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1.

Inhaltverzeichnis
1. Inhaltsverzeichnis S. 1

2. Vorwort und Einleitung S. 3


2.1 Vorwort S. 3
2.2 Einleitung S. 3

3. Definition S. 4
3.1 BDSM S. 4
3.1.1 Der Begriff S. 4
3.1.2 Grundzüge S. 5
3.2 Weitere Aspekte S. 5
3.2.1 safe, sane, consensual S. 5
3.2.2 Domina S. 5
3.2.3 Symbole der BDSM-Subkultur S. 5
3.3 Standpunkte und Vorurteile S. 5
3.3.1 DSM und ICD S. 5
3.3.2 Rechtslage S. 7
3.3.3 Theorien zur Entstehung sadomasochistischer Neigungen S. 7
3.4 Fetischismus S. 8
3.4.1 Definition S. 8
3.4.2 Die Erfindung des Fetischismus S. 8
3.4.3 Schuh- und Fussfetischismus S. 9
3.4.4 Lederfetischismus S. 9
3.4.5 Von Zofen und Dominas – Bezüge zur BDSM-Subkultur S. 9

4. Die Entstehung der Begriffe Sadismus und Masochismus und die Entwicklung zur BDSM-
Subkultur S. 10
4.1 Donatien de Sade S. 10
4.2 Leopold von Sacher-Masoch S. 12
4.3 Die Entwicklung zur BDSM-Subkultur S. 13

5. Interviews S. 16
5.1 Interview 1: Roland S. 16
5.2 Interview 2: Sandra S. 22
5.3 Interview 3: Luisa S. 26

6. Allgemeiner Beschrieb der Subkultur S. 30


6.1 Veranstaltungen und Kontakte S. 30
6.1.1 Das Internet S. 30
6.1.2 Stammtische S. 31
6.1.3 SM-Parties und –Clubs S. 33
6.2 Probleme der Subkultur S. 33
6.2.1 Spannungen innerhalb der Szene S. 33
6.2.2 Rollenklischees S. 34
6.3 BDSM im Alltag S. 34
6.3.1 Wo beginnt nun eigentlich BDSM? S. 34
6.3.2 BDSM und Kunst S. 35
6.3.3 BDSM und Film S. 37

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6.4 BDSM als Dienstleistung S. 39
6.5 Verfälschung von BDSM S. 40
6.5.1 BDSM in der Presse S. 40
6.5.2 BDSM im Fernsehen S. 41
6.5.3 BDSM in den Köpfen der Gesellschaft S. 44

7. Schlusswort S. 45

Anhang: S. 46

8. Verzeichnisse zur Arbeit selbst S. 46


8.1 Wörterverzeichnis S. 46
8.2 Abbildungsverzeichnis S. 46

9. Quellenverzeichnis S. 48
9.1 Textquellen und Zitate S. 48
9.2 Bildquellen S. 50

10. Arbeitsprotokoll S. 52

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2. Vorwort und Einleitung
2.1 Vorwort
Dass eine Maturarbeit über eine von der Gesellschaft grösstenteils nicht akzeptierte Thematik nicht
einfach ist, war uns von Anfang an klar. Es ist aber genau diese Gegebeneinheit, die uns anspornt,
eine nicht alltägliche, aber seriöse Arbeit zu planen und zu verfassen.
Wir sind überzeugt, dass die Untersuchung der BDSM-Subkultur sowohl für uns, als auch für den
späteren Leser, eine neue Perspektive darstellen wird. Wir freuen uns, mit interessantem Material
und aussergewöhnlichen Sachverhalten in Berührung zu kommen.
Wir sehen diese Arbeit als eine Herausforderung der anderen Art an und denken, dass wir ihr auch
gewachsen sind.
Danken möchten wir Martin R. Dean, der sich bereitgestellt hat, diese eher ungewöhnliche Arbeit
zu begleiten und zu unterstützen. Ein grosse Hilfe waren uns auch unsere Interviewpartner Roland,
Sandra und Luisa, die uns ihren persönlichen Einblick in die Subkultur geben konnten, was für uns
eine Bereicherung zur Weiterführung und Finalisierung der Arbeit war. Zum Schluss gilt der Dank
uns gegenseitig zur Wahl dieses Themas und zur, aus unserer Sicht, gelungenen Durchführung.

2.2 Einleitung
In dieser Arbeit möchten wir zuerst definieren, mit was wir uns eigentlich auseinandersetzen.
Hiermit versuchen wir einen groben Überblick über die Subkultur zu schaffen, der ihr auch gerecht
wird. Anschliessend setzen wir uns mit der Frage auseinander, von welchen Namensgebern die
Begriffe Sadismus und Masochismus stammen und was es mit diesen auf sich hat. Der Hauptteil
unserer Arbeit wird sich aber dem Auftreten der BDSM-Subkultur widmen.
Eines der wichtigsten Ziele dieses Arbeitsprozesses ist für uns, zuerst unsere eigenen Vorurteile und
klischierten Vorstellungen zu überwinden und somit möglichst neutral zu arbeiten. So erhoffen wir
uns neue Einblicke in eine Thematik, wo viele andere an ihrem festgefahrenen Denken festhalten.
Unsere Informationen werden wir grösstenteils aus Literatur, Filmmaterial und dem Internet
beziehen. Dabei versuchen wir zwischen kommerzieller und fachwissenschaftlicher Ebene eine
Brücke zu schlagen.
In dieser Arbeit möchten wir unser Thema ganz klar als gesellschaftliches Phänomen darstellen und
grenzen uns deutlich von BDSM als Krankheitsbild ab. Wir sehen sadomasochistische Praktiken als
persönliche und sexuelle Orientierung und Bereicherung an. Dies, weil wir die Subkultur von
praktizierenden Menschen betrachten wollen, die sich damit wohl fühlen und nicht in Abhängigkeit
ihrer sadomasochistischen Lusttriebe geraten sind.

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3. Definition
3.1 BDSM
3.1.1 Der Begriff

Der der breiten Masse bekannte Begriff Sado-Maso, kurz S/M, wurde in der Fachliteratur durch den
Begriff BDSM ersetzt, um die Vielfältigkeit dieser sexuellen Vorliebe, die vor allem mit
Lustschmerz, Dominanz und Unterwerfung und Rollen- und Fesselungsspielen in Zusammenhang
steht, zu verdeutlichen. Der Begriff BDSM ist ein Sammelbegriff, der sich aus den meist
praktizierten Arten dieser sexuellen Ausrichtung zusammensetzt:

B & D: Bondage & Discipline


D & S: Dominance & Submission
S & M: Sadism & Masochism

Bondage
Bondage, zu Deutsch Fesselung, bezeichnet das Zusammenbinden der Gliedmassen des Partners,
womit dessen Bewegungsfähigkeit eingeschränkt wird.

Discipline
Unter Discipline versteht man die Züchtigung des Partners mit Hilfe von Schlägen mit der Hand
oder mit Züchtigungsinstrumenten.

Dominance & Submission


Dominance & Submission (Dominanz und Unterwerfung oder Herrschaft und Unterordnung)
beschreibt vor allem den psychologischen Aspekt einer BDSM-Partnerschaft, bei der ein Partner
bewusst vom anderen dominiert wird. Der Unterschied zu regulären Beziehungen, in denen dies oft
auch zum Teil unbewusst ausgelebt wird ist, dass diese Art von Machtübertragung an den einen
Partner gewollt ist und auch angestrebt wird. Dieses Aufgeben von Autonomie des einen Partners
kann zeitlich begrenzt während einer Session1 stattfinden, meist ausgeübt durch Erziehungs- oder
Rollenspiele, aber auch permanent im Alltag gelebt werden. Dies bezeichnet man als 24/7-
Beziehung, hergeleitet aus 24 Stunden, 7 Tage in der Woche.
Generell wird bei BDSM jedoch von Spielen, respektive Spielbeziehungen gesprochen, da für die
grosse Mehrheit der BDSM-Praktizierenden BDSM in einem zeitlich begrenzten Rahmen stattfindet
und strikt vom Alltagsleben getrennt wird.

Sadism & Masochism


Im Gegensatz zu Dominance & Submission steht Sadism & Masochism (Sadismus und
Masochismus) für die physischen Aspekte von BDSM-Handlungen. Unter Sadismus versteht man
das Empfinden von Lust, indem man dem Partner Schmerzen zufügt, ihn demütigt oder ihn
kontrolliert. Masochismus beschreibt den Lustgewinn durch Empfindung von Schmerz und das
Wissen, jemandem ausgeliefert zu sein.

In der individuellen Ausprägung überschneiden sich diese drei verschiedenen Aspekte jedoch
häufig.

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3.1.2 Grundzüge
BDSM-Handlungen finden, ausser in 24/7-Beziehungen, in einer begrenzten Zeitspanne statt. Meist
in der Form eines erotischen Rollenspiels übergibt sich der devote Partner, auch Sub2 oder Bottom3
genannt, dem dominanten Partner. Voraussetzung für eine solche Session1, der Zeitraum, indem
sich eine solche Handlung abspielt, ist, dass dies mit dem Einverständnis beider Partner geschieht.
Oftmals findet vor so einer Session1 auch ein Gespräch über die jeweiligen Vorlieben und Wünsche
der Partner statt. Die Session1 muss mit einem so genannten Safeword jederzeit abgebrochen
werden können. Als Safeword wird bewusst ein neutraler Begriff gewählt, da gewisse Worte wie
„Nein“ oder „Stopp“ zur Luststeigerung verwendet werden können.

3.2 Weitere Aspekte


3.2.1 safe, sane, consensual
Dieser aus dem Englischen stammende Begriff gilt als generelle Vereinbarung zwischen BDSM-
Anhängern. Frei übersetzt bedeutend dies sicher, mit gesundem Menschenverstand und in
gegenseitigem Einverständnis. Mit dieser vereinbarten Freiwilligkeit grenzt sich BDSM von
Vergehen gegen die sexuelle Selbstbestimmung und von Gewaltmissbrauch rechtlich ab.

Der andere Verhaltenskodex, der „risk aware consensual kink“, zu Deutsch risikobewusstes,
einvernehmliches Handeln, betont das Risikobewusstsein der BDSM-Praktizierenden stärker.

3.2.2 Domina
Der Begriff Domina bezeichnet eine meist weibliche Person, die sexuelle Dienstleistungen aus dem
BDSM-Bereich gegen ein Entgelt anbietet. Eine Domina widerspiegelt hierbei immer den Top4
oder Dom5, das heisst sie führt je nach Wunsch ihrer Kunden Fesselungen, Züchtigungen oder
dementsprechende Rollenspiele aus. Eine Domina ist in dem Sinne keine Prostituierte, da es in der
Regel nicht zum Geschlechtsverkehr zwischen der Domina und dem Kunden kommt.

3.2.3 Symbole der BDSM-Subkultur

Ring der O
Der Fingerring, der von BDSMlern gerne als Erkennungszeichen getragen wird, erhielt seinen
Namen durch den „Ring der O“, Symbol im BDSM-Roman „Geschichte der O“ von Pauline Réage.
Der Ring wird von Tops4 an der linken, von Bottoms3 an der rechten Hand getragen. Er hat heute
allerdings ein ganz anderes Aussehen, als ursprünglich im Roman beschrieben.

Leather-Pride-Flagge
Die von Tony DeBlase entworfene Flagge, ursprünglich ein Symbol der homosexuellen Subkultur,
wird heutzutage immer häufiger auch als Symbol für BDSM gebraucht.

3.3 Standpunkte und Vorurteile


3.3.1 DSM und ICD
Das „Diagnostische und statistische Manual psychischer Störungen“ ordnet „Sexueller Sadismus“
und „Sexueller Masochismus“ unter dem Kapitel der Paraphilien ein. Der Begriff Paraphilie
bezeichnet eine Sammelbezeichnung für abweichendes Sexualverhalten. Homosexualität wurde

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1973 aus der Version DSM-II gestrichen, Sadismus und Masochismus sind in der aktuellen
Version, der DSM-IV nach wie vor enthalten, die Kriterien für eine Diagnose als psychische
Störung wurden allerdings entschärft. Eine Diagnose für „Sexueller Sadismus“ darf heutzutage nur
noch gestellt werden, wenn zwei entscheidende Kriterien erfüllt werden:

„A. Über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten wiederkehrende, intensiv sexuell erregende
Phantasien, sexuell dranghafte Bedürfnisse oder Verhaltensweisen, welchen einen (realen, nicht
simulierten) Akt der Demütigung, des Geschlagen- bzw. Gefesseltwerdens oder sonstigen Leidens
beinhalten.“

„B. Die Phantasien, sexuell dranghaften Bedürfnisse oder Verhaltensweisen verursachen in


klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen
wichtigen Funktionsbereichen.“
(Kathrin Passig und Ira Strübel in „Die Wahl der Qual – Handbuch für Sadomasochisten und
solche, die es werden wollen“, S. 61-62, 2004)

Für „Sexueller Masochismus“ gelten ähnliche Bestimmungen.


Diese Bestimmungen sind einerseits ein grosser Fortschritt, da somit die meisten Sadomasochisten
nicht als krank eingestuft werden. Jedoch kann man auch diese neue Version noch nicht als
komplett ausgereift bezeichnen. Vor allem die Formulierung „realen, nicht simulierten“ ist
unzureichend, da gerade die Gratwanderung zwischen „real“ und „simuliert“ den wohl grössten Teil
dieser sexuellen Verhaltensweise ausmacht.
Als Beispiele von „klinisch bedeutsamen Leiden oder Beeinträchtigungen“ gelten unter anderem,
wenn die Paraphilien unverzichtbar sind, soziale Beziehungen gefährden oder zu juristischen
Schwierigkeiten führen. Somit liegt es bei den jeweiligen Psychiatern, ob sie ihre Patienten als
krank oder gesund einstufen. Tatsache ist jedoch, dass die meisten Sadomasochisten auf ihre
Praktiken in der Tat nicht verzichten wollen, auch wenn sie könnten.

Das von der WHO erstellte „International Statistical Classification of Diseases and Related Health
Problems“, kurz ICD-10 (die Ziffer 10 bezeichnet die 10.Revision), ist sogar noch weit weniger
fortschrittlich. Unter Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen findet man dort die Definition, dass
jeder krank sei, der seinen sadomasochistischen Phantasien entsprechend handle oder sich deutlich
durch sie beeinträchtigt fühle.

Sadomasochisten müssen also grundsätzlich damit rechnen, dass die DSM- oder ICD-Definitionen
von „Sadismus“ und „Masochismus“ zu ihren Ungunsten ausgelegt werden können.

„Die DSM-IV Diagnosen „Sadismus“ und „Masochismus“ werden täglich von Psychologen falsch
angewendet. Das führt dazu, dass Sadomasochisten ihre Jobs, ihre security clearance (die
Unbedenklichkeitsbescheinigungen bei Regierungsstellen) und das Sorgerecht für ihre Kinder
verloren haben und DSM-IV als Rechtfertigung angegeben wird. Das beste Beispiel, das ich geben
kann, ist ein Mann mittleren Alters, der etwa sieben Jahre lang verheiratet war. Während der Ehe
praktizierten er und seine Frau SM, bis sie nach fünf Jahren keine Lust mehr dazu hatte und auch
ihre bis dahin offene Ehe nur geschlossen weiterführen wollte. Er war damit nicht glücklich, und sie
beschlossen sich zu trennen. Sie wollte keine Paartherapie. Es gab einen zweijährigen Sohn aus
dieser Ehe. Nachdem sie sich einvernehmlich darauf geeinigt hatten, dass sie das Sorgerecht
bekommen sollte, verweigerte sie ihm das Besuchsrecht und führte SM als Begründung an. Er
musste sein Haus verkaufen und Schulden machen, um das Recht einzuklagen, seinen Sohn zu
sehen. Er hatte einen guten Job, Freunde, eine neue SM-Beziehung, war nie mit dem Gesetz in
Konflikt geraten etc.

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Zwei Therapeuten bescheinigten, dass SM pathologisch sei, dass er eine Gefahr für das Kind
darstelle und dass die DSM-IV Kriterien offensichtlich auf ihn zuträfen, da er ja in diesen
Rechtstreit verwickelt sei.“
(Kathrin Passig und Ira Strübel in „Die Wahl der Qual – Handbuch für Sadomasochisten und
solche, die es werden wollen“, S. 63, 2004)

3.3.2 Rechtslage
„Wer eine Körperverletzung mit Einwilligung der verletzten Person vornimmt, handelt nur dann
rechtswidrig, wenn die Tat trotz Einwilligung gegen die guten Sitten verstösst“, so heisst es im
deutschen Strafgesetzbuch. Heutzutage stellen sadomasochistische Handlungen, die zu
Körperverletzungen führen, jedoch nicht bereits wegen ihrer sexuellen Motivation einen Verstoss
gegen die guten Sitten dar. Trotzdem erfüllt S/M im Allgemeinen den Tatbestand der „einfachen
Körperverletzung“ und sobald beispielsweise Peitschen im Spiel sind, wird auch schon von
„gefährlicher Körperverletzung“ gesprochen. Besteht also keine Einwilligung zur Freiwilligkeit
mehr, beispielsweise, sobald das Safeword fällt, beginnt auch offiziell der Bereich der Strafbarkeit.
In der Schweiz liegen die Dinge ähnlich. Das wohl grösste Rechtsrisiko für Sadomasochisten
besteht wohl darin, wenn der Bottom3 seine Ansicht über die Einvernehmlichkeit der Aktion ändert
und später behauptet, nie zu solchen Praktiken seine Einwilligung gegeben zu haben. Wird der Top4
darauf wegen Körperverletzung angezeigt, hat dieser schlechte Karten, vor allem, wenn die
Aktionen am Körper des Bottoms3 noch zusätzlich Spuren hinterlassen haben.

3.3.3 Theorien zur Entstehung sadomasochistischer Neigungen


Fast alle Wissenschaftler, die das Phänomen Sadomasochismus genauer zu ergründen versuchten,
waren Psychoanalytiker. Sie halten in gewisser Weise bis heute das Erklärungsmonopol für diesen
Bereich inne. Somit beinhalten die meisten in wissenschaftlichen Kreisen verbreiteten Theorien die
Ansicht, dass sadomasochistische Verhaltensweisen auf prägende Ereignisse in der Kindheit
zurückzuführen sind. Man spricht hier von einem Kindheitstrauma. Die Entwicklung einer
Perversion wird hiermit als eine Strategie zum Umgang mit frühkindlicher Frustration angesehen.
Der Begründer dieser Theorie war Sigmund Freud. In seinen „Drei Abhandlungen der
Sexualtheorie“ (1905) beschreibt er die Perversion als Fehlentwicklung der kindlichen
Ausdrucksformen des Sexualtriebs, der so genannten Partialtriebe. Wenn das natürliche Übergehen
dieser Partialtriebe in die erwachsene genitale Sexualität gestört werde, übernähme einer dieser
Partialtriebe die Macht und die Entwicklung einer Perversion sei die Folge. Die Neurose
widerspiegle den Versuch ihrer Abwehr und erst das Scheitern dieses Versuchs führe letztendlich
zum Auftritt der Perversion. Freuds Theorien wurden von seinen Nachfolgern in verschiedenster
Weise weiterentwickelt. Der amerikanische Psychoanalytiker Robert Stoller entwickelte eine stark
von der freudschen Anschauung geprägte Theorie. Im seinem 1991 veröffentlichten Buch „Pain &
Passion: A Psychoanalyst Explores the World of S & M“ beschreibt er sadomasochistische
Perversionen als nur scheinbaren Ausdruck von Grausamkeit oder Feindseligkeit. In Wirklichkeit
handle es sich um das Gegenteil. Das Ausleben der Perversion sei eine Strategie, genau diese
Gefühle zu umgehen. Situationen, die normalerweise Unlust auslösen, werden erotisiert, um es
möglich zu machen, mit ihnen umzugehen. Trotzdem gibt es keine wissenschaftliche Theorie, die
das Phänomen ein für allemal erklärt. Vor allem in der Vorgehensweise der Psychoanalytiker finden
sexuelle Abweichungen als lustvolle Erweiterung des sexuellen Spektrums gesehen keinen Platz.

„Normalerweise kann der Mensch, dessen Leben von einer Perversion beherrscht wird, den
zwanghaften Charakter seines Rituals nicht erkennen. Er macht sich vor, dass er aus freien Stücken
handelt, und preist vielleicht sogar die Vorzüge seines einzigartigen Szenarios an. Er glorifiziert
seine Sexualität, indem er sich vorstellt, dass sie ihn mit aussergewöhnlichen Kräften ausstattet.

