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WS 2017 / 2018
29.04.2018
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Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
5. Zusammenfassung
6. Literaturverzeichnis
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1. Einleitung
Glück in aller Munde – es gibt wohl kaum ein Phänomen innerhalb des Spektrums an
Emotionen welchem mehr Aufmerksamkeit zugetragen wird als dem Glück. Dass dem
Erleben von Glück verschiedene Ursachen und Intensitäten zugrunde liegen, mögen
folgende Aussagen griechischer und römischer Philosophen andeuten:
Seneca´s Aussage
Aristoteles´ Begriff der Eudämonie implementiert wiederum eine Art des erfolgreichen
Lebens:
“If we are right in our view and happiness is assumed to be acting well, the active
life will be the best.” (ebd.)
Obgleich die angeführten Zitate der philosophischen Tradition entspringen, besitzen ihre
Aussagen eine gewisse Relevanz für die heutige Emotionsforschung. In der Psychologie
haben sich zur Erforschung des Phänomens „Glück“ diverse Traditionen entwickelt,
welche unter dem Begriff „Wohlbefindensforschung“ zusammengefasst werden: (Vgl.
Otto, 2000, S. 221)
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ich kurz skizzieren, mit welchen Methoden und Ansätzen die Glücksforschung in der
Vergangenheit stattgefunden hat und wie sich eine Entwicklung zu Ansichten der
modernen Psychologie nachvollziehen lässt. Eine Definition geht einher mit Abgrenzung
zu dem, was das definierte Phänomen nicht ist. Wie in den oben angeführten Zitaten zu
beobachten ist, scheinen nicht nur die Ursachen für Glück subjektiv zu sein, sondern auch
die Intensität des Gefühls. Um ein differenziertes Bild zu erhalten möchte ich daher eine
Abgrenzung zu anderen positiven Emotionen wie Zufriedenheit und Freude vornehmen.
Zu guter Letzt soll ein Blick auf aktuelle Entwicklungen und Aussichten der
Glücksforschung geworfen werden.
Bei der zu dieser Arbeit zur Hand genommenen Literatur besteht der eindeutige Konsens
über die Philosophie als Ursprung der Beobachtung von Emotionen. (vgl. Schmidt-Atzert/
Peper/ Stemmler; (2014), S.11; Ulrich/Mayring (2003), S.11) Während sich im
fernöstlichen Raum die philosophischen Traditionen des Buddhismus, Hinduismus,
Konfuzianismus und Taoismus gebildet haben, befand sich im damaligen Europa das alte
Griechenland in der Hochblüte der philosophischen Disziplin. Im Mittelalter vollzog sich
ein Übergang von der vernunftgesteuerten Denkweise der griechischen Philosophie hinzu
einem durch den christlichen Glauben dogmatisierten Umgang mit Emotionen. Diese
wurden zwar stark betont, jedoch stets im Sinne einer dem Glauben dienenden Funktion.
(vgl., ebd., S.15). Mit dem Übergang zum Zeitalter der Aufklärung wurde den Emotionen
eine eigenständige Form zugesprochen, losgelöst von der einengenden Dogmatik der
Religion. Descartes begründet mit seinem „Mensch als Maschine“ ein Konzept strenger
Dualität von Körper und Geist, wonach Emotionen rein auf Grundlage körperlicher
Prozesse erklärt werden. (vgl. ebd.) Er definiert dabei Emotionen wie Achtung,
Missachtung, Seelengröße, Hochmut, Schauder, Begierde, Freude etc. Kant wie Cicero und
Tetens wiederum sehen in Emotionen einen Feind der Vernunft wie folgende Aussage von
Kant zum Ausdruck bringt:
„Affekten und Leidenschaften unterworfen zu sein, ist wohl immer Krankheit des Gemüts,
weil beides die Herrschaft der Vernunft ausschließt…“ (ebd, S.19)
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Im 19. Jahrhundert wurden aufgrund der sprunghaften Entwicklung vieler biologischer,
medizinischer und psychologischer Disziplinen einige Theorien begründet, welche die
maßgebliche Uneinigkeit der Emotionspsychologie zu dieser Zeit aufzeigen und zugleich
wichtige Stellvertreter der modernen Psychologie sind:
Schmidt-Atzert sieht jene Theorien als Errungenschaften der „goldenen Jahre“, da sie
maßgeblich Erklärungsansätze zur Entstehung von Emotionen lieferten. Der
Behaviorismus der folgenden Jahre führte dazu, dass Emotionen weitestgehend keine
Beachtung fanden, womit das „finstere Mittelalter“ in den 1960er Jahren beginnend mit
Arnold (1960) durch die „Renaissance“ der Emotionspsychologie abgelöst wurde. (vgl.
