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Zeitschrift für Assyriologie 2016; 106(2): 232–263

Buchbesprechungen
Peeter Espak: The God Enki in Sumerian Royal Ideology and Mythology. (Philippika 87). Wiesbaden: Harrassowitz,
2015. 235 S. 24 × 17 cm. ISBN: 978-3-447-10412-8. Preis: € 52,–.

Besprochen von Manuel Ceccarelli, Email: manuel.ceccarelli@unige.ch

DOI 10.1515/za-2016-0018

Bei dem zu besprechenden Buch handelt es sich um die phie und ein Register der besprochenen Textstellen. Ein
Neuauflage der Dissertation des Verfassers, die ursprüng- Register der Götternamen und der besprochenen Wörter
lich 2010 bei Tartu University Press als Band 19 der Reihe fehlt. Die Texte werden in Umschrift und Übersetzung
Dissertationes Theologicae Universitatis Tartuensis er- vorgestellt, wobei der Verf. die philologische Diskussion
schienen ist. auf einzelne Verweise reduziert und sich auf die reli­
Untersuchungen zu einzelnen Gottheiten sind not- gions­geschichtliche Analyse konzentriert. Der Verf. kann
wendige Vorarbeiten für eine umfassende, diachronische bestätigen, dass ab dem Ende der Ur III-Zeit Enkis Rolle
Gesamtdarstellung der mesopotamischen Religion, die bis in der Königsideologie und Mythologie auf Kosten der
dato noch aussteht. Die neue Ausgabe dieses Buches ist Muttergöttin hervorgehoben wird. Ein Beispiel für diese
also zu begrüßen, denn dadurch wird diese Arbeit erneut Veränderung ist das Verschwinden der Funktion der Mut-
und in größerer Auflage zugänglich gemacht. Umso mehr tergöttin als Ernährerin des Herrschers, welche in den
ist zu bedauern, dass der Verf. beschlossen hat, wichtige, altsumerischen Königsinschriften aus Lagas gut belegt ist,
nach 2010 erschienene Monographien und Aufsätze nicht die aber ab der Ur III-Zeit nur noch selten vorkommt.2 Hier
zu berücksichtigen und die eigene Arbeit nicht zu aktua­ hätte der Verf. auch von jüngeren Untersuchungen pro-
lisieren.1 In den Kapiteln  1 bis 7 diskutiert der Verf. die fitieren können, die dieses Thema besprechen, die aber
Textstellen sumerischer Königsinschriften und Königs- leider nicht berücksichtigt worden sind.3 Der Verf. sieht in
hymnen, in denen der Gott Enki vorkommt, in chrono- Enkis variierender Stellung innerhalb der Götterabfolgen
logischer Reihenfolge nach historischer Periode und der besprochenen Texte einen Hinweis auf die Änderung
jeweiligem König (Early Dynastic Period; The Dynasty of seiner Rolle innerhalb der Königsideologie. Nach Ansicht
Akkade; The Second Dynasty of Lagaš; Ur III Period; The des Rezensenten hätte die Auswertung der Götterabfol-
Dynasty of Isin; The Dynasty of Larsa; The First Dynasty gen der Königsinschriften aus Lagas mehr Platz verdient.
of Babylon). In den Kapiteln 8 und 9 wird Enkis (und Eas) Gerade die zum Teil recht unterschiedlichen Götterab-
Rolle in verschiedenen mythischen Erzählungen erör- folgen sowie der Vergleich mit dem Pantheon der Fāra-
tert: Enki and Ea as Cosmic Entities (Kap. 8.1); Enki (Ea) Götterlisten sprechen nach Meinung des Rez. dafür, dass
and the Emergence of the Present World (Kap. 8.2); The diese Götterabfolgen den Rang der einzelnen Gottheiten
Nature of Sumerian Abzu (Kap. 8.3); Enki as the Creator innerhalb der Königsideologie und des überregionalen
of Man (Kap. 8.4); The Copulation Motive (Kap. 8.5); Enki oder lokalen Pantheons nicht zwangsläufig wiedergeben
as the Originator of Human Mortality (Kap. 8.6); Enki and müssen.4 Der Verf. bietet Zusammenstellungen der Götter-
the Archaic Sumerian Religion: The Question of Rivalry abfolgen einiger Inschriften Eanatums, Enanatums und
between the Theologies of Enki and Enlil (Kap. 9). Ein Enmetenas,5 doch wäre eine eingehendere Diskussion
kurzes abschließendes Kapitel fasst die Ergebnisse der dieser voneinander recht abweichenden Abfolgen in Hin-
