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Spezielle Kommunikations- und Handlungskompetenzen 2

Dr. Peham Doris

Institut für psychosoziale Intervention und Kommunikationsforschung

WS 2017 / 2018

Emotionspsychologie und Glück – Ein Querschnitt

29.04.2018

Felix Hummel Matrikelnummer 01417772

Neurauthgasse10 Studienkennzahl C 033 645

6020 Innsbruck F.Hummel@student.uibk.ac.at

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Geschichte der Emotionsforschung

2.1 Philosophiegeschichtlicher Umgang mit Emotionen im


fernöstlichen Raum

2.2 Umgang und Verständnis von Glück in der Emotionspsychologie


2.3 Glück in Abgrenzung zu weiteren positiven Emotionen

4 Aussichten der Glücksforschung

5. Zusammenfassung

6. Literaturverzeichnis

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1. Einleitung

Glück in aller Munde – es gibt wohl kaum ein Phänomen innerhalb des Spektrums an
Emotionen welchem mehr Aufmerksamkeit zugetragen wird als dem Glück. Dass dem
Erleben von Glück verschiedene Ursachen und Intensitäten zugrunde liegen, mögen
folgende Aussagen griechischer und römischer Philosophen andeuten:

Seneca´s Aussage

„What is the happy life? It is peace of mind, and lasting tranquility”


(Averill zit. nach Cloninger, 2004, S. 5)
lässt auf ein Verständnis von Glück schließen, dass auf Zufriedenheit aufbaut.
Horace hingegen sieht im Gleichmut den Schlüssel zum Glück:
“Marvel at nothing – that is perhaps the only thing, Numicius, that can make a man
happy and keep him so.” (ebd.)

Aristoteles´ Begriff der Eudämonie implementiert wiederum eine Art des erfolgreichen
Lebens:

“If we are right in our view and happiness is assumed to be acting well, the active
life will be the best.” (ebd.)

Obgleich die angeführten Zitate der philosophischen Tradition entspringen, besitzen ihre
Aussagen eine gewisse Relevanz für die heutige Emotionsforschung. In der Psychologie
haben sich zur Erforschung des Phänomens „Glück“ diverse Traditionen entwickelt,
welche unter dem Begriff „Wohlbefindensforschung“ zusammengefasst werden: (Vgl.
Otto, 2000, S. 221)

Die Sozialindikatorenforschung betrachtet Glück und Zufriedenheit als subjektive


Bestandteile der Lebensqualität unter bestimmten gesellschaftlichen. Bedingungen und
Bereichen. Die Gerontologie definiert Glück als Indikator erfolgreichen Alterns, während
die Stimmungsforschung Menschen durch experimentelle Anordnung in positive/negative
Stimmung zu versetzen versucht um dabei ablaufende kognitive Prozesse zu beobachten.
Wie wir sehen gibt es Unterschiedliche Ansätze der Glücksforschung. Da die moderne
Emotionspsychologie an eine lange Tradition der Glückforschung anschließt, möchte ich
daher zunächst eine geschichtliche Aufarbeitung des Themas vornehmen. Darin möchte

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ich kurz skizzieren, mit welchen Methoden und Ansätzen die Glücksforschung in der
Vergangenheit stattgefunden hat und wie sich eine Entwicklung zu Ansichten der
modernen Psychologie nachvollziehen lässt. Eine Definition geht einher mit Abgrenzung
zu dem, was das definierte Phänomen nicht ist. Wie in den oben angeführten Zitaten zu
beobachten ist, scheinen nicht nur die Ursachen für Glück subjektiv zu sein, sondern auch
die Intensität des Gefühls. Um ein differenziertes Bild zu erhalten möchte ich daher eine
Abgrenzung zu anderen positiven Emotionen wie Zufriedenheit und Freude vornehmen.
Zu guter Letzt soll ein Blick auf aktuelle Entwicklungen und Aussichten der
Glücksforschung geworfen werden.

