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Die Waldkiefer | Pinus sylvestris L.


Die Waldkiefer I Pinus sylvestris L.
Die Waldkiefer, auch Gemeine Kiefer oder in der Folge einfach Kiefer genannt, gehört zur Fami-
lie der Kieferngewächse, der größten Nadelbaumfamilie der Erde. Weltweit sind mehr als 100
Kiefernarten bekannt. Von allen heimischen Baumarten hat die Kiefer das größte Verbreitungs-
gebiet und kommt in großen Teilen Europas und in Teilen von Asien vor. Neben der Fichte ist sie
der Charakterbaum des nördlichen winterkalten und schneereichen Nadelwaldgürtels (Taiga).
Die Kiefer ist eine anspruchslose und standorttolerante Lichtbaumart. Sie kann bis zu 600 Jahre
alt werden und eine Höhe von 35 Metern erreichen.

Man erkennt die Kiefer an einer gefurchten,


grau- bis rotbraunen Schuppenborke im un-
delbaum. Der Name Kiefer tritt erst im 15.
Jahrhundert als „kienforen“ auf, eine Zu-
Aussehen
teren und einer glatten, leuchtend rotgelb- sammensetzung aus kien (Kienspan) und aus Die Hauptachse des Stammes der Kiefer
bis fuchsroten Rinde im oberen Stammbe- föhre (Ausdruck für Nadelbäume allgemein). wächst weniger gerade und klar durchge-
reich sowie an den zwei gedrehten, drei bis Die Übersetzung für Kiefer lautet demnach: hend als bei Fichte oder Tanne. Durch An-
fünf Zentimeter langen und blaugrün bis sil- „Kien tragender Nadelbaum“. passung an die Umgebung entwickelt sie
bergrau gefärbten Nadeln, die zu einem individuelle Formen. Die Mittelknospe (für
Kurztrieb gebündelt sind. Die Waldkiefer ist den gradschaftigen Stammaufbau zustän-
eine Baumart mit einem rotbraunen Kern
Verbreitung dig) entwickelt sich oft ungenügend, so dass
und einem weißgelblichen Splint. Die Kiefer ist vor allem ein Baum des Tief- die Nebenknospe die Hauptachse weiter-
und Hügellandes und vermag nur auf wär- führen muss, was die Ausformung krummer
mebegünstigten Sonderstandorten in das Stämme und Äste zur Folge hat. Die Wald-
Name Berg- und Gebirgsland vorzudringen. Sie kiefer nimmt daher bisweilen plastische und
Der wissenschaftliche Name Pinus leitet sich weist ein riesiges natürliches Verbreitungs- bizarre Gestalt an. Wichtiges Unterschei-
von Pinum ab. Damit wurden spitze Gegen- gebiet im euro-asiatischen Raum auf. Von dungskriterium der Kiefernarten sind die
stände bezeichnet. Bei der Kiefer bezieht es den Tieflagen Nordeuropas auf Meereshöhe Anzahl der Nadeln je Kurztrieb. Hierbei un-
sich auf die spitzen Nadeln. Für die im Fol- bis zur spanischen Sierra Nevada auf 2.100 terscheidet man fünf, drei und zweinadli-
genden Kiefer genannte Baumart gibt es in Meter ü. NN ist sie verbreitet. Ihre Schwer- ge Kiefern, zu welchen auch die Waldkiefer
Deutschland regional viele unterschiedliche punkte liegen dabei in der norddeutschen zählt. Die Nadeln bleiben zwei bis vier Jah-
Bezeichnungen. Bekannt sind u.a. Waldföh- Tiefebene, der Mark Brandenburg, der Nie- re am Zweig. Die weiblichen roten Blüten-
re, Weißkiefer, Forchen, Tangel- und Mä- derlausitz und in Polen sowie in Schweden, zäpfchen sitzen am Ende der Maitriebe, die
Finnland und den russisch-sibirischen Wäl- männlichen gelben, ährigen Blüten stehen
dern. Derzeit beträgt der Baumartenanteil am Grund der neuen Triebe. Der Pollen wird
Kiefern im Wald
der Kiefer in Deutschland ca. 24%; in Bran- durch den Wind verbreitet. Der befruchte-
denburg erreicht sie sogar ca. 72%. Inner- te Zapfen springt nach zweijähriger Reife im
halb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes dritten Jahr auf und entlässt die geflügelten,
beschränkt sich ihr Wachstum auf Extrem- drei bis fünf Millimeter großen Samenkör-
standorte, auf denen die sonst konkurrenz- ner. Die Kiefer bildet eine kräftige Pfahlwur-
kräftigeren Baumarten wie z.B. die Buche zel aus, welche sie tiefer als andere Baumar-
keine Chance haben. ten wurzeln lässt, so dass sie seltener von
Stürmen geworfen wird. Das markanteste
Merkmal der Kiefer ist die Rinde. Eine grau-
Standort braune, plattige Borkenschicht bedeckt den
Die Kiefer ist ein genügsamer Baum. Sie Stammfuß. Sie wird im Alter immer stärker,
stellt sowohl an die Nährkraft als auch an während sich die im oberen Stammbereich
den Wasserhaushalt des Bodens nur gerin- gelblich-rötliche, dünnschuppige Spiegelrin-
ge Ansprüche. Sie wird aber auch wie kaum de kaum verändert.
eine andere Baumart mit extremen Verhält-
nissen fertig. Sie besiedelt sowohl sehr tro-
ckene Standorte einschließlich kalkreicher
Lebensgemeinschaft
Böden als auch nasse Moore. Sie kommt mit Kiefernwald
natürlichen wie künstlichen Rohböden zu-
recht und gilt deshalb als „Pionierbaumart“ In Kieferwäldern prägen begleitende Pflan-
C.Griesche
(Erstbesiedler). zen wie Himbeere, Sandrohr, Straußgras,
Harzgewinnung an Kiefern Waldbau Kiefern im Hochgebirge

