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Herausgeber:
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.
Hofplatz 1
18276 Gülzow
Tel.: (0 38 43) 69 30-0
Fax: (0 38 43) 69 30-102
E-Mail: info@fnr.de
Internet: http://www.fnr.de
Redaktion:
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.
Abt. Öffentlichkeitsarbeit
ISBN 3-00-018346-9
1
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ................................................................................ 6
Tabellenverzeichnis .................................................................................... 9
Abkürzungsverzeichnis ............................................................................. 11
Glossar ...................................................................................................... 12
1 Einleitung .................................................................................................. 15
3
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
3 Einspeisemöglichkeiten .............................................................................63
3.1 Technische Anforderungen .......................................................................................................................... 63
3.1.1 Zusammensetzung von Rohbiogasen aus fermentativen Prozessen ...................................... 63
3.1.2 Gasbeschaffenheitsanforderungen und relevante Regelwerke ................................................ 65
3.2 Charakterisierung des vorhandenen Erdgasnetzes ................................................................................. 76
3.2.1 Einteilung nach Netzebenen .......................................................................................................... 76
3.2.2 Einteilung nach Druckstufen ......................................................................................................... 77
3.2.3 Technische Kriterien zur Einspeisung von Biogas ..................................................................... 79
3.2.4 Restriktionen .................................................................................................................................... 85
3.3 Möglichkeiten und Grenzen der Gaseinspeisung
(Gutachten des DBI – Netzsimulationsrechnung) .................................................................................... 85
3.3.1 Netztechnische Grundlagen .......................................................................................................... 85
3.3.2 Technische Einspeisemöglichkeiten ............................................................................................. 85
3.3.3 Verteilung der Gasbeschaffenheiten ............................................................................................ 89
3.3.4 Einschätzung der Biogaseinspeisemöglichkeiten ....................................................................... 90
3.3.5 Zusammenfassung .......................................................................................................................... 91
5 Einspeisepunkte .......................................................................................110
5.1 Standortbewertung ..................................................................................................................................... 113
5.2 Ermittlung möglicher Standorte für Biogaserzeugung und Gaseinspeisung
anhand von Modellanlagen ....................................................................................................................... 115
5.2.1 Biogaserzeugung aus Gülle ......................................................................................................... 115
5.2.2 Biogaserzeugung aus nachwachsenden Rohstoffen (NaWaRo) ............................................ 117
5.2.3 Biogaserzeugung aus Bioabfall ................................................................................................... 117
5.2.4 Festlegung der möglichen Einspeisegasqualitäten .................................................................. 118
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Inhaltsverzeichnis
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1
Abbildungs-
verzeichnis
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Abbildungsverzeichnis
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Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
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Tabellenverzeichnis
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Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
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2Abkürzungsverzeichnis
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3
Glossar 4
Absorption ist das Eindringen von Gasen in eine feste oder flüssige Phase durch Diffusion.
Adsorption ist die Anlagerung von Gasen, Dämpfen und gelösten Stoffen an Grenzflächen einer
festen oder flüssigen Phase.
Austauschgase sind Gasgemische, die trotz ihrer vom Grundgas abweichenden Zusammensetzung und
ggf. abweichenden Kenndaten bei gleichem Gasdruck und unveränderter Geräteeinstel-
lung ein gleichartiges Brennverhalten wie das Grundgas aufweisen.
Bestandsgrößenklasse ist die Einteilung der statistisch erhobenen Tierbestände landwirtschaftlicher Unterneh-
men nach Klassen vergleichbarer Größen auf der Basis von Großvieheinheiten.
Deponiegas In Deponien, die mit Hausmüll oder hausmüllähnlichen Abfällen verfüllt werden,
kommt es nach einer gewissen Anlaufzeit zur Gasbildung durch biologische Abbaupro-
zesse. Diese mikrobiologischen Umsetzungs-Prozesse laufen im Deponiekörper unter
Ausschluss von Sauerstoff (anaerob) ab. Hierbei wird die in den eingelagerten Abfällen
enthaltene Biomasse, wie sie z. B. in Lebensmittelresten, Speiseabfällen, Grünabfällen,
Papier, Stoffen, Hausabfällen etc. vorkommt, durch bakterielle Vorgänge zersetzt. Als
Hauptabbauprodukte dieses biologischen Abbauprozesses entstehen Methan (CH4) und
Kohlendioxid (CO2). Dieses Gas wird als Deponiegas bezeichnet. Neben diesen Haupt-
komponenten können im Deponiegas noch weitere Komponenten in Spuren enthalten
sein. Bislang wurden weit über 100 Verbindungen identifiziert, die teilweise Chlor bzw.
Fluor enthalten. Prinzipiell lassen sich im Deponiegas Stoffe nachweisen, die entweder
durch biochemische Abbauvorgänge oder chemische Reaktionen entstanden sind oder
im Deponiekörper zur Ablagerung kamen und entsprechend ihres Dampfdruckes in der
Gasphase auftreten /82/.
Flächengrößenklassen ist die Einteilung der statistisch erhobenen landwirtschaftlichen Flächen landwirtschaft-
licher Unternehmen in Klassen vergleichbarer Größe.
Gase zur Konditio- sind Gase oder Gasgemische, die zur Einstellung der brenntechnischen Kenndaten dem
nierung Grundgas zugemischt werden.
Gasodorierung ist das Zumischen von Nutzgas mit einem Warngeruch, der aus schwefelhaltigen oder
schwefelfreien Stoffen (Odoriermittel) besteht.
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Glossar
Gülle-Anlagen sind in der vorliegenden Studie die Biogasanlagen mit 10 % Anteil nachwachsende Roh-
stoffe und 90 % Gülle.
industrielle Substrate sind vergärbare organische Abfälle, die nicht den Bereichen „organischer Hausmüll“
oder den industriellen festen Bioabfällen zugeordnet sind. Dabei ist substratseitig eine
Abgrenzung zwischen Substraten und Abwässern nicht möglich. Hinsichtlich der
Behandlungsziele und -konzepte besteht hier allerdings ein deutlicher Unterschied:
Abwässer werden in der Regel unmittelbar am Entstehungsort behandelt. Dabei steht die
Reduzierung der organischen Inhaltsstoffe im Vordergrund. Handelt es sich um trans-
portfähige industrielle Substrate, sind grundsätzlich unterschiedliche Behandlungsoptio-
nen gegeben. Dabei steht vielfach eine möglichst hochwertige Nutzung der Reststoffe
(stofflich oder energetisch) im Vordergrund.
Karburierung ist die Erhöhung des Heiz- oder Brennwertes eines Gases durch Zugabe kohlenstoff-
reicher Kohlenwasserstoffe.
Kohlen(stoff)dioxid ist ein farbloses, unbrennbares und geruchloses Gas. Es ist etwa 1,5 mal schwerer als
(CO2) trockene Luft. Ab einer CO2-Konzentration zwischen 4 und 5 % tritt bei Menschen
Bewusstlosigkeit auf. Konzentrationen im Bereich von 8 % in der Atemluft können töd-
lich wirken.
Kondensationspunkt bezeichnet die Temperatur, oberhalb der bei einem festgelegten Druck keine Kondensa-
tion von Stoffen auftreten soll.
Methan (CH4) ist ein ungiftiges, farbloses, energiereiches Gas, das leichter als Luft ist. In Mischung mit
Luft kann es brennbare oder explosionsfähige Gemische bilden.
Mischgas wird das Gas mit der Zusammensetzung nach Mischerstation (Grundgas mit
Konditionierungsgas) bezeichnet.
Nachwachsende sind in der vorliegenden Studie die Biogasanlagen mit 90 % Anteil nachwachsende
Rohstoff-Anlagen Rohstoffe und 10 % Gülle.
Nachwachsende Sammelbegriff für stofflich und energetisch genutzte Biomasse (keine Futter- und
Rohstoffe Lebensmittel). Es handelt sich hierbei i. d. R. um land- und forstwirtschaftlich erzeugte
Rohstoffe wie Holz, Flachs, Raps, Zuckerstoffe und Stärke aus Rüben, Kartoffeln oder
Mais, die nach der Aufbereitung einer weiteren stofflichen oder energetischen Anwen-
dung zugeführt werden /26/.
NPK-Dünger (Stickstoff, Phosphor, Kalium) Neben den Humuslieferanten (Mist, Kompost, Stroh-
mulch) gibt es eine große Palette an stickstoffhaltigen organischen Düngern, die für den
Spezial- und Sonderkulturbetrieb auch wirtschaftlich von Bedeutung sind. Bei der
Anwendung sollte stets der hohe Anteil an leichtverwertbarem Stickstoff beachtet wer-
den. Nach dem Düngemittelgesetz werden die organischen Handelsdünger in drei Kate-
gorien eingeteilt organische N-Dünger organische NP-Dünger und organische NPK-
Dünger. Diese Dünger weisen Mindestgehalte an Nährstoffen auf.
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Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Potenziale Das theoretische Potenzial beschreibt das innerhalb einer gegebenen Region und inner-
halb eines bestimmten Zeitraumes physikalisch nutzbare Energieangebot. Es markiert
damit die Grenze des theoretisch realisierbaren Beitrages einer regenerativen Energie-
quelle zur Energiebereitstellung. Ihm kommt zur Beurteilung der tatsächlichen Nutzbar-
keit erneuerbarer Energien keine praktische Relevanz zu. Das technische Potenzial
regenerativer Energien beschreibt den Anteil des theoretischen Potenzials, der unter
Berücksichtigung der gegebenen technischen Einschränkungen nutzbar ist. Das
erschließbare Potenzial beschreibt den zu erwartenden tatsächlichen Beitrag einer
regenerativen Energieform, der unter realistischen Rahmenbedingungen zur Energie-
gewinnung verfügbar gemacht werden kann. Es ist von einer Reihe technischer,
wirtschaftlicher und weiterer Einflüsse abhängig /45/.
Taupunkt bezeichnet die Temperatur, oberhalb der bei einem festgelegten Druck keine Kondensa-
tion von Wasser auftreten soll.
Teilkosten bedeutet eine Trennung von fixen und variablen Kosten. Es werden zuerst nur die varia-
blen Kosten betrachtet. Dies dient als Entscheidungshilfe bei der Auslegung von zusätzli-
chen Produktionskapazitäten, wenn die Fixkosten schon durch andere Produkte gedeckt
werden.
Vollkosten sind die gesamten anfallenden Kosten bei der Produktion eines Gutes. Es werden sowohl
die fixen als auch die variablen Kosten einbezogen. So können die wirklich anfallenden
Kosten auf die Energieerzeugung umgelegt werden.
Zeolithe Molekularsiebe
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1
Einleitung 1
Seit Inkrafttreten des Erneuerbaren-Energien-Geset- und in das Gasnetz einzuspeisen. Schwerpunktmäßig
zes (EEG) im Jahr 2000 und der Novellierung 2004 hat werden die möglichen und die praxisrelevanten Auf-
die Erzeugung und Nutzung von Biogas, insbeson- bereitungstechniken beschrieben und bewertet.
dere in der Landwirtschaft, erheblich zugenommen. Daraufhin werden die regionalen Biogas-Poten-
Unterstützt wird diese Entwicklung durch das Markt- ziale Deutschlands beschrieben.
anreizprogramm (MAP) des Bundes und diverse In- Um abzuschätzen, welcher Anteil des Biogaspo-
vestitionsförderprogramme einiger Bundesländer. tenzials zur Gaseinspeisung in das Gasnetz in Frage
Grundlage für diese Entwicklung ist, dass die kommt, werden die Gasnetzrestriktionen mit dem
Potenziale an organischen Stoffströmen, die sinnvol- Biogas abgeglichen. Zudem werden die Abstände zu
lerweise zur Biogaserzeugung und zur nachhaltigen den verschiedenen Gasnetzen beschrieben um die
Energiebereitstellung genutzt werden können, beacht- bundesweite Flächendeckung des Gasnetzes zu cha-
lich sind. Die Biogasnutzung kann damit erheblich rakterisieren.
zur Erreichung der Klimaschutzziele der Bundesre- Es werden 7 Modell-Biogasanlagen verschiedener
gierung beitragen. Dies gilt insbesondere für die Größen und Einsatzstoffe definiert und beschrieben.
Landwirtschaft. Damit liegen Randbedingungen vor, Diese dekken eine praxisnahe Bandbreite von Biogas-
die erwarten lassen, dass die Erzeugung und Nut- anlagen, die zur Gaseinspeisung in Frage kommen,
zung von Biogas weiter ausgebaut werden kann. ab. Anhand der Wärmegestehungskosten bei der Nut-
Bei vielen Biogasanlagen kann die in Kraft-Wärme- zung von Gas und Holz werden die Kosten der Bio-
Kopplung (KWK) anfallende Wärme aufgrund fehlen- gas-Produktion, -Aufbereitung und -Einspeisung in
der Nachfrage am Ort der Biogasgewinnung außer für das Gasnetz errechnet. Schließlich werden verschie-
die Aufrechterhaltung des eigentlichen Gärprozesses dene Nutzungsoptionen von Biogas (dezentrale
oftmals kaum genutzt werden. Dies ist aus Energieeffi- BHKW-Stromproduktion, Einspeisung und zentrale
zienzgründen keine optimale Situation. Hinzu kommt, BHKW-Nutzung, Wärmegewinnung und Kraftstoff-
dass das primäre Ausgangsmaterial für die Biogaser- produktion) ökonomisch miteinander verglichen.
zeugung (z. B. Gülle, Mist, Futterreste etc.), aufgrund Abschließend werden die rechtlichen Rahmenbe-
der niedrigen Energiedichte, auch aus ökonomischen dingungen betrachtet. Es wird der derzeitige Stand der
Gründen kaum problemlos über längere Distanzen Situation begutachtet. Da zum Abschluss der vorlie-
transportiert werden kann. genden Studie auf politischer Ebene das Energiewirt-
Vor diesem Hintergrund wird in den letzten Jahren schaftsgesetz und die Netzzugangsverordnung über-
eine Öffnung der Gasnetze für die Einspeisung von arbeitet werden, werden mögliche Entwicklungen
Biogas diskutiert. Als Vorteil wird u. a. eine bessere aufgezeigt.
Primärenergieausnutzung und damit ein besserer Das Ziel dieses Vorhabens ist die detaillierte Ana-
Gesamtwirkungsgrad genannt. Die Realisierung die- lyse und Bewertung der Rahmenbedingungen und
ser Option wird in dieser Studie umfassend im Hin- Möglichkeiten der Einspeisung von Biogas in das Erd-
blick auf technische, rechtliche und wirtschaftliche gasnetz, um eine fundierte Grundlage für die Diskus-
Voraussetzungen untersucht. sion dieser Thematik zu schaffen.
Zuerst erfolgt eine Untersuchung der technischen
Möglichkeiten, Biogas zu produzieren, aufzubereiten
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Biogasbereitstellung,
2 -aufbereitung,
-einspeisung und
-transport 2
Um Biogas in das Erdgasnetz einzuspeisen, sind eine Die Produktion von Biogas ist mittlerweile eine
Vielzahl von Verfahrensschritten notwendig. Zu- ausgereifte Technologie. Da sich die Rahmenbedin-
nächst wird das Biogas erzeugt. Dies erfolgt durch mi- gungen der Biogaserzeugung in den letzten Jahren
krobielle Fermentation mit bekannten, technisch be- ständig geändert haben (Inputmaterialien, gesetzliche
währten Verfahren. Um aus dem gewonnenen Biogas Regelungen, Vergütungen) und prinzipiell verschie-
ein energetisch angereichertes und schadstofffreies dene Verfahren zur anaeroben Fermentation möglich
Gas zu erhalten, sind weitere Verfahrenstechniken sind, ist eine Vielfalt technischer Lösungen möglich.
notwendig. Dabei werden schädliche Gasbestandteile Die üblichen Lösungen werden in diesem Kapitel vor-
wie zum Beispiel H2S oder H2O und in weiteren Stu- gestellt.
fen Inertgasbestandteile wie zum Beispiel CO2 aus
dem Rohgas entfernt. Die angewandten Technologien 2.1.1 Grundlagen der anaeroben Vergärung
unterscheiden sich nur im Gasdurchsatz von industri-
ell bereits gängigen Verfahren. Um ein Grundverständnis für den Vergärungsprozess
Um das aufbereitete Biogas in das Erdgasnetz ein- zu vermitteln, werden nachfolgend kurz die biologi-
speisen zu können, sind weitere technische Einrich- schen Grundlagen, die Möglichkeiten der technischen
tungen notwendig. Das Gas muss den Erfordernissen Umsetzung und die Besonderheiten bei der Nutzung
entsprechend verdichtet oder entspannt werden und des produzierten Biogases erläutert.
die Gasqualität wird gemessen. Die Vermischung mit
dem Erdgas erfordert ggfs. eine entsprechende Misch- 2.1.1.1 Biogaserzeugung
und Regelstation. Je nach Einspeisestelle sind techni-
sche Einrichtungen zur Odorierung erforderlich. Biogas wird durch Mikroorganismen in einer anaero-
Im Folgenden werden die Einrichtungen zur ben Stoffwechselkette gebildet. Daher muss bei der
Erzeugung, Aufbereitung, Verteilung und Speiche- Betrachtung der Biogasgewinnung immer berücksich-
rung von Biogas aus fermentativen Prozessen näher tigt werden, dass der Erfolg des Einsatzes von Anae-
betrachtet. robverfahren immer von der Lebenstätigkeit von Mi-
kroorganismen abhängt und damit gewährleistet
werden muss, dass diesen Mikroorganismen immer
2.1 Biogasbereitstellung möglichst günstige Lebensbedingungen geboten wer-
den.
In diesem Abschnitt wird der Stand der Technik der Nach heutigem Wissensstand läuft der Vergä-
Biogasgewinnung detailliert erläutert. Auf der Basis rungsprozess prinzipiell in vier voneinander abhängi-
dieser Ausführungen und der in der Praxis üblichen gen Stufen ab, die jeweils durch die Anwesenheit von
Biogasanlagen bzw. erwarteter zukünftiger Anlagen- speziellen Bakterienstämmen gekennzeichnet sind.
entwicklungen werden anschließend Modellanlagen In der Hydrolysephase werden langkettige organi-
definiert (Kapitel 5.2), an denen im weiteren die Wirt- sche Verbindungen (Polymere) durch Exoenzyme
schaftlichkeits-Analysen durchgeführt werden. Diese gespalten. Da hierbei feste Substanzen in Lösung
Modellanlagen sind in ihrer Dimensionierung auf die gehen, nennt man diesen Schritt auch Verflüssigung
Gasaufbereitungs- und Einspeise-Technik ausgelegt. bzw. Hydrolyse. Bei den entstehenden Produkten
handelt es sich um niedermolekulare Verbindungen
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Biogasbereitstellung, -aufbereitung, -einspeisung und -transport
(Monomere und Dimere). Die Mono- und Dimere abgebaut. In der Methanbildungsphase wird durch
werden in der Versäuerungsphase durch strikt und/ anaerobe, so genannte methanogene Bakterien aus
oder fakultativ anaerobe acidogene Bakterien zu kurz- den in den vorangegangen Phasen gebildeten Produk-
kettigen Fettsäuren sowie zu Wasserstoff und Kohlen- ten mit Hilfe molekularen Wasserstoffs Methan gebil-
stoffdioxid abgebaut. In der Essigsäurephase werden det.
die Stoffwechselprodukte, die nicht bereits von den in Abbildung 2-1 zeigt den Ablauf der anaeroben
dieser Phase ebenfalls anwesenden Methanbakterien Vergärung organischer Substrate in vereinfachter
umgesetzt werden konnten, von acetogenen Bakterien Form.
zu Essigsäure, Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid
Langkettige Polymere
Fette, Eiweiße , Kohlenhydrate
1. Phase
Hydrolytische Bakterien
Acidogene Bakterien
2. Phase
Kurzkettige organische Säuren (z.B. Propionsäure) Versäuerung
Alkohole
Acetogene Bakterien
3. Phase
Essigsäure (CH3COOH), Kohlendioxid (CO2), Essigsäurebildung
Wasserstoff (H2)
Methanogene Bakterien
Biogas
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Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
dem Oberbegriff Substrathandling zusammengefasst. achten. Es darf keine Vermischung von hygienisch be-
Im Einzelnen umfasst das Substrathandling die Anlie- denklichem und unbedenklichem Substrat vor dem
ferung, die Lagerung, die Aufbereitung, den Trans- Durchlauf durch die Hygienisierungseinrichtung
port und die Einbringung der Substrate. möglich sein. Zur Minimierung von Gerüchen, aber
auch aus praktischen Gesichtspunkten sollte die An-
2.1.2.1 Lagerung nahme, Lagerung und Aufbereitung der Substrate in
Hallen, deren Abluft über Biofilter gereinigt wird,
Substratlager dienen in erster Linie dazu, Schwankun- durchgeführt werden. So ist die Technik geschützt
gen bei der Bereitstellung und Anlieferung der ver- und Bedien- sowie Kontrollarbeiten können witte-
schiedenen Substrate und Kosubstrate auszugleichen. rungsunabhängig durchgeführt werden. Die Beson-
Dies ist im besonderen bei Anlagen von Bedeutung, derheiten sind in Tabelle 2-1 zusammengefasst.
die nachwachsende Rohstoffe als Betriebsmaterial
verwenden. In der Regel werden diese ein oder zwei 2.1.2.2 Aufbereitung
mal im Jahr geerntet, während sie im Betrieb der Bio-
gasanlage täglich zur Verfügung stehen müssen. Die Art und Umfang der Substrataufbereitung beeinflus-
Gestaltung der Lager ist von den verwendeten Sub- sen den Ablauf des Gärprozesses und damit die Aus-
straten abhängig. Die für die Lager benötigte Fläche nutzung des energetischen Potenziales der verwende-
richtet sich nach den zu erwartenden Stoffmengen ten Substrate. Ziel der Aufbereitung muss es sein, auf
und den auszugleichenden Zeiträumen. Werden be- der einen Seite gesetzlichen Ansprüchen wie der Hy-
triebsfremde Kosubstrate verwendet, spielen vertrag- gienisierung und auf der anderen Seite den Mikroor-
liche Bedingungen wie Abnahmemenge und Häufig- ganismen als Erzeuger des Methans, also des beab-
keit der Lieferung eine Rolle. Werden hygienisch sichtigten Produktes, weitestgehend gerecht zu
bedenkliche Kosubstrate aus z. B. industrieller Her- werden. In der Substrataufbereitung liegt eines der
kunft verwendet, ist auf eine strikte Abtrennung der beiden großen Potenziale der Optimierung der Ge-
Annahmestation vom landwirtschaftlichen Betrieb zu samtanlage.