2. Die Geschichte der Emotionsforschung

Bei der zu dieser Arbeit zur Hand genommenen Literatur besteht der eindeutige Konsens
über die Philosophie als Ursprung der Beobachtung von Emotionen. (vgl. Schmidt-Atzert/
Peper/ Stemmler; (2014), S.11; Ulrich/Mayring (2003), S.11) Während sich im
fernöstlichen Raum die philosophischen Traditionen des Buddhismus, Hinduismus,
Konfuzianismus und Taoismus gebildet haben, befand sich im damaligen Europa das alte
Griechenland in der Hochblüte der philosophischen Disziplin. Im Mittelalter vollzog sich
ein Übergang von der vernunftgesteuerten Denkweise der griechischen Philosophie hinzu
einem durch den christlichen Glauben dogmatisierten Umgang mit Emotionen. Diese
wurden zwar stark betont, jedoch stets im Sinne einer dem Glauben dienenden Funktion.
(vgl., ebd., S.15). Mit dem Übergang zum Zeitalter der Aufklärung wurde den Emotionen
eine eigenständige Form zugesprochen, losgelöst von der einengenden Dogmatik der
Religion. Descartes begründet mit seinem „Mensch als Maschine“ ein Konzept strenger
Dualität von Körper und Geist, wonach Emotionen rein auf Grundlage körperlicher
Prozesse erklärt werden. (vgl. ebd.) Er definiert dabei Emotionen wie Achtung,
Missachtung, Seelengröße, Hochmut, Schauder, Begierde, Freude etc. Kant wie Cicero und
Tetens wiederum sehen in Emotionen einen Feind der Vernunft wie folgende Aussage von
Kant zum Ausdruck bringt:

„Affekten und Leidenschaften unterworfen zu sein, ist wohl immer Krankheit des Gemüts,
weil beides die Herrschaft der Vernunft ausschließt…“ (ebd, S.19)

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Im 19. Jahrhundert wurden aufgrund der sprunghaften Entwicklung vieler biologischer,
medizinischer und psychologischer Disziplinen einige Theorien begründet, welche die
maßgebliche Uneinigkeit der Emotionspsychologie zu dieser Zeit aufzeigen und zugleich
wichtige Stellvertreter der modernen Psychologie sind:

James´ peripher- psychophysischer Ansatz verknüpft Psychologie mit Perspektiven der


Naturwissenschaft. Ihm zufolge lässt sich zunächst ein Ereignis beobachten, woraufhin
eine affektive körperliche Handlung folgt. Erst „das Bewusstsein dieser physischen
Erfahrung ist dann die Gemütsbewegung“ (ebd., S.21). Der zentral-psychophysiologische
Ansatz nach Wundt sieht Emotionen als „subjektive Bewusstseinselemente mit
physiologischen Korrelaten“ (ebd.) wonach dem subjektiven Erleben zentrale Bedeutung
beigemessen wird. Wundt definiert drei Dimensionen psychischer Gebilde: Lust/Unlust,
Erregung/Beruhigung und Spannung/Lösung. (vgl. ebd., S.22) Brentano hingegen gesteht
Emotionen eine eigenständige seelische Existenz zu, wonach Gefühl als Grundvermögen
des Mensch-Seins betrachtet wird (vgl.ebd. S.24) Dieser Ansatz wird im Zweig der
psychomentalen Theorien verortet und stellt einen krassen Gegensatz zu evolutions-
biologischen Ansätzen, mit Darwin als bekanntem Vertreter, dar. Ein wichtiges Gesetz im
Rahmen dieser Theorie ist „das Prinzip zweckmäßig asociierter Gewohnheiten“ (ebd. S.
26), wonach Muster von Gefühls- und Handlungsabläufen Gewohnheiten erzeugen, welche
in automatisierter Form das Verhalten von Menschen bestimmen können ohne jedoch einer
situationsspezifischen Zweckmäßigkeit zu unterliegen. Darwins evolutionsbiologischer
Zugang bezieht sich stets auf die Frage: „Wie helfen Emotionen dem Menschen bei der
Bewältigung seiner „Überlebens“- Aufgaben?“ (Ulich; 1995; S.105) Wie lassen sich die
skizzierten Theorien rückblickend in ihrer Relevanz für die moderne Psychologie
betrachten?