Die Kiefer als lichtbedürftige Pionier­


baumart ist gerade für die Aufforstung ar-
mer und trockener Standorte und für die
sog. Vorwald-Begründung geeignet. Die
größten Wuchsleistungen zeigt die Kie-
fer auf den Standorten von Buchenwäl-
dern. Mit Buche und Eiche gemischt, kann
sie ökologisch und ökonomisch wertvol-
W. Bajohr le Mischwälder bilden. Sie kann aber auch
zur Stabilisierung von sturmgefährdeten
Fichtenbeständen eingebracht werden. Be-
Adlerfarn und Drahtschmiele das Erschei- sonders für die Erzeugung starken Holzes
C. Griesche
nungsbild. Die Kiefer wird oft von Schwar- im Überhalt (alte Bäume werden belassen
zem Holunder, Spätblühender Traubenkir- und darunter die Bestände verjüngt) eig-
sche und Beimischungen von Rotbuche, net sich die Kiefer sehr gut. Herausragende holzzersetzende Kiefernbaumschwamm und
Eiche, Eberesche, Birke und Faulbaum in Kiefernstandorte in Deutschland sind unter Hallimasch schädlich auftreten.
der Strauchschicht begleitet. Eichenbeimi- anderem die kontinental geprägten Mittel-
schungen entstehen oft durch die winterli- gebirge mit der Selber Höhenkiefer (Fichtel-
che Vorsorge des Eichelhähers (Hähersaat). gebirge) und den Kiefern im Thüringer Wald
Historische Nutzung der
Auch zahlreiche Pilzarten, wie z. B. Maro- und dem Erzgebirge. Waldkiefer
nenröhrling und Kiefernsteinpilz wachsen
im Kiefernwald. Etwa 50 verschiedene Bo- Die Kiefer gehört zu den harzreichsten Na-
denpilze können mit den Kiefernwurzeln
Verwendung des Holzes delbäumen. Aus ihrem Holz wurden die sog.
eine Lebensgemeinschaft (Pilz-Wurzel-Sym- Kiefern sind nach ca. 80 bis 120 Jahren Kienspäne geschnitten. Im Mittelalter wa-
biose oder Mykorrhiza) eingehen. Die Pilze hiebsreif. Sie liefern ein weiches, leichtes, ren sie die wichtigste Lichtquelle und wur-
führen dem Baum Nährstoffe zu und schüt- jedoch im Vergleich zu Fichte und Tanne den z. T. noch bis ins 20. Jahrhundert ver-
zen ihn vor Wurzelinfektionen. Der Baum härteres und dichteres Holz, dessen Jahr- wendet. Besonders bedeutend war die
versorgt sie dafür mit Kohlenhydraten. Vie- ringstruktur deutlich ausgeprägt ist. Die Gewinnung des Harzes aus Kiefernholz. In
le Vogelarten finden ihren Lebensraum und Hauptverwendungen sind Fensterrahmen, den Ländern Osteuropas existierte die sog.
Brutmöglichkeiten im Kiefernwald, darun- Möbel, der Innenausbau, Dielen und der Harzerei noch bis in die 1980er Jahre. Das in
ter z. B. Bunt- und Schwarzspecht, Tannen- Schiffsbau. Schwaches und geringwerti- Gefäßen aufgefangene Harz (ca. 1,5 – 4 kg
und Haubenmeise, Ziegenmelker und Tan- ges Kiefernholz wird zu Spanplatten und zu im Jahr pro Baum) wurde in Harzhütten zu
nenhäher. Holzwolle verarbeitet. pharmazeutischen Produkten, Lacken oder
Wagenschmiere weiterverarbeitet. Für zahl-
reiche weitere Produkte war Harz das Aus-
Waldgeschichte Gefahren für die Kiefer gangsmaterial u. a. für Tusche, Buchdrucker-
Die Kiefer bedeckte nach der letzten Eiszeit Bestände der Kiefer sind vielen Gefahren schwärze und schwarze Ölfarbe. Außerdem
zusammen mit der Birke große Landstriche ausgesetzt: Pilze und Insekten, aber auch stellte man Kienöl (Terpentinöl) und Holz-
Mitteleuropas. Sie konnte sich wegen ihrer andere Tiere schädigen die Kiefer vor allem teer (Pech) aus dem harzreichen Holz her.
sehr leichten und flugfähigen Samen und beim standortfremden Anbau im Reinbe- Den zähen Holzteer verwendete man zum
der außerordentlich großen standörtlichen stand. Das leicht brennbare harzreiche Holz Abdichten von Holzfässern und Booten. In
Toleranz hinsichtlich Klima und Boden leicht und die oft trockene Nadelstreu- und Bo- ärmlichen Haushalten weichte man Kiefern-
über große Gebiete ausbreiten. Nachdem denpflanzendecke bilden zudem eine gro- nadeln solange ein, bis die harte Schale auf-
der nacheiszeitliche Kiefern-Birken-Wald ße Gefahr für Waldbrände. Klimatisch be-
aufgrund von Klimaveränderungen von kon- dingte Schäden, wie Kronenbrüche durch
Schwarzspecht
kurrenzkräftigeren Gehölzen, wie z.B. der Nassschnee, treten immer wieder auf. Ver-
Hasel oder der Eiche verdrängt worden war, heerend können sich Insekten-Massen-
begann eine zweite durch den Menschen ge- vermehrungen auswirken. In Kulturen sind
lenkte Ausbreitungswelle der Kiefer mit dem es der Große Braune Rüsselkäfer und der
ausgehenden Mittelalter. Hierbei entstan- Waldgärtner, in Beständen der Raupenfraß
den auch die ersten Versuche einer gere- der Schmetterlinge Nonne, Forleule, Kie-
gelten Forstwirtschaft, und im Nürnberger fernspinner und –spanner oder der Larven-
Raum wurde die Saat als Methode der Wald- fraß der Kiefernbuschhorn-Blattwespe, die
verjüngung entwickelt. großflächig schädigen. Von den Pilzen kön-
nen Kiefernschütte in den Kulturen, der kro-
W. Bajohr
nendeformierende Kiefern blasenrost, der
Die Rinde Der Zapfen sprang und ein weiches, watteähnliches Pro-
dukt zum Vorschein kam, die Waldwolle.
Hiermit wurde Kissen und Bettdecken ge-
füllt.

