übrig, ais gute Miene zum
b5sen Spiel zu machen.
Die Folge der Veranderungen war, daR ich in vielen Zeitun-
gen aIs ein Mann bezeichnet wurde, der »in der Nazi-Zeit
Juden gehetzt habe und jetzt Homosexuelle hetze«.
• "Liebe kann wie Gift sein« und »lch werde Dich auf Handen
tragen« .
• ~ Die Nichtfreigabe eines Films zur offentlichen Aufführung war
blS.zum 30. Sept. 1957 nur de facto, nicht aber de jure einem Verbot
glelmzuachten. seit dem 3°.9. 1957 ist sie im Bereich der Jugend-
schutznovelle auch de jure ein Verbot.
Nachwort
Veit Harlan, geboren am 22.9.1899 in Berlin, verstorben am
13· 4.1964 auf Capri, trat wenige Tage vor seinem Tod Yom
evangelischen zum katholischen Glauben über. Diese letzte sei-
ner Taten wurde ebenso wie viele seiner früheren von seinen
Freunden miJ5verstanden und von seinen Feinden milldeutet.
Mit diesem EntschluB blieb Veit Harlan indessen nur seinem
Charakter und seiner Weltanschauung treu, die yom 19. J ahr-
hundert gepragt worden waren. Er, der sein ganzes Leben hin-
durch ein ahnungsloser Sucher geblieben war, glaubte mit die-
sem letzten Schritt eine neue Bahn betreten zu konnen, die
ihn zu den letzten Antworten, um die er Jahrzehnte auf seine
Weise gerungen hatte, führen konnte.
Kunst und Religion waren fur ihn verschwistert. Viele seiner
Filme bauen sich auf religiosen Themen auf, in den meisten
klingen religiose Probleme an. Der grolSe Traum seiner beiden
letzten Lebensjahrzehnte war ein Fûm über Philipp II. von
Spanien, den autokratischen Konig, der sich berufen fühlte,
eine ideale Restauration der romisch-katholischen Universal-
kirche heraufzuführen und den spanischen Absolutismus über
den gesamten Erdkreis auszubreiten. Der Fûm soUte den Titel
tragen: "Der katholische Konig«. Die Erfüllung dieses Traumes
blieb Harlan ebenso versagt wie die künstlerische und poli-
tische Rehabilitierung, um die er unaufhorlich kampfte.

Der Vater Walter Harlan


Wer Veit Harlan verstehen will, soUte sich zuerst seinem
Vater zuwenden. Der Sohn beruft sich immer wieder auf das
Beispiel des Vaters. 50 z. B. in einem Interview aus dem Anfang
des Dritten Reiches:
.Ich bin in der strengsten Tradition n a tionaler und na-
tionalster Gesinnung groB geworden. Mein V ater, der D ichter D~s Nürn~ergisch Ei, Schau spiel, 1913, Neuauflage 1927;
Walter Harlan, war in seiner Jugend Offizier, mein Onkel ist Glb uns Kmder und 100 Enkel, Lustspiel, 191 5, Neuauflage
der bekannte Fliegerhauptmann Harlan; rechts und links in den 19 29;
Familien di en te man den drei graBen Begriffen : Gatt, Kënig Die vorsichtige Jungfrau, Lustspiel, 1918 ;
und Vaterland "'.« Er schnarcht, ein seliger Schabernack, 1922 ;
Diese Mitteilung umreiBt zugleich die geistige Atmosphare, Das Frühstück in Genua, Lustspie!, 19 2 5;
in der das Kind Veit Harlan aufwuchs und n ach seinem eigenen Braute in Bamberg, Schauspiel, 19 2 9.
Gestandnis weltanschaulich gepragt wurde. In dem Vorwort zur Neuauflage von Harlans Roman " Die
In den Jahren 1908-1914 durfte der neun- bis fünfzehn- ~ichterb.ëirse « schreibt ein gewisser K. E. K. : »Ein feinsinniger
jahrige Knabe Veit auf Spaziergangen mitgehen, »in welchen Asthet, m dem doch immer ein Teilchen dionysischen Boheme-
mein Vater mit Adolf von Harnack, Walter Rathenau oder auch turns steckt. Harlan ist gut umgetrieben worden im Leben, hat
mit künstlerischem Auge in tausend Dinge hineingesehen, sie
mit Josef Kainz und zahlreichen graBen W issenschaftlern und
festgehalten und poetisch gemodelt. Und sa, wie der Gold-
Künstlern wichtige, für mich unvergeBliche Unterh altungen
schmied ein gediegenes Geschmeide formt, sich eine Weltan-
führte «.
schauung erarbeitet und erkarnpft, die Frei und leicht und doch
Der Sohn verfilmte zweirnal Bücher seines Vaters: »Maria, fest gefügt verklarend über den Dingen schwebt. Daher auch in
die Magd« und »Das unsterbliche Herz «. Es gibt auch noch Harlans spateren Arbeiten die Liebe zur Skizze, zum treffend
einen unheimlichen Grund: D er Vater w ird am 14.4.1931 auf geformten Aphorismus, zum witzigen und anmutigen Mo-
einer Sitzung des Verbandes der Deutschen Bühnenschriftsteller rnentbildchen. Ihm ist die Kunst Selbstzweck.«
und -kornponisten, die er leitet, ë ffentlich des Antisemitisrnus Diese Charakterisierung ist durchaus treffend. Walter Har-
bezichtigt; er legt aus Protest gegen die se Verleumdung sofort lan ist, auch wenn er gern alles auf sogenannte allgemeingül-
sein Amt nieder, erleidet im gleichen Augenblick va r Erregung tige Probleme bezog, zu zeitgebunden geblieben, ais daB er
einen Herzanfall und stirbt. heute noch in den Literaturgeschichten einen gültigen Platz
Walter Harlan (1867 in Dresden geboren, 1 897 bis 1931 in beanspruchen këinnte.
Berlin) war Dramaturg am Lessing-Theater in Berlin, in kultu- Seine Bücher scheinen aber an ganz anderer Stelle Anklang
rellen O rganisationen tatig und überdies ein fruchtbarer Schrift- gefunden zu haben. 1929 verdammt Hans Severus Ziegler im
steller. Kürschners Literaturkalender von 1930 verzeichnet allein nationalsozialistischen »Kampfbund für deutsche Literatur« die
12 Tite!, ohne Anspruch auf Vollstandigkeit zu erheben : »undeutschen« Berliner Inszenierungen, in denen Veit Harlan
Die Dichterbërse, Roman, 1899, Neuauflage 1 908; ais Schauspieler mitwirkt, und fordert, man salle statt dessen
Schule des Lustspiels, 190 3; Wildenbruch, Anzengruber, Schëinherr, Burte, Erler, Walter
Jahrmarkt in Pulsnitz, Lustspie!, 1904, Neuauflage 1927; Harlan und Dietrich Eckart spielen.
Nun ist kein Mensch davor sicher, daB er nicht bei irgendeiner
Die Sünde an den Kindern, Roman, 1908, N euauflage 1926;
Gelegenheit in einen falschen Zusammenhang gestellt wird.
Familienszenen, Geschichten, 1912, Neuauflage 1 913;
Wer heute die Bücher Walter Harlans, soweit sie überhaupt
Catrejus Irrfahrt, Novelle, 19 12 ;
noch zu erreichen sind, prüft, findet keinen Anhaltspunkt rur
.. Das In~erview erschien im »Volkischen Beobachter«, angeblich Antisemitismus oder Nationalsozialismus. Veit Harlan bezeich-
al.m 5· Mal 193~. Dieses in beiden Schwurgerichtsurteilen veroffent- nete gegenüber seiner dritten Frau, Kristina Sëiderbaum, einer
Hitte Datum lst offensichtlich falsch, da es trotz umfangreich er
~e~m~:.~tungen nicht gelang, das Original im Jabresband 1933 Schwedin, seinen Vater immer ais einen Deutschnationalen.
rimt"e' o lsmen B~obamte:. aufzufinden. Vermutlich hat dem Ge- Der Vater war »ein begeisterter Naumann-Anhanger und stand
m falsm daherter Zeltungsaussmnitt vorgelegen.
1.49
zum Entsetzen seiner Brüder n iemals so weit rechts, wie sie
das wünschten«. Mit andern Worten: Der Vater besalS - ahnlich Wegbereiter der imperialis tischen Politik, erdachte und verOf-
wie sein Sohn - eine schwer deEinierbare W eltanschauung, ge- fen tlichte in volliger politischer Instinktlosigkeit am 15. Novem-
mischt aus patriotischen und religiosen Gefühlen, gepragt Von ber 1879 eine folgensdtwere und unglückselige Parole, mit de-
dem (spatestens im Ersten Weltkrieg ad absurdurn geführten) ren Hilfe dann sechzig J ahre spa ter ein gewisser Adolf Hitler
Geist des Bürgerturns im 19· J ahrhundert. die Volker der Erde in einen Weltbrand hineintrieb, dessen
Wenn auch die zahlreichen Freunde des Hauses Harlan, wie Foigen bis zum heutigen Tage die Seelen ganzer Nationen
Walter Rathenau, Julius Bab, Alexander Moissi, Max Pallen- vergiftet : »Die Juden sind unser Unglück! «
berg, Maximilian Harden, Max Reinhard t und viele andere in W ie wenig sich der Professor von Treitschke bewoBt wurde,
der damaligen Zeit nicht unbedingt aIs N achweis für eine echte was er mit dieser, der alI gemeinen Volksmeinung seiner Zeit
unterstellten Formulierung tatsachlich gesagt hatte, geht aus
philosernitische H altung des Vaters dienen konnen, 5 0 ist doch
dem heftigen sogenannten »Antisemitismusstreit« hervor, der
in diesem Zusarnrnenhang eine Bemerkung des vornational-
sich auf die Veroffentlichung Treitschkes in dem angesehenen
sozialistischen Literaturrustorikers Adolf Bartels aufschlulSreich.
wissenschaftlichen Organ der PreulSischen Jahrbücher hin er-
Bartels schreib t in seiner Literaturgeschichte "D ie deutsche
hob '.
Dichtung der Gegenwart«, (Leipzig 1918), auf Seite 581 über Von solchen überzeugungen waren die meisten der politisie-
Walter Harlan : »Er steh t mit einem ? im Semikürschner. « Der renden Professoren und Pastoren beseelt, die urn die Jahrhun-
»Sernikürschner« war ein antisemitisches Nachschlagewerk, das dertwende für und gegen den Sozialismus, Antisemitismus und
alle bekannten Personlichkeiten seiner Zeit n ach rassischen Kapitalismus eiferten und stritten.
Gesichtspunkten zu ordnen und vor aIlem die jüdischen Ab- Auch der von Veit Harlan zeitlebens vererute Freund seines
starnrnungsverhaltnisse aufzudecken vorgab . Wenn dort ein elterlichen Hauses, der Hoftheologe WiIhelms II., Adolf von
Name mit einem ? versehen wurde, d ann h ielS dies, der Betref- Harnack, gehorte zu diesen Geistem und zeichnete sich bei al-
fende lasse, obwohl rassisch T atsachliches über ihn nichts be- lem guten Will en und ehrlichen Bemühen durch eine vollige
kannt sei, aus seiner gesellschaftlichen H altung und seinen politische Ahnungslosigkeit und Fehlbeurteilung der geschicht-
schriftstellerischen AulSerungen erkennen, daIS er »judenhorig« lichen Zukunft seines Vaterlandes aus.
sei. In Wirklichkeit stand Walter H arlan aIs begeisterter An- Das Verhaltnis zu jüdischen Freunden und Kollegen beweist
hanger Friedrich N aumanns u nd Freund Adolf von Harnacks jedoch noch keine objektive oder gar philosemitische Einstel-
mit seinen staatspolitischen und religiosen Anschauungen ge- lung gegenüber allen Juden. Vor 1933, bevor dem Antisemi-
tismus durch die Massenrnorde eine neue ungeheure Dimen-
nau auf der Grenze zwischen diesen beiden Welten.
sion zuwuchs, war - 50 schwierig dies heute zu verstehen sein
Bernhard Fürst von Bülow hat im 2. Bande seiner »Denk-
mag - die Unterscheidung zwischen einem politisch aktiven
würdigkeiten« (Berlin 1930) auf Seite 464 die »enorme poli-
Antisemitismus und einem gesellschaftlich latenten, der sich
tische Torheit« des Friedrich Naumann eindeutig gekennzeidt-
nur in einem allgemeinen, nichtartikulierten Unbehagen auBer-
net.
te, durchaus noch moglich. DamaIs lehnte der gebildete Deut-
Sie war allerdings weit über Naurnann hinaus ein charakte- sche meistens einen aktiven Antisemitismus scharf ab, verschloB
ristisches Kennzeichen politisierender Professoren, mit denen sich aber nicht gewissen gesellschaftlichen Nuancen. Seine jüdi-
si<n bereits Bismarck herumgeschlagen hatte und zu denen schen Freunde waren die Ausnahme, die den Regelfall seines
auBer Virchow vor allem Treitschke und Adolf von Harnack Verhaltens bestatigten. In einem allzu harmlosen Sinn nahm er
zahlten.
• Siehe »Der Berliner Antisemitismusstreit«, Insel Verlag, Frank-
Heinridt von Treitsdtke, der 189 6 verstorbene "Führer der furt/Main "965, Seite u.
politischen Geschidttssdtreibung«, Parteiganger Bismarcks und
gewissermaBen ein Wort von Gêiring vorweg und bestirnrnte
durch seine Freundschaften selbst, wer Jude war und wer nicht. bildung 5 0 wenig flihig, »nationalsozialistisch« zu denken, daB
Letzten Endes ist es nicht mêiglich, über eine Prüfung seiner er im Jahre 1933 nicht imstande war, den Nationalsozialismus
Umgebung Wal ter Harlan ins Herz zu sehen. Sicher trifft jc- ais die schwere Bedrohung fur das Schicksal und den Bestand
doch auch auf ihn zu, was Kristina Sêiderbaum zurückblickend der deutschen Nation zu erkennen, und daB er lediglich an
über seinen Sohn Veit Harlan sagt: »Er w ar immer 50 schreck_ einen allgemeinen politischen Umschwung glaubte, der sich in
lid! deutsch!« einer Regeneration altbewahrter deutschnationaler Verhaltnis-
se, wie sie im untergegangenen Kaiserreich geherrscht hatten,
Der Beginn der Laufbahn vollenden würde. Das war eine typische nationalpolitische Ulu-
sion, die Harlan mit einigen Millionen ahnungsloser deutscher
Das also war die geistige Atmosphare, in der Veit Harlan aIs Bürger teilte.
junger Mensch aufwuchs und seine Weltanschauung bildete. Ohne eine ordentliche Schauspielschule durchlaufen zu ha-
Diese Welt mit ihren widersprüchlichen und iIIusionaren poli- ben, wurde Veit Harlan im Alter von 20 Jahren an eine der
tischen Auffassungen, mit ihrer überzeugung von einer groBen bedeutendsten Bühnen Deutschlands als Schauspieler engagiert.
Wlihrend er bereits spielte, erhielt er von Schauspielem wie
nationaldeutschen Zukunft, mit ih rem technisch-wissenschaft-
Guido Herzberg, Friedrich Kayssler, Adele Sandrock Schau-
lichen Fortschrittsglauben, die samtlich durch die erste Welt-
spielunterricht und wurde von dem Theaterkritiker Julius B~b
kriegskatastrophe und die nachfolgende DolchstoJSlegende
in die Dramaturgie eingeführt. Berlin war damals, neben Pans,
schwer erschüttert und zerstêirt wurden. Dieser Weltkrieg macht
die wei taus bedeutendste Theater- und Literaturstadt Europas.
es auch verstandlich, daB der junge Veit Harlan, nachdem er Für jeden Anfanger war es ein Glück, gerade dort .Iemen ~d
1916 als Kriegsfreiwilliger in den Krieg gezogen und im J ahre die ersten künstlerischen Schritte tun zu kêinnen. Dleses Gluck
1918 schwer erkrankt und zutiefst angewidert aus dem Vêilker- steigerte aber auch Harlans ohnehin kraftig entwickeltes Selbst-
morden heimgekehrt war, nur noch der Kunst, vor allem dem bewuBtsein in bedenklichem MaBe.
Theater, dienen wollte. Nach drei J ahren Berlin wechselte er zum traditionstrachti-
Politik interessierte ihn lange Zeit kaum noch. Einer Mode gen Meininger Landestheater über, wo ilun sofort ~e gr~Bten
der Berliner Theaterwelt nach dem Kriege folgend, verkehrte er RoUen auf die gewohnlich selbst begabte Schauspleler Jahre-
kurze Zeit in einem salonkommunistischen Zirkel von Kolle- lang V:arten müssen, anvertraut wurden. Als Schauspieler muS
gen; kurze Zeit war er, um dem Intendanten Leopold Jessner man sich Veit Harlan in erster Linie im Fach des Naturburschen
die Ausübung seines Arntes zu erleichtern, Mitglied der SPD. vorsteUen. Er spielte in aIIen Stücken, die in dies en Jahren en
Er wurde auch nicht, wie es ihm Goebbels zweimal nahelegte, vogue waren und auf die Programme gesetzt .~rden, .in den
Anwarter oder Mitglied der NSDAP, obwohl er dadurch groBe Inszenierungen k1assischer und modemster Stucke SOWie Ro~­
wirtschaftliche Nachteile hatte. Seinem Empfinden nach blieb le n, deren Urheber inzwischen langst wieder der VergessenheJt
er bis zum Ende seines Lebens das, was er als Junge zU sein anheimfielen. .
Auch wurde er damaIs bereits aIs Filmschauspieler engaglert.
gelemt hatte, ein »guter Deutscher«, stolz auf die Kultur und
Zwei Jahre nach seinem Engagement in ~eini.ngen kehrte
die GroBe seines Vaterlandes, die zu fordern er mit seinen Mit-
· zu ru··ck , wo er im Jahre 1924, mit funfundzwan-
er na ch Ber1m . .ch
teln bemüht waL Goebbels nannte ihn wiederholt einen poli-
zi Jahren, das Traumziel aller deutschen Schauspleler errel. -
tischen ldioten, der »unfahig sei, politisch zu denken«, w~s g . E ement am PreuBischen Staatstheater. Auch hier
vollig zutrifft, wenn man berücksichtigt, daB Goebbels »poli- te: em ngag Id J
tisch« mit »nationalsozialistisch« verwechselte. k =~er~~De Rollen unter Regisseuren wie Leopo essner, d.
Jürgen Fehling und Erwin Piscator spielen. Er gewann an leser
Veit Harlan war infolge seiner Charakteranlage und Vor-
253
Bühne eine derartige 5icherheit und entwickelte eine 50 hohe
Dynamik, dal5 er schon im Jahre 1934, kurz n achdem Gustaf Veit Harlan aIs Regisseur und Filmautor
G~ÜI1dgens Intendant des 5taatlichen 5chauspielhauses gewor-
den war, trotz dessen Warnung seine Tatigkeit als 5chauspieler Alle seine 5pielfilme werden gute bis groJ5e geschaftliche Er-
folge. Harlan wagt mehr und mehr die 5toffe und Bühnenstücke,
aufgab und »mit einer lacherlich kleinen Gage« aIs Regisseur
die seinen Filmen zugrunde liegen, nach seinen Ideen urnzu-
an das Theater am 5chiffbauerdamm hinüberwechselte.
wandeln und strebt, oft gegen den Willen der Filmproduzen-
Dort inszeniert er u. a. das Berliner Volksstück » Krach im
ten, kÜI1stlerische Leistungen an.
Hinterhaus«, das er nach einem aul5erordentlichen 5erienerfolg
Ein Filmregisseur, der laufend geschaftliche Erfolge erzielt,
auch aIs Film machen darf. Der ebenso grol5e Erfolg des Film s ist ein machtiger Mann. Er kann sich nicht nur leisten, mit sei-
macht ihn mit einem 5chlag zum allseits gefragten Filmregis- nen Darstellern, Kameraleuten, Beleuchtern, Filmarchitekten,
seur, und 50 inszeniert er innerhalb von drei Jahren sieben Ton- und 5chnittmeistern nach Belieben urnzuspringen, zu brül-
grol5e 5pielfilme, davon je einen in Wien und Budapest. len, ja selbst sinnlos erscheinende Anordnungen zu treffen - er
Den ersten grol5en filmkÜI1stlerischen Erfolg, der noch dazu kann sogar dem Filmproduzenten und dem meist noch mach-
ein grol5er geschaftlicher Erfolg wird, hat Harlan 1937 mit dem tigeren Verleiher rücksichtslos über den Mund fahren und ihre
UFA-5pielfilm » Die Kreutzersonate«, der nach der Erzahlung W ÜI1sche millachten. Harlan weiB sehr rasch seine Erfolge aus-
von Leo Tolstoi, aber mit einem Happy-End gedreht werden zunutzen. Bei seinem wichtigsten Lehrrneister, Jürgen Fehling,
sollte. hat er gelernt, wie 5chauspieler durch rigorose Beeinflussung
50 erfolgreich H arlan auch vorher mit seinen Filmen gewesen und konzentrierte Harte dazu gebracht werden konnen, jeden
ist, 50 kann er es doch keineswegs schon wagen, sich gegen diese eigenen Willen aufzugeben und widerstandslos alles -:: wie ~ar­
Entscheidung der machtigsten europiiischen Filmgesellschaft lan es nennt - aus sich herausholen zu lassen, was kunstlensch
und deren Verleihchefs zuungunsten eines Happy-End aufzu- in ihnen steckt.
lehnen. Er muE froh sein, dal5 ihm ein solcher Filmstoff über- 50 kommt es, daJ5 gerade die bedeutendsten Schauspiel~r
haupt anvertraut worden ist, und rasoniert daher zunachst und Filmdarsteller gerne unter Harlan spielen, obwohl er em
nur still vor sich hm. AIs aber der Generaldirektor der UFA, »5chreibeutel« * war. .
Der Wille eines Filrnregisseurs, der Filmkunst zu dienen,
Ludwig Klitzsch, auf dem Ateliergelande auftaucht, fal5t Harlan
stiel5 schon immer auf das Mil5trauen aller Filmproduze~ten
die Gelegenheit beim 5chopf und erreicht tatsachlich, dal5 er vor
und Filmverleiher. Allzuoft führte die ausgesprochene Abslch.t,
eine Vorstandssitzung geladen wird, urn seine kÜI1stlerische
Filmkunstwerke zu schaffen, zum geschaftlichen MiBerfolg. ~le
Auffassung vor den Direktoren der U FA zu vertreten. Wider
Filmherstellung verschlingt stets ungeheure Summen, denen !ID
alles Erwarten setzt sich Harlan durch Geistesgegenwart und Falle des geschaftlichen MiJ5erfolges ein praktisch wertloser
Elan durch. D as Happy-End wird gestrichen, der tragische
Haufen von Filmrollen gegenübersteht. ... bi
5chluE bleibt erhalten. Veit Harlan aber versteht es, seine filmkunstlenschen ~ -
Dieser Triumph des jungen Filmregisseurs Veit Harlan über .
honen gegen aIl e Widerstande der Geldgeber erfolgrelch zu
das gesamte Direktorium der UFA erregt in der FiImwelt un-
behaupten.
geheures Aufsehen . H arlans 5eIbstbewul5tsein steigt weiter, er F ··hl"ch in einem Brief an Harlan yom
beginnt zu glauben, dal5 er auf seinem Gebiet alles durchsetzen • Der Schauspieler Gustav ro 1 d-" Du ein jugendfreund
8 M . oBter Schmerz war, "'" , k
wird, was er sich vorgenommen hat. 8. 6. 4 : » em gr . . Sch eibeutel und ein aufrichtig respe -
und bewunderter witziger b ~ um Propagandeur von Halbmen-
tierter Künstler, D lch herga t s Z nd übergeschnappten judenfres-
sehen, vcrrückten Chauvlnls en u
sern,«

