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Artikel

Dominik Schrey

„The analytical brain of urban life.“


Zur Kulturgeschichte der Straßenlaterne
im 21. Jahrhundert

Open Access. © 2020 Dominik Schrey, published by Sciendo. This work is licensed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial-
NoDerivatives 3.0 License
114 DOI 10.2478/kwg-2019-0092| Jahrgang 2019 Heft 2: 113–132

Abstract: Straßenbeleuchtung bildet die dichteste bestehende urbane Infrastruktur, weshalb sie als
Kernelement zukünftiger Smart Cities gilt. Vor diesem Hintergrund diskutiert der Artikel das ‚Medien-
Werden‘ der Straßenlaterne, die heute alle urbanen Ströme gleichermaßen durchleuchten soll. Aus-
gehend von einem historischen Überblick wird argumentiert, dass die Straßenbeleuchtung die Zir-
kulation von Waren, Menschen und Geld dadurch erleichterte, dass sie selbst statisch wurde. In ihr
überlappen sich verschiedene urbane Infrastrukturen der Verkehrslenkung, der Kommunikation, des
Marktes sowie der Gouvernementalität. Ihre eigene „konstitutive Beteiligung“ an diesen Prozessen
tritt jedoch hinter der Primärfunktion des Spendens von Licht zurück. Die bisherige kulturwissen-
schaftliche Forschung hat die Straßenlaterne daher vornehmlich als technisches Ensemble aus der
sichtbaren Lampe und dem unsichtbaren Gas- bzw. Stromnetz behandelt. Die diese beiden Elemente
verbindenden Laternenmasten und deren eigene Affordanzen wurden weitgehend ignoriert. Dabei
spielt die eigentliche Beleuchtungsfunktion in Zeiten des Internets der Dinge nur noch eine unter-
geordnete Rolle gegenüber den zahlreichen Sensoren, Antennen und anderen vernetzten Vorrichtun-
gen, die an diesen Masten angebracht werden. Die mit der Straßenlaterne als „analytischem Gehirn
des urbanen Lebens“ aufgekommenen neuen Geschäftsmodelle und die sich daraus ergebenden Kon-
sequenzen werden ausblickend kritisch am Beispiel der Stadt Miami diskutiert.

Street lighting forms the densest existing urban infrastructure, which is why it is considered a core
element of future smart cities. Against this background, the article discusses the ‘becoming media’
of the streetlamp that today illuminates urban flows of all sorts. Based on a historical overview, I
argue that street lighting facilitated the circulation of goods, people, and money in the modern city by
becoming static infrastructure. In the physical asset of the streetlamp, urban infrastructures of traffic
management, communication, market and governance overlap. However, its constitutive contribution
to these processes is rendered anesthetic by its primary function of providing light. Previous cultural
studies research has thus often treated the streetlight as an ensemble consisting only of visible lamp
and invisible gas or electricity network. The lampposts connecting these two elements and their spe-
cific affordances were largely ignored. However, for the urban internet of things, the lighting func-
tion plays only a subordinate role compared to the numerous sensors, antennas and other devices
mounted on these masts. The article closes with a small case study on the planned introduction of
smart lamps in Miami, discussing possible consequences of this ‘becoming media’ of street lighting
and the resulting new business models.

Keywords: Straßenbeleuchtung; Kulturgeschichte; Smart City; Überwachung; Internet der Dinge;


Infrastruktur

Dominik Schrey, Universität Passau, Medienkulturwissenschaft, SP Digitale Kulturen, Dr.-Hans-Kapfinger-Straße 14c,


94032 Passau
Kulturwissenschaftliche Zeitschrift - 2/2019 115

to transform street lighting into the analytical brain of


1 Von Glühbirnen zu Computern urban life.4

Gegen Ende seiner 1900 erschienen Philosophie


Der Konzern, so scheint es, hat die Kritik des
des Geldes veranschaulicht Georg Simmel seine
Medientheoretikers ernst genommen und sein
Thesen zum Übergewicht der Mittel über die
Geschäftsmodell überdacht.
Zwecke mit einem Beispiel aus dem Bereich der
Die Aussage Immelts steht dabei in einer lan-
Technikgeschichte:
gen Tradition, Städte und Kommunikations- sowie
Gewiß haben wir jetzt statt der Tranlampen Acetylen Transportinfrastrukturen mit Metaphern aus dem
und elektrisches Licht; allein der Enthusiasmus über Bereich des Körpers und, ab dem 19. Jahrhundert,
die Fortschritte der Beleuchtung vergißt manchmal, speziell des Nervensystems zu beschreiben. Das
daß das Wesentliche doch nicht sie, sondern dasjenige Gehirn ist hier ein über das gesamte Stadtgebiet
ist, was sie besser sichtbar macht.1
verteiltes sensibles Netzwerk aus zu Computern
gewordenen vernetzten Laternen, deren Funk-
Auch Marshall McLuhan wählt gut sechzig Jahre
tion sich nicht mehr darauf beschränkt, Inseln
später das elektrische Licht als Ausgangspunkt
der Sichtbarkeit in einem Meer von Dunkelheit zu
für seine Argumentation, die in die bekannte
erzeugen. Vielmehr soll das angestrebte „analy­
Formel „das Medium ist die Botschaft“ mündet
tische Gehirn“ alle Bereiche des gesellschaftli-
und den Aussagen Simmels gewissermaßen dia-
chen Lebens gleichermaßen durchleuchten.
metral entgegengesetzt ist:
Ausgehend von jüngeren Ansätzen der Critical
Ob das Licht nun bei einem gehirnchirurgischen Eingriff Infrastructure Studies5 sowie dem von Mercedes
oder einem nächtlichen Baseballspiel verwendet wird, Bunz und Graham Meikle beschriebenen Perspek-
ist vollkommen gleichgültig. Man könnte behaupten, tivwechsel von „media representation“ zu „media
daß diese Tätigkeiten in gewisser Hinsicht der ‚Inhalt‘ recognition“6 lassen sich aus der präsentierten
des elektrischen Lichts seien, da sie ohne elektrisches
Trias von Zitaten (deren weitergehende theore-