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Biogasbereitstellung, -aufbereitung, -einspeisung und -transport
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Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
strates in den Gärprozess. Als Flüssigkeit zum An- werden, wodurch der Gesamtprozess ganz oder teil-
maischen werden je nach Verfügbarkeit Gülle, bereits weise automatisiert werden kann. In vielen Fällen
vergorene Biogasgülle, Prozesswasser oder im Aus- wird der gesamte Substrattransport innerhalb der Bio-
nahmefall auch Frischwasser genutzt. Die Anwen- gasanlage über ein oder zwei zentral in einem Pump-
dung bereits vergorener Biogasgülle kann die Frisch- oder Steuerhaus positionierte Pumpen realisiert. Die
wasserbedarf senken und hat den Vorteil, dass das Verlegung der benötigten Rohrleitungen erfolgt dann
Substrat bereits vor Erreichen des Fermenters mit den so, dass alle eintretenden Betriebsfälle (z. B. Beschi-
Bakterien des Gärprozesses angeimpft wird. cken, vollständiges Entleeren von Behältern, Havarie-
Die Homogenität der zugeführten Substrate ist für fälle etc.) über gut zugängliche oder automatische
die Stabilität des Vergärungsprozesses von hoher Schieber gesteuert werden können.
Bedeutung. Bei stark schwankender Belastung und
wechselnder Substratzusammensetzung müssen die Transport von stapelbaren Substraten
Mikroorganismen sich an die veränderten Bedingun- Stapelbare Substrate müssen in der Nassvergärung
gen anpassen, was meist mit einer Einbuße bei der bis zur Materialeinbringung bzw. bis zur Anmai-
Gasausbeute verbunden ist. Die Homogenisierung schung transportiert werden. Die meisten Wege wer-
pumpfähiger Substrate wird meist in der Vorgrube den mit einem üblichen Lader zurückgelegt. Erst für
mit Rührwerken durchgeführt. Die Vermischung ent- die automatisierte Beschickung werden Kratzböden,
spricht in etwa den Systemen der voll durchmischten Overhead-Schubstangen und Förderschnecken einge-
Fermenter. setzt. Kratzböden und Overhead-Schubstangen sind
in der Lage, nahezu alle stapelbaren Substrate hori-
2.1.2.3 Substrattransport und -einbringung zontal oder mit einer leichten Steigung zu fördern. Sie
können jedoch nicht für die Dosierung verwendet
Für einen stabilen Gärprozess ist aus prozessbiologi- werden. Sie ermöglichen die Anwendung von sehr
scher Sicht ein kontinuierlicher Substratstrom durch großen Vorlagebehältern. Förderschnecken können
die Biogasanlage der Idealfall. Da dieser in der Praxis stapelbare Substrate in nahezu alle Richtungen trans-
kaum realisiert werden kann, ist eine quasikontinuier- portieren. Vorbedingung ist hier nur die Freiheit von
liche Zugabe des Substrates in den Fermenter der Re- großen Steinen und die Zerkleinerung des Substrates,
gelfall. Die Zugabe des Substrates erfolgt in mehreren dass es von der Schnecke ergriffen werden kann und
Chargen über den Tag verteilt. Daraus folgend wer- in die Schneckenwindungen passt. Automatische För-
den alle Aggregate, die für den Substrattransport not- dersysteme für stapelbare Substrate stellen in der Re-
wendig sind, nicht kontinuierlich betrieben. Dies gel eine Einheit mit den Einbringungsaggregaten an
spielt für die Auslegung eine sehr große Rolle. der Biogasanlage dar.
Die Anlagentechnik für den Transport und die Ein-
bringung hängt im Wesentlichen von der Beschaffen- Einbringung pumpfähiger Substrate
heit des Substrates ab. Es muss zwischen Technik für Pumpfähige Substrate werden in der Regel über in
pumpfähige und stapelbare Substrate unterschieden den Boden eingelassene substratdichte Vorgruben aus
werden. Beton, in denen die anfallende Gülle zwischengespei-
Bei der Einbringung der Substrate ist deren Tem- chert und homogenisiert wird, eingebracht. Die Vor-
peratur zu beachten. Bei großen Differenzen zwischen gruben, die auch als Anmaischbehälter bezeichnet
Material- und Fermentertemperatur (beispielsweise werden, sollten so ausgelegt sein, dass mindestens ein
bei Einbringung nach einer Hygienisierungsstufe bis zwei Tagesmengen in ihnen gespeichert werden
oder im Winter) wird die Prozessbiologie stark können. Häufig werden vorhandene Güllesammel-
gestört, was zur Verminderung des Gasertrages füh- gruben im landwirtschaftlichen Betrieb genutzt.
ren kann. Als technische Lösungen werden hier Verfügt die Biogasanlage nicht über eine getrennte
zuweilen Wärmeübertrager und beheizte Vorgruben Zugabemöglichkeit zur Direkteinbringung von Ko-
angewendet. substraten, werden auch stapelbare Substrate in der
Vorgrube gemischt, zerkleinert, homogenisiert und
Transport pumpfähiger Substrate wenn nötig zur Herstellung pumpfähiger Gemische
Zum Transport pumpfähiger Substrate innerhalb der angemaischt. Aus diesem Grund sind Vorgruben mit
Biogasanlage werden hauptsächlich über Elektromo- Rührwerken, wenn nötig in Kombination mit Reiß-
toren angetriebene Pumpen verwendet. Sie können und Schneidwerkzeugen zur Zerkleinerung der Sub-
über Zeitschaltuhren oder Prozessrechner angesteuert strate, ausgestattet. Werden störstoffhaltige Substrate
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Biogasbereitstellung, -aufbereitung, -einspeisung und -transport
verarbeitet dient die Vorgrube auch zur Abtrennung - Einrichtungen zur Ableitung des gewonnenen Bio-
von Steinen und Sinkschichten, sie können z. B. mittels gases besitzen und
Kratzböden und Förderschnecken konzentriert und - Mess-, Steuerungs-, und Regeltechnik zur Überwa-
ausgetragen werden. Zur Vermeidung von Geruchs- chung und Steuerung von Gärprozess und Hygie-
emissionen sollten Vorgruben abgedeckt werden. nisierung, sowie Möglichkeiten zur Probenahme
aus dem Fermenter besitzen.
Einbringung von stapelbaren Substraten Daneben gehören Schaugläser mit Reinigungsanlagen
Durch die Einbringung von stapelbaren Substraten in zur Sichtprüfung des Gärprozesses und Revisions-
die Vorgrube und die damit verbundenen Probleme schächte für möglich anfallende Wartungs- und Repa-
kann eine kontinuierliche und automatisierte Einbrin- raturarbeiten zur Ausstattung der Fermenter. Des
gung der Substrate in den Vergärungsprozess er- weiteren sind Sicherheitsarmaturen sowie Über- und
schwert werden und ein erhöhter Arbeitsaufwand die Unterdrucksicherungen zur Einhaltung vorgeschrie-
Folge sein. Aus diesen Gründen werden Feststoffe bener Sicherheitsregeln vorzusehen.
meist unter Umgehung der Vorgrube direkt in den Neben den technischen und baulichen Anforde-
Fermenter eingebracht. Kofermente können so unab- rungen werden zusätzliche Anforderungen an ver-
hängig von der Gülle und in regelmäßigen Abständen wendete Baumaterialien gestellt. So sollte darauf
eingespeist werden. Außerdem ist es möglich, den geachtet werden, dass die verwendeten Materialien
Trockensubstanzgehalt im Fermenter zu erhöhen und für das im Fermenter herrschende Milieu geeignet
damit die Biogasausbeute zu verbessern. sind. Als besonders problematisch haben sich die
Übergangszone vom Flüssigkeitsspiegel zum Gas-
2.1.3 Biogaserzeugung durch Fermentation raum und der Gasraum selbst herauskristallisiert.
Hier ist es notwendig, nur Materialien einzusetzen,
Das Biogas wird durch Vergärung der Substrate in die gegen Säuren und Korrosion resistent sind.
Fermentern gewonnen. Der Fermenter ist, inklusive
dazu gehöriger Peripherie, das eigentliche Kernstück 2.1.3.1 Fermenterbauformen
der Biogasanlage. Die verschiedenen Ausführungen
der Fermenter werden hinsichtlich Materialien und Aufgrund der Verfahrensweise weisen Fermenter für
Bauweise häufig von landwirtschaftlichen Güllela- die Nass- und Trockenfermentation grundsätzliche
gern abgeleitet und an die spezifischen Anforderun- Unterschiede auf.
gen der Biogastechnik angepasst. Substratmenge und
die gewählte hydraulischen Verweilzeit bestimmen Nassvergärung
das Volumen der Fermenter. Abhängig von den zur Die Nassvergärung wird in mit Tanks vergleichbaren
Verfügung stehenden Substraten, dem gewählten Behältern durchgeführt. Prinzipiell wird zwischen lie-
Gärverfahren und den örtlichen Gegebenheiten kön- genden und stehenden Fermentern unterschieden.
nen Fermenter unterschiedlich ausgeführt werden. Liegende Fermenter haben eine zylindrische Form
Unabhängig von ihrer Ausführung müssen Fermenter (vgl. Abbildung 2-3) und sind hinsichtlich ihres Volu-
einige Grundvoraussetzungen erfüllen, sie müssen: mens begrenzt (bis ca. 800 m3), da sie häufig nicht vor
- gas- und flüssigkeitsdicht sein, Ort gefertigt werden. Der dadurch notwendige Trans-
- die Möglichkeit besitzen, die erforderliche Prozess- port der Fermenter zu ihrem Einsatzort ist jedoch nur
temperatur durch Wärmeeintrag (Heizung) zur bis zu einer gewissen Behältergröße möglich. Häufig
Verfügung zu stellen, werden sie als Stahltanks ausgeführt und kommen als
- Wärmeverluste und Temperaturschwankungen z. B. Hauptfermenter für kleinere Anlagen oder als Vorfer-
durch Wärmeisolierung verhindern, menter für größere Anlagen mit stehenden Hauptfer-
- eine Möglichkeit zur Durchmischung des Substra- mentern in Frage. Liegende Fermenter werden auch
tes besitzen, um Temperaturgefälle, Schwimm- und parallel betrieben, um größere Durchsatzmengen zu
Sinkschichtenbildung, ein Gefälle der Nährstoff- realisieren.
konzentration im Substrat und eine schlechte Aus- Weil liegende Behälter in der Regel um ein mehrfa-
gasung des Substrates zu vermeiden sowie die ches länger als hoch sind, stellt sich automatisch die
Homogenisierung des Substrates sicherzustellen, so genannte Pfropfendurchströmung ein. Das Sub-
- Einrichtungen oder Möglichkeiten zur Sedimen- strat wandert hierbei langsam von der Eintrags- zur
taustragung besitzen, Austragsseite, wobei sich ein Pfropfen bildet, der
durch den Fermenter strömt. Die Möglichkeit, nicht
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Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
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Biogasbereitstellung, -aufbereitung, -einspeisung und -transport
Abb. 2-4: Stehender Fermenter mit Einbauten; Bild: Anlagen- und Apparatebau Lüthe GmbH
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Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
den. Zum Einsatz kommen gewickelte Blechbahnen kontinuierliche Substratumwälzung durch den Wär-
und verschweißte oder verschraubte Stahlplatten. Die meübertrager realisiert werden oder es kann auf eine
Verschraubungen müssen anschließend abgedichtet zusätzliche interne Heizung im Fermenter nicht ver-
werden. Stahlfermenter werden immer überirdisch zichtet werden, um eine konstante Fermentertempera-
hergestellt. In der Regel wird die Dachkonstruktion tur aufrechtzuerhalten.
als Gasspeicher verwendet und mit einer gasdichten
Folie gearbeitet. Mischaggregate
Eine gute Durchmischung des Fermenterinhalts muss
Wärmedämmung des Fermenters aus mehreren Gründen gewährleistet sein:
Um Wärmeverluste zu verringern, müssen die Fer- - vermischen von frischem und ausgefaultem Sub-
menter zusätzlich mit Wärmedämmmaterial versehen strat, wodurch das frische Substrat angeimpft wird,
werden. Zur Wärmedämmung können handelsüb- - eine gleichmäßige Verteilung von Wärme und
liche Materialen verwendet werden, die je nach Ein- Nährstoffen innerhalb des Fermenters,
satzbereich (Bodennähe usw.) unterschiedliche Eigen- - die Vermeidung und Zerstörung von Sink- und
schaften haben sollten Schwimmschichten,
- ein gutes Ausgasen des Biogases aus dem Gärsub-
Fermenterheizung strat.
Um einen optimalen Vergärungsprozess sicherzustel- Eine minimale Durchmischung des Gärsubstrates fin-
len, muss eine gleichmäßige Temperatur im Fermen- det durch das Einbringen von Frischsubstrat, thermi-
ter vorherrschen. Hierbei ist nicht die Einhaltung der sche Konvektionsströmungen und das Aufsteigen
vorgegebenen Temperatur auf ein zehntel Grad genau von Gasblasen statt. Diese passive Durchmischung ist
ausschlaggebend, sondern dass Temperaturschwan- allerdings nicht ausreichend, weshalb der Durchmi-
kungen gering gehalten werden. Das betrifft sowohl schungsprozess aktiv unterstützt werden muss.
zeitliche Temperaturschwankungen als auch die Tem- Das Durchmischen kann durch mechanische Ein-
peraturverteilung in verschiedenen Fermenterberei- richtungen im Faulbehälter wie z. B. Rührwerke,
chen. Starke Schwankungen und die Über- bzw. Un- hydraulisch durch außerhalb des Fermenters ange-
terschreitung bestimmter Temperaturwerte können ordnete Pumpen oder pneumatisch durch Einblasung
zur Hemmung des Gärprozesses oder im schlimms- von Biogas in den Fermenter durchgeführt werden.
ten Fall zum Erliegen des Prozesses führen. Die Ursa- Die beiden letztgenannten Möglichkeiten spielen
chen für Temperaturschwankungen können viel- eine eher untergeordnete Rolle. In Deutschland wer-
schichtig sein: den in etwa 85 bis 90 % der Anlagen mechanische Ein-
- Zufuhr von Frischsubstrat richtungen bzw. Rührwerke eingesetzt.
- Temperaturschichten- oder Temperaturzonenbildung
aufgrund unzureichender Wärmedämmung, ineffek- Mechanische Durchmischung
tiver oder falsch dimensionierter Heizung, unzurei- Die mechanische Durchmischung des Gärsubstrates
chender Durchmischung wird durch Verwendung von Rührwerken realisiert.
- Lage der Heizungen Unterschieden werden kann zwischen
- Extremaußentemperaturen in Sommer und Winter - schnell laufenden und intensiv wirkenden Rühr-
- Ausfall von Aggregat. werken,
Zur Bereitstellung der benötigten Prozesstemperatu- - mittelschnell laufenden Rührwerken,
ren und zum Ausgleich von Wärmeverlusten muss - langsam laufenden Rührwerken.
das Substrat erwärmt werden, was durch externe oder Die Rührwerke werden in Dauer- oder Intervallbe-
durch in den Fermenter integrierte Wärmeübertrager trieb betrieben. In der Praxis hat sich gezeigt, dass die
bzw. Heizungen geschehen kann. Rührintervalle an die spezifischen Eigenschaften jeder
Im Fermenter integrierte Heizungen erwärmen Biogasanlage, wie Substrateigenschaften, Behälter-
das Gärsubstrat im Fermenter. größen, Neigung zur Schwimmdeckenbildung usw.
Externe Wärmeübertrager erwärmen das Gärsub- empirisch optimiert werden müssen. Nachdem die
strat vor dem Eintrag in den Fermenter, wodurch es Anlage in Betrieb genommen wurde, wird sicherheits-
bereits vorgewärmt in den Fermenter gelangt. So kön- halber länger und häufiger gerührt. Die gemachten
nen Temperaturschwankungen bei der Substratein- Erfahrungen werden dann zur Optimierung der
bringung vermieden werden. Bei Einsatz von exter- Dauer und Häufigkeit der Intervalle sowie der Ein-
nen Wärmeübertragern muss entweder eine stellungen der Rührwerke verwendet. Zum Einsatz
24
Biogasbereitstellung, -aufbereitung, -einspeisung und -transport
gesetzt. Absorption
Bestimmte Substrate wie z. B. Schweinegülle oder Adsorption nasschemische
Hühnerkot können die Bildung solcher Schichten för- Absorption
dern. Die Sinkschichten können im Laufe der Zeit Membran- trockenchemische
sehr mächtig werden, wodurch das nutzbare Volumen trennung Absorption
des Fermenters verkleinert wird. Es sind bereits bis Kühlung Adsorption biologische
zur Hälfte mit Sand gefüllte Fermenter aufgetreten. (Tiefkühlung) Oxidation
Außerdem können die Sinkschichten sehr stark ver- Partikelfiltration
härten, so dass sie nur noch mit Spaten oder Baggern
zu entfernen sind. Der Austrag der Sinkschichten aus
dem Fermenter wird über Bodenräumer oder einen Biogasanlagen besitzen bereits Einrichtungen zur
Bodenablass möglich. Bei starker Sinkschichtenbil- Biogasaufbereitung (Grobreinigung). Als Vorbehand-
dung ist die Funktionalität der Sedimentaustragssys- lung des Biogases vor der energetischen Nutzung in
teme allerdings nicht in jeden Fall gegeben, weswegen BHKW erfolgt in der Regel eine Entfeuchtung und
es nötig sein kann, den Fermenter zu öffnen um die Entschwefelung. Das Biogas besitzt dann durch-
Sinkschichten per Hand oder maschinell zu entfernen. schnittlich die in Tabelle 3-1 (Seite 65) angegebenen
Mögliche Techniken des Sedimentaustrages sind: Zusammensetzungen und Kenndaten. Dabei ergeben
- Bodenräumer mit außen liegendem Antrieb zur sich aus dem Betrieb des Fermenters (Beschickung,
Förderung der Sinkschicht nach außen Rührwerkseinsatz) z. T. erhebliche zeitlich begrenzte
- Austragsschnecken am Fermenterboden Schwankungen um bis zu ca. 100 %. Um die gefor-
- konischer Fermenterboden mit Entnahmepumpe derte Gasqualität nach DVGW Arbeitsblatt G 260
und Sinkschichtaufrührung. (siehe Abschnitt 3.1.2) zu erzielen, sind jedoch weitere
Aufbereitungsschritte zur Feinreinigung (z. B.: CO2,
Austrag des vergorenen Materials H2S-Abtrennung) notwendig.
Bei liegenden Fermentern wird das vergorene Mate- Zur Unterscheidung der unterschiedlichen Quali-
rial durch die Pfropfenströmung aufgrund des in den tätsstufen von Biogas vor bzw. nach der Aufbereitung
Fermenter geförderten Substrateintrages über einen wird im folgenden zwischen Rohbiogas als Biogas-
Überlauf oder ein unterhalb des Substratspiegels gele- qualität nach der Biogaserzeugung mit einer Grobrei-
genes Austragsrohr ausgetragen. Stehende Fermenter nigung und aufbereitentem Biogas oder Reinbiogas,
haben normalerweise einen Überlauf, der nach dem nach der Methananreicherung unterschieden.
25
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Die Aufbereitung erfolgt in mehreren Schritten: mikrobiell in elementaren Schwefel überführt und
- Entfernung fester und flüssiger Bestandteile und dann oxidiert und aus dem Prozess ausgeschleust. In
Trocknung des Gases (Filterung von Stäuben, Kon- Kapitel 2.2.1.2 werden die üblichen Verfahren der bio-
densatabscheidung und Trocknung) logischen Entschwefelung kurz erläutert und auf
- Entschwefelung wesentliche Aspekte näher eingegangen.
- Methananreicherung und Kohlenstoffdioxidabtren- Chemische Verfahren, wie die Sulfidfällung mit
nung Eisensalzen (siehe Sulfidfällung), die Reaktion mit
- Entfernung von weiteren Gasbegleitstoffen wie Eisenchelaten (siehe Entschwefelung mit Eisenchelat)
zum Beispiel Halogenkohlenwasserstoffen, Sili- oder die Zugabe von Eisenoxiden (siehe Schwefelwas-
zium und Ammoniak. serstoffentfernung mit eisenhaltigen Reinigungsmas-
Die jeweiligen Gasaufbereitungsschritte sind abhän- sen) basieren auf der Zugabe von schwefelbindenden
gig von technischen und wirtschaftlichen Randbedin- Reagenzien in den Vergärungsprozess oder auch –
gungen und werden entsprechend kombiniert und dann dem Vergärungsprozess nachgelagert und eher
miteinander verknüpft. Zunächst erfolgt eine Vorstel- als adsorptive Verfahren zu verstehen – auf der
lung prinzipiell geeigneter Entschwefelungs-, Gas- Durchströmung von Festbettadsorbern mit che-
trocknungs- und CO2-Abtrennungsverfahren. Im Ab- misorptiven Sorbentien.
schnitt werden bereits ausgeführte Anlagen zur Unter sorptionskatalytischen Verfahren versteht
Biogasaufbereitung vorgestellt und schließlich erfolgt man parallel am Adsorbens stattfindende Sorptions-
– ausgehend von vorab beschriebenen Verfahren – vorgänge und chemische Reaktionen des Adsorpts
eine Entwicklung von geeigneten Aufbereitungspfa- mit dem Adsorbens. Die zu entfernenden Schadstoffe
den für die jeweiligen Modellfälle. werden nicht mehr nur durch physikalische (Van der
Waals) Kräfte an der Oberfläche gebunden, sondern
2.2.1 Biogasentschwefelungsverfahren chemisch gebunden. Des weiteren katalysieren einige
Stoffe (beispielsweise bei der Imprägnierung der
Zur Entschwefelung von Biogasen können unter- Aktivkohle mit Kaliumjodid der Fall) die chemische
schiedliche Verfahren verwendet werden, die nachfol- Reaktion des abzutrennenden Adsorpts und be-
gend näher beschrieben werden. Maßgeblich bei der schleunigen damit die Reaktion.
