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CHRISTUS REX KAISERKULT UND CHRISTUSBILD* Den Zusammenhingen zwischen kaiser- licher Kunst und christlichen Bildthemen ist André Grabar in seinem fiir diese Frage grundlegenden Werk oL’Empereur dans V’Art Byzantine nachgegangen. Die Frage aber, wann die Beeinflussung der christ- lichen Kunst durch die kaiserliche beginnt, baw. wann die Darstellung Christi als des Kaisers oder des Basileus einsetzt, ist noch ebenso offen wie die, welche besonderen Vorstellungen und Gedanken sich mit den einzelnen Christkénig-Bildern der frithen Zeit verbinden. Die erste klar faBbare Darstellung Christi als Imperator hat ihr Vorbild nicht in einem noch nachweisbaren kaiserlichen Bildtypus, sondern im kaiserlichen Hof- zeremoniell. Der sogenannte Jairus-Sar- kophag in Arlest, sein kiinstlerisch minder- wertigerer Zeitgenosse in Florenz?, beide dem frithea 4, Jh. entstammend, also der tetrarchischen Periode 2ugehdrig, und der konstantinische Sarkophag des Kardinals Albani in dessen Kapelle in S. Sebas- “0 8. Schober denkt an Aquileia Wahrend der Drucklegung dieses Aufsatzes hat auch Bratanié, Arheoloiki Vestnik 3, 1952, 300f. ‘Abb. t unseren Kopf kurz besprochen ; er will shin ohne weitere Begrindung — nur unter Hinweis auf Banks, OJh. 23, 1926, 474, und Curtius, RM. 49, 1934 (Ikonographische Beitrige Vi) und RM, 50, 1035 (Ilconographische Beitrage VII) baw. auf Minzbildnisse — dem Germanicus zuweisen * Auger den in der Archaologischen Biblio- graphie aufgefihrten Abkirzungen und Sigeln erscheinen hier: Gerke, Christus =F. Gerke, Christus in der spatantiken Plastik’. WS. = G. Wil- pert, I Sarcofagi Cristiani Antichi 1 WS. I Taf. 38,2. 5 WS. Suppl. Taf. 287,1 tiano? zeigen eine gemeinsame Mittelszene* eigentiimlichen Charakters: Christus thront, auf einem Sessel, die FiBe auf ein Suppedaneum gestellt, die Rechte im Sprechgestus erhoben, wahrend die Linke eine Buchrolle halt; zu beiden Seiten stchen hinter ihm je ein Jiinger, naht sich je einer in devoter Haltung, indem er das Gesicht mit einem Tuch verbiillt, und ist je einer zu seinen Fien niedergesunken (auf dem Jairus-Sarkophag liegen sie mit gestreckten Beinen, den Oberkérper mit den auf das Suppedaneum gestiitzten Ar- men auirichtend, auf den beiden anderen Sarkophagen knien sie}, Diese Szene hat mancherleiverschiedene Deutungen ge- funden. R. Garrueci sah in ihr die drei Grade der éffentlichen BuBe dargestelit®, E, Le Blant das »Flehen der Uberlebenden, die die Barmherzigkeit Christi fiir die an- rufen, die sie verloren habene® baw. sles larmes de la priéres? und J. Wilpert eine Darstellung der johanneischen Abschieds- reden unter besonderer Bezugnahme auf Joh. x6, 20: quia plorabitis et flebitis vos, mundus autem gaudebit: vos autem coniri- stabimini, sed tristitia vestra uertetur in gaudium', welcher Ansicht sich D. Levi angeschlossen hatte’. F. Gerke hatte 2u- nchst fiir auBer Zweifel stchend angesehen, daB eine Abschiedsrede gemeint sein miisse!, Spiter hatte er dann das Thronen Christi mit dem eines Augustus der Te- trarchie und die Haltung der Apostel mit der der Huldigung durch Verhiillung der Hande und prostratio verglichen™ und von einer Thronrede gesprochen", Neuerdings endlich sprach er vom »thronenden Chri konige’, sah in den beiden tetrarchischen 5 WS. I Taf. go. « Zur Expimzung des Jairus-Sarkophages vgl zuletzt F. Gerke, Der Trierer Agricius-Sarko- phag 21 Anm. 69, 5 'R. Garructi, Storia dell’Arte Cristiana V 33. © Btade sur les Saroofages Chrétiens de la Ville d’Arles 20. 7 GazArch. 1, 1875, 738 Ws tot? * Ba’A. 1934, 386% 1 ZKG. 54, 1935, 19 ANM. 4 2 Christus 12. 38 Die christlichen Sarkophage der vorkonstan- tinischen Zeit 292 Anm. 1 38 Der Trierer Agricius-Sarkophag 21 Sarkophagen ‘als Grundthema der Gesamt- darstellung »die versucherische Gefahr des Abfalls vom wahren zum falschen Gott und Dezeichnete sie als vaus dem Geist eines Lactanz und Eusebius geborene'#, Hier ist aber mebr ausgesagt, als alle diese Deutungsversuche geselien haben. Gerke ist in der Heraushebung des Zere- moniellen wie in der Bezeichnung »Thron- rede« bzw. vthronender Christkénige der Bedeutung der Gruppe wesentlich naher- gekommen als alle Interpreten vor ihm, besonders wenn er betont, sie sei xaus dem Geist eines Lactanz und Eusebius ge- boren«, Freilich scheint der Hinweis auf die »versucherische Gefahr des Abfalls« kaum zu halten; wann hatte je die frih- christliche Kunst so etwas darzustellen un- ternommen ? Die Thronszene legt an sich schon, wenn man von biblischen Aussagen ausgehen will, nahe, an den rex regum et dominus dominantium des x. Tim, zu denken, cui honor ek imperium sempiternum™, Meint x, Tim, mit dent rex regum wahrschein- lich noch Gott selbst, so wird doch schon frih Christus das Kénigtum zugesprochen, da er sich selbst vor Pilatus als Kénig bekannt hatte". In der Apokalypse ist Christus eindeutig als Paowels Boorktov angesprochen””. Fiir die Apostolischen Va- ter ist dann ebenfalls Christus der BaotAevs!