Licht nicht sein könnten.2
tischen Implikationen fürs erste ignoriert werden
sollen) drei Ausgangsthesen für den vorliegenden
Das elektrische Licht selbst ist für McLuhan ein
Beitrag ableiten:
Medium, das Einfluss auf das nimmt, was es über-
1. Das, was – mit Simmel – durch den Fokus
trägt bzw. ermöglicht und dadurch radikal gesell-
auf den technischen Fortschritt der Straßenbe-
schaftliche Maßstäbe verändert. Über General
leuchtung aus dem Blick zu geraten droht, ist die
Electric (GE) schreibt er in diesem Kontext iro-
Frage danach, was für Bewegungen diese ermög-
nisch, der Konzern bezöge zwar „einen beträcht-
licht oder unterbindet und welche Öffnungen bzw.
lichen Teil“ seiner Gewinne aus „Glühlampen und
Schließungen des Urbanen damit einhergehen:
Beleuchtungsanlagen,“ habe dabei aber noch
Denn erst durch die organisierte Straßenbeleuch-
nicht herausgefunden, dass sein eigentliches
tung werden für die Zirkulation von Waren, Men-
„Geschäft in der Informationsbewegung liegt.“3
Weitere fünfzig Jahre später veröffentlicht
GE in seinem Jahresbericht 2014 einen Brief des 4  Immelt, Jeffrey R. (2015): GE 2014 Annual Report. Bos-
damaligen CEO Jeffrey R. Immelt an die Aktio- ton: General Electric, S. 13. http://www.ge.com/cn/sites/
när*innen, der sich wie eine verspätete Antwort default/files/GE_AR14.pdf (abgerufen am 03.08.2020).
an McLuhan liest: 5  Vgl. Parks, Lisa (2015): „Stuff You Can Kick“. Toward
a Theory of Media Infrastructures. In: Svensson, Patrik
Lighting is our oldest business. The combination of (Hg.): Between Humanities and the Digital. Cambridge,
LEDs and analytics puts a computer where a light bulb MA: MIT Press, S. 355-373; Parks, Lisa/Starosielski, Ni-
used to be. In cities around the world, GE is working cole (Hgg.) (2015): Signal Traffic. Critical Studies of Media
Infrastructures. Urbana, IL: University of Illinois Press.
Für einen guten Überblick über die Bandbreite der hete-
1  Simmel, Georg (2017 [1900]): Philosophie des Geldes. rogenen Theorieansätze vgl. Volmar, Axel (2017): Infra-
Frankfurt a. M.: Suhrkamp, S. 679 (Herv. i. O.). strukturforschung zwischen Kulturtechnikgeschichte und
2  McLuhan, Marshall (1992 [1964]): Die magischen Kanä- Critical Infrastructure Studies. In: Zeitschrift für Medien-
le. „Understanding Media“. Übersetzt von Meinrad Amann. wissenschaft, 16, S. 198-204.
Düsseldorf: ECON, S. 18. 6  Bunz, Mercedes/Meikle, Graham (2018): The Internet of
3  McLuhan (1992), S. 19. Things. Cambridge: Polity, S. 69.
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schen und Geld in der Stadt (und darüber hinaus) des Telefons im Zeitalter des Smartphones neu
ganz neue (Zeit-)Räume erschlossen. betrachtet werden muss, ist auch ein frischer
2. Der Maßstab, der sich – mit McLuhan – mit Blick auf die Straßenlaterne erforderlich. Denn
der jüngsten Modernisierung der Straßenlaterne genau wie beim Smartphone verdeckt auch hier
verändert, ist jener der Informationsbewegung. eine offensichtliche Primärfunktion – das Spen-
Denn alles, was sich durch die Stadt bewegt, soll den von Licht – eine ganze Reihe weniger offen
vermessen, verdatet und so für Auswertungen zu Tage tretender sekundärer Anwendungen –
unterschiedlicher Art verfügbar gemacht werden, vor allem das Sammeln und Auswerten von ver-
stets mit dem Ziel, das urbane Leben zu „opti- schiedensten Daten durch eine Reihe von Senso-
mieren“. Dabei nehmen die so erhobenen Daten- ren.12 Bunz‘ und Meikles Definition von „Sensing
mengen zunehmend Warencharakter an. Auf ihrer Networks“ folgend,13 werden Sensoren dabei als
Grundlage werden prognostische Modelle erstellt, Akteure in komplexen Kommunikationsnetzwer-
die neue Geschäftsmodelle befördern und immer ken verstanden, die kontinuierlich und automa-
deutlicher auch auf die ausgewertete urbane Rea- tisiert eine Vielzahl von Daten über ihre Umwelt
lität zurückwirken und diese transformieren. erheben und prozessieren, um sie mit anderen
3. Zusammenführen lassen sich diese beiden Daten oder auch vorab definierten Normwerten
Aspekte unter dem Dach einer Medienhistorio- abgleichbar zu machen, was wiederum zu adapti-
graphie der Straßenlaterne, die – hierin Vogls ven Veränderungen von Elementen im Netzwerk
bekannter Analyse von Galileis Fernrohr folgend führen kann. Insofern besteht die wesent­ liche
– nachzeichnet, wie ein vermeintlich einfaches Funktion der Sensoren darin, Veränderungen in
Gerät spezifische Sichtbarkeiten und Unsichtbar- ihrer Umwelt wahrzunehmen und zur Auswer-
keiten erzeugt und schließlich zu einem Medium tung, Weiterverarbeitung und/oder Speicherung
wird, das „Daten ganz eigener Art“7 entlässt, weiterzuleiten. Damit kann ein gegebenes techni-
seine „konstitutive Beteiligung“8 an diesen Pro- sches Netzwerk – etwa eine Smart City – sich an
zessen jedoch tendenziell verschleiert. Vor die- die in ihr entstehenden Zustände anpassen. Ihre
sem Hintergrund eröffnet sich eine neue Perspek- Ubiquität und – zumindest in Großstädten – in
tive auf die vernetzte Straßenlaterne nicht nur der Regel gleichmäßige Verteilung über gesamte
als „analytical brain“ zukünftiger digitaler Städte, Stadtgebiete macht die Straßenbeleuchtung zum
sondern auch als technopolitische Manifestation9 idealen Ort für die Anbringung einer Vielzahl sol-
einer neoliberalen Logik, die den Smart-City-Dis- cher Sensoren.
kurs dominiert.10 Daher ist es das Ziel dieses Artikels, die Kul-
Zwar ist die Technik- und Kulturgeschichte turgeschichte der Straßenbeleuchtung nicht
der Straßenbeleuchtung vergleichsweise gut nur zusammenzuführen mit der Geschichte des
erforscht,11 doch so wie die Kulturgeschichte „Urbanen“,14 das mit Schabacher und Neubert als

