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Eberhard Karls Universität

Philosophische Fakultät
Fachbereich Geschichtswissenschaft
Seminar für Neuere Geschichte
WiSe 19/20
Proseminar: Europas Metropolen der Moderne
Leitung: Dr. Frederike Schotters
Studierende: Martina Debeljak

Essay:
Inwiefern stellen Metropolen einen Imaginationsraum dar?

Die Entwicklung der Großstädte ist bestimmt durch Hochindustrialisierung, Wachstum der
Bevölkerung, Entwicklung neuer Verkehrsmittel, sowie Elektrifizierung und Motorisierung.
All diese Entwicklungen, die sich in relativ kurzer Zeit vollziehen, bringen grundlegende
Veränderungen in sozialen und wirtschaftlichen Lebensbereichen mit sich. Beispielsweise
erfahren die Zeitgenossen durch die Verwendung neuer Verkehrsmittel ein anderes, bisher
nicht da gewesenes Gefühl der Geschwindigkeit. Auch die Möglichkeit, permanent Licht
nutzen zu können, wirkt sich auf die Wahrnehmung der Gesellschaft aus. Wie diese radikalen
Veränderungen des Alltags von den Zeitgenossen aufgefasst, und auf sie gewirkt haben, kann
man in der Kunst, z.B. in Filmen versuchen zu verstehen.

Während die Großstadt als Symbolort der hochkapitalistischen Zivilisation anzusehen ist,
kann das Kino als kultureller Symbolort neuer Urbanität verstanden werden (Vgl. Schweinitz,
2016). Filme, wie Wo ist Coletti oder Die Tangokönigin inszenieren Imaginationen des
Großstädtischen und haben großen Erfolg (Vgl. Schweinitz, 2016). Das in den Filmen
gezeichnete Berlin ist charaktersiert durch seine Modernität, neue Kommunikations- und
Verkehrsmittel. Karl-Heinz Martitn zeigt in seinem Film Von Morgen bis Mitternacht (1920)
eine gespaltene Auffassung der Großstadt Berlin. Einerseits wird die Möglichkeit eines
ekstatischen Lebens mit Sensationsangeboten in Berlin aufgezeigt, andererseits ist diese Stadt
bedrohlich und düster charakterisiert. Ein noch negativeres, kulturpessimistisches Bild Berlins
wird in Fritz Langes Film Metropolis (1927) vorgestellt. Es handelt sich um ein technisiertes
Berlin mit einer technisch geprägten Gesellschaft. In all diesen Filmen kann man erkennen,
wie Berlin wahrgenommen und die Gesellschaft dadurch geprägt ist.

Einen Schritt weiter geht Walter Rutmann 1927 mit seinem Film Die Sinfonie der Großstadt.
Das ausschließlich dokumentarische Filmmaterial, das teilweise aus versteckten, also „realen“
Aufnahmen besteht, sowie die Abwesenheit von Protagonisten und Handlungsabläufen oder
-strengen wurde episodisch zu einem etwa 24 stündigen Tagesablauf zusammengeschnitten.
Es handelt sich aber nicht um einen Tagesablauf einer bestimmten Person oder um
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Seminar für Neuere Geschichte
WiSe 19/20
Proseminar: Europas Metropolen der Moderne
Leitung: Dr. Frederike Schotters
Studierende: Martina Debeljak

Geschehnisse im Laufe eines Tages, sondern Berlin wird in seinem „Funktionieren“ gezeigt.
Dabei wurden touristische oder sehr bekannte Orte ausgelassen, es wurden Fabriken,
Friedhöfe, Seen oder Flüsse, belanglose Viertel, Menschen aller Schichten am Ausüben
verschiedenster Tätigkeiten aus verschiedensten Perspektiven beleuchtet. Dieser Film wird als
Prototyp aller echten deutschen Querschnittsfilme bezeichnet (Vgl. Schweinitz, 2016). Was
ihn so wichtig mit dem Thema „Stadt als Imaginationsraum“ macht, ist, die Tatsache, dass der
Film Berlin als solches darstellt, also reale und wirkliche Dinge und Perspektiven aufzeigt,
gleichzeitig aber auch eine Abstraktion der Stadt und ihrer Gesellschaft darstellt. Die neue
Mechanisierung im wirtschaftlichen Bereich und alltäglichem Leben wirkt sich auf die
Gesellschaft aus welche als „kulturelle oder soziale Mechanik“ beschrieben werden kann:
Die ziwschenmenschlichen Beziehungen sind mechanisiert, Berlin wird als „seelenlose Stadt“
aufgefasst. Genau so aber stellen sich die Menschen Berlin auch vor, denn sie erstellen Filme
darüber, wie z.B. Die Synfonie einer Stadt und auch Filme die danach folgen. Visuelle
Imaginationen werden erst durch daie Möglichkeit des Mediums Film konkretisiert und
abstrahiert.

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