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[…] Er verachtet diejenigen, die wegen ihrer Bravheit, moralischen Unbeweglichkeit und
mangelnden Vorstellungskraft dazu gezwungen sind, sich mit den Rollen und Positionen zu
begnügen, die die soziale Ordnung ihnen zugewiesen hat.“
(Kathrin Passig und Ira Strübel zitieren in „Die Wahl der Qual – Handbuch für Sadomasochisten
und solche, die es werden wollen“ aus L. Kaplans „Weibliche Perversionen“, S. 47, 2004)

Mit der Ansicht der Psychoanalytiker, dass Sadomasochismus eine neurotische Entwicklung und
somit eigentlich der Versuch ist, die Perversion abzuwehren oder mit ihr umzugehen, stellen auch
sie, genauso wie die Verfasser des DSM oder ICD, sadomasochistische Vorlieben mit einer
psychischen Störung respektive Krankheit gleich.

3.4 Fetischismus
3.4.1 Definition
Nach dem Sexualforscher Richard von Krafft-Ebing, der auch die Begriffe Sadismus und
Masochismus mit seinem Buch „psychopathia sexualis“ definierte, hat der erotische Fetischismus
entweder einen bestimmten Körperteil, ein bestimmtes Kleidungsstück oder einen Stoff der
Bekleidung einer entgegengesetzten Person zum Gegenstand. Praktisch alle Menschen jedoch
haben gewisse Vorlieben. Die meisten Männer bevorzugen zum Beispiel bestimmte
Körpermerkmale bei Frauen, wie etwa grosse Brüste oder blonde Haare. Ist das aber schon
Fetischismus? Valerie Steele teilt den Fetischismus in ihrem Buch „Fetisch – Mode, Sex und
Macht“ in 4 Stufen ein:

„Stufe 1: Es liegt eine schwache Vorliebe für bestimmte Arten von Sexualpartnern vor, für
bestimmte sexuelle Stimuli oder bestimmte sexuelle Handlungen. Für diese Stufe sollte der
Begriff „Fetischismus“ nicht verwendet werden.

Stufe 2: Es liegt eine starke Vorliebe für bestimmte Arten von Sexualpartnern vor, für bestimmte
sexuelle Stimuli oder bestimmte sexuelle Handlungen. (Fetischismus geringen Grades)

Stufe 3: Spezifische Stimuli sind für die sexuelle Erregung und Durchführung des Sexualaktes
notwendig. (Fetischismus mittleren Grades)

Stufe 4: Spezifische Stimuli treten an die Stelle des Sexualpartners.


(Fetischismus höchsten Grades)“
(Valerie Steele in „Fetisch – Mode, Sex und Macht“, S. 14, 1998 (dritte Auflage))

3.4.2 Die Erfindung des Fetischismus


Zur Entstehung des Fetischismus gibt es zwei Theorien. Die erste behauptet eine
mehrtausendjährige Existenz in vielen Kulturen, die zweite beschreibt Fetischismus als Phänomen
unserer modernen westlichen Gesellschaft. Obwohl zum Beispiel das Einbinden der Füsse bei den
Chinesen viele fetischistische Merkmale zeigt, scheint der Fetischismus, wie wir ihn heute kennen,
zuerst im Europa des 18. Jahrhunderts aufgetreten zu sein.

„Die Entwicklung des Kapitalismus und die Urbanisierung in Europa schufen eine Umgebung, in
der „Fetischisten“ sich zuallererst als solche wahrnehmen und untereinander Kontakt aufnehmen
konnten“.
(Valerie Steele in „Fetisch – Mode, Sex und Macht“, S. 52, 1998 (dritte Auflage))

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Doch auch biologische Faktoren spielen eine Rolle beim Fetischismus. Männer assoziieren einige
weibliche äusserliche Merkmale, wie einen grossen Busen oder ein ausladendes Becken mit
Fruchtbarkeit und grösstmöglicher Fortpflanzungskapazität. Sekundäre Geschlechtmerkmale gelten
also als Indikatoren dafür, wie sexuell begehrenswert und verfügbar eine Frau ist, weshalb Männer
beginnen, bei der Frauenwahl jene mit diesen typischen Merkmalen den anderen vorzuziehen.
Dabei handelt es sich um erste Schritte in die Richtung einer fetischistischen Neigung. Diese
Theorie versucht neben einigen anderen auch zu erklären, warum Fetischismus ein fast
ausschliesslich männliches Phänomen ist. Frauen entwickeln generell keine fetischistischen
Neigungen, kommen jedoch durchaus mit Fetischismus in Kontakt, sei es, um ihrem Freund zu
gefallen, oder aus beruflichen Gründen (Dominas, Stripperinnen, etc.).

3.4.3 Schuh- und Fussfetischismus


Laut Valerie Steele rangieren High-Heels in der Beliebtheitsskala der fetischistischen Subkultur an
zweiter Stelle direkt hinter den Korsetts. Schon im 19. Jahrhundert wurden Busen und Gesäss der
Frau betont, während die Beine völlig versteckt blieben. Der oft nur flüchtige Anblick der Füsse
und Fesseln wurde deshalb zunehmend erotisiert. Nicht nur der Schuh selbst, sondern auch die
Höhe des Absatzes hat eine erotische Bedeutung. Er vergrössert die Gestalt des Trägers, womit er
dominanter wirkt. Ohne Frage schränken hohe Schuhe auch die Bewegungsfähigkeit des Trägers
ein. Dies kann als eine Form von Bondage, als eine „Versklavung des Fusses“ betrachtet werden. Es
ist äusserst schwierig, Fuss- von Schuhfetischismus zu trennen, da praktisch nicht unterschieden
werden kann, worin die sexuelle Anziehung genau besteht: Im Anblick des Fusses, eingekleidet im
Schuh, oder im Anblick des Schuhs selber.

3.4.4 Lederfetischismus
Vor allem in der BDSM-Subkultur verbreitet ist der Lederfetischismus. Besonders die
symbolischen Assoziationen von Leder sind wichtig. Leder ist die gegerbte Haut eines Tieres und
wird mit den Adjektiven robust, stark, haltbar, tierisch, etc. in Verbindung gebracht. Beste Beispiele
sind Motorradfahrer, die Leder tragen, um sich zu schützen. Sie gelten allgemein als rüpelartig und
wenig zimperlich. Der Begriff Ledersex ist eine weit verbreitete Bezeichnung für „harter Sex“ und
die als Symbol für die Schwulen- und BDSM-Szene verwendete Flagge trägt den Namen „Leather-
Pride-Flagge“.

3.4.5 Von Zofen und Dominas –Bezüge zur BDSM-Subkultur


„Die Rollenspiele, der Dialog, die Fetischkostüme und die sexuelle Handlung von SM sind Teil
eines Dramas oder Rituals. […] Die SM-Subkultur ist ein Theater, indem sexuelle Dramen
ausagiert werden können.“
(Valerie Steele in „Fetisch – Mode, Sex und Macht“, S. 93, 1998 (dritte Auflage))

Kleidung wird normalerweise mit Macht assoziiert, währenddem Nacktheit die Abwesenheit von
Macht bedeutet. Für Dominas ist es wichtig, in einem bestimmten Outfit aufzutreten und somit eine
bestimmte Aura auszustrahlen. Stiefel, Leder, Korsetts, etc. sind offensichtlich phallische Symbole.
Indem sich die Domina dementsprechend kleidet, nimmt sie die Position des im „Vanilla6-Sex“
üblichen dominanten Mannes ein. Ein Korsett kann auch von einem Kunden getragen werden, dies
kann dann als eine Variation von Bondage gesehen werden.

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Auch Rollenspiele sind in der BDSM-Subkultur weit verbreitet. Kostümgeschäfte beispielsweise
vermelden den ständigen Verkauf von Zimmermädchenkluften. Die Zofe ist eine offensichtlich
masochistische Rolle. Weitere gern praktizierte Rollenspiele, wie Krankenschwester und Arzt,
Sekretärin und Vorgesetzter etc. sind ein wichtiger Grund, weshalb Fetischismus in der BDSM-
Subkultur einen festen Platz einnimmt.

4. Die Entstehung von Sadismus und Masochismus und die


Entwicklung zur BDSM-Subkultur
4.1 Donatien de Sade
Donatien Alphonse François de Sade wurde am 2. Juni
1740 in Paris als Sohn einer nicht mehr reichen, aber
adligen Familie geboren. Er gilt heute sozusagen als der
Begründer des Sadismus, da er als Erster Schriften zu
diesem Thema veröffentlicht hat. Dieser Begriff wurde
wiederum mehr als ein Jahrhundert später von dem
Psychologen und Philosophen Richard von Krafft-Ebing
eingeführt.
Als Jugendlicher war de Sade zwar eine Ausbildung in
Schulen für Hochadelige vergönnt, doch die finanzielle
Lage seiner Familie war nie besonders gut. So wurde er
nach seiner Militärkarriere mit Renée Pélagie, einer
wohlhabenden Adligen verheiratet. Obwohl de Sade
eigentlich seiner zukünftigen, damals dreizehnjährigen
Abbildung 1 Schwägerin verfallen war, liess er sich des Geldes wegen
auf die Ehe ein.
Aufgrund des neu erworbenen Reichtums lebte de Sade ein äusserst skandalöses Leben, bei dem er
manche Grenzen überschritt. Anfangs alleine, später zusammen mit seiner Frau, gab er sich allen
erdenklichen, sadistischen Fantasien hin, die sich bis dahin vor allem auf die Vergewaltigung von
Hausangestellten und Prostituierten beschränkten. Vorwürfe der Lebedame Rosa Keller brachten
ihn beinahe hinter Gitter. Doch seine Taten wurden immer ausschweifender, sodass er sich nach der
Verkündigung seines darauf ausgesprochenen Todesurteils nach Italien retten musste.
Die Flucht nach Italien bedeutete für de Sade die endgültige Trennung von seiner Familie und
Ehefrau, da er seine Schwägerin, für die er noch immer schwärmte, kurzerhand mit sich genommen
hatte. Seine Familie klagte ihn deswegen an und erreichte, dass er bei seiner Rückkehr in der
Festung Vincennes eingekerkert wurde.
De Sade versuchte jedoch zu fliehen, was ihm aber missglückte, sodass er in das Staatsgefängnis
von Paris, in die Bastille, eingesperrt wurde.
In dieser Zeit der Entbehrung und der Langeweile begann de Sade sein Gedankengut, das er nun
nicht mehr aktiv ausleben konnte, in Romanen niederzuschreiben. Nur schon wegen des Inhalts
seiner Schriften, tat er dies im Verborgenen und alleine.
De Sade galt zu dieser Zeit als Freisinniger, Sozialist und Atheist. Trotzdem wurde er wieder
freigelassen, jedoch gleich in eine Irrenanstalt in Chanteron versetzt. Seine Frau reichte darauf die
Scheidung ein.
Die Revolutionswelle, die Paris heimsuchte, befreite de Sade aus seinem kümmerlichen Dasein.
Dieser trat zurück in der Freiheit auch prompt den radikalen Jakobinern bei, hielt aber an seinem
Besitz und Vermögen widersprüchlicherweise fest. Das danach folgende, unorganisierte Regime
brachte ihn dann erneut ohne wirklich stichfeste Argumente hinter Gitter. Nach einem Jahr wurde er
offiziell zum Tode verurteilt, wurde aber durch den Sturz Robespierres von dieser Strafe befreit.

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Napoleons folgende Herrschaft brachte ihn aufgrund seiner
neu veröffentlichten Romane „Justine oder die Leiden der
Tugend“ und „Juliette oder die Wonnen des Lasters“ aber
erneut nach Chanteron, auch diesmal wieder ohne eine
gerichtliche Verhandlung. In diesen beiden Romanen
beschrieb de Sade die Schicksale zweier Schwestern, die
nach dem Tod ihres Vaters getrennte Wege gehen. Justine
entscheidet sich dafür, ihr Leben tugendhaft, rechtschaffen
und mit tiefem Glauben an Gott weiterzuführen. Juliette
dagegen gibt sich ganz ihren wollüstigen, sadistischen
Fantasien hin. Der anständigen Justine ergeht es am Ende
schlecht, sie wird vom Blitz erschlagen. Juliette jedoch lebt
glücklich und zufrieden weiter. Hiermit kristallisiert sich eine
Grundeinstellung de Sades heraus, die er sich wohl in seinem
ausschweifenden Leben angeeignet hat: An Tugend und
Rechtschaffenheit liegt ihm nicht viel, Wollust und sexuelle
Erfülltheit sind für ihn die höchsten aller Genüsse.
11 Jahre später, nachdem de Sade noch einige Romane
ähnlicher Art verfasst hatte, starb er mit 74 Jahren am 2.
Dezember 1814.
Sein Werk umfasst insgesamt 18 Bände, die grösstenteils Abbildung 2
vom Spiel zwischen Dominanz und meist erzwungener
Unterwerfung handeln. Gegenüber der heutigen BDSM-Subkultur in der zwischen Tops4 und
Bottoms3 Gleichberechtigung herrscht, scheint dies zwar veraltet, der Einfluss de Sades auf die
damalige sadomasochistische Subkultur ist aber nicht zu unterschätzen.
Es ist erwiesen, dass sadistische Handlungen und Gedanken ein Phänomen sind, das nicht erst seit
de Sade entstanden war. So war de Sade zwar nicht der Erfinder, wohl aber einer der literarischen
Begründer des Sadismus. Mit seiner Literatur versetzte er die westliche Welt in Entsetzen, Interesse
und Zweifel zugleich. Auch wenn er zu Lebenszeiten nie Erfolge erzielen konnte, war das
Schreiben sein Lebensinhalt. Bis heute bewegt er Leser sadomasochistischer und normalsexueller
Orientierung sowohl negativ als auch positiv.
Für seine Zeit war sein Werk revolutionär, noch nie da gewesen und – für die meisten – nicht
verständlich. Die wenigen, eher freisinnig orientierten Menschen, die de Sades Literatur schätzten,
fanden darin die Bestätigung ihrer eigenen politischen Meinung. So wurde de Sade meist eher
politisch interpretiert als sexuell.

Der Psychologe Richard von Krafft-Ebing sah in de Sade dann aber das perverse Monstrum, das
auch seine Gegner in ihm sahen. In seinem Buch „psychopathia sexualis“ erwähnt er de Sade
beispielsweise mit der folgenden Fusszeile:

„Sadismus: So genannt nach dem berüchtigten Marquis de Sade, dessen obscöne Romane von
Wollust und Grausamkeit triefen.“
(Richard von Krafft-Ebing in „psychopathia sexualis“, S. 65, 1903 (12. Auflage))

Die nach de Sade benannte „Perversion des Geschlechtstriebs“ beschreibt Krafft-Ebing


folgendermassen:

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„Auf dem Gebiet der sexualen Perversionen scheint der Sadismus, d.h. die Empfindung von
sexuellen Lustgefühlen bis zum Orgasmus beim Sehen und Erfahren von Züchtigung u.a.
Grausamkeiten, verübt an einem Mitmenschen oder selbst an einem Thier, sowie der eigene Drang,
um der Hervorrufung solcher Gefühle willen anderen lebendigen Wesen Demüthigung, Leid, ja
selbst Schmerz und Wunden widerfahren zu lassen, keine Seltenheit zu sein, vermuthlich dann,
wenn man seine rudimentären Kundgebungen mit berücksichtigt.“
(Richard von Krafft-Ebing in „psychopathia sexualis“, S. 65, 1903 (12. Auflage))

Mit dem Buch „psychopathia sexualis“, das lange nach seinem Tod geschrieben wurde, wäre de
Sade wohl nicht einverstanden gewesen, doch Krafft-Ebing hatte grossen Erfolg damit.
De Sades Werk wird heute wiederum fast nur noch als sadistische, also sexuelle Literatur,
interpretiert, womit sein schlechter Ruf in der heutigen Zeit zu erklären ist.

4.2 Leopold von Sacher-Masoch


Leopold Ritter von Sacher-Masoch wurde am 27. Januar
1836 in Lemberg (heutige Ukraine) geboren. Nachdem er
sein Studium in Geschichte, Rechtswissenschaft und
Mathematik an der Universität in Graz abgeschlossen hatte,
wurde er zuerst Professor und widmete sich dann aber dem
Schreiben.
Als Gegner des Antisemitismus verfasste er einige recht
wahrheitsgetreue Schilderungen über das jüdische Leben.
Seinen grössten Erfolg erzielte Sacher-Masoch aber mit
dem Roman „Venus im Pelz“. Im Gegensatz zu de Sades
Literatur wurde dieses Buch auch in normalsexuellen
Kreisen gewürdigt. Sacher-Masoch beschreibt darin die
sadomasochistische Liebe zwischen der in Pelz gehüllten
„Wanda von Dunajew“ und ihrem Sklaven „Severin“. Der
Bezug zum realen Leben Sacher-Masochs ist hier nicht zu
übersehen. Anscheinend lebte er mit seinen damaligen
Partnerinnen, wie
beispielsweise Angelika
Abbildung 3 Aurora Rümelin, ähnliche
Szenen, wie sie im Buch
beschrieben waren.
Ein wiederkehrendes Motiv in „Venus im Pelz“ ist, wie der Titel
schon sagt, eine Schönheit, die Pelze trägt. Sowohl auf der fiktiven
Ebene in seinem Roman, als auch in der Realität kreierte Sacher-
Masoch sich seine „perfekte“ Frau zusammen. Im Buch betet der
Sklave Severin von Zeit zu Zeit eine marmorne Statue an, die er mit
Wanda vergleicht. So entsteht aus Marmor und Pelz langsam eine
sadistische Venus, zusammengestellt aus diesen beiden, an sich
„toten“ Gegenständen.

Auf der Spitze des Erfolgs Sacher-Masochs, im Jahre 1886,


publizierte der Psychiater und Neurologe Richard von Krafft-Ebing
das Buch „psychopathia sexualis“. So wurde Sacher-Masoch vom Abbildung 4
gerühmten Schriftsteller unfreiwillig zum Namensgeber eines
Begriffs und einer Definition, die er keinesfalls vertreten wollte. Er ist folgendermassen erwähnt:

12
„Anlass und Berechtigung, diese sexuelle Anomalie „Masochismus“ zu nennen, ergab sich mir
daraus, dass der Schriftsteller Sacher-Masoch in seinen Romanen und Novellen diese
wissenschaftlich damals noch gar nicht gekannte Perversion zum Gegenstand seiner Darstellungen
überhaus häufig gemacht hatte. Ich folgte dabei der wissenschaftlichen Wortbildung
„Daltonismus“ (nach Dalton, dem Entdecker der Farbenblindheit).“
(Richard von Krafft-Ebing in „psychopathia sexualis“, S. 105, 1984 (14. Auflage, Nachdruck))

Obgleich Sacher-Masoch und seine Gleichgesinnten lange gegen die Durchsetzung des Begriffs
ankämpften, hielt dieser sich bis zur Einführung des BDSM-Modells.
Sacher-Masoch und seinen Anhängern missfiel ausserdem die Verbindung der Literatur des
Schriftstellers zum masochistischen Sexualphänomen. Die Reduktion des umfangreichen Werkes,
das bei weitem nicht nur fetischistische und sexuelle Aspekte enthielt, auf rein
sexualpsychologische und pornografische Bezüge, stiess bei ihnen auf heftigen Widerstand.
So kam es, dass Sacher-Masoch und sein Werk aus der Literaturszene so schnell weggedacht
wurden, wie auch schon sein Erfolg herangewachsen war. Die Schriften, die ihm einmal so viel
Ehre und Ruhm eingebracht hatten, wurden als Pornografie bezeichnet.

Der gefallene Sacher-Masoch verstarb am 22. Dezember 1902 in seiner


Heimatstadt Graz an den Folgen mehrerer Schlaganfälle.

Merkwürdigerweise ist der Masochismus ein Phänomen, über das im


Gegensatz zum Sadismus viel mehr diskutiert und geschrieben wurde.
So zeigt sich dies in der enormen Fülle an Fachliteratur zu diesem
Thema. Seit der Herausgabe von „psychopathia sexualis“ kämpften und
kämpfen Psychologen, Neurologen und vor allem Psychoanalytiker um
eine Erklärung für das Phänomen Masochismus.
Heute geniesst Sacher-Masochs Werk auch in nicht sadomasochistischen
Lesergemeinden wieder grösseres Ansehen. So wurde beispielsweise
2003 ein Festival ihm und seinen literarischen Leistungen zu Ehren auf Abbildung 5
die Beine gestellt. Auch werden seine Werke zunehmend neu interpretiert, sei es in Film, Musik
oder Comic-Form.

4.3 Die Entwicklung zur BDSM-Subkultur


Die genaue Entwicklung der BDSM-Subkultur ab der Zeit de Sades und Sacher-Masochs ist heute
leider nicht mehr ganz genau nachzuvollziehen. An diversen Punkten kann allerdings ein grober
Verlauf erstellt werden. Wir haben uns hier vorwiegend auf die europäische Kultur beschränkt:

1795 De Sade veröffentlicht sein wichtigstes Werk „Die unmoralischen Lehrer oder Die
Philosophie im Boudoir“. Sein ausschweifender Lebensstil wird immer wieder publik gemacht. Im
gemeinen Volke gilt Sadismus als pervers.