Schmidt-Atzert; 2014)
Hierbei sei zu erwähnen, dass das „Leid“ wie Mayring es formuliert und dabei parallelen
zum Leidensgedanke des Christentums zieht, lediglich eine oberflächliche Gemeinsamkeit
aufweist. Er formuliert drei Grundgedanken der buddhistischen Weltanschauung:
- „Die negative Emotion des Leidens wird als universal, alles menschliche Dasein
kennzeichnend angesehen“
- „Eine Aufhebung des Leidens ist nur auf geistigem Wege möglich“ (ebd., S. 13)
Mayring betont dabei verstärkt die ersten beiden Punkte. Ein anderer Ansatz wird in dem
wissenschaftlichen Artikel „Buddhist and Psychological Perspectives on Emotions and
Well-Being“ (2005, Ekman/Davidson/Ricard/ Wallace) betont, wonach Leiden als ein
Fehlkonzept der Wahrnehmung deklariert wird: „the Buddhist concept of duhkha, often
translated as ‘‘suffering,’’ is not simply an unpleasant feeling. Rather, it refers most deeply
to a basic vulnerability to suffering and pain due to misapprehending the nature of reality.”
(ebd., S.60) Folgender Absatz akzentuiert das Ziel der buddhistischen Sichtweise –
Verweilen im Zustand des sukha:
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“From a Buddhist perspective, however, some emotions are conducive to genuine
and enduring happiness and others are not. A Buddhist term for such happiness is
sukha, which may be defined in this context as a state of flourishing that arises from
mental balance and insight into the nature of reality.” (ebd., S.60)
Obwohl Buddhismus und Psychologie kein einheitliches Ziel verfolgen und nicht mit
identen Methoden arbeiten, lässt sich ein Konsens finden, welcher die Rolle der
Philosophie im Rahmen der Geschichte der Emotionsforschung zumindest darin
legitimiert, zur Kenntnis genommen zu werden. Paul Ekman schreibt:
Um die Emotion Glück haben sich ganze Forschungsprogramme gebildet, die „Positive
Psychologie“ sei als eines davon zu erwähnen. Im Rahmen meist therapeutischer Settings
wurden dabei Konzepte zur Förderung von Glück entwickelt. (vgl. Ulich/Mayring; 2003;
S.175) Des Weiteren lassen sich diverse Theorieansätze benennen, welchen ein
unterschiedliches Grundverständnis von Glück und dessen Ursachen zugrunde liegt:
Aus Sicht der Psychoanalyse ist Glück das Resultat einer Harmonie zwischen Ich, Es und
Über-Ich, welche normalerweise ein angespanntes Verhältnis aufweisen. (ebd. S.176)
Freuds Aussage zu Emotionen war meist recht unklar, viel mehr war von „Affekten“ die
Rede. Diese sind nach ihm eine Art „psychische Energie“ (Ulich; 1995; S.109) welche an
Triebe gebunden sind und nach Entladung drängen.
Persönlichkeitskonzepte z.B. nach McDougall definieren Glück als vereintes Wirken von
Denken, Fühlen und Handeln in einer einheitlichen Persönlichkeit. (vgl. Ulich/Mayring;
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2003; S.176) McDougall betont zudem eine „enge Beziehung zwischen Emotionen und
Instinkten“ (Schmidt-Atzert; 2014; S.29)
Ansätze aus dem humanistischen Lager betrachten Glück als ein Zustand höchster
Erfüllung, herbeigeführt durch Handeln und Leben entsprechend der eigenen Bedürfnisse
und Wünsche in einem sozialen Umfeld. (vgl. Ulich/Mayring;2003; S.176)
Für die folgende Ausführung beziehe ich mich maßgeblich auf Kapitel 7.2 des Werkes
„Psychologie der Emotionen“ von Ulrich/Mayring (vgl. Ulrich/ Mayring, 2003, Kap.7.2).
