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Steinige Schicksalswege der Deutschen Kolonial-Pfadfinder

Von Golf Dornseif

Die bis 1933 in Deutschland aktiven Jugendverbände mit kolonialer Ausrichtung bilden
ein verwirrendes Mosaik voller Spaltungen und Zweckbündnisse auf dem Hintergrund der
Weimarer Republik. Im folgenden Beitrag soll versucht werden, eine historische Auf-
arbeitung zu präsentieren im Rahmen des Möglichen.

Mit dem Begriff „Kolonial-Pfadfinder“ bezeichnet man drei unterschiedliche Pfadfinder-Organisationen


zwischen 1926 und 1933, verbunden durch gemeinsame Wurzeln. Die im Ersten Weltkrieg verloren
gegangenen reichsdeutschen Schutzgebiete bzw. Kolonien sollten auf friedliche Weise zurück-
gewonnen werden, unterstützt durch tatkräftige Förderung qualifizierter Auswanderer. Um 1933 gab
es ungefähr 5.000 Mitglieder von Pfadfinder-Bünden mit kolonialer Orientierung in Deutschland.

Nach 1919 setzte sich die nach wie vor existierende Deutsche Kolonialgesellschaft dafür ein, ju-
gendliche Kolonialbegeisterung neu zu entfachen. Als der sogenannte Kurmarkgau Deutscher Pfad-
finder im Jahr 1925 nirgendwo rechten Anschluss fand, suchte er Kontakte bei der Jugendgruppe der
Deutschen Kolonialgesellschaft und wurde dort an den Deutschen Kolonialverein weiter empfohlen.
Man gründete daraufhin gemeinsam am 5. August 1926 den Kolonialbund Deutscher Pfadfinder
(KBDP).

Aus dem Inhalt


Jugendbewegung auf schwachen Beinen
Verbot der Hitler Jugend in SWA
Allzeit bereit – wie lange noch?
BOY SCOUT und PFADFINDER verwurzelt 


Der Deutsche Kolonialverein setzte kurzerhand August Döring als Bundesführer ein, was allerdings
schon 1927 zu Reibereien zwischen ihm und einzelnen Gruppierungen des KBDP führte. Sie wollten
einen Schulterschluss mit der Bündischen Jugend festigen und anderen Traditionen folgen. Den
Vorkriegsstil des Deutschen Pfadfinder-Bundes lehnte man als überholt ab. Es konnte nicht aus-
bleiben, dass am 4. März 1928 die Stunde der Trennung schlug: Der KBDP operierte fortan zwei-
gleisig als „Bund Deutscher Kolonial-Pfadfinder“ (BDKP), geführt von Ernst Klingelhage, und als
„Kolonialbund Deutscher Pfadfinder“ mit August Döring an der Spitze.

Beide Organisationen beteiligten sich 1928 an der Gründung des „Auslandsamtes der Deutschen
Pfadfinderbünde“, aus dem 1929 wiederum der „Deutsche Pfadfinder-Verband“ hervorging. Die Deut-
schen hatten den Ehrgeiz, möglichst bald aufgenommen zu werden von der „World Organization of
the Scout Movement“.

Nachdem Erhard Pörschmann Anfang 1931 die Leitung des KBDP an sich gezogen hatte, fanden die
rivalisierenden beiden Bünde wieder Gefallen aneinander und beschlossen am 13. Dezember des
gleichen Jahres zu fusionieren. Ernst Klingelhage rückte in die Position des Bundesführers seines neu
entstandenen „Deutschen Kolonial-Pfadfinderbundes“ (DKPB) mit Pörschmann als Stellvertreter.

Im folgenden Jahr propagierte der DKPB vor allem den freiwilligen Arbeitsdienst, für den einzelne
Gruppen bereits in den Vorjahren die Werbetrommel gerührt hatten. Während des Bundeslagers zu
Pfingsten 1932 bekräftigte man die Fusion mit der Wahl von Werner Rohr zum Bundesführer.
Im März 1933 überlegte der DKPB vorübergehend seinen Anschluss beim Großdeutschen Bund, um
mit dieser Notlösung dem Zwang zum Übertritt in die Hitler-Jugend auszuweichen, ließ die Idee aber
später fallen. Stattdessen stellte sich der Bund unter die Schirmherrschaft Franz von Epps, der als
nationalsozialistischer Reichsstatthalter in Bayern die Existenz des DKPB sichern sollte. Der
Schachzug blieb erfolglos. Während des zweiten und zugleich letzten Bundeslagers wurde der DKPB
am 1. August 1933 mit einem Federstrich in die Hitler-Jugend gepresst. Einziger Kompromiss:
Größere Gruppen durften bis 1935 von Fall zu Fall halb selbständige „Koloniale Scharen“ innerhalb
der HJ bilden.

Kolonial-Pfadfindergruppen gab es im damaligen Reichsgebiet mit Schwerpunkten in Brandenburg, im


Rheinland sowie in Sachsen, Jenseits der Grenzen zählte man mehr oder minder kurzlebige
Zusammenschlüsse ähnlicher Art in Österreich, im brasilianischen Bundesstat Rio Grande do Sul, in
Chile und in Südwestafrika. Im gegenwärtigen Namibia gibt es noch heute einen kleinen deutschen
Pfadfinderbund, Sitz Windhuk und Swakopmund.