Schmidt-Atzert sieht jene Theorien als Errungenschaften der „goldenen Jahre“, da sie
maßgeblich Erklärungsansätze zur Entstehung von Emotionen lieferten. Der
Behaviorismus der folgenden Jahre führte dazu, dass Emotionen weitestgehend keine
Beachtung fanden, womit das „finstere Mittelalter“ in den 1960er Jahren beginnend mit
Arnold (1960) durch die „Renaissance“ der Emotionspsychologie abgelöst wurde. (vgl.
Schmidt-Atzert; 2014)

2. 1 Philosophiegeschichtlicher Umgang mit Emotionen


im fernöstlichen Raum
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Während die moderne Psychologie erst seit Ende des 19. Jahrhunderts das Phänomen der
Emotionen untersucht, steht dieser eine philosophiegeschichtliche Untersuchung von fast
zweitausend Jahren gegenüber. Neue Konzepte, Theorien wie auch gesellschaftliche
Entwicklungen prägten den Umgang mit Emotionen. Im fernöstlichen Raum bilden sich
um etwa 500 v.u.Z. Denk- und Erfahrungstraditionen welche das Streben nach Glück als
Ganzheitlichen Weg erklären, wobei das Leiden der Existenz als Triebkraft dient und
dieses nur auf einem Weg der geistigen Entwicklung zu überwinden möglich ist. (vgl.
Ulich/Mayring, 2003, S.12) Hierbei begründeten sich im Altindischen wie Altchinesischen
Raum Philosophien, die auf Vervollkommnung des Menschen zielen (ebd., vgl.S.12-14)
Im Altindischen Raum sind der Buddhismus sowie auch der Hinduismus Vertreter der
geistigen Strömungen, wobei Mayring hierbei das untrennbar mit dem Leben verbundene
„Leiden“ als Ursache für das Entstehen der Bewegungen sieht. Jedoch gibt es zugleich
einen Ausweg, bestehend aus Sichtweise, Mediation und Handlung um die Begierden zu
bekämpfen und den „Durst“ aufzuheben. (ebd., vgl. S.12)

Hierbei sei zu erwähnen, dass das „Leid“ wie Mayring es formuliert und dabei parallelen
zum Leidensgedanke des Christentums zieht, lediglich eine oberflächliche Gemeinsamkeit
aufweist. Er formuliert drei Grundgedanken der buddhistischen Weltanschauung:

- „Die negative Emotion des Leidens wird als universal, alles menschliche Dasein
kennzeichnend angesehen“

- „Ursache des Leidens sind Begierde und sinnliche Lust“

- „Eine Aufhebung des Leidens ist nur auf geistigem Wege möglich“ (ebd., S. 13)

Mayring betont dabei verstärkt die ersten beiden Punkte. Ein anderer Ansatz wird in dem
wissenschaftlichen Artikel „Buddhist and Psychological Perspectives on Emotions and
Well-Being“ (2005, Ekman/Davidson/Ricard/ Wallace) betont, wonach Leiden als ein
Fehlkonzept der Wahrnehmung deklariert wird: „the Buddhist concept of duhkha, often
translated as ‘‘suffering,’’ is not simply an unpleasant feeling. Rather, it refers most deeply
to a basic vulnerability to suffering and pain due to misapprehending the nature of reality.”
(ebd., S.60) Folgender Absatz akzentuiert das Ziel der buddhistischen Sichtweise –
Verweilen im Zustand des sukha:

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“From a Buddhist perspective, however, some emotions are conducive to genuine
and enduring happiness and others are not. A Buddhist term for such happiness is
sukha, which may be defined in this context as a state of flourishing that arises from
mental balance and insight into the nature of reality.” (ebd., S.60)

Obwohl Buddhismus und Psychologie kein einheitliches Ziel verfolgen und nicht mit
identen Methoden arbeiten, lässt sich ein Konsens finden, welcher die Rolle der
Philosophie im Rahmen der Geschichte der Emotionsforschung zumindest darin
legitimiert, zur Kenntnis genommen zu werden. Paul Ekman schreibt:

„Buddhists and psychologists alike believe that emotions strongly influence


people’s thoughts, words, and actions and that, at times, they help people in their
pursuit of transient pleasures and satisfaction.” (ebd., S. 59)

Es scheint insofern interessant, im Rahmen der Emotionsforschung gelegentlich einen


Paradigmenwechsel vorzunehmen, die hierdurch nur Erkenntnisgewinn geschehen kann.
Die Philosophie mag nicht die wissenschaftliche Herangehensweise der Psychologie
ersetzen, jedoch kann sie ihr zeigen, „an welchen Bäumen die besten Früchte hängen“.