7  Vogl, Joseph (2001): Medien-Werden. Galileis Fernrohr. Sandy/Petty, Margaret Maile/Neumann, Dietrich (Hgg.)
In: Mediale Historiographien, 1, S. 115-123, hier S. 115. (2015): Cities of Light. Two Centuries of Urban Illumina-
Vgl. zu der für „Medien wie Architekturen gleichermaßen tion. New York: Routledge; Nye, David E. (2018): Ameri-
bedeutsame Relation von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit“ can Illuminations. Urban Lighting, 1800-1920. Cambridge,
Schabacher, Gabriele (2015): Unsichtbare Stadt. Zur Me- MA und London: MIT Press. Eine ganz andere Perspektive
dialität urbaner Architekturen. In: Zeitschrift für Medien- auf den Gegenstand wirft Vilém Flusser, der in einem 1993
wissenschaft, 12, S. 79-90, hier S. 79. erstveröffentlichten philosophischen Essay die Straßenla-
8  Vogl (2001), S. 122. terne als Inbegriff der Dialektik der modernen Massenkul-
9  Vgl. Larkin, Brian (2013): The Politics and Poetics of tur diskutiert. Flusser, Vilém (2006): Dinge und Undinge.
Infrastructure. In: Annual Review of Anthropology, 42/1, Phänomenologische Skizzen. Mit einem Nachwort von Flo-
S. 327-343. rian Rötzer. München: Hanser, S. 33-46.
10  Vgl. Greenfield, Adam (2013): Against the Smart City. 12  Vgl. Hansen, Mark B. N. (2015): Feed-Forward. On the
A Pamphlet. New York: Do projects, S. 62-66. Future of Twenty-First-Century Media. Chicago, IL: Univer-
11  Vgl. Schivelbusch, Wolfgang (2004 [1981]): Lichtbli- sity of Chicago Press, S. 161.
cke. Zur Geschichte der künstlichen Helligkeit im 19. Jahr- 13  Vgl. Bunz/Meikle (2018).
hundert. Frankfurt a. M.: Fischer; Tomory, Leslie (2012): 14  Vgl. Mumford, Lewis (1979 [1961]): Die Stadt. Geschich-
Progressive Enlightenment. The Origins of the Gaslight In- te und Ausblick. München: dtv oder zuletzt Adams, Ross
dustry. 1780-1820. Cambridge, MA: MIT Press; Isenstadt, Exo (2019): Circulation & Urbanization. Los Angeles: Sage.
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„Schnittpunkt von Verkehrs-, Kultur- und Medien- te.“19 Richard Sennett spricht deshalb davon, dass
theorie“15 gelten darf, sondern die so entstehende die Entdeckung der Zirkulation mit der „Geburt
Gemengelage aus der Perspektive einer „histo- des modernen Kapitalismus“20 zusammenfällt, für
rischen Medienanalyse“ zu betrachten, die die den die flexible Bewegung von Waren auf einem
Straßenlaterne – analog zu Timo Kaerleins Pers- freien Markt als profitabler gilt als stabiler Besitz.
pektive auf das Smartphone – „als Teil eines Dis- Doch auch in andere Wissensgebiete finden
positivs bzw. Apparats“ versteht, „zu dem neben die Kreisläufe der Zirkulation Eingang,21 beson-
den Praktiken des Mediengebrauchs u.a. auch ders relevant für den gegebenen Kontext sind
Begleitdiskurse, institutionelle Arrangements und die Erforschung der Elektrizität, das Konzept der
Infrastrukturen zu zählen sind.“16 Die Straßenla- Ökologie und nicht zuletzt die Stadtplanung:22 „If
terne ist, wie der vorliegende Artikel zeigen wird, there is a history of the urban, it is a history of
schon immer ein entscheidendes und vor allem what circulates. It is a history of infrastructure,“23
verbindendes Element in unterschiedlichen tech- heißt es bei Ross Exo Adams, demzufolge die
nischen und sozialen Netzwerken. Kategorie des „Urbanen“ selbst eine Idee des
19. Jahrhunderts ist, die sich der radikalen Trans-
formation europäischer Großstädte im Rahmen
der Industrialisierung und dem durch diese ange-
2 Nächtliche Zirkulationen
stoßenen Infrastrukturboom verdankt.
Während urbane Architektur über Jahrhun-
Spätestens im 17. Jahrhundert hat sich die Zir-
derte hinweg relativ stabil blieb, veränderten die
kulation als zentrales Konzept in der Naturphilo-
Städte im 19. Jahrhundert innerhalb einer ver-
sophie etabliert, angestoßen nicht nur durch die
gleichsweise kurzen Zeitspanne radikal ihr Aus-
astronomischen Beobachtungen der als kreisför-
sehen, um den neuen Anforderungen der Zirku-
mig wahrgenommenen Bewegungen der Him-
melskörper, sondern vor allem durch das Konzept
des Blutkreislaufs, den William Harvey 1628 erst- 19  Sennett, Richard (1997 [1994]): Fleisch und Stein. Der
mals nachweisen konnte.17 Diese neue Auffassung Körper und die Stadt in der westlichen Zivilisation. Frank-
des Körpers als Gefäß einer Vielzahl mechani- furt a. M.: Suhrkamp, S. 338.
20  Sennett (1997), S. 319.
scher Bewegungen, die idealerweise ungehindert
21  Vgl. Sprenger, Florian (2019): Epistemologien des Um-
vonstattengehen und im Fall einer Verstopfung gebens. Zur Geschichte, Ökologie und Biopolitik künstli-
oder Blockade zu Krankheit führen, wurde zu cher environments. Bielefeld: transcript, S. 380. Sprengers
einem einflussreichen epistemologischen Modell Monografie, die die Bedeutung von Kreisläufen insbeson-
und im 18. Jahrhundert auf die Ökonomie über- dere für das ökologische Wissen nachzeichnet, gehört zu
tragen.18 Adam Smith und seinen Anhänger*innen einer Reihe jüngerer medien- und kulturwissenschaftlicher
Studien, die sich intensiv mit dem Konzept der Zirkulation
erschien es, „als ernähre der Wirtschaftskreislauf
und seinen Genealogien auseinandersetzen. Vgl. zur „An-
alle Mitglieder der Gesellschaft so, wie der freie ziehungskraft“ des Zirkulationsbegriffs auf die Geistes- und
Fluß des Blutes allen Körperteilen Nahrung zuführ- Sozialwissenschaften jüngst auch Hagener, Malte/Opitz,
Sven/Tellmann, Ute (2020): Zirkulation. Einleitung in den
Schwerpunkt. In: Zeitschrift für Medienwissenschaft, 23,
S. 10-19, hier S. 10.
22  Vgl. Kamleithner, Christa (2020): Ströme und Zonen.
15  Neubert, Christoph/Schabacher, Gabriele (2014): Ver- Eine Genealogie der „funktionalen Stadt“. Gütersloh und
kehrsgeschichte an der Schnittstelle von Technik, Kultur Berlin: Bauverlag; Boutros, Alexandra/Straw, Will (Hgg.)
und Medien. Einleitung. In: Dies. (Hgg.): Verkehrsge- (2010): Circulation and the City. Essays on Urban Culture.
schichte und Kulturwissenschaft. Analysen an der Schnitt- Montréal: McGill-Queen‘s University Press.
stelle von Technik, Kultur und Medien. Bielefeld: transcript, 23  Adams (2019), S. 3. Dabei sollte die Infrastruktur je-
S. 7-45, hier S. 19. doch nicht mit dem verwechselt werden, was in ihr – und
16  Kaerlein, Timo (2018): Smartphones als digitale Nah- durch sie sie ermöglicht – zirkuliert, wie Latour mahnt.
körpertechnologien. Zur Kybernetisierung des Alltags. Bie- Der kontinuierliche Fluss von Elementen ist ihm zufolge
lefeld: transcript, S. 16f. das Ergebnis einer „diskontinuierlichen Serie“ des Auf-
17  Fuchs, Thomas (1992): Die Mechanisierung des Her- und Ausbaus heterogener Elemente, der Sonderfall eines
zens. Harvey und Descartes – der vitale und der mecha- „Netzwerks heterogener Assoziationen.“ Vgl. Latour, Bruno
nische Aspekt des Kreislaufs. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. (2018): Existenzweisen. Eine Anthropologie der Modernen.
18  Adams (2019), S. 73-105. Berlin: Suhrkamp, S. 71.
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lation, die nun als „Wesen der neuen Großstadt ten Motor für die bei ihm als „Entfestigung“ der
wahrgenommen“24 wurde, gerecht zu werden. Städte beschriebene Entwicklung.29
Ausgehend von der „politischen Netzwerkphilo- Keiner der genannten Autoren geht in diesem
sophie“25 der Saint-Simonisten, die Harveys Blut- Kontext auf die Rolle der Straßenbeleuchtung ein,
kreislauf als Modell für die Stadtplanung obwohl diese im beschriebenen Zusammenhang
etablierten, wurde die Stadt als – zumindest teil- der Öffnung der Städte eine ausschlaggebende
weise – heterarchisch organisiertes Netzwerk neu Rolle spielt. Die Stadttore waren die entscheiden-
erfunden, wie Sebastian Gießmann schreibt:26 den Passagen des Handels, hier wurde kontrolliert
Achsen und Querverbindungen wurden in viele und reguliert, wer und was in die Stadt hinein
europäische Großstädte eingezogen, Straßen und aus ihr heraus gelangte. Solange sie abends
verbreitert. Foucault führt verschiedene Funktio- abgeschlossen wurden, kamen die sozialen und
nen dieser Veränderungen an, die sich letztlich ökonomischen Ströme innerhalb der Stadt und
alle darum drehen, über ihre klar definierten Grenzen hinweg nachts
notwendigerweise weitgehend zum Erliegen. Der
Zirkulation zu organisieren, […] eine Aufteilung zwi- Handel wie das gesellschaftliche Leben war auf
schen guter und schlechter Zirkulation vorzunehmen
die Tageszeit beschränkt. Was nachts durch die
und, indem man die schlechte Zirkulation vermin-
derte, die gute zu maximieren.27 Straßen der mittelalterlichen und neuzeitlichen
Städte zirkulierte, waren dagegen die mobilen
Laternen der Nachtwächter (Abb. 1) oder derjeni-
Gute Zirkulation ist dabei jene von Waren und
gen Privatleute, die ausnahmsweise aus dringen-
Geld, schlechte die von Krankheit, Verbrechen,
dem Grund ihre Häuser verlassen mussten und
Armut etc. Neben der verbesserten „Durchlüf-
sich durch das Mitführen eines Lichts zu erken-
tung“ der Stadt, der Sicherstellung des Binnen-
nen zu geben hatten, um sich nicht verdächtig zu
handels und der Vernetzung mit anderen Städten
machen.30
nennt er dabei die Überwachung der verschiede-
Die Einführung von organisierter Straßenbe-
nen Ströme als eines der wichtigsten Probleme
leuchtung, ausgehend vom Frankreich des späten
des neuen Sicherheitsdispositivs. Da die in euro-
17. Jahrhunderts,31 verlegte die Verantwortung
päischen Städten bis ins frühe 19. Jahrhundert
der Identifikation zunehmend in die Hände des
hinein obligatorischen Stadtmauern die Warenzir-
Staats, sollte aber eben auch jene Bewegungen
kulation behinderten, seien sie vielerorts abge-
zuverlässig entbergen und unterbinden, die zuvor
baut worden. An anderer Stelle führt Foucault als
im Schutz der Dunkelheit stattfanden.32 Dadurch
weitere Gründe für diese Tendenz des „Désencla-
wurde die nächtliche Zirkulation von Waren,
vement“28 der Städte das Wachstum der Stadt-
Menschen und Geld in der Stadt überhaupt erst
bevölkerung und neue militärische Techniken an,
möglich. In seiner Kulturgeschichte der künstli-
die die Stadtmauer als Verteidigungsbollwerk
chen Beleuchtung beschreibt Schivelbusch, wie
weitgehend obsolet gemacht haben. Osterham-
die Stadtbeleuchtung nicht nur die Angst vor
mel dagegen nennt die Eisenbahn als wichtigs-