Mitte oben: Abzeichen der Kolonialscharen innerhalb der Hitler-Jugend ab 1933. – Unten
rechts: Abzeichen des Bundes Deutscher Kolonial-Jugend 1931 bis 1933. – Unten links:
Abzeichen des Kolonialbundes Deutscher Pfadfinder 1926 bis 1933.
Jugendbewegung auf schwachen Beinen
Nach dem Verlust der Schutzgebiete betrachtete die Kolonialgesellschaft es zunächst als eine der
wichtigsten Aufgaben, den kolonialen Gedanken innerhalb der deutschen Bevölkerung wach zu
halten. Am 25. Juni 1920 richtete DKG-Präsident Seitz eine Eingabe an die Regierungen der
damaligen deutschen Bundesstaaten. Er forderte sie darin auf, mit entsprechenden Verfügungen die
Schulleitungen ihrer Länder dazu anzuhalten, den Kolonialgedanken in der Schuljugend zu wecken.

Das Schreiben gab unter anderem zu bedenken: „Wenn der koloniale Gedanke nicht in die Jugend
eingepflanzt wird, so ist mit Bestimmtheit anzunehmen, dass er allmählich verschwindet. Es ist die
Aufgabe der Schule, den Schülern die Wichtigkeit eines überseeischen Besitzes und unserer Inter-
essen für die Zukunft Deutschlands zum Verständnis zu bringen!“

Eine ähnliche Eingabe „zwecks Einführung kolonialer Vorlesungen an sämtlichen Hochschulen“ war
bereits am 4. Juni 1920 an die Kultusministerien der deutschen Bundesstaaten gerichtet worden. Seit
1925 setzte sich an der Berliner Universität ein „Akademischer Kolonialbund“ für die Förderung des
kolonialen Gedankens ein.

Um 1920 dämmerte es den Spitzenfunktionären der Deutschen Kolonialgesellschaft allmählich, dass


ihr Mitgliederschwund bedrohliche Ausmaße annahm. Überalterung machte sich allenthalben bemerk-
bar, und Nachwuchs konnte niemand aus dem Hut zaubern. Immer noch war die DKG-Führung davon
überzeugt, die Zugkraft künftiger neuer Schutzgebiete reiche aus, um die junge Generation zu begei-
stern, wild romantisch untermauert...

Leo Waibel formulierte das in einem DKZ-Artikel 1920 folgendermaßen: „Wer stillt unsere Sehnsucht
nach fernen Zonen? Wer leitet unsere überschäumende Kraft in gute Bahnen? So rufen uns heute
Hunderttausende deutscher Knaben zu, und ihre noch schwachen Stimmen werden zu einem brau-
senden Sturm anschwellen, sobald das Knabenheer erst herangewachsen ist! Ob sich die Gründung
von Jugendvereinen innerhalb der Deutschen Kolonialgesellschaft empfiehlt, muss man abwarten, Ich
meine jedoch, dass man die Jugend nicht erst organisieren muss, um in ihr die koloniale Idee zu
wecken“.

Ernüchternd war die Jugend- und Schulwerbung, geradezu niederschmetternd in vielen Fällen, 1920
berichtete Major Winkler, Angehöriger der DKZ-Werbekommission, über seine Bemühungen um die
Gunst von Schülern und Lehrern:

„Ich hatte an 400 Direktoren höherer Lehranstalten und Rektoren anderer Schulen geschrieben, dass
ich Lichtbilder vorführen wollte, dass Referenten zur Verfügung stehen usw. Auf jene 400 Anfragen
folgten 10 Antworten mit fünf Absagen! Es gelang mir, wenigstens zwei Vorträge mit Erziehern zu
vereinbaren. Beim dritten geplanten Veranstaltungstermin erschien lediglich der Direktor einer be-
nachbarten Schule mit der Nachricht, dass die Schüler zur Zeit streikten. Sie seien nur dann bereit,
sich Vorträge zu Kolonialthemen anzuhören, wenn dies während der üblichen Unterrichtsstunden an-
geboten werde...“
1930 war sich der Verfasser eines Artikels im Organ „Mitteilungen der Deutschen Kolonialgesellschaft“
nicht mehr sicher, ob die im Aufbau begriffene koloniale Jugendbewegung eine „stetige Verjün-
gungsquelle der alten kolonialen Verbände“ werden könne oder eher zur Abspaltung neige.

Kein geringerer als Konrad Adenauer, seit 1931 Vizepräsident der Deutschen Kolonialgesellschaft,
vertrat das Prinzip der Überparteilichkeit „im Sinn einer echten und versöhnenden Integration der
durch die Parteienkämpfe zerrütteten Jugend während der späten Weimarer Republik“.