Auswahl der hier vorgestellten Entschwefelungsver- Generell von Vorteil gegenüber der einfachen
fahren ist zum einen die Anwendbarkeit für den kon- Adsorption sind bei der Sorptionskatalyse die deutlich
kreten Anwendungsfall einer Biogasaufbereitung zu höheren Beladungskapazitäten; wobei sich die hohen
Erdgassubstituten und zum anderen die Darstellung Adsorptionsenthalpien (Bindungskräfte) wiederum
des derzeit aktuellen technischen Entwicklungsstan- auf eine Regenerierung des Adsorbens nachteilig aus-
des im Bereich der Biogasnutzung. Die nachfolgende wirken. Im Bereich der Biogasaufbereitung – aber
Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständig- auch bei der Aufbereitung von Klär- oder Deponiegas
keit. – werden diese Verfahren hauptsächlich zur Feinent-
Grundsätzlich kann nach Verfahrensprinzip – bio- schwefelung des Biogases angewandt. Abhängig von
logische bzw. absorptive, chemische und adsorptive der Biogaszusammensetzung (Sauerstoffgehalt) bzw.
oder auch sorptionskatalytische Verfahren – und nach der Schwefelbelastung und der zu erfüllenden Anfor-
Anwendungsfall – Grob- oder Feinentschwefelung – derungen an das Produktgas werden unterschiedliche
unterschieden werden. Sorbentien verwendet. Imprägnierte Aktivkohlen und
Biologische Verfahren basieren auf dem Prinzip Zinkoxid finden vorrangig Anwendung bei einer
Schwefelwasserstoff verzehrender (oxidierender) Feinreinigung von biogenen Gasen mit geringer
Mikroorganismen und werden ausschließlich zur Schwefelbelastung und höheren Reinheitsanforderun-
Grobentschwefelung von Biogasen genutzt. Bei moto- gen. Mit Zinkoxid sind beispielsweise Endreinheiten
rischer Biogasverwertung sind die erreichbaren Rein- bis 5 ppb Schwefelwasserstoff erreichbar.
heiten bzw. Abscheidegrade in der Regel völlig aus- Abschließend werden die vorgestellten Entschwefe-
reichend. Das Verfahren der biologischen lungsverfahren auf ihre konkrete Eignung hin disku-
Entschwefelung kann sowohl in den Fermenter inte- tiert, bewertet und für nachfolgende Betrachtungen zur
griert als auch nachgeschaltet ausgeführt werden. Entwicklung von Modellverfahren (Abschnitt 5.2.4)
Grundsätzlich werden in diesen Verfahren zuerst die und Kosten (Abschnitt 6) ausgewählt.
Schwefelwasserstofffraktion aus dem Biogas gelöst,
26
Biogasbereitstellung, -aufbereitung, -einspeisung und -transport
27
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
ner biologischer Entschwefelung erreichen z. B. nur gases Restkonzentrationen von weniger als 50 ppm
Abbauraten von höchstens 50 % des im Rohbiogas erzielbar /43/. Garantiert wird in der Regel eine aus-
enthaltenen Schwefelwasserstoffs. Der erhebliche gangsseitige maximale H2S-Konzentration von
Inertgas- bzw. Sauerstoffeintrag beeinträchtigt auch 500 mg/m3 Biogas /17/. Die Luftzudosierung ist bei
die Biogasqualität und verschlechtert die Vorausset- dieser Ausführung gut steuerbar, wodurch sich der
zungen für weitergehende Aufbereitungsprozesse, da Inertgaseintrag auf ca. 1,5–2 Vol.-% begrenzen lässt.
eine Nachreinigung und Entfernung von O2 und N2 Eine biologische Entschwefelung (intern oder als
erforderlich wird. Auch eine erhöhte Korrosion im Tropfkörperanlage ausgeführt) ist aufgrund des Luft-
Fermenter und die Bildung von explosionsfähigen Ge- eintrags von ca. 6 % in den Biogasstrom, bei einer Bio-
mischen sollten bei der Luftzugabe beachtet werden. gasaufbereitung auf Erdgas-H-Qualität in feuchten
Um eine höhere Leistungsfähigkeit der biologi- Netzen nicht einsetzbar.
schen Entschwefelung zu erreichen, wird der Prozess
häufig – aus wirtschaftlichen Überlegungen in der Biowäscher
Regel erst ab Anlagengrößen oberhalb von 200 kWel Biowäscher bestehen im Wesentlichen aus einem Ge-
/18/ – in einen speziell hierfür ausgelegten externen genstromabsorber und einem Bioreaktor. Im Gegen-
Reaktor verlagert. Stand der Technik sind Tropfkör- stromwäscher durchströmt das Biogas eine Füllkör-
perreaktoren aus Kunststoff, die spezielle Füllkörper perkolonne, in der das zu entfernende H2S absorbiert
enthalten, auf denen sich H2S oxidierende Mikroorga- wird. Als Absorptionsmedium wird leicht alkalisches
nismen ansiedeln. Wasser verwendet. Vorteile der Zugabe verdünnter
Natronlauge sind, dass sich durch die im Vergleich zu
Tropfkörperanlage Wasser höhere Basizität (pH-Milieu um 8–9) die Was-
In Tropfkörperanlagen ist die Absorption von Schwe- serlöslichkeit von H2S in der Waschlösung deutlich
felwasserstoff und die Regenerierung des beladenen verbessert und in der Folge höhere Beladungen bzw.
Waschmediums mit Luftsauerstoff in einem Behälter Abscheideraten erreicht werden können.
integriert. Die für die Regenerierung der Kolonne be- Im Bioreaktor wird die mit H2S beladene Wasch-
nötigte Luft wird vor Eintritt in die Füllkörperkolonne flüssigkeit mit Luftsauerstoff (Gleichung 2-2) mikro-
dem Biogas zugegeben. Die für den biologischen Ab- biologisch regeneriert. Die für den mikrobiellen Abbau
bau von Schwefelwasserstoff benötigten Thiobacillen benötigten Mikroorganismen sind in der Waschlösung
sind in der umlaufenden Nährlösung suspendiert als suspendiert. Der anfallende Elementarschwefel wird
auch auf den im Reaktor befindlichen Tropfkörpern kontinuierlich aus dem Bioreaktor in einen Schwefel-
(in der Regel aus Kunststoff PP) immobilisiert. Durch abscheider ausgekreist. Bedingt durch eine teilweise
die Größe des Reaktors und die Tropfkörper werden Durchoxidation des gelösten Schwefels zu Sulfat nach
sehr große Flächen und damit sehr lange Kontaktzei- Gleichung 2-4 und durch den Schwefelaustrag in den
ten ermöglicht. Aus diesen Gründen können auch Schwefelabscheider muss permanent ein wenig
schwer lösbare Schadstoffe aus dem Gas entfernt und Waschwasser – und damit auch technische Natron-
sehr hohe Abbauraten bis 99 % erreicht werden. lauge – nachgespeist werden. Die regenerierte Wasch-
Durch den Eintrag von Luft (in der Regel 2 bis lösung wird wieder zum Wäscher zurückgeführt.
6 Vol.-%) wird die umlaufende Waschlösung perma- Die Luftzudosierung muss genau gesteuert wer-
nent regeneriert. Die Oxidationsprodukte Schwefel den, um unerwünschte Sulfatbildungen weitgehend
und Sulfat werden mit der Nährlösung ausgeschleust. zu unterdrücken. Schliesslich muss in den Bioreaktor
Die im Kreislauf geführte Nährlösung muss somit auch stetig eine Nährlösung zugegeben werden, um
teilweise ausgetauscht werden. Die optimale Tempe- für die Mikroorganismen optimale Lebens- und
ratur der Waschlösung sollte zw. 28 und 32 °C liegen, Wachstumsbedingungen aufrecht zu erhalten. Der im
damit die Mikroorganismen optimal arbeiten können. Bioreaktor gebildete elementare Schwefel wird konti-
Im Winter ist deshalb bei Bedarf die im Kreis bewegte nuierlich abgezogen und sedimentiert in einem
Wasch- bzw. Nährlösung zu beheizen und im Sommer Schwefelabscheider. Nach Zentrifugierung des Schwe-
z. B. mit Brunnenwasser zu kühlen. Des Weiteren felschlamms kann dieser weiterverarbeitet oder weiter
sollte die Kolonne idealer weise entweder isoliert aus- veräußert werden.
geführt oder eingehaust werden. Vorteilhaft an diesem Verfahren ist, dass keine Luft
Mit diesem Verfahren können Entschwefelungsra- in den Biogasstrom eingebracht wird und durch die
ten von bis zu 99 % erreicht werden /62/. Im Reingas Oxidation des absorbierten Schwefelwasserstoffs in
sind abhängig von der Schwefelbelastung des Rohbio- einem separaten Bioreaktor eine Verblockung des
28
Biogasbereitstellung, -aufbereitung, -einspeisung und -transport
29
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Bei hohen Sauerstoffgehalten im zu entschwefeln- tion im Gas kann bei dieser Variante 50 bis mehrere
den Gas kann es zur Bildung von Thiosulfaten kom- Tausend ppm betragen.
men. Thiosulfate stabilisieren zwar die Chelatisierung Mit dem anaeroben Betrieb können sauerstofffreie
und reduzieren den Chemikalienverbauch, können Gase von Schwefelwasserstoff befreit werden. Dafür
aber auch den pH-Wert negativ verändern. Bei zu werden die Teilschritte Reduktion und Oxidation
hohem Lufteintrag müssen die gebildeten Salze mit räumlich voneinander getrennt. Das zu reinigende
Lauge neutralisiert werden, was erhöhte Kosten nach Gas durchströmt einen mit Eisenchelatlösung gefüll-
sich zieht. ten Reaktor, wo die Schwefelbindung (Reduktion)
Abhängig vom pH-Wert im Absorber und dem erfolgt. Die reduzierte Lösung wird einem zweiten
CO2-Partialdruck im Rohgas kann es zur Kohlen- Behälter zugeführt, durch das Einblasen von Luft oxi-
säure- und weiter zur Karbonatbildung kommen. In diert und somit regeneriert und anschließend im
einigen Anwendungsfällen muss dem Wäscher Kali- Kreislauf zurück in den Absorber gepumpt.
lauge zugeführt werden.
2.2.1.4 Schwefelwasserstoffentfernung mit
imprägnierter Aktivkohle
2 HS- + 1,5 O2 + 2 KOH → K2S2O3 + 2 H2O
Die Abscheidung von Schwefelwasserstoff mit
Gleichung 2-7 imprägnierter Aktivkohle erfolgt durch eine katalyti-
sche Oxidation des an der Aktivkohleoberfläche ad-
CO2 + H2O ↔ H+ + HCO3- sorbierten Schwefelwasserstoffs. Die Imprägnierung
der Aktivkohle mit chemischen Substanzen wirkt da-
Gleichung 2-8
bei als Katalysator und bewirkt damit eine Erhöhung
H+ + HCO3- + KOH ↔ KHCO3 + H2O der Reaktionsgeschwindigkeit und der möglichen Be-
ladungskapazitäten. Zur H2S-Entfernung können un-
Gleichung 2-9 terschiedliche Imprägniermittel angewendet werden.
1. Dieser Wert bezieht sich auf die H2S-Entfernung. Eventuell können auch Mercaptane entfernt werden, COS und CS2 jedoch nicht.
2. Eine relative Feuchtigkeit von 60 % wird empfohlen. Höhere Werte können dazu führen, dass Adsorptionsplätze der Aktivkohle durch
Wasser besetzt werden.
30
Biogasbereitstellung, -aufbereitung, -einspeisung und -transport
O2 + 6 KI + 2 H2O ↔ 4 KOH + 2 KI3 ↔ 4 KOH + 2 [I2 · KI] H2S + 2 O2 + K2CO3 → CO2 + H2O + K2SO4
31
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Als wichtigster Vorteil von Zinkoxidsorbentien In der Praxis haben sich gute Reinigungsergeb-
sind die sehr hohen erzielbaren Endreinheiten von nisse bis zu einer Schwefelbeladung von 25 Gew.-%
weniger als 1 ppmv bis zu wenigen ppb zu nennen. erzielen lassen. Bei Eingangskonzentrationen
Von Nachteil sind die hohen Sorbenskosten und hohe < 1.000 ppm H2S bzw. < 5.000 ppm sind bei optimaler
Prozesstemperaturen, die nur eine Feinentschwefe- Prozessauslegung und -steuerung Reingaskonzentra-
lung von Gasen in Kombination mit anderen heißen tionen < 1 ppm bzw. < 100 ppm erreichbar /12/.
Verfahrensstufen sinnvoll erscheinen lassen. Die Entschwefelung mit Eisen(III)-hydroxid findet
bei Umgebungstemperatur statt, sie wird in Turment-
2.2.1.6 Schwefelwasserstoffentfernung mit schweflern durchgeführt. Kleinere Anlagen arbeiten
eisenhaltigen Reinigungsmassen mit einem Einturmentschwefler, die Zufuhr von Sau-
erstoff (Luft) zur Regeneration erfolgt gleichzeitig mit
Die Entschwefelung von Biogas mit eisenhaltigen Mas- dem Beladungsprozess. Bei größeren Anlagen (Volu-
sen erfolgt mit Eisen(III)-hydroxid (Fe(OH)3) oder mit menstrom > 250 m3/h) werden zwei Türme genutzt,
Eisen(III)-oxid (Fe2O3). Die Verfahrensabläufe gestalten die wechselseitig beladen und regeneriert werden
sich jeweils ähnlich, Unterschiede bestehen z. B. in spe- /1/. Die Regenerierungsreaktion verläuft stark exo-
zifischen Reaktionsbedingungen und den erzielbaren therm. Deshalb sollte die Temperatur während der
Endreinheiten. Beide Verfahren gehören zur Gruppe Regenerierung überwacht werden, um eine Selbstent-
der adsorptiven (trockenen) Entschwefelungsprozesse. zündung des Raseneisenerzes zu verhindern. Des
weiteren ist bei der Regenerierung darauf zu achten,
Eisen(III)-hydroxid dass sich im Turmentschwefler keine explosionsfähi-
Fe(OH)3, auch bezeichnet als Raseneisenerz oder Lux- gen Gemische bilden können.
masse, hat sich besonders bei der Klär- und Biogasaufbe-
reitung etabliert. In einem ersten Schritt reagiert H2S mit Eisen(III)-oxid
Eisen(III)-hydroxid zu Eisen(III)-sulfid und H2O ent- Bei der Entschwefelung mit Fe2O3 entsteht, analog
sprechend folgender Reaktionsgleichung (Beladung): zur Entschwefelung mit Fe(OH)3, in einem ersten
Schritt (Beladung) unlösliches Eisen(III)-sulfid und
2 Fe(OH)3 + 3 H2S → Fe2S3 + 6 H2O Wasser. Im zweiten Schritt (Regenerierung) bildet sich
durch die Oxidation von Eisen(III)-sulfid mit Sauer-
Gleichung 2-16 stoff wieder Eisen(III)-oxid und elementarer Schwefel
/35/.
Parallel wird das gebildete Eisen(III)-sulfid mittels
Sauerstoff und Wasser aufoxidiert (Teilregeneration). Fe2O3 + 3 H2S → Fe2S3 + 3 H2O
Es entstehen wieder Eisen(III)-hydroxid sowie ele-
mentarer Schwefel /1/. Gleichung 2-18
32
Biogasbereitstellung, -aufbereitung, -einspeisung und -transport
H2S je 100 g Holzhackschnitzel) oder auch Pellets (Bela- möglich ist, nur die mitunter hohen Verbräuche an Rei-
dung von 50 g H2S je 100 g Pellets) angewendet. Prinzi- nigungsmasse (Eisen(III)-hydroxid bzw. Eisen(III)-oxid)
piell sind mit imprägnierten Holzhackschnitzeln neben und die somit hohen Betriebskosten aus. Auch die
Schwefelwasserstoff auch Mercaptane entfernbar. Deponierung der beladenen Chemikalien kann sich in
Als nachteilig ist anzusehen, dass die mit der Praxis als schwierig bzw. kostenintensiv gestalten.
Eisen(III)-oxid imprägnierten Holzhackschnitzel nach
jeder Regenerierung ca. ein Drittel ihrer Beladungska- 2.2.1.7 Bewertung und Auswahl
pazität verlieren und daher maximal zweimal regene-
riert werden können. Bedingt durch den hohen Che- Die folgende Übersicht (Tabelle 2-5) bietet eine Über-
mikalienverbrauch, die hohen Entsorgungskosten sicht zu den in den vorangegangenen Kapiteln be-
und das nicht ganz ungefährliche Verhalten der bela- schriebenen Verfahren zur Entschwefelung. Dabei
denen Holzhackschnitzel – die Regenerierung mit werden die unterschiedlichen Methoden hinsichtlich
Luft ist stark exotherm und kann zum Brand führen – ihrer Investions- und Betriebskosten bewertet und zu-
ist die Anwendung dieses Verfahrens stark rückläufig. dem wird auch eine Empfehlung gegeben, ob die Ver-
Mit den heute angebotenen Verfahren zur Entschwe- fahren eher zur Grob- oder zur Feinentschwefelung
felung mit eisenhaltigen Stoffen lassen sich Endreinhei- geeignet sind. Des Weiteren werden Aussagen zu evtl.
ten bezüglich Schwefelwasserstoff von wenigen ppm benötigtem Lufteintrag und zu spezifischen Eigen-
erreichen, abhängig vom Schwefelgehalt des Gas- schaften der einzelnen Verfahren getroffen.
stroms. Nachteilig wirken sich, da keine Regeneration
Anwendung
Investitions- Betriebs- Lufteintrag
Verfahren zur Grob-/Fein- Sonstiges
kosten kosten erforderlich
entschwefelung
Sulfidfällung ++ –– Nein Grob Geringe Lastwechseldynamik
Interne biologische ++ + Ja Grob Geringe Lastwechseldynamik, unzuverläs-
Entschwefelung sig, Korrosionsgefahr in Fermenter,
negativ gegenüber Biogasausbeute
Tropfkörperanlage – – Ja Grob Lufteintrag, Verblockungsgefahr bei zu
geringer Luft-Zufuhr, träger H2S-Abbau
Biowäscher –– – Nein Grob für höchste H2S-Beladungen geeignet,
hoher apparativer Aufwand
Eisenchelat – MINI-CAT – – Nein Grob für höchste H2S-Beladungen geeignet,
anaerobe Fahrweise hoher apparativer Aufwand
Eisenchelat – Sulfurex – –– Neina Grob für höchste H2S-Beladungen geeignet,
hoher apparativer Aufwand
Aktivkohle – KI ++ –– Ja Fein Hohe Beladungskapazitäten,
Entsorgungskosten, Luft notwendig
Aktivkohle – K2CO3 ++ –– Ja Fein Entsorgungskosten, Luft notwendig
Aktivkohle – KMnO4 ++ –– Nein Fein Hohe Beladungskapazitäten,
Entsorgungskosten, kein Lufteintrag
Zinkoxid + –– Nein Fein höchste Endreinheiten, Entsorgungskosten,
kein Lufteintrag nötig,
hohe Temperaturen (200–400 °C)
Raseneisenerz – + –– Neina Grob Brandgefahrb, begrenzt regenerierbar,
Fe(OH)3 Entsorgungskosten
Fe2O3 – Holzschnitzel + –– Neina Grob Brandgefahr nur bei Holzschnitzeln,
Sulfa-Treat-Verfahren begrenzt regenerierbar, Entsorgungskosten,
Sulfa-Rite-Verfahren hoher Chemikalienverbrauch
Sulfa-Bind-Verfahren
++ Investitions-/Betriebskosten sehr niedrig
–– Investitions-/Betriebskosten sehr hoch
a bei Ausführung als zweistufiger Prozess mit externer Regenerierung
b Regenerierungsreaktion stark exotherm, Temperaturüberwachung notwendig
33
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Um das Rohgas mit Methan anzureichern ist eine Ab- Unter Druckwechseladsorptionstechnik wird allge-
trennung des Kohlendioxides erforderlich. Durch die mein die Anwendung von Aktivkohlen, Molekular-
Methananreicherung werden die notwendigen Gas- sieben (Zeolithen) und Kohlenstoffmolekularsieben
eigenschaften (u. a. Brennwert, Wobbe-Index) nach zur Gastrennung, aber auch zur Gasaufbereitung ver-
DVGW Arbeitsblatt G 260 erzielt. Im folgenden Ab- standen. Dieses Verfahren ist weit verbreitet und tech-
schnitt wird auf die gängigsten Verfahren näher einge- nisch ausgereift. Übliche Anwendungsfälle sind Ver-
gangen. Das Aufbereiten von Biogas auf Erdgasqualität fahren kleiner bis mittlerer Durchsatzleistung zur
wird in Schweden, Holland und der Schweiz bereits Wasserstoffabtrennung aus Prozessgasen, zur Sauer-
realisiert. Bereits bis zu 60 Anlagen mit einer Leistung stoffanreicherung für Verbrennungsprozesse oder zur
von rund 125 MW Rohgas-Brennstoffwärmeleistung Stickstoff- bzw. Kohlendioxidabtrennung von me-
existieren in Europa. Der überwiegende Teil des aufbe- thanhaltigen Gasen wie Erdgas oder Biogas.
reiteten Biogases wird als Kfz-Kraftstoff genutzt und Bei der Druckwechseladsorptionstechnik werden
nur zum Teil erfolgt eine Einspeisung in das Erdgas- hauptsächlich kinetische und sterische, aber auch
netz. Damit kann die Biogasaufbereitung als Stand der Gleichgewichtseffekte zur Gastrennung genutzt (Vgl.