®. Und ebenso auch ist Christus fir Ter- tullian der imperator’®, der Erleuchter und Fuhrer des Menschengeschlechtes®, far Cyprian der rex*. DaB Christus hier dargestellt ist wie ein Augustus der Tetrarchie und ihm nach dem. Zeremonieli des Dominates gehuldigt wird®, steht auBer Frage. Lactantius hatte hervorgehoben, daB die Tetrarchen in dieser Bezichung die Sitte der besiegten Perser eingefiihrt hatten®. Wie die zere- 4 Ebenda 23 8 1. Tim, 6156 18 Joh. 18,37; vgl. Mt. 21,5; 25, 34. 40 B Apos. 17,14; 19,26; Vel. 11,15, 4 Mart. Polyc. 9,3; 17.3. 21 3.9.8. Bam. 11,5. Did. 143, i De fuga 10 39 Apol. a1. a1 Testim. 2,29. 22 Vel. Anm, 11 % De mortibus persec. 21,2. Hermas, Vis monielle Huldigung vor dem Sasanidenknig vor sich ging, wissen wir genau: Unaus- weichlich gehérten dazu die Proskynese wie das Verhiilien des Gesichtes, mindestens des ‘Mundes, mit einem weilien Taschentuch, dem padham, wodurch die Verunreinigung der Luft, die der gottliche Konig einatmete, verhindert werden sollte; erst vom Kénig zur Rede auigefordert, durfte der zur Audienz Zugelassene sich aufrichten*, Alle diese Aiste sind hier dargestellt: Proskynese, Verbiillen des Mundes und schlieStiches Autrichten, Es ist also eine zeremonielle Huldigung vor Christus more persico ge- meint, oder, wenn man Lactantius und Hieronymus, Eutropius, Aurelius Victor und Ammianus folgen will, der durch die Tetrarchie in das rémische Hoizeremoniell cingefiihrten Site entsprechend*®, Wenn auch diese Anschauung der Historiker des 4. Jhs., wie A, Alféldi gezeigt hat®, so nicht zu halten ist, zeigt sie doch zur Geniige, wie die damalige Zeit das monarchische Zeremoniell empfand, das hier auf Christus iibertragen wird. Die Proskynese z. B. war in tetrarchischer Zeit bereits so darin ver- wurzelt, daB selbst die Angehérigen des Kaiserhauses zu ihr verpflichtet waren’. Mit der Proskynese aber war schon lange die Verehrung des Kaisers, dem sie ex- wiesen wurde, als Gott verbunden® — wie ja auch mit der Proskynese vor den Sasanidenkénigen — und dazu auch der Gedanke des servitium®, Beachten wir diese Zusammenhinge, vor allem die Ver- chrung als Gott und den Dienstgedanken, so wird deutlich, warum das Hofzeremoniell auf Christus tibertragen wird: An die Stelle *E. Diez, Am Hofe der Sassaniden 23f A. Christensen, L’Empire des Sassanides 97£ 2 Nachweise s. Alfldi, RM. 49, 1934, Off % Ebenda 341 ® Lactantiiis, De mortibus persec. 18,9, wo von ihrer Verweigerung durch Maxentius berichtet Sueton, Vitellius 2,5: Primus C. Caesarem adoraye wt deum instituit (50 berichtet vom Vater des Vitellius, der sich kniefallig vor Caligula dematigte). % Cicero (Phil. 2,86) wirft anlaGlich der Be- kranzung Caesars mit dem Diadem dem Antonius vor, ibm die Kénigsproskynese erwiesen zu haben: supplex te ad peiles abiciebas quid petens? ut servives? des Kaisers, der die Verehrung wie das ser- vitium fordert, tritt Christus, dem sie ge- biihren. Er ist der wahre Kaiser, auf den Lactan- tius*” die Vision des Daniel vom Alten der Tage*! anwendet: datum est ei regnum et honor et imperium, et omnes populi, tribus, linguae servient ei. Ex ist der Christus, 4. b. der Kénig, weil er am AbschluB dieser Weltzeit vom Himmel kommen wird, um die Welt zu richten und nach der Aufer- stehung der Toten sein ewiges Reich zu griinden®, und die Menschen erkennen ihn als den Mesias, d. h. den Christus, aus seinen Wunderwerken, wie z, B. den Hei- Tungen und Totenerweckungen*. In den Jahren 346/348 hat dann Firmicus Maternus die gleiche Danielvision erneut auf Christus bezogen, mit charakteristischer Anderung des Textes: data est ei potestas regia et omnes reges tervae per genus et omnis claritas serviens ei*t, Diese Zuspitzung der Formu- ligrung verdeutlicht noch, was schon Lac- tantius, der Zeitgenosse der diokletianischen Verfolgung, hatte sagen wollen: Rechtlicher Inhaber des imperium bzw. regnum ist durch seine Auferstehung Christus, nur ihm kommt daher honor und servitium zu, nicht dem Kaiser, der sie beansprucht hatte. Die scharfe Antithese unserer Darstellung zum Kaiserkult wird dann durch die beiden seitlichen Darstellungen des Florentiner Sarkophages — auf dem Arleser Stiick ist die Geschlossenheit der Komposition durch die Einschiebung des Quellwunders Petri empfindlich gestért — noch wesentlich ver- deutlicht. Die drei Jiinglinge, die die An- betung des Bildes des Nebukadnezar ver- weigerten, sind der Alten Kirche das klas- sische Beispiel fiir die gottgewollte Ab- lehnung der Kaiserproskynese, speziell der vor dem simulacrum, der imago des Kai- sers*, die ja in der diokletianischen Ver- folgung wohl auch gefordert wurde, Denn 30 Div. Inst. 4,12. ™ Dan. 7, 1381 % Lactantius, Epitome 42 %9 Ebenda 45. 