Originaltext Adenauer: „Was wir heute erleben an extremistischen Lebensäußerungen unserer Ju-
gend, die in ihren radikalisierenden Tendenzen alle Werte individueller Gesittung und staatlicher Ord-
nung bedrohen, das ist alles im wesentlichen irgendein ungestümer Betätigungsdrang und ein Gel-
tungsbedürfnis, das nur deshalb plan- und ziellos umher irrt, weil diesen jungen Leuten wirkliche und
würdige und ihrer Fantasie genügende Möglichkeiten fehlen“. (Juli 1931)

1927 wurde erstmals im Jahresbericht die Vielseitigkeit kolonialer Jugendgruppen betont: „Ertüch-
tigung des Körpers durch Schwimmen und Bogenschießen, dazu Handfertigkeiten tüchtiger
Kolonialpioniere, Wandern und Gelände-Orientierung“. 1926 reiste eine Koloniale Wanderausstellung
durch die Provinzen. Im gleichen Jahr fand die erste Tagung der kolonialen Jugendgruppen zu Pfing-
sten in Bernburg an der Saale statt. Anfang 1927 existierten 122 Jugendgruppen mit 8500 Mitgliedern.
Die sogenannten Korag-Vereine, deren Jugendgruppen sich nicht der DKG angeschlossen hatten,
bildeten eigene Jugendausschüsse, arbeiteten aber eng mit der DKG zusammen.

1931 wurde der Jugendausschuss durch das Jugendamt der DKG ergänzt, das die koloniale Jugend
in einem „Bund Deutscher Kolonialjugend“ neu zu organisieren hatte. Nun zählte die Kolonialjugend
vier Gruppen:

Lesegemeinschaften: Kolonial interessierte Schüler sammelten sich zur gemeinsamen Lektüre der
Jugendzeitschrift JAMBO.

Essen fassen im BDKJ – Zeltlager vor 1933


Schulgruppen: Ein Lehrer engagierte sich als Vertrauensmann.

Jugendgruppen: Sie waren formal selbständig, aber in Orten mit DKG-Abteilungen diesen unter-
geordnet. Es gab noch eine 1930 gegründete Jungkoloniale Reichsarbeitsgemeinschaft, die Führer-
kurse anbot.

Kolonialpfadfinder: (bereits erwähnt)

Für den bescheidenen Erfolg bei der Jugend- und Schulwerbung machte die DKG unter anderem die
Politik verantwortlich, etwa den Schulerlass des preußischen Kultusministers Grimme von 1931, der
die Behandlung der kolonialen Problematik zwar gestattete, aber untersagte, mittelbar oder unmittel-
bar „Kolonial-Propaganda zu betreiben“.

Auch der Akademische Kolonialbund resignierte im Juni 1932 in einer Veröffentlichung: „Leider haben
sich breite akademische Kreise offenbar endgültig damit abgefunden, dass wir unsere Kolonien
verloren haben. Ein nicht zu verkennender wichtiger Faktor in dieser Entwicklung ist die erschrecken-
de Unkenntnis der akademischen Jugend in kolonialen Fragen“.

Landesfahne der Pfadfinder in Namibia

‚Die Deutsche Kolonialgesellschaft blieb für den größten Teil der Jugend eine Art „Honoratiorenverein“
verkalkter Altherren...

1933 meldete die Deutsche Kolonial-Zeitung als Organ der Deutschen Kolonialgesellschaft offiziell:
„Der auf der Kolonialtagung in Frankfurt am Main eingerichtete Reichskolonialbund, der an Stelle der
früheren Kolonialen Reichsarbeitsgemeinschaft die kolonialen Verbände unter der Führung des
Präsidenten der Deutschen Kolonialgesellschaft vereinigt, hat sich seine endgültige Verfassung
gegeben. Sie besagt unter anderem, dass Kolonialverbände und Unternehmen, welche die gleichen
Fachgebiete bearbeiten wie die im Reichskolonialbund zusammengeschlossenen Verbände, dem
Bund nicht angehören dürfen, sondern angehalten werden sollen, sich mit den in Betracht
kommenden Verbänden zu verschmelzen. Damit ist für alle Zukunft die Einheit und Geschlossenheit
der kolonialen Bewegung gesichert und die G r ü n d u n g v o n n e u e n S p l i t t e r o r g a n i s a-
t i o n e n u n t e r b u n d e n.“
Verbot der Hitler-Jugend in Südwestafrika
Während in Deutschland sämtliche Organisationen der Kolonial-Jugend 1933 von der Hitler-Jugend
(HJ) quasi „aufgesogen“ wurden, bemühte sich die NSDAP-Auslandsabteilung im südafrikanischen
Mandatsgebiet Südwestafrika um die Gunst der deutschstämmigen Bevölkerung, vor allem aber um
eine „Gehirnwäsche“ der dortigen Pfadfinder-Gruppierungen mit dem Ziel die Südwester Jugendlichen
(durchweg national-konservativer Gesinnung aus dem Elternhaus) so schnell wie möglich in Hitler-
Jungen mit Braunhemden zu verwandeln.

