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Textgestaltung

Der Hauptteil der Texte enthält neben den zwischen 1755 und 1763 veröffent-
liditen kleinen Sdiriften und den ausgewählten Vorreden drei frühe, unvollendete
Aufsätze, die Winckelmann noch vor den „Gedancken über die Nachahmung"
begonnen hatte, weiterhin das wichtige Fragment „Reifere Gedancken über die
Nachahmung" und die bereits im vierten Band der Briefe Winckelmanns abge-
druckten Entwürfe zu verschiedenen Sendschreiben. Letztere sind von Walther
Rehm noch einmal in die vorliegende Ausgabe aufgenommen worden, da sie
zeitlich und thematisch zu den „Kleinen Schriften" gehören und sehr schön einen
Grundgedanken Winckelmanns verdeutlichen: seine Uberzeugung, daß man „allein
in Rom", im Angesicht der Kunstwerke selbst, und in der Freiheit, die der Gelehrte
und der Liebhaber der Künste in dieser „Hauptstadt der Welt" genießen, über
die Kunst schreiben könne.
Der dem Hauptteil folgende Anhang sollte Auszüge aus anderen Werken Winckel-
manns sowie Entwürfe zu später fertiggestellten Abhandlungen enthalten. Zu
diesem Zweck hatte W. R. die Entwürfe zu der „Beschreibung des Torso im
Belvedere" (S. 169 ff.) bearbeitet und einige Seiten aus Winckelmanns letztem
Werk, den „Anmerkungen über die Geschichte der Kunst", mit einem Einschub aus
der zweiten Auflage der „Geschichte der Kunst" vereinigt. Mit dem Abdruck und
der Kommentierung dieser Auszüge, den „Erinnerungen über die Begriffe der
Schönheit in Werken neuerer Künstler", wollte W. R. noch einmal Winckelmanns
Auseinandersetzung mit der modernen Kunst, die vor allem die Aufsätze „Erinne-
rung über die Betrachtung der Werke der Kunst" und „Von der Grazie in
Werken der Kunst" (S. 149 ff.; 157 ff.) bestimmte, in Verbindung mit seinem
Schönheitsbegriff darlegen. Die nunmehr an erster Stelle stehende „Beschreibung des
Apollo im Belvedere" war dagegen von W. R. nicht vorgesehen. Der Verzicht auf
ein für Winckelmanns Kunstbetrachtung so wesentliches Stück hing offensichtlich
mit der 1955 erschienenen Monographie Hans Zellers, „Winckelmanns Beschreibung
des Apollo im Belvedere", zusammen; hier war dieser Text mit den beiden Brief-
fassungen der Beschreibung (s. Br. I, S. 296—299) und mit den Entwürfen in einer
Beilage neu ediert worden. Als jedoch Anfang 1966, im Zusammenhang mit den
abschließenden Arbeiten an diesem Band, mit Hans Zeller vereinbart wurde,
neben den Entwürfen zu der „Beschreibung des Torso" auch die Entwürfe zu
der „Beschreibung des Apollo" in den Anhang aufzunehmen, mußte selbstver-
ständlich die endgültige Fassung der Apollo-Beschreibung in der „Geschichte der
Kunst" ebenfalls abgedruckt werden. Die Textgestaltung der Entwürfe zu der
„Beschreibung des Apollo" hat Hans Zeller selbst übernommen und ihre Druck-
legung überwacht.

Die Wiedergabe der Schriften erfolgte nach den Erstdrucken, da sämtliche hand-
schriftlichen Vorlagen zu Winckelmanns Werken verschollen sind. Zu dem kurzen
Xenophon-Fragment und zu den Entwürfen lagen Handschriften vor, und für

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di« beiden frühen Aufsätze, „Beschreibung der vorzüglichsten Gemälde der


