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Kobbé, Ulrich. 1991. Sexualität im Maßregelvollzug? Pro Sexualität in der Klinik. In: Nervensäge – Patientenzeitung im WZFP Lippstadt, 5 (3/4), 8-9. Lippstadt, Westf. Zentrum für Forensische Psychiatrie.
Kobbé, Ulrich. 1991. Sexualität im Maßregelvollzug? Pro Sexualität in der Klinik. In: Nervensäge – Patientenzeitung im WZFP Lippstadt, 5 (3/4), 8-9. Lippstadt, Westf. Zentrum für Forensische Psychiatrie.
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Kobbé, Ulrich. 1991. Sexualität im Maßregelvollzug? Pro Sexualität in der Klinik. In: Nervensäge – Patientenzeitung im WZFP Lippstadt, 5 (3/4), 8-9. Lippstadt, Westf. Zentrum für Forensische Psychiatrie.
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rung, daß von ihnen ausgesprochene Phantasien " Pro Sexualität in der oder Wünsche als Symptom einer Störung, als Zeichen von Gefährlichkeit denunziert werden, dies Klinik" auch, wenn sie gar nicht wegen eines Sexualdelikts untergebracht werden. D. h., daß nicht einmal ein vertrauensvoller Austausch mit Pflegern oder The- rapeuten möglich ist, da mit abwehrenden, ironi- Vorbemerkung schen, abwertenden Kommentaren, mit psychothe- Die Diskussion um unseren Umgang mit Sexualität rapeutischem Hinterfragen gerechnet werden muß, findet bereits gesamtgesellschaftlich nur scheinbar nur bei "guten" Beziehungen mit einzelnen Perso- offen und aufgeklärt statt, gleitet nur allzu leicht ins nen ein angstfreies Gespräch möglich wird. Denn Moralisieren und in eine Doppelmoral ab. D.h. es dies betrifft ja auch die Beziehungen mit anderen geht immer wieder um das durch (indirekte) Verbote Patienten: Sie unterliegen in noch krasserer Form vermittelte schlechte Gewissen des einzelnen. Dar- Bewertungen/Entwertungen angesichts einer Hak- über hinaus wird Sexualität nur allzu leicht auf kordnung, in der ein Raub "besser" ist als ein Geschlechtsverkehr reduziert und verkürzt. Keines- (versuchter) Totschlag oder Mord und dies immer wegs neu und zugleich weiter aktuell ist dieser noch "besser" als Vergewaltigung, "unter" der Widerstreit dennoch, so daß im folgenden Zitate des aber in jedem Fall noch Mißbrauch mit Kindern Juristen und Gesellschaftskritikers Kurt Tucholsky kommt. aus den Jahren 1929 bis 1931 (!) eingestreut sind. Sexualität bezieht sich auch auf die Selbstbefriedi- An dieser Stelle nun pro Sexualität im Maßregelvoll- gung, schrieb ich. Doch: Wieviel Intimität läßt die zug Partei zu ergreifen, beinhaltet die Gefahr des Institution zu? Nicht einmal im KIR bleibt der Mißverstandenwerdens, doch soll und muß dies Patient ungestört. Vielmehr ist die Naßzelle ebenso dennoch versucht werden. Insofern bleibt der Hin- einsehbar wie das Zimmer selbst, wird der Pfleger weis, daß dieser einseitig "für" Sexualität im jederzeit (unfreiwillig) zum Spanner und der Patient Maßregelvollzug Partei nehmende Text nur gemein- zum bloßgestellten/ entblößten und peinlich berühr- sam mit dem ihn ergänzenden "Kontra1'-Text gele- ten Mitmenschen, dessen völlig normalen, natürli- sen werden darf. chen Bedürfnisse und Handlungen quasi exhibitioni- stisch den Blicken, Bewertungen und Kommentaren Zum Thema: anderer ausgesetzt sind. Darüber hinaus wird bei Sexualität ist auch im Maßregelvollzug untrennba- manchen Patienten die Steigerung der Häufigkeit rer Teil menschlichen Ixbens: Sie bezieht sich von mittlerweile unbefriedigenden Selbstbefriedi- sowohl auf den einzelnen wie auf das Zusammenle- gungen zum ''fürchterlichen Normalzustand'', führt ben und gemeinsame Erleben mit einem/einer aride- der "Trieb" ein Eigenleben wie eine Espressoma- ren. In der Unterbringung jedoch erlebt der Patient schine. wider Willen, daß dieser lebendige Teil seiner Desweiteren: wieviel Chance zum Ausleben dieser Beziehung zu anderen wie zu sich selbst ausgeblen- Ersatzbefriedigung gibt die Einrichtung, wenn sie det, verhindert wird und sozusagen erst auf Umwe- (neuroleptische) Medikamente verabreicht, die auch gen Eingang in die als "Beziehungsarbeit" oder triebdämpfend sind? Und: wer von den Ärzten, "Beziehungspflege" charakterisierte Behandlung Pflegern, Psychologen macht sich diese Auswir- findet. D. h. er ist auf sich selbst zurück geworfen, kung tatsächlich klar und denkt auch wiederholt so daß ihm (nur) Phantasien, Träume, Sehnsüchte (selbst-)kritisch darüber nach? und Selbstbefriedigung bleiben. Unter Vollzugsbedingungen bleiben kaum Gelegen- Und nicht einmal das mehr: Träume verändern sich heiten zur