Technik bezeichnet werden. Etwa 8 Hersteller europa- Tabelle 2-6).
weit können im Bereich Biogasaufbereitung auf fast
15 Jahre Betriebserfahrung zurückgreifen.
Adsorbens Gemisch
stärker schwächer
Inertgas Temperatur [°C] Druck [bar]
gebunden gebunden
Molekularsieb
5A CO CH4 - 25 2,5–12
Hydrogenmordenite
CO2 N2, O2 - 0 0–1
34
Biogasbereitstellung, -aufbereitung, -einspeisung und -transport
35
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Nach der Verdichtung strömt das Gas von unten den. Üblich sind für Biogasaufbereitungsanlagen
nach oben durch einen Adsorber. Häufig besteht die 4-Adsorber-Anlagen. Bei dieser Anlagenkonfigura-
Schüttung in diesen Adsorbern aus zwei Schichten: tion werden Methanausbeuten von ca. 95 % erreicht.
einer unteren aus Zeolithen zur Adsorption von Was- Durch die Einführung weiterer Gleichstrom-
serdampf und einer oberen, wesentlichen längeren und/oder Gegendstrom-Spülzyklen mit Roh-
aus Kohlenstoffmolekularsieben zur Adsorption von und/oder Produktgas sowie Teilrückführung des
Kohlendioxid. Das Produktgas verlässt kontinuier- Abgases vor den Verdichter lässt sich die Methanaus-
lich den Adsorber mit nahezu gleich bleibendem beute weiter steigern. Dafür werden dann aber
Volumenstrom und fast konstanter Zusammenset- 6-Adsorber-Anlagen benötigt (bei zusätzlichen Spül-
zung. Je nach Prozessführung lassen sich bei Abwe- zyklen), d. h., die Investitionskosten steigen entspre-
senheit von Falschluft Reinheiten über 98 Vol.-% chend, bzw. die Ausbeutesteigerung geht zu Lasten
Methan im Produktgas erreichen. der Produktgasqualität bei einer Abgasrückführung,
Bevor das Molekularsieb völlig mit den zu adsor- d. h., die Methankonzentration im Produktgas sinkt.
bierenden Komponenten gesättigt ist, wird der ver-
dichtete Rohgasstrom vom verbrauchten auf einen Bewertung
frisch regenerierten Adsorber umgeschaltet. Der Pro- Das Verfahren der Druckwechseladsorption ist Stand
duktgasanfall ist dabei unterbrechungsfrei. Der der Technik. Insbesondere bei Verfahren zur Methan-
gerade verbrauchte Adsorber wird im Gegenstrom anreicherung von Biogas kann man auf einige ganze
auf einen mittleren Druck zwischen Adsorptions- Reihe von Projekten insbesondere in Schweden zu-
druck und Umgebungsdruck entspannt. In dieser rückgreifen. Es handelt sich hier um ein relativ einfa-
Phase enthält das Abgas, das am Adsorberboden ches Verfahren. Der Betrieb ist unproblematisch, der
anfällt, große Mengen an Methan. Zur Ausbeutestei- Wartungsaufwand gering. Die Standzeiten der Adsor-
gerung wird dieses Gas in einen gerade evakuierten bentien sind bei sachgemäßem Gebrauch nahezu un-
Adsorber geleitet, der damit gleichzeitig etwas Druck begrenzt.
aufbaut. Nach diesem ersten Entspannungsschritt Der Energiebedarf ist im Vergleich zu anderen Ver-
wird der Adsorber weiter im Gegenstrom entspannt fahren eher gering. Von Vorteil ist auch, dass dieses
bis auf Umgebungsdruck. Das entweichende Gas ent- Verfahren für kleine Kapazitäten prädestiniert ist. Die
hält nun hauptsächlich Kohlenstoffdioxid und zuneh- Methanausbeute ist zwar geringer gegenüber kryoge-
mend Wasserdampf. Es wird in die Umgebung abge- nen und absorptiven Verfahren, aber immer noch
geben. höher als bei Membrantrennanlagen.
Um eine möglichst große Kapazität der Adsorben-
tien zu bekommen und um auch den Wasserdampf 2.2.2.2 Absorptive Verfahren
vollständig von den Zeolithen zu entfernen, wird in
einem dritten Schritt der Adsorber mit einer Vakuum- Unter Absorption sind Trennverfahren zu verstehen,
pumpe weiterhin im Gegenstrom evakuiert. Übliche bei dem ein Gas mit einer Flüssigkeit in Kontakt ge-
Evakuierungsenddrücke liegen um 100 mbar absolut. bracht wird und eine oder mehrere Komponenten des
Das Abgas wird wie vorher in die Umgebung abge- Gases von der Gasphase in die Flüssigkeit übertreten
führt. (absorbiert werden). Dabei unterscheidet man zwei
Nachdem der Adsorber so regeneriert wurde, verschiedene Varianten: Physisorption und Che-
kann er wieder zur Gasproduktion vorbereitet wer- misorption.
den. Zuerst wird das methanhaltige Abgas aus dem Bei der Physisorption (physikalischen Absorption)
ersten Entspannungsschritt eines anderen, gerade werden die absorbierten Gasteilchen mit van der
erschöpften Adsorbers aufgefangen und damit ein Waals'schen Kräften an das Waschmittel gebunden.
erster Druckaufbau durchgeführt. Anschließend wird Grundsätzlich werden alle Gaskomponenten in jegli-
parallel zur Gasproduktion eines anderen Adsorbers cher Flüssigkeit absorbiert, lediglich die Bindungs-
mit verdichtetem Rohgas ein vollständiger Druckauf- stärke der Gaskomponenten in der Flüssigkeit unter-
bau bis auf Verdichter-Enddruck durchgeführt. Damit scheiden sich. Je höher die Bindungskräfte für eine
ist der Adsorber fertig einsetzbar für den nächsten einzelne Gaskomponente ausfallen, desto größer ist
Produktionszyklus. die Löslichkeit dieser Komponente in der Waschflüs-
Je nach Dauer der Adsorptions-, Entspannungs-, sigkeit, d. h. desto größer ist die Konzentration (und
Evakuierungs- und Druckaufbauzyklen können Anla- damit die aus dem Gas entfernte Menge) dieser Kom-
gen mit 3 oder 4 Adsorbern parallel ausgeführt wer-
36
Biogasbereitstellung, -aufbereitung, -einspeisung und -transport
ponente in der Waschflüssigkeit bei gleichen Partial- - Chemische und thermische Stabilität zur Vermei-
drücken aller Komponenten. dung von Korrosion
Bei der Chemisorption wird die physikalische - Günstiges Umweltverhalten
Absorption aller im Gas vorhandenen Komponenten - Gute Verfügbarkeit und ein niedriger Preis.
überlagert von einer nachfolgenden, chemischen Absorptive Verfahren werden, bedingt durch die ho-
Reaktion zwischen Bestandteilen des Waschmittels hen investiven Kosten, „vorrangig dann eingesetzt,
und einzelnen Gaskomponenten. Diese chemischen wenn eine partielle Kondensation des Rohgases bzw.
Bindungskräfte sind stärker als die van der der abzutrennenden Komponente ökonomisch und
Waals'schen, so dass durch Chemisorption eine viel technisch nicht vertretbar ist oder Adsorption auf-
größere Beladung der Waschflüssigkeit erreicht wer- grund zu großer Rohgasmengen unter gegebenen Zu-
den kann. Während Kohlenstoffdioxid in Wasser im standsbedingungen aufgrund eines apparativen Auf-
wesentlichen physikalisch absorbiert wird, unterliegt wandes nicht vertretbar ist“ /63/. In Tabelle 2-7 ist
es bei Methanol oder Monoethanolamin (MEA) einer eine Übersicht über die wichtigsten physikalischen
nachfolgenden Reaktion. Bei gleichen Partialdrücken und chemischen Waschverfahren zusammengestellt.
in der Gasphase sind die Beladungen in den Che- Üblicherweise erfolgt eine Abtrennung von sauren
misorptionsmitteln um ein vielfaches größer als bei Komponenten in Gasen – Kohlendioxid und Schwe-
Wasser. Da auch nur einzelne Komponenten mit dem felwasserstoff –, sowie Wasserdampf mittels Absorp-
Waschmittel reagieren, lässt sich dadurch eine viel tionsverfahren nur im großtechnischen Maßstab. Die
größere Selektivität erzielen (absorbierte Menge an Abtrennung von Wasserdampf erfolgt oft mit Glykol-
erwünschter Gaskomponente im Verhältnis zur absor- wäschern, die Abtrennung von Kohlendioxid und
bierten Menge an unerwünschter Gaskomponente). Schwefelwasserstoff häufig mit Aminwäschern. Hier-
Zur Wiedergewinnung der Waschmittel wird der bei wird insbesondere bei der Aufbereitung von Erd-
Absorptionsstufe überlicherweise eine Desorptions- gas auf Absorptionsverfahren zurückgegriffen.
oder auch Regenerationsstufe nachgeschaltet. Die Um bei wechselnden Beladungen günstige
Regenerierung bei der physikalischen Wäsche erfolgt Absorptionsverhältnisse einzustellen, werden zum
in der Regel durch Strippen – das Austreiben von Teil auch chemische und physikalische Absorption
flüchtigen Bestandteilen in die Gasphase durch Aus- kombiniert eingesetzt. Als Waschlaugen finden für
blasen mit einem Inertgas. Der Vorteil der chemischen die CO2-Abscheidung oft z. B. Monoethanolamin
Waschmittel, nämlich die höhere Kapazität und Selek- (MEA) – in Niederdruckverfahren und wenn nur CO2
tivität, wandelt sich im Hinblick auf ihre Regenerier- ausgewaschen werden soll – oder Diethanolamin
barkeit eindeutig in einen großen Nachteil. Chemi- (DEA) – in Hochdruckverfahren ohne Regeneration –
sche Sorptionsmittel lassen sich nur in wenigen Fällen Verwendung. Für die Abtrennung von CO2 und H2S
regenerieren, so dass eine Entsorgung des Waschmit- dienen Methyldiethanolamin (MDEA) oder auch
tels nach einmaligem Gebrauch erfolgen muss. Ist Triethanolamin (TEA), wobei MDEA eine höhere Affi-
eine Regeneration doch möglich, so ist ein hoher ther- nität zu H2S gegenüber CO2 aufweist. Die genannten
mischer Energieaufwand notwendig, da die Regene- Verfahren werden von den großen Gasversorgungs-
ration meistens durch Auskochen realisiert wird. und Chemieunternehmen angewendet und können
Die Wahl des Lösungsmittels hat entscheidenden als „Stand der Technik“ eingestuft werden. Die kom-
Einfluss auf den notwendigen Aufwand bei der Rege- plexen Anlagen werden vollautomatisch betrieben.
neration und damit auf die Wirtschaftlichkeit des Ver- Probleme im Betrieb ergeben sich durch die korrosi-
fahrens. Wichtigste Auswahlkriterien für das opti- ven Laugen, die Bildung von unlöslichen Salzen und
male Lösungsmittel sind unter anderem von Fritz die Schaumbildung.
/20/ zusammengestellt worden: Für die in dieser Arbeit betrachtete Aufgabenstel-
- Ausreichend hohe Löslichkeit und hohe Selektivität lung können konventionelle absorptive Verfahren nur
des Lösungsmittels für die zu absorbierende Gas- für die Störgrößen Kohlendioxid und eventuell vor-
komponente handene Schwefelverbindungen in Frage kommen,
- Niedriger Dampfdruck des Lösungsmittels bei keinesfalls jedoch die gesamte notwendige Gasaufbe-
Absorptionstemperatur, um Lösungsmittelverluste reitung übernehmen.
und damit eine zusätzliche Abgasverunreinigung
zu vermeiden Bewertung
- Niedrige Viskosität Als Vorteil ist zu nennen, dass hohe Absorptionsraten
- Einfache Regenerierbarkeit bei den üblichen Verunreinigungen Kohlendioxid,
37
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Tabelle 2-7: Mögliche Absorptionsverfahren zur Entfernung von Kohlendioxid und Schwefelverbindungen
Absorbens
physikalisch chemisch
Verfahren Absorptiv Reaktionsprodukt
wirkend wirkend
1. Weiß (1993, S. 407) hat zur Optimierung und Auslegung von Wäscheverfahren Auswahlregeln aufgestellt, auf die hier verwiesen werden
soll.
38
Biogasbereitstellung, -aufbereitung, -einspeisung und -transport
Tabelle 2-8: Übersicht zu den Löslichkeiten unterschiedlicher Biogaskomponenten in Wasser bei unterschiedlichen
Temperaturen; Quelle: /54/
0 °C 25 °C
Abb. 2-6: Beispiel für ein Layout der Druckwasserwäsche von Biogas /54/
39
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
In der Absorptionskolonne lösen sich die basi- kolonne, wird das Waschwasser von oben nach unten
schen und sauren Bestandteile im Wasser. Eventuell über die Packung geleitet. Am Boden der Kolonne
im Rohgas enthaltene Stäube und Mikroorganismen wird bei atmosphärischen Bedingungen Umgebungs-
werden größtenteils ebenfalls vom Waschwasser auf- luft eingeblasen. Bei diesem Strippvorgang belädt sich
genommen. Anhand der Tabelle 2-8 ist ersichtlich, die Luft mit dem CO2 und dem H2S, die am Kopf mit
dass bei niedrigeren Temperaturen größere Mengen einem CO2-Gehalt von ca. 30 Vol.% und einer
absorbiert werden können; die gleiche Wirkung hat H2S-Konzentration von etwa 0,1 Vol.% austritt. Dieses
auch ein erhöhter Druck. Durch die Abkühlung des Abgas wird zur Schwefelwasserstoffentfernung über
Waschwassers von 25 auf 5 °C kann die Kapazität der einen Biofilter geleitet und dann in die Atmosphäre
Anlage in etwa verdoppelt werden. Das gereinigte abgegeben. Bei Bedarf ist die Desorption in der Weise
Gas verlässt die Kolonne mit einem Methangehalt von ausführbar, dass CO2 für eine Weiterverarbeitung in
bis zu 96 Vol.%, mit einer geringen CO2-Restkonzen- technischer Reinheit gewonnen wird. Eine Nutzung
tration von 1 bis 2 Vol.%. Es ist mit Wasserdampf bei des Biofilterabgases zur CO2-Düngung von Gewächs-
der Betriebstemperatur der Kolonne gesättigt, so dass häusern ist eine weitere Nutzungsvariante.
es anschließend getrocknet werden muss. Dazu bietet
sich eine Kombination aus Druckwechsel- und Tem- Bewertung
peraturwechseladsorption mit Molekularsieben an. Vorteile der Druckwasserwäsche liegen in der großen
Die Einhaltung der vom DVGW-Regelwerk G 260 Flexibilität, um sich vorherrschenden Bedingungen
geforderten maximal 5 mg/m3 H2S ist bis zu einer anzupassen: der Biogasdurchsatz ist über die Dreh-
Rohgaskonzentration von 5.000 ppm mit einer Druck- zahlregelung an den Kompressoren zwischen 40 und
wasserwäsche zu gewährleisten. Bei Rohgaskonzen- 100 % der ausgelegten Kapazität einstellbar, der
trationen bis zu 10.000 ppm muss hinter der Trock- Druck und die Temperatur können je nach CO2-Ge-
nung eine weitere Entschwefelung mit einer halt im Rohgas geändert werden, und die Menge des
Aktivkohleschüttung erfolgen. Alternativ kann eine zirkulierenden Waschwassers ist auch in gewissen
biologische Entschwefelung vorgeschaltet werden Grenzen variabel. Neben diesen Vorteilen der Anla-
/53/. Die dabei in das Biogas gelangenden Anteile gensteuerung sind auch der kontinuierliche und voll-
von Sauerstoff und Stickstoff lösen sich nicht im automatische Betrieb, die leichte Wartung, die Mög-
Waschwasser, sondern verbleiben im gereinigten Gas lichkeit der Aufbereitung eines 100 %-feuchten Gases
und können dort Anteile von bis zu 5 Vol.% (zusam- (möglich durch nachfolgende Trocknung), die praxis-
men) annehmen. Diese müssen u. U. separat über erprobte Zuverlässigkeit, die Ko-Absorption von H2S
Aktivkohlen oder Membranverfahren abgetrennt und NH3, das Absorbens Wasser (uneingeschränkt
werden. verfügbar, ungefährlich, kostengünstig) sowie die ge-
Die größten Reinheiten lassen sich erzielen, wenn ringen Kapital- und Betriebskosten zu nennen. Als
als Waschwasser stets frisches Wasser verwendet Nachteil kann der hohe Energiebedarf für die Umwäl-
wird. Steht billiges Wasser zur Verfügung (z. B. zung der üblicherweise großen Waschwassermenge
Ablaufwasser aus einer Kläranlage), dann ist diese angeführt werden.
Variante, das Wasser nur für einen Kolonnendurch-
lauf zu nutzen, die energetisch günstigste und auch 2.2.2.4 Selexolverfahren
preiswerteste Alternative.
Steht nur wertvolles Trinkwasser zur Verfügung, Die physikalische Absorption mit Selexol1 als Lö-
muss dieses in einem mehrstufigen Verfahren regene- sungsmittel (ursprünglich entwickelt von „Allied
riert werden. Zunächst wird das beladenen Wasch- Chemical Corp.“; Lizenz heute liegt bei der „Union
wasser einem Flash-Behälter zugeführt, wo es auf Carbide“, USA) wird vorrangig eingesetzt, wenn im
einen mittleren Druck entspannt wird. Hier entweicht zu reinigenden Gasstrom hohe Konzentrationen an
überwiegend das in geringen Mengen im Wasser mit Schwefelwasserstoff und Kohlenstoffdioxid vorliegen
gelöste Methan, das dem Rohgasstrom zur Ausbeute- oder auch nur hohe CO2-Gehalte. Sie findet besonders
steigerung vor der zweiten Verdichterstufe wieder bei der Erdgasaufbereitung Anwendung, wird aber
zugemischt wird. (Dadurch sinken die Methanverluste auch zur Klärgasreinigung in den USA genutzt. Unter
auf ca. 2 %.) In einem zweiten Rieselbettreaktor, der den physikalischen Lösungsmitteln zählt Selexol, das
prinzipiell genauso aufgebaut ist wie die Absorptions- wie Wasser nicht giftig und nicht korrosiv ist, mit zu
40
Biogasbereitstellung, -aufbereitung, -einspeisung und -transport
den am besten geeigneten, um CO2 und H2S zu ent- behandlung des Abgases ist in dieser Variante erfor-
fernen. derlich (Rückkondensation des Waschmittels, Auffan-
Das Verfahren verläuft ähnlich der Druckwasser- gen der Schwefelkomponenten)
wäsche mit einer Absorptionsstufe bei erhöhtem
Druck (hier 20 bis 30 bar) und einer Regenationsstufe. Bewertung
Bei der Absorption wird die unterschiedliche Löslich- Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das
keit der sauren Bestandteile im Vergleich zu den Koh- Selexol-Verfahren zur Kohlenstoffdioxid-Abtrennung
lenwasserstoffen ausgenutzt. Die Temperatur liegt bei aus trockenen, schwefelfreien Gasen eine energetisch
40 °C, bei gekühlten Prozessen auch um 0 °C, da mit günstigere Alternative zur Druckwasserwäsche dar-
sinkender Temperatur die Löslichkeit der sauren stellt. In Schweden ist z. B. eine Anlage für ein Roh-
Bestandteile steigt. Temperaturen unter 0 °C sollten gasmenge von 250 m3/h in Betrieb /52/. Für die hier
jedoch vermieden werden, da die Viskosität dann betrachteten feuchten und schwefelhaltigen Rohgase
stark ansteigt und erheblich mehr Energie zum wird der Vorteil der wesentlich geringeren Waschmit-
Umwälzen erforderlich wird. Ein wesentlicher Vorteil telmenge für kleine Gasmengen mehr als aufgezehrt
des Selexol-Verfahrens gegenüber der Druckwasser- durch den Mehraufwand bei der Regeneration durch
wäsche liegt in der deutlich größeren Löslichkeit von Auskochen. Alternativ müsste das Rohgas vor Eintritt
CO2 in Selexol. Dadurch wird erheblich weniger in den Wäscher getrocknet und entschwefelt werden,
Waschflüssigkeit benötigt, um dieselbe Menge CO2 oder das Selexol wird in der Regenerationsstufe nur
aus einem abzuscheiden. Deshalb ist der Energieauf- gestrippt und ist dann nach kurzer Zeit mit H2S gesät-
wand zur Flüssigkeitsumwälzung um ein vielfaches tigt. Eine separate Entschwefelung müsste dann hin-
geringer. ter dem Wäscher erfolgen. Eine wirtschaftliche An-
Wird nur CO2 aus einem trockenen, schwefelfreien wendung des Selexol-Verfahrens zur kombinierten
Gas entfernt, ist die Regeneration genauso einfach wie Abtrennung sauer Komponenten (CO2 und H2S) und
bei der Druckwasserwäsche. Die Waschlösung wird in Trocknung ist nur für sehr große Gasdurchsätze reali-
einen Flash-Behälter entspannt, das austretende, sierbar.
methanreiche Gas1 wird zur Ausbeutesteigerung vor
den Verdichter zurückgeführt. Anschließend wird das 2.2.2.5 Membrantrennverfahren
Selexol mit Luft bei moderatem Unterdruck (atmo-
sphärisch bis 800 mbar Unterdruck) gestrippt. Das Die Membrantechnik und insbesondere die Verfahren
dabei abgegebene Kohlenstoffdioxid kann ohne wei- der Gaspermeation sind ein relativ neues Verfahren
tere Behandlung in die Umgebung entlassen werden. der Gasaufbereitung und -konditionierung. Es wer-
Neben CO2 lösen sich auch H2S und COS in Sele- den zwar heute bei der Erdgaskonditionierung bereits
xol. Zusätzlich werden organische Schwefelkompo- vereinzelt Membrantrennverfahren eingesetzt, die
nenten, NH3, HCN und auch Wasser gelöst. H2S und Trennleistungen reichen zur Zeit aber noch nicht aus,
COS lösen sich sogar deutlich besser in Selexol (9 bzw. um die geforderten Produktreinheiten allein mit
2x besser löslich) als CO2. Dieser vermeintliche Vorteil Membranverfahren zu erreichen. Für hohe Reinheiten
erweist sich jedoch aus wirtschaftlicher Sicht als dra- müssen nach wie vor Hybridverfahren konzipiert
stischer Nachteil, da die Regeneration der Waschflüs- werden. Bei der Biogasaufbereitung sind Membran-
sigkeit mit Strippen bei leichtem Unterdruck nicht trennanlagen derzeit nur vereinzelt als Pilotanlagen in
mehr ausreichende Reinheit des Waschmittels Schweden oder der Schweiz anzutreffen beziehungs-
erreicht. Um das Selexol für die Absorption von COS weise gab es solche vor einigen Jahren in Deutschland
und H2S zu regenerieren, muss es ausgekocht wer- und den Niederlanden (siehe Kapitel 4.3.2.6).
den. Dies erfordert einen extrem hohen Energieein- Die entscheidende Triebkraft bei Membrantrenn-
satz in Form von Mitteldruckdampf, da Selexol einen prozessen ist bei Porenmembranen ein Druckgefälle
hohen Siedepunkt zwischen 200 und 350 °C besitzt. und bei Lösungs-Diffusionsmembranen (LMD bzw.