255
}e graBer Hui ans Erfolg ais Regisseur war um .
.. . . ' 50 Inter
$anter wurde er fur das Propagandammlsterium, denn G b es_ der Zuschauer sich mit seinen Idealen und Werten identifizieren
5ah im Film ein geeignetes Mittel, die Massen im S:e bels kann.
ahon . fi ussen. F"'h
. l'Ismus zu b eem
. al sozla ur 1 n gab es keinn des Am Beispiel der »Kreutzersonate« schildert Harlan, wie er
. ch en Fil me. E'm Reglsseur
poliliS . mo ch te einen Revuefilme dun- mit Hilfe seiner Schauspieler versucht, sein Ideal zu verwirk-
hen, er mochte ihn für vallig unpolitisch halten, es mochte da r~_ lichen. Er zwingt die Darsteller, auf jeden eigenen schauspiele-
tatsachlich kein einziges politisch.es Wort fallen - von Goebb:~ ris chen Ausdruck in Sprache und Geste zu verzichten, damit
wurde er dennoch nur genehmlgt, wenn dieser Film l'n . sie reine Darsteller, willenlose Werkzeuge in der Hand des
politisches Spiel paBte. seIn Regisseurs sein konnen. Er formt sie nach seinem Bilde. Mit
dieser Methode erzielte er zumindest in den Kammerspielsze-
Die typischen Gestaltungselemente eines Harlan-Filmes
, vor nen grolSe schauspielerische Leistungen.
allem seine massenpsychologische Eindruckskraft, die seinen An anderer Stelle beschreibt er, welches Ideal er bei seiner
Erfolg ausmachten, waren in ihrer Mehrheit derart, daIS Goeb- Arbeit mit den Schauspielern im Auge hatte: »Die Aufgabe,
bels sie für seine Zwecke ausnutzen konnte. Harlan selber hatte die ich mir als Filmregisseur gestellt habe, besteht zum groBen
aber die rückblickende Feststellung der Filmkritiker, daB sich in Teil darin, den Zuschauer verges sen zu lassen, daB er im Film-
seinen Filmen und denen seiner Kollegen von Anfang an pra- the a ter sitzt. Das Leben und die Natur sollen in Wahrhaftigkeit
faschistische und faschistische Elemente befanden, nicht ver- auf ihn zukommen. Für mich sind die besten K.ritiken über mei-
standen. Er und seine Kollegen dachten nicht politisch, sondern nen Film ,Die goldene Stadt, diejenigen, in welchen geschrieben
filmkünstlerisch und strebten damit ebensosehr die kunstasthe- wurde, daB man vergaB, daB es Schauspieler waren, denen man
tische Form wie deren massenpsychologische Wirkung an. zusah und zuhorte.« .
Eine Analyse der berühmten Filme und Filmplane Harlans In die sem filmkünstlerischen Bestreben ist Harlan der Anti-
zeigt, daIS er eine Vorliebe für die Verfilmung von Büchern und pode Bert Brechts - auch in der Ausdrucksweise. Was Harla~
will, ist, dem Zuschauer die Illusion zu geben, der Film s.el
historischen Stoffen hatte. Seine Autoren sind: Storm (drei-
mal), Binding, Billinger (zweimal), G. Hauptmann (zweimal), gegenwartig gemachte Wirklichkeit. Der Filmzuschauer so~ kem
kri tischer Kopf sem, . er 50II'seme Person an den Film verlieren.
Shakespeare, Hebbel, Hamsun, Freytag, Sudermann, Halbe, HarJans Filme appellieren dementsprechend ganz konsequent
Tolstoi, Walter Harlan (zweimal). Die meisten Autoren wer-
vor allem an das Gefühl. ahm
den heute von der Literaturkritik mit einiger Distanz betrach- Da Stimmungen, in denen Gefühle wachsen, nur .aus~ 5-
tet, kaum einer gehort der aufklarerischen Tradition der deut- wei se in Worten artikuliert werden dürfen, wenn Sl~ ruchtalso-
smen Literatur an, alle gehorten jedoch zum traditionellen d Il muB ein nicht welter an y-
fort wieder zerstort wer en 50 en, chi d Aus-
Bildungsgut des Bürgertums und waren meistens in den Schul- sierbarer Urgrund geschaffen werden, d~ssen .v~rs e ene.
Iesebüchern vertreten. d Walten des Schicksals slgnallsleren. 50 glbt es
Seine historischen Filmstoffe sind den verschiedensten Zei- formungen ~s ch viel Musik. Die Musik gehort noch
in Harlans Fiimen au c h ' t ihren Konflikten. Der
unmittelbar zur Welt ~e~ ~;n~ar~e~hinaUs im Meer, in den
ten entnommen, doch alle unter dem Gesichtspunkt, ob sich
in ihnen etwas Beispielhaftes für die Gegenwart finden UiBt.
eigentliche Urgrund zelj L dschaft. das allzu stlidtische Le-
Da HarJan Ietzten Endes in allen seinen Filmen von einem ziehenden Wolknhen'f in er u: die moderne GroBstadt sind am
~religiosen Gefühl« ausgeht, lalSt sich das Beispielhafte auch d
ben, der Fürste 0 0 fer a S 'mmt auch das Wasser die je-
lInmer in seinen novellistischen Literaturvorlagen finden. Har- . 'hm ent ernt. 0 ru chaf
weItesten von 1 f di 'ch von der Gemeins t
Ian ist kein Filmautor im heutigen Sinn er benutzt Historie ch 'eder au e 51
nigen Mens en .. WI . hneilies entspricht der Freitod durch
und Literatur aIs Kutsche für seine Welt:nschauung. Vorlagen ausgeschlossen fuhlen, 0
und Stoffe werden von ihm für den Film 50 zubereitet, daB
256
Ertranken dem Kodex der bürgerlichen Frau des 19. Jahrhun_
derts. war. Alles andere war ihm um 50 weniger Wichtig, als er die
Auf solche besonderen Anforderungen waren die deutschen nationalsozialistische Vergewaltigung Deutschlands mit einer
Schauspieler seit den groBen zwanziger Jahren vorbereitet. deutschnationalen Revolution, die er im groBen und ganzen
Harlan entdeckte und kreierte dazu noch einen neuen Star, die durchaus gebilligt hatte, verwechselte.
Schwedin Kristina Sëderbaurn, die seine dritte Frau wurde. Ab Das Couplet, das Herma nn Goring, den damaligen pre~i­
1938 spielte sie in nahezu jedem seiner Filme die weibliche schen Ministerprasidenten, in der ersten Theater-Inszenierung
Hauptrolle. Für damalige Verhaltnisse waren Harlan-Filme kei- Harlans verulkte, muBte vor der Prerniere gestrichen werden,
neswegs prüde, kamen aber den Versuchen entgegen, die und Harlan erhielt einen Tadel. Aber weiter geschah nichts; für
Emanzipation der Frau wieder zurückzunehmen. 50 bleiben die den Regisseur Harlan entpuppten sich die Nazis darnit zu-
beispielhafte Tat, das aktive Heldenturn meistens dem Mann nachst ais ziemlich harrnlos. Dieser erste Eindruck scheint sich
bei ihm fes tgesetzt und sein spateres Verhalten Goebbels ge-
vorbehalten, der Frau wird dagegen das nicht minder vorbild-
lich gemeinte stille Opfer zugewiesen. genüber mitbestirnmt zu haben. Wie wenig er sich auf seinem
Wege urn die nationalsozialistische Ideologie und die rigorose
Harlans künstlerische Bedeutung aIs Regisseur spiegelt sich
Ausschaltung der Juden kürnmert, beweist die Tatsache, daB er
am ehesten in der Schauspielerführung und in der Dramaturgie
eine Novelle seines Vaters, »Maria die Magd., noch im Jahre
novellistischer Szenen. Nach 1945 hatten seine Filme immer
1935/36 mit dem jüdismen Filmproduzenten Grünstein zu-
weniger Erfolg, weil sie einer jüngeren Generation, die nun samrnen verfilmt".
wieder Gelegenheit hatte, mit der Produktion anderer Film- Der personlime und der geschaftliche Erfolg der »Kreutzer-
nationen zu vergleichen, allzu deutsch-sentimental erschienen. sonate« weckt in Emil Jannings, der gerade den Film »Der Herr-
Seine Filme teilen darnit das Schicksal fast der gesamten deut- scher« vorbereitet, den Wunsch, Veit Harlan als Regisseur zu
schen Filmproduktion. Goebbels dagegen waren die gefühls- gewinnen. In diesen Plan hatte sich jedoch bereits das Propa-
beladenen, stimmungsvollen Harlan-Filme hoch willkommen. gandarninisterium eingeschaltet. Es smeint, daB Goebbels zu-
Er sorgte notfalis durch rigorose Befehle dafür, daB das Walten nachst annahm, Harlan würde den respektlosen und yom . al-
des Schicksals nicht zugunsten der Kirchen oder christlich-reli- ten Kintoppgeist« besessenen Emil Jannings" auf einen mo-
gioser Oberzeugungen wirken konnte. Harlan selber ahnte zu- dernen das heiBt nationalsozialistismen Weg führen .....
nachst ebensowenig wie Millionen Deutscher, wie gut er sich Die Tatsamen aber belehrten Goebbels bald eines anderen.
dank seiner Erziehung und Weltanschauung dazu eignete, ais Zwischen dem Aufpasser des Propagandaministeriums, Arnold
boses Werkzeug ausgenutzt zu werden. Raether und Harlan ergeben sim bald wegen der befohlenen
Hakenk~euzfahnen, des Hitlerg~es und anderer Nazi~­
bole Differenzen, über die nur Goebbels perso~ch en~sdtetden
kann. Jannings und Harlan setzen sidt durm, die Nazlsymbole
Veit Harlan und Josef Goebbels bleiben wegen der moglidten Beeintradttigun~. d~r Auslands-
verbreitung des FI'1ms weg, un d 1'n einer personlidten Unter-
Gieich bei der ersten Inszenierung in seiner neuen Funktion
aIs Regisseur am 5chiffbauerdamm-Theater kam Veit Harlan in • Hierzu Axel Egge~remtl~ eine~ Bk~~~e:o~z~t:lt :'J :~
unfreiwillige Berührung mit dem Nationaisozialismus, urn den ma1s, 1935- 1 93.6' arbeltete 'ltnibm
- nau. ana die
zusammen. Der Fi1m .M--'-
er sim bisher trotz der Machtübernahme und der Rëhm-Affiire jiihrigem Arbelt8verto~ ~:der .nimtarisme< Smweizer Grün.tein,
Magd< produzlerte!:.. ngd Ansmeln nam ausgezeidtnet verstand .•
50 gut wie gar nimt gekümmert hatte, weil er, wie seine Freun- mit dem Harlan slu. em
de und Feinde aus der damaligen Zeit übereinstimmend bestii- •• Selle 34-
• •• Selle 38.
tigen, fanatism auf die Theater- und Filmregie konzentriert
redung mit Goebbels gewinnt Harlan den Eindruck, aIs ob er
durch seine Schlagfertigkeit sogar den allmachtigen Propaganda_ des Krieges betont unpolitismen Stoffen zu. D~m letzten ~Pe­
minister zu überwinden die Kraft habe. dro 5011 hangen «, des sen Drehbum Goebbels ausnahm:weise
Der nachste Film, den Harlan gestaltet, verstarkt diese Illu- einmal nicht gesehen hatte, lag sogar ein ausgespromen reli-
sion in verhangnisvoller Weise. Rudolf HeB, damaIs aIs »Stell- giéises Thema zugrunde: »lm packte in diesen Film alles hinein
vertreter des Führers« noch machtiger aIs Goebbels, überredet \Vas ich aus religiéisen Grunden gerade in dieser leit zu sage~
Hitler, Harlans Film »Jugend«, in dem sich zwei katholische wünschte.« Diese apostolisme Formulierung, daE er etwas .zu
Priester um die Erléisung einer Sel bstméirderin strei ten, verbie- sagen wünschte«, statt etwa, daE es ihm gelang, ist bezeich-
ten zu lassen, weil der SchluJS »eine empéirende katholische nend für Harlans Charakter. Alle von ihm 1938 und 1939
geschaffenen Filme: »Verwehte Spuren«, "Die Reise nach Til-
Werbewirkung« habe und »verkappte Kirchenpropaganda«
sit«, »Das unsterbliche Herz« und ~ Pedro 5011 hangen« zeigten
sei *. In dieser Auseinandersetzung teilt Goebbels Harlans Auf-
keine staatspolitische Tendenz und waren, vielleicht eben des-
fassung von der Unsinnigkeit dieses Vorwurfs, befiehlt aber
ha lb, bis auf den letzten Film, samtlim überwaItigende Publi-
trotzdem eine Anderung des Filmschlusses, die den Wünschen kumserfolge im In- und Ausland. Diese Erfolge begrundeten
von HeB und Hitler gerecht wird. Harlans RuE, der "Starregisseur des Dritten Reimes« zu sein.
Der Film »Jugend« hat wiederum einen überragenden Erfolg, lm Jahre 1939 glaubte Veit Harlan offenbar, 50 stark und
die Tendenz des geanderten Schlusses geht dank der Ausstrah- einfluJSreich zu sein, daE er sim leisten konne, einen Film wie
lung des Filmes véillig unter. Harlan hat zwar nicht über Hitlers "Pedro soli hangen« zu smaffen, des sen Gehalt in deutlichem
BefehI gesiegt, glaubt aber mit aktiver Beihilfe von Goebbels, Gegensatz zu den staatspolitismen und ideologismen Tenden-
der intelligent genug war, zu erkennen, daB die von ihm befoh- zen des Nationalsozialismus stand. Es smeint jedom 50 zu sein,
lenen Anderungen des Schlusses für die Wirkung des Werkes daE sich Harlan, der - \Vie Goebbels es ausdrückte - »bewuE-
ohne jede Bedeutung sind, der nazistischen Auffassung einen ten Verhéihnungen der nationalsozialistismen GrundsatzerkIa-
Streich gespielt zu haben. Dieses Erlebnis scheint Harlan aber rungen« und »unverschamten Kirmenpropaganda«, die er mit
auch zugleich zurn erstenrnaI klargemacht zu haben, daB es diesem Film begangen haben soli te, weder in der Planung des
zwischen seinen künstlerischen Auffassungen und den nazi- Films noch wiihrend seiner Gestaltung jemals wirklich bewuEt
stischen Bestrebungen, die Kunst den staatspolitischen Tenden- wurde. In einer hier nimt abgedruckten Stelle bemerkt Harlan
zen unterzuordnen, keine Brücke gab. Eine rückschauende Be- dazu: »In seinem lornesausbruch über diesen Film stellte er
merkung aus den hier nicht abgedruckten Reflexionen IaBt [Goebbels] mir das leugnis fur einen Mut gegen den Natia-
nalsozialismus au s, den im in diesem Fall gar nicht gehabt
jedenfaIIs darauf schlieBen: »50 rückte uns der Nationalsozialis-
hatte.« (Einen Satz vorher gibt er ein Urteil über Goebbels ab,
mus mit seinen unabdingbaren Forderungen irnrner mehr auf
das Harlans véillige politische Blindheit und Abkapselung kenn-
die Haut, bis er uns schlieBlich ganz und gar in seiner GewaIt
zeichnet: »Aber sosehr Goebbels fur einen Berliner Witz Sinn
hatte. Man kéinnte hier einwenden: Wenn ihr das schon im hatte, 50 smien er alles Christliche aIs seinen grimmigen Feind
Jahre 1937 gemerkt habt, warum habt ihr dann Deutschland
zu betramten.«) ..
nicht verlassen - wie Albert Bassermann das tat und Thomas Mag diese Ahnungslosigkeit in Naivitat oder Verdrang~g
Mann und viele andere? lch für meine Person kann darauf nur begründet sein, jedenfalls gab Harlan den Kampf um ~em
antworten: Mein Herz ist deutsch, ich bin hier zu Hause. Ich Werk trotz der eindeutigen Verdammung durch Goebbels rumt
bleibe hier, solange man mich nicht mit Gewalt hinaustreibt.« auf. Er wagte es, namdem der Film auf Goebbels' Befehl ve~­
Jedenfalls wandte sich Harlan weiterhin bis zum Ausbruch stümmelt worden war, sim mit schriftlim niedergelegten Belel-
·
d Igungen, d·le d u r-'-
al den damaligen Reichsfilmintendanten an
• Siehe Seite 61 und Seite 62 f.
~61
260
Goebbels weitergeleitet wurden, von dem Film zu distanzieren:
"Der Film >Pedro sol! hangen< ist unter dem Motto geschnitten auf sei ne »Berliner schnauze« ' die l'hm sogar b' el Goe bb e1s Ach-
worden: >Es ist gleichgültig, ob wir dem Publikurn vollkomme_ tung ' verschaffte,
. warf er sich zum Protekt or vIe . 1er Personen
nen Blodsinn vorsetzen. Wichtig ist nur, daIS wir Geld herein_ auf, dIe yom Nahonalsozialismus entschieden abgelehnt, ja so-
gar verfolgt wurden.
bekommen.< Der Schnitt dieses Films ist so idiotisch, daIS ich
nicht naher darauf eingehen will ... Sie haben mit lhrer Hand- 50 beschaftigte er in seinen Filmen ;~~er
u....o. ••~..u
W1' d
e er b"IS lns
1