4 De errore prof. relig. 24. ® Vgl. Alfoldi, RM. 49, 1934, 75; zur Er- setzung der Persénlichkeit durch das Abbild im rOmischen Denken ebenda 7of. daB das supplicare ad imagines® auch den Kniefall einschloB, zeigt sich schon im Mar- tyrium S. Polycarpi®” und wird durch AuBerungen des Origenes, Tertullians und Cyprians®* weiterhin belegt. Wer die Pros- kynese vollzieht, ist ein desertor domini et imperatoris et patris sui und wird als solcher bestraft werden®. Fir den Christen gilt die Mahnung Cyprians, sich von det von Menschenhand gefertigten Idolen, die aus menschlichem Wahn erfunden wurden, ab- und Gott und Christus zuznwenden, den Gott zur Neubelebung und Wiederher- stellung der Menschheit gesandt hat!®. Von Christus hat der Kaiser seine Macht, durch ihn ist er Mensch und Kaiser geworden, von ihm hat er seinen Lebensodem®. Dar- um kann der Christ den Kaiser nicht Gott nennen, ja muB in der Bezeichnung des Kaisers als Gott sogar Spott sehen*®. Ihm ist Christus, und nur er, der Fabrer des Menschengeschlechtes, Die alte Frontstellung der Christenheit gegen den Kaiserkult, die vielleicht schon, nach einer ansprechenden Vermutung O. Cullmanns*, im Kyriostitel Christi zum Aus- druck kam, wird also hier ins Bild gefaBt; der Florentiner Sarkophag zeigt ein klares religidses Programm: Wie die Jiinglinge vor dem Bilde Nebukadnezars, so verweigern die Christen vor den imagines der Kaiser die kultische Verehrung; ihre Proskynese gilt allein Christus, dem rex und_imperator, oder, um die spatere, aber wohl kaum erst von ihm erfundene Beziehung des Psalinen- wortes Quis est iste rex gloriae!® auf Christus durch Firmicus Maternus® aufzunehmen, der rex glotiae, von dem mit dem gleichgn Psalmenvers gilt: Dominus fortis et potens, dominus potens in proslio; und gegeniiber © Minucius Felix, Octavius 29,5. Tertullian, Dg idolatria 15 u. 6 % Origenes, Contra Celsum 8,56, Tertullian, Apol.12, Cyprian, Ep. 55,14. © Lactantius, Div. Inst. 7.27. 49 Ad Demetrianam 36, 4 Tertullian, Apol. 30 #2 Bbenda 33, Ebenda 2. Die ersten christlichen Glaubensbekennt- nisse 228, © Ps, 24,8 (23,8). 9.0. 24. dem bekenntnishaften Nein zum Kaiser- kault steht dann die Erweckung der Tochter des Jairus als einer der vielen Herrschafts- beweise des rex regum, wie ja Cyprian und Lactantius gerade in Totenerweckungen und der Neubelebung des Menschenge- schlechtes* den Ausweis, das Erkennungs- zeichen. seiner herrscherlichen Macht ge- sehen hatten. Die, Antithese lautet also: Kaiser — Christus, besser noch: Kaiserkult — Kult des rex gloriae. Gegentibergestellt werden der, der géttliche Verehrung fordert und doch ein Mensch ist, der sein Leben und seine Macht erst von Christus hat, und der, dem allein die géttliche Verehrung gebiihrt und der Zeichen seiner lebenspendenden Kraft gegeben hat, deren eines wie ein Aus- weis seiner Herrschergewalt neben ihm steht. Angesichts dieser Antithese, geboren aus der Zeit des Kampfes zwischen Impe- rium und Kirche, kann es keine »versuche- rische Gefahre geben. Die ganze Kompo- sition ist ein Klares, eindeutiges und an- greifendes Bekenntnis: »Wie kénnte ich meinen Kénig lastern, der mich gerettet hat ? 14, Mit dem Siege der Kirche im Jahre 352 wird auch die Christus rex-Thematik, wie alles im Leben der Kirche, grundlegend verdndert. Zwar hat die erste gedankentiefe und bekenntnishaft polemische Ausgestal- tung dieses Motives vom Konig Christus noch ein kurzes Nachleben in dem er wahnten Sarkophag des Kardinals Albani; aber hier ist der Zusammenhang schon etwas verindert, die Thematik hat von ihrer urspriinglichen Scharfe eingebiiBt. Die Zeit ist anders geworden, das Thema der te- trarchischen Zeit ist diberlebt, denn die Einstellung zum rémischen Kaisertum hat sich grundlegend gewandelt. Das Toleranz- edikt des Galerius yom Jahre 311 hat diese Wandlung noch nicht hervorgebracht, wie das Urteil des Lactantius® zeigt. Erst als mit der Mailander Konstitution des Jahres © Vel. Anm. 33 und 40. *® Mart. Polye. 9,3. — Von einer Heranziehung Eusebs wurde abgeschen, da seine AuSerungen zu stark die Anschanungen der konstantinischen Zeit spiegeln. “ De mortibus persec. 35. 