Hier ist die Löslichkeit von Wasser in Selexol von Vor- auch „dichte“ Membranen) eine unterschiedliche Lös-
teil, da zum einen das Produktgas teilweise getrock- lichkeit und Diffusionsgeschwindigkeit von Gasen
net wird und zum anderen der Siedepunkt der über der Membran, also zwischen Feedgas und Per-
Waschflüssigkeit sinkt und damit der Energiebedarf meat /44/. Dabei können beide Vorgänge – Diffusion
zum Auskochen in der Heißregeneration. Eine Nach- und konvektiver Transport der Gasmoleküle – gleich-
41
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
zeitig stattfinden. Entscheidend ist letztlich, wie ein bestehen in der Regel aus asymmetrisch aufgebauten
Potenzialunterschied erreicht werden kann. Die Leis- Fasern, die je nach Anwendungsfall von innen oder
tungsfähigkeit einer Membran wird im wesentlichen von außen mit dem Rohgas beaufschlagt werden. Mit
durch ihre Permeabilität P – das Produkt der Löslich- dieser Modulbauweise lassen sich besonders hohe
keits- und Diffusionskoeffizienten – und ihre Trenn- Packungsdichten erreichen und sie erlauben eine
charakteristika – das Verhältnis der Permeabilitäten kostengünstige Herstellung und Konfektionierung.
von Gasen zueinander – charakterisiert, die in der Da die feinen Kapillaröffnungen leicht verstopfen,
Regel nur experimentell bestimmt werden kann. können diese Typen aber nur von reinen Fluiden
Wesentliches Kriterium für die Permeation der durchströmt werden /3/. Flachmembranmodule
jeweiligen Gaskomponente durch die Membran ist die bestehen aus Membranblättern, die in Taschenform
Diffusion und das Lösungsvermögen der Gasmole- oder in Bahnen verklebt oder verschweißt oder zwi-
küle selbst. Da die Permeabilität von Kohlendioxid ca. schen Dichtungen eingespannt werden. Derartige
20-mal und die von Schwefelwasserstoff ca. 60-mal Membranen sind durch Spacermaterialien so vonein-
höher ist als die von Methan, wandern diese zwei ander getrennt, dass der Feed- bzw. Permeatstrom
Komponenten deutlich schneller durch die Membran ungehindert die Membranfläche überströmen kann.
als Methan /52/. Wie in Abbildung 2-7 qualitativ zu Wickelmodule bestehen aus verklebten Membranbah-
erkennen ist, können so mit dem Einsatz von Mem- nen, die um ein zentrales Permeatsammelrohr gewi-
brantrenntechnik CO2, H2S und andere wesentlich ckelt werden. Nachteilig an dieser Bauform sind die
schneller permeierende Gaskomponenten wie z. B. langen Permeatwege, die zu erheblichen Druckver-
H2O vom Methan abgetrennt werden. lusten, besonders auf der Permeatseite, führen. Vor-
Für den Anwendungsfall der Gaspermeation hat züge dieses Typs sind aber die kostengünstige Ferti-
sich im wesentlichen die Lösungs-Diffusionsmem- gung und relativ hohe Packungsdichten /3/.
bran durchgesetzt, dessen Trenneffekt auf unter- Die Auswahl des geeigneten Modultyps richtet
schiedlichen Sorptions- und Diffusionseigenschaften sich nach dem Anwendungsfall, der durch das Trenn-
der verschiedenen Moleküle im Membranpolymer verfahren, die Volumenströme, die Betriebsdrücke
beruht. und die Produktreinheiten bestimmt wird. Sind große
Um den polymerspezifischen Transportwider- Membranflächen erforderlich, bieten sich aus Kosten-
stand zu verringern und technisch interessante Flus- gründen Hohlfaser- oder Wickelmodule an. Platten-
sleistungen zu erzielen, müssen dünne und gleichzei- und Kissenmodule haben kurze Permeatwege und
tig stabile Filme hergestellt werden. Verwertbare eignen sich daher für einen Vakuumbetrieb. Sie sind
Membranen haben Dicken im Bereich von 0,2 bis hinsichtlich der Bauform sehr flexibel, da die Mem-
10 µm. Diese dünnen Schichten können nur durch branfläche und die Strömungsführung dem Trennpro-
einen geeigneten Membranaufbau realisiert werden. blem leicht angepasst werden können.
Durch einen Komposit- oder Integral-asymmetrischen Membrantrennanlagen können in verschiedenarti-
Membranaufbau erhalten die dünnen Trennschichten gen Konfigurationen konzipiert werden. Unterschied-
einen stabilen Träger, der auch einen Einsatz unter liche Modulverschaltungen und die Auswahl ver-
hohen Drücken ermöglicht /3/. schiedener Betriebsparameter ermöglichen zahlreiche
Übliche Bauarten sind Schlauchmembranen – als Verfahrensauslegungen /3/. Einen entscheidenden
Rohr, Hohlfaser oder Kapillare konzipiert – oder Einfluss auf die Trennleistung haben insbesondere die
Flachmembranen, die als Platten-, Wickel- oder Kis- Modulbauform (Flach-, Hohlfaden-, Platten-, Wickel-
senmodule konzipiert werden. Die Schlauchtypen modul), die Modulverschaltungen (Reihen- und
42
Biogasbereitstellung, -aufbereitung, -einspeisung und -transport
Tabelle 2-9: Geeignete Membrantypen für die stetig ab. Die Reinheit des Permeatstroms hingegen ist
CH4-CO2-Gastrennung bei kleinen Membranflächen am größten und nimmt
mit wachsender Membranfläche ab, während der
Kurz- Hersteller und ggf.
Bezeichnung Volumenstrom zunimmt. Die Folge ist eine abneh-
bezeichnung Handelsname
mende Produktausbeute bei zunehmender Membran-
Polyether- PES Bayer (Ultrason E 3000), fläche aber auch eine zunehmende Produktreinheit. In
sulfon BASF, Monsanto (Prism)
praktischen Anwendungen ist demzufolge nach
Celluloseacetat C Grace
einem Kompromiss aus Produktausbeute und Rein-
Polyetherimid PEI General Electrics (Ultem) heit des Produktes zu suchen.
Hydrin C HC Zeon Voraussetzung für die Möglichkeit, Gasgemische
Pebax 1041, 1074, Atochem zu trennen, ist eine Differenz der Partialdrücke auf
4011 beiden Seiten der Membran. Sie kann sowohl durch
Polyacrylat BV 411 Röhm (Plextol BV 411) Druck auf der Feedseite als auch durch ein Vakuum
Polydimethyl- PDMS Wacker, GKSS auf der Permeatseite erzeugt werden. Hohe Druckver-
siloxan hältnisse bedeuten hohe Triebkräfte und begünstigen
Polyhydantoin PH Bayer das Verfahren. Dabei führen unterschiedliche Abso-
lutdrücke zum gleichen Druckverhältnis. Mit absolut
höheren Drücken werden größere Abreicherungen
Parallelschaltungen mit Rückführungen), der Wert- erzielt. Mögliche Membranmodulkonfigurationen
stoffstrom (Permeat, Retentat) und die Druck- zeigt Abbildung 2-8.
verhältnisse (Hochdruck, Vakuum). Maßgeblich beeinflussend für die Wahl eines
Um die Trennleistung zu verbessern, können Vakuum- oder Hochdruckbetriebes sind hierbei auch
Modulschaltungen mit Rückführungen eingesetzt die Konzentrationen der bevorzugt permeierenden
werden. Rückführungen erfordern jedoch jeweils Komponenten im Rohgas. Bei Konzentrationen der
zusätzliche Kompressoren oder Vakuumpumpen. Die abzutrennenden Komponenten größer 20 bis 50 %
Rückführung eines Stoffstromes vergrößert außerdem erscheint eine Hochdruckpermeation günstiger, wäh-
den Gesamtvolumenstrom der Anlage, die dann grö- rend z. B. im Falle eines gering belasteten Rohgases
ßer dimensioniert werden muss. Der Investitionsauf- ein Vakuumbetrieb vorzuziehen wäre /42/. Der
wand und der Energiebedarf einer Anlage mit Rück- Grund hierfür liegt notwendigerweise in den zu ver-
führung liegen damit deutlich über denen einer dichtenden Rohgasströmen. Ein Vakuumbetrieb führt
einfachen Trennstufe. aber zu geringeren Retentatreinheiten. Das Prinzip
Verwiesen sei hier auf Bhide und Stern /3/, die die der Permeation veranschaulicht Abbildung 2-9.
Wirtschaftlichkeit unterschiedlicher Verschaltungs- Nach Bellingen /3/ führen hochselektive PEI-,
konzepte zur CO2-Abtrennung aus Erdgasgemischen PES-, und C1-Membranen in niedrigen Druckberei-
mit Celluloseacetat-Membranen untersuchten. Dabei chen bis 10 bar auf der Feedseite und bei Einsatz eines
wurde festgestellt, dass zwei- bis dreistufige Kaska- einstufigen Membranmoduls zu den höchsten Aus-
denschaltungen die wirtschaftlichste Lösung darstel- beuten.
len. Eine einfache, einstufige Modulkonfiguration Des weiteren steigt die Methanausbeute mit dem
wurde aber ebenfalls gut beurteilt, da die Betriebs- Druckverhältnis wesentlich. Bei einem Ψ = 30 ist das
und Investitionskosten vergleichsweise gering sind. Optimum aus hoher Trennleistung und niedrigen
Es sollte hierbei aber nicht vergessen werden, dass Energiekosten erreicht.
Erdgas in der Regel bereits unter hohem Druck zur Membrantrennverfahren eignen sich bedingt zur
Verfügung steht und damit eine teure und aufwän- CO2- und H2S-Abtrennung von Methan bzw. Biogas.
dige Verdichtung entfallen kann. Der wesentlichste Aspekt hinsichtlich Investitions-
Da CO2 und Schwefelwasserstoff sowie Wasser und Betriebskosten ist der notwendige Aufwand zur
wesentlich schneller als Methan durch Membranen Verdichtung des Rohgases.
permeieren, fällt der Produktstrom (Methan) hoch- Hohe Produktreinheiten und Ausbeuten können
druckseitig als Retentat an. mit den Selektivitäten der heute verfügbaren Mem-
Demzufolge nimmt die Reinheit des Retentat- branen nur durch Kaskadenschaltungen mit Rückfüh-
stroms mit wachsender Membranfläche stetig zu, da rungen erreicht werden. Bei mehrstufigen Anlagen-
die schneller permeierende Komponente durch die konfigurationen ist aber durch die erforderliche
Membran abgezogen wird. Der Volumenstrom nimmt Rekompression des Retentatstroms der Energiebedarf
43
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
sehr hoch. Einstufige Anlagen könnten zwar auch ein Schwefelwasserstoffanteil von 2 % im Rohgas auf
zufrieden stellendes Trennergebnis liefern, jedoch unter 250 ppm im Reingas (CH4-Gehalt > 96 %) redu-
muss man in Kauf nehmen, dass die Methanausbeute ziert werden /64/. Als Vorteil der Niedrigdruck-
relativ gering ist. Das Permeat, also die abgetrennten gegenüber der Hochdruckmethode können die gerin-
Störgrößen, müssen weiter – beispielsweise in Biofil- geren Kosten durch die Einsparung der
tern – nachbehandelt werden. Verdichterleistung (nur auf Permeatseite muss
Ein jüngst für die Biogasaufbereitung entwickeltes Vakuum erzeugt werden) genannt werden. Anderer-
nasses Verfahren bereitet Biogas mit Hilfe mikroporö- seits muss die Membranoberfläche jedoch aufgrund
ser, hydrophober Membranen auf. Aufgrund eines der geringeren Triebkraft erhöht werden, um gleiche
geringen Drucks (Atmosphärendruck bis Vakuum) Trenneffekte zu gewährleisten, was diesen Kostenan-
auf der Permeatseite, diffundieren CO2 und H2S teil wieder ansteigen lässt.
durch die Membran hindurch, um dann auf der ande-
ren Seite von einer Flüssigkeit (fließt im Gegenstrom Bewertung
zum Rohgas) absorbiert zu werden. Als Absorbens Als Nachteil ist für den Einsatz von Membranverfah-
werden Natronlauge (NaOH) für H2S und ren zu werten, dass es bisher nur wenige ausgeführte
Amin-Lösungen für CO2 genutzt. Mit diesem Verfah- Anlagen zur Erd- und Biogasaufarbeitung gibt und
ren kann bei Temperaturen von 25 bis 35 °C der damit nur wenig Betriebserfahrungen und Informa-
44
Biogasbereitstellung, -aufbereitung, -einspeisung und -transport
tionen verfügbar sind. Des Weiteren ist darauf hinzu- 2.2.2.7 Bewertung und Auswahl der geeigneten
weisen, dass die Standzeiten für Membranen in der Verfahren
Regel nur ca. 3 Jahre betragen (Rautenbach, 1997,
S. 347). Die folgende Übersicht (Tabelle 2-10) bietet eine Über-
Vorteilhaft ist der sehr einfache Aufbau, die einfa- sicht zu den in den vorangegangenen Kapiteln be-
che, nahezu wartungsfreie und unkomplizierte Hand- schriebenen Verfahren zur Methananreicherung im
habung des Verfahrens und die damit verbundene Biogas. Dabei werden die unterschiedlichen Metho-
hohe Betriebssicherheit. Dies ermöglicht auch eine den hinsichtlich ihrer Investions- und Betriebskosten
Reinigung kleiner Gasvolumenströme, ohne dass die bewertet und zudem wird auch eine Empfehlung ge-
spezifischen Kosten überproportional ansteigen. geben, ob das bewertete Verfahren einen hohen Me-
Membranverfahren könnten wirtschaftlich in thananteil (positiv) erreicht, ob es Wartungsarm (posi-
Kombination mit Wäschern oder Adsorptionsanla- tiv) ist und ob der notwendige Energieaufwand
gen zur Vorreinigung von Prozess-Strömen eingesetzt gering (positiv) ist.
werden. Das Produktgas verlässt die Membrananlage
hochdruckseitig und kann somit mit einer Druck- 2.2.3 Biogastrocknung und Biogasfeinreinigung
wechseladsorptionsanlage kombiniert werden.
Da Membrantrennverfahren derzeit noch nicht Eine Trocknung des Biogases ist zwingend notwen-
Stand der Technik sind und sie erst ab Volumenströ- dig, einerseits, um Korrosion (möglich durch Wirkung
men von 500 m3 Rohgas je Stunde wirtschaftlich der Gaskomponenten CO2, H2S und O2 in feuchter
arbeiten /12/ kommen sie für die in dieser Studie Umgebung) verhindern, andererseits, um anschlie-
betrachteten Modellfälle nicht weiter in Betracht. ßende Gasreinigungsprozesse in ihrer Wirkung nicht
negativ zu beeinflussen. Eine Vortrocknung wird zu-
2.2.2.6 Kryogene Verfahren nächst durch die Biogasverdichtung erreicht. Hierbei
entsteht Kondensat, so dass nach der Verdichtung die
Unter dem Begriff der kryogenen Gasaufbereitung Teilabscheidung von Wasser und kondensierbaren
werden zwei unterschiedliche Verfahren zusammenge- Kohlenwasserstoffen möglich ist.
fasst, die beide eine Trennung von Kohlenstoffdioxid Anforderungen an das einzuspeisende Gas wer-
und Methan bewirken. Zum einen gibt es die Rektifika- den durch die technische Regel G 260 der DVGW fest-
tion (Gasverflüssigung), bei der flüssiges CO2 entsteht, gelegt, wobei für Kohlenwasserstoffe der Kondensati-
und zum anderen die Tieftemperaturtrennung, die ein onspunkt1 und für Wasser der Taupunkt ent-
Ausfrieren von CO2 erreicht. Grundsätzlich verfolgen scheidend sind. Für beide Temperaturen wird die
beide Reinigungsmethoden den Zweck, das Biogas in Bodentemperatur beim jeweiligen Leitungsdruck als
seine Hauptbestandteile CO2 und CH4 zu zerlegen, um maximaler Richtwert angegeben /14/.
diese dann separat zu speichern. Als Trocknungsverfahren für Biogas sind die
Adsorption mit Hilfe von Kieselgel und Aktivkohlen,
Bewertung die Kondensationstrocknung und die Glykolwäsche
Da bisher noch kein kryogenes Trennverfahren prakti- als absorptives Verfahren geeignet.
sche oder kommerzielle Relevanz hat werden nur ei-
nige Charakteristika kurz zusammen gefasst: 2.2.3.1 Adsorptionstrocknung
- Kryogene Trennverfahren sind technisch sehr
anspruchsvolle Verfahren. Sie sind, besonders in Die Trocknung von biogenen Gasen mit Hilfe von Kie-
Bezug auf die Anwendung von Biogas, nicht pra- selgel zählt zu den adsorptiven Verfahren. Vorausset-
xiserprobt. zung für die Anwendung dieses Verfahrens ist eine
- Die Verfahren benötigen einen hohen Invest- und Vorreinigung des Gases (z. B. in Form von Filtern), da-
energetischen Aufwand. mit keine Verunreinigungen wie beispielsweise Öl in
- Als kommerziell verwertbares Produkt entsteht den Adsorber gelangen und dort gebunden werden.
neben Methan auch Kohlendioxid. Dies würde eine verminderte Aufnahmekapazität
- Die Produkte fallen in sehr hoher Reinheit an. hinsichtlich Wasser nach sich ziehen und ist zu ver-
meiden.
1. Kondensationspunkt bezeichnet die Temperatur, oberhalb der bei einem festgelegten Druck keine Kondensation von Kohlenwasser-
stoffen auftreten soll.
45
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
CH4-Anteil
Investitions- Betriebs- Wartungsaufwand/
Verfahren nach der Sonstiges
kosten kosten Energieaufwand
Abtrennung
In der Praxis ist die Nutzung von anorganischem rationstemperatur 120 bis 150 °C) durchströmt, das
SiO2 (Kieselgel, Silicagel)1 als hygroskopisch wirken- entweder von außen als extra Regenerationsgas/-luft2
des Adsorbens üblich, das in Form von Granulat oder zugeführt wird oder bei dem es sich um einen Teil-
Kugeln in der Regel in einem Festbett angebracht ist. strom des Feed- oder des Produktgases handelt, der
Das vorgereinigte Biogas durchströmt den Adsorber, im Kreislauf geführt wird. Aufgrund der erhöhten
die Bindung von Wasser an Silicagel wird durch den Temperaturen wird das bei der Adsorption aufgenom-
Gleichgewichtseffekt hervorgerufen. Vorrangig wird mene Wasser wieder desorbiert und mit dem Heißgas
dieses Verfahren bei kleinen bis mittleren Volumen- nach außen getragen. In Abhängigkeit von der Tempe-
strömen von 100 bis 100.000 m3/h angewandt. Als ratur und dem Wassergehalt des Regenerationsgases
Arbeitsbereiche werden zumeist Umgebungstempera- stellt sich ein Restwassergehalt des desorbierten
tur und Drücke zwischen 6 und 10 bar angegeben. Adsorbens ein, aus dem der erreichbare Taupunkt und
Der erreichbare Taupunkt liegt unterhalb von minus Trocknungsgrad des getrockneten Gases resultieren.
60 °C /32/. Als gesamte Zykluszeiten (Adsorption und Desorp-
Für den diskontinuierlichen Betrieb ist ein Fest- tion) werden mehrere Stunden bis Tage angegeben.
bettadsorber ausreichend, bei kontinuierlicher Fahr- Anwendung findet dieses Regenerationsverfahren vor
weise sind mindestens zwei Adsorber zu nutzen, die allem bei größeren Durchsätzen, da der erhöhte Ener-
wechselseitig beladen und regeneriert werden. Die gieaufwand bei kleineren Anlagen nicht zur Wirt-
Desorption gestaltet sich in der Praxis auf zwei unter- schaftlichkeit führt. Die zweite Methode (Heat-
schiedliche Arten. Bei der ersten Methode (wärmere- less-Dryer-Prinzip) regeneriert den beladenen
generiertes Verfahren) wird der beladene Adsorber im Adsorber durch Druckabsenkung/Evakuierung und
Gegenstrom mit luftfeuchtearmem Heißgas (Regene- Spülen mit einem entspannten Teilstrom (10 bis 25 %)
1. Andere Trocknungsmittel können auch Alugel und zeolithische Molekularsiebe sein, die zwar niedrigere Taupunkte (bis zu minus 90 °C)
ermöglichen, aber bei der Regeneration höhere Temperaturen und mehr Energie gegenüber Silicagel benötigen.
2. Die externe Luftzugabe hat den Nachteil, dass sich das getrocknete Biogas mit Luft vermischt, was für die weitere Biogasnutzung nicht
erwünscht ist.
46
Biogasbereitstellung, -aufbereitung, -einspeisung und -transport
des zuvor getrockneten Gases. Dieses Regenerations- Kondensat (besteht vorrangig aus Wasserdampf, aber
gas fließt auch hier wieder im Gegenstrom, aber in der auch aus anderen kondensierbaren Bestandteilen) bil-
Regel nicht im Kreislauf. Die gesamte Zykluszeit det, das durch Phasentrennung aus dem Gas ausge-
beläuft sich auf 2 bis 10 Minuten. Gegenüber dem wär- schieden wird. Je weiter die Temperatur herabgesetzt
meregenerierten hat dieses Verfahren folgende Vor- wird, desto mehr Kondensat lässt sich ausscheiden.
teile: einfaches Verfahrensschema, Erreichen niedrige- Im Bereich der Klär- und Biogase hat sich dieses Ver-
rer Taupunkte, weniger Energie sowie keine fahren bereits durchsetzen können. So werden bei
Wärmeisolation benötigt und längere Lebensdauer Klärgasen Trockner, die bis zu Taupunkttemperaturen
des Adsorbens erreicht, da keine Temperaturerhöhung von 5 °C arbeiten, genutzt /12/.
erfolgt. Das Heatless-Dryer-Prinzip arbeitet jedoch nur Bei Deponiegasen gestaltet sich das Verfahren wie
bei kleinen Durchflußmengen wirtschaftlich /32/. folgt. Durch Abkühlung (z. B. in Wärmeübertragern)
Generelle Vorteile der Trocknung von Biogas mit des Gasstroms auf ca. 2 °C kondensieren vorrangig
Kieselgel gegenüber der Kondensationstrocknung Anteile des im Gas vorhandenen Wasserdampfes,
und der Glykolwäsche sind: hohe Aufnahmekapazi- aber auch höhere Kohlenwasserstoffe, die im Konden-
täten (bis zu fast 40 %) für Wasser1 wie in satstrom abgeschieden werden. Da die Abkühlung zu
Abbildung 2-10 ersichtlich, Erreichen sehr tiefer Tau- Druckverlusten führt, sollte dieser Sachverhalt wäh-
punkte, Adsorbentien sind wiederverwendbar (durch rend der Auslegung des Verdichters berücksichtigt
Regeneration), verminderte Korrosionsgefahr in den werden. Nach dem Abkühlen wird der Gasstrom wie-
Apparaten, da keine zusätzlichen Flüssigkeiten für der auf 10 bis 15 °C erhitzt. Um größere Trocknungsef-
den Prozess benötigt werden, geringe Betriebskosten. fekte zu erreichen, ist auch eine Abkühlung auf minus
Praxisanwendung findet die Adsorptionstrocknung 18 °C möglich, hier besteht jedoch die Gefahr einer
bei der Erdgasaufbereitung und bei der Trocknung Vereisung. Um dies zu verhindern, wird dem Gas-
von technischen Gasen. strom Glykol zugesetzt, das später jedoch wieder ent-
fernt werden muss. Aus dieser zweiten Variante resul-
2.2.3.2 Kondensationstrocknung tieren höhere Kosten als bei der Abkühlung auf nur
2 °C /16/.