lungsweise den Beruf eines Regisseurs zu einem vol!ko rnmen letzte .~~iegsjahr hinein, Menschen, die jüdisch »versipptc wa-
subalternen Beruf gemacht ... .!
ren, ud~nnen zu Frauen hatten, kommunistischer Neigungen
verdachhgt wurden oder im KZ gesessen hatten. Er begründete
lch kann nicht verstehen, daIS ein solcher Volksbetrug ge-
sogar einen Hilfsfonds *. Er verbarg Verfolgte in seiner Woh-
macht wird, indem man dem Publikurn vorgaukelt, es kame ein
nung, unterstützte sie mit Geld und Lebensmitteln, wagte es,
Veit-Harlan-Film, das Publikum sein Geld an der Kasse ablie- zugunsten vor dem Volksgerichtshof Freislers und anderwarts
fert und dann nadÙler ein unverstandlicher, idiotischer Krüppel Verklagter, mit Richtem und staatsanwalten zu verhandeln,
von Film gezeigt wird. Sie sind mit lhrer T aktik, daIS das Geld- und zog sich dadurch im Propagandaministerium den Ruf zu,
verdienen das Ausschlaggebende in diesem Fall sei, wieder da judenfreundlich zu sein. 50 bekundete es neben vielen anderen
angelangt, wo der NationaIsozialismus mit seiner >Sauberungs- der Zeuge Reinhard W. Noadc im schwurgerichtsprozeS. AlI
aktion<angefangen hat ... das tat Harlan mit der gIeichen überwaltigenden Naivitat des
Jedenfalls bestehe ich. darauf, daIS von dem bloden Machwerk wirklichkeitsfemen T raumers, der er bis zu dem Augenblidc
mein Name ais Regisseur und Drehbuchautor entfernt wird. blieb, aIs er gezwungen wurde, eine auch für seine Begriffe ab-
Ebenso hat mein Name aus allen Ankündigungen, wie von scheuliche Aufgabe zu übemehmen: den antisemitischen Film
den Plakaten, entfernt zu werden ..... « »Jud sM«.
Eine solche Sprache gegen MalSnahrnen, die im Auftrage von Wie Harlan sich seIbst empfand, geht aus einer der im Ma-
Goebbels durchgeführt worden waren, hatte jeden normalen nuskript gestrichenen ReBexionen hervor: »Die Freiheit birgt
Bürger ins KZ gebrach.t. Harlan aber setzte sich. noch. einrnaI ja nicht nur das Gefühl >in tyrannos<, sondem vielmehr ein
humanistisches Empfinden und darüber hinaus eine religiose
durch. Sein Name wurde aus dem Film und auf allen Ankün-
sehnsucht. Diese Empfinden liegen irunitten jener dnei groBen
digungen entfernt.
Forderungen, welche die Menschen an sich selbst stelIen müs-
sen und auch an ihre UmweIt stellen dürfen. Sie heiSen in ihrem
foIgerichtigen Nacheinander: >Wahrheit - Freiheit - Frieden<.
Die zweideutige Haltung Veit Harlans Oh ne die Wahrheit gibt es keine Freiheit, und ohne die Frei-
heit kann es niemals Frieden geben - weder einen politischen
Veit Harlan war berühmt geworden. Diesen Ruf nutzte er in noch denjenigen Frieden, der die Erlosung in der Kunst aus-
jeder Hinsicht aus. Er setzte, wenn er berufliche Ziele verfolgte, macht. Die >Erlosung< braucht das Thema eines deutschen
nicht nur bei seinen Kollegen, Darstellern, Produzenten und Films weit mehr aIs etwa das >happy end<, welches meistens
Verleihern ungeniert seinen Ruf ein, sondern lehnte sich auch gequaIt und verlogen ist und eben >Kintopp<! Traumfabrik! ...
energisch gegen Einengungen seines privaten Bereichs auf, wie Deutsche Philosophen haben Werke über die Âsthetik ge-
sie der NationaIsozialismus mit sich brach.te. Verfiihrt durch die schrieben, deren Prinzipien unumstëBlich sind. 50 z. B. Nietz-
Erfolge, mit denen er sich immer wieder nationalsozialistischen sche in >Die Geburt der Tragëdie< oder Eduard Hartmann, der
Dienststellen gegenüber durchgesetzt hatte, und im Vertrauen
• s. Gerichtsurteil über Veit Harlan vom 29, 4.1950, Seile 29 f .
• Brie~ von Harlan an den Reichsfilmintendanten von Deman-
dowsk. vom 9. 7. 1.941. (Abschrift bei den Gerichtsakten).
_cine Asthetik unter das Gesetz stellte: >Das 5chèine ist das
Scheinen der Idee' . lm deutschen Film kümmert sich niemand »Das heute unrnodern gewordene Wort >Vaterlandsliebe, be-
mehr um diese unabdingbaren Gesetze, die keineswegs irgend- deutet mir sehr viel. Die Zei tlaufe kënnen ebensowenig daran
andern, wie es damals Hitler iindern konnte ...
einer Mode unterworfen sind.«
50 unglaublich es klingt : Harlan meinte, in vielen seiner 50, wie ich noch im Geiste meines Vaters, des Schriftstellers
Filme seine künstlerische Arbeit tatsachlich und kompromiglos Dr. Walter Harla n, lebe, lebe ich aum im Geiste meines Vater-
landes. O b in der Vaterlandsliebe einer >reentsc steht oder
unter diese Maximen gestellt zu haben: »Obwohl zur Hitler-
sonstwo, ist vollkommen gleimgültig . . . Aber immer waren mir
Zeit gerade den Begriffen der Freiheit sowohl im menschlichen
Begriffe heilig, die man heute glaubt zu den >alten Klamotten,
wie auch im politischen 5inne ins Gesicht geschlagen wurde,
werfen zu dürfen . .. "
stand en die Künstler doch noch immer auf jenem Breitengrad,
»Wer aus diesen Zeilen meine >Begeis terung' herausspürt, die
auf welchem diese Begriffe galten. Sie galten auch dann, wenn
auch wahrend meiner Arbeit an >Kolberg' das Wesen meiner
man gezwungen war, ihnen zuwiderzuhandeln. Jeder war sich Kraft ausmachte, der mag ruhig seine Senultem zucken über
dann klar, daB man diese heiligsten Begriffe der Kunst ver- meinen >Mangel an politisener Moral,. Ien habe solenem Vor-
lieB." wurf nichts weiter entgegenzusetzen, als daB ien überhaupt nur
Harlan wehrte süh jedesmal wie ein trotziges Kind, wenn mit Begeisterung arbeiten kann oder gar nidü . .. .. "
ihm von einem Produzenten, Verleiher, Ministerialbeamten »Das hindert mich jedoen nient, eingesehen zu haben, daB es
oder gar von Goebbels selbst zugernutet wurde, diese seine eben Krieg war und daB drauBen Millionen von Soldaten stan-
»heiligsten Begriffe der Kunst" zu verlassen, und er h atte sich den , die mit ihrem Leben den Sieg zu erfeenten traenteten. Wer
500ft durchgesetzt, daB er glaubte, sein Leben inmitten der sie auch immer politisch geführt haben mag : Sie haben immer
steigenden nationalsozialistismen Flut nach seinen eigenen für ihr Vaterland gekampft, wie aile anderen Soldaten der Erde
weltanschaulichen Grundsatzen führen zu kèinn en . auch **.«
Er hatte dabei sowohI sim selbst aIs auch den Machthabern Solche von Harlan ein Leben lang praktizierte nationalen
des Hitler-Reiches gegenüber ein vèillig reines Gewissen, denn Oberle~ngen und sein personlienes Verhalten von :1933 bis
seine Ablehnung eines ideologischen Bekenn tnisses paarte sich :1939 kënnen auch die Bewunderung und Anerkennun~: die
in ihm mit der traditionellen patriotischen Li~e zu Deutsch- ihm seitens vieler Andersdenkender, ja feindhen gegenuber-
land, der er unkritism und selbstherrlich bis zu seinem Tod stehenden Personen jetzt und früher entgegengebraen~ wurd~n,
verstiindlich machen. Aus den vorliegenden MemOiren WlId
huldigte. Ihm erschienen die nationalsozialistischen Verbrechen
deutlich, in welchem Umfange sich sogar Goebbels, der mehr als
als eine verabsmeuungswürdige Privatangelegenheit derjeni-
einen Grund hatte, Harlan zu hassen, sien von Harlans Hal.tun g
gen, denen die politische Macht und Verwaltung des gernein-
und nachtwandlerischer Freenheit immer wieder imporueren
sarnen Vaterlandes zur Zeit anvertraut war. W as Harlan dazu
tun konnte, die Auswirkungen dieser Verbrechen zu rnildern, lieB. ih h d' K mmu
Am anderen Ende dieser langen Re' este t le 0 -
das hat er seiner Ansicht nach innerhalb seines Bereiches nam nistin Irene Meyer-Harmo, d ie am 22. M"arZ:19 49 aus .Ost-_
Kraften getan. Berlin kommend in der Beweisaufnahme des Senwurgenents
Ein paar Zitate rnëgen dieses Bild abrunden : »M ir selbst verfahrens gegen Harlan folgendes aussagt :
fehIt es an politischer Weitsicht und überhaupt an politischem Vorsitzend er: Sie haben gesagt, Sie hatten :12 Jahre unter
Interesse, da rnein Herz und rnein Hirn auf ganz andere Dinge
gerichtet sind ais auf die der Politik ... • Manuskripl Seite 343 Hl ' dem zweiten Schwurgerichts-
• • Aus dem SchluBwort ~~n ar an 10
prozeB in Hamburg (RevIsion).
• Manuskript Seite 318
dcm Druck gestanden - C5 fiillt ja auf, daB Ihr Mann in dem
Film» Jud siiE« mitgewirkt hat. Der Staff des» Jud Süi5"
Meyer-Hal1l1a: Mein Mann hat in "Jud SüB« eine ganz kleine
Rolle gespielt. Sie dürfen nicht verges sen, mein Mann hat ille- lm November 1939 wird Harlan - nach' .
semer elgenen Dar-
gal gearbeitet - gerade mit diesen Rollen wollte er sich nach stellung - von P~ter Paul Brauer, den durch Goebbels personIim
aulSen ein gewisses Deckrnantelchen verschaffen. Er hat auch abgesetzten Regisseur des bereits bis zu Probeaufnahmen und
im »GroBen Konig« gespielt und in »Kolberg«. Atelierbauten gediehenen Film »Jud siill«, telefonism davon un-
Varsitzender: Es fiillt auf, daB er in »Jud SüB« mitspielte, terrichtet, daB er das Projekt zu übernehmen habe. Nam fiümti-
obwohl seine Frau eine Jüdin war. ger Durmsich t des Drehbums greift Harlan seinerseits zum
Meyer-Hanna: Andere in seiner Lage sind in die SS einge- Telefon und lehnt es rundheraus ab, sim mit einem derartigen
Drehbuch zu befassen, gesm weige denn, es zu inszenieren. Er
treten, um sich zu tarnen. Harlan hat meinen Mann in jedem
wird jedoch an den Propagandaminister verwiesen. Harlan ist
seiner Filme beschaftigt ...
zwar wütend, aber durchaus zuversimtlim. Er glaubt, daB es
Varsitzender: Was haben Sie denn von dem Film gedacht ?
ihm, wie meistens, gelingen wird, Goebbels von dem »drama-
Was sagte Ihr Mann, warum Harlan diesen Film macht?
tisierten stürmer« wieder abzubringen. Er weiB, daB Goebbels
Meyer-Hanna: Mein Mann meinte, Harlan mache diesen
selbst an dem Drehbum mitgearbeitet hat, er weill aber aum,
• Film, um Karriere zu machen. Denn wenn Harlan künstlerisch daR Goebbels den J udenhasser Streimer nimt ausstehen kann,
etwas werden kann, geht er über Leichen. und traut sich zu, den streimer-Geist des Drehbums vor Goeb-
Varsitzender: Sie sagten, Harlan mochte Sie nicht gerne - bels 50 plastism herauszustellen, daB Goebbels ihn von der
mochte Ihr Mann Harlan? Inszenierung entbinden wird.
Meyer-Hanna: Mein Mann mochte ihn. Mein M ann mochte Die Geschichte des Jud SiiE Oppenheimer (1698 bis 1738)
Menschen, die moralisch nicht ganz einwandfrei waren. !ch hatte bereits viele s<hriftsteller bes<haftigt. Am bekarmtesten
verstand nicht, warum ... wurden die Novelle von Wilhelm Hauff (1828) und der Roman
Wandschneider: Wissen Sie noch, ob Harlan Ihnen seine Woh- von Lion Feuchtwanger (1925)' Es ist eine Infamie der WeIt-
nung zur Verfügung gestellt hat, falls Sie verfolgt würden? geschichte, daJ5 ausgeredmet ein Jude einem Staff in aller Welt
Meyer-Hanna: Jawohl - nachdem Harlan n ach Hamburg Beachtung vers<haffte, der daraufhin eine Grundlage für den
wollte, sagte er mir, er ginge nach Hamburg, und sollten irgend- typischen antisemitischen Film liefem konnte. Auf diesem Ro-
welche J udenaktionen zu befürchten sein - sollte ich in seine man beruhte die erste Verfilmung dieses stoffes, der 1933 mit
Wohnung nach Westend gehen, und wir sollten uns dort ver- Conrad Veidt in der Hauptrolle in England hergestellt wurde.
Der schnelle Aufstieg des siiE-Oppenheimer innerhalb von
stecken, bis der Krieg zu Ende ware. lch und Frau Jeanette Noak.
nur drei Jahren, sein tiefer sturz und die schreddiche Todesart,
Das war Ende 1944.
die wahrhaft fürstliche Korruption der Zeit ais Folge des Ab-
W andschneider: War da nicht die Gefahr grog - wenn man
solutismus, die Miitressenwirtschaft, die Unterstützung der
50 etwas machte - , durch die Gestapo liquidiert zu werden?
Gegenreformation und wohl auch die antisemitische Massen-
M eyer-Hanna: Sicher, die Gefahr war grog,
psychose machten das Leben des Jude",. SüJ5 zu einem anregen-
V arsitzender: Harlan war also nicht feige?
den literarischen Stoff für viele europalsche Autoren. ~as da-
M eyer-Hanna : Nein, Harlan war nicht feige. von in den Vordergrund gerückt wird, hangt naturgemiB von
W andschneider : Haben Sie ihn nicht für beson ders coura- dem Talent und den Absichten des jeweiligen Autors ab. Am
giert empfunden?
vielschichtigsten ist wohl der Roman von Feuchtwanger, der
Me y er-Ha nna: Jawohl - für sehr couragiert. lch habe mich auch heute noch gelesen zu werden verdient.
wohl s<hle<ht ausgedrückt.
ach heutigen Vorstellungen würde der historische Jud SülS
zweifellos auch verurteilt werden, wenn auch n icht gan z aus Objektivitat und Wirkung des Films)) Jud Sü15«
den Gründen und zu der Strafe von :173 8 . MilSt man den histo-
AIs sich Harlan nun mit Goebbels in Gegenwart des Reims-
rischen Jud SülS jedoch an den Verhaltnissen des Spatbarock,
filmintendanten Fritz Hippler über das ursprüngliche Drehbum
50 mülSte das Urteil über ihn durchaus milder ausfallen. Es ist
auseinandersetzt, gesmieht etwas für Harlan sehr ûberraschen-
deshalb nicht uninteressant zu prüfen, wie die verschiedenen
de~ : Goebbels gibt Harlan voll und ganz recht - und befjehlt
Autoren die schreckliche Strafe begründen. ihm zugleich, das Drehbuch 50 umzuarbeiten, daB der FaU
lm Mittelpunkt des Urteils stehen im allgemeinen die Kor- »Jud SüJS« objektiv und künstierisch einwandfrei dargestellt
ruption, die Unterstützung der Gegenreformation und ein wahn- werde. Dieses Buch mü sse Harlan verfilmen, weil er, Goebbels,
hafter Antisemitismus, der mitunter mit patriotischen Gefühlen gerade diesen Film dringend brauche *. Auch befjehlt er, daB
oder staatspolitischen Notwendigkeiten verbramt wird. Wil- die weibliche Hauptrolle des Films mit Harlans Frau, Kristina
helm Hauff kommentiert die offentliche Hinrichtung in seiner Soderbaum, zu besetzen sei.
Novelle 50: »Beides, die Art, wie dieser unglückliche Mann mit Zum zweitenmal in seiner Laufbahn als Filmgestalter war
Württemberg verfahren konnte, und seine Strafe sind gleich Harlan von Goebbels in einem entscheidenden Kampf gesdùa-
auffallend und unbegreiflich zu einer Zeit, wo man schon langst gen worden. Es war ihm vollkommen klar, was Goebbels in
die Anfiinge der Zivilisation und Aufkla rung hinter sich ge- diesem Fall unter »Objektivitat« verstand. Anders sind die vie-
lassen, wo die Blüte der franzosischen Literatur mit unwider- len Versuche Harlans, dem Auftrag zu entkommen oder spater
stehlicher Gewalt den gebildeten Teil Europas aufwarts riR« den Film nach seinem Geschmack umzumodeln, sinnlos und
Allen früheren literarischen wie filmischen Ver su chen gegen- unverstiindlich. Nachdem viele seiner jüdischen Kollegen bereits
über hat der Film »Jud SüB« von Veit Harlan tatsachlich eine emigriert waren oder unter Druck leben muiSten, einige Jahre
ganz neue Grundauffassung zu bieten. Der Jude SüB wird von nach den Nürnberger Rassengesetzen, ein Jahr nach der Kri-
Harlan in einen volkspolitischen ldealisten verwandelt, der stallnacht, konnte niemand mehr darüber im Zweifel sein, wie
seine Reichtümer zu dem Versuch benützt, die rassistischen dieser Film von Goebbels gemeint war.
Fesseln des Gettos zu sprengen und seinen Glaubensgenossen AIs alle Versuche, seine Frau und sich selbst aus dem als
die bürgerliche Freiheit zu verschaffen. Auch geschieht die Ver- entsetzlich und unwürdig empfundenen Auftrag auf legale
gewaltigung des Madchens nicht aus tierischer Wollust, son- Weise herauszukommen, scheitern, meldet sich Harlan frei~­
Iig »an die Front«, d. h., er versucht, sich zur. Wehrmacht em-
dern aus enttauschter Liebe. SülS hatte im Film bei dem Vater
ziehen zu lassen. Solche Meldungen galten wahrend des Zwel-
des Madchens um des sen Hand angehalten und war unter Be-
ten Weltkrieges in Deutsdùand ais absolut vorr~~I~ und wur-
schimpfung abgewiesen worden. Er racht sich dafür, indem er
den haufig von Personen, die dem nationalsozlalistischen Re-
das geliebte Madchen durch seelischen Zwang und nicht etwa .
mit Brachialgewalt dazu bringt, sich ihm hinzugeben . glme gegenu"ber fe 'lndlich eingestellt waren, ais letzter, stets
.k Ausweg aus politischen Schwierigkeiten benutzt, 50
lm spateren Gerichtsurteil wird SüJS denn auch nicht wegen Wlr samer " d Be'
. . 1 von Werner Finck und Gustaf Grun gens. 1
Korruption noch wegen Vergewaltigung, sondern allein wegen zum Belsple " -'-l'ch . .mt
H 1 ber verfing diese Methode ungluQ<. 1 erwe~se ru .
der mit der Vergewaltigung verbundenen Rassenschande ver- G::::el:, der seinen begabtesten und berü~test~ F~~~~~
urteilt. Der entscheidende Satz der Urteilsbegründung am SchluiS senbeeinflusser unter allen Umstanden in seme~ a .
des Films lautet: »50 sich aber ein Jude mit einer Christin '11 . kt von Hitler einen kriegsdlensthchen Be-
behalten WI , erwlf
fleischlich vermengt, soll er durch den St rang zu Tode gebracht
werden.«
• Siehe Seite 93 Cf.
fehL dag jede freiwillige Meldung zur Wehrmach t aller Goeb-
bels im Bereich des Films unterstell ten Personen ais Desertion fertigung staatspolitischer Grausamkeiten ge ch . b d
. . 5 ne en wur en
schltef5hch beschieden war. '
aufgefaf5t und, soweit sie auf einer Befehlsverweigerung be-
ruhe, dementsprechend geahndet werden würde. Harlan selbst Der Geist, in dem Harlan diese sich selbst gesetzte Auf he
durchführte, und die menschliche Haltung dt· e e db . ga
wurde von Goebbels angeschrien: »Harlan, ich. kann Sie zer- .. . ' r a et gegen-
quetschen wie eine \'Vanze an der Wand"! Sie wissen doch, u ber Jedermann, einschlief5lich der nationalsozialistischen
Machthaber, bewies, bewi rkten tatsachlich, da!5 er juristisch von
\Vas geschieht, wenn ein Soldat sich weigert, einen dienstlichen
allen Verfehlungen und Gesetzesverletzungen einschlieBlich des
Befehl im Kriege auszuführen - Sie, Herr H arlan, sind auch
nachtraglich geschaffenen Kontrollratsgesetzes Nr. 10. freige-
Soldat, genau wie ich - auch wenn Sie keine U niEorm tragen! «
sprochen wurde, wie es durch das Entnazifizierungsverfahren
Wieder hat Harlan gegen Goebbels verloren.
und die beiden Schwurgerichtsverhandlungen der Jahre 1949 / 50
Was tun? Es ist Krieg, Polen ist niedergeworfen und zwi- geschah. Dieser Geist und diese Haltung vermochten aber nicht,
schen Deutschland und der Sowjetunion aufgeteilt. Der sowje- Harlan vor dem Menschheitsgewissen zu entlasten.