Erich Lossnitzer, ehemaliger Oberleutnant der Schutztruppe, tauchte überraschend als auserwählter
Partei-Funktionär in Windhuk auf. In der Ausgabe vom Juni 1934 veröffentlichte die Pfadfinder-Zeit-
schrift DER TROMMLER unter anderem folgende Neuigkeit:

„Der neue Landesjugendführer für Südwestafrika hat am 3. Juni 1934 seinen Wohnsitz in Windhuk ge-
nommen. Sein Büro findet man im alten Pfarrhaus, Postanschrift Postfach 24, Telefon 663. Er
beabsichtigt bis Mitte Juli von Windhuk aus die Führung der deutschen Jugend zu übernehmen und
wird seinen Reiseplan durch ganz Südwestafrika am Tag der Deutschen Jugend mit den Unterführern
besprechen. Also vorwärts mit allen Jungen und Mädchen der Hitler-Jugend zum großen Jugend-
treffen und Eurem Führer entgegen!“ – Heil Hitler! Gez. E. Lossnitzer.

Wer war dieser zweifelhafte Revolutionär? Karl Erich von Lossnitzer, geboren am 4. August 1886 in
Riesa (Sachsen) als Sohn des Majors von Lossnitzer. Erich trat 1913 in die Schutztruppe ein und
kämpfte während des Ersten Weltkriegs in DSWA als Offizier bis zur Gefangennahme 1915. Nach
Kriegsende fand Lossnitzer eine Beschäftigung in der deutschen Botschaft zu London und schloss
sich bald der NSDAP an mit neuartigen Aufstiegsmöglichkeiten.

(Anmerkung: DER TROMMLER war seinerzeit keine unabhängige Publikation für Pfadfinder(innen) in
Südwestafrika, sondern ein Public Relations Organ der NSDAP-Auslandsorganisation zur kostenlosen
Verbreitung im Mandatsgebiet SWA).

Erich
 Lossnitzer,
 ehemaliger
 Oberleutnant
 der
 Schutztruppe,
 wandelte
 sich
 zum
 Funktionär
 der

NSDAP‐Auslandsabteilung
und
versuchte
die
südwestafrikanischen
Pfadfinder
um
1934
in
die
Hitler‐
Jugend
zu
überführen,
was
aber
missglückte.
Er
wurde
prompt
ausgewiesen.
Auf großer Fahrt mit kleinen Hindernissen...
Das für Juli 1934 in Windhuk vorgesehene GROSSE PFADFINDERTREFFEN endete mit einem
Skandal: Eine kleine Schar nationalsozialistisch infiltrierter Pfadfinder marschierte demonstrativ mit
Lossnitzer durch die Straßen, während die Mehrheit der unbeeindruckten nationalkonservativen Jun-
gen und Mädchen sich abseits hielt und einen getrennten Umzug inszenierte. Lossnitzer ließ Haken-
kreuz-Fahnen flattern zum Entsetzen aller Buren-Beamten...

Dieses Schauspiel konnten sich die südafrikanischen Polizeibehörden nicht bieten lassen: D. G.
Conradie, Administrator der Union of South Africa für Südwestafrika, ordnete wenige Tage nach der
Nazi-Demo die sofortige Ausweisung Lossnitzers an „wegen Bedrohung der Staatssicherheit“, gestützt
auf eine am 9. Februar 1934 im Amtsblatt veröffentlichte Verordnung (Criminal Law Amendment
Ordinance No. 13). Ihr zufolge konnten „ausländische politische Vereinigungen unverzüglich untersagt
werden bei einer Bedrohung der Staatssicherheit“.

Über Nacht war also Lossnitzer zum Staatsfeind erklärt worden mit allen Konsequenzen. Jene
Ordinance N. 13 wandte sich in ihrer Einleitung „gegen rassistische Propaganda und ähnliche
Aktivitäten subversiver und den Landesfrieden störender Natur“. Das bedeutet praktisch „Verbot
hetzerischer (ausländischer) Druckschriften, der Uniformierung, bestimmter Abzeichen, Fahnen usw.“
Leibesvisitationen weiblicher Verdächtiger durften nur von den südafrikanischen Polizistinnen vor-
genommen werden „zur Wahrung der Sittlichkeit“. Gemeint waren in diesem Zusammenhang vor
allem deutsche Pfadfinderinnen und/oder deren Führerinnen.

Das Verbot der Hitler-Jugend bekräftigte ein zweiter südafrikanischer hoher Beamter, F.P. Courtney
Clarke, Secretary for South West Africa, in Form einer „Government Notice“ wegen öffentlicher
Ruhestörung im Mandatsgebiet der Union. Man konnte alles in zwei Sprachen genau nachlesen:
Afrikaans und Englisch (nicht aber in Deutsch).

Allmählich beruhigten sich die Wogen der politischen Erregung, und im Mai 1935 entschloss man sich
zu einer Neugründung der Deutschen Pfadfinder von SWA auf korrekt demokratischer Basis und
„vollkommen entnazifiziert“. 1938 kam die Zeitschrift DER PFADFINDER monatlich heraus bis zum
Ausbruch des Zweiten Weltkriegs.