Dreßdner Gallerie" und „Gedanken vom mündlichen Vortrag der neueren allge-
meinen Geschichte", standen dank dem Entgegenkommen des Goethe-Museums
Düsseldorf (Anton und Katharina Kippenberg-Stiftung) Photokopien der Ab-
schriften zur Verfügung. Die oben erwähnten, im vierten Band der Briefe abge-
druckten Sendschreiben wurden noch einmal genau nach den Handschriften durch-
gearbeitet. Der unterschiedliche Gebrauch der Verdoppelungen, also von m und mm,
η und nn, 1 und 11, t und tt durfte nun nicht mehr wie in den Briefbänden ausgeglichen
werden (vgl. dazu die Ausführungen in Band I,S. 501); die Auflösung der in den Hand-
schriften (und Abschriften) gebräuchlichen Abkürzungen wie „neml." oder „mögl."
sowie „u." wurde hingegen beibehalten. Nur die Wiedergabe der Pariser Entwürfe
zur Apollo-Beschreibung sowie die des kurzen Autographs der Laokoonstelle aus
der Erstlingsschrift (abgedruckt in den Erläuterungen, S. 326) halten sich auch in
diesem Punkt genau an die Vorlage. Die in den Handschriften öfter nur durch
einen Schnörkel bezeichnete Endung „en" (bzw. „em") wurde stets ausgeschrieben.
Grammatikalische Eigenheiten, wie etwa die häufige, für Winckelmanns mär-
kische Abstammung bezeichnende Verwechslung von Dativ und Akkusativ, sowie
die unterschiedliche Interpunktion blieben unangetastet. Eindeutige Verschreibungen
in den Handschriften wurden verbessert, allerdings mit großer Vorsicht: im Frag-
ment „Über Xenophon" ist „Thukidydes" zu lesen und in den Pariser Apollo-Ent-
würfen „Hiacynthus". Bei der Ausmerzung von Druckfehlern in den Erstdrucken
kann man sich zumeist auf Winckelmann selbst berufen, ζ. B. bei „Kransfiguration"
anstelle „Transfiguration". Er hält mit seiner Empörung über die Fehler in den Brie-
fen an seinen Verleger nicht zurück und zählt sie wiederholt auf; in den Erläuterun-
gen wird im einzelnen darauf verwiesen. Fehlende Akzente in den griechischen Zi-
taten wurden nicht nachgetragen. Zu Winckelmanns unterschiedlichem Akzentge-
brauch ist auf Hans Zeller zu verweisen (Beschreibung a. a. O. S. 42) mit dem Zu-
satz, daß nicht nur, wie Zeller angibt, in den Handschriften die Akzente ausgelas-
sen sind, sondern teilweise auch in den Drucken (vgl. ζ. B. im vorliegenden Band
S. 185 und 260).
Der einzige gravierende Eingriff bei der Textwiedergabe, der Verzicht auf Her-
vorhebung von Namen, bedarf einer Rechtfertigung, und Winckelmann soll zu die-
ser Frage selbst zu Wort kommen. Ein Blatt, das nach seinem Tod unter den Papie-
ren zur zweiten Auflage der „Geschichte der Kunst des Alterthums" gefunden wurde
und dessen Text der Herausgeber dieser Neuauflage in der Vorrede S. X X I f.
abgedruckt hat (vgl. dazu die Angaben im vierten Band der Briefausgabe, S. 442),
enthält Erinnerungen für den künftigen Herausgeber der „Geschichte der Kunst",
in denen unter Punkt 1 folgende Anweisung zu lesen ist: „Die nomina propria sind
mit nicht größeren Buchstaben zu drucken, weil dieses die Harmonie des Druckes
unterbricht." In Winckelmanns Exzerpten und Entwürfen ist so gut wie nichts durch
Unterstreichungen hervorgehoben (dazu G. Baumecker, Winckelmann in seinen Dresd-
ner Schriften, S. 40, Anm. 1), und auch in den Autographen der Briefe findet man
sie selten; bei den wenigen Stellen ist es noch nicht einmal sicher, ob sie wirklich von
Winckelmann selbst oder von den ersten Editoren der Briefe stammen. Aus diesem
Grund hatte W. R. sie in der Ausgabe der Briefe nicht übernommen. In der Erst-
lingsschrift sind keine Namen, sondern nur einige Bezeichnungen durch stärkeren