3x2 Konstantin der Kirche nicht nur Duldung, sondern Gleichberechtigung ver- leiht, erst als seine vorsichtige, aber ziel- bewuBte Religionspolitik Zug um Zug die rechtliche Gleichstellung der Kirche mit dem Heidentum, ja langsam eine Vorberechti- gung der Kirche bewirkt, andert sich die Einstellung der Manner der Kirche zum Kaisertum. Lactantius, der scharfe Ver- urteiler der persecutores, hat als erster ganz andere Téne zum Lobe des Kon- stantin gefunden. thm ist der Usurpator, der so zielbewuBt den Weg zur Alleinherr- schaft im rémischen Reich geht, vom Summus Deus aufgerufen zu seinem Werk, von der Vorschung der héchsten Gottheit auf den Gipfel der Herrschaft gefiihrt; durch seine wahrhaftige Frémmigkeit habe er die Bésen aus dem Staat entfernt, die Gott in seine Hand gegeben habe; von Gott, dem Weltenherrn und Weltenlenker sei er auserkoren, Gottes heilige Religion wieder- herzustellen. In diese, wenn man so sagen darf, Theologie des Kaisertums Konstantins sind zudem eine Fiille itberschwanglicher, nicht selten peinlich wirkender Lobesergiisse liber den Kaiser eingeflochten, die von einem der spitantiken Panegyriker stam- men kénnten und mit Recht als ein An- zeichen dafiir gewertet worden sind, da sich die Kirche auf dem Wege zum By- zantinisnms befand®®, Deutlicher noch wird Eusebius von Caesarea, mit dem kaiser lichen Hofe enger noch verbunden als Lactantius, der Erzieher eines Kaiser- sohnes, Eusebius, der Geschichtsschreiber und Kirchliche Lobredner Konstantins. Seine Historia Ecclesiastica, seine Laus Constantini wie seine Vita Constantini legen von seiner Theologie des konstantini- schen Kaisertums beredtes Zeugnis ab. War Konstantin fir Lactantius ein, wenn auch besonders rithmenswertes Werkzeug Gottes, so ist er fiir Eusebius in Gottes Heilsplan fest einbezogen und fast zum Trager messianischer Gnaden gemacht. Mit seinem Sieg ist die Heilszeit angebrochen, jetzt erfiillen sich buchstablich die Weis- sagungen der Propheten*, »Konstantin $0 H. Berkhof, Kirche und Kaiser 82ff., Nach- weise ebenda 98 31 Hist. Eccl. 10, 4, 53. verwirklicht den gittlichen Sieg, der prin- zipiell mit dem Kommen Christi gegeben iste!®, So ist er als irdischer Kaiser ein Abbild des himmlischen Kaisers der Welt. Von keinem Kaiser vor ihm konnte das gesagt werden, er erscheint darum als der erste wahre Kaiser, der in seiner Seele durch kaiserliche Tugenden geformt ist zu einem Abbild der himmlischen Kaiser- herrschafta*?, »welcher als Bild gemacht ist nach dem Vorbild des groBen Kaiserse, Und Firmicus Maternus, der sein Werk De errore profanarum religionum den Séhnen Konstantins gewidmet hat, sieht in seinen Kaisern schlechthin die »heil'gsten Kaiseré®, So hat der die Weltgeschichte fir immer beeinflussende Entschlu8 Konstantins, den Versuch mit der christlichen Kirche zu wagen, auch den Weg ireigemacht fir die Eingliederung des Kaisertums in das Sy- stem der christlichen Weltschau, ja der christlichen Theologie. Dieser grundsatzliche Wandel der Ein- stellung der Kirche zum ré.nischen Kaiser- tum hat die Weitergabe des in tetrarchischer Zeit, in der Kampfsituation gegen den Kaiserkult und den christentumsfeindlichen Anspruch der sich vergottenden Kaiser geschaffenen Bildvorwurfes unméglich ge- macht. Es hat einige Zeit gedauert, bis die christliche Kunst das Thema des Christus rex wieder aufgenommen hat, und dann in einer ganz anderen Form, Zeigte das erste Bild dieser Art in bewubter Antithese Christus als den wahren Imperator im Gegensatz zu den sich géttliche Wiirden anmaBenden Kaisern, die Macht und Leben ausschlieBlich aus seiner Machtfillle ge- schenkt erhalten hatten, so ist nun durch, Eusebs und der anderen Theologoumena die Méglichkeit gegeben, Christus noch radi- kaler und in jeder Beziehung dem Kaiser, der ja nur sein irdisches Abbild ist, an- zugleichen. Der Endpunkt dieser Entwick- lung ist bekannt: Es ist in der Kunst des christlichen Ostens der Christus im Gold- und Purpurgewand, in der abendlindischen Kunst der Christus am Kreuz mit der Berkhof a. O. 101. Laus Const. 5, 2. Ebenda 5, 4; vgi. dazu Berkhof a. O. roof a. 0. 28, 6; 29, 1. 3. 4 Pass. BEES ey] Kénigskrone, der erst unter dem Einflu des Anselmischen Werkes Cur Deus homo dem Leidenden Platz macht. Die ver- schiedenartigen Versuche, die zwischen dem héfisch verehrten Himmelskénig der Ver- folgungszeit und dem fast zum Schema ge- wordenen Christus rex des. Mittelalters liegen, sind durchweg dadurch charakteri- siert, da sie die kaiserliche Thematik auf den grofien Kaiser der Welt Christus tiber- tragen, womit sich aber jeweils und fir uns nachspiisbar besondere theologische Vor- stellungen verbinden. Zum ersten Male spiren wir das Ein- dringen kaiserlicher Symbolik anderer Art als in tetrarchischer Zeit auf einem fiinfnischigen Sdulensarkophag des Late- ranmuseums (Lat. 171). Der Sarko- phag zeigt in der mittleren Nische ein leeres, von zwei