In der ersten Ausgabe hieß es unter anderem: „Wir verdanken diese Neugründung nicht zuletzt dem
Entgegenkommen und der Einsicht unserer Regierung im Mandatsgebiet Südwestafrika, die uns
Vertrauen entgegen bringt dank unserer freundschaftlichen Beziehungen zu den Boy Scouts of South
Africa und den Voortrekkers (Buren Scouts). Unsere Jugendbewegung betreibt keine Politik! Wir sind
jetzt südafrikanische Untertanen, aber deutsch geboren und werden Deutsche bleiben!“

Beim Gauturnfest Lüderitzbucht 1939 provozierten diese Fanfarenbläser aus den Reihen der
Pfadfinder die Polizei der Mandatsbehörden (trotz Verbot seit 1934) mit der Siegrune des Deutschen
Jungvolks (Altersgruppe 10 bis 14) in Deutschland. Es passierte nichts...
Es glückte nach und nach, die burische Obrigkeit in Windhuk milde zu stimmen und zum 21. Mai 1935
die „Deutschen Pfadfinder von Südwestafrika“ ins Leben zu rufen. Die deutsche Bezeichnung BUND
blieb untersagt, doch das Motiv PFADFINDER WEISSDORN fand wohlwollend Gnade. Einerseits
blieb das Hakenkreuz logischerweise geächtet, andererseits durfte die historische Reichskriegsflagge
der Kaiserzeit als Bestandteil der Pfadfinderflagge (mit Weißdorn) unbeanstandet überall gezeigt
werden. Auch die Farben schwarz-weiß-rot (Kokarden der Südwesterhüte) fanden Zustimmung als
Traditionsmerkmale. Alsbald rückten 13 Horste mit etwa 1200 Jungen und Mädchen zusammen.
Erlaubtes Höchstalter: 17 Jahre. Der Spielmannszug rekrutierte sich aus Trommlern, Querpfeifern und
Fanfarenbläsern mit einem Tambourmajor.

Spielmannszug der Pfadfinder in Lüderitzbucht vor der deutschen Realschule

Pfadfinder in der Walfangstation Lüderitzbucht; wahrscheinlich 1932


Esel-Transporter für Campingbedarf und Proviant

Sie blickten erstaunt und fröhlich in ihre Zukunft


Man leistete sich sogar einen kleinen Fuhrpark durch Unterstützung der Elternschaft: Da gab es einen
nahezu schrottreifen Chevrolet-Eintonner ohne Kabine und Windschutzscheibe (Kleinlastwagen) na-
mens „Annemarie“ sowie mehrere Eselkarren (zum Gepäcktransport bei Wochenendfahrten in den
Busch mit Camping). Später sammelten die Jugendlichen genügend Geld für einen uralten größeren
Lastkraftwagen.

Was ist nach dem Zweiten Weltkrieg aus den Pfadfindern Südwestafrikas geworden nach so vielen
politischen Umwälzungen? 1990 ging eine Broschüre in Druck mit dem Titel „Deutscher Pfad-
finderbund von Südwestafrika. – Zum 25. Jubiläum 1965 bis 1990.“ Darin kann man unter anderem
nachlesen:

„Der erste Anlauf zur Wiederbelebung der Deutschen Pfadfinder nach dem Zweiten Weltkrieg wurde
von Walter Wojascheck im Jahr 1962 sowie von Wolfgang von Koenen und Achim Wilckens im Jahr
1965 unternommen. Es ging vornehmlich um die Gliederung des Horstes in Jungenschaft und Mäd-
chenschaft bzw. in Kameradschaften und Rotten. Ein weiteres Ziel war, dass innerhalb des Pfad-
finderbundes deutsche und Südwestergeschichte, deutsche Kultur und Tradition gefördert werden sol-
len. Regelmäßige Fahrten und Lager am Wochenende, Sing- und Vortragsabende in einem Raum der
Deutschen Höheren Privatschule Windhuk. Nach einem Jahr zählte der Horst 120 Mitglieder“.

Mittlerweile sind rund 20 Jahre vergangen. Nach der Unabhängigkeitserklärung Namibias im Jahr
1990 änderte sich das bisher wohlwollende Klima unter südafrikanisch-burischer Mandatsregierung
insofern als die neue schwarze Obrigkeit der deutschen Kulturpraxis gleichgültig bis misstrauisch-
ablehnend begegnete, woran sich bis heute nichts geändert hat. Die Pfadfinder begannen zu ver-
zagen und verloren den Boden unter ihren Füßen.

Allzeit bereit – wie lange noch?


In jüngster Vergangenheit befasste sich die deutschsprachige ALLGEMEINE ZEITUNG (Windhuk) in
einer Reportage mit der radikal veränderten Situation in Namibia:

Am Lagerfeuer Stockbrot backen und Fahrtenlieder singen. Ausflüge quer durchs Land – mit dem
LKW oder per Boot unternehmen, Knoten lernen, Spuren lesen und bei gemeinsamen Märschen zu-
sammenwachsen. Die schönsten Erinnerungen haben Klaus Jacobi und seine Frau, wenn sie an all
die Fahrten quer durch Südwestafrika und Südafrika denken, die sie manchmal sogar wochenlang mit
bis zu 30 Pfadfindern hinten auf der Ladefläche ihres Lastkraftwagens unternommen haben...