29  Osterhammel (2016), S. 437.


30  Schivelbusch (2004), S. 84. In vielen amerikanischen
24  Osterhammel, Jürgen (2016): Die Verwandlung der Städten war dies durch die sogenannten „lantern laws“
Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts. München: C. noch Ende des 18. Jahrhunderts für alle Sklaven vorge-
H. Beck, S. 361. schrieben, vgl. Browne, Simone (2015): Dark Matters. On
25  Vgl. Friedrich, Alexander (2015): Metaphorologie der the Surveillance of Blackness. Durham, NC: Duke Univer-
Vernetzung. Zur Theorie kultureller Leitmetaphern. Pader- sity Press.
born: Wilhelm Fink, S. 300. 31  Etwa gleichzeitig setzt auch ein anhaltender Prozess der
26  Vgl. Gießmann, Sebastian (2014): Die Verbundenheit Standardisierung des Straßenbildes zur besseren Adressier-
der Dinge. Eine Kulturgeschichte der Netze und Netzwer- barkeit durch den städtischen Verwaltungsapparat statt,
ke. Berlin: Kadmos, S. 143-150. den Kittler beschreibt. Vgl. Kittler, Friedrich (2014 [1988]):
27  Foucault, Michel (2006): Sicherheit, Territorium, Be- Die Stadt ist ein Medium. In: Ders.: Die Wahrheit der tech-
völkerung. Geschichte der Gouvernementalität I. Vorlesung nischen Welt. Essays zur Genealogie der Gegenwart. Her-
am Collège de France, 1977-1978. Frankfurt a. M.: Suhr- ausgegeben und mit einem Nachwort von Hans Ulrich Gum-
kamp, S. 37. brecht. Berlin: Suhrkamp, S. 181-197, hier S. 192.
28  Foucault (2006), S. 29. 32  Schivelbusch (2004), S. 97.
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Abb. 1: „Die Straße dient dem Verkehr – Aber nach elf nicht mehr!“ Karikatur von Walter Trier, Lustige Blätter 29/31, 1914,
Quelle: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/lb29/0755/image
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dem Chaos der Nacht reduzierte, indem sie kon- Paradigma der Critical Infrastructure Studies
trollierbare Räume erzeugte und darin sichtbare – eigentlich bezogen auf die unter der Erdober-
Symbole der Überwachung installierte, sondern fläche verlaufenden Kabel, die unsere kabellose
wie auf diese Weise auch ganz neue kommer- Gesellschaft ermöglichen – kann so eine neue,
zielle Räume (und Zeiträume) erschlossen wur- gleichsam überirdische Wendung erhalten: „It is
den.33 Von dieser Kolonisierung der Nacht profi- by looking down, rather than up to the sky, that
tierte zunächst vornehmlich das aufkommende we can best see today’s network infrastructure.“37
Bürgertum (und insbesondere dessen männliche
Vertreter), das neue wirtschaftliche und freizeitli-
che Verhaltensweisen wie das „Nachtschwärmen“
3 Medienkulturgeschichte
erprobte, während die Unterschicht die Nacht-
stunden bis ins 20. Jahrhundert hinein „zur Rege- der Straßenbeleuchtung
neration ihrer Arbeitskraft nutzen musste“34, wie
Ute Hasenöhrl schreibt. Eine Medienkulturgeschichte der Straßenbeleuch-
In der künstlich ausgeleuchteten Stadt wur- tung muss demnach zunächst festhalten, dass die
den die nur tagsüber geöffneten und streng kon- Entwicklung der Straßenlaterne sich nicht in etab-
trollierten Stadttore genauso überflüssig wie die lierte Erzählungen zunehmender Mobilisierung fügt
klar definierte Grenze zwischen Stadt und Umland bzw. dass sie Mobilität gerade dadurch ermöglicht,
selbst, die nun fließender wurde, allerdings nicht indem sie selbst statisch – Infrastruktur – wird.
komplett verschwand. Sichtbar werden diese Damit einher geht ein spezifischer Prozess des
verschwimmenden Grenzen des urbanen Raums Unsichtbarwerdens, der allgemein kennzeichnend
heute vor allem auf nächtlichen Satellitenaufnah- ist für Infrastrukturen.38 Längst vorbei sind die im
men wie der – in Anlehnung an eines der ein- einführenden Simmel-Zitat anklingenden Zeiten,
flussreichsten Bilder des Planeten – black marble als die Strahlkraft neuer Laternen selbst noch eine
getauften Darstellung der NASA (Abb. 2). Hier Attraktion darstellte (Abb. 3). In der Regel wird
erscheinen die urbanen und industriellen Zent- der Straßenbeleuchtung heute erst im Moment der
ren als zusammenwachsende weiße Flecken auf Störung oder des Ausfalls größere Aufmerksamkeit
von leuchtenden Adern durchzogenen schwarzen zuteil  – auch das gilt als generelles Signum von
Flächen, gleichsam als „Feuerstellen einer Zivi- Infrastrukturen.39 Denn die sichtbare Primärfunk-
lisation, die ihr Erdinneres verheizt.“35 Lichtver- tion der längst selbstverständlich zum Straßenbild
schmutzung, das Streulicht der urbanen Nacht, gehörenden Laternen bleibt einerseits beständig,
wird hier im doppelten Sinne ästhetisch, führt während andererseits die technische Grundlage
dabei jedoch zum Verschwinden – oder, in der der Beleuchtung ohnehin historisch immer wieder
Terminologie Vogls: zum Anästhetisch-Werden
– des Sternenhimmels und schließlich der Nacht Skala) erlebt, was zu der geradezu ironisch anmutenden
selbst.36 Das von Nicole Starosielski formulierte Forderung führt, die Beleuchtung zu reduzieren, um die
Nacht besser sehen zu können. Bogard, Paul (2014): Die
Nacht. Reise in eine verschwindende Welt. Aus dem Engli-
33  Vgl. auch Crary, Jonathan (2014): 24/7. Schlaflos im schen von Yvonne Badal. München: Karl Blessing. Vgl. zur
Spätkapitalismus. Berlin: Wagenbach. Lichtverschmutzung auch Krop-Benesch, Annette (2019):
34  Hasenöhrl, Ute (2015): Die Stadt im Licht. Städtische Licht aus!? Lichtverschmutzung – die unterschätzte Ge-
Beleuchtung als Infrastruktur. In: Informationen zur mo- fahr. Hamburg: Rowohlt; Edensor, Tim (2014): The Gloomy
dernen Stadtgeschichte, 1/2015, S. 30-41, hier S. 38. City. Rethinking the Relationship Between Light and Dark.
35  Mönninger, Michael (2009): „Das umgedrehte Fernrohr. In: Urban Studies, 52/3, S. 422–438.
Die Fernerkundung der Nahwelt – vom Himmelsblick zur 37  Starosielski, Nicole (2015): The Undersea Network,
Erdbeobachtung“. In: Kritische Berichte, 37/3, S. 94-101, Durham, NC: Duke University Press, S. ix.
hier S. 96. Für eine kritische Auseinandersetzung mit den 38  Vgl. Schabacher (2015) oder Star, Susan Leigh/Bowker,
ideologischen Prämissen dieser Bilder vgl. Pritchard, Sara Geoffrey C. (2019 [2002]): Wie man infrastrukturiert. In:
B. (2017): „The Trouble with Darkness. NASA’s Suomi Sa- Ziemann, Andreas (Hg.): Grundlagentexte der Medienkul-
tellite Images of Earth at Night“. In: Environmental Histo- tur. Ein Reader. Wiesbaden: Springer VS, S. 315-325, hier
ry, 22/2, S. 312-330. S. 316.
36  Die meisten jüngeren Europäer*innen und Nordameri- 39  Vgl. Star/Bowker (2019 [2002]), S. 317 oder Graham,
kaner*innen haben nach Paul Bogard noch nie eine wirklich Stephen (Hg.) (2010): Disrupted Cities. When Infrastruc-
dunkle Nacht (gemessen nach der sogenannten Bortles- tures Fail. New York: Routledge.
Kulturwissenschaftliche Zeitschrift - 2/2019 121

NASA „Black Marble“, 2016,


Quelle: https://eoimages.gsfc.nasa.gov/images/imagerecords/90000/90008/europe_vir_2016_lrg.png

aktualisiert wurde, etwa um die Reichweite und schüre zur als „Humble Lamppost“ bezeichneten
Leuchtkraft der Lampen zu erhöhen, stets unter Industrienorm SPEC 91347 für „integrierte mul-
dem „Versprechen, ein Mehr an Licht werde zu tifunktionale Straßenlaternen“ heißt.42 Obwohl
einem Gewinn an Sicherheit, Sauberkeit und Sitt- die Straßenbeleuchtung „gerade eine disruptive
lichkeit führen.“40 Renaissance“43 erfährt, wird mit dieser beschei-
Gerade aufgrund der ihr attestierten Unauffäl- denen Bezeichnung explizit darauf verwiesen,
ligkeit wird die Straßenlaterne als ein „Kernstück dass das Update der urbanen Hardware unauf-
zukünftiger smarter Städte und Kommunen“41 dringlich vonstattengehen soll. Optisch bleibt
betrachtet. In der EU hat diese Unscheinbar- tatsächlich fast alles beim Alten, auch wenn
keit sogar „Eingang in die Standardisierung sich der Schwerpunkt der Straßenbeleuchtung
gefunden“, wie es in einer vom Deutschen Ins- der Broschüre zufolge „von der eigentlichen
titut für Normung (DIN) herausgegebenen Bro- Beleuchtung hin zur Sammlung und Bereitstel-
lung von digitalen Daten, neue[n] Dienstleistun-
gen und Funktionen verschieben“44 soll.
40  Kammerer, Dietmar (2008): Bilder der Überwachung.
Frankfurt a. M.: Suhrkamp, S. 22.
41  Heuser, Lutz et al. (2017): Die integrierte multifunktio- 42  Heuser et al. (2017), S. 1.
nale Straßenlaterne. Humble Lamppost – Erläuterung zu 43  Heuser et al. (2017), Klappentext.
DIN SPEC 91347. Berlin: Beuth, S. 5. 44  Heuser et al. (2017), S. 3.
122 DOI 10.2478/kwg-2019-0092| Jahrgang 2019 Heft 2: 113–132

Abb. 3: „L’éclairage électrique du quai Victoria, à Londres“, Illustration in La Nature, N° 294, 18.01.1879,
Quelle: http://cnum.cnam.fr/CGI/fpage.cgi?4KY28.12/101/100/432/7/417