Um eine genaue Differenzierung vornehmen zu können bedarf es zunächst Kategorien zur
Herstellung einer Referenz. Die hier vorgenommene Differenzierung bezieht sich auf
Erleben, Situationen, Kognitionen, Physiologie sowie Ausdrucksverhalten der Emotionen.
Interessanterweise gibt es eine starke Varianz im Ausdrucksverhalten von Freude,
Zufriedenheit und Glück. Während „das Lächeln kulturübergreifend und universell als
Ausdruck von Freude verstanden wird“ (Hülshoff, 2006, S.106), zeigt sich Zufriedenheit
oft nur Ansatzweise durch die Mimik, wie etwa ein feines Lächeln (vgl. Ulrich/Mayring,
2003, S.173-174). Glück hingegen hat keine spezifische Form des physiologischen
Ausdruckes, vielmehr kann dieser einer Vielzahl positiver Emotionen wie Lust, Freude
oder Zufriedenheit entsprechen. Dies lässt die Annahme zu, dass Glück als ein geistiger
Zustand betrachtet werden kann, dessen Ausdruck in Form von Freude oder Lust
geschehen kann. Bei genauerer Betrachtung lässt sich feststellen, dass Zufriedenheit und
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Freude einen stärkeren Bezug zu kognitiven Prozessen besitzen und einem Erleben des
Zustandes häufig Abläufe des Abschätzens, Bewertens und Vergleichens vorausgehen.
(ebd., S.172-173). Dies wird auch am Beispiel der „Vorfreude“ deutlich, welche gemäß der
Bezeichnung bereits eine zeitliche Entwicklung von der Gegenwart in die Zukunft
implementiert. Vorfreude „kann mitunter größer als die eigentlich erlebte Freude sein“
(Hülshoff, 2006, S.114) und das „Risiko von Vorfreude ist stets die mögliche
Enttäuschung“ (ebd.) Freude ist eng an eine spezifische Situation gebunden, sodass der
Kausalitätszusammenhang unmittelbarer zu erkennen ist. Beim Glück hingegen scheint es,
als ob sich eine Weite auftut die von einem guten Gefühl getragen wird, dessen Ursache
nicht unbedingt unmittelbar erkennbar sein muss. Die Unklarheit einer unmittelbar
erkennbaren Ursache führt in diesem Zusammenhang auch zu einer Veränderung der
Sprache. Zur Beschreibung von Situationen die mit Glückserleben in Verbindung stehen
finden wir Begriffe wie „schöpferisch“ oder „transzendent“ (Ulrich/Mayring, 2003, S.176-
177). Interessanterweise findet auf dieser Ebene der Beschreibung von Phänomenen
gewissermaßen eine Annäherung an eine philosophische Sprache statt: „Glücklichsein
bedeutet also immer mehr als nur subjektives Wohlfühlen, transzendiert die Grenzen des
Ichs“ (ebd., S.176), wobei eine sinngemäße Annäherung an die fernöstliche Philosophie
einer „Ganzheitserfahrung“ stattfindet.
Es gibt derzeit keinen begründeten Anlass, die Glücksforschung stehe einem Ende nahe.
Dies mag damit zusammenhängen, dass das Streben nach Glück so alt wie die
Menschheitsgeschichte ist, und Glücksforschung in einer der Zeit entsprechenden Form
schon immer stattgefunden hat. Zunächst hermeneutisch, später über den Versuch
ablaufende Prozesse in ihren Zusammenhängen wissenschaftlich darzustellen. Mit der
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modernen Psychologie entstanden zugleich neue Theorien zur Erklärung von Emotionen.