Legiondren bewachtes Kreuz, auf dessen Armen zwei Tauben sitzen, wahrend ein Adler einen grofen Lorbeerkranz mit eingeschlossenem Chri- stusmonogramm auf den Krevzesstamm. herabsenkt. Die beiden Nischen rechts vorn Kreuz bringen. das Verhér Christi vor Pilatus, die auBerste Nische links den Kreuzweg, ein Polizeisoldat fabrt den das Kreuz tragenden Simon von Kyrene. Die Nische aber gleich links vom Kreuz zeigt eine eigenartige und in_der frah- christlichen Kunst einmalige Szene: Ein Legionar von der gleichen Gattung wie die Wachter am mittleren Kreuz und der Christus zum Verhér bei Pilatus Vor- fiihrende setzt dem in erhabener und ge- lassener Ruhe dastehenden Christus einen Kranz aufs Haupt. Der Zusammenhang der tibrigen Passionsszenen laBt es als sicher erscheinen, daB hier die Dornenkrénung ge- meint ist. Aber sic ist nicht dargestellt. Es ist deutlich, da8 der Legionar cinen Lorbeerkranz mit vordetem Juwel und hinterer Binde iiber das Haupt des Herrn halt, mit einer fast ehrfiirchtigen Geste. Nichts von dem Hohn der in den Evangelien berichteten Szene ist hier zu spiren. Der Kranz mit Juwel und Binde ist der Kranz des Kaisers, des Siegers. Das imperatorische Siegeszeichen, und nicht die Krone der #6 ws, I Taf. 146, 3. KLAUS WESSEL 128 Verhéhnung wird hier Christus zuteil. oChristus steht da wie ein jugendlicher, stolzer Caesar, in sich selbst ruhend und unbeweglich«®?, ein Bild erhabener Maje- stat. So wie der Adler mit dem Siegeskranz auf das Kreuz herabschwebt, so ist hier die Schmach der Dornenkrénung zur Sieger- ehre umgewandelt’®. Der Gedanke, das Dornendiadem sei eine Krénung des Logos, den man zum Kénig machte, inde man ihm die Schmach eines Verbrechers 2u- fiigte, begegnet zuerst bei Clemens Alexan- dtinus®, Tertullian datiert den Beginn der Kénigsherrschaft Christi von seiner Passion ab®, Zeno von Verona (gest. 372) handelt ausfiihrlichst tiber die an 1. Kor. 15,24 auf- gebrochene Frage nach dem regaum Christi im Verhiltnis zur Herrschaft Gottes. Unter reichlichster Benutzung von Schriftstellen fuhrt er den Beweis des Kénigtums Christi; eine besondere Rolle spielen hierbei Le. 1,3. regni cius non erit finis, und Sap. 3,4ff regnabit Dominus illorum in perpeluum, Auch fir ihn ist die Passion von gréBter Bedeutung fiir Christi Kénigtum: Sie macht ihm den Weg frei zur Herrschaft auch tiber Tod und Tote: mortem gustat, ut mortem devincat; inferos penetral, ut mortuos vivos inde reducat™, Die ausfiihrlichste und breite- ste Auseinandersetzung aber in diesem Zu- sammenhang fihrt Firmicus Maternus, auch sie reichlichst mit Schriftstellen ver- bramts Fir ihn ist Christus, der Gestorbene und Auferstandene, der rex gloriae, der auf die Frage der Engel, wer der rex gloriae sei, numinis sui maiestate mit Ps. 23,9 ant- wortet: Dominus fortis et polens dominus potens in proelio. Ausfihrlich wird dann geschildert, wie ihn die Engel erkennen, Gott ihm Szepter und Thron tibergibt und er nun sein himmlisches Regiment an- tritt®, Auf ihn ist die Vision Daniels vom Menschensohn® mit allen Konsequenzen daraus zu bezichen. Die charakteristische Abwandlung des Danieltextes in diesem ® Gerke, Christus 32. ® Ebenda, % Paidag. 2, 8; zur Dornenkrénung als Spott vgl. Reich, NJbb. 8, 1905, 34 ‘0 “Adv. Judaeos 10, Tractatus 2,6, 2f & De errore prof. relig. 24, 24. % Dan. 7, 134. Zusammenhang wurde schon erwihnt: Aus dem Herrscher iiber alle Vélker und Na- tionen wird hier der Konig der Kénige, dem die Kénige der Erde die Ehre der Proskynese erweisen, und dem alle clasitas, wohl hier als die Erlauchten dieser Welt, die viri clarissimi, zu verstehen, dient, wie die viri dlarissimi im rémischen Reich dem Im- perator Romanorum dienen. In diesen Vor- stellungen liegt der Hintergrund, auf dem die Dornenkrénung des Sarges Lat. rr zu verstehen ist. Es ist nicht nur eine Sieger- chrung, eine Bekranzung des Siegers dber Hélle und Tod im Sinne von 1. Kor. 15, 55ff Wie den Kaiser das Heer macht*, so be- kranct hier ein Legionar den Sieger, der seinen Weg zur Kénigsherrschaft tiber alle Welt antritt, mit dem Lorbeer des Sieges und des Kaisertums, Der so gekronte Hert- scher aber schaut auf das Feldzeicher! seiner Armee, sein vexillum, das unbesiegte Kreuz, dem das Labarum des konstantinischen Heeres so sehr thnelt'*, Aus der Dornen- krénung ist also die Erhebung zum Herr- scher der Welt geworden. In den Formen rémischer Kaisererhebung und Siegerehrung wird hier der Gedanke des Beginns der Herrschaft Christi mit seiner Passion Bild, Es ist der erste Versuch einer durch Eusebs Kaiser-Theologie erméglichten Angleichung Christi an den christlich gewordenen rémi- schen Kaiser. Wenn der Kaiser das Abbild des himmlischen