Die Kiefer in der Mythologie


In Gegenden, wo die Kiefer seit langem stär-
ker verbreitet ist, z. B. Bosnien und Herze-
gowina, wurde ihr Holz als Abwehr gegen
Zauberei und böse Magie benutzt. Bei den
C. Griesche C. Griesche Griechen heißt die Kiefer Pitys, seitdem die
griechische Sagengestalt Pitys in eine Kiefer
Die Nadeln Die Blüte verwandelt wurde.

Die Kiefer als Heilmittel


Traditionell wurde in der Volksheilkunde das
Harz aus den Knospen, das sogenannte Ter-
pentinöl, äußerlich bei Hautverletzungen
und innerlich zur Inhalation bei Erkrankun-
gen der Luftwege angewandt. Heute dient
Kiefernnadelöl zur Herstellung von Einrei-
bungen und Inhalaten sowie ätherischen Öl-
C. Griesche C. Griesche bädern.

Die Waldkiefer | Steckbrief Das Holz

Name: → Waldkiefer, Pinus sylvestris L.

Familie: → Kieferngewächse (Pinaceae)

Alter: → 600 Jahre

Höhe: → 35 m

Durchmesser: → 100 cm C. Griesche

Anteil: → 24 % der Waldfläche Deutschlands

Rinde: → stark gefurchte, grau- bis rotbraune Schuppenbor- Impressum:


ke im unteren Stamm, glatte, leuchtend rotgelb- Herausgeber:
bis fuchsrote blättrige Rinde im oberen Stamm Schutzgemeinschaft Deutscher Wald
Bundesverband e. V. (SDW)
Nadeln: → je zwei Nadeln pro Kurztrieb, steif, Meckenheimer Allee 79 · 53115 Bonn
etwa 2, 5-8 cm lang, bis 2 mm breit Tel. 0228-945983-0 · Fax: 0228-945983-3
info@sdw.de · www.sdw.de
Geschlecht: → eingeschlechtlich, einhäusig Spendenkonto:
Sparkasse KölnBonn
Frucht: → dunkelbraun bis schwärzlicher Zapfen, Konto.Nr. 31 019 995
kurzgestielt, 3-8 cm lang, 3-5 cm breit BLZ 370 501 98

Gefährdung: → Waldbrand, Schnee- und Eisanhang, Kienzopf- Gefördert mit Mitteln des Bundesministeriums für
Befall, Kiefernschütte, Insekten: Kieferneule, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Kiefernspinner, Nonne aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundes­
tages
Holz: → harzreich, leicht und weich; breiter gelblich bis
Text:
rötlich-weißer Splint, rotbrauner Kern
SDW Bundesverband,
Verwendung: → Möbel, Fensterrahmen, Innenausbau und H. Hooge
Titelfoto:
Verschalung W. Bajohr

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