tisch-finnische Winterkrieg ist in vollem G ange, auf Hitler Die Entscheidung, zu der er sich irn Jahre 1939 durchrang,
wurde am 8. November im Bürgerbraukeller in München ein Iieber die Bürde auf sich zu nehmen, eine verabscheute Propa-
Bombenanschlag verübt, die deutsche G ro!5offensive im W esten gandaaufgabe in ein Kunstwerk zu verwandeln, als den Weg
ist fertig vorbereitet, unter den Alllierten werden Friedens- des Martyrers zu gehen, blieb ais untilgbarer Makel mit seinem
angebote diskutiert und verworfen. N amen verbunden. Daran konnten kein Freispruch durch die
Alles, was Harlan nun noch übrigbleibt, wenn er der Her- Gerichte, kein Rechtfertigungsversuch vor der Offentlichkeit
stellung des Films »Jud Sü!5« entkommen will, ist entweder und auch die Aufführung des Films »Jud SüB« in spateren Jah-
ein Fluchtversuch ins Ausland oder ein kriegsgerichtliches Ver- ren mehr etwas Entscheidendes ii.ndem.
fahren wegen Desertion. Beides mu!5te für ihn nach damaliger Wenn Harlan in einem Interview am 25. September 1940 in
allgemein bekannter nationalsozialistischer Praxis mit ernst- "Neues Badener Tageblatt« sagte: »Mir kommt es bei der
hafter Lebensgefahr für sich selbst und die Mitglieder seiner Behandlung des Stoffes .Jud Sü!5< darauf an, nicht einen Ten-
denzfilm zu drehen, sondem eine historische Tatsache. , 50 muB
Familie verbunden sein.
man ihm die gute Absicht glauben, obwohl es schwerfallt, bei
Sein Gewissen fühlte er bis zu diesem Augenblick unbelastet.
einem erwachsenen Menschen 50 viel Naivitat und Blindheit
Er war zutiefst davon überzeugt, da!5 er auch. im national-
vorauszusetzen. Wenn dagegen einige leit spa ter andere in den
sozialistischen Machtbereich stets aIs guter D eutscher und ehr- leitungen die Objektivitat des Filmes und die ~sto~ische Treue
licher Künstler gelebt und gehandelt h atte. 50 glaubte er, der rühmen, 50 kann auch der Gutwillige heu te mcht emmal mem
mahnenden Stimme seines Gewissens zum Trotz auch diesmal Ironie heraushiiren: Der »Viilkische Beobachter« am 26. ~ep-
durch den vollen Einsatz seiner künstlerischen wie mensch- E·n Tendenzlilm? Nein - die Darstellung emes
temb er 194°: » t · . d ch· .k
lichen Kraft die teuflischen Absich.ten Goebbels' überspiel en Problems zwar das jeden heute angeht, dazu Je 0 em wu -
zu konnen. Sein Werk, in das er die sch.mutzigen antisemi- licher Film in' allen seinen handlungsgemaBen Pha~en. Eme
tischen Propagandaabsichten von Goebbels verwandeln würde, Hochleistung deutscher Filmkünstler, aus dem .Stirb chodafer
sollte - 50 glaubte er mit ganzer Kraft _ vor einer spateren d rur das Volk ges -
Werde< unseres Volkes genommen un
leit ais echtes Kunstwerk ebenso bestehen konnen und da-
durch gerechtfertigt sein, wie es Shakespeares »Kaufmann von fe~~« Nr. 19 der Wochenzeitung »Das Reich«, 1940, auf Seite
Venedig« und Machiavellis ,,11 Principe«, die beide zur Recht-
• Beweisaufnahme im Sc:nwurgeric:ntsverfahren gegen Harlan aJll
• Siehe Seite 215. Anmerkung .
3· 4· 50, Zeuge P. W . Mü ller und Sc:h.luBwort von Harlan .
, 8 : " Dieses groBe Filmwerk, das wohl am deutlichsten die ge-
genwartige Wende der deutschen Filmkunst zum Idealfilm he- vertraulichen Mitteilung des R'ch
. el spropagandaministeriums
zeichnet, der aus einer politischen Totalsicht konzipiert ist, wird yom 27· AprIl 1940 hervor: »5011ten' "ch ' ..
auch über die deutschen Grenzen hinaus um seiner historischen F1'I me u"ber Ju den herauskommen z B rn . naFilm ster Zelt elillge
. "
II . . ' . . ern >Jud 5üB< 50
Objektivitat willen früher oder spater heachtet werden ... « 50 en sie lllcht ais antisemitische Fil b'dm '
. me ezel et oder he-
In »Le Parisien« yom 21. 2. 1941 : »Dieser Film ist kein Phan- sprochen werden. Erne derartige Charakterisierun di Film
.15 t d es h alb ru'ch t rI'ch'
hg' weil sie durch. die W'Irkung au f dase
g eser
tasieprodukt, sondem ganz den geschichtlichen T atsachen ent-
sprechend, die dramatischer sind als jede Phantasie.« Pu:likum ihren Zweck von selbst erfüllen werden.« Der Reich.s-
In Frankreich hieB es in der Zeitschrift »Vedettes« yom fü rer 55 Himmler befah! der gesamten 55 und Polizei, süh
22. Marz 1944: »Der Regisseur Veit Harlan behandelte die hi-
den FIlm anzusehen. (5iehe 5 . 130) Man darf ru'cht verges sen,
storischen Vorgange konzessionslos, 50 daIS die Getto-Szenen, daIS 1940 die »Endlosung der Judenfrage« noch. nicht besclùos-
die geheimen Zusammenkünfte, das Notzuchtverbrechen, die sen war. Harlan besalS nich.t genügend Phantasie, die Tiitun
von Millionen Juden vorauszusehen, die selbst heute noch da:
Martern, die Massenszenen durch ihre Heftigkeit sich zu tragi-
Vorstellungsvermiigen vieler Mensch.en übersteigt.
scher GroBe hinaufsteigem.«
In den Prozessen nach. 1945 gegen Harlan sind Zeugen auf-
Und schlieBlich berichtet das Fachblatt »Film-Kurier« am
getreten, die bekundeten, sie hatten den Film nicht als anti-
30. Mai und am 16. Juli 1941 aus Berlin : sernitisch empfunden oder jedenfalls nich.t als 50 antisemi-
»5eit einem Monat lauft der Veit-Harlan-Film der Terra >Jud tisch, wie sie gefürch.tet hatten. In der 5ch.wurgerichtsverhand-
5üB< auch im unbesetzten Frankreich, und zwar in den Stadten lung sagt ein jüdisch.er Zeuge, Dr. Heinz Leopold, aus, der, in
Toulouse, Lyon und Marseille. Wie uns berichtet wird, ist es den Gefangnissen der Nazi-Zeit blindgesch.lagen, sclùieBlich. im
nicht zu den von allzu Vorsichtigen befürchteten Demonstra- KZ Theresienstadt überlebte. Er hat im Jalu 1940 den Film »Jud
tionen gegen den Film gekommen, vielmehr hat sich der Einsatz, 5üfS« in Berlin heimlich zweimal gesehen, leugnet entsdtieden
besonders in Marseille, zu einem aulSerordentlichen Erfolg ent- seinen antisemitischen Charakter und erklart, daR die Behaup-
wickelt. lm schonsten und groBten Lichtspielhaus von Marseille, tung, der Film sei antisemitisch, nur von jemandem erhoben
Pathé-Palace, kam es immer wieder zu begeisterten AuBerungen werden kiinne, der den Film nich.t gesehen habe.
des Publikums. « Erst kürzlich. bekundete Hans 5ch.olz ("Am grunen 5trand
»Ganz besondere Erwahnung verdient in diesem Zusammen- der 5pree«), daIS man zumindest damais die mildernden An-
hang der 5iegeslauf des Films >Jud SülS<. Schon in Rumaruen strengungen des Regisseurs herausgespürt habe.
und Ungam, also Landem, in denen das jüdische Element vor- Auf der andem 5eite sagen andere Zeugen aus, daIS die 55-
herrschend war und ganz besonders den Filmmarkt beeinfluBte, Leute nach. der Vorführung des Filmes besonders grausam zu
war der Erfolg des Films aIs sensationell anzusprechen. Dem ihren Haftlingen gewesen sei en . .-
In den besetzten Ostgebieten wurde der Film manchmal der
Pariser 5tart des Films sah man, da Frankreich lange Jahre
»arischen« Bevolkerung vorgeführt, wenn eine Deportation von
volksfremde Volksfrontpolitik hinter sich hatte, mit besonde-
Juden bevorstand. Die 5pitzel des 50 berichteten über eine
rer Spannung entgegen. Hoffnungen, wie man sie nicht erwar- deutlich.e antisemitisch.e Wirkung auE die Kinobesucher. Auch
tet hatte, wurden erfüllt. Nach 8 Wochen Laufzeit im Pariser bezeugt mehr ais eine Filmkritik aus der N~zizeit en~egen der
Colisée wechselte der Film auf die Zweitspieltheater über und Anweisung Goebbels' die erzieherische Abslch.t des Films.
hat
P heute sowoh! in der franzosischen Hauptstadt, wie in der h . Smwurgerlmtsverfahren. Aussqen
rovinz, die meisten Hausrekorde gebrochen.« • Siehe: Beweisaufna me ImW~ter Paiser und Norbert WollheJm.
der Zeugen Max Dumer,
Warum auch Goebbels Wert darauf legte daIS dem An- Febr.lMirz 19<W'
sch'em nach kein TendenzfiJm gedreht wurde,' geht aus einer
lm ersten Schwurgerichtsverfahren gegen Harlan hatte der man in Deutschland 50 viel sieht und spürt) eine neue mensch-
Anwalt der jüdischen Nebenklager schlielSlich fes tgestellt : »Es Iichere Welt entgegenzusetzen. «
jst kein Verbrechen, das man mit Handen greifen kann. Aber Veit H arIan wurde trotz seiner Einstufung irn Entnazmzie-
ein geistiges, ein Gesinnungsverbrechen!« - »Die Zeit« schrieb rungsverfahren in Gruppe 5" und zweier sch.wurgerichtlicher
am 28. April 1949 auf der ersten Seite unter der überschrift: Freisprüche wegen erwiesener Unsch.uld geach.tet und verfolgt.
»Veit Harlan nicht rehabilitiert«: Einer der Anführer irn Streit um Harlan und seine Taten ist
»Aber es wiire grundfalsch, hieraus zu folgern, d~ der frei- der ehemalige Leiter der Presses telle der Hansestadt Harnburg,
gesprochene Filmregisseur nun auch menschlich und moralisch Erich Lüth, der in seiner Autobiographie unter der Dberschrift:
sdmIdlos sei. Vielmehr verhaIt es sich ja gerade 50, daIS Veit »Mein Kampf gegen Veit Harlan« erziihlt: "In einem offenen
Harlans SchuId zwar vorhanden, aber strafrechtlich nicht zu Brief bezeichnete ich Veit Harlan ais einen >der wichtigsten
fassen ist ... Wer ihm heute zujubeIt, hat nicht begriffen, daIS Exponenten méirderischer Judenhetze< . .. Das moralisch.e An-
moralische und kriminelle Sch.uId zwei verschiedene Dinge sind. sehen Deutschlands in der Welt darf aber nicht von robusten
Und wer heute gegen den Freispruch protestiert, hat diesen GeIdverdienern erneut ruiniert werden. Denn Harlans Wie-
ebensowenig begriffen.« derauftreten mulS kaum vernarbte Wunden wieder aufreiBen
In einem Brief der» Vereinigung der VerfoIgten des Nazi- und abklingendes MiBtrauen zum schaden des deutsch.en Wie-
Regimes« yom 15. Mai 1948 an Kristina Séiderbaum heilSt es: deraufbaus furchtbar erneuern. Aus allen diesen Griinden, 50
»Wir sind keineswegs der Ansicht, daIS die Schuldigen von hielS es in diesem offenen Brief, sei es nich.t nur das Recht, son-
gestem in jeder Minute des Dritten Reiches aus schlechten dern die Pflicht aller Anstandigen, sich. irn Karnpf gegen diesen
Motiven handelten, aber Ursache und Wirkung entscheiden unwürdigen Reprasentanten des deutschen Films über den Pro-
erst den Wert einer Handlung und eines Menschen. über die test hinaus auch zum Boykott bereitzuhalten.«
Handlung Ihres Gatten, Veit Harlan, haben wir niemals die In Géittingen, Frankfurt, Freiburg, Münster, Hannover, Mün-
Absicht gehabt zu rich.ten, sondern überlassen es den éiffent- chen u. a. kommt es zu Demonstrationen vor vielen Kinos.
lichen Gerichten. Wir bezweifeln nich.t, d~ jede anstandige Harlan versucht sich zu wehren und untentimmt eine Vor-
Handlung Milderungsgründe erbringt. Sie andert aber nichts tragsreise, vor aIlem durch. die Stad te, in denen gegen seine
daran, d~ wir Ihren Gatten, Veit Harlan, als Regisseur und Filme demonstriert worden ist. Oft setzt er sich in tumultuosen
Mitautor des zum Verbrechen treibenden Filmes >Jud S~< und Diskussionen schlielSIich durch.. Der Makel auf seinem Narnen
auch >Kolberg< ais zumindest mitverantwortlich für die auf- verschwindet indessen nicht, er verstiirkt sich sogar. Er wird
grund der dadurch erfolgenden ideologischen Beeinflussung Fortan weniger beschuldigt, ais schlech.thln verdarnmt. Es ent-
entstehenden Verbrechen betrach.ten müssen.« stehen vorwiegend emotional betonte Fronten, Anhiinger und
Und sch1ielSlich schreibt der früher in Berlin und spitter in Gegner lassen sich irnmer wieder zu gesetzlich. anfechtbaren
MalSnahmen und AulSerungen hinreiBen.
New York amtierende Rabbiner Dr. Joachim Prinz am 22. Juli
194 8 in einer Antwort an Veit Harlan: »Dieser Brief ist ein 50 nennt ihn Erüh Lüth éiffentlich. einen "Propagandisten des
emster Versuch, Ihnen zu sagen, daIS es besser sein würde, Massenmordes«, erklart der »ArbeitsausschuB der Filmwùt-
schaft« eine Beschaftigung Harlans in der deutschen Filmindu-
wenn Sie im BewuBtsein Ihrer eigenen Unschuld, in Würde
und innerer Gelassenheit warten würden was der ProzeS brin- ~1-rti~eI13 im »Gesetz zur Befreiung von Nationalsoziali&m.as and
. '
gen wud. Das Urteil der Welt hangt weder von Ihrem nom • 1 Itansmus« vom 8. 3. 1946, Berlin, lautet: "Entlastet lat·
emd' formellen MitgUedschaft ... sich nicht nur passiv ·v::b.I. .
b'OIa
von meinem 5dticksal ab. Das Heil und Unheil aller MenscheJl son. ern nach dem MaB seiner Kriifte aktiv Wlderstancl die
hiingt von ihrem eigenen heiligen Willen ab, alles zu tun, n~hona!sozialistische Gewaltherrsmaft gelelstet und ....
telle erhtten hat..
APf>*ii
- - - - Na.,.
dem mensdùimen, moralismen und geistigen Verfall (von
274
stne für untragbar, organisieren der D eutsche Gewerkschafts_ K" nn en Sie sich vors tellen, daIS 5 0 etwas in einem anderen
l>und, der Akadernisch-Politische Club, der Landesrat für Frei- L ; von einem Staatssekretiir gem acht wird ? Sie sehen also
heit und Recht, die Lessing-Gesellschaft zur Fërderung der To- d~;, wie ungeheuerlich der Druck war, und Sie sehen wei ter
leranz, die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusarnmenarbeit daran, wie milStrauisch Goebb els gegen mich selb st war. f .
und die Hochschule für politische Wissenschaften, samtlich in Trotzdem habe ich den Film 50 gemacht, daIS, ais er ertig
München, eine Protestkundgebung gegen die Aufführung neuer war, Goebbels vor Wut explodierte, wie sowohl der ehemalige
Harlan-Filme und fordem ein Berufsverbot rur Harlan. Er wird Reichsfilmintendant wie auch der Reichsfilmdramaturg lhnen
irn Rundfunk ais »psychologischer Wegbereiter grauenhaftester bestatigt hab en. Es war gar nicht 5 0 einfach, einen Befehl von
Verbrechen« bezeichnet, die Aufführung seiner nach dem Krie- Goebbels 50 auszuführen, daIS er vor Wut explodierte. Wenn
ge hergestellten Filme wird durch Stadtratsbeschlüsse oder er aber explodierte, dann wird er wohl einen Grund gehabt
Bürgermeisterentscheidungen in München, Frankfurt, Braun- haben, der sich nicht allein auf den SchlulS bezog, sondern auf
schweig, Lindau und Kassel vorübergehend verboten. ln Zürich viele Szenen, die er h erausschnitt bzw. urnsynchronisieren
bildet sich ein »Aktionskomitee gegen geplante Auffüh- lieB.«
rung von Veit-Harlan-Filmen«, in dem fast alle politischen Für den unbefangenen Beobachter, der die Hitlerzeit nicht
Parteien und zahlreiche Kulturorganisationen vertreten sind, aus eigenem Erleben kennt, bleibt die Entwicklung des Falles
und das den Stadt- und Bezirksrat der Stadt Zürich n och 196 3 Harlan angesichts anderer im Bereich der politischen Hetzpro-
veranlaEt, das Aufführungsverbot von Harlan-Filmen mit dem paganda als viel schwerwiegender ernpfundenen Verfehlungen
Satz zu begründen: »Die schweizerische Offentlichkeit lehnt der Nazizeit unerkliirbar - es sei denn, man sahe in ihm eine
das Wiederauftreten Veit Harlans ais Filmschaffenden nach wie Art von Sündenbock, auf des sen Rücken zahllose Menschen
vor ab *.« ihre verdrangten Schuldgefühle zur eigenen Entlastung bewuBt
Doch melden sich auch zahlreiche Verteidiger Harlans zu oder unbewuBt abladen.
Wort. Schon nach der Urteilsverkündung, am 23. April 1949, In der Berliner Zeitung »Der TagesspiegeI« hieB es am 3°.4.
war Harlan von jubelnden Zuschauem auf den Schultem aus 1949 über Harlan: »Er selbst behauptet nicht, sich ganz un-
dem Gerichtsgebaude getragen worden . Er bekommt Hunderte schuldig gefühIt zu haben. Er gibt mit salopper Aufrichtigkeit
von Glückwunschbriefen, viele seiner Anhanger senden lange zu, daB er nicht den Miirtyrerehrgeiz eines Niemëller gehabt
Ausführungen an die Redaktionen der Tagespresse, in denen habe und über einige Trübungen seines Gewissens hinwegge-
sie eine nach ihrer überzeugung gerechte Beurteilung Harlans gangen sei! 50 wollte er in zynischer Verkleinerung seines Ver-
entwickeln, in Zürich gründet sich ein Fan-Klub zu seinen und brechens über das Gestandnis, daIS es ihrn mindestens gediim-
Kristina Sëderbaums Gunsten. GroBe M engen hektograpruer- mert hatte, hinwegkommen. «
ter Rundschreiben werden zu seiner Rechtfertigung verteilt. In ~uch Lion Feuchtwanger meldete sich zu Wort: "Sie haben,
seinem SdùuBwort am Ende der zweiten Schwurgerichtsver- me me Herren, aus meinem Roman ,Jud Sü/3< mit Hinzufü
handlung 1950 erklart Harlan : »Bedenken Sie einmal, was es v~n ein biBchen Tosca einen wüst antisemitischen Hetzfilm~
heiBt, einen Film wie ,Jud SüB< unter der Gewalt von Goebbels Smne Streichers und seines ,Stürmers< gemacht . . .
drehen zu müssen. Sie haben von Herm Gutterer gehërt, daIS Man :,ird mit Aug und Ohr nachprüfen kënnen, wie Sie aIle
er in seinem Amt ais Staatssekretar die Texte in dem Dreh- d~zu belgetragen haben, die Geschichte eines Juden, von dem
~, welches Goebbels genehrnigt hatte, mit dem Film ver- Sie al~e wuBten, daB er ein groBer Mann war, ins genaue Ge-
gleHhen muBte. gentell zu verkehren. Und Sie werden nimt die bescheidenste
Ausrede haben; denn Sie sind sim alle klar darüber gewesen.
~. ~~~~~~m 25 . 1.11)63. Bezirksrat Zürich. Verw.-Nr. 346 (62)
daB von Anfang an hinter diesem Film nimt die Spur eiDes
• ünstlerischen Willens stand, sondem nur eine Tendenz, deren . Eland gedrehte Film »Jud SüJS«, mit Conrad Veidt
f·U· her m~ dFl
Dummheit und Gemeinheit allen bewugt war. « r T .telroll e nach dem Urteil von Fachleuten, die bei e 1-
n d er l , . Tdt
Harlan antwortete auf diesen Offenen Brief am 12.12.1947 1 h haben einen wei taus deutlicheren antiseml 15 en
me gese en , an!
an Feuchtwanger direkt: »Sie schreiben - Sie wollen uns >zwin- E. druck hinterlassen hat. Auch ein auf Ver assung von
gen', daB wir uns den Film mit Ihnen zusammen ansehen. Das d:ebbels unter dem Titel »Der ewige Jude« hergestellter s~
heillt zunachst, daB Sie den Film gar nicht kennen und trotz- »Dokumentarfilm«, dessen Antisemitismus aIles m
genann ter . d· t
dem über ihn schreiben und seine künstlerische Qualitatslosig_ den Schatten stellt, was jemals in Filmen gezelgt wur e, 15
keit und menschliche Minderwertigkeit einfach behaupten. Sie heu te 50 gut wie verges sen.
brauchen uns gar nicht zu >zwingen< - ich würde es auf das Nicht wenig zu der aIlgemeinen Verdammung von Harlans
warmste begrüBen, wenn wir uns den Film ansehen konnten. Film hat wahl sein Titel beigetragen. Die Formulierung ,,~ud
Sie werden namlich in dem Film nicht den Verbrecher Jud SüB Süg« erfillit alle Voraussetzungen eines Leitbildes; der Titel