2.2 Umgang und Verständnis von Glück in der Emotionspsychologie

Um die Emotion Glück haben sich ganze Forschungsprogramme gebildet, die „Positive
Psychologie“ sei als eines davon zu erwähnen. Im Rahmen meist therapeutischer Settings
wurden dabei Konzepte zur Förderung von Glück entwickelt. (vgl. Ulich/Mayring; 2003;
S.175) Des Weiteren lassen sich diverse Theorieansätze benennen, welchen ein
unterschiedliches Grundverständnis von Glück und dessen Ursachen zugrunde liegt:

Aus Sicht der Psychoanalyse ist Glück das Resultat einer Harmonie zwischen Ich, Es und
Über-Ich, welche normalerweise ein angespanntes Verhältnis aufweisen. (ebd. S.176)
Freuds Aussage zu Emotionen war meist recht unklar, viel mehr war von „Affekten“ die
Rede. Diese sind nach ihm eine Art „psychische Energie“ (Ulich; 1995; S.109) welche an
Triebe gebunden sind und nach Entladung drängen.

Persönlichkeitskonzepte z.B. nach McDougall definieren Glück als vereintes Wirken von
Denken, Fühlen und Handeln in einer einheitlichen Persönlichkeit. (vgl. Ulich/Mayring;
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2003; S.176) McDougall betont zudem eine „enge Beziehung zwischen Emotionen und
Instinkten“ (Schmidt-Atzert; 2014; S.29)

Ansätze aus dem humanistischen Lager betrachten Glück als ein Zustand höchster
Erfüllung, herbeigeführt durch Handeln und Leben entsprechend der eigenen Bedürfnisse
und Wünsche in einem sozialen Umfeld. (vgl. Ulich/Mayring;2003; S.176)

In der Entwicklungspsychologie wird Glück „über die kontinuierliche Erfüllung der


eigenen Lebensziele im Lebenslauf“ (ebd.) definiert. Dieser Ansatz weist parallelen zu
Konzepten der Gerontologie auf, einem Teilbereich der Wohlbefindensforschun. Theorien
und Konzepte zur heutigen Glücksforschung lassen sich zweierlei charakterisieren:
Differenzierung zwischen situationsspezifischem Glückserleben und biographisch
entwickeltem Lebensglück. (vgl. ebd.), wobei ersteres in den Forschungsbereich der
Sozialindikatorenforschung fallen mag und letzteres im Bereich der Gerontologischen
Forschung anzusiedeln ist.

2.3 Glück in Abgrenzung zu weiteren positiven Emotionen

Für die folgende Ausführung beziehe ich mich maßgeblich auf Kapitel 7.2 des Werkes
„Psychologie der Emotionen“ von Ulrich/Mayring (vgl. Ulrich/ Mayring, 2003, Kap.7.2).
Um eine genaue Differenzierung vornehmen zu können bedarf es zunächst Kategorien zur
Herstellung einer Referenz. Die hier vorgenommene Differenzierung bezieht sich auf
Erleben, Situationen, Kognitionen, Physiologie sowie Ausdrucksverhalten der Emotionen.
Interessanterweise gibt es eine starke Varianz im Ausdrucksverhalten von Freude,
Zufriedenheit und Glück. Während „das Lächeln kulturübergreifend und universell als
Ausdruck von Freude verstanden wird“ (Hülshoff, 2006, S.106), zeigt sich Zufriedenheit
oft nur Ansatzweise durch die Mimik, wie etwa ein feines Lächeln (vgl. Ulrich/Mayring,
2003, S.173-174). Glück hingegen hat keine spezifische Form des physiologischen
Ausdruckes, vielmehr kann dieser einer Vielzahl positiver Emotionen wie Lust, Freude
oder Zufriedenheit entsprechen. Dies lässt die Annahme zu, dass Glück als ein geistiger
Zustand betrachtet werden kann, dessen Ausdruck in Form von Freude oder Lust
geschehen kann. Bei genauerer Betrachtung lässt sich feststellen, dass Zufriedenheit und
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Freude einen stärkeren Bezug zu kognitiven Prozessen besitzen und einem Erleben des
Zustandes häufig Abläufe des Abschätzens, Bewertens und Vergleichens vorausgehen.
(ebd., S.172-173). Dies wird auch am Beispiel der „Vorfreude“ deutlich, welche gemäß der
Bezeichnung bereits eine zeitliche Entwicklung von der Gegenwart in die Zukunft
implementiert. Vorfreude „kann mitunter größer als die eigentlich erlebte Freude sein“
(Hülshoff, 2006, S.114) und das „Risiko von Vorfreude ist stets die mögliche
Enttäuschung“ (ebd.) Freude ist eng an eine spezifische Situation gebunden, sodass der
Kausalitätszusammenhang unmittelbarer zu erkennen ist. Beim Glück hingegen scheint es,
als ob sich eine Weite auftut die von einem guten Gefühl getragen wird, dessen Ursache
nicht unbedingt unmittelbar erkennbar sein muss. Die Unklarheit einer unmittelbar
erkennbaren Ursache führt in diesem Zusammenhang auch zu einer Veränderung der
Sprache. Zur Beschreibung von Situationen die mit Glückserleben in Verbindung stehen
finden wir Begriffe wie „schöpferisch“ oder „transzendent“ (Ulrich/Mayring, 2003, S.176-
177). Interessanterweise findet auf dieser Ebene der Beschreibung von Phänomenen
gewissermaßen eine Annäherung an eine philosophische Sprache statt: „Glücklichsein
bedeutet also immer mehr als nur subjektives Wohlfühlen, transzendiert die Grenzen des
Ichs“ (ebd., S.176), wobei eine sinngemäße Annäherung an die fernöstliche Philosophie
einer „Ganzheitserfahrung“ stattfindet.