1870 „Venus im Pelz“ von Leopold von Sacher-Masoch wird veröffentlicht.

1886 Richard von Krafft-Ebing veröffentlicht „psychopathia sexualis“, das sexuelle Abweichungen
und Perversionen psychologisch erläutert. Das Buch kategorisiert erstmals Sadismus und
Masochismus als Störungen des Sexualtriebes. Die Begriffe wurden von den Nachnamen zweier
wichtiger Schriftsteller sadomasochistischer Literatur abgeleitet: Donatien de Sade und Leopold
von Sacher-Masoch. Durch „psychopathia sexualis“ muss auch noch die heutige BDSM-Subkultur
das Vorurteil bekämpfen, es handle sich bei Praktizierenden um „Kranke“.

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Zweiter Weltkrieg Sadomasochistische Instrumente sind in den Bordellen der deutschen
Wehrmacht verboten. Wer bei Praktiken dieser Art erwischt wird, wird bestraft.

Erste Hälfte des 20. Jahrhunderts Vor allem in Frankreich entwickeln sich immer mehr
Möglichkeiten für SMler. Der Nationalsozialismus unterdrückt vorerst in Deutschland, dann in
praktisch ganz Europa, die wachsende Subkultur.

1950 Die erste schwule sadomasochistische Subkultur (heute „Old Guard“ genannt) entsteht in den
USA, verhindert aber durch eiserne Regeln und Abschottung gegen andere SM-Gruppen eine
Ausbreitung nach Europa.

1954 „Die Geschichte der O“ wird unter dem Pseudonym Pauline Réage veröffentlicht, erst 1994
gestand dann die Schriftstellerin Dominique Aury, Autorin des Buches zu sein. Der
sadomasochistische Roman war eine Art Liebeserklärung an den Schriftsteller und Literaturkritiker
Jean Paulhan, der begeisterter Leser de Sades war. Die sadomasochistische Subkultur wurde durch
diesen Roman und seine Szenarien enorm inspiriert. Viele SMler bauten Szenarien aus dem Roman
in ihr eigenes Liebesleben ein.

1960 In „Fünf Lektionen der Liebe“, einem Beratungsbuch für Eheleute, wird geraten,
sadomasochistische Praktiken zu vermeiden, da sonst versteckte Neigungen erweckt werden
könnten.

1985 Der amerikanische Sexualwissenschaftler Norman Bresslow zeigt als Erster, dass es auch
Frauen in der SM-Subkultur gibt, die keine Dominas oder Prostituierten sind.

Ende der 80er Jahre Erste offene Gruppen, die das Thema S/M behandeln, entwickeln sich und
haben Erfolg.

1989 Die „Leather-Pride-Flagge“ wird erstmals mit sadomasochistischem Kontext verwendet.

Seit 1990 Die Schlagwörter „safe, sane und consensual“, werden als feste Wendung für Sessions
aller Art als oberste Regeln bekannt.

1991 Mit B & D versuchten SMler, die mit dem Ruf der Begriffe Sadismus und Masochismus nicht
mehr leben wollten, sich vom alten, unbeliebten S & M loszulösen, worauf dann BDSM entstand.

1992 Es existieren in deutschsprachigen Ländern etwa 20 heterosexuelle BDSM-Gruppen.

Ab 1996 Es entstehen immer mehr Informationsseiten zum Thema S/M, D/S und BDSM. Viele
dieser Seiten werden jedoch von ihren konservativen Providern gesperrt.

1997 Die Informationsseite „datenschlag.org“ stellt eine Liste mit allen offenen SM-Gruppen
Deutschlands ins Netz. Es existieren insgesamt 53 Gruppen in 45 verschiedenen Städten.

2002 Die „Interessengemeinschaft BDSM Schweiz“, kurz IG BDSM, wird gegründet. Hierbei
handelt es sich um die erste rechtliche Vereinigung in der schweizerischen BDSM-Subkultur.

2003 Die „Bundesvereinigung Sadomasochismus e. V.“ entsteht und unterstützt fortan


gesellschaftlich und politisch einzelne BDSMler und BDSM-Gruppen.

14
Aus den Werken zweier Schriftsteller, die ihre sexuellen Fantasien niederschrieben, entstand also
über mehr als ein Jahrhundert hinweg eine ernstzunehmende und engagierte Subkultur. Der Anfang
und die Gegenwart haben zwar sowohl begrifflich als auch ideologisch nicht mehr so viel
miteinander zu tun, werden aber auch heute noch oft praktisch gleichgesetzt. Dies teilweise zum
Leidwesen der BDSMler von heute: Ein Grund, warum der Begriff BDSM eingeführt wurde, ist ja
wie erwähnt, dass man sich endlich von der veralteten Anschauung S/M gegenüber wegbewegen
wollte. Der Feminismus und die allgemeine kulturelle Entwicklung haben sowohl das Frauen-, als
auch das Männerbild stark verändert, wodurch neue Formen des Zusammenlebens zwischen den
Geschlechtern entstanden sind. So ist der Sadismus, den de Sade in „Justine oder die Leiden der
Tugend“ beschreibt, für die meisten meilenweit von einer modernen BDSM-Beziehung entfernt.
Leider denkt die Gesellschaft beim Thema BDSM vor allem an Handlungen, wie sie bei de Sade
vielleicht vorgekommen wären, die aber in der heutigen Zeit für viele Paare undenkbar sind.

15
5. Interviews
5.1 Interview 1: Roland
„Seit ich BDSM leben und durchleben kann hat mein Leben an Qualität massiv
gewonnen.“

Roland (43) lebt in einer festen DS-Beziehung, in der er die dominante Rolle besetzt.

Hast du zuvor schon so etwas gemacht (Interview)? Wenn ja / nein, warum / warum jetzt?

Nein, habe ich noch nie. Weder mit Jüngeren, noch mit Älteren. Das Thema ist etwas, das mich
fasziniert, es ist ein Teil meines Lebens und so oft gibt es ja auch nicht die Gelegenheit, dass man
so direkt darauf angesprochen wird. Ich habe schon Schulungen, Vorträge und Ähnliches gemacht,
aber so im kleinen Rahmen, also Gespräch oder Interview, habe ich das noch nie gemacht.

Wie und wann bist du auf BDSM gekommen? Wer oder was hat dich inspiriert?

Grundsätzlich war das eine Entwicklung in den letzten Jahren. Mit 20 hatte ich a) keine Ahnung
und b) hat mich das nicht interessiert. Aber ich würde sagen, dass es in den letzten paar Jahren sehr
intensiv war. Es waren Szenen, die eigentlich gar nichts mit BDSM zu tun hatten, die mich dazu
gebracht haben, mehr zu recherchieren, wieso ich darauf reagiere. Ich habe mal eine Szene erlebt,
wo jemand in einem Restaurant am Nebentisch sehr dominant aufgetreten ist. Dann wurde die
Serviertochter nervös und hat etwas ausgeschüttet, ihm auf den Schuh. So stand der Mann auf und
meinte: „Schuhe putzen!“ und das hat mich unglaublich erregt. Eigentlich fand ich ihn total
daneben, aber es hat mich trotzdem erregt. Das waren so Szenen die mich dazu gebracht haben,
mich intensiver mit BDSM zu befassen.

Sozusagen im Selbststudium?

Natürlich, wenn man dann rückwirkend beginnt zu hinterfragen, sieht man plötzlich, wo man schon
damit [BDSM] zu tun hatte. Das war dann aber alles eher unterbewusst.

Hast du dich geoutet? Vor wem? Vor wem würdest du dich (wenn überhaupt) nicht outen?

Es gibt wenige Leute, die das wissen. Ich habe den Vorteil, dass ich BDSM mit meiner Partnerin
lebe. Ich habe meine neue Partnerin bewusst mit dieser Thematik zusammen gesucht. Daheim
gehört es zu unserem Leben. Es gibt zwei, drei gute Freundinnen, die das wissen. Ansonsten ist es
in der Familie kein Thema, die könnten damit schlicht nicht umgehen. Es erzählt dort ja auch sonst
niemand was er im Bett mag und was nicht.

Würdest du es also vor deiner Familie abstreiten?

Nein, überhaupt nicht. Jeder kriegt eine Antwort von mir. Es ist einfach meistens kein Thema, oder
die Leute trauen sich nicht mich zu fragen, wenn sie das Gefühl haben, dass es ein Thema sein
könnte. Ich habe keine Probleme damit, wenn mich jemand fragt, erhält er eine ehrliche Antwort.

16
Wie bist du BDSM gegenüber gestanden als du noch keine Erfahrungen damit gemacht hattest?

Natürlich hatte ich eine Meinung darüber. Ich war schon früher ein sehr offener Mensch. Ich habe
früher schon Sachen gemacht, die man heute unter dieser Szene abwickelt, aber nicht konzentriert
und nicht bewusst. Ich bin sehr, sehr, sehr offen, nicht nur in dieser Thematik, es soll jeder leben
was er will. Solange es mich nicht tangiert, sowieso.

In welcher Form praktizierst du BDSM?

Das ist relativ einfach, ich habe mich vor gut zwei Jahren von meiner Frau nach 20 Jahren getrennt
und ja, die unterschiedlichen sexuellen Ausrichtungen waren ein Grund. Nicht alles, aber teilweise.
Ich habe dann ganz bewusst meine Freiheiten genossen, das sehr extrem mit verschiedensten
Partnerinnen in One-Night-Stands, habe das einfach ein bisschen intensiver als vielleicht normal
gepflegt. Habe aber nachher, als ich wieder eine Partnerschaft wollte, gezielt eine Partnerin gesucht,
die mit BDSM etwas anfangen kann. Natürlich passend zu mir. Das ist natürlich übers Internet
passiert, über eine ganz normale Seite, sie hatte eigentlich keine Ahnung vom Thema. Wir haben
dann sehr schnell herausgefunden dass ihr das zusagt, aber sie war „unschuldig“ von den
Begrifflichkeiten her. Für sie ist es das erste Mal, dass sie so etwas bewusst lebt. Wir leben in der
ganzen Partnerschaft, also nicht nur im Bett, nach dieser Struktur. Das heisst ich bin sehr dominant
und sie ist devot. Rein vom Gehorsam her, wenn es um Regeln und Erlebnisse auch im Alltag geht,
zieht sich das durch den ganzen Alltag. Kleines Beispiel: Wenn ich am Morgen gehe, verabschiedet
mich mein Schatz auf Knien und mit Handkuss. Oder: Wenn ich irgendwohin komme wo sie ist,
muss sie aufstehen und mich begrüssen, egal was sie gerade macht. Das sind so Kleinigkeiten...
Daheim haben wir Kosenamen, ganz normal, wie das alle anderen auch kennen. Wenn wir auswärts
und nicht allein sind, darf sie nur meinen Vornamen verwenden, um mir gegenüber in der
Öffentlichkeit einen gewissen Respekt auszudrücken. Das sind so kleine Regeln, die in sich Kleines
bedeuten, die für uns ein Spiel darstellen, dass uns daran erinnert, wie wir leben wollen.
Aussenstehende nehmen es nicht wahr, hören es auch nicht, das ist auch nicht das Ziel. Für uns ist
es ein Spiel, das natürlich einen kleinen sexuellen Hintergrund hat. Wenn man das Auswärts
intensiv lebt, führt das daheim schon auch wieder zu entsprechenden Ergebnissen.

Seit ihr bisher nie aus diesem Schema herausgefallen?

Natürlich gibt es das, das wird dann manchmal schmerzhaft für meinen Schatz. [lacht] Manchmal
führe ich das auch bewusst herbei, dass es schwierig ist alles einzuhalten. Das ist ein Teil vom
Spiel. Das gibt dann eine Strafe meinerseits, die ist konsequent, und ob es ihr gefällt, spielt dann
nicht ganz so eine grosse Rolle. Natürlich geschieht alles immer innerhalb unserer Grenzen. Es ist
schon so, Widerstand führt automatisch zu einer Bestrafung.

Eine ganz „normale“ Partnerschaft wäre für dich also komisch?

Ich habe ganz bewusst eine Partnerin gesucht, die nicht kleben will, es ist für mich wichtig
gewesen, meine Träume, die über Jahre entstanden sind, zu verwirklichen. Ich wäre keine
Beziehung eingegangen in der BDSM nicht bestanden hätte.

In welcher Form bist du schon auf Partnersuche gegangen? Wie war das für dich als dominanter
Mann?

Als ich meine Freiheiten genossen habe, das war ein gutes halbes Jahr, war ich extrem überrascht,
wie einfach das gewesen war. Ich habe viele Fälle für Abenteuer im Internet sehr offen gesucht und
ich war extrem überrascht wie viele Frauen darauf ansprechen. Im Leben danach nein, es gibt sehr,
sehr viele Frauen, die im Bett und im sexuellen Bereich offen für solche Spiele sind. Manchmal
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weitgehend, manchmal weniger weitgehend, das kommt halt darauf an, wie schnell man jemandem
vertraut, den man erst seit ein paar Stunden kennt. Wenn man gefesselt ist und sich nicht mehr
bewegen kann, ist man ausgeliefert, wenn der andere plötzlich ein anderes Spiel macht als
verabredet. Da war ich echt überrascht, es war einfach sehr einfach entsprechende Partnerinnen –
oder, falsches Wort – Gespielinnen zu finden.

Und das geschah alles immer per Internet?

Ja, schon.

Welche Emotionen kommen für dich bei BDSM zusammen?

BDSM als solches hat mit Liebe recht wenig zu tun, das kann man problemlos ohne Liebe leben.
Wie man es nicht machen kann, damit es über längere Zeit hält, ist ohne Respekt und Vertrauen.
Das ist für mich elementar. Vom devoten Partner verlangt man es ja, dass er Respekt
entgegenbringt. Aber für mich ist viel, viel wichtiger, dass auch der dominante Partner seinem
Devoten Respekt und Achtung gegenüberbringt. Es gibt Spiele wie Erniedrigungsspiele, die aber
nie den Menschen als solches wirklich verletzen dürfen. Also in der Psyche, ansonsonsten ist es ja
wieder etwas anderes... Sonst bricht das Vertrauen. Absprachen oder Situationen herbeiführen, bei
denen jemand vor der nichtswissenden Öffentlichkeit erniedrigt wird, das kann es für mich nicht
sein, da verliert man Respekt und Achtung. Das ist für mich die absolute Ansicht, das muss da sein
[Respekt, Achtung] und ohne das kann es auch kein Vertrauen mehr geben. Wenn der unterwürfige
Partner nicht mehr spürt, dass man ihn als Mensch respektiert, kann es kein Vertrauen mehr geben,
dann geht alles kaputt. Darüber hinaus – ich habe beides gelebt – Liebe multipliziert für mich die
Gefühle von der Intensität her. Es ist für mich viel, viel erfüllender einen Partner zu schlagen oder
zu erniedrigen den ich liebe – so pervers das tönt – als einen, bei dem ich eine gewisse Distanz als
Mensch habe. Die Intensität der Machtgefühle und die Lust, die man empfindet, wenn man sieht,
dass der eigene Partner „leidet“ oder entsprechende Handlungen entgegenbringt, ist viel grösser, als
wenn es nur ums Thema BDSM geht. Wenn Liebe dazukommt, dehnt sich für mich alles
gefühlsmässig aus.

Was hältst du von gewöhnlichem Sex? Ist er langweilig oder gehört er für dich dazu?

Kein Teil mehr unserer Beziehung. Braven, netten, lieben, zärtlichen Blümchensex gibt es nicht
mehr bei uns. Sex schon, einfach mit gewissen intensiveren Handlungen oder Verbalerotik dazu,
was auch immer. Aber jetzt rein Sex nur mit Zärtlichkeit und Lieb-Sein gibt es bei uns nicht. Das
gefällt meinem Schatz nicht und sie will das nicht, das kommt mir entgegen, ich will das sowieso
nicht. Das ist für mich nicht mehr erfüllend, das reicht mir heute nicht mehr. Früher war es das
schon, aber da ist auch eine Entwicklung, die man macht, wenn man in einer Welt lebt, die einem
gefällt und die einen erfüllt, dann gehst du nicht mehr zurück. Blödes Beispiel: Als ihr in der ersten
bis dritten Sekundarschule wart, war es spannend und ihr habt viel gelernt, heute wieder
zurückzugehen wäre todlangweilig.

Also war das alles für dich eine Art Prozess?

Ja.

Was gefällt / missfällt dir an der BDSM-Szene?

Ich bewege mich ja im Forum und diesen Austausch finde ich sehr spannend. Ich gehe auch immer
wieder an die Stammtische in Zürich. Solche Sachen mache ich, ich habe auch schon Partys
besucht. Aber mein Leben findet völlig unabhängig davon statt. Ich bin auch kein intensiver
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Szenegänger. Für mich sagt das nichts aus, das ist wie an einer anderen Party. Ich bin relativ heikel,
wenn ich meine Visavis aussuche oder meine Kollegen und Freunde. Und da die Szene – wenn man
dem Szene sagen kann – vor allem in der Schweiz auf ganz, ganz wenige Leute beschränkt ist, ist es
vom Quantum her nicht unbedingt wertvoll. Es hat schon auch Leute, die mir auch passen, mit
denen man vielleicht auch mailmässig direkten Kontakt pflegt, wo man sich auch einmal trifft, aber
das ist eigentlich meistens ausserhalb der Szene.
Was mir oftmals missfällt ist, dass es innerhalb der Szene eine Art Wettbewerb gibt, wer besser ist,
wer härter schlägt, welche mehr einstecken kann, welche sich noch mehr prostituieren kann – also
nicht im Sinne von Geld – und das ist nicht meine Art. Ich habe wirklich viel mehr Freude an
kleinen, leisen Sachen, die andere gar nicht wahrnehmen müssen. Die nur für die Zwei, die spielen,
stimmen. Aber härter, höher, noch mehr und noch mehr, das passt für mich nicht.

Hat sich die BDSM-Szene für dich im letzten Jahrzehnt verändert? Wenn ja, wie?

Heutzutage ist es ja eher „in“, sich ein bisschen mit S/M oder BDSM in Verbindung zu bringen, als
Spiel oder als Teil eines Outfits oder des Auftretens, was auch immer. Die wirkliche Szene hat sich
in den Jahren, in denen ich mich jetzt mit ihr befasst habe, nicht wirklich vergrössert, der harte Kern
ist immer etwa der gleiche. Was ich bemerke ist, dass die Pole stärker gegeneinander leben. Ein
Zusammenhalt ist bei Weitem nicht vorhanden. In dieser kleinen Szene gibt es sehr stark
ausgeprägte Lager von Verfechtern von ihrem Glauben vom „richtigen BDSM“. Da gibt es sehr
unterschiedliche Richtungen. Das wird immer härter ausgefochten, wie es in der Gesellschaft
eigentlich grundsätzlich ist. Toleranz fehlt. Das ist eigentlich tragisch, wir, die etwas leben, das
eigentlich auf Toleranz angewiesen ist, haben eine Szene wo du diese nicht findest. Die ist nicht
existent. Das ist genau wie „draussen“: Jeder gegen jeden ist übertrieben, aber Glaube gegen Glaube
und nur man selbst hat recht, das erlebe ich sehr oft. Das führt sehr oft auch zu Streitigkeiten, das
wird teilweise auch im Forum angezettelt, wenn man so durchblättern geht.

Kannst du Beispiele geben, wie es so zu und her geht?

Für einen harten Sadist-SMler hat das, was ich mache, nichts mit S/M zu tun. Das ist
„muggegspinni“. Für Sadomasochismus gehört für diesen dann intensiver Schmerz dazu. Das sind
Dinge, die wir auch betreiben, aber nicht im Extrem, mir gefallen psychische Spiele besser. Das
sind beispielsweise die zwei Lager. Ein harter Sadist kann mit dem, was ich tue, nichts anfangen
und das hat für ihn nichts mit S/M zu tun. Darum unterscheidet man das ja auch ein wenig: Das was
ich tue läuft unter D/S – also dominant, und submissiv – und S/M ist an und für sich dann
Sadomasochismus. Und da scheiden sich dann die Geister. Das teilt sich immer mehr auf. In der
Schweiz ist dafür aber die Szene zu klein. In Deutschland hat es sehr oft Gruppen oder Stammtische
die sich nur mit D/S oder hartem, technischem S/M befassen. In der Schweiz ist die Szene zu klein,
da kann das gar nicht passieren.

Glaubst du, dass BDSM irgendwann von der Gesellschaft akzeptiert werden wird? (Dass die
BDSM-Szene eine ähnliche Entwicklung durchlebt wie die Schwulen -und Lesbenszene?)