Eine heute kleine Pfadfindergruppe; Antje Diener (9), Cora (9) und Michelle Starke (7) mit ihrer Lei-
terin Annemarie Ludwig. Aber wie fast alle Traditionsvereine landesweit leidet der „Deutsche Pfad-
finderbund in Namibia“ unter Mitgliederschwund. Waren es in den neunziger Jahren noch mehr als 30,
so sind es jetzt nur noch ein Dutzend...

Die älteren Pfadfinder wie Tochter Astrid (22) haben den Windhuker Horst nach dem Abitur Richtung
Universität und Berufswelt verlassen, und neue kleine Pfadfinder findet man zur Zeit in Windhuk kaum
noch. „In der Gruppe der jungen Pfadfinder haben wir gegenwärtig vier Mitglieder, bei den älteren sind
es fünf, die regelmäßig unsere Treffen besuchen“, erzählt Horst-Führer Klaus Jacobi. In Swakopmund
gibt es aber noch 35 Pfadfinder, in Grootfontein etwa 17. Alle drei Vereinigungen gehören dem
Dachverband sowie der Pfadfinder-Landesführung Namibias an...

Pfadfinder mit Fahne in SWA

Die älteren Pfadfinder Nantwin (16) und Gundolf Kuhn (17) reinigen im Pfadfinderheim ihr Zelt nach
dem letzten Wochenendausflug. Warum finden nur so wenige Interessenten zu den Pfadfindern heut-
zutage? Klaus Jacobi zuckt mit den Schultern und reagiert ratlos. „Vielleicht schaffen es die Eltern mit
ihrer Tageszeiteinteilung nicht mehr, ihre Kinder jeden Freitagabend zwischen 18 und 20 Uhr ins
Pfadfinderheim an der Robert Mugabe Avenue zu kutschieren und dort wieder abzuholen. Vielleicht
unternehmen viele Familien am verlängerten Weekend lieber eigene Ausfahrten mit ihren Jungen und
Mädchen – wer weiß?“
Von den 32 Vereinen in Namibia, die dem Deutschen Kulturrat (DKR) angehören, sind nur die Pfad-
finder an Jugendarbeit interessiert. Klaus Jacobi ist Stellvertretender Vorsitzender des Kulturrats und
hält jede politische Tendenz von seinen Pfadfindern fern. Wer sich den Pfadfindern anschließen
möchte, sollte die deutsche Sprache beherrschen. Mehr wird nicht verlangt. Nach einem Jahr Zugehö-
rigkeit erwartet die Jungen und Mädchen beim traditionellen Thing am Lagerfeuer die Vereidigung,
gestützt auf die 10 Pfadfinder-Regeln wie „ treu – entschlossen – aufrecht – gerecht – ordentlich –
fleißig – hilfsbereit – naturliebend – organisationsfähig – verantwortungsvoll“. Man lernt ein Lager
aufschlagen, Karten- und Fährtenlesen (wilder Tiere Afrikas), Sternenkunde, zuverlässige Knoten
knüpfen...

In den neunziger Jahren unternahmen die Pfadfinder Namibias ab und zu wochenlange Ausflüge in
den Süden des Landes, vorbei vorbei. Im Jahr 2003 untersagte Staatspräsident Sam Nujoma künftige
Kranzniederlegungen der Pfadfinder an den Gräbern der Schutztruppe am Waterberg (wegen der
angeblich politischen Provokation). Damals setzte sich Jacobi kompromissbereit für Änderungen an
den Uniformhüten ein. Bis zur Unabhängigkeit Namibias trugen die Südwester Pfadfinder beige-
farbene Hüte mit Kokarde (schwarz-weiß-rot) und entschlossen sich bald darauf blaue Käppis er-
satzweise einzuführen...

1972 wurde das gegenwärtige Quartier der Pfadfinder an der Robert Mugabe Avenue gegenüber der
Centaurus Schule erbaut, und 1992 legte man den Grundstein zum inzwischen stadtbekannten Turm
des Vereinsheims. Alljährlich finden dort drei Feste statt: Frühshoppen, Schlachtfest und Sundowner
Meeting, alles durch Spenden und Mitgliederbeiträge finanziert...

Für bestandene Prüfungen verleiht der Deutsche Pfadfinderbund in Namibia Abzeichen, die an den
Uniformen getragen werden. Man kennt sechs unterschiedliche „Proben“ sowie zahlreiche Abzeichen
mit dem Roten, Gelben und Blauen Weißdorn-Symbol, dazu die Speer- und Buschmannsprobe neben
dem Reiter von Südwest.

Die drei Weißdorn-Symbole bilden die Wissensgrundlage des Pfadfinders. Der Rote Dorn umfasst 10
Fachgebiete, mit denen ein tüchtiger Junge vertraut sein sollte: Gemeinschaft im Horst, Erste Hilfe,
Lagerleben, Pionierdienst, Karten-, Stern- und Wetterkunde, Botanik, Zoologie und Marschdisziplin.
Der Gelbe und/oder Blaue Weißdorn erweitert die Qualifikation: Tagesmarsch ohne Gepäck als Ein-
gangsstufe bis zum Zehnkilometermarsch mit Gepäck nach Kompass und Landkarte.