4. Aussichten der Glücksforschung

„After having been ignored for a long time by economists,


happiness is becoming an object of serious research
in 21st century economics “(van Praag, 2007)

Es gibt derzeit keinen begründeten Anlass, die Glücksforschung stehe einem Ende nahe.
Dies mag damit zusammenhängen, dass das Streben nach Glück so alt wie die
Menschheitsgeschichte ist, und Glücksforschung in einer der Zeit entsprechenden Form
schon immer stattgefunden hat. Zunächst hermeneutisch, später über den Versuch
ablaufende Prozesse in ihren Zusammenhängen wissenschaftlich darzustellen. Mit der

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modernen Psychologie entstanden zugleich neue Theorien zur Erklärung von Emotionen.
Glück ist weit mehr als nur eine Privatangelegenheit- diverse Beispiele belegen, dass
Glück ebenso ein Gegenstand von Politisierung ist:
Aufgrund eines bestehenden Interesses der britischen Regierung am Thema Glück, wurde
im Jahr 2002 eine Ausarbeitung vorgelegt, welche im Sinne einer Politikberatung
Maßnahmen zur Steigerung des Wohlbefindens und der Zufriedenheit der Bevölkerung
implementierte. Die Arbeit mit dem Titel „Life Satisfaction: the state of knowledge and
implications for policy“ (Donovan, Halpern; 2002) gab Politikempfehlungen die teilweise
kontrovers betrachtet und diskutiert wurden. Die Bereiche der Empfehlungen umfassten
Forschung, Möglichkeit zur Partizipation; Glück und Bildung, Glück und
Arbeit/Arbeitslosigkeit, sowie Eingriffe in die Vermögen der Bevölkerung (Umverteilung)
(vgl. ebd. S.29)

Dass wohl bekannteste und umfassendste Programm zur politischen Steuerung von Glück
und Wohlbefinden ist die Einführung des „Bruttosozialglück“ in Bhutan im Jahr 1970
durch den damaligen wie jetzigen König Jigme Singye Wangchuck. Die vier Säulen des
Programmes umfassen:

„1) sozioökonomische Entwicklung mit einem Schwerpunkt auf Bildung und Gesundheit
2) Bewahrung und Förderung kultureller Werte
3) Schutz der Umwelt
4) Errichtung von guten Regierungs- und Verwaltungsstrukturen „(ebd., S. 27)

Glück ist nunmehr nicht ausschließlich ein politisches Interesse, sondern auch ein
wirtschaftliches. Dies zeigt die Abteilung „Ökonomische Glücksforschung“ des Max-
Planck-Institut für Ökonomik in Jena. Das Selbstverständnis dieser Einrichtung lautet
folgendermaßen:

„Erkenntnisse aus Biologie und Psychologie erlauben es, den ökonomischen Nutzenbegriff
hedonistisch, im Sinne von subjektivem Wohlergehen oder „Glück“ zu verstehen. Daraus
ergibt sich eine fruchtbare Perspektive auf die ökonomisch relevanten Determinanten von
subjektivem Wohlergehen und ihre komplexe Ko-Evolution […]“ (Binder 2002)

Wie man erkennen kann findet Glücksforschung im Rahmen tagespolitischer Themen


sowie gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen und Interessen statt. Die ökonomische
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Glücksforschung kann als ein Folgephänomen der gesellschaftlichen Ausrichtung unserer
Zeit verstanden werden, wonach das Streben nach Glück in engem Zusammenhang zu
materiellem Besitz sowie gesellschaftlichem Status steht.

5. Zusammenfassung

Wie anhand der geschichtlichen Betrachtung zur erkennen ist, war Glücksforschung stets
Bestandteil menschlichen Wissens- und Erkenntnisdurstes. Im fernen Osten begründete
Erfahrungsreligionen streben nach einer Vervollkommnung des Menschen und bieten
Sichtweisen und Methoden zum Erleben dauerhaften Glückes. Im alten Griechenland
philosophieren Aristoteles, Platon, Epikur und Co. Darüber, was den Menschen in seinem
Kern ausmacht. Der Umgang und die Beobachtung von Emotionen durchläuft im
Mittelalter eine Phase der Zensur bis die Aufklärer und Humanisten Emotionen
Eigenständigkeit zusprechen. Das 19. Jahrhundert trägt maßgeblich zur Bildung neuer
Theorien und Konzepte bei, wobei zunächst Naturwissenschaftliche und später Sozial- wie
Geisteswissenschaftliche Ansätze den Diskurs prägen. In der Glücksforschung finden sich
evolutionsbiologische wie psychophysiologische Konzepte dazu, wie die Emotion Glück
zu charakterisieren ist. Im Rahmen dieser Differenzierungen findet ebenso eine qualitative
Einordnung der Emotion in Abgrenzung zu anderen positiven Emotionen statt, wobei es
als am stärksten positive Emotion eingeordnet wird und über keine eigenständige
spezifische Ausdrucksform verfügt. Vielmehr zeigt sich Glück durch Ausdrucksformen der
Freude, wie z.B. durch Lachen oder ein leichtes Lächeln, bei tiefer Zufriedenheit. Anhand
einiger ausgewählter Beispiele aus dem politischen wie wirtschaftlichen Spektrum wird
sichtbar, dass „Glück“ ein hohes Potential besitzt zur Interessensvertretung funktionalisiert
zu werden

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6. Literaturverzeichnis

Bücher:

Cloninger, Robert C. (2004): Feeling Good. The Science of Well-Being., New York,
Oxford University Press

Hülshoff, Thomas (2006): Emotionen, 3. Aufl., München, Ernst-Reinhardt Verlag

Ulich, Dieter (1995): Das Gefühl. Einführung in die Emotionspsychologie, 3.Auflage,


Weinheim, Psychologie Verlags Union

Ulrich/ Mayring (2003): Psychologie der Emotionen, 2. Aufl., Stuttgart, Kohlhammer

Schmidt-Atzert Lothar; Peper Martin; Stemmler Gerhard (2014): Emotionspsychologie –


Ein Lehrbuch, 2.Auflage, Stuttgart, Kohlhammer

Aufsätze in Sammelbänden:
Van Praag, Bernard (2007): Perspectives from the Happiness Literature and the Role of
New Instruments for Policy Analysis, in: CESi-fo Economic Studies, Vol. 53, 1/2007, S.
42–68.

Artikel:
Donovan, Nick und Halpern, David (2002): Life Satisfaction: the state of knowledge and
implications for government, Paper of the Strategy Unit of the British Prime Minister,
London
Ekman, Paul; Davidson J. Richards; Ricard Matthieu; Wallace Alan B.; (2005):
Buddhist and Psychological Perspectives on Emotions and Well-Being

Internetquellen
Binder, Martin 2002: Forschungsbericht 2011 - Max-Planck-Institut für Ökonomik (1993
bis 2014). Verfügbar unter:
https://www.mpg.de/1337033/Oekonomische_Gluecksforschung (29.04.2018; 17.41 Uhr)

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