Die Kälte- bzw. Kondensationstrocknung beruht auf Mit der Kondensationstrocknung lassen sich in der
dem Prinzip, dass sich durch Abkühlung des Gas- Regel Taupunkte von 0,5 bis 1 °C erzielen, die durch
stroms auf eine Temperatur unterhalb des Taupunktes eine vorherige Gaskompression (vor der Abkühlung)
1. Spezielle Adsorbentien ermöglichen auch die Aufnahme von höheren Kohlenwasserstoffen und Öldämpfen.
47
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
weiter herabgesetzt werden können /52/. Für die also zur Entfernung von Siliziumorganika, höheren
Höhe der zu trocknenden Volumenströme gibt es Kohlenwasserstoffen und in aktivierter Form (durch
keine Einschränkungen. Das Verfahren kann als Stand Iodierung von Aktivkohle, siehe Kapitel 2.2.1.4,
der Technik eingestuft werden, in der Industrie zählt Seite 30) auch für Schwefelwasserstoff.
es in den meisten Fällen zu den wirtschaftlichsten. Siliziumorganika (Siloxane) sind in Ausnahmefäl-
len in Biogasen zu finden, wenn bei der Vergärung
2.2.3.3 Absorptionstrocknung Lebensmittelreste oder industrielle Abfälle als
Co-Substrate verwendet werden. Eine Entfernung
Eine weitere Möglichkeit zur Biogastrocknung sind von Siliziumorganika ist notwendig, da diese zu Schä-
absorptive Verfahren (Wäschen), die durch Zugabe ei- den in Brennkammern (z. B. in Motoren) führen kön-
ner Flüssigkeit (Absorbens) eine oder mehrere Kom- nen. Silizium-Grenzwerte in den DVGW-Richtlinien
ponenten aus der Gasphase abtrennen. Als Absorbens existieren jedoch nicht.
werden Glykol oder Triethylenglykol eingesetzt, die Die Adsorption zeichnet sich grundsätzlich durch
aufgrund ihrer hygroskopischen Eigenschaften so- einen einfachen technischen Betrieb aus. Die Siloxan-
wohl Wasserdampf als auch höhere Kohlenwasser- entfernung mit Aktivkohle wird üblicherweise in
stoffe aus dem Rohgasvolumenstrom auswaschen. Da einem Festbettadsorber durchgeführt. Aktivkohle ist
die absorbierten Komponenten mit der Waschflüssig- sehr adsorptiv durch die große Oberfläche der
keit keine chemischen Bindungen eingehen, handelt umfangreichen Porenstruktur besitzt aber nur eine
es sich bei diesem Vorgang um eine physikalische Ab- begrenzte Beladungskapazität für Siloxanbindung
sorption. Das zu trocknende Gas durchströmt die Ko- und ist nach dem Adsorptionsprozess nur sehr
lonne typischerweise von unten nach oben im Gegen- schwer regenerierbar. Dadurch entstehen sehr hohe
strom zum Absorbens. Regenerations- bzw. Entsorgungskosten. Weiterhin
Ist das Glykol bzw. das Triethylenglykol gesättigt, zeigt sich die Tatsache problematisch, dass nicht nur
wird es in einer zweiten Kolonne (Desorptionsko- Siloxane während der Adsorption gebunden werden,
lonne) durch Erhitzung auf 200 °C regeneriert /62/, sondern auch Wasserdampf und höherwertige Koh-
indem Wasser und andere Begleitstoffe aus der Flüs- lenwasserstoffe zugleich, die somit „freie Plätze“ in
sigkeit verdampfen. Das gereinigte Absorbens wird der Aktivkohle blockieren. Das verursacht eine wei-
anschließend wieder in den Kreislauf eingespeist und tere Senkung der Lebensdauer. Aus diesen Gründen
der Absorberkolonne zugeführt. ist das zu reinigende Rohgas zum einen vor der
Die Absorptionstrocknung ist aus ökonomischer Behandlung mit Aktivkohle zu trocknen um Wasser-
Sicht erst für höhere Gasvolumenströme über 500 m3/h dampf u. ä. zu entfernen, und zum anderen ist die
geeignet /21/, da sie einen hohen apparativen Auf- Adsorption nur als nachgeschaltete Gasfeinreinigung
wand und hohe Kosten verursacht. In der Praxis hat sie geeignet, um ausschließlich Siloxane zu entfernen.
sich vor allem bei der Erdgastrocknung etabliert. Für Biogas muss eine vorherige Prüfung auf evtl. Silo-
Bei der Anwendung der vorgestellten Trocknungs- xangehalt im Gas erfolgen, um dieses kostenintensive
methoden auf das in dieser Studie auftretende Biogas Reinigungsverfahren rechtfertigen zu können.
wird zunächst die Absorptionstrocknung ausge-
schlossen. Da ein wirtschaftliches Arbeiten mit die- 2.2.3.5 Bewertung und Auswahl
sem Verfahren erst bei höheren Volumenströmen
möglich ist, kommt es hier nicht in Betracht. Von den Für die in dieser Studie betrachteten Durchsätze von
beiden anderen Möglichkeiten wird die Adsorptions- bis zu 500 Nm3/h (Biogas aus Fermentation) bzw. bis
trocknung mit Kieselgel aufgrund der bereits ange- zu 7.000 Nm3/h (Synthesegas aus Biomasseverga-
sprochenen Gründe favorisiert. Die Kondensations- sung) sind die Verfahren der Gaskühlung bzw. ad-
trocknung scheint prinzipiell auch geeignet, hier muss sorptive Gastrocknungsverfahren als geeignet zu be-
jedoch geprüft werden, ob der erreichbare Taupunkt trachten. Die Auswahl des anzuwendenden
für die Biogaseinspeisung ausreichend ist. Gastrocknungsverfahrens bzw. einer entsprechenden
Kombination verschiedener Gastrocknungsverfahren
2.2.3.4 Verfahren zur Biogasfeinreinigung ist abhängig vom Biogasaufbereitungspfad – im We-
(Adsorptive Biogasreinigung mit Aktivkohle) sentlichen vom CO2-Abtrennverfahren (Druckwasser-
wäsche oder Druckwechseladsorption) und vom Bio-
Das Adsorptionsverfahren mit Aktivkohle eignet sich gasdurchsatz.
vorrangig zur Feinreinigung von biogenen Gasen;
48
Biogasbereitstellung, -aufbereitung, -einspeisung und -transport
Bei einer CO2-Abtrennung mittels Druckwasser- An den Übergangsstellen zur nachfolgenden Netz-
wäsche ist eine nachgeordnete adsorptive Gastrock- ebene (siehe Abschnitt 3.2.1) sind Gas-Druckregel-
nung ausreichend. Bei kleinen Volumenströmen ist und Messanlagen (GDRM) notwendig. An den Über-
eine kalt regenerierende adsorptive Gastrocknung mit gabestellen vom der überlagerten Druckstufe (siehe
Molekularsieben zu favorisieren. Bei großen Volu- Abschnitt 2.3.4) (HD, MD) zur unterlagerten Druck-
menströmen ab 500 Nm3/h kann sich unter Umstän- stufe (MD, ND) werden hauptsächlich Gas-Druckre-
den bereits ein warm regenerierendes Verfahren mit gelanlagen (GDR) verwendet (siehe Abschnitt Gas-
Rückführung des Spülgases vor die Druckwasserwä- druckmess- und Regelanlagen).
sche rentieren. Im Leitungsnetz vorhandene Bauteile sind Arma-
Bei einer CO2-Abtrennung mittels Druckwechsel- turen. Eine Art der Armaturen sind Absperrvorrich-
adsorption (PSA) ist unter Umständen eine Kombina- tungen. Verwendet werden Scheiber, Hähne und
tion aus Gaskühlung – nach Verdichter und vor Ein- Klappen. Die Hauptfunktion ist das Abtrennen des
tritt in die PSA – und einer Gasfeintrocknung nach nachfolgenden Leitungsnetzes von der Gasversor-
der PSA notwendig. Ob eine adsorptive Gasfeintrock- gung. Kondensatabscheider sind als eine weitere Art
nung nach der PSA notwendig ist, ist abhängig von Armatur im Erdgasnetz zur Sammlung und Abschei-
der Trennleistung der PSA, die neben CO2 prinzipiell dung von kondensiertem Wasser aus dem Gasnetz
auch Wasserdampf aus dem zu reinigenden Gasstrom notwendig.
mit entfernt. Im konkreten Fall ist zu prüfen, ob die Die Einspeisung des aufbereiteten und regelge-
PSA die örtlichen Forderungen nach einem entspre- rechten Gases erfolgt über Verdichter und/oder
chenden Taupunkt erfüllt oder eine adsorptive Druckregel- und Messanlagen.
Gastrocknung mit Molekularsieben nachgeschaltet Bei einer Einspeisung muss gewährleistet sein,
werden muss. dass das Gas mit einem höheren als dem entsprechen-
den Leitungsdruck an der Einspeisestelle vorliegt.
Nach dem Stand der Technik liegt das aufbereitete
2.3 Gastransport, Einspeisung und Biogas verfahrensbedingt schon mit höherem Druck
Speicherung vor, der – je nach Aufbereitungsverfahren – bei der
Einspeisung in örtliche oder Gasnetze in der Regel
Der Transport des Erdgases nach der Gewinnung er- ausreicht.
folgt in der Regel über HD-Ferngasleitungen mit Be- Zu den erforderlichen Einrichtungen für die Ein-
triebsdrücken von 67,5 bis 80 bar in älteren Leitungen speisung gehört eine Gasmeß- und Regelanlage. Für
mit Betriebsdrücken von 20 bis 40 bar. In Ausnahme- eine zeit- und wärmeäquivalente Übernahme muss
fällen werden die HD-Leitungen offshore verlegt ein Nachweis über die übernommenen Energiemen-
(z. B. Nordsee). Auf Grund des Druckabfalls von gen (Mengen und Brennwert), ggf. die Odorierung
0,1 bar/km sind nach 80 bis 130 km Verdichterstatio- und den Wobbe-Index geführt werden. Außerdem
nen notwendig. In Deutschland werden die müssen regelmäßig die Gasbegleitstoffe überprüft
HD-Haupttransportleitungen als überregionale Ver- werden. Die Anforderungen an Gasmischanlagen
bundnetze von Ferngas- und Transportgesellschaften werden im DVGW-Arbeitsblatt G 213 „Anlagen zur
betrieben. Die Einspeisung erfolgt an Übergabepunk- Herstellung von Brenngasgemischen“ beschrieben.
ten an Großkunden und an in die von GVU (Gasver- Falls das Biogas nicht als Austausch- sondern als
sorgungsunternehmen) betriebenen regionalen HD- Zusatzgas übernommen werden soll, muss ein
Netze. Die Ortsnetze sind vermaschte Versorgungs- Mischer vorgesehen werden. Anlagen zur Mischung
netze die von HD-Leitungen in MD-Leitungen und werden Heizwert- oder Wobbe-Index geregelt, wobei
letztendlich in ND-Leitungen übergehen (siehe Ab- Druck und Volumenstrom als Stellgrößen fungieren.
schnitt 3.2). Diese Netze werden oft von OVU betrie- Probleme entstehen in diesem Fall bei geringen Volu-
ben und beliefern den industriellen Endkunden (z. B. menströmen oder Diskontinuitäten, was eine Rege-
HD bei 4 bar) oder privaten Endkunden am Hausan- lung kompliziert gestaltet. Außerdem ist die Netz-
schluss (ND bis 0,25 mbar) mittels Anschlussleitun- größe zu beachten, die als „Dämpfungsglied“ wirkt.
gen mit Erdgas der vertraglich vereinbarten Qualität
und Menge. Gasdruckregelanlagen reduzieren den 2.3.1 Anschlussleitungen
Versorgungsgasdruck auf den erforderlichen Druck
der Gasverbrauchseinrichtung. Hausinnenleitungen Das Leitungsnetz ist ein Rohrnetz aus Stahl-, Kunst-
werden als ND-Leitungen betrieben. stoff- und noch teilweise vorhandenen Gussrohren.
49
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Die erforderlichen Kennzeichnungen DN gibt die Ferntransportleitungen stellt darüber hinaus die Aus-
Rohrnennweite und PN den Nenndruck an. Die Mate- kleidung mit Epoxydharz eine wirksame Korrosions-
rialien der Rohrleitungen sind Grauguss, Stahl oder schutzmaßnahme dar.
Kunststoff. Die Verbindung erfolgt bei älteren Leitun- Die Gasverluste in den Transport- und Vertei-
gen (Guss) mit Stemmmuffenverbindungen oder mit lungssystemen Deutschlands betrugen 1989 mehr als
Schraubmuffenverbindungen. Die Dichtung erfolgt 160.000 t. Sie sind zu einem erheblichen Teil auf ältere
durch einen Gummidichtring. Stahlrohre und Kunst- Muffenverbindungen in Verteilungsnetzen zurückzu-
stoffrohre werden geschweißt oder durch eine gum- führen und wurden bzw. werden durch kontinuierli-
migedichtete Muffe verbunden. Gegenüber Stahlroh- che Sanierung der Netze vermindert.
ren sind Kunststoffrohre weniger mechanisch
beanspruchbar und bei Freilandverlegung alterungs- 2.3.2 Gasverdichtung
beständig. Vorteile der Kunststoffrohrleitungen sind
die niedrigeren Kosten, die Korrosionsbeständigkeit Verdichterstationen sind erforderlich, um Reibungs-
und das isolierende Verhalten. druckverluste beim Ferntransport (Transportverdich-
Die Anschlussleitung gilt als Rohrnetzerweite- tung) zu überwinden bzw. um einen relativ hohen
rung. Somit sind die örtlichen Netzgegebenheiten Druck für unterirdische Gasspeicher (Speicherver-
(Material, Nennweite, Druckstufe) zu beachten. Die dichtung) zu erzeugen.
Anschlussleitung ist immer mindestens eine Stufe In Erdgasverteilungsnetzen werden im wesentli-
kleiner als die Leitung, in die eingespeist werden soll. chen drei Druckbereiche unterschieden: Hoch- (HD),
Da der spezifische Druckverlust eine geringere Mittel- (MD) und Niederdruck (ND). In den Haupt-
Bedeutung hat als in der reinen Gasfortleitung kön- transportleitungen, die von Vorlieferanten (Regional-
nen die Anschlussleitungen auf höhere Strömungsge- und Ferngasgesellschaften) betrieben werden, wird
schwindigkeiten ausgelegt werden (30–40 m/s bei das Erdgas unter Hochdruck zu den eigentlichen Gas-
PN > 16, 20 m/s bei PN 16, 5 m/s bei PN 0,1). versorgern befördert. Über die Mittel- und Nieder-
Bei dem Gastransport durch Rohrleitungen tritt druckleitungen der regionalen und örtlichen Gasver-
durch Druckverlust eine Abkühlung des Gases mit ca. sorgungsunternehmen gelangt das Gas dann bis zum
0,4 bis 0,6 K/bar (Joule-Thompson Effekt) auf. Damit Endverbraucher.
die Abkühlung des transportierten Gases nicht unter
den Taupunkt des im Gasenthaltenen Wasserdampfes 2.3.2.1 Verdichterstationen und Druckregelanlagen
erfolg, ist eine Vorwärmung des Gases notwendig.
Diese Vorwärmung wird vornehmlich in der vorge- In Transportleitungen sind hohe Fördermengen mit
schaltenen Mess- und Regelanlage vorgenommen. einem relativ geringen Druckverhältnisb zu verdich-
Zur Vermeidung der Außenkorrosion werden die ten. Turboverdichter mit Industriegasturbinen als An-
Rohre und Schweißnähte bei der Fertigung und nach trieb werden verwendet. In großen Anlagen wird zur
der Verlegung auf der Baustelle mit entsprechenden Verbesserung des Wirkungsgrades der Gasturbine ein
passiven Schutzschichten (bituminösen Materialien Dampfturbinenprozeß nachgeschaltet. Bei Gasspei-
mit Trägereinlagen aus Glasvlies o. a. mit Schicht- chern werden geringere Fördermengen mit einem re-
dicken von 4 bis 6,5 mm, zunehmend PE-Umhüllun- lativ hohen Verdichtungsverhältnis eingespeichert,
gen mit hohem elektrischen Isolationswiderstand und wozu Kolbenverdichter mit Gasmotorantrieb (über-
hoher Beständigkeit gegenüber aggressiven Medien) wiegend Zweitakt-Otto-Verfahren) einzusetzen sind.
versehen. Die Kombination der PE-Umhüllungen mit Ein Teil des zu verdichtenden Gases wird als An-
einem Faserzementverbund schützt vor Zerstörung triebsenergie verwendet. Zur Gewährleistung ausrei-
des Mantels und ermöglicht die Kosten sparende Ver- chender Zuverlässigkeit und Variabilität der Förder-
wendung des Grabenaushubs zur Wiederverfüllung. menge und des Druckverhältnisses werden neben
Zur Vermeidung bzw. Begrenzung der Streustromkor- Drehzahlverstellung, Bypass- und Drosselregelung
rosion werden zusätzlich zu diesem passiven Korrosi- mehrere Verdichter in Parallel- und/oder Reihen-
onsschutz aktive Schutzmaßnahmen durch Aufprä- schaltung installiert. Eine zusätzliche Reserveeinheit
gen eines Fremdstroms eingesetzt. mit der Leistung der größten installierten Betriebsein-
Die Einhaltung einer Gasmindesttemperatur ver- heit wird empfohlen. Sie sichert eine Mindestförder-
meidet das Unterschreiten der Wasserdampf-Tau- menge für den Fall der planmäßigen oder außerplan-
punkttemperatur und somit eine Innenkorrosion. In mäßigen Außerbetriebsetzung eines Verdichters.
50
Biogasbereitstellung, -aufbereitung, -einspeisung und -transport
Zum sicheren und wirtschaftlichen Betrieb von wiegend bei Anlagendrücken zwischen 0,1 und 1 bar
Verdichterstationen sind neben einer Notstromversor- Überdruck durchgeführt.
gung noch folgende Komponenten erforderlich: Das Druckniveau der Niederdruckleitungen liegt in
- Kühler zur Abführung der Motorverlustwärme der Regel unterhalb von 0,1 bar und ist auf höchstens
und zur Einhaltung einer maximalen Gastempera- 0,12 bar begrenzt (abhängig vom regionalen Gasversor-
tur von ca. 50 °C; gungsunternehmen). Mitteldruckleitungen werden in
- Anlagen zur Staubentfernung mittels Prallplatten-, Bereichen von 0,1 bis 1 bar und Hochdruckleitungen
Winkelblech- oder Zyklonabscheidern und zur Fil- mit Drücken ab 1 bar betrieben. Der Hochdruckbereich
terung mit feinporösen Materialien, z. B. Keramik, wird oftmals noch in die Bereiche 1 bis 4 bar bzw. 4 bis
Faservlies und imprägniertem Papier; 16 bar unterteilt /10/. Hierbei ist zu bedenken, dass
- Brenngaszuführung für den Antriebsmotor mit eine Biogaseinspeisung in Hochdrucknetze aus energe-
Flüssigkeitsabscheider, Druckregelung und Über- tischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht
drucksicherung, die den Verdichter bei Erreichen mehr sinnvoll erscheinen kann, da die aufzubringende
eines Grenzwertes abschaltet; Verdichtungsarbeit quadratisch mit dem Druckverhält-
- Entspannungssystem mit zentralem Ausbläser, der nis zunimmt und mögliche Synergien mit Gasaufberei-
ca. 10 m hoch über der Station angeordnet ist; tungsverfahren nicht mehr nutzbar sind. Weiterhin auf-
- Pumpverhütungsleitung mit automatisch geregel- treten kann auch eine vierte Druckstufe (Höchstdruck),
ter Bypassarmatur zwischen Druck- und Saugstut- die Drücke größer als 16 bar umfasst.
zen des Turboverdichters, die das Auftreten Bei einer Verdichtung des mit Wasserdampf gesät-
gefährlicher Schwingungen beim Unterschreiten tigten Biogases fällt Kondensat an, dass abgeschieden
eines Mindestvolumenstroms durch Öffnen dieser werden muss. Mit einer Biogasverdichtung kann also
Armatur verhindert; eine Gasvortrocknung erfolgen; allerdings müssen die
- Mess- und Analysegeräte für den Volumenstrom eingesetzten Verdichter auch für feuchte Gase geeignet
und die Gasbeschaffenheit; sein. Mögliche Verschmutzungen im Biogas sowie auch
- Trocknungsanlagen mit hygroskopischen Flüssig- bestimmte Gaskomponenten wie z. B. Schwefelwasser-
keiten oder regenerierbaren Adsorptionsmitteln stoff, die die Funktionsweise des Verdichters einschrän-
(Silikagel, Aktivkohle) zur Reduzierung des Was- ken können, müssen bei der Auswahl des Verdichters
serdampfgehalts bzw. Einhaltung einer Taupunkt- ebenfalls berücksichtigt werden. Viele Verdichterbau-
temperatur von 5 °C, womit die Hydratbildung arten sind ölgeschmiert. Dabei ist mit Restölgehalten
weitgehend verhindert wird. von ca. 1 bis 3 mg/m3 im Gas zu rechnen, die bei
- Sicherheitstechnik: automatische Gaswarn- und bestimmten nachfolgenden Gasreinigungsverfahren,
Brandmeldeanlagen sowie Feuerlöscheinrichtungen. wie beispielsweise einer Biogasreinigung mit Aktiv-
kohlen oder einer Druckwechseladsorption, zu techni-
2.3.2.2 Biogasverdichtung schen Problemen führen können. Trockenlaufende Ver-
dichter arbeiten zwar ohne Ölschmierung, haben aber
Eine Verdichtung des Biogases ist zum einen von den den Nachteil, dass die Leckgasmenge deutlich über der
örtlichen Gegebenheiten bei der Einspeisung in das bei ölgeschmierten Verdichtern liegt und dass Material-
öffentliche Erdgasnetz (Druckniveau der anliegenden abriebe das verdichtete Gas verunreinigen können.