Im Alter zwischen 14 und 16 Jahren erleben die Jungen dann ihre Speer- und Buschmannsprobe mit
Überlebenstraining im Busch. Für erstklassige Leistungen gibt es das Abzeichen „Reiter von Südwest“
nach anderthalb Jahren Übungszeit.

Als Namibia 1990 unabhängig wurde, brach die Führungsstruktur der Südwester Pfadfinder rasch
zusammen: ein letztes Gruppenbild aller Jugendleiter zur Erinnerung an unbeschwerte Zeiten unter
Buren-Aufsicht...
BOY SCOUT und PFADINDER mit gemeinsamen Wurzeln
Es ist nur wenigen Historikern bekannt, dass während des mehrjährigen Burenkriegs in Südafrika um
das Jahr 1900 jugendliche britische Freiwillige aus der Farmerbevölkerung von General Robert
Baden-Powell als Späher und Kundschafter zwischen den Fronten eingesetzt wurden, um die Bewe-
gungen des Gegners besser verfolgen zu können: man nannte diese Knaben BOY SCOUTS.

Im Jahr 1909 verfasste der mittlerweile ins Zivilleben heimgekehrte Kolonialoffizier in London ein
Handbuch SCOUTING FOR BOYS, sinngemäß übersetzt etwa „Geländespiele für Jungen“, weil der
zum Pazifismus bekehrte Krieger etwas zur sportlichen Ertüchtigung und sittlichen Reife der
englischen Kinder beitragen wollte. Das Druckwerk fand überall lebhafte Zustimmung und reißenden
Absatz.

In jenen Jahren taucht eine weiter „Schlüsselfigur“ in der Pfadfinderhistorie auf: Hauptmann (später
Major) Maximilian Gustav Stephan Bayer (literarisches Pseudonym Jonk Steffen), 1904 zum
Oberkommando der Schutztruppe als zweiter Generalstabsoffizier während des Herero Aufstands
abkommandiert. In diesem Zusammenhang schloss er Freundschaft mit dem Stabsarzt Dr. Alexander
Lion, verlor ihn Umstände halber aus den Augen und erlebte ein freudiges Wiedersehen während
einer Berliner Tagung der Deutschen Kolonialgesellschaft im Jahr 1909.

Sowohl Bayer als auch Lion hatten ein Herz für fortschrittliche Jugendbetreuung. Der Mediziner
erzählte tief beeindruckt von einem Besuch in London bei Robert Baden-Powell und seiner Idee, so
bald wie möglich eine deutsche Ausgabe von SCOUTING FOR BOYS heraus zu bringen, unterstützt
von Freund Bayer. Bereits im Mai 1909 konnte man das PFADFINDERBUCH in Berlin erwerben, und
1911 erschien die zweite Auflage. Es war Hauptmann Bayers ausgereifte Überlegung, den englischen
Begriff BOY SCOUTS für den deutschen Gebrauch in PFADFINDER zu verwandeln.

Im Januar 1909 schlug in Berlin die Geburtsstunde des Fördervereins für die Pfadfinder-Idee mit der
Bezeichnung JUGENDSPORT IN FELD UND WALD. Hauptmann Bayer stellte sich als Vorstands-
mitglied zur Verfügung, und Generalkonsul Georg Baschwitz leistete großzügige finanzielle Unter-
stützung.

Hauptmann Maximilian Bayer darf (auch)


als Gründervater der deutschen
Kolonial-Pfadfinder angesehen werden,
zumindest aber der Pfadfinder-Idee
(allgemein) in Deutschland.

Der Pionier fortschrittlicher Jugendarbeit


hatte einen schweren Kampf auszufechten
gegen Anti-Semitismus, Klerikalismus und
stumpfsinnigen Nationalismus.
Das Militär verachtete ihn als einen
„vaterlandslosen Gesellen“, weil ihm
die britischen Boy Scouts als Vorbild
dienten...
Urplötzlich sammelten sich die aufgeschreckten Gegner in einer grotesken Allianz: Ultra-Nationalisten
verdammten „diese überflüssige englische Importware“, klerikale Kreise unterstellten, dass die Pfad-
finder vom sonntäglichen Kirchgang ablenkten, Antisemiten verhöhnten den Juden Baschwitz als
Jugendverderber und sogar hohe Offiziere der Armee äußerten sich verächtlich.

Hauptmann Bayer geriet in existentielle Bedrängnis, weil ihn seine Vorgesetzten als „vaterlandslosen
Gesellen“ diskriminierten. Er ließ die Funktionen im Vereinsvorstand ruhen und den eigenen Namen
auf der Titelseite des Pfadfinder-Handbuchs löschen, sodass der Mediziner Lion allein verantwortlich
zeichnete. Bayer musste mehrere Monate Urlaub beanspruchen, um ein Herzleiden als Folge der
Aufregungen zu kurieren.