Anregung und Abwechslung, verengen in der Unterbringung, können quälend werden statt sich Tagträume und Phantasien in z. T. nie gekann- zu entlasten oder Tagesreste zu verarbeiten.'' Nachts ter Weise auf sexuelle Inhalte, bleiben auch bislang bedrängen sie wüste Träume; ihre innere Sekretion unbekannte oder nie gewollte homosexuelle Kontak- ist nicht in Ordnung, sie sehen riesige Geschlecht- te Ausweg und Infragestellung der eigenen Männ- steile auf Beinen und zupfen an sich herum... Fühlst lichkeit zugleich, denn: Wer will schon "schwul/ du sie leiden?" (Tucholsky 1931). Darüber hinaus 8 t$*rmi- *B?" Pro und Kontra lesbisch" sein? - Erzieherinnen/Krankenschwestern gehört, daß sexuelle Befriedigung also auch im sind zwar 'da\n ebenso notgedningen wie Maßregelvollzug möglich sein muß - denn: Sonst automatisch interessant, Objekt der Phantasie und wird die Unterbringung in der forensischen Psych- des Bedürfnisses. Gleichzeitig aber sind_sie "tabu", iatrie zum verschärften Knast. Daß Patient nicht so daß das enttäuschte Begehren ungewollt in auch gleich Patient und Sexual Straftäter nicht gleich aggressive Phantasie mündet. Hierüber zu sprechen Sexualstraftäter ist, daß also unterschieden werden erscheint vielen ebenso riskant, da auch dies miß ver- muß scheint selbstverständlich. Und doch wird der standen werden könnte (siehe oben). Unzucht einzelner pauschal maßreglementierende Pornos - auch sie ein Bestandteil gesellschaftlicher Zucht entgegengestellt. Nachdenken muß jeder von Wirklichkeit, ganz gleich ob man sie für "gut'' oder uns - ob Mitarbeiter oder Patient - über seine "schlecht" hält. Der Wunsch nach ihnen entsteht Einstellungen, Vorurteile, Erwartungen und Moral- teilweise erst durch die Unterbringung, durch die vorstellungen, dies verbunden mit der Frage, ob das sich abnutzende oder lustloser werdende Phantasie. für ihn 'Richtige' auch für andere gelten kann oder Gleichzeitig jedoch bleiben die Frauen unerreich- muß. D.h. es braucht eine Diskussion um die bar, wird Verlangen nur noch größer, wird die unsensiblen Sexualeinstellungen, wie Sie die 'Ner- eigene sexuelle Frustration und Not noch deutlicher vensäge' versucht. Und es braucht Offenheit, Be- spürbar. Die Unterteilung in Softpornos und Hard- reitschaft wie Toleranz für diese menschliche Ge- pornos - sie ist zweifelsohne ebenso schwierig wie staltung der Unterbringung für einen Abbau von sinnvoll, sollen und dürfen andere Menschen (und praktizierter Sexualfeindlichkeit. Patentrezepte al- hier ja meist Frauen) nicht degradiert, per Foto lerdings gibt es wohl kaum. "Also - ? Also gibt es mißbraucht oder mißhandelt werden. doch wohl nur einen Weg, müßte man denken: Die Konkret gelebte Sexualität mit einer Frau/mit einem Freiheit des Sexual Verkehrs der Gefangenen, unter Mann, d.h. Berührung, In-den-Arm-Nehmen, Aufrechterhaltung der nötigen Maßregeln für die Schmusen, Küssen, Fummeln, Miteinander-Schla- öffentliche Sicherheit." (Tucholsky 1929) fen usw., das sind natürliche Wünsche, in der Unterbringung jedoch mehr oder weniger Wunsch- träume von Patienten. Nur wenige Patienten haben Ulrich Kobbe diese Möglichkeiten durch besondere Besuchsrege- lungen vereinzelter weniger Stationen. Und auch Literatur Kurt Tucholsky: Die Gefangenen. (1931) hier unterliegt die Besucherin dem moralischen Kurt Tucholsky: 8 Uhr abends - Licht aus! ( 1929) Urteil, schleicht sich die Frage nach Freundin/ in: K. Tucholsky: Politische Justiz. Rowohlt Ta- Verlobter/Ehefrau ein, werden Patienten wie Part- schenbuchverlag, Reinbek (1970) 69-70 und 71-77 ner/innen danach bewertet, ob sie mit einem oder mehreren Partnern (intime) Beziehungen haben. Denn diese angeblich unbedingt notwendigen Fra- gen nicht zu stellen "hieße eine Sexualordnung staatlich anerkennen, die nicht die der die Gemein- schaft beherrschenden Sittengesetze ist... . Die künstlich aufgeblasene Schicht der deutschen Beam- ten hat nicht das Recht, uns Sittengesetze zu oktroy- ieren, zu deren Aufstellung sie niemand legitimiert hat." (Tucholaky 1929). Als wenn es 'draußen' keinen außerehelichen Geschlechteverkehr, keine Beziehungen zu Prostituierten o.a. gäbe: (Warum) müssen Patienten sich "moralisch einwandfreier" verhalten als der Arzt, Pfleger, Psychologe... im Maßregelvollzug? Sind sich beide nicht "einander nachts viel näher, als er ahnt?" (Tucholsky 1929). Angesichts dieser Skizze bleibt die beharrliche Feststellung, daß gelebte Sexualität zum Leben
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