wiederfinden, der er in der Geschichte gewesen zu sein scheint. hat sich tief im UnbewuBten festgesetzt, er ist 50 »treffend«,
Der Jude handelt in diesem Film fast ausschlieglich rur das jü- dag er praktisch die Besichtigung und Prüfung des Filmes über-
dische Volk und nur im untergeordneten Sinne für sich. Das flüssig macht. Beim Studium der ProzeJSakten fallt auf, daB der
hat der wahre Jud SüB bestimmt nicht getan.« jüdische Zeuge Dr. Heirlz Leopold in seinem Brief an das Lan~­
Man konnte mehrere Bande allein mit den heftigen Reaktio- gericht Hamburg yom 3. April 1950 mit Ausnahme der ZWeI-
nen beider Seiten füllen. Rückblickend mochte man meinen, maligen Zitierung des Filmtitels »Jud Sü!S« stets von ,.dem
Harlan sei etwas zuviel Aufmerksamkeit widerfahren, beson- Juden Süg«, »der Jude SM« spridtt, daB er aIso nadt Moglidt-
ders wenn man bedenkt, wie viele kriminelle Verbrecher aus keit die offensichtlich ais Beschimpfung empfundene Abkili-
jener Zeit ungeschoren blieben und gar spater wieder zu Amt zung »Jud« vermeidet und die neutrale Bezeidtnung »Jude«
und Würden kamen. Auf diesen Punkt wies besonders der frü- vorzieht.
here israelitische AuBenminister, Frau Golda Meir, hin: »Har- Der Ausdruck »Jud« war bereits im 19. Jahrhundert alIge-
lan war eine der vielen Schattenfiguren im Nazireich. Wir mein gebrauchlich, um jüdische Hausierer veradttlidt zu madten;
brauchen nicht die vielen Figuren zu verfolgen, sondem suchen durch die Novelle »Jud SM« von Wilhelm Hauff ging er in die
die Verantwortlichen, welche die Figuren in Bewegung setzten!« Literatur ein. Die Konversationslexika foIgten nur zogernd. lm
Der Filmregisseur Wolfgang Liebeneiner sagte in der Be- Brockhaus von 1837 wird das Wirken des »sdtlauen Judenc
weisaufnahme des Schwurgerichtsverfahrens gegen Harlan im Joseph SM Oppenheimer zwar drastisch dargestellt, die Be-
Marz 1949: »Harlan ist ein Mensch, der im personlichen Um- zeichnung »Jud« aber nicht gebraucht. Ebensowenig in der
gang krasse Antipathie und Sympathie erweckt. Sein Tempera- Ausgabe des Jahres 1886, die bereits ein wesentlidt sachlidteres
ment zieht die Menschen an und stogt die Menschen ab. Bar- Bild des »SM-Oppenheimer« gibt. Erst in der Ausgabe von
lan hat eigentlich irnmer nur glühende Bewunderer oder glü- 18 95 findet sich zum erstenmal der Zusatz: »Jud SüJS genanntc,
hende Feinde. Ich kenne keinen zweiten Künstler, bei dem die der dann in die foIgenden Ausgaben übemommen wird, wih-
Urteile 50 weit auseinandergehen.« rend Meyers Konversationslexikon vom Jahre 1899 zwar die
Dieses Urteil Liebeneiners konnte es verstandlich machen, historisch faIsche Angabe macht, Joseph SüB-Oppenheimer sei
warum sich Veit Harlans Personlichkeit aIs exemplarischer Fall württembergischer Finanzminister gewesen, den Ausdruck ..Jud
für eine Abrechnung mit den Filmregisseuren und Filmgestal- SülS" aber noch vermeidet.
tem der Nazizeit ganz besonders anbot. Wer immer also diese schimpfliche Kennzeidmung als Titel
Der Film »Jud SüB« war jedenfalls im Urteil der Weit zurn für eine künstlerische Arbeit wahIte, ohne durch sie eine aus-
exemplarisdten antisemitisdten Film geworden, obwohl der drückliche Glorifizierung des Betroffenen zu versuchen. der
handelte antisemitisch. Da im Bereich der nationalsozialistisdlen exo rbitante Forderungen, daB der Plan von selbst in sim zu-
1achtherrschaft eine Glorifizierung, ja auch nur eine objektive sammenfiel, 5 0 z. B. bei dem Plan »Narvik«, der lange Zeit eine
Behandlung mit dem Judentum verknüpfter Ereignisse und filmische Lieblingsidee Hitlers war. Am 2 . 4· 41 schrieb Harlan
Probleme undenkbar war, dokumentierte der Schèipfe r eines in einem Brief an Goebbels: »Im Film >Narvik, braume im
solchen Werkes alIein schon durch die Verwendung des Titels mindestens vier, fünf Zerstorer, im braume mindestens ein
»Jud SüE« vor der Weltmeinung eine antisemitische Absicht. Smlachtschiff, ich brauche zahllose Flugzeuge und FalIschirm-
Für die Gegner Harlans war es daher nimt erfo rderlich, auch jiiger, ich muB glaubhaft einen Zerstorer a~f Land la~.fen l~.sen
nur den Inhalt des Films zu kennen, um ihn an gesichts der (natürlich würde ich das kascllieren, aber dieser Zerst.orer ~~te
weltbekannten Einstellung des nationalsozialistischen Deutsch- mir ja oben in Narvik gebaut werden). Ich hege die Befürm-
lands zu den Juden bereits um dieses Titels willen mit allem tung, daB der kommende See- und Luftkrieg die genannten
Nachdruck zu verdammen. Harlans heftige Versuche, den Auf- Wehrmachtsteile 50 in Anspruch nehmen wird, daB der Be-
trag von sich abzusmütteln, beweisen, daiS er die unglückselige schaffung groBte Smwierigkeiten im Wege liegen.«
Sdmld, in die er sim mit der übemallme dieses Auftrags ver- Nach »Jud SüE« bietet Harlan endlim das Bild eines Mannes,
stricken würde, wohl gespürt hat. Seine Entscheidung, dem der begriffen hat, daB in seinem Vaterlande ein Umsturz erfolgt
Martyrertum auszuweimen und mit der Kraft seines Künstler- ist und der sich nun aufgerufen fühlt, das Seine zur notwen-
tums die judenfeindlime Ideologie des Hitlerreiches durch ein digen neuen Ordnung beizutragen. Er handelt von da ab ganz
gewaltiges Kunstwerk zu überwinden und damit vor der Nach- ahnlich wie der von ihm verehrte Adolf von Harnack, der am
welt geremtfertigt zu sein, erwies sim als tragischer Irrtum. 24.9. 1 9 2 5 an seinen Freund Wilhelm Stapel, alIerdings unter
weit günstigeren Verhaltnissen, geschrieben hatte: »Im stellte
mim auf den Boden der Verfassung, weil im wirken und ver-
suchen mtillte, im Vereine mit Anderen soviel Güter der Ver-
Harlans weitere Filme
gangenheit auf den neuen Boden zu verpflanzen, wie irgend
Harlan selbst blieb die Tragweite seiner Entscheidung vollig moglich.
verborgen, er gab sein Bestes und ging aus der künstlerischen Dazu brauchte man eine freundlime Verhandlung mit Reim
Arbeit an dem Film »Jud SüE« und den nachfolgenden Karnpfen und Staat und dies fort und fort.
mit Goebbels um die weitestmoglime Erhaltung der künstle- Armimedes konnte behaupten, daiS er die WeIt aus ihren
rismen Arbeit ungebrochen als reiner Tor hervor. Seine nam- Angeln heben werde, wenn man ihm einen Standort atillerhalb
folgenden Filmwerke, wie »Immensee«, »Opfergang« und "Die der Welt ausfindig mamen konne - aber für das Vaterland
goldene Stadt«, smuf er im gleichen Geiste wie zuvor und stand kann man nicht wirken, wenn man lediglim einen kritischen
die sich daran knüpfenden Karnpfe und Auseinandersetzungen Standpunkt auBerhalb einnimmt, d. h. nimts für die Gegen-
mit Goebbels gleich tapfer und unerschrocken durm. wart, aber um eben diese handelt es sim, rur sie muE man
Wenn ihm, wie bei »Kolberg«, politische Propaganda zuge- tatkraftig Sorge tragen, denn der Ideologe wird kein Vater-
mutet wurde, die er aus künstlerischen Gründen nicht billigen land mehr vorfinden, das er nam seinem Plan formen kann,
konnte, bestand er darauf, daiS ein anderer die künstlerisme wenn er sim aus der Gegenwart zurückzieht.«
Verantwortung übemahm. Weitere Filmplane Goebbels', die Veit Harlan hatte, wie er es verstand und 50 gut er es ver-
antisemitisme Tendenzen enthielten, wie "Die siebente GroB- stand, seiner Vaterlandsliebe und seinem Remtsempfinden in
mamt«, ,,5011 und Haben« und "Der Kaufmann von Venedig«, einer Wirklimkeit gedient, die ganz zu durmsmauen er weit
v~rsdùeppte er oder stellte, wenn er von der Sinnlosigkeit eines entfernt gewesen war.
Rlmplanes angesimts des Kriegsverlaufs überzeugt war, 50
zao
Zur Selbstbiographie
Filme von Veit Barlan
\ 'elt Harlan schrieb die hier vorliegende Selbstbiographie in
den letzten Jahren seines Lebens, als ihn der gewohnte Film-
1935 Die Pompadur (Dialog-Regie) . P: Mondial Int. Film-in-
erfolg verlassen hatte und wahrend er mit seiner langen schwe-
dustrie Wien. D: Kathe v. Nagy und Leo Slezak. U : 24.
ren Erkrankung rang.
10.1935·
Das Originalmanuskript war mehr als doppelt 50 lang ge-
1935 Krach im Hinterhaus. P: ABC-Film. D : Henny Porten,
worden wie der hier abgedruckte Text. Schon zu seinen Lebzei-
Rotraut Richter. U: 2.1.1936
ten suchte Harlan nach einem erfahrenen Schriftsteller - wofür 1.93 6 Der müde Theodor . P : Majestic Film. D: WeilS Ferdl.
er sim selbst keineswegs hielt -, der ihm das Manuskript stili-
U: 13.3.1936
stisch redigieren und kraftig kürzen soUte. Er wulSte, daIS nicht 193 6 Kater Lampe. P: RN-Filmprd (Robert Neppam). D : Al-
alles, was er sich ohne Hemmung »vom Herzen geschrieben« bert Lieven. U : 19. 2. 1936
hatte, zur Veroffentlichung geeignet war. 1936 Maria die Magd. P: Minerva Tonfilm. D: Hilde Hilde-
Gekürzt wurden in erster Linie Harlans langatmige Refle- brand, Hilde Korber. U: 2.10. 1936
xionen. Einige typische Beispiele seiner Reflexionen finden sich 1936 Alles für Veronica. P: Deutsch-Schweizerisme-Ungarische
im Vor- wie im Nachwort. Dagegen blieben im wesentlichen Gemeinschaftsproduktion A. G. D: Theo Lingen, Hans
alle Fakten und auch die reine Handlung unangetastet. Hinzu- Moser. U: 8. 12. 1936
gefügt wurde nichts. Die Bearbeitung des hier abgedruckten 1937 Mein Sohn der Herr Minister. P : Ufa. D: Hans Moser,
Textes beschrankte sich auEerdem auf die Korrektur der Ortho- Françoise Rosay. U: 6. 7· 1937
graphie, der Interpunktion und auf die Milderung der gramma- 1937 Die Kreutzersonate. P: Georg Witt-Film. D: Li! Dagover,
tischen und stilistischen Fehler an den Stellen, wo die Lektüre Peter Petersen, Albrecht Schoenhals. U : 11.11.1937
zu einem Ratsel zu werden drohte. Es war nicht beabsichtigt, 1937 Der Herrscher. P: Tobis-Magna-Film. D : Marianne Hoppe,
aus Harlan einen schulmalSig korrekten SchriftsteUer zu machen. Emil Jannings, Maria Koppenhofer. U: 17· 3· 1937
Wer die Arbeit des Herausgebers im einzeInen prüfen oder 1938 Jugend. P: Tobis-Filmkunst. D: Elisabeth Flickenschild,
das ungekürzte Manuskript studieren will, hat dazu in der Werner Hinz, Eugen Klopfer, Kristina Soderbaum. U:
Manuskriptabteilung der Bayerischen Staatsbibliothek in Mün- 12.4. 1 93 8
chen Gelegenheit, der ein Exemplar übergeben wurde. 193 8 Verwehte Spuren. P: Majestic-Film. D: Frits van Dongen,
Aus juristischen, d. h. personlichkeitsrechtlichen Gründen Friedrich Kayssler, Kristina Soderbaum, U: 26.8.193 8
mulSten einige wenige und geringfügige Retuschen vorgenom- 1939 Die Reise nach Tilsit. P: Majestic-Film. D: Anna Dam-
men werden. Es ist im übrigen ein typisches Merkmal auch des man, Frits van Dongen, Kristina Soderbaum. U: 31. 11.
Originalmanuskriptes dieser Selbstbiographie, daIS personlim e 1939
Feinde nicht oder nur am Rande erwahnt werden. 1939 Das unsterbliche Herz . P: Tobis-Filmkunst. D: Heinrich
Herausgeber und Vedag mochten nicht versaumen, Frau George, Kristina Soderbaum, Paul Wegener. U: 31.1. 1939
Kristina Soderbaum für ihre Unterstützung und ihr Verstand- 1939 Pedro soli hangen. P : Majestic Film. D: Heinrich George,
nis zu danken. Gustav Knuth, Maria Landrock. U: 11.7.1941
194 0 Jud Süp. P: Terra-Film. Heinrich George, Eugen Klop-
fer, Werner KraulS, Ferdinand Marian, Kristina SOder-
baum. U: 24.11.1940
194 2 Der grope Kéinig. P: Tobis-Filmkunst. D: Elisabeth Flik-
enschildt, Gustav Frohlich, O tto Gebühr, Lola M"
ristina Soderbaum, Paul Wegener. U : 3 . 3 . 1 942 uthel
1042 Die goldene 5tadt. P. Ufa. D: Eugen Klopfer, Kur M .
sel , Rudolf Prack, Kristina Soderbaum.
..
U ·' 24 . 11 .1942
t el-
1043 Immensee. P: Ufa. D: Otto Gebuhr, Karl Raddatz K'
stina Soderbaum. U: 17. 12. 1 943 ' n-
1944 Opfergang. P: Ufa. D: Irene v. Meyendorff, Karl Rad-
datz, Kristina Soderbaum. U: 8.12.1944 Personenregister
1945 Kolberg. P: Ufa. D: Horst Caspar, Heinrich George, Kri- Bismarck, Otto von 41 , 43, 97,
Abel, Alfred 31
stina Soderbaum. U: 30.1.1945 144, '161, 25 0
Adenauer, Konrad 234
1950/51 Unsterbliche Geliebte. P: Domnick-Filmprod. D: Hans Albers, Hans 155 f. Bohnen, Michael 69, 7'1 f., 74
Holt, Kristina Soderbaum. U: 1. 2. 1951 Alexander der GroBe 97 Bolvary, Geza von 243
1951 Hanna Ammon. P: Domnick-Filmprod. D: Hans Schom- Alpar, Gitta 85, 216 Borgmann, Hans Otto '109, 13 6
Alten, Jürgen von 88 Bêittcher 30
berg, Kristina Soderbaum. U : 21. 1 2. 1 951
Anzengruber, Ludwig 249 Bouhler 46, 48, 50
1952.5 3 Die blaue Stunde. P : Komet-FiIm. D: Hans Nielsen, Brahm, Otto 18 f.
Archimedes 281
Kristina SOderbaum. U: 7.1. 1953 Arent, Benno von 38, 46 f. Bramante, Donato 165
1953 Sterne über Colombo. P : Hans Albin-Film. D: Willy Artaxerxes 97 Brauer, Max 234
'Birgel, Kristina Soderbaum. U: 7 ·1. 1954 Brauer, Peter Paul 90 ff., 222 f.,
1953 Die Gefangene des Ma haradscha. P : Hans Albin-Film. Baarova, Lyda 66 ff., 82 ff., 224 225, 232, 267
Bab, Julius 16, 21, 250, 253 Braun, Alfred '101 f., 116, 134,
D: Willy 'Birgel, Kristina Soderbaum. U: 5· 2. 1954
Bach, Friedemann 220 143, 16 4
1954 Verrat an Deutschland. P: Divina-Film. D: Valery Inkij- Braun, Hermann 59
Bach, J. Sebastian 16, 70 f., 133
inoff, Paul Müller, Kristina Soderbaum. U: 12.1. 1955 Baeck, Leo 230 Brausewetter, Hans ;2
1957 Anders ais du und ich . P: Arca Filmprod. D: Paul Dahlke, Baky, Joseph von 155 f. Brecht, Berthold 217, 257
Paula Wessely. U : 31. 10. 1957 Bartels, Adolf 250 Breker, Arno 41
1958 Liebe kann wie Gift sein. P: Arca Filmprod. D: Willy Bassermann, Albert 17 f., 26, 260 Brückner 2'1, 41
Beethoven, Ludwig van 12, Biilow, Bernhard von 250
Birgel, Sabine Sesselmann. U : 23.7.1958
167 f., 177 ff., 176 Burte, Hermann 249
1958 Ich werde dich auf Hiinden tragen. P: Arca Filmprod.
Benesch, Eduard 84 Byck-Marian 109, 225 f., 238
D: Hans Holt, Hilde Korber, Hans Nielsen, Kristina Berber, Anita 18
Soderbaum. U: 6.11.1958 Berger, Ludwig 22 Ca lderon de la Barca, Pedro ;1
Bergner, Elisabeth 120 Carlyle, Thomas 1;2
Bernauer, Agnes 130 ff. Carmi, Maria 80
Bernhardt, Georg 200 Carstensen 116, 176
Bernoulli, Karl Albrecht 219 Caruso, Enrico 17
Bethge, Friedrich 40 Casals, Pablo 23
Bildt, Paul 74, 143, 186 Cisar, Gaius Julius 42,97
Billinger, Richard 69, 147 ff., 152, Caspar, Horst 186, :189, :194 ff.,
241, 256 205 f.
Binding, Rudolf '159, 162, 164, Chamberlain, Austen 220 f.
'168, 256 Churchill, Winston 47
émenceau, Georges :l1 f. Fiorentiono, Giovanni
2°4 Harlan, Walter 15 ff., 19, 21, 69,
orinth, Lovis 18 Fischer, Peter 70 227, 229, 237, 245, 25 2, 25 6,
25 8 ff., 267, 269 f., 272 f., 276 f., 74, 77 ff., 247 ff., 252, 25 6, 259,
ourths-Mahler, Hedwig 20 Flickenschildt, Elisabeth 60
279 ff. 26 5
Flora th, A lbert 106
Goebbels, Magda 66, 68, 82 f., Harnack, Adolf von 15, 24 8,
Dagover, Lil 32 , 34 Forst, Willy 55, 102 f., 229
85,14° f. 250 f., 281
Daladier, Edouard 47 Freisler, Rol and 154, 26 3 Harris, Frank 202
Goethe, Johann Wolfgang von
Daluege, Kurt 135 Freud, Sigmund 97 Hartau, Ludwig 17
132,155, 167,17 1
Dammann, Anna 66 Freytag, Gu s tav 178, 25 6 Hartmann, Eduard 263
Gold, Kathe 23
Deltgen, René 146 Frick, Wilhelm 27 Hauff, Wilhelm 91, 110, 267 f.,
Goring, Emmy
Demandowsky, Ewald von 53, Friedri<h II. von PreuBen (der s. Sonnemann, Emmy 279
60, 82, 87 ff., 135 f., 139, 262 GroISe) 88, 130, 132 ff., Goring, Hermann 7, 26 f., 30, 91 , Hauptmann, Carl 18
Dierks, Edgar 231 157 f ., 182, 216, 236, 266 129, 219 f., 252, 259 Hauptmann, Gerhart 15,18,35 f.,
DieBI, Gustav 186, 188 f. Fried rich Wilhelm III. von Gottschalk, Joachim 141 ff. 41,52 ff., 68, 99, 211, 25 6
Dietl, Eduard 176 Preul5en 190 Graf, Suse 31 Hebbel, Friedrich 53, 149, 1.5 6
Dietrich, Sepp 174 Fritzsche, Hans 174f. Granach, Alexander 134 Hedin, Sven 172f.
Dinter, Arthur 80 Froelich, Carl 55, 58, 134, 142, Graun, Karl Heinrich 13 8 Heinrichsdorff 181
Domin, Friedrich 21 144 f ., 156, 166 Greven, Alfred 90, 222 Hellberg, Ruth 146
Domnick, Hans 233, 239 Grillparzer, Franz 22 Henckels, Paul 69, 74, 143, 186,
Frohlich, Gustav 85, 130, 134 f.,
Dongen, Fritz van 66 Grodtczinsky, Thea 228 228
143, 216 f., 255
Gründgens, Gustav 26 f., 29, 91, Henlein, Peter 15, 69, 71
Dürer, Albrecht 156 Frowein, Eberhard 88, 180
138,219 f., 222, 254, 269 Hermann (Arminius) 30
Durieux, Tilla 18 Funk, Walter 38 f.
Grünstein 259 Herzberg, Guido 253
Dumer, Max 273 Furtwangler, Wilhelm 176
Gustav V. von Schweden 179 Herzfeld, Guido 21
Düwell154
Gutterer, Leopold 86, 90 f., HeB, Rudolf 61 ff., 2,60
Gebühr, Otto 133 f., 138 Heyse, Paul 181
223 ff., 276
Ebbecke, Berthold 222 Gellner 106, 225 Hielscher, Margot 162
Ebert, Friedrich 101 George, Heinrich 55, 69, 72. ff., Hilpert, Heinz 21
Hadamovsky, Eugen 44, 55
Eckart, Dietrich 249 91, 102, 106, 119 f., 182, 184, Himmler, Heinrich 9, 84, 86, 130,
Halbe, Max 22, 55, 59 ff., 25 6
Eckersberg, Else 17 189,228 Hamsun, Knut 171 f., 178, 256 273
Eggebrecht, Axel 259 Germanowa 18 Hanuschke 207 Hinkel, Hans 146, 180 f., 194 H.,
Elisabeth L, Konigin v. Engl. 201 Gerson, Dora 22 f., 77 Harbou, Thea von 36, 60 2°5
Engel, Erich 22, 217 f. Gianini, Dusolina 129 Harden, Maximilian 16, 250 Hinz, Werner 6o, 63
Erier, Otto 249 Ginsberg, Ernst 22 Harlan, s. Bienert Hippler, Fritz 87 f., 91., 130 ff.,
Esra 97 f. Giordano 233 Harlan, Caspar 212 f. 141, 149, 151 f., 156, 158, 163.
Eugen, Prinz von Osterreich 13 6 Gneisenau, August von Harlan, Fritz Moritz 17 174, 229, 261, 269, 277
Ewers, Hanns Heinz 157 186,189 f., 194 ff. Harlan, Kristian 6, 9, 81,92, 181, Hitler, Adolf 6 ff., 12, 27 f., 30 f ••
Goebbels, Helga 140 2°9 37, 40 ff., 56 ff., 61, 63 fo. 67 fo.
Fe~ling, Jürgen 21 f., 253, 255 Goebbels, Josef 5 ff., 10, 12, 2,7 f., Harlan, Maria, s. Korber, Maria 82 ff., 95 ff., 109, 114, 117. 123.
Feiler, Herta 159 31, 34, 36 ff., 41, 44, 46 , .s, Harlan, Peter 16 130, 134, 136, 140. 154 ffo.
Fein, Maria 17 f. 50 ff., 60 f., 63 ff., 75, 77, 80 ff., Harlan, Susanne 172 ff., 176 ff., 181 fo. 184.
Feudttwanger, Lion 230 , 2 67 f ., 114, 116 f., 119 ff., 11.7, 139' s. Korber, Susanne 192 f .• 195 ff., 199, 211. 2191.,
z77f. Harlan, Thomas Christoph 6, 9, 224, 232, 237. 239. 245, 251,
132 ff., 148 f., 151 ff., ISeff.,
FiIId<, Wemer 166 f., 269
167 f., 171 ff., 11\9 ff., 199 ff 81 260, 264f .• 269fo, 277, 2801.