Glaube ich nicht. Alle die nicht verstehen, was darin abgeht, wie die Leute sich fühlen, die das
leben, für die hat BDSM sehr viel mit Gewalt zu tun und Gewalt wird nie legitimiert. Das ist
eigentlich die Hauptproblematik. Jemand völlig Aussenstehendes kann trotz aller Erklärungen nicht
verstehen, wieso man sich schlagen lassen kann bis aufs Blut oder bis man fast nicht mehr sitzen
kann oder blau ist, ist ja egal. Das kann jemand, der seine Lust darin nicht findet, nicht
nachvollziehen. Im allerbesten Fall toleriert er es, wenn er davon nichts mitbekommt. Dass man
BDSM so akzeptieren würde, wie das heute die Schwulen und die Lesben mit einer sehr intensiven
Arbeit geschafft haben, glaube ich nicht.

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Was hältst du von kommerziellem BDSM, beziehungsweise Dominas?

Ja gut, es gibt ja auch noch das Umgekehrte. Man kann geradeso gut Sklavinnen im Studio haben.

Aber das ist doch nicht genauso stark verbreitet, oder?

Doch doch, ist genauso verbreitet, passiert aber viel nebensächlicher. Extremsklavinnen findet man
sehr wenige, aber sich ein bisschen schlagen lassen, gehört heutzutage schon fast zum normalen
Angebot. Das gibt es also noch mehr als Dominas.
Für mich ist das etwas sehr Gutes, wenn jemand nicht die Möglichkeit hat, das im privaten Umfeld
auszuleben. Wenn das Bedürfnis wirklich da ist und man das Geld hat und das bezahlen kann, ist es
besser, als dass es dann einmal zu einem Ausbruch kommt und jemand darunter leidet, der nicht
will. Für mich ist das ein Geschäft. Wo es Nachfrage gibt, soll es von mir aus auch ein Angebot
geben dürfen, solange da niemand unfreiwillig betroffen ist.

Integrierst du dich in die Szene (Partys, Stammtische, etc.)? Was bedeutet das für dich?

Partys habe ich auch besucht, aber das ist nicht wirklich meine Welt.
Eben die Stammtische besuche ich ab und zu. Das ist wirklich bunt gemischt. Spannenderweise
auch oftmals zwischen Männern und Frauen relativ ausgeglichen. Es ist eigentlich ein ganzes
Spektrum der Gesellschaft, vom Herr Doktor bis zum Herr Hilfsarbeiter oder von der Frau Doktor
bis zur Hausfrau und von der Studentin bis zur Professorin. Dort habe ich schon viele Leute kennen
gelernt. Aber man muss auch klar sehen, viele zählen sich nicht zur Szene. Diese gehen nicht über
den Stammtisch hinaus, der normal im Restaurant wie hier [für das Interview trafen wir uns in
einem Restaurant in Zürich] stattfindet. Jeder ist normal gekleidet und so weiter. Viele leben
BDSM dann wie ich daheim aus.

Wie fühlst du dich als BDSMler?

Ich glaube so wie es jedem geht, der seine Träume verwirklichen kann. Ich fühle mich seit ich
BDSM leben kann enorm glücklich und zwar rundum. Ich fühle mich auch sehr gelöst und
ausgeglichen. Weil BDSM etwas ist, das mein Leben begleitet und mir viel Freude macht. Durch
das kann ich mit Stress, der nebenbei – beispielsweise im Beruf – entsteht, auch besser umgehen.
Seit ich BDSM leben und durchleben kann hat mein Leben an Qualität massiv gewonnen. Ich bin
wirklich enorm glücklich.

… und gegenüber der Gesellschaft?

Ich bin ein ganz normaler Mensch und fühle mich ganz normal. Ich fühle mich privilegiert, nicht
wegen dem BDSM, sondern weil ich meine Träume verwirklicht habe. Das hat mit dem Thema
selbst zwar nicht sonderlich zu tun. Aber seine Träume zu verwirklichen ist etwas, das die
Wenigsten schaffen.

Möchtest du noch etwas loswerden?

Ich glaube das Thema S/M ist gar nicht so ein grosses Thema, wie man es darstellt. Es ist eine
Lebensform im Extrem wie bei mir oder es sind vereinzelte sexuelle Spiele wie bei den Meisten, die
das pflegen. Und ich finde, dass das Theater, das in den Medien oder sonst in der Gesellschaft
gemacht wird, es gar nicht wert ist. Das finde ich völlig übertrieben.
Was mich wirklich stört, ist dass BDSM sehr oft mit einer kranken Kindheit verbunden wird. Das
finde ich total deplatziert. Mein Schatz hatte eine wunderschöne Kindheit, ich selbst möchte meine
Kindheit nicht anders erlebt haben. Mein Schatz wurde auch nicht geschlagen und ich wurde nicht
20
geschlagen. Sehr viele [BDSMler] die ich kenne, hatten wirklich eine schöne Kindheit, und sind
trotzdem heute devot oder dominant. Dass es Menschen gibt, die eine Verbindung zur Kindheit
herstellen, das ist klar. Aber diese gibt es auch in der normalen Gesellschaft. Kranke Menschen oder
solche mit einer schlechten Vergangenheit in diesem Sinne gibt es überall. Aber diese Verbindung
ärgert mich von Zeit zu Zeit und da muss ich dann auch mal im Forum Stellung beziehen.

Vielen Dank für das Interview!

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5.2. Interview 2: Sandra
„Als ich es früher erklärte habe ich immer gesagt, S/M sei eine kleine Türe - so
„Alice im Wunderland-mässig“, du gehst hinein, und du hast dahinter eine
Bibliothek voller Dinge, die S/M darstellen und die S/M sind.“

Sandra ist 21 und hat bereits mit 16 begonnen, BDSM zu praktizieren. Sie leitet die
Stammtische der IG BDSM. In ihrer Partnerschaft hält sie die submissive Rolle inne.

Hast du zuvor schon so etwas gemacht (Interview)? Wenn ja / nein, warum / warum jetzt?

Indirekt. Ich leite ja den Jugendstammtisch, da wird man schon immer wieder Sachen gefragt, „Wie
hast du angefangen?“, „Wie hast du es deinen Eltern erklärt?“, aber ein Interview habe ich bis jetzt
noch nie gemacht.

Wie und wann bist du auf BDSM gekommen? Wer oder was hat dich inspiriert?

Über das Internet. Das war ganz komisch, ich war damals 15, ich bin sehr jung dazu gekommen, da
hat mich einer im Swisstalk [gewöhnlicher Chatroom] angesprochen, ich war damals so ein
bisschen auf dem Gothic-Trip, ob ich mich schon einmal mit diesem Thema befasst habe. Ich habe
das nicht gekannt und dann hat es angefangen, dann habe ich begonnen, mich zu informieren. Ich
fand das cool und spannend und so ist es dann weitergegangen und weitergegangen. So hat das
angefangen.

Du hast dich also sozusagen selbstständig über das Thema informiert?

So etwa im ersten halben Jahr schon, ja. Nachher kam ich dann mal auf die IG BDSM, die hatte
dazumal noch nicht so viele Stammtische wie heute. Es gab einen Stammtisch in Olten, da habe ich
mich an den damaligen Präsidenten der IG gewandt und gesagt, dass ich mich nicht recht traue [an
den Stammtisch zu gehen], da hat er vorgeschlagen, sich zuerst einmal mit mir zu treffen. Wir sind
dann Billard spielen gegangen und bald darauf ging ich dann in Olten an den Stammtisch. Dort
habe ich dann angefangen, Leute kennen zu lernen. Bis dahin hatte ich eigentlich nur mit meinem
Partner, mit dem ich damals zusammen war, darüber gesprochen.

Hast du schon BDSM praktiziert, als du das erste Mal an den Stammtisch gegangen bist?

Ich glaube das war nachher. Mit 16 habe ich das erste Mal etwas ausprobiert.

Mit 16 mit BDSM zu beginnen ist ja sehr früh, benötigte das nicht sehr viel Mut, damit du dich auf
so etwas einlassen konntest?

Natürlich hatte ich immer noch das, was mein damaliger bester Freund zu mir gesagt hatte im
Hinterkopf: „Das ist pervers.“ Als ich ihm mit knapp 16 davon erzählt habe, hat er als erstes das
Medizinlexikon hervorgekommen und mir gezeigt: „Hier steht’s, du bist pervers.“. Ich dachte nur,
„Super, das ist genau das, was ich jetzt brauche, es war ja schon genug schwer, ihm davon zu
erzählen“. Da habe ich gedacht, „Es kann ja nicht sein, dass ich die Einzige bin, wenn man ja sogar
im öffentlichen Chat so jemanden findet“. Dann habe ich eben Kontakt durch das Forum gesucht.

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Hast du dich geoutet? Wenn ja, vor wem?

Also bei mir weiss es die ganze Familie, inklusive der Grossmutter und allen, das jedoch eher
unfreiwillig. Es war so, dass ich dazumal mit meinem Freund etwas spezielle SMS ausgetauscht
habe. Ich bekam dann ein neues Handy und die SMS blieben auf dem alten Handy. Das Handy
meiner Mutter ging dann kaputt und als sie meines als Ersatz benutzen wollte, sah sie all diese SMS
von ihm. Die SMS waren halt schon ein wenig deftiger als die Realität, da ist sie erst mal
ausgeflippt. „Der ist ja krank, den zeige ich an“, und so weiter. Sie sprach dann mit meiner Tante,
die auch gleichzeitig meine Gotte ist, darüber und die hat dann auch noch mit meiner Grossmutter
darüber gesprochen. Ich stehe dazu, wenn mich jemand darauf anspricht, auch im Geschäft wissen
es die meisten. Also nicht im ganzen Geschäft, einfach in meiner Abteilung. Wenn man es den
Leuten richtig erklären kann, reagieren sie auch meistens positiv.

Vor wem würdest du dich nicht outen?

Ich denke, ich würde es im Geschäft nicht sagen, wenn ich nicht so ein gutes Team hätte wie jetzt
und wüsste, dass sie es nicht akzeptieren würden. Und meine höhere Chefin, also die Filialleiterin,
weiss es auch nicht. In so einem Bereich würde ich es nicht sagen, schliesslich hat es keinen
Einfluss auf meine Arbeit, es hat auch keinen Einfluss auf meine Art. Es ist ja nicht so, dass ich mit
einem breiten Hundehalsband zur Arbeit gehe und schliesslich fragt man ja auch niemanden, in
welcher Stellung er es am liebsten hat. [lacht]

Du hast jetzt vorhin vor allem die Reaktion deiner Eltern beschrieben, wie hat denn dein Umfeld
generell reagiert? Man muss es den Menschen ja auch richtig erklären…

Genau, meine Mutter wollte meinen Freund ja zuerst anzeigen. Sie ist allerdings auch ein bisschen
im Fetischbereich bewandert, von dem her war sie nicht so verklemmt. Ich konnte es ihr nachher
aber erklären und sie fand dann, „Mädchen pass auf.“ und „Du musst selber wissen, was du
machst.“.
Wenn man es anderen zu erklären versucht, sollte man natürlich nicht einfach sagen: „Ja klar, wir
schlagen einander und haben Freude daran.“. Dann ist die Reaktion erstmals Ohren zu und tschüss.
Wir haben viel Öffentlichkeitsarbeit gemacht, zum Beispiel an der Schwulen- und Lesbenparade in
Zürich. Wir sind dann auch von vielen Leuten angesprochen worden, die haben dann auch durchaus
positiv reagiert, wenn man nicht gleich gesagt hat, dass man nur auf Schläge steht.

Wie bist du BDSM gegenüber gestanden als du noch keine Erfahrungen damit gemacht hattest?

Ich habe BDSM etwa ein halbes Jahr gekannt, bevor ich damit angefangen habe, und bin dem
Ganzen kritisch gegenüber gestanden. Ich war immer neugierig und dachte, man kann nichts
ablehnen, das man noch nie probiert hat, aber noch vorher hatte ich natürlich auch dieses Bild von
der Domina, die am Abend den Geschäftsmann abschlägt, im Kopf. Da war ich halt vom Fernsehen
geprägt.

In welcher Form praktizierst du BDSM?

Ich bin jetzt in einer festen Beziehung, aber ich praktiziere zum Beispiel auch an Parties, aber nie
mit anderen Leuten, nur mit meiner besten Freundin und deren Freund. Es ist aber nicht so, dass es
dann sexuelle Handlungen gibt, es ist mehr so aus Spass, zum Beispiel Fesselspiele und so. Mein
Freund praktiziert Japan Bondage, japanische Fesselkunst, das haben wir auch schon in Zürich
gemacht. Wir haben einen Kollegen, der einer der bekanntesten Schweizer Künstler ist, eben den
Freund meiner besten Freundin und da haben wir etwas mit ihnen gemacht, damit er uns das zeigen
konnte.
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Was hältst du von gewöhnlichem Sex? Ist er langweilig oder gehört er für dich dazu?

Natürlich ist er auch noch ein Teil von meiner Beziehung. Es ist jetzt nicht so, dass ich keinen
Orgasmus beim Sex haben kann. Aber es ist halt trotzdem Nebensache geworden. Meistens kommt
irgendein SM-Bezug hinein, Augenverbinden oder so. Aber das machen „normale“ Pärchen ja auch.
Natürlich, es gibt auch Leute, die nicht darauf stehen, das ist deren Sache. Ich will niemandem
etwas aufdrängen, das muss ja jeder selber wissen.

Was gefällt / missfällt dir an der BDSM-Szene?

Es stört mich, dass die ganze Szene immer findet, die anderen sollten toleranter und offener sein,
aber selbst reden sie dann wieder hintenrum so im Sinne: „Hast du gesehen was der macht?“ oder
„Es kann doch nicht sein, was die macht.“. Das ist das was mich stört, denn wenn man schon eine
Randgruppe ist, sollte man doch zusammenhalten und nicht gegeneinander arbeiten.

Denkst du es gibt eine Art Wettkampf zwischen den verschiedenen Meinungsträgern?

Ja, es muss immer noch deftiger gehen und wenn man es nicht so deftig macht, ist man kein
richtiger SMler. Das ist dann etwas, dass ich schade finde und etwas das mich fast ein bisschen
traurig macht. Was ich total toll finde ist, dass die Leute hilfsbereit sind, dass man beispielsweise
am Stammtisch einem SMler direkte Fragen stellen kann und er gibt Auskunft. Dass die Menschen
sich offen geben, ob sie es dann sind, ist wieder etwas anderes. Dass sie einem zuhören und dass
man wirklich mit ihnen reden kann.

Woran siehst du, dass sich die BDSM-Szene verändert hat? Inwiefern hebt sich dein Denken
vielleicht von dem der älteren Generation ab?

Früher gab es ein Buch, das 75 Prozent der ganzen Szene geleitet hat: „Die Geschichte der O“. Da
wurde einfach alles nach diesen Regeln der O, die in der Geschichte vorkamen, gelebt und gemacht.
Sehr viele, die sich in der Öffentlichkeit gezeigt haben, bei denen war wirklich der Mann dominant
und die Frau submissiv. Und inzwischen gibt es sehr viele Junge, die offen sind. Es gibt junge
Partys, etc. Man ist weniger verklemmt und hat viel weniger das Gefühl, sich verstecken zu müssen.
Man findet schneller Kontakt. Wenn sie mit Gleichaltrigen reden, können die es ihnen so erklären,
dass sie nicht das Gefühl haben „Mein Gott, was machen die?“. Das ist wichtig für mich. Als ich
damit angefangen habe, gab es nur die normalen Stammtische und da war der Altersdurchschnitt oft
über 40 und ich kam mir da mit 16 so klein mit Hut vor. [Hält die Hand etwa 20 Zentimeter über
den Boden und grinst] Obwohl ich sehr positiv aufgenommen wurde, aber es war für mich sehr viel
schwieriger, Anschluss zu finden oder wirklich jemanden zu finden, der mich nicht als klein und
lieb betrachtete. Sie waren immer lieb und zuvorkommend und ich wurde nie bedrängt, aber
irgendwie haben mir Ansprechpartner in meinem Alter gefehlt.

Hast du dich dann manchmal auch nicht ernst genommen gefühlt?

Ja, teilweise schon. Teilweise hatte ich das Gefühl, dass man immer dachte, bei mir sei das so eine
Jugendphase. Mein Ziel für den Jugendstammtisch ist jetzt, den Leuten wirklich einen Anhaltspunkt
zu geben. Viele Jugendlich trauen sich nicht an den Stammtisch weil sie das Gefühl haben, dass es
nur Ältere hat und bis jetzt habe ich vom Jugendstamm immer nur sehr positives Feedback erhalten.

Sind die Jugendstammtischabende gut besucht?

Meiner Meinung nach sind sie immer gut besucht, wir sind meistens zwischen 6 und 10 Personen.
Das sind nicht Viele im Vergleich zum normalen Stammtisch, aber wir haben ja auch eine
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Altersbeschränkung von 16 bis 27. Ich finde sie gut besucht für das, dass wir ein halbes Jahr fast
nur zu dritt dort gehockt sind, mein Freund, einer, der mir beim Organisieren half, und ich. Am
Anfang hatten wir ihn [den Jugendstammtisch] auch nur in Olten und jetzt haben wir ihn
abwechselnd in Olten und in Zürich. Also alle zwei Monate in Zürich und in Olten, darauf reagieren
die Leute positiv. Ich wurde auch bei sos-bdsm.ch in die Site eingetragen und habe auch das
Angebot für eine eigene Homepage erhalten für die Jugendstammtische.

Wie läuft so ein Jugendtreffen ab?

Meistens kommen die Leute, dann setzen wir uns. Wenn wir Neue dabei haben, stellen sie sich vor,
sie sind ja meistens auch neugierig von wegen was wie wenn wo. Ausserdem geht es zu 90 Prozent
um normale Themen, es geht vor allem darum zu sehen, dass man nicht alleine oder abnormal ist,
dass es noch andere gibt.

Gab es auch Leute die einmal gekommen sind und dann nie mehr?

Es ist noch nie jemand gekommen und gleich nach zehn Minuten wieder gegangen. Aber es gab
auch schon solche, die gefunden haben, jemand sei ihnen unsympathisch gewesen und darum
kämen sie jetzt nicht mehr. Wir hatten einen der war 17, der kam so zwei, drei Mal, da gab es einen
Abend wo wir 14 Personen waren, unser bisheriger Rekord. Ein Kollege von mir war dort und der
hat eine Riesenklappe. Er kam frisch aus dem Militär und hat dann seine Militärgeschichten erzählt
und jeder andere Mann, der auch schon im Militär war ist darauf angesprungen. Dann hat er sich
ausgeschlossen gefühlt, weil er nicht über S/M reden konnte. Dann fand er es sei nicht das, was er
sich vorgestellt habe. Obwohl ich ihm erklärt habe, dass es nicht immer so ist, hat er dann gefunden
er käme nicht mehr.

Was wäre ein Wunsch von dir an die Gesellschaft (bezüglich BDSM)?

Ein grosser Wunsch wäre, dass das eine Gesetz über Gewalt und Pornographie, das vor etwa drei
Jahren entstand, abgesetzt wird. Wegen diesem Gesetz wandeln wir eigentlich immer ein bisschen
auf einem Grat. Wenn irgendetwas in der Öffentlichkeit ist oder man Fotos auf dem Computer hat,
wo man einmal etwas fotografiert hat, das man toll gefunden hat, kann man jetzt rein theoretisch ins
Gefängnis wandern. Ein grosser Wunsch von mir wäre, dass man bewirken könnte, dieses Gesetz
abzuändern. Es hat sich dazumal niemand engagiert, ich war zu jung, aber im Nachhinein haben alle
gefunden das ginge ja nicht und warum sich der Vorstand denn nicht gemeldet habe. Es hat sich
einfach niemand darum gekümmert und darum ist jetzt das, was wir machen, eigentlich fast
verboten oder eine rechtliche Grauzone.

Was ist für dich ein BDSMler?

Als ich es früher erklärte, habe ich immer gesagt, S/M sei eine kleine Türe - so „Alice im
Wunderland-mässig“, du gehst hinein und du hast dahinter eine Bibliothek voller Dinge, die S/M
darstellen und die S/M sind. Jeder Mensch lebt es mit seiner eigenen Art aus, es gibt meistens keine
zwei Personen, die dasselbe leben. Es gibt Leute, die stehen eher auf Petplay, also Rollenspiele, es
gibt Leute, die stehen mehr auf S/M, also Sadismus und Masochismus, es gibt Leute die stehen eher
auf das Submissive und so weiter. Für mich persönlich ist S/M ein wahnsinnig breites Spektrum,
wo du viel ausprobieren und machen kannst, aber du wirst nie alles gesehen haben.

Vielen Dank für das Interview!

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5.3 Interview 3: Luisa
„BDSM hat für mich viel mit Romantik zu tun“.