Glück ist weit mehr als nur eine Privatangelegenheit- diverse Beispiele belegen, dass
Glück ebenso ein Gegenstand von Politisierung ist:
Aufgrund eines bestehenden Interesses der britischen Regierung am Thema Glück, wurde
im Jahr 2002 eine Ausarbeitung vorgelegt, welche im Sinne einer Politikberatung
Maßnahmen zur Steigerung des Wohlbefindens und der Zufriedenheit der Bevölkerung
implementierte. Die Arbeit mit dem Titel „Life Satisfaction: the state of knowledge and
implications for policy“ (Donovan, Halpern; 2002) gab Politikempfehlungen die teilweise
kontrovers betrachtet und diskutiert wurden. Die Bereiche der Empfehlungen umfassten
Forschung, Möglichkeit zur Partizipation; Glück und Bildung, Glück und
Arbeit/Arbeitslosigkeit, sowie Eingriffe in die Vermögen der Bevölkerung (Umverteilung)
(vgl. ebd. S.29)
Dass wohl bekannteste und umfassendste Programm zur politischen Steuerung von Glück
und Wohlbefinden ist die Einführung des „Bruttosozialglück“ in Bhutan im Jahr 1970
durch den damaligen wie jetzigen König Jigme Singye Wangchuck. Die vier Säulen des
Programmes umfassen:
„1) sozioökonomische Entwicklung mit einem Schwerpunkt auf Bildung und Gesundheit
2) Bewahrung und Förderung kultureller Werte
3) Schutz der Umwelt
4) Errichtung von guten Regierungs- und Verwaltungsstrukturen „(ebd., S. 27)
Glück ist nunmehr nicht ausschließlich ein politisches Interesse, sondern auch ein
wirtschaftliches. Dies zeigt die Abteilung „Ökonomische Glücksforschung“ des Max-
Planck-Institut für Ökonomik in Jena. Das Selbstverständnis dieser Einrichtung lautet
folgendermaßen:
„Erkenntnisse aus Biologie und Psychologie erlauben es, den ökonomischen Nutzenbegriff
hedonistisch, im Sinne von subjektivem Wohlergehen oder „Glück“ zu verstehen. Daraus
ergibt sich eine fruchtbare Perspektive auf die ökonomisch relevanten Determinanten von
subjektivem Wohlergehen und ihre komplexe Ko-Evolution […]“ (Binder 2002)
5. Zusammenfassung
Wie anhand der geschichtlichen Betrachtung zur erkennen ist, war Glücksforschung stets
Bestandteil menschlichen Wissens- und Erkenntnisdurstes. Im fernen Osten begründete
Erfahrungsreligionen streben nach einer Vervollkommnung des Menschen und bieten
Sichtweisen und Methoden zum Erleben dauerhaften Glückes. Im alten Griechenland
philosophieren Aristoteles, Platon, Epikur und Co. Darüber, was den Menschen in seinem
Kern ausmacht. Der Umgang und die Beobachtung von Emotionen durchläuft im
Mittelalter eine Phase der Zensur bis die Aufklärer und Humanisten Emotionen
Eigenständigkeit zusprechen. Das 19. Jahrhundert trägt maßgeblich zur Bildung neuer
Theorien und Konzepte bei, wobei zunächst Naturwissenschaftliche und später Sozial- wie
Geisteswissenschaftliche Ansätze den Diskurs prägen. In der Glücksforschung finden sich
evolutionsbiologische wie psychophysiologische Konzepte dazu, wie die Emotion Glück
zu charakterisieren ist. Im Rahmen dieser Differenzierungen findet ebenso eine qualitative
Einordnung der Emotion in Abgrenzung zu anderen positiven Emotionen statt, wobei es
als am stärksten positive Emotion eingeordnet wird und über keine eigenständige
spezifische Ausdrucksform verfügt. Vielmehr zeigt sich Glück durch Ausdrucksformen der
Freude, wie z.B. durch Lachen oder ein leichtes Lächeln, bei tiefer Zufriedenheit. Anhand
einiger ausgewählter Beispiele aus dem politischen wie wirtschaftlichen Spektrum wird
sichtbar, dass „Glück“ ein hohes Potential besitzt zur Interessensvertretung funktionalisiert
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6. Literaturverzeichnis
Bücher:
Cloninger, Robert C. (2004): Feeling Good. The Science of Well-Being., New York,
Oxford University Press
Aufsätze in Sammelbänden:
Van Praag, Bernard (2007): Perspectives from the Happiness Literature and the Role of
New Instruments for Policy Analysis, in: CESi-fo Economic Studies, Vol. 53, 1/2007, S.
42–68.
Artikel:
Donovan, Nick und Halpern, David (2002): Life Satisfaction: the state of knowledge and
implications for government, Paper of the Strategy Unit of the British Prime Minister,
London
Ekman, Paul; Davidson J. Richards; Ricard Matthieu; Wallace Alan B.; (2005):
Buddhist and Psychological Perspectives on Emotions and Well-Being
Internetquellen
Binder, Martin 2002: Forschungsbericht 2011 - Max-Planck-Institut für Ökonomik (1993
bis 2014). Verfügbar unter:
https://www.mpg.de/1337033/Oekonomische_Gluecksforschung (29.04.2018; 17.41 Uhr)
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