Im Mai 1911 erschien zwar die zweite Auflage des Pfadfinder-Handbuchs, doch war es inhaltlich
„vollkommen überarbeitet“, das heißt stramm deutsch-national umgeschrieben. Ausgerechnet Turn-
vater Jahn musste jetzt statt Baden-Powell als Leitfigur dienen! Bayer riskierte es wieder als Mitver-
fasser im Titel genannt zu werden, allerdings schweren Herzens. Nachdem 1911 in Berlin der Deut-
sche Pfadfinderbund zustande kam, rückte Hauptmann Bayer in die Position des Ersten Reichs-
feldmeisters (bis zu seinem Tod an der Westfront im Ersten Weltkrieg).

Im Oktober und November 1912 setzte nochmals unverhofft eine Hetzkampagne gegen Bayer und
Lion ein, ausgelöst durch General von Jacobi. Die üblichen Anschuldigungen: Mangelhafte Vater-
landsliebe, zweifelhafte Kaisertreue, Verletzung religiöser Empfindungen usw. Von Jacobi verbreitete
sogar (auf eigene Kosten) eine widerwärtige Schmähschrift, durch und durch antisemitisch
aufgezäumt (wegen Dr. Lions jüdischer Herkunft). Nicht zuletzt spottete von Jacobi mit dem Hinweis
auf den Verein JUDENSPORT IN WALD UND FELD (statt Jugendsport). Förderer Baschwitz war in
den Augen des Generals „ein wichtigtuerisches jüdisches Subjekt“.

Im Februar 1912 beteiligten sich Bayer, Dr. Lion und Herr von Seckendorff als Autoren an dem von
Elise von Hopffgarten herausgegebenen „Pfadfinderbuch für junge Mädchen“ (ohne nationalistische
Parolen und klerikale Scheuklappen). Darin findet man zahlreiche Hinweise auf die damals ent-
stehende Frauenbewegung. Es war Bayers Verdienst, unverdrossen auch den Bund Deutscher Pfad-
finderinnen zu unterstützen in dessen Aufbauphase.

Dr. med. Lion diente zeitweise


als Sanitätsoffizier in der Schutztruppe
Südwestafrikas und lernte dort
seinen späteren Freund Hauptmann
Bayer kennen, mit dem er das erste
deutsche Pfadfinder-Handbuch
konzipierte nach englischem Vorbild
bzw. nach den Vorstellung von
Baden-Powell.
1913 wurde Bayer zum Major befördert mit Dienstsitz in Halberstadt beim Stab des II. Bataillons im
Infanterie-Regiment Nummer 27. Es blieb ihm genügend Freizeit, um sich seinen geliebten Pfad-
findern intensiv zu widmen. So veranstaltete er am 19. Oktober 1913 mit 2000 Pfadfindern einen Fest-
zug während des Jubiläumsjahrs „100 Jahre Völkerschlacht bei Leipzig“ in Berlin (mit großer Werbe-
wirkung). 1914 nahm Bayer am Feldmeistertag des BDP teil, wobei die Jugendlichen den Kronprinzen
begrüßten sowie dessen Staatsgast König Carol II. von Hohenzollern-Sigmaringen (aus Rumänien).
1600 Pfadfinder und 100 Feldmeister erschienen damals in Berlin versammelt.

Major Bayer wirkte während des Ersten Weltkriegs vom August 1914 bis Januar 1915 als Stadt-
kommandant in Brüssel. Anschließend rief man ihn zurück nach Berlin, wo er ein Konzept ausarbeiten
sollte zum Aufbau einer türkischen Pfadfinder-Organisation (weil die Türkei damals mit dem Kaiser-
reich verbündet war). Die Türken fanden das deutsche Vorbild großartig.

Als während des Ersten Weltkriegs die Finnen ihre Unabhängigkeit vom russischen Zarenreich er-
kämpfen wollten und Freiwilligen-Einheiten aufstellten, sagte Deutschland Unterstützung zu und be-
auftragte Major Bayer mit der Ausbildung sogenannter Finnischer Jäger in Lokstedt bei Hamburg,
anfangs getarnt als „Pfadfinder-Feldmeister-Lehrgang“. Es folgten Einsätze an der Ostfront in Kurland,
wo Bayer mit dem Eisernen Kreuz Erster Klasse ausgezeichnet wurde.

Am 22. Oktober 1917 fiel Major Bayer in Lothringen vor dem Feind und ruht seit Oktober 1926 in
einem Familiengrab auf dem Hauptfriedhof zu Mannheim (nach mehreren Umbettungen). Seit 1977
erinnert auf Burg Waldeck im Ehrenhain der deutschen Jugendbewegung ein Gedenkstein an den
Mitbegründer der deutschen Pfadfinder Gemeinschaft. Dr. Lion überlebte glücklicherweise als Jude
das Dritte Reich und verstarb nach Kriegsende.

Quellen
Wikipedia Lexikon

Nöhre, J.: Das Selbstverständnis der Weimarer Kolonialbewegung


(Münster 1997)

Seidelmann, K.: Pfadfinder in der deutschen Jugendgeschichte


(Hannover 1977)

Deutscher Pfadfinderbund Namibia


(Windhuk 2008)

Verband Deutscher Altpfadfindergilden / Geschichtswerkstatt


(Niederkassel 2008)

Allgemeine Zeitung
(Windhuk 2010)

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