..
l1nk=zeller, Heli 32.
207 H., 1.15 H., 1.19, 1.2,1, 1.2'
Hoffmann, Heinrim 56 f., 15 8 Klimsm, Fritz 18, 49 f. Leopo ld, Heinz 229 ff. , 273, 279 Meyer-Hanno, Hans 121, 143,
H· flim , Lucie 17 Klinger, Paul 146 f., 159 Lessing, Gotthold Ephraim 27 6 186, 194, 199
Hohst, Hanns 26 Klitzsm, Ludwig 32 f., 153 ff., Mimelangelo 165
Ley, Lore 155
Holberg, Ludvig 53 254 Ley, Robert 155 Minetti, Bernhard 74
Holder, Erim 159 Klopfer, Eugen 60, 63, 91, 94, Liebeneiner, Wolfgang 117, 14 6, Moissi, Alexander 17 f., 20, 250
Homberg, Hans 6 102, 106, 125, 1.42, 1.47, 149., 154 ff., 163, 193, 228, 27 8 Moller, Eberhard Wolfgang 90 f.,
Hoppe, Marianne 49 23 8 Lieven, Albert 31 95,127, 222, 232, 23 6
Horney, Brigitte 146 Knauff 127, 129 Lindemann, Gustav 27 Moser, Hans 32
Hugenberg, Alfred 153, 155 Knipper-Tsmemowa 18 Linke, Paul 46 Moskwin 18
Hynitsm 81 Knobelsdorff, Georg Wenzeslaus Lloyd, Frank 200 Mosse, Rudolf 200
von 133 Loos, Theodor 106 Mozart, Wolfgang Amadeus 49
Ibsen, Henrik 18 Knuth, Gustav 75 f., 146 Loose, Christa 1 69 Müller 176 f.
Ihering, Herbert 202 Kolbe, Georg 18 Lopez 201 Mummenthey 236
Korber, Christa Susanne 6, 9, 81 Ludwig XIV. von Frankreim 15 6 Münchhausen, Karl Friedrim 155
Jacoby, Georg 159 Korber, Hilde 6, 23, 32, 66 f., Luise, Konigin v. PreuBen 184, 189 Murnau, Friedr. Wilhelm 23, 66
Jahn, Otto Heinz 136, 139 ff., 83 f., 93 Lukadou 184, 189 Mussolini Benito 7, 42, 56, 139,
148,153 Korber, Maria Christiane 6, 9, Lüth, Erim 275 15 2 ,200