Urbildes, des gro8en Kaisers ist, so kann man die Gleichung auch umdrehen, d.h, man kann auf das Urbild Ghertragen, was man am Abbild sieht. Dieser erste Versuch ist ohne Nach- folge geblicben, nirgends finden wir den Sieges- und Herrschergedanken in Passions- darstellungen je wieder so eindriicklich aus- gestaltet. ‘Was die friihchristliche Kunst auBer dem Besprochenen noch an Christus rex-Bildern geschaffen hat, liegt mehr in der Linie des Majestasbildes und fihrt somit auf die Linie der tetrarchischen Komposition zu- riick. Gehdrte der Sarg Lat. 171 in die spat- konstantinische Zeit®, so fihrt uns der « Vgl. B.E, Stengel, Den Kaiser macht das Heer. % Vel. Gerke, Ebenda 33. AA. 559 Christus 82 Anm. 16. siebennischige Saulensarkophag im Lateran- museum (Lat. 174)°? in die Zeit kurz nach der Jahrhundertmitte®. Ex steht hier 0 cine Gruppe von Sarkophagen seiner Zeit, die in der Mittelnische Christus itber dem Caelus thronend zeigen. Der Himmels- gott spannt seinen Mantel wie ein Gewélbe itber seinem Haupt. Auf diesem Gewilbe steht der Thron Christi. Der jugendlich schéne Himmelsherr ist flankiert von zwei Jiingern, die wie Leibwachter hinter seinem ‘Thron zu beiden Seiten stehen. Gerke hat daranf hingewiesen, daB dieses Thronen supra Caelum seine nachste Parallele in einer kaiserlichen Triumphaldarstellung fin- det, nimlich auf dem Galeriusbogen in Saloniki, wo die beiden Augusti der ersten Tetrarchie in ganz gleicher Weise tiber wei ihre Mantel zum Gewdlbe aufschwingenden Himmelsgéttern thronen wie hier Christus, und wo seitlich hinter ihnen die Caesaren stehen wie hier die beiden Apostel”®, Er sieht darin die Kennzeichnung Christi als néyas Booine’s und spricht vom Panto- krator. Das trifit das Anliegen dieser Komposition, die wieder eine Ehrung der Kaiser auf den groBen Kaiser Christus tiber- trdgt. Sie fihrt die Situation vor Augen, die Lactantius mit folgenden Worten um- schreibt: »Uberall wird er mit dem Kénigs- namen bezeichnet: nicht weil er dieses irdische Reich erlangt hitte, das zu er- greifen die Zeit noch nicht gekommen ist, sondern weil er das himmlische und ewige Reich erlangt hat«. Der ewige himmlische Herrscher ist hier im kaiserlichen Thron- bilde gezeigt, und das nicht in statischer Majestat, sondern in actu: »Als Panto- krator verleiht er auf dem Passionssarko- phag Lat. 174 dem bevollmachtigten Ver- treter der Kirche das fiir sein ganzes Reich giiltige Gesetze”®. Der Kénig Christus reicht die halb aufgerollte Rolie seiner nova lex dem ehrfiirchtig sich nahenden Petrus hin, wihrend Paulus acclamierend dabeisteht Lat. 174 zeigt die dlteste Formulierung der © WS. Tal. 2—4 *8 Gerke, Christus 97. 6® Bbenda 8 Anm. 30. 7 Vgi. K. F. Kinch, L'Are de Triomphe de Salonique Taf. 6. Gerke, Christus 59. 7 Div. Inst. 4, 7, 8 7 Gerke, Christus 50. 13 traditio legis, die in der Kunst des kirch- lichen Machtbereiches des rémischen Bi- schofs eine so groBe Rolle gespielt hat”. Auf verhiillten Hinden empfingt Petrus die Rolle des Gesetzes Christi, auch das eine héfische Zeremonie. Aus der Zeit Kaiser Julians (36163) berichtet Ammianus Mar- cellinus, daB es am Kaiserhof tiblich war, Dinge, die dem Kaiser gebracht oder von ihm empfangen wurden, auf verhiillten Hinden zu halten”’, In den Akten der Martyrer Sergius und Bacchus wird be- richtet, daB »die Statthalter unter Maxi- mianus Herculius die kaiserlichen Rescripte als heilige Sachen mit dem Purpurbesatz ihres Amtskleides auffingen«’>. Das Misso- rium Theodosius’ I. zeigt uns, wie der Kaiser von seinem Thron herab einem Beamten seine Bestallungsurkunde aus- handigt, die der ehrfurchtsvoll heran- tretende Beamte auf verhiillten Handen entgegennimmt?®. Kaiserbild und Hofzere- moniell flieBen hier also zusammen, das Bild des himmlischen Herrschers eindrucks- voll zu gestalten. Zugleich wird durch das Thronen supra Caelum das regnum coeleste ac sempiternum, von dem Lactantius sprach, versinnbildlicht. Was bei den Tetrarchen die Géttlichkeit der irdischen Herrscher symbolisierte, dient hier, die himmlische Ewigkeit des regnum Christi unmiBver- standlich zu betonen. Was das von dem irdischen Herrscher Kommende mit sa- kraler Wiirde auszeichnet, das Verhiillen der Hande beim Empfang eines kaiserlichen Schriftstiickes, das gebiihrt dem himm- lischen Urbild des irdischen Kaisers, dem groBen Kaiser Christus. Diese Komposition wandelt sich im letzten Drittel des 4. Jhs. zu der bekannten ‘traditio legis’. An die Stelle des Caelus tritt der Vierstromberg, auf dem Christus nun steht mit erhobener Rechten, wahrend die Linke die Rolle des neuen Gesetzes auf die verhiillt erhobenen Hande des Petrus herabgleiten 1aBt: Als Beispiel ftir diese Komposition stehe hier der Séulensarko- 7 Vgl. dazu Wessel, AA. 1950/51, 30018 74 16, 4,11; vgl dazu AlfOldi, RM. 49, 1934, aff % Benda 34. %8°R, Delbrueck, Die Consulardiptychen und verwandte Denkmiler Texttaf. 