Leitung) und zum anderen vom konkreten Biogasauf- Auch der Wirkungsgrad dieser Bauart ist schlechter.
bereitungsverfahren abhängig. Einige Gasaufberei- Hinsichtlich der Fördermenge und des zu erzielenden
tungsverfahren wie beispielsweise die Druckwech- Enddrucks des Biogases erscheinen prinzipiell Hubkol-
seladsorption, die Biogasfeinreinigung mit Aktiv- benverdichter, Drehkolbenverdichter (Vielzellenver-
kohlen oder eine Gaswäsche verlangen gewisse Min- dichter, Flüssigkeitsringverdichter, ölfreie Schrauben-
destdrücke für eine technisch bzw. wirtschaftlich opti- verdichter) und bei größeren Volumenströmen in
male Betriebsweise. bestimmten Fällen auch Turboverdichter (Radial- und
Druckwechseladsorptionsanlagen arbeiten bei Axialverdichter) geeignet. In Erdgasnetzen (und oft
einem Betriebsdruck von 4 bis 10 bar /47/, die auch in der Verfahrenstechnik) werden für den Rohrlei-
Betriebsdrücke bei absorptiven Gasreinigungsanlagen tungstransport vorrangig nur Turbo- und Hubkolben-
(Wäschen) schwanken je nach Absorptionsverfahren verdichter verwendet. Übliche Anwendungsgebiete,
zwischen 6 bar und sehr hohen Drücken von bis zu Durchsätze und Enddrücke für die unterschiedlichen
70 bar. Eine Gasreinigung mit Aktivkohle wird über- Verdichterarten sind nachfolgend aufgelistet, wobei
51
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
diese Angaben als Richtwerte zu verstehen sind /60/, grund ihrer technisch aufwendigen Konstruktion
/48/. nicht wirtschaftlich konkurrenzfähig zu Hubkolben-
In Tabelle 2-11 sind mögliche Anwendungsberei- verdichtern. Diese Verdichter werden für sehr spezi-
che ausgewählter Verdichter für Faulgas, Grubengas elle und somit auch sehr kostenintensive Anwendun-
oder Erdgas (Gasarten sind dem Biogas durchaus gen, wie beispielsweise für den Hochdruckbereich
ähnlich) der Firma „Gardner Denver Wittig GmbH“ (Enddrücke bis zu 4.000 bar /60/) und für die Ver-
gegenübergestellt. dichtung von Edelgasen, verwendet.
Membranverdichter sind für die Verdichtung von
biogenen Gasen zwar technisch geeignet, jedoch auf-
Hubkolbenverdichter kleine bis mittlere Durchsätze, Enddrücke über 10 bar; günstiger spezifischer
Energieverbrauch, geringere Lebensdauer als Turbokompressoren, höherer
Wirkungsgrad als Schraubenverdichter
Drehkolbenverdichter kleine bis große Durchsätze, i. d. R. kleine Enddrücke, ggf. zweistufige Ausfüh-
rung durch Hintereinanderschaltung von zwei Einheiten
Schraubenverdichter: ölfrei, geringer Verschleiß, hohe Laufruhe und Lebensdauer (20.000 bis 50.000
Betriebsstunden), hohe Betriebssicherheit, unempfindlich ggü. Verschmutzun-
gen und aggressiven Medien, mittlere Durchsätze von 540–21.600 m3/h; 1-stu-
fig Enddruck bis 6 bar, 2-stufig Enddruck bis 14 bar
Radialverdichter: mittlere bis große Durchsätze von 2.000–100.000 m3/h, größere Durchsätze
möglich; Drücke bis 300 bar
Axialverdichter: kleine bis große Durchsätze von 50–70.000 m3/h, größere Durchsätze über
1.000.000 m3/h möglich; Drücke selten über 10 bar, höhere Drücke möglich;
höherer Wirkungsgrad und kleinere Abmaße als Radialverdichter
Tabelle 2-11: Übersicht Gasverdichter der Fa. „Gardner Denver Wittig GmbH“ – Einsatzbereiche und Eigenschaften von Ver-
dichtern für Faulgas, Grubengas oder Erdgas; Quelle: /72/ und eigene Bearbeitung
Förderbereich Überdruck
Bauart Eigenschaften
[m3/h] [bar]
52
Biogasbereitstellung, -aufbereitung, -einspeisung und -transport
53
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Drucklose und Niederdruckverfahren eignen sich wenn der Gasdruck, d. h. die Füllmenge des Innen-
aus kostenspezifischer Sicht vor allem für kleinere raums, nicht allzu stark schwankt. Als Schutz vor Wit-
und mittlere Anlagen. Bedingt durch hohe Investiti- terungseinflüssen werden die Gassäcke in Schutzbe-
onskosten und einen erhöhten Energiebedarf für die hälter eingehängt oder auch in nicht genutzten
Gasverdichtung und -entnahme finden Mittel- und Betriebsgebäuden abgestellt. Die Entleerung der Spei-
Hochdruckverfahren hingegen eher bei Großanlagen cher erfolgt mit Hilfe spezieller Konstruktionen, die
Anwendung. Vorteil ist, dass proportional mit dem als Belastungsgewicht auf den Ballons fungieren und
Druck auch die speicherbare Menge an Biogas steigt. so einen Druck ausüben. Als Anbieter können hier
wieder die „Ceno Tec GmbH“ /70/ genannt werden
Tabelle 2-13: Druckbereiche der Biogasspeicherung;
sowie auch die „Klärgastechnik Deutschland GmbH“
Quelle: /1/ sowie /36/ und eigene Bearbeitung /78/. Typische Baugrößen liegen im Bereich von 100
bis 1.500 m3, andere Größen sind auf Anfrage auch
Übliche
Betriebs- lieferbar. Bedingt durch die Einfachheit der Gassäcke
Druck- Speicher- Speicher-
druck
bereich größe ausführung werden sie als kostengünstigste Lösung für die Bio-
[bar]
[m3] gasspeicherung angesehen.
Drucklos 0–0,005 10–2.000 Fermenter Verfahren zur Niederdruckgasspeicherung werden
Ballon-/ zunächst unterschieden in Nass-Gasspeicher und
Folienspeicher Trocken-Gasspeicher. Bei Nass-Gasspeichern handelt
es sich um Gasometer, die entweder aus einer Glocke
Niederdruck 0,01–0,05 100–2.000 Gasometer
oder einer Scheibe bestehen. Am Rand mit einer Sperr-
Doppelmembran-
speicher flüssigkeit (i. d. R. Wasser oder Gülle) versehen bewe-
gen sich Glocke/Scheibe durch den Auftrieb des Gases
Mitteldruck 5–20 1–100 Stahl-Druckbehälter
je nach Füllzustand auf und ab. Die erzeugten Drücke
Hochdruck 200–300 0,1–0,5 Stahlflaschen von 5 bis 10 mbar werden durch das Gewicht der
Glocke/Scheibe auf das gespeicherte Gas erzeugt.
Zu den drucklosen Speicherverfahren gehört Anwendungen dieser Technik auf die Biogasspeiche-
zunächst der Fermenter selbst, in welchem sich das rung sind sehr selten anzutreffen. Vielmehr wird daher
erzeugte Biogas in geringen Mengen ansammeln auf Trocken-Gasspeicher in Form von Mem-
kann, um dann in entsprechend größere Speicher bran-/Doppelmembranspeichern zurückgegriffen, die
transportiert zu werden. Die speicherbaren Mengen das Gas in hochwertigen, korrosionsbeständigen
sind dabei natürlich nur gering. Für größere Mengen Kunststoff-/Gummimembranen lagern /80/. Diese
bietet die Firma „Ceno Tec GmbH“ ein spezielles zeichnen sich durch schnelle Fertigung und Montage,
Hochsilodach für Fermenter an /70/. Mit diesem ist da es sich um Standardprodukte handelt, hohe Quali-
es möglich, die Dachneigung je nach Biogasanfall so tät und Sicherheit, lange Lebensdauer sowie ein
zu variieren, dass größere Mengen Biogas gespeichert kostengünstiges Preis-/Leistungsverhältnis aus. Dop-
werden können. Aufgrund der besonderen Konstruk- pelmembranspeicher bestehen i. d. R. aus drei Mem-
tion und der eingesetzten Materialien wird eine lange branen. Die Bodenmembran übernimmt die Abdich-
Lebensdauer, Vermeidung von Geruchsemissionen tung gegenüber dem Fundament, die Innenmembran
um ca. 95 %, eine hohe Witterungsbeständigkeit und speichert das Biogas, die Außenmembran dient zur
eine hohe Standsicherheit gewährleistet. Wartungs- Stabilisierung der gesamten Konstruktion und schützt
kosten treten nicht auf, eine Inspektion aller zwei vor Witterung. Übliche Größenordnungen für Doppel-
Jahre wird empfohlen. Die Biogasentnahme erfolgt membranspeicher liegen im Bereich von 100 bis
über einen speziellen Schacht. Als zweite Möglichkeit 2.000 m3. Sollten mehr Speicherkapazitäten benötigt
für drucklose Biogaslagerung werden Gassäcke werden, können die einzelnen Speicher problemlos
genutzt, die in unterschiedlichen Formen und Abmes- miteinander gekoppelt werden. Weitere Vorteile sind
sungen verfügbar sind. Die Speicherung resultiert die Wartungsfreiheit und die Möglichkeit der Montage
hier aus der Änderung des Volumens, d. h. durch Ein- auf bereits bestehenden Hochbehältern u. ä., wobei
leiten des Gases in den Gassack, analog dem Prinzip dann die Bodenmembran nicht benötigt wird. Die
eines Luftballons. Dementsprechend auch oft auch als Gasentnahme erfolgt durch ein Druckerhöhungsge-
Ballon- oder (Folien-)Kissenspeicher bezeichnet, bläse, welches einen Druck auf die Innenmembran
bestehen diese Zwischenspeicher aus einer Folie (vor- erzeugt.
wiegend aus PVC) und werden dann eingesetzt,
54
Biogasbereitstellung, -aufbereitung, -einspeisung und -transport
Weitere Möglichkeiten zur Biogasspeicherung sind Tagesleistung zur Bezugsoptimierung einer Überga-
Verfahren, die bei der Speicherung von Erdgas durch- beleistung) geregelt, wird dies als Mengen-Regelung
geführt werden. Hier ist zum einen die Gasverflüssi- bezeichnet. Neben der Druckregelung und Mengen-
gung und die anschließende Speicherung in Tanks zu messung wird das nachgeschaltete Netz über Sicher-
nennen, die bei Biogas aufgrund der hohen Kosten heitseinrichtungen gegen eine Überschreitung des
aber nicht in Frage kommt (siehe Kapitel 2.2.2.6). Als zulässigen Leitungsdruckes geschützt. Zusätzlich zu
zweite Option sind Untergrundspeicher unter der den Komponenten zur Druck-Regelung, Mengenmes-
Erdoberfläche in Form von Poren- oder Kavernenspei- sung und Sicherheit werden weitere Anlagenbauteile
chern denkbar. Porenspeicher sind ehemalige Erdgas- benötigt: Isoliertrennstellen, Absperrorgane, Filter
lagerstätten, die sich in Tiefen von bis zu 2.700 m und Abscheider, evtl. Vorwärmer und Heizung, Ther-
befinden. Das Gas wird hierbei in Hohlräumen des mometer, Temperaturaufnehmer, Manometer, Druck-
Gesteins, d. h. in Poren und Rissen gespeichert. In aufnehmer, Stromversorgung, Datenerfassung, Daten-
Kavernenspeichern werden diese Hohlräume künst- fernübertragung, Mengenumwerter, Tarifgeräte und
lich erzeugt. Oftmals handelt es sich dabei um Salzka- das Gebäude.
vernen, wobei die Hohlräume aus dem Salzgestein Für Planung, Bau, Ausrüstung und Betrieb einer
ausgelaugt werden. Bei der Untergrundspeicherung GDMR-Anlage sind die geltenden Vorschriften und
handelt es sich um technisch anspruchsvolle Verfah- Regeln einzuhalten. Ausgehend vom Energiewirt-
ren, mit denen sehr große Mengen Gas gespeichert schaftsgesetz (EnWG) ist bei Anlagen über 16 bar
werden können. Die Gase werden bei 100 bis 200 bar Betriebsdruck die Verordnung über Gas-Hochdruck-
gelagert. Die daraus resultierende hohe Verdichtungs- leitungen (GasHL-VO) anzuwenden. Bei geringeren
arbeit und die dadurch entstehenden hohen Kosten Drücken kommen die in untenstehender Tabelle
führen zu der Schlussfolgerung, dass diese Verfahren genannten, allgemein anerkannten Regeln der Tech-
nicht für die Biogasspeicherung geeignet sind. nik zur Anwendung (Normen und DVGW-Regel-
werk). Ein besonderes Genehmigungsverfahren ist für
2.3.4 Gasdruckmess- und Regelanlagen Anlagen bis einschließlich PN 16 nicht erforderlich,
die Einhaltung der örtl. Bauvorschriften reicht aus.
Mit dem Begriff der Gasdruckmess- und Regelanlage Bei Anlagen über PN 16 ist ein Verfahren nach
werden Kombinationen aus Gasmessanlagen und GasHL-VO anzuwenden.
Gasdruckregelanlagen bezeichnet. Abbildung 2-11 zeigt schematisch eine zweischie-
Gasmessanlagen (GMA) sind Anlagen im Erd- nige Gasdruckmess- und Regelanlage mit den
gas-Leitungsystem, mit denen der Gasvolumenstrom wesentlichen Komponenten. Von den beiden Strecken
gemessen wird. Die Messung wird mit Gaszählern, ist im Regelfall nur je eine in Betrieb, während die
die nach unterschiedlichen physikalischen Prinzipien andere in Bereitschaft ist.
arbeiten, durchgeführt. Er wird zwischen einfachen Das Gas gelangt über eine Isolierstelle in die
Betriebsmessungen, die der Netzsteuerung dienen, eigentliche Anlage. Es folgen Filter bzw. Abscheider
und hoch genauen Abrechnungsmessungen unter- und die Gasvorwärmung. Letztere ist immer dann
schieden. erforderlich, wenn nach der Expansion auf das niedri-
Gasdruckregelanlagen (GDRA) befinden sich an gere Druckniveau die Gefahr der Unterschreitung des
den Schnittstellen verschiedener Leitungen, Netzteile Taupunktes gegeben ist. Nach den zwei Sicherheitsab-
oder Netze. Ihre Aufgabe ist es, den Volumenstrom sperrventilen je Strecke folgen die Gasdruckregelung
und den Gasdruck zu regeln und zu begrenzen. Das und die Schalldämpfung, danach die Mengenmes-
Gas wird von einem Eingangsdruck auf einen niedri- sung. Das Gas gelangt schließlich über die zweite
geren Ausgangsdruck entspannt. In der Regel Trennstelle in das nachgelagerte Netz.
schwankt der Eingangsdruck, während der Aus- Im Netz der öffentlichen Gasversorgung herrschen
gangsdruck über den Volumenstrom konstant zu hal- zum überregionalen Transport von Erdgas Betriebs-
ten ist. drücke von bis 80 bar. Für den Transport im nachfol-
Gasdruckregelanlagen werden häufig mit Gasmes- genden Leitungsnetz wird der Druck in Gasentspa-
sanlagen zu Gasdruckmess- und Regelanlage nungsanlagen auf den ortsüblichen Netzdruck, meist
(GDRM-Anlagen) kombiniert, so dass der Gasvolu- ohne Nutzung der freiwerdenden Energie, gedrosselt.
menstrom direkt in eine „Durchflussleistung“ umge- In sogenanten Entspannungsmaschinen kann die
rechnet werden kann. Wird auf eine vorgegebene Gas- Drosselarbeit zum Antreiben eines Generators
menge pro Zeiteinheit (z. B. als Stunden- oder genutzt werden /10/.
55
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
56
Biogasbereitstellung, -aufbereitung, -einspeisung und -transport
nahme/Übergabe nach der Verbändevereinbarung nen Mengen eingespeist werden. In diesem Fall ist
dient die Gasbeschaffenheitsmessung als Steuergröße. eine Vereinbarung zwischen dem Biogas-Produzenten
Sofern die Gasdruckmess- und Regelanlage auch und dem Netzbetreiber erforderlich.
zur Abrechnung zwischen verschiedenen Vertrags- Zur Odorierung kommen gewöhnlich Anlagen mit
partnern dient, sind die Vorschriften gemäß der einer mengenabhängig gesteuerten Dosierung zum
DVGW-Richtlinie G 685 zu beachten. Insbesondere bei Einsatz, bei der das Odoriermittel über eine Impfdüse
der Einspeisung in örtliche Versorgungsleitungen in den Gasvolumenstrom eingebracht wird, siehe
sind hier die unter Abschnitt 5.4 der G 685 und insbe- Abbildung 2-12. Zu unterscheiden sind die mit Erdgas
sondere 5.4.2 genannten Regeln zur Zumischung oder Stickstoff druckbeaufschlagte Anlage und die
sowie zu Misch- und Pendelzonen zu beachten. drucklose Anlage. Letztere steht über einen Aktivkoh-
lefilter direkt mit der Umgebungsatmosphäre in Ver-
2.3.6 Odoriereinrichtungen bindung.
Die Anpassung der Odoriermittelmenge an den
Gase, die in die öffentliche Gasversorgung gelangen, Gasdurchsatz erfolgt über Steuergeräte. Diese bewir-
müssen entsprechend G 260 odoriert werden, um eine ken bei der mengenabhängigen Dosierung die pro-
Gefährdung der Nutzer sowie des Bedien- und War- portionale Zugabe des Odoriermittels. Die aus der
tungspersonals beim Ausströmen des ansonsten ge- Gasmengenmessung gelieferten Impulse werden
ruchlosen Erdgases zu vermeiden. dabei in einem Steuergerät verarbeitet und als Stell-
Bei der Einspeisung in Transportleitungen entfällt größe der Dosierbpumpe zugeführt. Odorieranlagen
in aller Regel die Odorierung, da diese Gase nicht müssen durch wöchentliche Kontrollen oder Fern-
direkt an Endkunden verteilt werden, sondern zuvor überwachung überwacht werden um eine fehlerfreie
in nachgeschaltete Netze ausgespeist werden, wo eine Funktion sicherzustellen. Die Anforderungen an
Odorierung stattfindet. Eine Odorierung kann dar- Ordorieranlagen und Odoriermittel regeln die
über hinaus entfallen, wenn lediglich kleine Gasmen- Arbeitsblätter G 280 und G 281.
gen im Vergleich mit den bereits im Netz vorhande-
57
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
58
Biogasbereitstellung, -aufbereitung, -einspeisung und -transport
59
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
gasproduktion als Treibstoff vertrieben werden kann, die Einspeisung von aufbereitetem Biogas in das Erd-
wird ein Teil der Biogasproduktion in zwei BHKW gasnetz. Neben einigen Druckwechseladsorptionsan-
mit einer elektrischen installierten Leistung von lagen werden vorwiegend Druckwasserwäsche-Anla-
190 kWel bzw. 90 kWel ohne Gasaufbereitung ver- gen schwedischer Produktion eingesetzt. Das Biogas,
stromt. das hier aufbereitet wird, stammt in gut der Hälfte der
Fälle aus Kläranlagen, an den anderen Standorten
werden industrielle Reststoffe (z. B. Schlachtabfälle,
Reststoffe aus der Zucker- und Kartoffelindustrie)
und kommunale getrennt erfasste Bioabfälle in Biogas
umgewandelt. Die Gasaufbereitung ist nach den
schwedischen Gasnormen (für Erdgasleitungen und
für Fahrzeuggas) zu dimensionieren, so dass 96–98 %
Methangehalt gewährleistet werden müssen und im
Fall der Gasnetzeinspeisung der Heizwert des Erdga-
ses erreicht werden muss. Letzteres führt dazu, dass
in beiden Einspeisungsanlagen Propan zum aufberei-
teten Biogas zudosiert werden muss, da die Erdgaslei-
tungen mit H-Gas aus dem Nordseeraum betrieben
werden.
In der Regel sind die Aufbereitungsanlagen direkt
Abb. 2-14: Naturgas-Tankstelle in der Schweiz mit Biogas-Tankstellen verbunden oder mit bis zu
7 km langen Biogasleitungen mit diesen verbunden.
Aufgrund des Fehlens eines klaren finanziellen
Anreizsystems zur Nutzung von Biogas zur Energie-
bereitstellung existieren sehr unterschiedliche Nut-
zungsformen des Biogases, wobei die Erzeugung von
Elektroenergie die Ausnahme bildet. Meist wird an
einem Anlagenstandort auch eine Mischung verschie-
dener Nutzungsformen realisiert. Vorwiegend wird
das Biogas jedoch als Fahrzeugtreibstoff genutzt. Auf
dieser Basis werden in mehreren Städten Teile des
kommunalen Busverkehrs ökologisch aus Sicht der
Emissionen vorteilhaft betrieben. Insgesamt werden
in Schweden rund 50 Erdgastankstellen betrieben.
Dabei wird rund 50 % allen verkauften Gases aus Bio-
gas gewonnen /52/. Mit dem Gas werden heute ca.