Untersuchung zusammen. Es folgen noch die Bibliogra-
2 Vgl. Lipit-Eštar D 6, wonach Nintur den König an der Brust stillt.
3 J. M. Asher-Greve/J. G. Westenholz, Goddesses in context. On
1 Der Verf. zitiert folgende Untersuchungen, die er in seine Arbeit divine powers, roles, relationships and gender in Mesopotamian
nicht einbezogen hat (S. XVI): J. J.W. Lisman, Cosmogony, theogony textual and visual sources. OBO 259 (Fribourg/Göttingen 2013);
and anthropogony in Sumerian texts. AOAT 409 (Münster 2013); Th. Rodin, The world of the Sumerian mother goddess. An interpre-
X. Wang, The metamorphosis of Enlil in Early Mesopotamia. AOAT tation of her myths (Uppsala 2014); G. Selz, Das Paradies der Mutter.
385 (Münster 2011); W. G. Lambert, Babylonian creation myths. Materialien zum Ursprung der „Paradiesvorstellungen“, WZKM 100
MC 16 (Winona Lake 2013). Die verwendeten Abkürzungen richten (2010) 177–215.
sich nach dem Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen 4 Selbst Ellil kommt nicht immer an erster Stelle vor.
Archäologie. Ich danke Sebastian Borkowski und Sabine Ecklin für 5 S. 13 Anm. 25 (Eanatum); S. 15 Anm. 26 (Enanatum I.); S. 17 Anm. 31.
das Korrekturlesen des Manuskripts. (Enmetena).

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blick auf den Sitz im Leben und den Inhalt der einzelnen auch der Beitrag eines männlichen Gottes zur Zeugung
Königsinschriften methodisch wünschenswert gewesen. des Königs erwähnt werden.10 Auf dieser Grundlage ist
Es ist nämlich davon auszugehen, dass die Götterabfolgen es nach Ansicht des Rez. schwierig, allgemeine Aussagen
nicht nur von den Beziehungen der einzelnen Gottheiten über mesopotamische Vorstellungen der Menschenschöp-
zum König und zur Königsideologie oder von ihrem Rang fung im dritten Jahrtausend zu treffen, denn wir besitzen
in einem systematisierten Pantheon, sondern auch von keine Anthropogonien aus jener Periode. Somit lässt sich
anderen Kriterien bestimmt sein dürften, z.  B. für welchen nicht sagen, welche Rolle die Muttergöttin und männliche
Gott bzw. welchen Tempel und zu welchem Anlass eine Gottheiten bei der Menschenschöpfung damals gespielt
Inschrift angefertigt wurde.6 Wie der Verf. betont, schei- haben. Nach Ansicht des Rez. bezeugen die altbabyloni-
nen die Götterabfolgen in Enmetenas Königsinschriften schen Erzählungen Atra-ḫāsis und Enki und Ninmaḫ die
„less systemised as compared to the earlier inscriptions of Komplementarität von Enki und der Muttergöttin und ihre
Eanatum“ zu sein (S. 17). Dass sie nach einer Logik zusam- notwendige Zusammenarbeit bei der Menschenschöp-
mengestellt wurden, ist aber ebenfalls sicher; es stellt sich fung.11 Solange keine vergleichbaren Schöpfungserzäh-
nun die Frage, welche Logik dahinter steht. Leider vertieft lungen aus dem dritten Jahrtausend vorliegen, bleibt es
der Verf. seine Untersuchung nicht in dieser Hinsicht. schwierig festzustellen, ob im Vergleich zu älteren Vorstel-
Die Erwähnung der Muttergöttin Ninḫursaĝa unmittelbar lungen der Menschenschöpfung die ‚Schöpferfunktion‘
nach Ellil und vor Enki könnte allerdings dafür sprechen, der Muttergöttin in den altbabylonischen Anthropogonien
dass sie als Ellils Gattin angesehen wurde und nicht, dass tatsächlich ‚eingeschränkt‘ ist.12
sie an sich bedeutender als Enki war.7 Texte außerhalb des
Korpus der Königsinschriften, Königshymnen und mythi- Einzelbemerkungen:
schen Erzählungen, etwa die Beschwörungen, werden S. 20 zu Giša-kidu 2 i 12: a m a š a3 k u š2 de n - k i - k a -
kaum berücksichtigt.8 Zwar verweisen die Beschwörungen k e4: „Der Herr, Enkis Vertrauensperson“, vgl. M. Jaques,
nicht auf die Königsideologie, sie sind jedoch zweifelsohne AOAT 332 (2006) 273 Anm. 565. a m a steht sehr wahr-
an einen mythischen Hintergrund gebunden und hätten scheinlich für /a m a n / , eine Nebenform von *e m (m )e n
doch mehr Aufmerksamkeit verdient. Enkis Funktion als (Emegir)/u m u n (Emesal), vgl. P. Attinger, AfO 46/47
Beschwörungsgott ist nämlich nicht von seiner Rolle bei (1999/2000) 261 zu S. 74 Anm. 91 mit Bibliographie.