34. KLAUS WESSEL 132 phag im Lateranmuseum Nr. 15x”, Die Gruppe umfaBt Mosaiken, Sarkophage, Goldglaser und ein Elfenbeinkastchen und ist seit etwa 360 bis in den Anfang des 5. Jhs. nachweisbar’®, Hier ist es der Gestus Christi, der ihn als den Herrscher ausweist die seitlich erhobene, yum Beschauer ge- afinete Rechte. H. P. L’Orange hat nach- gewiesen, daB diese groBartige Geste 2u- nichst die des Sol invictus und dann die des Kaisers gewesen ist”®, Der siegreiche Feld- herr des Ludovisischen Schlachtsarko- phages*® sprengt so durch das Getimmel des Kampfes mit erhobener Rechten, so ist auch der mittlere Jager auf spatantiken ‘Jagdsarkophagen dargestellt®, Diese Hand- haltung also stellt Christus auf eine Bild- ebene mit dem Gott des spitantiken Synkretismus, der beinahe Reichsgott der Rémer geworden ware, mit Sol invictus und mit dem Kaiser baw. dem Sieger. Kurz nachdem Julian Apostata den letzten Ver- such gemacht hatte, gerade im Kult des Helios-Mithras-Sol invictus dem ‘Galilier’ die Herrschait streitig au machen, wird der kennzeichnende Gestus dieses Himmels- gottes fiir Christus tibernommen, wird damit stillschweigend Christus an die Stelle des Sol invictus auch in der Ikonographie ge- setzt; Christus, von dem Firmicus Maternus schreibt, der allmachtige Gott Christus sei nach seiner Auferstehung mit einer Licht- gnade ausgezeichnet worden, die die Sonne iibertrife®; Christus, den’ Hilarius von Poitiers (gest. 367) als den Herrn aller Vélker, als den Herm der ganzen, auch der unsichtbaren Welt preist®, Auch der Vier stromberg dient noch der Kennzeichnung der Majestit des himmlischen Kénigs: Man wird in ihm nicht nur die dblichen Spekulationen iiber die vier Paradieses- fliisse® sehen diirfen, nicht nur ein Symbol 7 WS, I Taf. 121, 1 78 Vgl. Aam. 73. 79 SOsl. 33, 1935. 80 AD. IV Tat 4x & H. P, L’Orange, Der spitantike Bildschmuck des Konstantinsbogens AbD. 58. %F, Altheim, Literatur und Gesellschaft im ausgehenden Aitertum 3144, a0. 24, 4 % Tractatus super Psalmos 2, 311 % E.R. Schlee, Die Tkonographie der Para- diesesfiasse 284 der paradiesischen Sphare, in der diese Szene sich abspielt; es ist vielmehr der mons sanctus Sion, auf dem dieser rex eingesetzt ist, wie Hilarius schreibt: »Gewi8 nicht der Berg der verlorenen Stadt, d. h. des vatermérderischen und menschenm-érde- rischen Jerusalem: sondern das Jerusalem, das im Himmel ist, das unsere Mutter ist, das die Stadt des groBen Kinigs ist... « Dieser eingesetzte Kénig also verkiindet das Gebot Goitese. Der Berg, auf dem Christus steht, ist also der Berg seines Kénigtums, auf dem er als Kénig eingesetzt. ist, von dem aus er seine Herrschaft ausibt und Gottes Gebot verkiindet, indem er seine nova lex dem ersten der Aposte} in die Hinde gibt. Abschliefend seien noch drei ravenna- tische Sarkophage des 5. Jhs. angetiihyt, die das Christus rex-Thema wieder in eigener Art variieren. Als erster ware hier der Sarkophag des Pietro degli Onesti in §. Maria in porto fuori’ anzufidhren. Christus sitzt hier auf einem Thron_ mit ‘Lawenképfen und hoher Lebne, die Fie auf ein Suppedaneum gestiitzt, mit einer Binde im Haar, dessen Frisur, der Haar- tracht der Angehérigen des theodosianischen Kaiserhauses angeglichen ist’. Die Binde ist seit hellenistischer Zeit Attribut des Kénigs, der Thron mit den Léwenképfen kommt mar den hachsten Beamten des Reiches zu®*. Hier ist also in ganz unver- kennbarer und fast aufdringlich deutlicher Weise Christus als Kénig gekennzeichnet, eines der ganz wenigen Male, daB er in der Kunst der christlichen Antike tberhaupt ein solches traditionsreiches Symbol herr- scherlicher Macht auf dem Haupte trigt. Der so augenfillig herausgehobene Thron fallt auBerdem auf, da auf den alteren ‘Thronbildern Christi stets die grofe Riicken- lehne fehit. Es ist die sella regni®® baw. die regalis sella, von der aus, nach Firmicus ‘Maternus, Christus seinen Jiingern die certa mandata gibt, Es ist der thronus David % 2.0. 2, 26. 87 H, Diitschke, Ravennatische Studien Nr. 72 Abb. 29a, 88°Vgl. Wessel, AA. 2950/51, 3098 8 Vgl, Delbruccic a, 0. No—12. 16. 19—22. 