Neben ihrer Unscheinbarkeit ist es vor allem Im Zentrum der Smart-Lighting-Werberhetorik


ihre (damit eng zusammenhängende) Ubiqui- steht daher meist der Aspekt der Nachhaltigkeit
tät, die die Laterne in diesem Zusammenhang und der Hinweis auf die unumgängliche Notwen-
bedeutsam macht. Straßenbeleuchtung bildet digkeit einer entsprechenden Aktualisierung auf
die dichteste bestehende urbane Infrastruktur: energiesparende und vor allem „intelligente“,
In den meisten westlichen Städten steht alle 50 d.h. selbstregulierende und vernetzte Hardware.
bis maximal 80 Meter eine Laterne, Schätzungen Auch für das Problem der Lichtverschmut-
gehen von ca. 60 bis 90 Millionen Stück alleine zung sollen die intelligenten Straßenlaternen
in Europa aus, von denen wiederum „ca. 75 % eine Lösung bringen. Adaptive Lichtsteuerung
älter als 25 Jahre und somit sanierungsbedürftig ist ein Kernbestandteil der meisten Smart-City-
sind.“45 Neben neuen Geschäftsmodellen, auf die Konzepte. Wo keine Beleuchtung notwendig ist –
noch einzugehen sein wird, ist demnach auch die etwa, weil sich niemand in einem bestimmten
Hardwarebasis selbst ein enormer Wirtschafts- Bereich aufhält –, soll sie sich selbständig abschal-
faktor. Hinzu kommt, dass Städte einer EU-Stu- ten. Dieses von Lampen mit Bewegungssensoren
die zufolge 20 bis 50 % ihres jährlichen Budgets bekannte Prinzip soll im Maßstab gesamter Städte
nur für den Betrieb ihrer Straßenbeleuchtung extrapoliert werden. Lichtsensoren messen, wie
investieren, die dabei global für immerhin 6 % viel Umgebungslicht vorhanden ist und passen
der Treibgasemissionen verantwortlich zeichnet.46 die Helligkeit der Beleuchtung entsprechend an.
Eine Frage, die sich dabei stellt, ist wieder die der
45  Heuser et al. (2017), S. 4.
Sichtbarkeit: Was wird es wert sein, beleuchtet
46  Vgl. Rutkin, Aviva (2014): Bright Lights, Smart City. In: zu werden – bzw., umgekehrt gefragt, welchen
New Scientist, 2981, S. 17. Stadtvierteln wird man Stunden ohne helle Aus-
Kulturwissenschaftliche Zeitschrift - 2/2019 123

leuchtung gönnen? Schließlich gilt die Straßen- werden,52 wie insbesondere an der Straßenlaterne
beleuchtung (trotz durchaus strittiger Datenlage) und deren Neuerfindung als analytischem Gehirn
nach wie vor als wichtiger Faktor in Strategien intelligenter Städte deutlich wird.
der Verbrechensbekämpfung und -vorbeugung.47 Wie sehr sich bereits im frühen 20. Jahrhun-
Trotz ihrer zentralen Rolle für die Implemen- dert verschiedene Verkehrs- und Kommunika-
tierung eines urbanen Internets der Dinge spielt tionsnetzwerke in der Straßenlaterne überlagern
die Laterne in den bislang existierenden medien- bzw. treffen, lässt sich mit einer Karikatur aus
kulturwissenschaftlichen Auseinandersetzun- dem Jahr 1911 illustrieren, die den idealen Later-
gen mit Smart Cities (wenn überhaupt) nur eine nenpfosten imaginiert (Abb. 4): Neben einem
Nebenrolle. Einer der wichtigsten Gründe dafür integrierten Telefon sind unter anderem optische
ist, dass bisher vornehmlich die komplett am digi- Signale für den Straßenverkehr, ein Mülleimer,
talen Reißbrett entworfenen Städte Aufmerksam- ein Briefkasten, eine Tafel für Kontaktanzeigen,
keit erfahren haben, in denen jedes planerische eine Wetterfahne, diverse Hinweisschilder sowie
Detail von vornherein auf das aktuelle „smartness Befestigungsmöglichkeiten für Pferde, Hunde und
mandate“48 ausgerichtet wird. Im Gegensatz dazu Festwimpel angebracht. Darüber hinaus dient die
erlaubt der Fokus auf ein konkretes, wenn auch Laterne gleichsam als unbürokratisches Fund-
zentrales physical asset wie die Straßenlaterne büro. Die lichtspendende Lampe selbst ist dabei
eine Untersuchung der technologischen Aufrüs- nur eine unter vielen Funktionen und schon im
tung jener historisch gewachsenen Städte, die frühen 20. Jahrhundert offensichtlich nicht mehr
sich nun im Zeichen von „Energieeffizienz, Ver- die wichtigste, was hier freilich satirisch zuge-
kehrsverflüssigung und ressourcenschonende[m] spitzt dargestellt wird.
Handeln“ Schritt für Schritt als „City 4.0“49 neu Die Straßenlaterne ist demnach immer schon
erfinden sollen. Auf diese Weise wird die Relevanz ein zentraler Knotenpunkt in verschiedenen Kom-
dessen deutlich, was Shannon Mattern als „tem- munikations- und Transportnetzwerken gewesen
poral entanglement“50 beschreibt: die Tatsache, und ging nur ausnahmsweise komplett in ihrer
dass verschiedene technische Infrastrukturen Beleuchtungsfunktion auf. Dennoch ist dieser
einander ‚aufgepfropft’ werden und sich in der Multifunktionalität in der Forschung bislang kaum
Regel nicht gegenseitig ablösen bzw. verdrän- Aufmerksamkeit zuteilgeworden.53 Anders als die
gen, sondern vielmehr neben- oder übereinander einschlägige Forschung suggeriert, handelt es
fortbestehen.51 Diese historische Tiefendimension sich eben nicht um ein technisches Ensemble aus
einer meist als radikal neu beschriebenen Tech- lediglich zwei Elementen, der sichtbaren Lampe
nologie gilt es zu ergründen. Um zu einer tiefe- und dem unsichtbaren Gas- bzw. Stromnetz.
ren Einsicht in das Internet der Dinge allgemein Denn verbunden werden diese durch mehr oder
und den Diskurs der „Smart City“ im Speziellen weniger aufwändig gestaltete Masten, die weit
zu gelangen, reicht es nicht, den Blick ausschließ- mehr sind als bloße Kabelkanäle. Bislang wurden
lich auf den Aspekt des Neuen zu richten, viel- sie vor allem isoliert von ihrer infrastruktureller
mehr muss auch das „Residuale“ mit bedacht Einbettung in designtheoretischer Perspektive

52  Vgl. hierzu die Ausführungen zu Obsoleszenz in Schrey,


47 Vgl. exemplarisch die häufig zitierte Metastudie des Dominik (2017): Analoge Nostalgie in der digitalen Medien-
British Home Office: Farrington, David P./Welsh, Brandon kultur. Berlin: Kulturverlag Kadmos sowie in Schrey, Domi-
C. (2002): Effects of Improved Street Lighting on Crime. nik (2018): Nostalgie 4.0? Industrialisierung, Obsoleszenz
A Systematic Review. London: Home Office Research, De- und der Blick zurück. In: Hausstein, Alexandra/Zheng,
velopment and Statistics Directorate. Für eine Zusammen- Chunrong (Hgg.): Industrie 4.0/Made in China 2025. Ge-
fassung zentraler Kritikpunkte an dieser Studie vgl. Krop- sellschaftswissenschaftliche Perspektiven auf Digitalisie-
Benesch, Annette (2019), S. 181ff. rung in Deutschland und China. Karlsruhe: KIT Scientific
48  Vgl. Halpern, Orit et al. (2017): The Smartness Manda- Publishing, S. 133-147.
te. Notes toward a Critique. In: Grey Room, 68, S. 106-129. 53  Selbst in Schivelbuschs ausführlicher kulturhistorischer
49  Heuser et al. (2017), S. 2. Studie fehlen Hinweise auf diese Dimension der Laternen.
50  Mattern, Shannon (2017): Code + Clay … Data + Dirt. Erwähnt wird dort jedoch die Zweckentfremdung der La-
Five Thousand Years of Urban Media. Minneapolis: Univer- ternen als Galgen im Rahmen revolutionärer Aufbegehren
sity of Minnesota Press, S. xxvii-xxxi. und insbesondere der französischen Revolution. Vgl. Schi-
51  Vgl. auch Star (2019 [2002]), S. 317. velbusch (2004), S. 100ff.
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als „Mikroarchitekturen“54 im städtischen Raum Standpunkt, um größere Bereiche abdecken zu