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Druck kenntlich gemacht; die zwei ersten Beiträge für die „Bibliothek der schönen
Wissenschaften und der freyen Künste" und die spätere »Abhandlung von der Fähig-
keit der Empfindung des Schönen in der Kunst" bringen keinerlei Hervorhebungen,
und in den „Anmerkungen über die Geschichte der Kunst des Alterthums" fehlen sie
fast ganz. So war es wohl zu verantworten, bei a l l e n Beiträgen in diesem Band
die „Auszeichnungen" der Namen zu unterlassen; andere Hervorhebungen in den
Schriften, wie ζ. B. solche bei Sadi- oder Titelangaben, wurden beibehalten und
durch Kapitälchen kenntlich gemacht.
Eine weitere Abweichung vom Originaltext hat sich durch die heute allgemein
übliche Verwendung der Antiqua ergeben. Winckelmann schrieb deutsche Schrift,
seine Werke sind der Zeit entsprechend in Fraktur gesetzt. Selbstverständlich er-
schienen aber in Schrift und Druck fremdsprachige Namen und Zitate in lateinischen
Buchstaben. In den noch in Fraktur gedruckten Briefbänden konnte diese Unter-
scheidung beibehalten werden. Für den vorliegenden Band ergab sich folgende Alter-
native: entweder durchgehend in Antiqua zu setzen oder die fremdsprachigen Worte
durch kursiven Satz wiederzugeben. Um auch hier „die Harmonie des Druckes" nicht
zu unterbrechen, wurde der erste Weg gewählt. Die kursive Schrift sollte aufgespart
bleiben für alle Zutaten des Herausgebers, ζ. B. für Titel, die nicht von Winckel-
mann selbst stammen, sowie für Hinweise im Text und in den Lesarten. Nach diesem
Grundsatz sind auch die Zeilenzähler, die den Gebrauch der Erläuterungen erleich-
tern werden, kursiv gesetzt.
In den Kolumnentiteln sind die Originalseitenzahlen angegeben, der entspre-
chende Ubergang von einer Originalseite zu anderen ist im Text mit einem senkrech-
ten Strich bezeichnet. Im Abdruck der „Gedancken über die Nachahmung" stehen,
unterschieden durch den Zusatz von Α und B, die Hinweise auf beide Ausgaben
(1755 und 1756). Die Wiedergabe der Fußnotenbezifferung bereitete einige Schwie-
rigkeiten; sie konnten durch Übernahme der senkrechten Striche auch in die Anmer-
kungen behoben werden. Diese Regelung hatte den Vorteil, die Ziffern der Origi-
naldrucke sowohl im Text als auch in den Anmerkungen übernehmen zu können,
obgleich im Neudruck die Seiten und Zeilen dem alten Text natürlich nicht mehr
entsprechen. E. R.

Gebrauch der Klammern im Text


Im Text Winckelmanns haben gerade runde Klammern (—) die Bedeutung der
Parenthesen; daneben verwendet Winckelmann, belegt durch handschriftlich erhaltene
Briefe, öfter eine aus Strich und Punkten (oder nur aus Strichen) bestehende Klam-
mer Sie erscheint in den beiden abschriftlich erhaltenen Aufsätzen (Beschrei-
bung und Vortrag Geschichte) und wurde in den Druck übernommen. Eckige gerade
Klammern [—] innerhalb der Texte sind Verbesserungen und Zusätze, eckige kursive
Klammern [—] Tilgungen des Herausgebers. Alle Angaben des Herausgebers zum
Text sind in kursive runde Klammern gesetzt ( - ) . Streichungen Winckelmanns in
den Manuskripten sind durch spitze Klammern ) gekennzeichnet. Das Entwick-
lungszeichen > ( = geändert zu) erscheint im Apparat zu einigen Entwürfen. Eine
Tabelle der Klammern findet man im Verzeichnis der Abkürzungen, S. 302.

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