32. %° Firmicus Maternus a, O. 24, 6. % Bhenda 24,8. patris sui, von dem aus Christus herrscht, und seiner Kénigsherrschaft wird kein Ende sein, und von dem ans die Nationen ge- richtet werden, wie Zeno von Verona unter Berufung auf Le. 1,32 und Sap. 3,4ff. aus- fiibrt. Hierher gehért weiter der sog. Pignatta- Sarkophag in der Capella di Braccioforte bei S. Francesco in Ravenna®, dessen Front den ebenfalls auf reichgeschmiick- tem Thron sitzenden Christus zwischen zwei Aposteln zeigt, die in hieratischer Frontalitit 2u seinen beiden Seiten stehen Der Thron Christi steht auf einem Po- dest, die beiden FiBe Christi stiitzen sich auf einen kauernden Lowen und eine sich windende Schlange. Das Motiv kénnte aus dem Psalter entnommen sein: +Auf Léwen und auf Ottern wirst du gehen und treten auf junge Léwen und Drachens, heiBt es in Ps, 91,13. Aber trotz dieser biblischen Motivierung ist doch darauf hinzuweisen, da Kaisermiinzen des 4. und beginnenden 5. Jhs. den Kaiser zeigen, wie er den Fu8 auf einen Léwen oder auf einen Basilisken setzt. Voraus geht dem das Motiv, da8 er den Fu8 auf den Nacken eines besiegten Barbaren setzt. Nimmt man dazu das feierliche Thronmotiv sowie die beiden wie Hofbeamte neben ihrem himm- lischen Herrscher stehenden Apostel, so wird man auch hier an eine Beeinflussung der Darstellung aus der kaiserlichen Motivik denken diirfen. Mit heranzuziehen ist das Psalmenwort »Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner FiiBe leges (Ps. 110, 1), das sowohl Firmicus Maternus® als auch Augustin im Zu- sammenhang ihrer Erérterungen tiber Chri sti Kénigtum zitieren. Bier legen Feinde Christi swb pedibus suis oder, wie es Firmicus Maternus iibersetzt, subpedancum pedum tuorum. Zeno von Verona verbindet damit den Gedanken der Besiegung des Todes*®. Der Léwe diirfte hier also nicht im Sinne von 1. Petr. 5,8 als Satan, sondern wie auf rémischen Sarkophagen als Symbol des Todes aufzufassen sein”, wihrend die % Datschke a.0, Nz. 68 Abb. 25a a0. 24, 8 * De div. quaest. 69. % a0. 2,63. Vel. Rodenwaldt, Crd’A. 1, 1636, 2254, 135 Schlange, das Bild Satans” in der Apoka- lypse, den besiegten Héllenfiirsten darstellt. Der Sieg Christi tiber Tod und Teufel, den Paulus verkiind'gt hat®, der fiir Firmicus Maternus der Anfangsakt der Herrschaft Christi war, ist hier im Bilde des im Paradiese thronenden Christus vor Augen gefiihrt. Wie die Kaiser auf ihren Miinzen sich als Triumphatoren tber Barbaren und alle reichsfeindlichen Machte darstellen lassen, so ist hier Christus als der Triumpha- tor tiber die Feinde seines Reiches auf kaiserlichem Thron gegeben. SchlieBlich sei der Rinaldo-Sarkophag in der Kathedrale von Ravenna! ge- nannt, der den tiber dem Vierstromberg thronenden Christus zeigt, dessen nim- biertes Haupt in die Wolken ragt. Von beiden Seiten nahen in devoter Haltung Petrus und Paulus, die auf verhiillten Hinden Krinze zum Thron ihres Herrn bringen', Die Kranzdarbringung ist, wie Th. Klauser gezeigt hat®®, erwachsen aus der Kranzspende der tributpflichtigen Unter- worfenen und der Provinzen bzw. der Kranzspende der Senatoren an den Kaiser. Das Thronen auf dem Paradiesberg er- innert wieder an die zitierten Worte des Bilarius vorn mons sanctus Sion, auf dem Christus als Konig eingesetzt ist. Da sein Haupt hier in die Wolken ragt, laBt sich aus dem gleichen Zusammenhang erkliren: Hilarius spricht von dem auf dem Berge Zion inthronisierten Kénig Christus als dem, der nach den Worten der Schrift in den Wolken des Himmels kommen witd*®. Hier wie in allen anderen besprochenen Bildvorwiirfen stammt die Anregung aus dem Kaiserzeremoniell, aus der Kaiser- darstellung. Aber hier wie in allen anderen vorgefiihrten Monumenten ist das Vorbild in eine christlichen Kaisern unzugingliche Sphiire erhoben, ist es auf dem Hintergrund der theologischen Spekulationen iiber Chri- sti Kénigtum zum sprechenden Zeugnis, * Apoc. 12, 9; 20, 2- °8 1. Kor. 15, 558 * a. 0. 26, 4. 290 Diitschke a. O. Nr.13 Abb. 4a. 1 Zum Problem der Kranzdarbringung vgl. Wessel, AA. 1950/51, 110. 1 RM. 59, 1944, t47f KURT ERDMANN 136 zum Bekenntnis zu dem Kénig tiber alle KGnige um- und ausgestaltet worden. Fassen wir zusammen: Reiche Anre- gungen schépfte die frithchristliche Kunst fiir das Christus rex-Bild aus dem kaiser- lichen Zeremoniell und den Darstellungen der Kaiser. Immer aber ging es ihr darum, dem von Gott gesetaten irdischen Herrscher den hoch tiber ihn erhabenen Himmelskénig entgegenzustellen. Lebensvoll ringt die Kunst darum darzustellen, was die Theolo- gie 2u diesem Thema erarbeitet hat. Eine Fiille von Bildern entsteht so und versinkt wieder. Keines dieser Motive hat die christ- liche Antike tiberlebt, ja, keines hat auch nur in ihr eine ange Lebensdauer gehabt. Das ist kein Zeichen der Unsicherheit, sondern der Lebensfiille, Erst als in der Theologie der Kénigstitel Christi aum Attribut herabsinkt, erlahmt auch die Ge- staltungskraft der Kunst, tritt an die Stelle der reichen frithen Motivik die Schematik der spateren Zeit. Berlin Klaus Wessel

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