Luisa (41) lebt seit einigen Jahren mit ihrer Partnerin zusammen. Am Anfang war sie Dom5,
seit drei Jahren hält sie nun die submissive Rolle inne. Seit kurzem ist sie Präsidentin der
IG BDSM (Interessengemeinschaft BDSM).

Hast du zuvor schon so etwas gemacht (Interview)?

Also Interviews habe ich immer mal wieder gegeben, die Frage ist jetzt nur, ob die auch zum
Thema BDSM waren. Wahrscheinlich schon, wenn auch nicht in diesem Rahmen.

Warum hast du dich für ein Interview mit uns entschieden?

Natürlich weil ich neugierig bin. Vielleicht habt ihr ja auch mitbekommen, dass ich inzwischen die
Präsidentin der IG BDSM bin [hierzu gratulieren wir erst mal herzlich], da bin ich natürlich auch
gespannt, was ihr hier macht. Ich hatte auch schon öfters mit Leuten zu tun, die Maturarbeiten
machten. Zum Thema BDSM seid ihr allerdings die Ersten.

Wie bist du auf BDSM gekommen? Wer oder was hat dich inspiriert?

Das ist eine schwierige Frage, die Frage des so genannten Schlüsselerlebnisses. Ich weiss das nicht
so genau, ich bin als Kind oft gefesselt gewesen in diesen „Plastikgestältli“, vielleicht erinnert ihr
euch noch an die, die waren in den 70ern sehr in der Mode. Das ist sicher etwas, das mir geblieben
ist. Dann gab es noch diese Erlebnisse als Kind. Wir sind früher oft mit den Eltern in den Wald
picknicken gegangen und einmal war da so ein Paar und der Mann hat die Frau gefesselt. Das ist
mir auch geblieben. Dann natürlich die obligaten Fesselspiele, zum Beispiel „Räuber und Poli“. In
der Pubertät habe ich das alles dann ein wenig zurückgeschoben, ich war dann ein so genannter
Problemjugendlicher, hatte auch Konfrontationen mir der Strafvollzugsbehörde. Irgendwann, so mit
22 oder 23 habe ich das dann wieder hervor gegraben, habe angefangen zu experimentieren und
habe nach und nach eine Kultur daraus entwickelt, was aber sicherlich 10 Jahre gebraucht hat.

Hast du dich geoutet? Wenn ja, vor wem? Vor wem würdest du dich (wenn überhaupt) nicht outen?

Also grundsätzlich habe ich keine Geheimnisse, aber ich binde es den Leuten auch nicht auf die
Nase. Wichtig ist für mich der Respekt den Leuten gegenüber. Ich respektiere jede Form des
Zusammenlebens und der Liebe, darum binde ich niemandem meine Neigung auf die Nase. Es ist
zwar durch viele Kanäle bekannt, durch das Internet, das Fernsehen, ich hatte im Fernsehen einige
Auftritte im Zusammenhang mit BDSM, auch mein Auftreten spricht eine eindeutige Sprache, auch
wenn viele die Bedeutung davon gar nicht kennen [während des Interviews in Zürich trug Luisa
den so genannten Ring der O als Halsband, sowie als Ring an der rechten Hand]. Wenn mich aber
jemand danach fragt, sage ich schon, was die Bedeutung davon ist.

Wie bist du BDSM gegenüber gestanden als du noch keine Erfahrungen damit gemacht hattest?

Ich habe das lange gar nicht gekannt. Natürlich hat man Fantasien, aber bis man mal weiss, dass
diese Fantasien das und das sind und unter diesem und diesem Namen laufen, das ist ein grosses
Prozedere und benötigt auch viel Information. Hier ist wohl das Internet eine grosse Emanzipation.
Ich hatte jedoch ein sehr bewegtes Leben, ich bin mit 18 von zu Hause ausgezogen und habe mit
einer Prostituierten zusammengewohnt. Ich bin in den Studios herumgetingelt und habe meine

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Lehre als Elektromonteur mit der Tätigkeit als DJ finanziert, habe also 24 Stunden am Tag
gearbeitet. Somit habe ich viel kennen gelernt, aber bis ich dem dann auch einen Namen geben
konnte, hat es lange gebraucht. Ich habe viel herumexperimentiert. Wahrscheinlich habe ich den
Bezug dazu [BDSM] über das Fesseln gefunden. Ich habe Leute angebunden, da hatte ich in der
Schweizer Armee auch viele Spielmöglichkeiten. [grinst] Vieles ist natürlich auch gekoppelt, das
erschwert das Ganze auch ein wenig, mit meiner transsexuellen Laufbahn. Es ging dann natürlich
auch ein bisschen gemeinsam mit diesem Outing, dass ich verschiedene Beziehungsformen
ausprobiert habe und mich sehr stark mit der Sexualität auseinandergesetzt habe. So kam das. Ich
denke allerdings, dass die BDSM-Fantasien, auch wenn sie nicht immer aktuell waren, schon immer
da waren, ich hatte nur den Namen nicht und ich wusste auch nicht, wie ich diese Fantasien in der
Realität anwenden sollte, denn Fantasien gehen sehr weit.

In welcher Form praktizierst du BDSM?

Wieder eine sehr komplizierte Frage. Also in der Beziehung ist es so, dass ich eine bestimmte Rolle
innehabe. Man hat bestimmte Rituale, die gibt es aber ja auch in Beziehungen, die nichts mit
BDSM zu tun haben, die Form ist nur anders. Ich bin sehr oft gefesselt, habe Fussketten an wie im
Strafvollzug. Ich bin in einem strikten Hierarchieverhältnis eingesponnen, obwohl ich eigentlich
eine sehr dominante Person bin. Ich frage, ob ich aufs WC darf, ob ich aufstehen darf, ich werde
geschlagen, wenn ich etwas falsch mache. Das sind Komponenten, die in der Beziehung wirken. Es
gibt aber noch viele andere Komponenten, die in der Beziehung wirken, meine Partnerin und ich
arbeiten auch ab und zu zusammen. Ich bin ja selbstständig, dann arbeitet sie für mich und ich bin
die Chefin. Es gibt gemeinsame Interessen, man hat gemeinsame Aktivitäten. Von dem her, denke
ich, ist BDSM einfach ein Teil unserer Beziehung, der jedoch eine wichtige Rolle spielt in unserem
Beziehungsleben. Meine Partnerin hat das relativ neu von mir kennen gelernt. Als wir uns kennen
lernten war ich noch Dom5 und sie Sub2, das haben wir dann ein halbes Jahr gemacht und dann
wollten wir etwas Neues ausprobieren und das hat sich jetzt seit etwa drei Jahren so etabliert. Ich
habe aber noch eine andere Seite. Ich fessle sehr gerne, mache das aktiv, zum Beispiel für Parties
oder Pornodrehs.

Also du spielst dann nicht mit, du fesselst nur?

Ja, ich fessle nur. Das ist ein Thema, das mich sehr inspiriert, ich mache auch selber Fesseln. Im
Moment designe ich vorwiegend.

Wie hast du deine Partnerin kennen gelernt?

Über das Internet.

Also nutzt du das Internet sozusagen sehr als deine Plattform? Auf deiner Homepage dokumentierst
du ja sozusagen dein Leben.

Tatsächlich ist es so, dass ich im Internet sehr omnipräsent bin. Für meine zweite Firma, Atelier
Eisen, haben wir eine Website gemacht, ateliereisen.ch, und da war eigentlich ausschlaggebend,
dass ich einfach meine Fesseln verkaufen wollte. Ich habe dann aber gemerkt, dass ich mit meinem
anderen Beruf mehr Geld verdiene, aber die Website ist geblieben. Luisa.net hat eine andere
Geschichte. Die hat allerdings weniger mit BDSM zu tun. Ich hatte einen Rechtsstreit mit einem
Treuhänder, da ich mir luisa.ch, ohne zu nutzen, reserviert hatte. Er wollte diesen Namen und fragte
mich, was ich für einen Antrag stellen würde und ich sagte, dass jeder Mann das Recht auf einen
Frauennamen habe. Da haben wir eine Abmachung getroffen, dass er mir luisa.net zahlt, wenn ich
ihm dafür luisa.ch überlassen würde. Diese Website gibt es nun seit 1999.

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Denkst du, dass eine BDSM-Beziehung mehr gegenseitiges Vertrauen benötigt? Wenn ja, wie hast
du das in deiner Beziehung aufgebaut?

Kommunikation ist das A und O. Ich denke in einer Partnerschaft ist Vertrauen generell vorhanden.
Kommunikation ist einfach wirklich wichtig und ich denke, dass bei vielen Menschen die
Kommunikation fehlt, die Leute reden nicht miteinander. Das fehlt in Vanilla-Beziehungen und
zum Teil auch in BDSM-Beziehungen. BDSM-Leute sind vielleicht etwas romantischer
angehaucht, BDSM hat ja viel mit Romantik zu tun, glaube ich.

Inwiefern?

Die Romantik liegt vor allem in den Ritualen. In der Lust am Zwang ist für mich eine Romantik
enthalten, die Romantik jemandem zu gehören, jemanden zu lieben, jemanden sehr intensiv zu
lieben, da wächst ein gesamtes Ritual daraus heraus.

Unterscheidest du zwischen Alltag und BDSM oder gehört BDSM für dich zum Alltag?

Da kommt es drauf an, wo man die Grenze setzt. Ich bin 700gr schwerer und das eigentlich 24
Stunden am Tag [dies bezieht sich auf den metallenen Ring der O, den sie am Hals trägt], das ist
schon etwas sehr Alltägliches. Aber ich muss schon sagen, ich arbeite in einem Job, der nichts mit
BDSM zu tun hat, ich rede mit Leuten, die nichts mit BDSM zu tun haben... Sehr alltäglich ist es
halt in der Partnerschaft, also zu Hause. Wie ich aber schon gesagt habe, ich finde es wichtig, sich
den Leuten nicht aufzudrängen. Ich habe zwar keine Mühe, mich in Latex zu bewegen und zum
Beispiel so einkaufen zu gehen, aber im Geschäft merkt man eigentlich nichts von meinen
Neigungen.

Was hältst du von gewöhnlichem Sex? Ist er langweilig oder gehört er für dich dazu?

Also die Sache mit dem gewöhnlichen Sex ist bei mir ja etwas kompliziert. Zärtlichkeit in der
Beziehung ist für mich ein wichtiger Aspekt, das steht in meinen Augen nicht im Widerspruch mit
BDSM. Zärtlichkeiten sind sehr wichtig, Berührungen sind sehr wichtig. Die so genannte
Penetration habe ich erlebt, ich habe es gut gefunden, aber der Hammer war es auch nicht.

Du bist ja sehr in der Szene integriert, was gefällt dir an ihr und was eher nicht?

Das ist eindeutig eine Behauptung. [grinst] Ich bin eine totale Querulantin. [grinst noch mehr]
Nein, ich bin nicht wirklich integriert. Ich war nie wirklich integriert. Ich war viele Jahre engagiert
in der Hausbesetzerszene, autonomer Szene, schwarzer Block und ich war überhaupt nie integriert,
weil ich einfach fand, Wände gehören nicht versprayt, die sind schön in pink. Mit der BDSM-Szene
ist es so, dass ich nicht einer Randgruppe angehören möchte. Bei einem Mitmenschen gilt für mich
nicht, dass er ein Gleichgesinnter ist, sondern, dass gemeinsame Interessen da sind.
Was ich der BDSM-Szene vorwerfe und was ich hoffe, in meiner Position anders zu
machen...[überlegt] Sie ist sehr bünzlig – leider. Und mit dieser Bünzligkeit entsteht neue
Ausgrenzung. Wenn man sich zur Randgruppe degradiert, beginnt man, andere auszugrenzen. Dann
sagt man: „Mit Schwulen wollen wir nichts zu tun haben, mit Lesben wollen wir nichts zu tun
haben, mit diesen und jenen nicht.“ Das ist bei mir nicht so. Ich bin absolut offen, ich hatte
Beziehungen mit Männern, ich hatte Beziehungen mit Frauen, gegenwärtig habe ich eine Beziehung
mit einer Frau, respektive mit einem Transsexuellen, sie ist jetzt gerade im Spital wegen der
zweiten OP. Ich bin eigentlich total offen und das vermisse ich bei der BDSM-Szene. Die sind sehr
bünzlig, homophob – eigentlich eine sehr enge Welt.

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Da möchtest du als Präsidentin also etwas ändern?

Ja, klar. Ich bin eines der Gründungsmitglieder der IG BDSM, ich bin auch die Gründerin des
ersten BDSM-Stammtischs der Schweiz. Ich möchte also schon, dass die Szene zugänglicher wird
für die Leute und das BDSM als das angesehen wird, was es eigentlich ist, nämlich wieder ganz
romantisch gesehen, als etwas, das rein gar nichts mit Gewalt zu tun hat. Ich möchte aber auch, dass
die BDSMler sich fragen, was sie machen und das kritisch hinterfragen. Sie bewegen sich zwar in
einem Grenzbereich, doch der hat rein gar nichts mit Gewalt zu tun, sondern sehr viel mit
Romantik.

Warum kann man dich im Netz auf so persönliche Art und Weise kennen lernen? Was bedeutet das
Internet für dich?

Ich liebe Theater. Einen Beruf macht man ja aus Konzessionen. Ich hätte gern „theäterlet“, aber ich
hätte wahnsinnig gerne 1000 Sachen gemacht. Aber das Leben gibt es nur einmal und ich habe
mich halt für einen soliden Beruf entschieden, ich habe Elektromonteur gelernt. Aber ich liebe
Theater, ich liebe Selbstdarstellung, ich liebe, mich in Szene zu setzen. Man sagt auch, ich könne
das gut.

Du bezeichnest dich selbst als Bondagekünstlerin, wie ist das zu verstehen?

Das ist einfach jemand, der fesselt.

Verdienst du dabei etwas?

Nein, eigentlich nicht. Das sage ich, weil ich mir sehr viel Mühe gebe, dass die Leute nicht wissen,
wie ich mein Geld verdiene. Das hat damit zu tun, dass ich mit den Jahren gelernt habe, mich in
diesem System zu arrangieren. Am Anfang wurde ich sehr viel eingesperrt, irgendeinmal habe ich
es gelernt. Meine Firma, Atelier Eisen, hat das Herstellen von Fetischartikeln zum Ziel. Damit habe
ich Geld verdient und verdiene noch ab und zu Geld, aber mehrheitlich, wenn es ums Fesseln geht,
geht es bei mir um Idealismus, der aus mir herausspricht.

Was wäre ein Wunsch von dir an die Gesellschaft (bezüglich BDSM)?

Mehr Offenheit, gegenüber vielen Themen. Da ist BDSM nur ein kleines Thema. Das geht von
mehr Offenheit beim Islam zu mehr Offenheit bei BDSM. Eigentlich erwarte ich von den Leuten
mehr Offenheit. Ich bin sehr viel gereist und habe eigentlich sehr schnell die Sprachen gelernt, denn
erstens rede ich wahnsinnig gern und zweitens betrachte ich es als einen völligen Profit, wenn man
offen ist, da kann man ungeheure Sachen erwerben und das ist, was der Gesellschaft ein wenig
fehlt. Ich habe nicht den Eindruck, dass die Gesellschaft gegenüber BDSM speziell verschlossen ist,
aber die Gesellschaft ist halt verschlossen gegenüber Vielem.

Vielen Dank für das Interview!

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6. Allgemeiner Beschrieb der BDSM-Subkultur
6.1 Veranstaltungen und Kontakte
Die BDSM-Subkultur besitzt viele verschiedene Interessengruppen und Färbungen, weswegen sich
auch mehrere Kommunikationsmedien und Treffpunkte bildeten und ständig neu bilden. Die drei
wichtigsten und meistgenutzten sind das Internet und die so genannten Stammtische und Partys. Je
nach Vorlieben und Charakter bewegt man sich verschieden zwischen diesen drei Möglichkeiten.
Auch gibt es viele BDSMler, die Vieles nur sporadisch oder gar nie nutzen.
Grundsätzlich werden diese Angebote aber gerne und mit Dankbarkeit angenommen. Sowohl
Neulingen als auch Fortgeschrittenen ermöglichen diese drei Möglichkeiten einen besseren Eintritt
oder Einblick in die Subkultur.

6.1.1 Das Internet


Als schnellstes – und für die, die wollen, auch anonymes – Medium hat sich das Internet immer
mehr zur Plattform für diverse Subkulturen entwickelt, so auch für die der BDSMler. Die
Möglichkeiten, sich mit BDSM zu beschäftigen, sind breit gefächert, darum findet hier auch
praktisch jeder nach was er sucht. Vor allem in der Schweiz erfreut sich dieses Medium aufgrund
der zahlenmässig eher schmalen Subkultur immer mehr an Beliebtheit, da es möglich macht,
regelmässige Kontakte herzustellen.

Am meisten wird das Internet genutzt für…:

Diskussionen: In diversen Foren, Chats, Channels, Mailinglisten oder Newsgroups findet ein
stetiger Austausch zwischen BDSMlern – oder auch mal solchen die es werden wollen, gewesen
sind, gar nicht sein wollen etc. – statt. Einerseits werden praktische Themen behandelt, wo man sich
mit Rat und auch schon einmal Tat – wie beispielsweise bei unseren Interviews, die wir per Internet
arrangierten – zur Seite steht. Andererseits trifft man gehaltvolle, ideologische und auch einmal
philosophische Diskussionen zum Thema BDSM an, wobei dort wiederum ein grosses Spektrum an
Meinungen auffällt, was das Ganze enorm spannend macht.

Recherchen: Egal ob man sich nun über Grundlagen von BDSM informieren will oder sich für
aktuelle, beispielsweise rechtliche Informationen, interessiert, das Internet enthält viele wertvolle
Seiten. Über offizielle Verzeichnisse oder Verbände findet sich aber meist das, was den eigenen
Vorstellungen entspricht. Einige Informationsseiten bieten Lexika zum Thema an, die enorm
gehaltvoll sind.

Partnersuche: Sei es für ein Abenteuer oder eine feste Beziehung, das Internet entwickelt sich
immer schneller zur Partnerbörse. Die BDSM-Subkultur macht hier keine Ausnahme, für sie
erleichtert das Internet sogar die Suche nach einem passenden Partner, da allfällige sexuelle
Präferenzen relativ schnell angesprochen werden.

Allgemeines „Kennen lernen“ / Kontakte: Viele Einsteiger, die noch unsicher sind, freuen sich
meist darüber, andere BDSMler kennen zu lernen und neue Kontakte zu knüpfen. Wer sich
anfänglich noch nicht an einen Stammtisch traut, dem ist das Internet mit seiner zwar
unpersönlicheren aber anonymeren Art zu empfehlen.
Kontakte über das Internet verstärken das Gefühl, nicht allein zu sein und akzeptiert zu werden, was
ja im „normalen“ Leben leider viel zu oft nicht der Fall ist.

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Selbstdarstellung: Viele Menschen stellen sich und ihr Leben im Internet zur Schau, was ihnen ein
gutes Gefühl gibt. So existieren auch im BDSM-Bereich einige dieser Seiten. Ziel dieser Seiten ist
meist Akzeptanz hervorzurufen und mit dem eigenen Namen sozusagen dafür einzustehen.

6.1.2 Stammtische
Vielleicht ist es einfacher, zuerst einmal abzustecken, was Stammtische oder Gruppentreffen der
BDSM-Subkultur nicht sind. Sie sind keine Selbsthilfegruppen, keine Partnervermittlungen im
weitesten Sinne, keine Swinger-Clubs und haben an sich gar nicht so viel mit BDSM zu tun, wie
man meinen könnte. Normalerweise versammeln sich hier Gleichgesinnte zu einem gemütlichen
Abendessen oder einem Drink und es wird geplaudert und diskutiert. Und das nicht viel anders als
an anderen Stammtischen, meistens drehen sich die Diskussionen eher um alltägliche oder
gegenwärtige Angelegenheiten als um BDSM, sodass diese Treffen auch für Einsteiger eine sehr
gute Erfahrung sein können. Neulinge werden freundlich aufgenommen und integriert, wenn sie
sich entsprechend der Gruppe verhalten (wer mit dummen Sprüchen und eventuell auch allzu
extremer Fetisch-Kleidung eintrifft, macht nicht gerade den besten Eindruck).
Die Funktion der Stammtische ist auf der einen Seite, wie erwähnt, die Integration, auf der anderen
Seite dient sie wiederum als Kommunikationsplattform in der Szene. Auch diese Möglichkeit kann
vielen sich in der Gesellschaft nicht akzeptiert fühlenden BDSMlern eine grosse Hilfe sein,
schliesslich sind viele verschiedene Menschen mit vielleicht ähnlichen Erfahrungen zugegen.