der Menschenschöpfung zu trennen. Hinsichtlich Enkis S. 23: Die lexikalische Liste aus Ebla „translates“
Funktion als Schöpfer des Menschen spricht sich der Verf. de n - l i l nicht mit il-ilu, sondern sie glossiert es mit i-li-lu,
2
dafür aus, dass diese erst mit den Texten des zweiten Jahr- s. MEE 4, 291: 802. „God of the gods“ ist nicht die eblai-
tausends greifbar werde (S. 139, 170); bis in die Ur III-Zeit tische Übersetzung des Namens, sondern die von Stein-
sei diese Funktion der Muttergöttin allein zugeschrieben keller und Michalowski vorgeschlagene Etymologie des
worden (S. 181). Der Name Nute(me)mud, der in Fāra und Götternamens Ellil, den sie aus dem semitischen *’il-’ilī
Tell Abū-Ṣalābīkh dem späteren Nudimmud entspricht ableiten. i-li-lu in VE 802 lässt sich aber nur schwer als
(S. 42 Anm. 7), könnte möglicherweise auf den Schöp- Schreibung für *’il-’ilī „Gott der Götter“ deuten, vgl. aus-
feraspekt Enkis hinweisen.9 Hinsichtlich der Funktion der führlich D. O. Edzard, Fs. P. Fronzaroli, 173–184. Wie bei
Muttergöttin in den besprochenen Texten muss bemerkt anderen Götternamen des Vocabolario di Ebla handelt
werden, dass ihre Fähigkeit den König zu gebären bzw. den es sich bei der Glosse eher um die phonetische Wieder-
Samen hervorkommen zu lassen (n u ĝ u n i - i ) (S. 180  f.),
wohl selbstverständlich ist  – das Gebären ist ja ihr Ak-
tions­bereich; innerhalb der Königsinschriften kann aber 10 Z. B. Eannatum RIME 1.9.3.1 iv 9–12; v 1–3 (Ninĝirsu als Vater
Eannatums); Šarkališarri RIME 2.1.5.6 i 4–5; i 2H–ii 1 (Ellil als Vater
Šarkališarris). Andererseits ist die Rolle der Muttergöttin als Gebäre-
6 Zur Problematik s. auch unten die Bemerkung zu S. 102. rin des Königs auch noch in der Isin-Zeit belegt, vgl. Išme-Dagan A+V
7 Vgl. G. Selz, Götterwelt, 254 zu 9. a 44.
8 Ausnahmen: Ur-Nanše 32 (S. 7–9); aAkk Beschwörung aus Susa 11 Dies entspricht der Komplementarität von Mann und Frau bei der
(S. 38 Anm. 18). Zeugung.
9 Da ein Zusammenhang zwischen magischem Heilen und Er- 12 Andererseits behält die Muttergöttin ihre gebärende und schöp-
schaffen zu existieren scheint, könnte selbst Enkis Rolle in den ferische Kraft auch in den Hymnen der Isin-Larsa-Zeit, vgl. z.  B. Li-
Beschwörungen aus Ebla und der Ur III-Zeit einen indirekten Hinweis pit-Eštar D 5–11 und Rīm-Sîn H a 3–5. Sie kann aber das zukünftige
auf seine Funktion als Schöpfergott sein, vgl. M. Ceccarelli, CRRAI Leben nicht bestimmen, denn dies gehört zu Enkis bzw. Ellils Zustän-
57 (2015) 198–200; zum Verhältnis zwischen magischem Heilen und digkeitsbereich, vgl. ausführlich M. Ceccarelli, Enki und Ninmaḫ.
Erschaffen s. im allgemeinen M. Schulz, Magie oder: die Wiederher- Eine mythische Erzählung in sumerischer Sprache. ORA 16 (Tübin-
stellung der Ordnung (Frankfurt am Main 2000) 291–294. 379–397. gen 2016) 71–78.