betrachtet. Dabei jedoch gerät die Tatsache aus können. Wie Dietmar Kammerer beschreibt, wird
dem Blick, dass auch die Masten selbst über ganz dafür mithin der öffentliche Raum derart umge-
eigene Affordanzen verfügen und dass an ihnen staltet, dass Menschen- oder Verkehrsströme
in der Regel nicht nur Lampen angebracht sind. kanalisiert und an den Kameraaugen vorbei-
Die Laternenmasten, das sichtbar unsichtbare gelenkt werden, sodass diese direkte Sicht auf
Dazwischen zwischen dem unterliegenden und Gesichter oder Nummernschilder erlangen, ins-
dem überliegenden Netzwerk, sind es deshalb besondere seit diese Bilder algorithmisch ausge-
wert, genauer untersucht zu werden. wertet werden.58
Lediglich Lisa Gitelman lenkt den Blick auf Als weithin sichtbare und selbst Sichtbarkeit
die Laternenpfosten selbst und untersucht diese spendende Vorrichtungen wurden die Laternen
als Behelfsinfrastruktur für Zettelbotschaften, im Frankreich des 18. Jahrhunderts als erwei-
die eine Art lokales soziales Netzwerk ermögli- terte Sehorgane des absolutistischen Herrschers
chen.55 Neben solchen improvisierten Kommuni- wahrgenommen und im Rahmen revolutionä-
kationsnetzen finden sich an den Laternenmas- ren Aufbegehrens zum bevorzugten Gegenstand
ten (zumindest in Deutschland) aber oft auch rebellischer Zerstörungsakte. Schließlich bedeu-
verschiedene offizielle Hinweisschilder zu so tete jede erloschene Laterne einen symbolischen
genannten Straßeneinbauten. Diese unscheinba- Machtverlust und einen Raumgewinn der dunk-
ren Tafeln mit den Buchstaben- und Zahlenkom- len Peripherie gegenüber dem hell erleuchteten
binationen verweisen auf die genaue Position von Zentrum. Dass Sichtbarkeit „eine Falle“59 und die
Hydranten, Gas- und Fernwärmeleitungen etc. Dunkelheit „auch ein Ort der Freiheit und der
und machen so die verschiedenen (im engeren Möglichkeit […], ein Ort der Gleichheit“60 sein
Wortsinn von Infrastruktur) ‚darunter liegenden‘ kann, gehört längst zu den Allgemeinplätzen der
Netzwerke56 potenziell sichtbar – vorausgesetzt, Kulturtheorie. Im Rahmen der jüngsten Proteste
man weiß die kryptischen Tafeln zu dechiffrieren. in Hong Kong wird zuletzt immer häufiger darü-
Darüber hinaus wird im Kontext der surveil- ber berichtet, dass gewaltsam smart lampposts
lance studies vereinzelt darauf hingewiesen, dass niedergerissen werden, die nun wieder als sicht-
die Anbringung von Überwachungskameras an die barer Teil eines totalitären Überwachungsregimes
Straßenlaternen bzw. deren Masten seit Ende der gedeutet werden.61 Die gezielte Zerstörung dieser
1960er Jahre eine damals bereits weitgehend in „intelligenten Straßenlaternen“ geht jedoch weit
Vergessenheit geratene Vergangenheit der Stra- über die Dimension des Symbolischen hinaus und
ßenbeleuchtung als „Herrschaftstechnologie“57 verweist auf den – aufgrund der Unscheinbarkeit
aktualisiert habe, wofür es zunächst natürlich der Laternen vergleichsweise wenig diskutier-
ganz pragmatische Gründe gibt: Überwachungs- ten  – Aufbau eines umfassenden neuen Sicher-
kameras benötigen in der Regel einen erhöhten heitsdispositivs.
Betrachtet man internationale Herstellerka-
taloge für entsprechende urbane Hardware, fällt
54  Lampugnani, Vittorio Magnago (2019): Bedeutsame
Belanglosigkeiten. Kleine Dinge im Stadtraum. Berlin: Wa-
zunächst auf, wie sehr die Abbildungen optisch
genbach, S. 8. Vgl. auch Herring, Eleanor (2016): Street an die oben besprochene Karikatur von 1911 erin-
Furniture Design. Contesting Modernism in Post-War Bri-
tain. London und New York: Bloomsbury. Herding und
Mittig widmeten sich bereits 1975 ausführlich der ästheti- 58  Kammerer (2008), S. 209f.
schen Gestaltung der Berliner Straßenlaternenmasten, die 59  Foucault, Michel (1994 [1975]): Überwachen und Stra-
Albert Speer in den 1930er Jahren entwarf und die zum Teil fen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt a. M.: Suhr-
heute noch stehen. Vgl. Herding, Klaus/Mittig, Hans-Ernst kamp, S. 257.
(1975): Kunst und Alltag im NS-System. Albert Speers Ber- 60  Bridle, James (2019 [2018]): New Dark Age. Der Sieg der
liner Straßenlaternen. Gießen: Anabas-Verlag. Technologie und das Ende der Zukunft. Aus dem Englischen
55  Gitelman, Lisa (2013): Holding Electronic Networks by von Andreas Wirthensohn. München: C.H. Beck, S. 25.
the Wrong End. In: Amodern, 2. https://amodern.net/ar- 61  Vgl. Rötzer, Florian (2019): Hongkong. Demonstran-
ticle/holding-electronic-networks-by-the-wrong-end (abge- ten versuchen Überwachung auszuschalten. In: Telepolis,
rufen am 03.08.2020). 31.08.2019. https://www.heise.de/tp/features/Hongkong-
56  Vgl. Schabacher (2015), S. 80. Demonstranten-versuchen-Ueberwachung-auszuschal-
57  Hasenöhrl (2015), S. 36. ten-4511253.html (abgerufen am 03.08.2020).
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Abb. 4: „Ideal Public Utility Lamp Post“, Karikatur von George Morrow, Punch, 26.04.1911,
Quelle: https://archive.org/details/in.ernet.dli.2015.211330/page/n340/mode/1up
126 DOI 10.2478/kwg-2019-0092| Jahrgang 2019 Heft 2: 113–132

nern, wenn sie die Multifunktionalität und Modu- Assemblage‘67 macht aus den Laternen das anfangs
larität ihrer Straßenlaternen bewerben, deren beschriebene analytische Gehirn der Stadt, das
Konfiguration „so individuell wie die Autoaus- über alle urbanen Ströme genau Bescheid weiß.
stattung bei PKWs“62 an spezifische Bedürfnisse Dieser Zusammenhang weist auf einen letzten
angepasst werden kann (Abb. 5). Aspekt hin, der in diesem Kontext betrachtet wer-
Die Geräte von Herstellern wie General Elec­ den soll, betrifft er doch eine weitere Form von
tric oder Intellistreets sind neben den inzwischen Zirkulation, die durch die vernetzten Straßenlater-
obligatorischen Kameras und Bewegungsmeldern nen ermöglicht wird, und sich durchaus als Maß-
auch mit zahlreichen weiteren Umweltsensoren, stabsverschiebung begreifen lässt.
WLAN-Antennen, Alarmleuchten, Ladestationen
für E-Autos sowie „ambient screens“63 ausgerüs-
tet, die nicht nur zur adaptiven Verkehrslenkung
4 Black Boxing Miami
genutzt werden können, sondern auch als Mög-
lichkeit der Bewerbung von öffentlichen Veran-
„The worst of all futures arrives when you aren’t
staltungen angepriesen werden. Bedenkt man,
looking.“68 Mit diesem düsteren Kommentar teilte
dass die Masten von Straßenlaternen zumindest
Edward Snowden am 09.10.2019 auf Twitter einen
vor wichtigen politischen Wahlen traditionell zum
Beitrag des Journalisten Danny Rivero, der auf
Platz für Parteiwerbung werden, erscheint eine
eine geplante Vereinbarung zwischen der Stadt
entsprechend aktualisierte Variante auf den Bild-
Miami und der Firma Illumination Technologies
schirmen plausibel. Lautsprecher erlauben ziel-
aufmerksam machte. Dem von Rivero verlinkten
gerichtete Durchsagen oder Warnungen. Mikro-
öffentlich einsehbaren Vertragsentwurf zufolge
fone dienen einerseits dazu, das Betätigen von
hätte sich der Anbieter von „Advanced Wireless
Schusswaffen automatisiert lokalisieren zu kön-
Infrastructure“-Systemen verpflichtet, im Stadt-
nen und eine entsprechende Reaktion einzulei-
gebiet von Miami ein modernes Netz von Stra-
ten (Systeme wie „Shotspotter“ befinden sich
ßenlaternen zu errichten sowie für die Dauer von
in vielen US-Großstädten längst im Einsatz64),
30 Jahren zu betreiben und zu warten – ohne die
andererseits liefern sie zahlreiche weitere Ana-
Infrastruktur oder die mit deren Aufrechterhal-
lysemöglichkeiten, beispielsweise um „Anomalien
tung verbundenen Leistungen der Stadt in Rech-
in der Umgebung zu erkennen.“65 Während aus
nung zu stellen.69 Ein Blick in den gut 50 Seiten
dem Intellistreets-Katalog (nicht jedoch aus den
umfassenden Vertragsentwurf offenbart schnell,
Laternen selbst) nach massiver Kritik die „Home-
dass die Lampe auch hier weniger wichtig ist als
land Security“-Features entfernt wurden, wirbt
der Mast, der so genannte „multipurpose pole“, an
der chinesische Anbieter Sansi unumwunden mit
dem eine Vielzahl von technischen Apparaten und
der Möglichkeit des „special populations monito-
Sensoren angebracht werden kann. Die moder-
ring“ mithilfe seiner Straßenlaternen.66
nen LED-Leuchten dienen dabei zwar immer noch
Ein weiterer wichtiger Aspekt in diesem Zusam-
der Illumination des urbanen Raums, sollen aber
menhang ist die Interaktion zwischen den ver-
darüber hinaus vor allem zwei Funktionen erfül-
netzten Sensoren der Straßenlaternen und jenen
len: Erstens schaffen sie jene Sichtverhältnisse,
von Autos, Smartphones, wearable devices mit
die nachts für die an den Masten angebrachten
RFID-Chips etc. Erst diese ‚distribuierte kognitive
Überwachungs- und Nummernschildkameras
notwendig sind, zweitens suggerieren sie eine