Abbildung 6a)

Immer mehr spaltet sich die BDSM-Subkultur, wodurch auch immer mehr Stammtische beginnen,
sich zu charakterisieren und somit den Zutritt nicht mehr allen ermöglichen. Dies trägt einerseits zur
wachsenden Zersplitterung bei, andererseits werden bessere Anlaufstellen für beispielsweise
Jugendliche erschaffen. So geniessen die Jugendstammtische der SMJG (BDSM Jugend) einen

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immer höheren Stellenwert und ermöglichen noch mehr jüngeren BDSMlern den Eintritt in die
Subkultur (siehe auch Interview 3 mit Sandra, die solche Stammtische leitet).

b) c)

Die Autorinnen des Buches „Die Wahl der Qual – Handbuch für Sadomasochisten und solche, die
es werden wollen“, haben eine Top Ten-Liste der Vorurteile über Stammtische, dort SM-Gruppen
genannt, erstellt, die hier als weitere Veranschaulichung dienen soll.

„Die zehn beliebtesten Vorurteile über SM-Gruppen

1. Die kennen sich schon alle.


Klar. Keiner von denen war je zum ersten Mal da. Zugestiegen? Ich bin hier geboren.

2. Ich bin mit diesem Angebot nicht gemeint.


Die haben sicher alle ganz andere und viel extremere Interessen als ich. Die haben sicher alle ganz
andere und harmlosere Interessen als ich. Oder beides.

3. Das sind trübselige Selbsthilfegruppen


Es gibt trübselige Selbsthilfegruppen und es gibt jede Menge andere. Sehen die Schwulen beim
CSD7 aus wie trübselige Selbsthilfegruppen? Und doch haben sie vor nicht allzu langer Zeit
genauso angefangen.

4. Da treffen sich doch nur ______________________ (passendes Vorurteil einsetzen) Leute.


SMler sind so unterschiedlich wie andere Menschen auch. Es gibt sie in hübschen, hässlichen,
jungen, alten, sympathischen und unsympathischen Ausführungen mit oder ohne Heckspoiler.

5. Da treffen sich nur langweilige Pappnasen. Sonst wären sie stattdessen auf SM-Partys.
Und wer sich abends mit Freunden in der Kneipe trifft, ist auch nur zu feige, tanzen zu gehen.

6. Was soll ich da? Mit wildfremden Leuten über meine privaten Sexualpraktiken reden? Nein,
danke.
Wozu abends mit Freunden in der Kneipe sitzen, wenn man auch schön zu Hause vor dem
Fernseher eine gute Flasche Wein leeren kann? Sicher ist das Trinken das Wichtigste im Leben der
Leute in diesen „Kneipen“. Bestimmt reden sie über nichts anderes.

7. Ich bin da Freiwild


So sehr sich das manch einer insgeheim wünschen mag: Dem ist nicht so. Selbst als Frau wird dir
kaum mehr Interesse an deiner Person begegnen, als bei jeder geselligen Veranstaltung deiner
Firma. Und dein „Nein, danke“ wird ernster genommen werden als dort.
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8. SM-Gruppen sind nur für Anfänger.
Und ins Schwimmbad geht man nur, um schwimmen zu lernen.

9. SM-Gruppen sind nur für erfahrene SMler.


Das ist kein Vorurteil, sondern mehr als korrekt. Manche sind sogar schon länger als vier Wochen
dabei.

10. Dort hinzugehen bedeutet das totale Outing vor Gott und der Welt und meinem Chef.
Gott weiss sowieso schon Bescheid. Der Welt ist das alles ziemlich gleichgültig, und dein Chef
bleibt weiter ahnungslos, es sei denn, er besucht das gleiche Treffen.“
(Kathrin Passig und Ira Strübel in „Die Wahl der Qual – Handbuch für Sadomasochisten und
solche, die es werden wollen“, S. 161-162, 2004)

6.1.3 SM-Partys und -Clubs


Eine eher exotische Kontaktmöglichkeit im Urwald der BDSM-Subkultur sind die SM-Partys.
Dabei handelt es sich um Anlässe, bei denen man auch aktiv teilnehmen kann. Diese spielen sich,
wie der Name sagt, vor allem im Bereich des S/M ab. Nebst einer Bar sind meist abgetrennte
Räume zum intimen Liebesspiel zwischen Partnern oder neuen Bekannten vorhanden. Dazu
kommen öffentliche Räume, wo jedermann zugucken und – wenn er die Erlaubnis hat – auch mit
Hand anlegen darf. Aufgrund der manchmal nicht klar abgesteckten Grenzen (man kennt sich
teilweise noch nicht lange) oder auch wegen der ungewohnten Umgebung, sind SM-Partys nicht
unbedingt jedermanns Sache. Auch hängen der Erfolg und die Zufriedenheit aller Gäste enorm vom
Gastgeber ab.
Allerdings hat diese Möglichkeit viele praktische Vorteile: Nicht jeder BDSMler hat dieselben
Utensilien zu Hause, wie sie oftmals an SM-Parties angeboten werden, beispielsweise ein
Andreaskreuz. Auch wird von vielen die allgemeine Stimmung der Veranstaltung genossen, man
trifft alte Bekannte und knüpft neue Kontakte. Sowohl Einsteigern (man sollte sich aber besser
vorher mit der Thematik bereits aktiv und passiv befasst haben) als auch für Erfahrene SMler bietet
sich bei den Partys die Möglichkeit, Neues auszuprobieren und zu lernen. Man geht also fast immer
mit einer gewissen Zufriedenheit nach Hause.
Diese Partys im meist eher kleineren Rahmen gewährleisten ein – je nach Organisator – hohes Mass
an Sicherheit, sodass unter den „Partygängern“ der SMler viele dieses Angebot geniessen. Meist
herrschen strikte Regeln, wer sich daneben benimmt, fliegt raus.
Ein Problem von SM-Partys ist sicherlich, dass die meisten Anlässe unter „SM- und Fetischparty“
gehen. Dies wiederum wirft Diskussionen über den Dresscode auf. Wer Pech hat, landet als SMler
in einer reinen Fetischparty oder umgekehrt, so ist es stets vonnöten, sich genau über den
kommenden Event zu informieren.
Für SM-Clubs gilt generell dasselbe wie für SM-Partys, auch die Organisation ist ähnlich. Da Clubs
aber eine gewisse Stammkundschaft besitzen, findet man als Neuling eher schlecht Anschluss.
Durch die Grösse der Anlässe leiden meist Sicherheit und Sinn fürs Detail. Auch arbeiten die
meisten Clubs von Zeit zu Zeit mit Dominas zusammen, die den meist starken Frauenmangel
ausgleichen sollen.

6.2 Probleme der Subkultur


6.2.1 Spannungen innerhalb der Szene
Durch den durch unsere voranschreitende Maturarbeit gewonnenen Einblick in die BDSM-Szene
haben sich einige Probleme herauskristallisiert, mit denen die BDSMler zu kämpfen haben. Unsere
Interviewpartner berichteten einstimmig von einer gewissen Aufspaltung der Szene in zwei
33
Teillager. BDSM beinhaltet ein weites Spektrum von verschiedenen (Sexual-)Praktiken, wie schon
der Begriff selbst zeigt. Der weiteste Gegensatz liegt wohl zwischen D/S (Dominance and
Submission) und S/M (Sadism and Masochism). Viele BDSMler fühlen sich wohl in einer reinen
D/S-Beziehung. In einer solchen Beziehung liegt der psychologische Aspekt von Dominanz und
Unterwerfung im Vordergrund, man pflegt gemeinsame Rituale, die die Position (dominant oder
submissiv) der beiden Partner widerspiegeln. Anhänger von S/M legen Wert darauf, vor allem
körperlich zu dominieren, respektive unterworfen zu werden, die so genannte Lust am Schmerz,
welche bei einer D/S-Beziehung zweitrangig ist, liegt hier im Vordergrund. Die Frage, was nun
eigentlich schon unter BDSM läuft und was nicht, wird umso komplizierter, wenn sich die Szene
selbst nicht einmal einig ist, D/S zählt für die meisten SMler nämlich nicht dazu. Dieser Streitpunkt
wird auch in den verschiedenen Foren immer wieder diskutiert. Viele sind der Meinung, dass es der
anhin schon kleinen Szene schadet, nicht als Einheit auftreten zu können. Hinter dem Auftreten als
Einheit gegen Aussen liegt der Gedanke des Zusammengehörigkeitsgefühls: Die, die gleich sind,
müssen zusammenhalten. Dies führt aber zu weiteren Spannungen, wenn eine Randgruppe, die von
ihrer Umwelt generell mehr Toleranz verlangt, selber nicht tolerant ist.
Unsere Interviewpartner berichteten uns, dass die Szene sehr „bünzlig“ sei. Es herrsche ein
gewisses Unverständnis gegenüber Andersdenkenden, vor allem bei den beiden Teillagern, die auf
ihren Meinungen beharren, was nun richtiger BDSM sei. Aber auch gegenüber anderen
Randgruppen sei Toleranz praktisch inexistent.

„Wenn man sich zur Randgruppe degradiert, beginnt man, andere auszugrenzen“
(Luisa im dritten Interview dieser Arbeit; siehe 5.3)

6.2.2 Rollenklischees
Die typischen Geschlechterrollen werden bei BDSM-Praktizierenden entweder aufgehoben oder
verstärkt ausgelebt. Beides kann zu Konflikten führen. Einer Frau, die ihre devote Seite auslebt,
wird schnell vorgeworfen, nicht emanzipiert zu sein. Eine dominante Frau hingegen gilt als
unweiblich.

„Gegen Männer gerichtete sexuelle Gewaltphantasie von Frauen – das läuft auf eine besonders
widerwärtige Anpassung an männliche Sexualpraxis hinaus. Es wäre die am tiefsten gehende
Enteignung weiblicher erotischer Gefühle […] (Emma 1989)“
(Kathrin Passig und Ira Strübel in „Die Wahl der Qual – Handbuch für Sadomasochisten und
solche, die es werden wollen“, S. 303, 2004)

Bei männlichen BDSM-Praktizierenden ist es ähnlich, sind sie devot, gelten sie als verweichlicht,
ist ihre Ausrichtung dominant, wird ihnen vorgeworfen, in überholten Rollenbildern stecken
geblieben zu sein.
Diese Problematik lässt es darum teilweise einfacher erscheinen, die eigenen Neigungen zu
verdrängen und in einem von der Gesellschaft kreierten „normalen“ Rollenbild weiterzuleben.

6.3 BDSM im Alltag


6.3.1 Wo beginnt nun eigentlich BDSM?
Ein gute Möglichkeit zu zeigen, dass uns BDSM gar nicht so fremd erscheinen muss, ist
aufzuzeigen, wo wir BDSM in unserem Alltag antreffen, manchmal auch ohne es uns wirklich
bewusst zu sein. Wie schon in vorigen Kapiteln erwähnt, ist sich weder die Szene selbst einig, noch
wird einem von Ausserhalb eine klare Leitlinie gegeben, was nun alles unter BDSM einzustufen ist
und was nicht. Bei Umfragen geben je nach Formulierung der Fragen und miteinbezogenen
34
Thematiken zwischen 1% und 96% der Befragten Interesse an sadomasochistischen Praktiken oder
entsprechenden Phantasien an. Generell kann man alle (Sexual-)Praktiken, bei denen eine klare
Rollenverteilung von dominant und submissiv ersichtlich ist, unter BDSM einstufen. Dies
beinhaltet also jegliche Fesselspiele, beispielsweise mit Handschellen, Schals oder auch
Augenbinden, sowie auch Rollenspiele oder erotische Spiele mit Wachs oder Eiswürfeln, wovon
einige Praktiken den Meisten oder zumindest vielen bekannt sein dürften.

6.3.2 BDSM und Kunst


Seien es die Bücher von Marquis de Sade oder der Film Romance von Catherine Breillat –
Kunstwerke, die das Thema BDSM behandeln oder davon inspiriert worden sind, begegnen uns in
praktisch allen Sparten der Kunst.
Eine Kunstform, die vor allem in der BDSM-Szene sehr beliebt
ist, ist das Fesseln. Neben europäischen Fesselformen gibt es
ausserdem das vor allem unter Japan-Bondage bekannte
Shibari, das sich in Japan aus der traditionellen militärischen
Fesselkunst Hojojutsu einwickelt hat. Die Künstler des Shibari
versuchen weniger, den Körper zu immobilisieren, was vor
allem das Ziel der europäischen Fesselformen ist, sondern
vielmehr, dem Körper durch Fesselung eine ästhetische Form
Abbildung 7 zu geben. Der japanische Fotograf Nobuyoshi Araki
beispielsweise hat sich, nachdem er den Zugang zur erotischen
Fotografie gefunden hatte, eine Zeit lang mit Shibari beschäftigt und eindrückliche Werke von
hohem ästhetischem Wert geschaffen.
Nebst einigen Bildern von Araki möchten wird an dieser Stelle noch ein paar weitere Beispiele der
BDSM-Kunst anfügen.

b)

Abbildung 8a)
c)
35
Beste Beispiele für literarische Werke, die BDSM zum Thema haben, sind zweifellos die Werke des
Marquis de Sade und der Roman „Venus im Pelz“ von Leopold von Sacher-Masoch, deren Inhalt
und Bedeutung wir schon im vierten Kapitel behandelt haben.

Abbildung 9 Abbildung 10

Die Rockband The Velvet Underground veröffentlichte 1967 ihr Debutalbum „The Velvet
Underground & Nico“. Einer ihrer Songs, „Venus in Furs“, hat das Buch „Venus im Pelz“ von
Leopold von Sacher-Masoch als Vorlage:

“Venus in Furs” (1967) The Velvet Underground

Shiny, shiny, shiny boots of leather Tongue of thongs, the belt that does await you
Whiplash girlchild in the dark Strike, dear mistress, and cure his heart
Comes in bells, your servant, don't forsake Severin, Severin, speak so slightly
him Severin, down on your bended knee
Strike, dear mistress, and cure his heart Taste the whip, in love not given lightly
Downy sins of streetlight fancies Taste the whip, now plead for me
Chase the costumes she shall wear I am tired, I am weary
Ermine furs adorn the imperious I could sleep for a thousand years
Severin, Severin awaits you there A thousand dreams that would awake me
I am tired, I am weary Different colors made of tears
I could sleep for a thousand years Shiny, shiny, shiny boots of leather
A thousand dreams that would awake me Whiplash girlchild in the dark
Different colors made of tears Severin, your servant comes in bells, please
Kiss the boot of shiny, shiny leather don't forsake him
Shiny leather in the dark Strike, dear mistress, and cure his heart

36
6.3.3 BDSM und Film
Secretary (USA 2002) von Steven Shainberg

Mit dem Kinofilm „Secretary“ versuchte der Regisseur


Steven Shainberg, das Thema BDSM einem breiteren
Publikum zugänglich zu machen. Er scheiterte jedoch an
der Aufgabe, die Beziehung zwischen den beiden
Protagonisten auch wirklich realitätsnah darzustellen. Der
Film vermag es zwar, den Zuschauer mit einem durchwegs
positiven Gefühl gegenüber dem unherkömmlichen Paar
zurückzulassen, dies gelingt aber nur, weil der Film sich
mehreren gängigen Klischees bedient und sich selber nicht
allzu ernst nimmt, wobei er das Thema damit fast ins
Lächerliche zieht.
In der Anfangsszene wird die weibliche Protagonistin, die
sehr unsicher wirkende und offenbar psychisch labile Lee
Holloway gerade aus der psychiatrischen Klinik entlassen.
Bald darauf erfährt man den Grund für ihren Aufenthalt in
der Anstalt – Lee verletzt sich selber. Sie leidet unter den
zerrütteten Verhältnissen, die innerhalb ihrer Familie
Abbildung 11 herrschen. Ihr Vater ist alkoholabhängig und schlägt ihre
Mutter, ausserdem scheint sie neben ihrer perfekten, frisch
verheirateten Schwester, total unterzugehen.
Zufällig stösst sie auf eine Anzeige, eine Sekretärin wird gesucht. Prompt wird sie angestellt
und arbeitet fortan für den Anwalt E. Edward Grey. Die Szenen, in denen die beiden
aufeinander treffen, sind schon von Anfang an gespickt mit Anzeichen, wie es zwischen den
beiden weitergehen könnte. Wie der Regisseur die beiden an ihre Neigungen heranführt, ist
herrlich witzig und für einmal frei von Klischees. Geschickt zeigt er die Unsicherheit, die auf
beiden Seiten herrscht und wie sich die beiden schrittweise näher kommen. In einer ersten
Szene fordert Edward Lee dazu auf, seine aus Versehen weggeworfenen Notizen zu einem
bestimmten Fall in der Mülltonne zu suchen. Der Anblick Lees, wie sie sich durch den Müll
kämpft, erregt Edward dermassen, dass er beginnt, in seinem Büro Rumpfbeugen zu machen.
Wie man später herausfindet, ist der exzessive Sport einer
seiner Versuche, seine Neigung zu verdrängen. In einer
weiteren Szene stürmt Edward zornig in das Büro von Lee und
legt ihr den von ihr verfassten Brief auf den Tisch, dessen
Schreibfehler er mit einem roten Markierstift umkreist hat. Dies
ebnet den Weg zu der ersten effektiven SM-Handlung der
beiden. Als sie weiterhin Schreibfehler macht, fordert er sie
dazu auf, in sein Büro zu kommen. Dort möchte er, dass sie sich
über den rot markierten Brief beugt, der auf seinem Schreibtisch
liegt, und beginnt, sie auf den Po zu schlagen, währenddem sie
den Brief laut vorliest. Neben der anfänglichen Irritation und
Unsicherheit erkennt man auch ganz klar die Erregung, die
beide in dieser Situation verspüren. Die beiden beginnen, diese
Handlung zu ritualisieren, sie vertippt sich absichtlich, er holt
Abbildung 12
sie zu sich und „bestraft“ sie dafür.
Der rote Markierstift zieht sich symbolisch für Edwards sadistische Neigungen durch den
ganzen Film. In einer frühen Szene sieht man ihn, wie er mehrere rote Markierstifte wegwirft,
später, wie er sie erneut hervor nimmt. Es wird klar, dass er sich selbst mit seiner Neigung

37
nicht wohl fühlt und diese immer wieder zu verdrängen versucht, dies ihm aber nicht gelingen
will.
Währenddem sich Lee über Sadismus und Masochismus zu informieren beginnt, schämt sich
Edward zunehmend vor sich selbst. Sein innerer Konflikt wird deutlich, als sich die
Beziehung zu Lee zwar zu intensivieren beginnt, er aber gerade aus Angst davor die
Beziehung beendet. Lee kann ihm anfänglich nicht begreiflich machen, dass sie diese
Beziehung in genau dieser Form eigentlich will. Erst als er sie auffordert, am Bürotisch sitzen
zu bleiben, bis er zurückkehrt, und sie dies tut, kommt es zum Happy End.
Die Szenen, in denen sich Lee und Edward näher kommen, wie auch die Schlussszene, in der
das künftige Beziehungsleben der beiden veranschaulicht wird, wirken sehr realistisch, die
Basis jedoch, auf der der Film aufbaut, dafür umso künstlicher. Wohl um für jedermann die
Neigungen Lees nachvollziehbar zu gestalten, entschied man, sie aus einer zerrütteten Familie
kommen zu lassen, die sie dazu bewegt, sich selbst zu verletzen. Man stellt sie als eine Person
dar, die den Schmerz braucht und im Laufe des Films lernt, diese Sucht in eine für sie
angenehmere Form zu transferieren. Dieses Klischee, das die Basis des ganzen Films bildet,
vermittelt dem Zuschauer ein falsches Bild von den Leuten, die BDSM praktizieren, da er fast
zwanghaft nach einer Ursache dafür sucht. Somit ist er förderlich für die Ansicht, dass
irgendwo etwas nicht stimmen kann, damit man „so“ wird.

Romance ( Frankreich 1999) von Catherine Breillat

In diesem Film ist BDSM nur einer von vielen Aspekten, die
die Situation der Hauptfigur illustrieren oder verdeutlichen.
Deshalb ist es wichtig zu erwähnen, dass wir uns nur auf
eben diesen einen Aspekt beschränken, und uns nicht dem
Film als Ganzem widmen.
Marie und Paul sind ein Paar, er jedoch weigert sich, mit
Marie zu schlafen, worunter sie leidet. Ihre Liebe zu Paul ist
jedoch zu stark, um sich von ihm zu trennen, deshalb lässt
sie sich auf verschiedenste sexuelle Abenteuer ausserhalb
ihrer Beziehung ein. Unter anderem entpuppt sich der
Direktor der Schule, an der Marie als Primarlehrerin arbeitet,
als eine Art Casanova. Ihm gibt sich Marie für erotische
Fesselspiele hin. Seiner Philosophie nach gibt es nur einen
richtigen Weg, eine Frau zu lieben, nämlich über die
Vergewaltigung. Frauen würden sich dem Erstbesten
hingeben und sich dem verweigern, der sie liebt und
Abbildung 13 respektiert. Sie würden zwar durchaus respektiert werden
wollen, jedoch indem, dass Mann ihre Verfügbarkeit respektiere.
Als Robert Marie zum ersten Mal fesselt, ist dies für sie so ungewohnt, dass sie zu weinen
beginnt und die beiden die Session abbrechen. Dennoch lässt sie sich erneut von ihm fesseln.
Indem sie ihre Bewegungsfreiheit einschränken lässt, zeigt sie der Aussenwelt, wie sie sich
innerlich fühlt.
In diesem Film liegt die sexuelle Erregung der Hauptdarstellerin weniger in der eigentlichen
BDSM-Handlung, sondern vielmehr darin, dass ein Mann ihr endlich die Aufmerksamkeit
schenkt, die sie sich wünscht, und ihre Sexualität respektiert, was in diesem Falle heisst, dass
sie sich ihm einfach hingeben kann.