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gabe des sumerischen Namens (vgl. z.  B. VE 812 da š n a n murapis erfolgt nach dem Verf., weil diese „the most
= a-sa3-na-an), s. auch unten zu S. 26. important gods for the Amorites and for the city of
S. 23 Anm. 41: Zum Barton Zylinder s.  jetzt J. J.W.  Lis­ Babylon“ waren. Die Hervorhebung des Sonnengottes
man, AOAT 409 (2013) 30  f. 236–239. Er vertritt die Meinung, kann auch andere Hintergründe haben: Einerseits kann
dass die Muttergöttin von An/dem Himmel begattet wird. sich Ḫammurapi in seiner Rolle als „König von Recht
S. 26: Ililu ist nicht nur lexikalisch belegt, s. die Belege und Gerechtigkeit“ (šar kittim u mīšarim) auf Utu/Šamaš
bei F. Pomponio/P. Xella, AOAT 245 (1997) 170 ad 1)–4) beziehen, andererseits impliziert der Sitz im Leben
(dort ist jedoch i3-li-lu durch i1-li-lu zu ersetzen). einiger Inschriften die Hervorhebung des Sonnengottes
S. 27: Hier ist die Argumentation etwas widersprüch- bzw. seiner Städte, z.  B.: Ḫammurapi 2 wurde anlässlich
lich. Der Verf. spricht sich dafür aus, Enki sei in den altsu- des Baues der Mauer von Sippar verfasst; Ḫammurapi 14
merischen Inschriften aus Lagas nicht „with water or irri- wurde anlässlich der Bauarbeiten im Ebabbar von Larsa
gation channel“, sondern mit dem „watery entity Engur“ verfasst.
assoziert. Nach Ansicht des Rez. ist die Assoziation mit S. 140–143: Die zitierte Bibliographie zur Etymologie
dem Engur eine Assoziation mit Wasser, und zwar mit der der Götternamen Enki und Ea ist sehr umfangreich. Füge
Quelle des Fruchtbarkeit bringenden Wassers. Zur Iden- noch Lisman, AOAT 409, 141–150 hinzu.
tifikation des Gottes, aus dessen Schultern Wasserströme S. 140 Anm. 2: Zu der altakkadischen und neusume-
sprudeln, in der altakkadischen Glyptik spricht sich der rischen Schreibung (d)e3- a für (d)e2- a s.  auch M. Hilgert,
Verf. dafür aus, dass dieser Gott „only with relative cer- Imgula 5 (2002) 121 und 214  f.
tainty“ mit Ea/Enki identifiziert werden könne. Nach S. 190: Der Rez. kann folgender Aussage nicht folgen:
Ansicht des Rez. ist die Zurückhaltung des Verf. in diesem „The listing of Enki’s name after or before the mother-
Fall nicht notwendig: Das Vorkommen dieses Gottes goddess in the listings of deities from the Early Dynastic
zusammen mit einem zweigesichtigen Gott spricht dafür, Period onwards indicates that Enki was paired with that
dass hier Ea/Enki und sein Wesir Isimu dargestellt sind, goddess“. In den altsumerischen Königsinschriften aus
vgl. z.  B. K. Rohn, OBO SA 32 (2011) 66  f. Lagas wird Ninhursaĝa meistens unmittelbar nach Ellil
S. 73: Zu den Gottheiten, die das ĝ e š t u verleihen erwähnt. Darauf basierend wurde sogar mehrmals vorge-
können, zählt auch Ellil, s.  B. Kienast/I. J. Gelb, FAOS 7 schlagen, der Gatte der Muttergöttin sei in altsumerischer
(1990) 186 Sargon C 12 9–8 (Ellil) geš.túg.pi / u-wa-ti-ir- Zeit Ellil gewesen, vgl. M. Krebernik, RlA 8 (1993–1997)
sum6 „(Ellil) hat ihm den Verstand erweitert“; vgl. auch 508 § 4.2.4 und Selz, Götterwelt, 254 zu C. 9.13 Die Behaup-
Išme-Dagan W 63  f. e n ĝ e š t u - g a / k u r g a l de n - l i l2- l e . tung „the original Eridu deity might have well been a
S. 75: Zum vermeintlichen Konflikt zwischen Ellil und mother-goddess“, ist, wie der Verf. zugibt, „only a spe-
Enki vgl. zuletzt Lisman, AOAT 409 (2013) 151–155. culative claim“; zwar ist diese Hypothese „impossible to
S. 102: „Erster (p a l i l ) der Anunna“ (Enki und die prove or overrule“, es stellt sich jedoch die Frage, wie der
Weltordnung 79) sowie vergleichbare Epitheta konnten Verf. das angenommene Szenario mit der Sachlage aus
unter Umständen sowohl Enki als auch anderen Göttern der historischen Zeit in Einklang bringen möchte. Der Rez.