62  Heuser et al. (2019), S. 12.


63  Papastergiadis, Nikos (Hg.) (2016): Ambient Screens 67  Vgl. Hayles, Katherine (2017): Unthought. The Power
and Transnational Public Spaces. Hongkong: Hong Kong of the Cognitive Nonconscious. Chicago und London: Uni-
University Press. versity of Chicago Press.
64  Vgl. Merrill, Andrew (2017): The Life of a Gunshot. 68  Snowden, Edward (2019): Beitrag auf Twitter.com
Space, Sound and the Political Contours of Acoustic Guns- vom 09.10.2019. https://twitter.com/snowden/status/
hot Detection. In: Surveillance & Society 15/1, S. 42-55. 1181967458594381827 (abgerufen am 03.08.2020).
65  Heuser et al. (2019), S. 21. 69  Vgl. Miami City Commission (2019): Meeting Agenda. Thurs-
66  Firmenhomepage Sansi (2018): http://www.sansi.com/ day, October 10, 2019. http://miamifl.iqm2.com/Citizens/
aboutus/companynews/166.htm (abgerufen am 03.08.2020). FileOpen.aspx?Type=1&ID=2203 (abgerufen am 03.08.2020).
Kulturwissenschaftliche Zeitschrift - 2/2019 127

Abb. 5: Abbildung aus dem InstelliStreets-Feature-Katalog, 2014,


Quelle: https://www.sternberglighting.com/assets/1/7/IS-Sternberg_Training_Session_7-8-14.pdf
128 DOI 10.2478/kwg-2019-0092| Jahrgang 2019 Heft 2: 113–132

gestalterische Kontinuität zur vertrauten her- Drittanbieter zu vermieten, die wiederum eigene
kömmlichen Straßenlaterne, die diese emergente Geräte an die Masten anbringen dürfen: inklusive,
„postkybernetische Kontrollarchitektur“70 weniger aber nicht begrenzt auf Funkzellen und Antennen
bedrohlich erscheinen lässt. (etwa für 5G-Netze) und andere „small wireless
Alle dabei erhobenen Daten (der Begriff facilities“ – black boxes im buchstäblichen Sinn.74
kommt im Vertragstext nur ein einziges Mal Auch auf der Firmenwebsite finden sich nur wenig
vor) werden durch das von dem privaten Anbie- konkrete Informationen zum Geschäftsmodell,
ter errichtete Glasfasernetzwerk in Rechenzent- dafür aber das folgende überraschend mehrdeu-
ren der Stadtverwaltung bzw. der lokalen Polizei tige Statement: „We are a passive infrastructure
geleitet. In größeren Städten, zumal in den USA, provider that willingly chooses to go above and
ist diese Praxis prinzipiell keineswegs ungewöhn- beyond what is simply permissible by law.“75
lich und auch die kulturwissenschaftliche For- Deutlich wird an diesem Beispiel, dass ein flä-
schung hat sich bereits mit den urbanen Kontroll- chendeckendes und eng geknüpftes Netzwerk,
räumen auseinandergesetzt, deren primäres Ziel wie es die urbane Straßenbeleuchtung darstellt,
darin besteht, eine möglichst ungehinderte Zir- in Kombination mit vernetzter Sensorik poten-
kulation innerhalb der Stadt zu gewährleisten.71 ziell eine ganz neue Qualität von Wissen über
Was in Miami für Protest – und letztlich für das alles ermöglicht, was sich in der Stadt und ihren
Platzen der geplanten Abstimmung – sorgte, war Straßen bewegt. Zu den bereits erwähnten und
entsprechend nicht nur die allgemeine Angst vor in keiner Auseinandersetzung mit der Stadt als
einer zunehmenden Durchdringung des öffentli- Körper, Medium oder Netzwerk76 fehlenden Fak-
chen Raums mit „intelligenter“ Überwachungs- toren Waren, Menschen und Geld kommen dabei
technologie, sondern vor allem die Frage, in wel- jedoch ganz neue Qualitäten hinzu.
cher Form und zu welchen Zwecken die von den Erstens in Form von Umweltdaten: So lässt
Laternen erhobenen Daten in welchen Netzwer- sich mit den Sensoren der intelligenten Later-
ken zirkulieren würden und welcher Kontrolle sie nen auch die Zirkulation beispielweise von Ruß-
dabei unterlägen: „Nothing would stop the con- partikeln, Schallwellen, Wind oder – gerade im
tracting company from keeping all your data and Fall des vom steigenden Meeresspiegel bedroh-
selling it to others,“72 fasst Rivero den Haken an ten Miami – Wasser messen, quantifizieren und
dem kostenlosen Angebot zusammen. Die Daten in Kombination mit anderen Strömen und Ver-
könnten nicht mehr nur in die „Oligoptiken“73 der kehrsbewegungen in komplexen Rechenmodel-
städtischen Verwaltungs- und Sicherheitsbehör- len operationalisieren und schließlich monetari-
den fließen, sondern eben auch in die Rechen- sieren – zu denken wäre hier etwa an die durch
zentren privater Anbieter, die bei der Auswertung die erweiterte Datenbasis des Internets der Dinge
und Nutzung der Daten nur bedingt kontrollierbar revolutionierten „Risikoabschätzungen der Versi-
sind. Aus dem Vertragsentwurf aus Miami geht cherungsmathematik.“77
lediglich hervor, dass nicht nur die Hardware – Zweitens in Form von Metadaten: Alles, was
inklusive der Glasfaserkabel – im Besitz des Kon- in der „Welt der Adressierbarkeit“78 der Smart
zerns verbliebe, sondern dieser sich für den Fall City zirkuliert, ist bzw. erzeugt traffic in gleich
eines Zustandekommens des Vertrags explizit
das Recht vorbehält, seine Infrastruktur auch an 74  Vgl. Greenfield, Adam (2018): Radical Technologies.
The Design of Everyday Life. London und New York: Verso,
S. 49.
70  Vgl. Kaerlein (2018). 75  Firmenhomepage Illumination Technologies (2020):
71  Vgl. etwa Hayles (2017), S. 120-123 oder Luque-Ayala, http://www.illuminationtechnologies.com (abgerufen am
Andrés/Marvin, Simon (2016): The Maintenance of Urban 03.08.2020).
Circulation. An Operational Logic of Infrastructural Control. 76  Vgl. exemplarisch Sennett (1997); Kittler (2014); Gieß-
In: Environment and Planning D: Society and Space, 34/2, mann (2014).
S. 191-208. 77  Vgl. Sprenger, Florian/Engemann, Christoph (2015):
72  Rivero, Danny 2019: Beitrag auf Twitter.com vom 09.10.2019. Im Netz der Dinge. Zur Einleitung. In: Dies. (Hgg.): Inter-
https://twitter.com/TooMuchMe/status/1181947359753904130 net der Dinge. Über smarte Objekte, intelligente Umge-
(abgerufen am 03.08.2020). bungen und die technische Durchdringung der Welt. Biele-
73  Vgl. die Ausführungen zu diesem von Latour eingeführ- feld: transcript, S. 7-58, hier S. 22.
ten Begriff in Schabacher (2015). 78  Sprenger/Engemann (2015), S. 58.
Kulturwissenschaftliche Zeitschrift - 2/2019 129