Jannings, Emil 17, 34 ff., 55, 60, 76 ,81 Luther, Martin 98, 110 f., 183, Müthe!, Lothar 26
94, 100, 102 f., 107, 135, 203, Koner, Hermine 17 f. 194
Korner, Theodor 190 Lutze, Viktor 95, 156 ff. Napoleon Bonaparte 96 f., 182,
259
Jannings (Frau von Emil) 102 Kortner, Fritz 26, 77, 93, 21 7 Lützkendorff, Felix 175 184, 186, 188 ff.
Jannings, Ruth 102 Kramer 215, 226 f., 232, 235, 237 Naumann, Friedrim16, 249 f.
Jessner, Leopold 22, 26, 104 f., Kraus, Herbert 235 Mamiavelli, Niccolo 270 Nehemia 98
Kraus, Werner 12 f" 1.7, 22, 91 , Mad<, Max 20 f. Nettelbed<, Joachim 181 f., 184,
25 2f·
94,100,103 ff., 109, 115, 117 f., Mann, Thomas 132 f., 154, 260 186, 189, 194
120 f., 127, 133 f., 168, 172, 19 6 Mannheim, Lucie 22 Niehoff, Karena 232, 234
Kaas, Ludwig 165
Krismanowskaja 18 Manstein (Fritz Erim v. Lewln- Niemoller, Martin 194, 277
Kainz, Josef 15, 17, 248
Krupp, Friedrim 35 ski) 10 Nietzsme, Friedrim 48, 182, 209,
Kâlmân, Emmerim 18
Kühne, Friedrim 194, 197 ff. Marian, Ferdinand 91, 103, 26 3
Kannenberg 56
106 ff., 112, 114 f., 117 f., 123 ff., Noad<, Reinhard W. 263
Kant, Immanuel 133 Kühne, Loui 197 ff.
129,155, 217 f., 221, 225, 228 Noak, Jeanette 266
Karl Alexander, Herzog von
Marlowe, Christopher 201 olde, Emil 87
Württemberg 109 Landrod<, Maria 75
Massary, Fritzi 18 Novarro, Ramon 23
Karl V. von DeutsrnIand 96 Lasker-Smüler, Else 18
Karl der GroBe 96, 184 Laternser, Hans 239 Meir, Golda 278
Meisel, Kurt 147, 149, 186, 199 Okuhn, Sonja 218
Kastner, Erim 87, 155 f. Laubinger, Otto 26
MeiBner, Otto 31 Orlik, Emil 18
Katharina II. von RuBland 137 Leander, Zarah 57, 59
Mendelssohn, Francesko von 23, Orska, Maria 17 f.
Katsmalow 18 Legal, Ernst 36, 69, 74
80,93, 21 7 Ortner, Eugen 23
KayBler, Friedrim 17, 21, 23, 253 Lehmann, Hans 31, 55, 60
Menzel, Adolf von 133 Otto, Hans 26
Kerr, Alfred 20, 23, 77, 99, 134, Lenbam, Franz von 144
:z.oo Menzel, Gerhard 138 f.
Lenin, Wladimir 134
Kiaulehn, Walter 236 Metzger, Ludwig 89 ff., 222, 232 Paiser, Walter 273
Leonidas 190
Kiekebusm 71 f. Meydamm 32 f. Pallenberg, Max 17 If., 250
Leopold I. von Anhalt-Dessau
KiIch, Erwin 2.1 Meyendorff, Irene von 189 Parbel88
(Der alte Dessauer) 91, 103
Paulsen, Harald 46 Saager, Irene 1 21 , 199, 265 f.
Sorge 244 Uhlenbruck 218
Pesne., Antoine 133 Sachs, Hans 22, 69
Spengler, Oswald 27 Ulbrich 26
Petersen, Peter 3 2 Sandrock, Adele 21, 253 Ullstein 200
Schaljapin, Fj odor 17 Sperber 187
Philipp II. von Spanien 247 Stalin, Josef 10 f., 47 f., 95 , 154
Pilsudski, Josef 4 8 Scharnhorst, Gerhard von 88 Veidt, Conrad 96, 267, 279
Stammler, Rudolf 110
Piscator, Erwin 22, 134, 253 Schaub , Julius 41 , 57 Virchow, Rudolf 250
Stan islawsky, Konstantin 18, 117
Pius XII. 165 SchaufuB, Hans Hermann 147, Stapel, Wilhelm 281 Vollmëller, Karl 80
Plauen, O. E. 1 29 218 Volpi, Conte 152
Steiner, Rudolf 15
Pohl, Oswald 23 6 Schellhorn 59 Steinrück, Albert 18, 22 Voltaire, François Marie Arouet
Porten, Henny 31 Schill, Ferdinand von 184, 186, Storm, Theodor 159, 25 6 de 133
Prack, Rudolf 147 188f. StoB, Veit 70
Prinz, Joachim 274 Schiller, Friedrich von 102, 119, Streicher, Julius 64 f., 69 ff., 93, Wachsmuth-Harlan, Günter 15 f.
puttkamer, Friedrich Karl von 13 2 267, 277 Wachtangoff, Jewgeni 116
122 f., 169 f. Schinkel, Karl-Friedrich 88,108 Streicher (Frau von Julius) 7 2 Wagner 94
Schirach, Baldur von 41 Strindberg, August 18 Wallenstein 22, 104, 132
Quandt, Harald 1 40 Schlage, Lu 215 Stuart, Maria 18 Wandschneider 215, 266
Schlegel, Friedrich von 202 f. Sudermann, Hermann 65, 256 Wassmann, Hans 17, 19
Schleif, W olfgang 186 Siill-Oppenheimer, Joseph 6, 89, Wedekind, Frank 21, 162
Raddatz, Carl 1 59, 162
Scholz, Hans 273 91,94 ff., 100, 102 f., 105, 107 ff., Wegener, Paul 17 f., 6g, 74,137 f.,
Raether, Arnold 36f., 259
Rathenau, Walter 1 5, 46 f., 236, Schë nhals, Albrecht 3 2 112 ff., 118 f., 122, 125 ff., 157,186, 189
Schënherr, Karl 249 129 f., 132, 171, 178, 196, 215, WeiB Ferdl 31
248, 25 0
Schënicke, Eduard 147 217, 219 ff., 225, 228 ff., 235 f., Werner, Anton von 135
Rauch, Christian 88, 133
Schreiner, Lieselotte 147 238,263, 266 ff., 276, 278 ff. Wernicke, Otto 90, 143, 186
Rehberg, Hans 138
Schulte, Norbert 190 Wessel, Horst 74, 157 f., 176
Reichmeister, von 88
Tagore, Rabindranath 17 Wieman, Mathias 22
Reinhardt, Max 17 ff., 80, 147, Schulz 156
Shakespeare, William 22, 53, Tauber, Richard 216 Wildenbruch, Ernst von 249
25° Wilhelm 1. 161
108, 161, 191, 199 ff., 214, 25 6 , Teichs, Alf 89 f., 222f.
Reisinger 202
Thomson 171 Wilhelm n. 20, 140, 251
Respighi, Ottorino 23 27°
Tieck, Ludwig 202 f. Winkler, Max 223
Richard, Frieda 147, 197 Slevogt, Max 18
Tiedtke, Jakob 46, 51, 74 ff. Winterstein, Eduard von 31, 66,
Richter, Rotraut 31 Smetana, Friedrich 147 f.
Todt, Fritz 197 74
Rickert 178 f. Sëderbaum, Henrik 179
Tolstoi, Leo ;2 f., 254, 256 Witt, Georg 32
Riefenstahl, Leni 158 Sëderbaum, Kristina 5 f., 9, 22,
Treitschke, Heinrich von 250 f. Wlassow, Andrej 188
Ritterfeld, Ernst 20 4 6, 4 8 , 59 f., 63 f., 66 f., 69,
Tschechow, Anton 18 Wolff, Theodor 200 f.
Rittner, Rudolf 17, 22 73 ff., 81, 84, 92, 94, 100 f.,
Tschermitschew 1;7 f. Wollheim, Norbert Z73
Rohm, Ernst 156, 258 122 f., 125, 130, 132, 134 f., 140,
Tyrolf 218 f., 224 f., 227 f., 230 f.,
Rokk, Marika 141 f., 159 144, 146 ff., 152, 159 ff., 168 f"
233, 265 f. Ziegler, Hans Severus 2.49
Roosevelt, Franklin D. 48 171 , 173 ff., 178 ff., 185 f., 189,
Ziethen, Hans-Joachim 139
Rosar, Annie 147 191 , 196 , 199, 109 f., 212, ZI4-
Uhlen, Gisela 59 Zippel2:l5
Rosay, Françoise ;2, 59 226 ff., 239, 241 ff., 245, Z ...'
Rothe, Hans 64 25 2, 25 8 , 269, 274, 276,zaz
RothadUld, Salomon 90 Sokrates 81
R\ihmann, Heinz 159 Sonnemann, Emmy 26
Ruat, Bernhard In
Sophokles 33
Quellennachweis für die Faksimiles