38
6.4 BDSM als Dienstleistung
„Dominas sind meist männerhassende, geldgeile Ex-Prostituierte, die zufälligerweise in die
SM-Szene gerutscht sind. Sie verhauen ältere, reiche und verheiratete Geschäftsmänner über
40. BDSM spielt sich vor allem bei Dominas ab.“
Schlechter könnte man kommerziellen BDSM wohl nicht beschreiben, doch zeigen diese zwei
Sätze ziemlich genau das, was Herr und Frau Ottonormalbürger über diese Thematik denken.
Bei einem Grossteil der Menschen, die Dienstleistungen im BDSM-Bereich anbieten, handelt
es sich um dominante Frauen, diese Regel wird aber von vielen Ausnahmen bestätigt.
Beispielsweise findet man in den so genannten SM-Studios auch Zofen8 oder Sados9. Auch
werden vermehrt reine DS-Spiele durchgeführt.
Auch wenn in der Realität wenige BDSMler regelmässig Dominas besuchen, wird ihre Szene
seit langem vor allem mit diesem Klischee gleichgesetzt. Prinzipiell erschwert der Besuch von
Studios aber eher den Eintritt in die Subkultur und macht keinen besonders guten Eindruck
auf andere, „herkömmliche“ BDSMler.
Wer aber neue Erfahrungen sammeln will, ein spezielles Erlebnis sucht oder einfach keinen
Partner hat oder möchte, der findet seine Zufriedenheit vielleicht im SM-Studio. Immer mehr
professionelle Frauen und Männer bieten verschiedenste Dienste an und verfügen über ein
breites Fachwissen und Einfühlungsvermögen.
Zu einem gelungenen Besuch im SM-Studio sollte immer ein Vorgespräch geführt werden, in
dem Grenzen abgesteckt und Wünsche geäussert werden. Dies stellt die meisten Kunden
schlussendlich auch zufrieden. Der aufwändige Service und die Tatsache, dass die meisten
Studios sehr gut mit allerlei Utensilien ausgestattet sind, machen diese Dienstleistung im SM-
Bereich allerdings zu einer relativ kostspieligen Angelegenheit.
Grundsätzlich haben Dominas also einen eher geringen Einfluss auf die BDSM-Subkultur,
obwohl das Klischee genau das Gegenteil besagt.
Anmerkung: Im Text wurde zur Vereinfachung stets der Begriff „Domina“ verwendet, der
von einer weiblichen, dominanten Person ausgeht.

39
6.5 Verfälschung von BDSM
„Sadomasochismus ist für die Medien immer wieder ein dankbares Sommerlochthema.“
(Kathrin Passig und Ira Strübel in „Die Wahl der Qual – Handbuch für Sadomasochisten
und solche, die es werden wollen“, S. 98, 2004)

Da verschiedenste Vorurteile gegenüber BDSMlern grassieren, schränkt dies deren Lebensstil


und Entfaltung teilweise fatal ein. Seitens der Presse und dem Fernsehen werden teilweise gut
gemeinte, aber meist falsche Bilder vermittelt, was eine gesellschaftliche Akzeptanz von
BDSM erschwert.

6.5.1 BDSM in der Presse

Abbildung 14

Dieser Zeitungsartikel ist einer der vielen, in dem BDSM (beziehungsweise hier S/M) relativ
schlecht wegkommt.
Ziel dieses Zeitungsartikels ist es eigentlich, kurz darzustellen, dass die Schweizer
Rotlichtszene boomt. Dass der „Experte“ (Valentin Landmann) unkompetent ist, ist sofort
klar, seine „Referenz“ ist, dass er bereits Zuhälter und andere „Rotlichtmilieufiguren“
verteidigt hat. Alles in allem wirft der Text ein negatives Licht auf kommerziellen Sex, wobei
nach der Meinung von Valentin Landmann auch der SM-Aspekt klar dazugehört.
Der Text spielt zudem mit dem berüchtigten, aber nicht berechtigten Klischee des Managers,
der sich ab und zu ins Studio begibt. Auch scheint es durch die Antwort auf die letzte Frage

40
(in Abbildung 14 rot umrandet) so, also könne man sich einfach so auf S/M einstellen. Somit
wird diese Thematik zu etwas degradiert, dass nur ein paar Stunden im Monat im Studio
aufkommt und dann wieder unter den Teppich gekehrt wird. Sicher wäre es hier nicht nötig
gewesen, auf die BDSM-Subkultur einzugehen, die überhaupt nichts mit dem Rotlichtmilieu
zu tun hat. Wenn man aber schon unbedingt S/M in einen Artikel über das Rotlichtmilieu
einstreuen muss, wäre ein bisschen mehr sprachliche Achtsamkeit und Tiefe wohl nicht zu
viel verlangt gewesen.
Dieser Artikel zeigt sehr gut, wie schludrig gerade die Presse mit der Thematik BDSM
umgeht. Wie soll eine Subkultur Akzeptanz geniessen, wenn sie von allen Seiten her stets mit
einer Peitsche schwingenden Domina assoziiert wird? In einem Grossteil aller Artikel findet
man diesen Ansatz, obwohl er in der Subkultur nur einen Bruchteil ausmacht. Dies ist somit
eines der grossen Probleme der Presse in Zusammenhang mit BDSM: Wer einen Artikel zu
schreiben hat, geht zuallererst zu einer Domina, dann vielleicht noch ein bisschen ins Netz
und reimt sich etwas zusammen. Dies ist für alle Beteiligten schade und ärgerlich. Denn
vielleicht würden viele gerne tiefgründigere Informationen zu BDSM erhalten, meist werden
aber dieselben Klischees und Stimmungen vermittelt.
Für dieses Phänomen gibt es unzählige Beispiele in den verschiedensten Sparten:
Frauenzeitschriften wie „Elle“ oder „Emma“ versuchen BDSM bzw. S/M als etwas Normales
darzustellen, besitzen aber teilweise einen enorm negativen Unterton. So schlägt der gut
gemeinte Artikel schnell einmal ins Negative um.

Einige weitere Beispiele, die für sich selbst sprechen sollten:

„<Guten Abend wir sind Gabi und Thomas>, grüsst ein Pärchen unerwartet freundlich und
schüttelt Hände. SM ist eine höfliche Angelegenheit. (zitty)“

„ […] im Alltag konfliktscheu. (Elle)“

„[…] nach wie vor fast ausschliesslich Männer. (Spiegel)“

„Nicht nur in SM-Clubs, sondern vor allem im Alltag entwickelt sich die destruktive Spirale
gegenseitiger Entwertung und Demütigung. Die Phantasie beider Partner, die Qualen des
anderen oder die eigene beherrschen und kontrollieren zu können, führt zu einer endlosen
Kette gegenseitiger Provokationen und Gewalt. (Frankfurter Rundschau)“
(Kathrin Passig und Ira Strübel in „Die Wahl der Qual – Handbuch für Sadomasochisten
und solche, die es werden wollen“, S. 101-103, 2004)

6.5.2 BDSM im Fernsehen


Sich im Fernsehen eine gute Reportage ansehen zu können, ist heutzutage mehr oder weniger
schwierig. Eine gute Dokumentation über BDSM im Programmheft zu finden, ist geradezu
unmöglich. Hierbei spielen diverse Faktoren eine Rolle, die die meisten Sendungen aber nur
teilweise oder sogar gar nicht beachten. Wie auch in der Presse ist es enorm schwer,
kompetente Personen, Experten oder BDSMler zu finden, die repräsentativ wirken und einen
guten Eindruck auf Menschen machen, die sich noch nie mit dieser Thematik befasst haben.
Es ist verständlich, dass Lack und Leder am Anfang bizarr und fremd wirken und dass es so
für den Zuschauer fast nicht möglich ist, die Thematik nachzuvollziehen und künftig
akzeptieren zu können. Man kann sich hier auch fragen, was für Menschen zum Fernsehen
gehen, um sich vorzustellen, auch unter BDSMlern gibt es viele mitteilungsfreudige
Individuen! Oftmals sieht man auch verfremdete oder unkenntlich gemachte Gesichter und
Stimmen, sodass dies nur noch grössere Distanz zwischen Zuschauer und Mitwirkenden

41
schafft. Auch werden Dokumentationen heute als Runduminformation betrachtet. Man glaubt,
sich 90 Minuten vor den Fernseher setzen zu können und dann die Thematik verstanden zu
haben und mitreden zu können. Dieser Glaube wird einem natürlich von den zahlreichen
Sendern in den Vorschauen auch weisgemacht, die Naivität des Zuschauers ist sozusagen
vorprogrammiert.
Die am 13.3.2007 erstmals ausgestrahlte Stern TV Reportage „Qual oder Lust: Die bizarre
Welt der Dominas“, ist ein Beispiel, wie BDSM medial umgesetzt wird. Portraitiert wurden
die professionelle Domina „Lady Divina“, sowie ein BDSM-Pärchen. Die beiden
Einführungen zu den abwechselnd laufenden Berichten sagen bereits einiges über die Qualität
der Sendung aus:

Anna Stern alias “Lady Divina“:

„Sie schlägt zu, erbarmungslos und heftig. Wenn sie Männer schlägt kassiert sie dafür 250
Euro pro Stunde; aus Anna wird Lady Divina.“
(Stern TV Reportage „Qual oder Lust: Die bizarre Welt der Dominas“, ausgestrahlt am
13.3.2007 um 22.05 auf VOX)

Leider zeigt Lady Divina im Fernsehen nicht ihr


wahres Gesicht, sondern ein verfremdetes (obwohl
man sie auf allen Suchmaschinen im Netz sofort zu
finden ist). Nach langen Szenen im Studio interviewt
man ihre Sklaven, während diese noch ausser Atem
von der Session sind, über deren Beweggründe sich
erniedrigen zu lassen. Auf dem Boden liegend dürfen
sie ein paar Sätze stammeln, doch schon schwenkt
die Kamera wieder zu Lady Divina und sie fährt mit
der Session fort. Die Domina reitet in ihrer Freizeit
gern und trennt ihr Privat- und Berufsleben klar
Abbildung 13
voneinander ab. Doch beim gemeinsamen Kochen
mit der Freundin muss sie sofort ihre harte Stimme annehmen, mit der sie ansonsten nur im
Studio spricht, da ein Kunde anruft. Nach weiteren Darstellungen ihrer Lebensweise bemerkt
sie:

„Ich stehe privat überhaupt nicht auf SM-Sex.“


(Stern TV Reportage „Qual oder Lust: Die bizarre Welt der Dominas“, ausgestrahlt am
13.3.2007 um 22.05 auf VOX)

Ihren Job sieht sie aber nicht als Beruf, sondern als „Berufung“ an. Hier bemerkt der
Kommentator dann aber noch, dass viele Dominas den Job „wegen der hohen psychischen
Belastung“ nur wenige Jahre durchhalten. Gegen Ende der Sendung spielt plötzlich
melancholische Musik und Anna Stern alias Lady Divina erzählt aus ihrer Kindheit (ein
weiteres altbekanntes Klischee, das hier – leider! – Tatsache ist):

„Schon als kleines Mädchen fesselte Anna lieber Jungs an den Baum, als mit ihren Puppen zu
spielen. Um abzuschalten geht sie oft stundenlang alleine spazieren, denkt darüber nach
warum es ihr Spass macht, andere Menschen zu quälen: <Ich denke, wenn man solche
Extrem-Hardcore-Geschichten macht wie ich – das macht ja auch nicht jede Domina, nicht
jede hat die gleiche Veranlagung wie ich – dann ist da schon irgendetwas passiert im Leben,
denn es ist nicht so alltäglich das eine Frau einen Mann ohne mit der Wimper zu zucken voll
ins Gesicht boxt, in den Magen tritt, zwischen die Beine tritt. Da gehört schon was dazu, da

42
muss etwas passiert sein.> Gewalt lernte Anna schon früh im eigenen Elternhaus kennen. Ihr
Vater war Alkoholiker und schlug sie und ihre Schwester oftmals krankenhausreif.
<Es hat mit Sicherheit damit zu tun, dass bei uns in der Familie Gewalt alltäglich war. Also
meine Schwester und ich, wir wurden regelmässig von unserem Vater sehr geschlagen. Also
es war bei weitem nicht mehr der kleine Klaps auf den Po. Und das hat mich natürlich als
Kind geprägt und war auch der Auslöser dafür dass ich so gewalttätig und aggressiv
geworden bin. Das Interessante bei der Geschichte ist vielleicht; meine Schwester ist ihr
Leben lang in dieser Opferrolle geblieben und ich bin eigentlich so zum Rebell
herangewachsen und konnte es nie wieder zulassen, dass mir ein Mensch wehtut oder mich
erniedrigt. Deshalb habe ich mich immer mit Gewalt gewehrt.> Nie wieder hat seitdem ein
Mann die 30-jährige geschlagen, aus dem rebellischen Mädchen von damals wurde 20 Jahre
später Domina Divina.“
(Stern TV Reportage „Qual oder Lust: Die bizarre Welt der Dominas“, ausgestrahlt am
13.3.2007 um 22.05 auf VOX)

Gerrit und Angelika K.:

„Gerrit und Angelika sehen ganz normal aus, wohnen ganz normal, aber in ihrem Keller
bauen sie Möbel für sadomasochistische Spiele und auch privat sind sie ganz anders als sie
auf den ersten Blick wirken.“
(Stern TV Reportage „Qual oder Lust: Die bizarre Welt der Dominas“, ausgestrahlt am
13.3.2007 um 22.05 auf VOX)

Das darauf porträtierte Paar soll wohl die allgemeine BDSM-Szene repräsentieren, hat aber
auch wieder seine Eigenheiten. Anscheinend gäbe die Dokumentation über ein Paar, das keine
Möbel zu BDSM-Zwecken baut, nicht genug her. Zudem fällt der grosse Anteil der Sendezeit
vor allem Lady Divina und ihren Spielen zu. Auch hier ist die Ansage relativ zweideutig, das
Paar, das normal aussieht, scheint also doch nicht „normal“ zu sein, obwohl die Reportage
dies zumindest teilweise darlegen will.

Zum Möbelbau sagt Angelika: „Wir haben uns überlegt, wo kann man noch einmal Geld mit
verdienen und das war zum einen Alkohol – und eine Bar wollten wir nicht aufmachen – und
Sex.“
(Stern TV Reportage „Qual oder Lust: Die bizarre Welt der Dominas“, ausgestrahlt am
13.3.2007 um 22.05 auf VOX)

Nebenbei wird eingeflochten, dass das Paar selbst auch BDSM praktiziert, doch darüber
werden nur wenige Worte verloren. Vor allem geht es um den stressigen Aufbau eines „Toy
of Pain“, eines Foltermöbels, den das Ehepaar entwickelt hat und schnell ausliefern sollte. Im
Keller des Ehepaars darf der Zuschauer dann eingehend die verschiedenen Folterinstrumente
des Ehepaars betrachten, die der submissiv veranlagte Ehemann gerne vorführt.

Schlussendlich kann man sagen, dass BDSM-Dokumentationen meist nicht viel Information
enthalten. Dafür sind diese mit allerlei prickelnden Details gespickt, die den Zuschauer aber
eher schocken und verwirren als aufklären. So steigt zwar die Einschaltquote, nicht aber das
allgemeine Wissen über BDSM. Meist sind die Sendungen von einer gewissen Dramatik
durchzogen, die anscheinend zum Leben eines BDSMler dazugehört wie der Rohrstock, Lack
und Leder.
Es ist sicher eine schwierige Angelegenheit, die BDSM-Subkultur zu porträtieren, da sie viele
Gesichter haben kann (siehe auch 6.2). So weit denken die meisten Sender aber gar nicht, S/M
ist beispielsweise einfach ein gerngesehenes Schockthema. Leider ist es effektiv schwierig,

43
die richtigen Leute für so eine Sendung zusammenzubekommen, beziehungsweise müsste
man diese erst einmal finden. Diese für einen Reporter sehr aufwändigen Recherchen sind
anscheinend den meisten Fernsehleuten nicht die Mühe wert. So werden sie übergangen und
durch die gesellschaftlich bekannte, klischierte und voreingenommene Einstellung ersetzt.

6.5.3 BDSM in den Köpfen der Gesellschaft


Ira Strübel und Kathrin Passig verfassten für ihr gemeinsames Buch „Die Wahl der Qual –
Handbuch für Sadomasochisten und solche, die es werden wollen“ folgende Einleitung:

„Wäre auf der Welt alles zufrieden stellend eingerichtet, dann bräuchten wir dieses Buch nur
wegen seiner Illustrationen. Wir hätten schon im Sexualkundeunterricht der siebten Klasse
erfahren, dass es solche und solche gibt. In unseren Aufklärungsbüchern und bei Doktor
Sommer wäre nicht nur von Mann und Frau, die sich sehr, sehr lieb haben, die Rede gewesen,
sondern auch von Tennissockenfetischen, Genderbending und Analverkehr. Es wäre uns
selbstverständlich, dass sexuelle Vorlieben so unterschiedlich ausfallen wie musikalische und
wir würden uns für die einen nicht mehr schämen als die anderen.“
(Kathrin Passig und Ira Strübel in „Die Wahl der Qual – Handbuch für Sadomasochisten
und solche, die es werden wollen“, S. 9, 2004)

Passig und Strübel fassen ziemlich genau zusammen, was es braucht, um BDSM Akzeptanz
zu verschaffen: Aufklärung und Erweiterung, beziehungsweise Verbesserung der Gedanken,
die die breite Masse zu BDSM hat und die meist nicht der Realität entsprechen!
Wie viele andere Randgruppen, muss sich die BDSM-Subkultur meist um Akzeptanz und
Verständnis bemühen und investiert teilweise viel Zeit und Energie zur Kommunikation.
Leider machen unkompetente Artikel und Reportagen (wie in 6.5.1 und 6.5.2 beschrieben)
dies oftmals zunichte. Wer sich also besser über BDSM informieren will, dem ist mehr
Buchlektüre und weniger Fernsehen anzuraten. Leider bedeutet dies sowohl für Reporter als
auch für „normale“ Bürger meist zu viel Aufwand.
Klischees bestimmen unser aller Leben und im Bereich des BDSM sind diese nicht gerade
selten anzutreffen. Es wäre für alle Beteiligten von Vorteil, einmal über den Tellerrand zu
gucken. Denn wie es unwissende, aber intolerante Verfechter der Thematik gibt, existieren
auch BDSMler, die sich bewusst von der Gesellschaft distanzieren.

44
7. Schlusswort
Wir denken, dass es der richtige Weg war, BDSM als gesellschaftliches Phänomen kennen zu
lernen und nicht, wie die meisten Psychologen, als Krankheitsbild zu portraitieren. Unsere
persönliche Meinung korrespondierte von Anfang bis Ende des Arbeitsprozesses mit den von
uns gesammelten Informationen. BDSM ist zu Unrecht, vor allem durch die Medien,
klischeebehaftet. Unser Ziel war es, verschiedene Aspekte der Subkultur, aber auch deren
Vielfalt und Probleme aufzuzeigen. Die BDSM-Strömung hat sich im Laufe der Zeit stark
verändert. Das Bild dieser überaus engagierten und vielfältigen Subkultur wird oft von den
Medien verfälscht, indem BDSM als etwas dargestellt wird, das höchstens zu Zeiten de Sades
vielleicht aktuell war. Seit de Sade ist jedoch viel Zeit vergangen und aus S/M hat sich
allmählich das überaus vielfältige gesellschaftliche Phänomen BDSM entwickelt. Folglich
haben wir auch im Laufe der Arbeit bemerkt, zu was für einer Fülle von Informationen wir
eigentlich Zugang hatten, zu Aktuellem wie zu Vergangenem. Somit waren wir gezwungen,
einige Aspekte, die wir gerne in die Arbeit integriert hätten, wegzulassen oder zu kürzen. Wir
glauben jedoch, dass wir die Grundzüge der BDSM-Subkultur zufrieden stellend erläutert
haben.