zugeschrieben werden, vgl. Lugale 653 (Ninurta), Gungu- kann außerdem nicht nachvollziehen, worin der Nutzen
num A 11 (Sîn). Die Zuschreibung desselben Epithetons an dieser Hypothese liegen sollte: Sie verdeutlicht die (Vor)-
verschiedene Gottheiten hängt vom Zweck der einzelnen geschichte Enkis bzw. der Muttergöttin nicht, sondern sie
Kompositionen und von der Rolle ab, die diese Gottheiten verkompliziert sie nur.
innerhalb der jeweiligen Texte spielen; sie ist also auch S. 191  f.: Zu Ellils Namen s. oben zu S. 23. Nach Ansicht
durch textinterne Kriterien bestimmt. Eine umfassende des Rez. trifft der Verf. ins Schwarze, wenn er die Möglich-
Untersuchung der sumerischen Götterepitheta unter keit anspricht, das Vocabolario di Ebla enthalte die Aus-
Berücksichtigung des Sitzes im Leben der jeweiligen Texte sprache des Namens.
ist ein dringendes desideratum.
S. 117: Zum Verhältnis Ḫaia ~ Ea ~ Enki s. jetzt Lisman,
AOAT 409, 145–150. Nach Lisman ist dha- i a3 (=  /h a j a / 13 Allerdings impliziert die Abfolge ‚Gott X – Göttin Y‘ nicht immer,
oder /ḥ a j a /) der ursprüngliche Name des Gottes von dass die Göttin Y als Gattin von Gott X angesehen wurde, vgl. z.  B. die
Eridu, der erst später aufgrund seiner Gewichtigkeit Enki Reihenfolge Ninĝirsu  – Innana in Enannatum I RIME 1.9.4.2 ii 1–5;
RIME 1.9.4.5 i 8–11; Enmetena RIME 1.9.5.5b ii 3–6; daraus darf man
genannt wurde (Enki =  „Divine Lord of the Region“). Ea
nicht schließen, dass Innana als Ninĝirsus Gattin galt. Steinkellers
sei die semitische Wiedergabe des sumerischen Ḫaja. Hypothese, Enki sei der ursprüngliche Hauptgott des Pantheons und
S. 125 zu Ḫammurapi 2: Die Hervorhebung von Utu/ der Gatte der wichtigsten Göttinnen gewesen, basiert, wie der Verf.
Šamaš und Marduk in einigen Königsinschriften Ḫam­ selbst einräumt, „on imaginative speculation“ (S. 191).

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S. 196–198 zu Enmerkara und der Herr von Aratta Sprachverwirrung wegen der Streitigkeiten unter Herr-
135–155: Der Verf. zitiert die neue Edition von C. Mitter- schern wie Enmerkara und dem Herrn von Aratta.
mayer14 (S. 196 Anm. 21), aber er verwertet sie leider nicht.
Die grammatikalische und literarische Analyse Mitter- Der Verf. hat einen wichtigen Beitrag zur mesopotami-
mayers verdeutlicht die Sachlage: Die einsprachige Welt schen Religionsgeschichte beigesteuert. Zwar teilt der
liegt in der Vergangenheit, in der Zeit der Auseinanderset- Rez. einige Ergebnisse nicht, es muss jedoch nochmals
zung zwischen Uruk und Aratta, und nicht, wie der Verf. darauf hingewiesen werden, dass die zur Verfügung ste-
übersetzt, in einer idealen Zukunft;15 Enki verursacht die henden Quellen für die ältere Zeit der mesopotamischen
Religion so unzureichend sind, dass ein gewisser Grad an
14 C. Mittermayer, Enmerkara und der Herr von Aratta. Ein un- subjektiven Spekulationen unumgänglich ist. Die zitierte
gleicher Wettstreit. OBO 239 (Fribourg / Göttingen 2009). Vgl. auch assyriologische Literatur zu den einzelnen Texten sowie
P. Attingers Online-Übersetzung: http://www.iaw.unibe.ch/unibe/ zu einzelnen Themen ist jedoch nicht immer auf dem
portal/fak_historisch/dga/iaw/content/e39448/e99428/e122665/ neuesten Stand. Die Arbeit ist ein gut gelungener Abriss
e122821/pane122850/e323073/1_8_2_3_ger.pdf.
der vielen Königsinschriften und literarischen Kom­po­si­
15 Z. 146 ḫ e2- e n - n a - d a - a b - d u11 kann nicht mit „they all may
speak“ übersetzt werden, denn hier liegt eine eindeutige ḫamṭu-
tio­nen, in denen der Gott Enki vorkommt, und der vielen
Form vor: „(Die Völker …) wandten sich (in einer einzigen Sprache) Problematiken, die damit verbunden sind. Dafür sei dem
an Ellil“. Verf. herzlich gedankt.

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