Kristina Sëderbaum, Degerndorf/ Obb.: Briefe von Caspar, Goebbels,


Hippler, Kühne; Tagebuchseite; Theaterzettel für »Der Marquis von
Keith,,; Widmung Walter Harlans.

Joseph Wulf, Berlin: Anzeigen für »J ud SülS,,; Briefe von Heinrichs-


dorff, Himmler, Hinkel und über »Die Goldene Stadt«. Auf sein
Buch »Theater und Film im Dritten Reich, eine Dokumentation c , er-
schienen im gleichen Verlag, sei in diesem Zusammenhang ausdrü!X-
lich hingewiesen.

Quellennachweis für die Bildtafeln

Atlas-Film, Duisburg: 10 a;
dpa, Frankfurt/Main: 11 a, 11 C-12 a, 13 b;
Kristina Sëderbaum, Degerndorf/ Obb.: 1 a-4 a, 7 C, 8 C, 11 b, 12C.
15 a-16;
Süddeutscher Verlag, München: 5 a--7 a, 8 a-a b, 9 a-9 b, 13 a;
Ullstein Berlin: 4 b, 7 b. 10 b, 12 b, 14 a-14 b
Inhalt

Eltern und Geschwister 15


Theater in Berlin 17
Bühnenschauspieler und Theaterregisseur 22
Der Nationalsozialismus dringt vor 26
Der Beginn ais Regisseur 29
»Die Kreutzersonate« nach Tolstoi 32
»Der Herrscher« mit Emil Jannings 34
Erste personliche Begegnung mit Hitler 40
Hitlers Suggestivkraft 46
Goebbels und Gerhart Hauptmann 52
Die eigene Produktionsfirma scheitert 55
»Jugend« nach Max Halbe 59
Julius Streicher und» Verwehte Spuren« 64
"Die Reise nach Tilsit« nach Sudermann 65
"Das unsterbliche Herz « und noch einmal Julius Streicher 6q
»Pedro 5011 hiingen« 75
Die Baarova-AfHire 82
Goebbels' Filmpolitik 86
Die Vorgeschichte von »Jud Siill« Sc}
War Moses ein Jude? 96
Der Film »Jud SüB« wird besetzt 100
Werner KrauB 1°3
Ferdinand Marian 106
»Jud SüB« in der Geschichte und im Film 109
Die Juden in »Jud SüB« 115
Heinrich George 119
Goebbels explodiert 111
»Jud SüB« wird geandert 1a,
»Der groBe Kënig« wird verboten, dann geandert 13'
Goebbels im Familienkreis 139
Der FaU» Joachim Gottsdtalk« 141
»Die goldene Stadt« nach Richard Billinger
Durchbruch des deutschen Farbfilms
Als Produktionschef abgesetzt, aber zum Professor erhob en 153
Der SA-Film 6
»Immensee« und »Opfergang« 15
Erlebnisse waruend der Dreharbeiten 158
16 5
Bombennachte in Berlin 16 9
Schweden, Hamsun, Narvik
Kristina Soderbaum contra Goebbels
Der Narvik-Film 175
Kristina Soderbaum wird wieder Schwedin
»Kolberg« 180
»Kolberg« wird geandert 19 2
Horst Caspar, Fritz Kühne und Meyer-Hanno 194
»Der KaufmaIb"1. von Venedig« nach Shakespeare 199
Die letzte Unterredung mit Goebbels 2°7
Das Kriegsende 209
Schikanen 211

Entnazifizierung und Anklage 21 3

Der erste SchwurgerichtsprozelS 216

Die Aussage von Griindgens 21 9

Wer war der Urheber von »Jud SüB«? 222


Weitere Aussagen 225
Tumulte irn Gericht 23 2

Der zweite SchwurgerichtsprozelS 23 6


Nachkriegsfilme und Krawalle 23 8
Nachwort 247
Der Vater Walter Harlan 247
Der Beginn der Laufbahn 252
Veit Harlan aIs Regisseur und Filmautor 255
Veit Harlan und Josef Goebbels 25 8
262
Die zweideutige Haltung Veit Harlans
Der Stoff des» Jud SüB« 267
Objektivitat und Wirkung des Films »Jud SülS« 269
280
Harlans weitere Filme
282
Zur Selbstbiographie
Filme von Veit Harlan 28'5
Register 285

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