Sich mit einer Thematik wie dieser auseinanderzusetzen setzt schon von Beginn her eine
gewisse Toleranz voraus, trotzdem näherten wir uns ihr mit gewissen falschen Vorstellungen
an. Wir kannten weder den Begriff BDSM, noch wussten wir, dass man generell zwischen
S/M und D/S unterscheidet. Im Nachhinein waren wir auch froh, dass es uns nicht möglich
war, die Domina Michelle von Sternenberg zu interviewen, da wir realisierten, dass eine
Domina die BDSM-Subkultur denkwürdig schlecht repräsentieren würde.
Viele Themen, die die Gesellschaft nie unter BDSM abwickeln würde, kann man durchaus in
diesen Bereich einordnen, denn viele Aspekte, die vor allem von den Medien und der
Gesellschaft zu stark gewichtet und dramatisiert werden, betreffen nur eine Minderheit der
BDSM-Praktizierenden. Demnach war es nicht verwunderlich, dass wir zu Beginn nicht
wussten, was BDSM nun genau ist und beinhaltet. Aufgrund der Verfälschung von BDSM in
den Medien, reagierte unser Umfeld, das wie wir anfänglich eher ein schmales Wissen über
diese Thematik besass, zum Teil relativ heftig.
Bei BDSM handelt es sich um ein extrem breites Spektrum, in dem viele verschiedene
Ansichten, Praktiken und schlussendlich Menschen ihren Platz finden. Zu dieser Einsicht
gelangten wir vor allem mit der Hilfe unserer Interviewpartner. Die Begegnungen mit diesen
drei Menschen waren sehr bereichernd für uns und haben uns gezeigt, dass man BDSM nicht
an wenigen Punkten festmachen kann und dass bei jedem Individuum zuerst die
Menschlichkeit im Vordergrund steht und nicht seine sexuellen Vorlieben.
Zudem waren wir positiv überrascht, wie offen und freundlich wir im Internetforum der IG
BDSM begrüsst und empfangen worden waren, als wir uns auf die Suche nach unseren
Gesprächspartnern machten. Wir denken, dass es uns gelungen ist, uns, im Rahmen des
Möglichen, an die Szene anzunähern und wir haben auch versucht, ihre Anliegen in dieser
Arbeit zu integrieren.
Die Sensibilisierung für diese Thematik hat bei uns auch erhöhte Toleranz gegenüber anderen
Gebieten respektive Subkulturen, wie beispielsweise der homosexuellen Subkultur,
hervorgerufen. Es hat uns Freude bereitet, uns mit einem derart vielseitigen und für uns
lehrreichen Thema intensiv beschäftigen zu können.

45
Anhang
8. Verzeichnis zur Arbeit selbst
8.1 Wörterverzeichnis
1. Session: Zeitspanne, in der eine BDSM-Handlung abläuft

2. Sub: Bezeichnung für den devoten Partner

3. Bottom: Bezeichnung für den devoten Partner

4. Top: Bezeichnung für den dominanten Partner

5. Dom: Bezeichnung für den dominanten Partner

6. Vanilla: Dieses Wort steht für gewöhnlich oder herkömmlich. Als „Vanilla-Sex“
bezeichnet man „normalen“ Sex und unter „Vanillas“ versteht man Leute, die (nur) diesen
praktizieren.

7. CSD: Das Hauptziel des „Verein Gay Pride Christopher Street Day Zürich“ ist die
Durchführung des jährlichen Umzuges der homosexuellen Szene in der Schweiz. Ausserdem
setzt sich der Verein für mehr Akzeptanz und mehr Rechte für Schwule und Lesben ein.

8. Zofe: Eine Zofe hält eine submissive Rolle, die sowohl Fetisch- als auch BDSM-Elemente
vereint, inne. Meistens handelt es sich um weibliche Personen, die die übliche
Hausangestelltenkleidung tragen (schwarzer kurzer Rock, weisse Schürze dazu hohe
Absätze). Im Gegensatz zu einem Sklaven oder einer Sklavin hat eine Zofe aktiver an einer
Session teilzunehmen. So kann sich also auch eine Zofe beispielsweise der Peitsche bedienen,
jedoch nur, wenn ihr Herr ihr dies aufgetragen hat.

9. Sado: Sozusagen eine männliche Domina (der Begriff „Dominus“ ist eher ein Produkt der
Medien), es handelt sich also um einen Begriff aus der kommerziellen BDSM-Szene.

8.2 Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Portrait Donatien de Sades des Malers van Loo

Abbildung 2: Illustration zu „Juliette oder Die Wonnen des Lasters“ eines


unbekannten Künstlers

Abbildung 3: Leopold von Sacher-Masoch

Abbildung 4: Portrait von Angelika Aurora Rümelin, in Pelz gehüllt

Abbildung 5: Cover der Comicversion von „Venus im Pelz“ des Künstlers „Crepax“

Abbildungen 6a,b,c: Flyer der SMJG (Jugendstammtische der IG BDSM)

46
Abbildung 7: Portrait des Künstlers Nobuyoshi Araki

Abbildungen 8a,b,c: Unbenannte Werke von Nobuyoshi Araki

Abbildung 9: Buchcover von „Justine oder Die Leiden der Tugend“ von Donatien de
Sade

Abbildung 10: Buchcover von „Venus im Pelz“ (Penguin-Ausgabe in Englisch) von


Leopold von Sacher-Masoch

Abbildung 11: Filmplakat des Films „Secretary“ von Steven Shainberg

Abbildung 12: Szene aus dem Film „Secretary“ mit Maggie Gyllenhaal als Lee
Holloway

Abbildung 13: DVD-Cover des Films „Romance“ von Catherine Breillat, das in den
USA der Zensur zum Opfer fiel.

Abbildung 14: Zeitungsartikel aus „20 minuten“ von Markus Kick

Abbildung 15: Lady Divina, die in der Stern TV Reportage portraitiert wurde.

47
9. Quellenverzeichnis
9.1 Textquellen und Zitate
Bemerkung: Quellen aus dem Internet haben wir nachträglich noch einmal nachgeprüft,
darum das aktuelle, überall gleiche Datum.

3. Definition
3.1 BDSM
http://de.wikipedia.org/wiki/BDSM (11.4.2007)
3.2 Weitere Aspekte
http://de.wikipedia.org/wiki/BDSM (11.4.2007)
3.2.3 Symbole der BDSM-Subkultur
http://de.wikipedia.org/wiki/Ring_der_O (11.4.2007)
http://de.wikipedia.org/wiki/Leather-Pride-Flagge (11.4.2007)
3.3 Standpunkte und Vorurteile
3.3.1 DSM und ICD
Kathrin Passig und Ira Strübel, „Die Wahl der Qual – Handbuch für
Sadomasochisten und solche, die es werden wollen“
Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2004 (Überarbeitete
Neuausgabe)
Zitate: S. 61-62 und 63
3.3.2 Rechtslage
Kathrin Passig und Ira Strübel, „Die Wahl der Qual – Handbuch für
Sadomasochisten und solche, die es werden wollen“
Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2004 (Überarbeitete
Neuausgabe)
3.3.3 Theorien zur Entstehung sadomasochistischer Neigungen
Kathrin Passig und Ira Strübel, „Die Wahl der Qual – Handbuch für
Sadomasochisten und solche, die es werden wollen“
Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2004 (Überarbeitete
Neuausgabe)
Zitat: S. 47
3.4 Fetischismus
Valerie Steele, „Fetisch - Mode, Sex und Macht“
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, 1998
3.4.1 Zitat: S. 14
3.4.2 Zitat: S. 52
3.4.5 Zitat: S. 93

4. Die Entstehung der Begriffe Sadismus und Masochismus und die Entwicklung zur
BDSM-Subkultur
4.1 Donatien de Sade
Marquis de Sade, „Ausgewählte Werke“
Melzer Verlag GmbH, Neu-Isenburg, 2006
http://de.wikipedia.org/wiki/De_Sade (11.4. 2007)
http://www.psychosoziale-gesundheit.net/pdf/faust1_desade.pdf (11.4.2007)
http://de.wikipedia.org/wiki/Richard_von_Krafft-Ebing (11.4.2007)

48
Richard von Krafft-Ebbing, „psychopathia sexualis“
Verlag von Ferdinand Enke, Stuttgart, 1903 (12. Auflage)
Zitat: S. 65

4.2 Leopold von Sacher Masoch


Leopold von Sacher-Masoch, „Venus im Pelz“
Carl Stephenson Verlag, Flensburg, 2005 (2. Auflage)
http://de.wikipedia.org/wiki/Leopold_von_Sacher-Masoch (11.4.2007)
Lisbeth Exner, „Leopold von Sacher-Masoch“
Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2003
http://de.wikipedia.org/wiki/Richard_von_Krafft-Ebing (11.4.2007)
Richard von Krafft-Ebbing, „psychopathia sexualis“
Matthes und Seitz Verlag, München, 1984 (14. Auflage, Nachdruck)
Zitat: S. 105

4.3 Die Entwicklung zur BDSM-Subkultur


Kathrin Passig und Ira Strübel, „Die Wahl der Qual – Handbuch für Sadomasochisten
und solche, die es werden wollen“
Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2004 (Überarbeitete
Neuausgabe)

6. Allgemeiner Beschrieb der Subkultur


6.1 Veranstaltungen und Kontakte
6.1.1 Das Internet
Kathrin Passig und Ira Strübel, „Die Wahl der Qual – Handbuch für
Sadomasochisten und solche, die es werden wollen“
Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2004 (Überarbeitete
Neuausgabe)

6.1.2 Stammtische
Kathrin Passig und Ira Strübel, „Die Wahl der Qual – Handbuch für
Sadomasochisten und solche, die es werden wollen“
Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2004 (Überarbeitete
Neuausgabe)
Zitat: 161-162
http://www.ig-bdsm.ch/index.php?pid=33 (11.4.2007)
http://www.smjg.org/uebersmjg.html (11.4.2007)

6.1.3 SM-Parties und –Clubs


Kathrin Passig und Ira Strübel, „Die Wahl der Qual – Handbuch für
Sadomasochisten und solche, die es werden wollen“
Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2004 (Überarbeitete
Neuausgabe)

6.2 Probleme der Subkultur


6.2.2 Rollenklischees
Kathrin Passig und Ira Strübel, „Die Wahl der Qual – Handbuch für
Sadomasochisten und solche, die es werden wollen“
Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2004 (Überarbeitete
Neuausgabe)
Zitat: S. 303

49
6.3 BDSM im Alltag
6.3.2 BDSM und Kunst
http://de.wikipedia.org/wiki/Nobuyoshi_Araki (11.4.2007)
http://de.wikipedia.org/wiki/Shibari (11.4.2007)
http://www.alwaysontherun.net/velvet.htm#4 (11.4.2007)

6.4 BDSM als Dienstleistung


Kathrin Passig und Ira Strübel, „Die Wahl der Qual – Handbuch für Sadomasochisten
und solche, die es werden wollen“
Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2004 (Überarbeitete
Neuausgabe)

6.5 Verfälschung von BDSM


Kathrin Passig und Ira Strübel, „Die Wahl der Qual – Handbuch für Sadomasochisten
und solche, die es werden wollen“
Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2004 (Überarbeitete
Neuausgabe)
Zitat: S.98
6.5.1 BDSM in der Presse
Artikel aus „20 minuten“ (Mittwoch, 31. Mai 2006): Markus Kick,
„Nachwuchsmanager eifern im Sex ihren Bossen nach“
Kathrin Passig und Ira Strübel, „Die Wahl der Qual – Handbuch für
Sadomasochisten und solche, die es werden wollen“
Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2004 (Überarbeitete
Neuausgabe)
Zitat: S.101-103

6.5.2 BDSM im Fernsehen


Stern TV Reportage: „Qual oder Lust – die bizarre Welt der Dominas“
Ausgestrahlt am 13.3.2007 um 22.05 auf dem Sender VOX
Zitate: Aus der TV-Sendung
Kathrin Passig und Ira Strübel, „Die Wahl der Qual – Handbuch für
Sadomasochisten und solche, die es werden wollen“
Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2004 (Überarbeitete
Neuausgabe)

6.5.3 BDSM in den Köpfen der Gesellschaft


Kathrin Passig und Ira Strübel, „Die Wahl der Qual – Handbuch für
Sadomasochisten und solche, die es werden wollen“
Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2004 (Überarbeitete
Neuausgabe)
Zitat: S. 9

9.2 Bildquellen
Titelbild:
http://images.google.ch/imgres?imgurl=http://www.funandsmile.de/images/product_images/p
opup_images/Badeenteondage.jpg&imgrefurl=http://www.funandsmile.de/popup_image.php/
pID/32&h=600&w=600&sz=172&hl=de&start=23&tbnid=en9ktfAFm4t2RM:&tbnh=135&t
bnw=135&prev=/images%3Fq%3Dbondage%26start%3D20%26gbv%3D2%26ndsp%3D20
%26svnum%3D10%26hl%3Dde%26sa%3DN (11.4.2007)

50
4. Die Entstehung der Begriffe Sadismus und Masochismus und die Entwicklung zur
BDSM-Subkultur
4.1 Donatien de Sade
Abb. 1: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Sade_%28van_Loo%29.png (11.4.2007)
Abb. 2: http://img.search.com/thumb/8/86/Juliette_Sade_Dutch.jpg/230px-
Juliette_Sade_Dutch.jpg (11.4.2007)
4.2 Leopold von Sacher-Masoch
Abb. 3: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:SLeopold_Sacher-Masoch.jpg (11.4.2007)
Abb. 4: http://home.planet.nl/~kludje/wandasachermasoch2.gif (11.4.2007)
Abb. 5: http://www.schreiberundleser.de/images/sl_guidocrepax/titel181.jpg
(11.4.2007)

6. Allgemeiner Beschrieb der Subkultur


6.1 Veranstaltungen und Kontakte
6.1.2 Stammtische
Abb. 6a,b,c: Gescannte Flyer der SMJG, die wir von unserer
Interviewpartnerin Sandra erhalten haben.

6.3.2 BDSM und Kunst


Abb. 7: http://medias.lemonde.fr/mmpub/edt/ill/2006/09/27/h_3_ill817213_
par411910.jpg (11.4.2007)
Abb. 8a: http://www.assemblylanguage.com/artpiecepictures/Araki.JPG
(11.4.2007)
Abb. 8b: http://www.picassomio.com/images/art/pm-35429-medium.jpg
(11.4.2007)
Abb. 8c: http://www.etapes.com/blog/files/images/Thierry/araki2.jpg
(11.4.2007)
Abb. 9: http://ec1.images-
amazon.com/images/P/3548303897.03._AA240_SCLZZZZZZZ_.jpg
(11.4.2007)
Abb. 10: http://images.amazon.com/images/P/0140447814.01.
_SCLZZZZZZZ_.jpg (11.4.2007)
6.3.3 BDSM und Film
Abb. 11: http://www.digitallyobsessed.com/cover_art2/secretary.jpg
(11.4.2007)
Abb. 12: http://www.satt.org/grafiken3/secretary-1.jpg (11.4.2007)
Abb. 13: http://img.clubic.com/photo/00318601.jpg (11.4.2007)

6.5 Verfälschung von BDSM


6.5.1 BDSM in der Presse
Abb. 14: Gescannter Artikel aus Artikel aus „20 minuten“ (Mittwoch, 31. Mai
2006) von Markus Kick: „Nachwuchsmanager eifern im Sex ihren Bossen
nach“
6.5.2 BDSM im Fernsehen
Abb. 15: http://www.stern.de/tv/reportage/584044.html?nv=cp_L2_
(11.4.2007)

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10. Arbeitsprotokoll
Besprechung vom 24.10.2006

Inhalt: Vorbesprechung, Konkretisierung des Konzepts

Protokoll/Ideen:
- Gesellschaftliche Aspekte mit einbeziehen? (Bsp: Dominanz und Unterwerfung im
Berufsleben) Æ Allgemeines gesellschaftliches Portrait über Macht, als Teilthema:
BDSM.
- Idee verworfen, da man BDSM und das gesellschaftliche Phänomen von Dominanz
und Unterwerfung nicht in einen Topf schmeissen kann. Ausserdem: Sexueller Aspekt
finden wir interessanter und füllt durchaus eine ganze Arbeit.
- Darum: Portrait der BDSM Subkultur als sexuelle Minderheit. Weiterer Aspekt:
BDSM als gesellschaftliches Phänomen und nicht als Krankheit porträtieren.
- Entwicklung der BDSM-Subkultur mit der Entwicklung der homosexuellen Subkultur
vergleichen

Vereinbarung:
- Ausgearbeitetes Konzept bis zum 8.11.2006

Besprechung vom 28.9.2006

Inhalt: Besprechung des Konzepts

Protokoll/Ideen:
- Eventuell zu wenig Eigenanteil: Lesen von Romanen als Erweiterung
- Mehr Arbeit mit Medien und Kunst, die BDSM behandeln

Vereinbarung:
- Beginnen der ersten Teile (Definition und Geschichte)

Besprechung vom 5.1.2007

Inhalt: 1. offizielle Besprechung während der Arbeit

Protokoll/Ideen:
- Filmmaterial: Cathérine Breillat
- Besprechen der beendeten Teile
- Aspekt der Frau mehr einbeziehen (durch Breillat)

Vereinbarung:
- Interview-Termin mit einer Domina/einem BDSMler vereinbaren
- Teile 2 und 3 abschliessen
- Vorschau zu den nächsten Themen erstellen
- Vorwort und Einleitung – endlich – schreiben.

52
Besprechung vom 19.1.2007

Inhalt: 2. offizielle Besprechung während der Arbeit

Protokoll/Ideen:
- Absegnung von Einleitung und Vorwort durch M. R. Dean
- Eigenanteil immer noch fraglich? Kontakte mit BDSMlern herstellen (Domina war zu
keinem Interview bereit), dies ist aus repräsentativen Gründen sowieso besser, wie wir
mittlerweile festgestellt haben.

Vereinbarung:
- definitive Interviewpartner suchen, Interviews erstellen

Besprechung vom 12.2.2007

Inhalt: 3. offizielle Besprechung während der Arbeit

Protokoll/Ideen:
- Interviewfragen besprochen und abgesegnet
- Wörterliste erstellen Æ Vereinfachung für Leser

Vereinbarung:
- letzte Teile beenden (Beschrieb der Subkultur), Interviews durchführen

Besprechung vom 12.3.2007

Inhalt: 4. offizielle Besprechung während der Arbeit, Schlussbesprechung

Protokoll/Ideen:
- Interviews beendet, Rückmeldung an M. R. Dean
- Wir befinden uns im Endspurt!

Vereinbarung:
- Baldiger Abschluss der Arbeit
- Letzte Teile wie Schlusswort werden noch von M. R. Dean abgesegnet.

Zu Beginn unserer Maturarbeit erstellten wir diverse Konzepte, die wir im späteren
Arbeitsverlauf wieder verwarfen. Oft liessen wir ganze Thematiken und Aspekte fallen, weil
wir von der Fülle an Informationen und Thesen geradezu überschwemmt wurden. So war für
uns die Entstehung unserer Maturarbeit ein abwechslungsreicher Prozess, dessen Weg immer
wieder neue Richtungen einschlug. Anfänglich wollten wir aufzeigen, in welchen Sparten der
Gesellschaft Dominanz und Unterwerfung einen Platz finden. Unsere ersten Gedanken
drehten sich primär um Hierarchieverhältnisse in der Geschäftswelt und im Sexualleben.
Nach den ersten Recherchen stellte sich aber heraus, dass nur schon ein Portrait der BDSM-
Subkultur allein eine Arbeit füllen würde. Da wir uns schon am Anfang vor allem für die
sexuellen Aspekte dieser Thematik interessierten, fällten wir den endgültigen Entscheid, eine
Arbeit komplett über BDSM zu verfassen.

53
So haben schlussendlich vier Grundthemen ihren Platz in dieser Maturarbeit gefunden – die
Definition des Begriffs und der Grundzüge der Subkultur, der historische Kontext,
Begegnungen mit BDSMlern und ein unserem Eindruck entsprechendes Portrait der
Subkultur. Wir denken, dass wir hiermit die wichtigsten Aspekte von BDSM erwähnt und
erläutert haben.
Auch gab es aber Thematiken, die wir gerne in die Arbeit miteinbezogen hätten, die wir aber
beim besten Willen nicht mehr integrieren konnten. Beispielsweise fanden wir es schade, dass
wir uns auf die westliche BDSM-Kultur beschränken mussten, obwohl auch andere Kulturen,
wie vor allem jene aus dem Orient, über viele weitere interessante Aspekte verfügen.
Die ganze Arbeit hindurch war es für uns immer angenehm, eine Partnerarbeit durchführen zu
können, da es uns so möglich war, mehr ins Detail zu gehen, wobei wir glauben, dass dies
auch nötig war.
In diesem Sinne hoffen wir, auch aus objektiver Sicht – Vieles beruht auf unseren eigenen
Ideen – nun eine solide Arbeit abliefern zu können.

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