doppelter Hinsicht.79 Zwar dominieren ökolo­ se eine Bedrohung oder ein politisches Problem
gische Aspekte die öffentlichen Diskussionen um dar, tatsächlich existieren durchaus Modelle für
Smart-City-Technologien, doch auch die in der einen progressiven Umgang mit urbanen Daten,
DIN-Broschüre zum „Humble Lamppost“ vorge- die auf Offenheit und Transparenz beruhen,87 die
stellten Nutzungs-Szenarien gehen davon aus, im Fall Miamis freilich nicht gegeben gewesen
dass „die digitalen Daten aus den zusätzlichen wären. Die Prozesse des black boxing, die an
Funktionsbausteinen an Dritte zur Weiter- und diesem Beispiel beobachtet werden können, ver-
Wiederverwendung lizensiert werden“80 können. schleiern nicht nur die gesteigerte Durchdringung
Allerdings wird hier – anders als im Beispiel aus des städtischen Raums mit einer Logik der Öko-
Miami – auf die grundsätzliche Offenheit der nomie, sondern auch, wie die Datenauswertung
Daten Wert gelegt.81 auf die urbanen Realitäten zurückwirkt, denn auf
Die kreative Monetarisierung von Verhaltens- Grundlage urbaner Daten werden nicht zuletzt
daten ist freilich nicht grundsätzlich neu und auch weitreichende politische Entscheidungen
längst das etablierte Geschäftsmodell zahlreicher getroffen.88 Städte, schreibt Saskia Sassen, seien
Tech-Plattformen. Dennoch erreicht die Logik Nationalstaaten, Firmen und anderen vergleich-
des „Überwachungskapitalismus“82 bzw. die Ver- baren Institutionen gegenüber insofern historisch
wertungszone des „Capture-Kapitalismus“83 hier überlegen gewesen, weil sie vergleichsweise
eine neue Dimension. Denn im Gegensatz zur offene Systeme seien, sich Veränderungen stets
Nutzung etwa von Social Media oder „digitalen dynamisch angepasst haben. Die technologische
Nahkörpertechnologien“84 wie Smartphones und Schließung durch privatisierte Smart-City-Tech-
Fitness-Armbändern ist die Nutzung des öffent- nologien könnte das ändern.89
lichen Raums in der Stadt etwas, dem man sich
kaum willentlich entziehen kann, wie Bunz und
Meikle anmerken.85 Auch Peter Galison warnt des-
5 Fazit
halb vor der umfassenden Erfassung und kom-
merziellen Auswertung von „populational habits“
Geht es um eine „Genealogie des Internets der
durch ubiquitäre intelligente Straßenlaternen, die
Dinge“ und die Frage „nach den Herkünften und
die Fantasie, tatsächlich alles zu archivieren und
historischen Vorläufern von Dingrelationen und
auswertbar zu machen, ein Stück weit Realität
ihren intermediären Prozessen“90, so stellt das
werden lassen könnten.86
‚Medien-Werden‘ der Straßenbeleuchtung ein
Daten wurden selbstverständlich auch schon
wichtiges Kapitel dieser Entwicklungen dar. Stra-
in vordigitalen Zeiten in Städten zuhauf erhoben,
ßenlaternen haben historisch die urbane Nacht
ausgewertet, kartiert und mitunter monetari-
erschlossen, sind aber in ihrer Funktion inzwi-
siert. Diese Prozesse stellen auch keineswegs per
schen längst nicht mehr auf die Nacht beschränkt.
Auch tagsüber sollen die zu Computern gewor-
79  Zur hierfür maßgeblichen historischen Überschneidung denen Straßenlaternen die städtischen Ströme
von Verkehrs- und Nachrichtensystemen vgl. Neubert/ lenken, verdaten und auswertbar machen, tat-
Schabacher (2014), S. 21-23.
80  Heuser et al. (2017), S. 4.
81  Heuser et al. (2017), S. 44. 87  Vgl. Gabrys, Jennifer (2015): Programmieren von Um-
82  Zuboff, Shoshana (2018): Das Zeitalter des Überwa- gebungen. Environmentalität und Citizen Sensing in der
chungskapitalismus. Aus dem Englischen von Bernhard smarten Stadt. In: Sprenger, Florian/Engemann, Christoph
Schmid. Frankfurt und New York: Campus Verlag. (Hgg.): Internet der Dinge. Bielefeld: transcript. S. 314-
83  Vgl. Heilmann, Till A. (2015): Datenarbeit im ‚Captu- 342. Vgl. auch Mattern (2017), S. ix.
re‘-Kapitalismus. Zur Ausweitung der Verwertungszone im 88  Kurgan, Laura (2019): Cities Full of Data. A Preface.
Zeitalter informatischer Überwachung. In: Zeitschrift für In: Dies./Dare Bawley (Hgg.): Ways of Knowing Cities.
Medienwissenschaft, 13, S. 35-47. New York: Columbia Books on Architecture and the City,
84  Vgl. Kaerlein (2018). S. 6-13, hier S. 12.
85  Vgl. Bunz/Meikle (2018), S. 118. 89  Sassen, Saskia (2016): Materiality. In: Kubitschko, Se-
86  Galison, Peter/May, John (2015): The Revelation of Se- bastian/Kaun, Anne (Hgg.): Innovative Methods in Media
crets. Peter Galison and John May on Artifacts of Surveil- and Communication Research. Basingstoke: Palgrave Mac-
lance, Part II. In: Thresholds, 43, S. 254-267, hier S. 256. millan, S. 13-16.
Vgl. dazu auch Greenfield (2018), S. 32. 90  Sprenger/Engemann (2015), S. 58.
130 DOI 10.2478/kwg-2019-0092| Jahrgang 2019 Heft 2: 113–132

sächlichen Verkehr als traffic spiegeln und daraus bestehen, die „Nutzer zu Datengeneratoren zu
neue Werte generieren. Das Spenden von Licht machen und ihnen im Gegenzug kostenlose Ser-
war schon immer nur eine von vielen Funktionen vices anzubieten, die just aus dem Verkauf der
der Straßenbeleuchtung, wobei insbesondere der von ihnen gelieferten Daten finanziert sind,“93 auf
bislang von der Forschung weitgehend ignorierte Stadtebene durchaus angebracht. Was genau
Laternenpfosten, das Verbindungsstück zwischen mit den so gewonnen Daten geschieht, bleibt
verborgen bleibendem technischen Netzwerk und genauso anästhetisch wie die konstitutive Rolle
sichtbaren Lampen, eine zentrale Rolle spielt. der Laternen bei ihrer Erhebung.
In der Straßenlaterne überlappen sich verschie-
dene urbane Infrastrukturen der Verkehrslen-
Literaturverzeichnis
kung (in doppelter Hinsicht), der Kommunika-
tion, des Marktes sowie der Gouvernementalität.
1. Quellen
Wie anhand der Miami- Fallstudie gezeigt, sind
diese unterschiedlichen Netzwerke in Gestalt der Heuser, Lutz et al. (2017): Die integrierte multifunktionale
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Als „analytisches Gehirn“ der Stadt kann die
Boston: General Electric. http://www.ge.com/cn/
Straßenbeleuchtung Zirkulationen auf verschie- sites/default/files/GE_AR14.pdf (abgerufen am
denen Ebenen sichtbar machen. Sie soll nicht 03.08.2020).
einfach nur jene freie Zirkulation von (vor allem Miami City Commission (2019): Meeting Agenda.
Waren-)Strömen durch die Stadt ermöglichen, Thursday, October 10, 2019. http://miamifl.iqm2.
com/Citizens/FileOpen.aspx?Type=1&ID=2203
die schon seit Adam Smith im Zentrum des wirt-
(abgerufen am 03.08.2020).
schaftlichen Liberalismus steht, sondern darüber Rivero, Danny (2019): Beitrag auf Twitter.com vom
hinaus deren möglichst vollständige Archivierung 09.10.2019. https://twitter.com/TooMuchMe/
und Auswertung garantieren, wodurch wiederum status/1181947359753904130 (abgerufen am
ein Mehrwert entstehen soll. Ihre eigene „konsti- 03.08.2020).
tutive Beteiligung“ an diesen Prozessen soll dabei Rötzer, Florian (2019): Hongkong. Demonstranten
versuchen Überwachung auszuschalten. In: Telepolis,
jedoch möglichst hinter den bekannten Primär-
31.08.2019. https://www.heise.de/tp/features/
funktionen der Straßenbeleuchtung zurücktreten. Hongkong-Demonstranten-versuchen-Ueberwachung-
So wird sie zur idealen technischen Infrastruktur auszuschalten-4511253.html (abgerufen am
einer sich selbst naturalisierenden Wirtschafts- 03.08.2020).
ordnung.91 Snowden, Edward (2019): Beitrag auf Twitter.com
vom 09.10.2019. https://twitter.com/snowden/
Infrastruktur wie die von Illumination Tech-
status/1181967458594381827 (abgerufen am
nologies bereitgestellte ermöglicht – zumindest 03.08.2020).
potenziell – ein umfangreiches Wissen, das sich Firmenhomepage Sansi (2018): http://www.sansi.com/
wieder in Dienstleistungen und schließlich in Geld aboutus/companynews/166.htm (abgerufen am
übersetzen lässt. Solches Wissen muss zwar 03.08.2020).
nicht grundsätzlich auf eine Überwachungsdysto- Firmenhomepage Illumination Technologies (2020):
http://www.illuminationtechnologies.com (abgerufen
pie hinauslaufen, wie Jennifer Gabrys nachweist,
am 03.08.2020).
die alternative partizipative Smart-City-Konzepte
diskutiert.92 Doch in Anbetracht der Entwicklung 2. Forschungsliteratur
des einst als partizipative Ermächtigungstech-
Adams, Ross Exo (2019): Circulation & Urbanization. Los
nologie gefeierten Web 2.0 erscheint die Sorge Angeles: Sage.
vor vergleichbaren Geschäftsmodellen, die darin Bogard, Paul (2014): Die Nacht. Reise in eine
verschwindende Welt. Aus dem Englischen von
91  Zur Technopolitik des Liberalismus vgl. Larkin (2013), Yvonne Badal. München: Karl Blessing.
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