Abb. 2-15: PSA Aufbereitung in Otelfingen (Schweiz)
4.700 gasgetriebene Kraftfahrzeuge betrieben. Zur
weiteren Förderung der Gasnutzung als Treibstoff
Es wird voraussichtlich im Frühjahr/Sommer 2005 wird das Tankstellennetz ausgebaut und die
eine zusätzliche Biogasanlage mit Gasaufbereitung in Mehrkosten für die Anschaffung eines gasbetriebenen
Betrieb genommen, bei der durch zunehmende Fahrzeuges wird von den meisten Kommunen zu
Betriebserfahrungen und größere Gasmengen die spe- rund 50 % gefördert.
zifischen Kosten der Gasaufbereitung möglichst hal- Die größte schwedische Anlage steht in Stockholm
biert werden sollen [nach Aussage von Dr. J. C. Weber, Henriksdal und wird vom kommunalen Wasserver-
Erdgas Zürich AG]. sorger betrieben. Hier wird in der größten Kläranlage
Stockholms das Abwasser größtenteils unterirdisch
2.4.2 Erfahrungen in Schweden gereinigt. Bei der anaeroben Klärschlammfaulung
wird Biogas erzeugt, das z. T. für den Eigenwärme-
Auch in Schweden liegen viele Erfahrungen mit der und Strombedarf in 4 Blockheizkraftwerken
Aufbereitung von Biogas zu Fahrzeugtreibstoff bzw. á 700 kWel und drei Heizkesseln (max. 6,9 MWth)
auf Erdgasqualität vor. Derzeit sind rund 20 Aufberei- genutzt wird. Derzeit werden parallel dazu rund
tungsanlagen in Betrieb. An zwei Standorten erfolgt 600 Nm3/h Rohgas auf Erdgasqualität (> 98 %
60
Biogasbereitstellung, -aufbereitung, -einspeisung und -transport
61
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
62
3
Einspeise-
möglichkeiten 3
In diesem Abschnitt werden die grundlegenden tech- Für eine Einspeisung müssen die notwendigen
nischen Bedingungen dargestellt, die eine Einspei- Anschlussleitungen vorliegen, das Gas muss auf
sung von Biogas in das Ergasnetz zulassen oder durch einen über dem Leitungsdruck der jeweiligen Druck-
technische und rechtliche Restriktionen nicht ermögli- stufe liegenden Druck verdichtet werden, angepasst
chen. Dabei wird im ersten Teil des Kapitels auf die an Abnahmeanforderungen und Vertragsgestaltung
technischen Regeln des DVGW näher eingegangen müssen Drücke und Stoffwerte gemessen, geregelt
und der Zusammenhang zum vorhandenen Gasnetz und das Gas zwischengespeichert werden. Ferner ist
dargestellt. Im zweiten Teil wird das vorhandene Erd- eine Odorierung und eventuell ein Mischer erforder-
gasnetz in Deutschland detailliert abgebildet. Die lich.
technischen und physikalischen Grenzen werden ana-
lysiert und veranschaulicht. Im dritten Teil des Kapi- 3.1.1 Zusammensetzung von Rohbiogasen aus
tels werden mit der Hilfe von Berechnungen die Gren- fermentativen Prozessen
zen einer Biogaseinspeisung in vorhandene
Netztopographien simuliert. Biogas aus landwirtschaftlichen Vergärungsanlagen
besteht im wesentlichen aus den Hauptkomponenten
Methan und Kohlendioxid und ist vollständig wasser-
3.1 Technische Anforderungen dampfgesättigt. Abhängig von der technischen Aus-
führung des Fermenters (Undichtigkeiten oder In-
Die technischen Anforderungen an eine Einspeisung terne biologische Entschwefelung) kann auch
von Biogas in das öffentliche Erdgasnetz betreffen ei- Stickstoff und Sauerstoff (Luft) in nennenswerten An-
nerseits die Stoffwerte, die verbrennungstechnischen teilen im Biogas enthalten sein. Aufgrund der bisher
Kenndaten und den Zustand bzw. die Menge des Ga- ausschließlichen Nutzung in Motor-BHKW werden
ses sowie andererseits die technischen Einrichtungen, bei Biogasanlagen vorrangig die Konzentrationen von
die für die Herstellung und Weitergabe einer netz- Methan, Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff über-
kompatiblen Gasbeschaffenheit erforderlich sind. wacht. In den folgenden Abbildungen (Abbildung 3-1
Die Eigenschaften des als Grund-, Zusatz- oder und 3-2) sind die Ganglinien für eine Referenzanlage
Austauschgas verwendeten Gases sowie der entspre- im Rheinland [Kempkens, Besgen, 2003] über einen
chenden Einrichtungen werden in den DVGW- Arbeits- Zeitraum von 5 Monaten dargestellt.
blättern geregelt. Zum Beispiel sind anzuführen: Die wichtigste Minorkomponente in Biogasen ist
- G 260 („Gasbeschaffenheit“), Schwefelwasserstoff, wobei die Mengen abhängig von
- G 262 („Nutzung von regenerativ erzeugten den Eingangssubstraten sehr stark schwanken kön-
Gasen“), nen. Die Schwankungsbreiten für H2S können zwi-
- G 488 („Anlagen für die Gasbeschaffenheits- schen verschiedenen Biogasanlagen durchaus im
messung – Planung, Errichtung, Betrieb“), Bereich 200 bis 10.000 ppmV liegen. In Abbildung 3-2
- G 261 („Prüfung der Gasbeschaffenheit“) und wird auch deutlich, dass die H2S-Belastung in einer
- G 685 („Gasabrechnung“). Biogasanlage sehr stark schwankt; im konkreten Bei-
Odorierung und Mischung werden in den Arbeits- spiel zw. 100 und 1.100 ppmV.
blättern G 280, G 281 und G 213 beschrieben. Generell kann davon ausgegangen werden, dass
Biogas aus Gülleanlagen deutlich schwefelreicher ist
63
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
als aus Biogasanlagen mit NaWaRo-Substraten. Von Kohlenwasserstoffe (Toluol, Benzol oder Xylol) oder
Einfluss auf die H2S-Belastung des Biogases ist bei Siliziumorganika (Siloxane) nachgewiesen werden.
Gülleanlagen auch die Trinkwasserqualität für den Nachfolgende Angaben stützen sich im wesentlichen
Tierbestand. auf Analysen des Fraunhofer-Institutes UMSICHT,
Insofern wird bei einer weiteren Betrachtung der Oberhausen und des Bayerischen Landesamtes für
Gasaufbereitungsverfahren von wechselnden Schad- Umweltschutz, Augsburg /69/.
stoffbelastungen ausgegangen. Die Konzentrationen an Benzol, Toluol, Ethylben-
Abhängig vom Eingangssubstrat können im Bio- zol, Xylol und Cumol im Biogas sind sehr gering und
gas auch weitere Minorkomponenten wie höhere liegen im allgemeinen unterhalb der Nachweisgrenze
64
Einspeisemöglichkeiten
von 1 mg/m3. Lediglich eine Toluolbelastung bis Bisher wurden nur vereinzelt in wenigen Ausnahme-
5 mg/m3 kann in Einzelfällen (Einsatz von Co-Sub- fällen cyclische Siloxanverbindungen im Bereich
straten) nachgewiesen werden. Konzentrationen von < 5 mg/m3 gemessen.
Chlor und Fluor im Biogas liegen ebenfalls, von ein- Ausgehend von eigenen Analysen, Literaturanga-
zelnen Ausnahmen (Chlor bis 0,15 mg/m3) abgese- ben und in Absprache mit dem Fraunhofer Umsicht
hen, unterhalb der jeweiligen Nachweisgrenze von wird für die Beschreibung und Auslegung der Biogas-
0,1 mg/m3. Organische Schwefelkomponenten, wie aufbereitungsverfahren sowie für die Entwicklung
Methan- oder Ethanthiol können in sehr wenigen von Modellanlagen zur Biogasaufbereitung von fol-
Ausnahmefällen in Biogasen enthalten sein. Das Baye- gender Biogaszusammensetzung ausgegangen
rische Landesamt für Umweltschutz hat nach eigenen (Tabelle 3-1). Dabei wird unterstellt, dass in den Fer-
Angaben an einer Biogasanlage Methanthiol-Werte menter keine Luft zur internen biologischen Ent-
von 30 bzw. 32 mg/m3 gemessen. Ethanthiol konnte schwefelung eingeblasen wird und das Rohbiogas
bisher noch nicht nachgewiesen werden. Siloxane sauerstoff- und stickstofffrei an der Schnittstelle Fer-
können in sehr geringen Mengen durch die Verwen- menteraustritt-Eintritt Gasreinigung anliegt.
dung von Lebensmittelabfällen in Biogasen auftreten.
Biogaszusammensetzung
Durchschnitt Auslegungsgrundlage
Schwankungsbreite
Aufgrund der sehr geringen Belastung von Biogas- gaszusammensetzung bzw. die örtlichen Gegebenhei-
anlagen mit BTX (Benzol, Toluol, Xylol), Siloxanen, ten angepasst und optimiert werden.
Ammoniak und organischen Schwefelverbindungen
werden diese bei der Auslegung der Gasreinigungs- 3.1.2 Gasbeschaffenheitsanforderungen und
verfahren vernachlässigt. Dafür sprechen drei relevante Regelwerke
Gründe: Zum einen liegen die Belastungen unterhalb
der Anforderungen des DVGW-Regelwerkes, die Für die Übernahme von Gasen Dritter in das Erdgas-
Minorkomponenten sind in der Regel nicht im Biogas netz gilt hinsichtlich der Beschaffenheit der Gase die
nachweisbar und schließlich können diese Minorkom- Anlage „Kompatibilität“ der Verbändevereinbarung II
ponenten in den in Kapitel 2.2.2 betrachteten Gasrei- mit den Bedingungen, dass für die Ausspeisestelle
nigungsverfahren mit entfernt werden, ohne dass keine Angleichungs- oder Umwandlungsverfahren
weitere Prozessschritte erforderlich wären. Generell erforderlich sind, z. B. G 260 „Gasbeschaffenheit“ und
sind Gasreinigungs- bzw. Gasaufbereitungsverfahren G 685 „Gasabrechnung“ eingehalten werden und aus-
nur eingeschränkt auf andere Biogasanlagen über- reichender Druck vorhanden ist – also netzkompatible
tragbar und sollten in jedem Fall an die konkrete Bio- Beschaffenheit vorliegt.
65
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Die wichtigsten Regeln, die auf die Zusammenset- - 2. Gasfamilie: Methanreiche Gase (Erdgas, syntheti-
zung und verbrennungstechnischen Kenndaten abzie- sche Erdgase (Gruppe: L-Gas, Gruppe: H-Gas),
len, sind die G 260 und G 262. Das technische Arbeits- - 3. Gasfamilie: Flüssiggase (nach DIN 51622) C3/
blatt G 685 beinhaltet die Beschreibung der Verfahren C4-Kohlenwasserstoffe (Propan/Butan),
zur Gasabrechnung. Dabei sind die abrechnungsrele- - (4. Gasfamilie): Kohlenwasserstoff-Luft-Gemische
vanten Kenngrößen Brennwert und Volumenstrom (Flüssiggas- Luft/Erdgas-Luft).
von besonderer Bedeutung. Darüber hinaus sind die Die Gase der 1. Gasfamilie haben nach der 1996 abge-
G 261 „Prüfung der Gasbeschaffenheit“, G 280 schlossenen Umstellung auf Erdgas nur noch eine Be-
„Gasodorierung“ und aus anlagentechnischen Grün- deutung für einzelne Industrieanwendungen und als
den die G 488 „Anlagen für die Gasbeschaffenheits- Zumischgas (Zusatz- oder Konditioniergas). Die
messung-Planung, Errichtung, Betrieb, G 213 „Anla- 4. Gasfamilie ist aufgrund mangelnder Anwendung
gen zur Herstellung von Brenngasgemischen“ und entfallen (wird in Deutschland nicht mehr verteilt).
G 492 „Gas-Messanlagen für einen Betriebsdruck bis Die Anforderungen an die genannten Gasfamilien
einschließlich 100 bar“ zu berücksichtigen. werden in den Tabellen 2 bis 4, Kapitel 3 der
Die durch das Arbeitsblatt G 260 der technischen DVGW-Regel G 260 näher spezifiziert.
Regeln des DVGW bestimmten Anforderungen an die Als Grundgas wird das vom Gasversorgungsun-
Beschaffenheit werden durch das Arbeitsblatt G 262 ternehmen (GVU) im jeweiligen Versorgungsgebiet
„Nutzung von regenerativ erzeugten Gasen“ zur bereitgestellte Gas (siehe auch die Tabellen 1, 2,
geordneten Einspeisung regenerativ erzeugter Gase Abb. 3) bezeichnet. Das Gas der 2. Gasfamilie wird in
ergänzt. Im Folgenden werden die wesentlichen L- und H-Gas unterteilt.
Begriffe und die technischen und stofflichen Anforde- Gruppe L (Low): Wobbe-Index von
rungen beschrieben. WS,N = 10,5 -13,0 kWh/m3 (Gesamtbereich), Nenn-
Entsprechend den maßgeblichen DVGW-Regeln wert: 12,4 kWh/m3 (Nennwert ± Schwankungsbe-
G 260 (Stand Januar 2000) und G 262 (Entwurf, Stand reich: 11,0-13,0 kWh/m3) Es ist eine zulässige zeitlich
Juni 2003) sind bei einer Einspeisung von biogenen begrenzte Unterschreitung: bis auf 10,0 kWh/m3
Gasen einige Randbedingungen einzuhalten, die möglich.
nachfolgend erläutert werden. Gruppe H (High): Wobbe-Index von
WS,N = 12,8 -15,7 kWh/m3 (Gesamtbereich), Nenn-
3.1.2.1 Gase der öffentlichen Gasversorgung wert: 15,0 kWh/m3 (Nennwert ± Schwankungsbe-
reich: 13,6-15,7 kWh/m3). Es ist eine zulässige zeitlich
Das Arbeitsblatt G 260 des technischen Regelwerkes begrenzte Unterschreitung: bis auf 12,0 kWh/m3
des DVGW (Ausgabe: 2004) beschreibt die Anforde- möglich.
rungen an die Beschaffenheit von Gasen in der öffent- Der obere Wert des Gesamtbereiches darf nicht
lichen Gasversorgung. Darüber hinaus gibt die G 260 überschritten werden, eine Unterschreitung des unte-
Rahmenbedingungen für die Gaslieferung, den Be- ren Wertes ist unter bestimmten Bedingungen (z. B.
trieb von Gasanlagen und -geräten, sowie die Basis zur Vermeidung von Versorgungsengpässen) zeitlich
für deren Entwicklung, Normung und Prüfung vor. begrenzt zulässig.
Als Vertragsgrundlage für den nationalen Gashan- Konditionierungsgas dient zur Einstellung der
del geht die Bedeutung dieses Arbeitsblatts über eine brenntechnischen Kennwerte.
rein technische Regel hinaus. Der Nennwert wird für die Einstellung der Gasge-
Einige wichtige Grundbegriffe werden im Folgen- räte verwendet. Der örtliche Schwankungsbereich
den rekapituliert: könnte technisch entfallen, da Gasgeräte auf den
Die Brenngase (Definition siehe DIN 1340) der Nennwert eingestellt werden. Zur Zeit sind aber noch
öffentlichen Gasversorgung, d. h. Gase, die über ein Geräte auf andere Werte eingestellt. Eine Einengung
Versorgungsnetz an Haushalte, Gewerbe, Industrie auf die Grenzen der örtlichen Schwankungen ist nicht
und öffentliche Einrichtungen verteilt werden, wer- möglich, weil dann ein Teil der aus einheimischer
den entsprechend ihrer brenntechnischen Eigenschaf- Gasförderung stammender Menge nicht mehr den
ten in Familien und aus gerätetechnischen Gründen Werten der Tabelle 3 genügen würde, siehe Abbil-
wie folgt in Gruppen eingeteilt: dung 3-3 /66/.
- 1. Gasfamilie: Wasserstoffreiche Gase (Gruppe A: Neben den grundlegenden Anforderungen an die
Stadtgas, Gruppe B: Ferngas), Gasbeschaffenheit sind in der G 260 Grenzwerte für
Gasbegleitstoffe angegeben, welche nicht überschrit-
66
Einspeisemöglichkeiten
Abb. 3-3: Brennwerte und Wobbeindizes einheimischer Gasförderungen (Quelle: Erdgas Münster)
Brenntechnische Kenndaten
Wobbe-Index
Gesamtbereich WS,N kWh/m3 10,5–13,0 12,8–15,7
MJ/m3 30,2–47,2
ten werden dürfen, siehe Tabelle 3-2. Die Wasser- und C10) und E2 (86,3 % CH4, 4,8 % N2, 6,1 % C2H6,
Kohlenwasserstofftaupunkte können exemplarisch 0,1 % CO2, Rest Kohlenwasserstoffe bis C10) sind bei-
den Einspeisespezifikationen (Tabelle 3-3) entnom- spielhaft in untenstehender Tabelle 3-4 verzeichnet.
men werden. Zu beachten ist, dass bei LPG-Zugabe ab Hinsichtlich Gasbegleitstoffen ist der Gehalt an
ca. 5 bar eine Kondensation der höheren Kohlenwas- höheren Kohlenwasserstoffen zu begrenzen; eine
serstoffe möglich ist. Der Wassertaupunkt wird bei Kondensation ist auszuschließen. Für Wasser gilt: die
Druckerhöhung zu höheren Temperaturen verscho- maximal zulässige relative Feuchte darf in
ben (–5 °C bei 70 bar/–50 °C bei 3 bar) bzw. bei HD-/MD-Leitungen 60 % nicht überschreiten. Dar-
Expansion gesenkt. Dem ist bei einer HD-Einspeisung über hinaus sollte das einzuspeisende Gas möglichst
entsprechend Rechnung zu tragen. Sättigungswasser- trocken sein. Der maximale CO-Gehalt darf 3 % nicht
gehalte für Modell-Erdgase E1 (98,2 % CH4, 0,8 % N2, überschreiten. Der Sauerstoffgehalt darf in trockenen
0,5 % C2H6, 0,1 % CO2, Rest Kohlenwasserstoffe bis
67
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Tabelle 3-3: Sättigungswassergehalte als Funktion des 2. Stickstoff. Es gibt keine zusätzlichen Einschrän-
Druckes kungen (Stickstoff muss trocken sein).
3. Gase der 1. Gasfamilie. Der Einsatz von Gasen der
Erdgas E1 Erdgas E2
Bei 5 °C 1. Gasfamilie wird begrenzt durch: Die Richtwerte
Wassergehalt Wassergehalt
Druck [bar] für Gasbegleitstoffe nach Tabelle 2 (G 260), CO-Vol.
[g/m3N] [g/m3N]
6 %, O2-Vol. 3 % in trockenen, 0,5 % in feuchten
5 1 1
Netzen.
15 0,4 0,3
Für das Mischgas gilt: CO-Vol. ≤ 1 %, H2-Vol.
60 0,1 0,08 ≤ 12 % (evtl. niedrigere Gehalte nötig), die Methan-
zahl ist zu beachten, Jahresmittelwert des Gesamt-
Netzen 3 % und kurzfristig 4 % nicht überschreiten; in schwefels (ohne Odorierung) ≤ 30 mg/m3.
feuchten Gasnetzen gilt der strengere Wert von 0,5 %. 4. Erdgase anderer Beschaffenheit. Diese können
Für Kohlendioxid-Gehalte gibt es in G 260 keine ohne zusätzliche Einschränkungen genutzt werden
Vorgaben oder Einschränkungen1. Weitere Festlegun- zur Herstellung von regelgerechtem H- bzw. L-Gas.
gen hinsichtlich maximal zulässigen Schwefelgehal- 5. Flüssiggase. Flüssiggase zur Konditionierung
ten, Stäuben, Nebel oder anderen Schadstoffen kön- müssen Tabelle 4 (G 260) entsprechen.
nen den vorgenannten Tabellen entnommen werden. Ziel beim Einsatz von Flüssiggasen ist die Herstellung
In Kapitel 4 der DVGW-Regel G 260 sind weitere von H-Gas aus L-Gas. Die Höhe der Zumischung ist
Ergänzungen für die 2. Gasfamilie (Erdgase) festge- am Brennwert des üblicherweise verteilten Gases ori-
legt, welche für Erdgase gelten, die nicht die G 260 entiert (Abrechnungsaspekt).
erfüllen; d. h. für Zusatz- und Konditionierungsgase Die Zumischung von Propan ist weniger kritisch
und Gase anderer Beschaffenheit (z. B. Biogase). als Butan. Bei einem Brennwert von z. B.
HS,N = 11,1 kWh/m3 ist eine Zumischung von Pro-
Gase zur Konditionierung: pan/Butan ohne zeitliche Beschränkung zulässig, bei
Gase oder Gasgemische zur Konditionierung, können höheren Brennwerten von z. B. HS,N = 12,1 kWh/m3
zur Einstellung der brenntechnischen Kenndaten ist eine Zumischung nur von Propan gestattet und ist
(Heizwert, Brennwert, Dichte, Wobbe-Index, An- zeitlich zu beschränken.
schlussdruck) dem Grundgas zugemischt werden. Bei Drücken von über 5 bar sind Änderungen im
Als Konditionierungsgase sind: Luft, Stickstoff, Kondensationsverhalten zu beachten.
Gase der 1. Gasfamilie (Stadtgas, Synthesegas), Erd- Flüssiggase müssen G 260, Tabelle 4 entsprechen.
gase anderer Beschaffenheit oder Flüssiggase zuläs- Eine Zumischung von Flüssigas (LPG) ist z. B. sinn-
sig. Die Gase der ersten Gasfamilie müssen bezüglich voll, um die brenntechnischen Eigenschaften des ein-
der Gasbegleitstoffe gemäß G 260, Tabelle 2 entspre- zuspeisenden Gases auf Erdgas-L oder Erdgas-H
chen. Desweiteren dürfen die Anteile 1 % an CO und anzuheben (Karburierung). Die Höhe der Zumischung
12 % an Wasserstoff im Mischgas nicht überschreiten. orientiert sich am Brennwert. Eine Propanzumischung
Unter Umständen können je nach Versorgungsgebiet ist dabei aufgrund der nachlassenden Verbrennungs-
und Gasversorgungsunternehmen (GVU) diese güte weniger kritisch als eine Butanzumischung. Bei
Grenzwerte nicht ausgeschöpft werden. einer Brennwerteinstellung (HS) bis auf 11,1 kWh/m3
Für Grundgase der 2. Gasfamilie kommen fol- gibt es keine zeitlichen oder technischen (LPG-Zusam-
gende Gase oder Gasgemische zur Konditionierung in mensetzung, Propan-Butan-Verhältnis) Begrenzun-
Frage: gen, bei einer Brennwerteinstellung über
3
1. Luft. Der Einsatz von Luft ist begrenzt durch den 12,1 kWh/m ist ausschliesslich Propan zu verwenden
Sauerstoffgehalt im Mischgas, der vorübergehend und der Einsatz sollte zeitlich beschränkt sein auf Aus-
4 % in trockenen Netzen (3 % bei trockenen Netzen, nahmesituationen2.
0,5 % bei feuchten Netzen) nicht überschreiten darf.
Außerdem darf der die relative Feuchte bei Hoch- Zusatzgase
und Mitteldruck einen Wert von 60 % nicht über- Zusatzgase sind Gasgemische, die sich in der Zusam-
schreiten. mensetzung und den brenntechnischen Kenndaten
1. In der DVGW-Regel G 260 gibt es lediglich den Hinweis auf eine durch CO2 begünstigte Korrosion und dass deshalb eine Gastrock-
nung erfolgen sollte, siehe auch Kapitel 3.3.5, G 260
2. Siehe DVGW-Schriftenreihe Nr. 37
68
Einspeisemöglichkeiten
Kohlenwasserstoffe: Kondensationspunkt
Wasser: Taupunkt
°C
°C
Bodentemperatur
Bodentemperatur
} bei jeweiligem
Leitungsdruck
Nebel, Staub, Flüssigkeit Technisch frei
Sauerstoff-Volumenanteil
In trockenen Verteilungsnetzen % 3
In feuchten Verteilungsnetzen % 0,5
Gesamtschwefel
Jahresmittelwert (ohne Odoriermittel) mg/m3 30
Mercaptanschwefel mg/m3 6
kurzzeitig mg/m3 16
Schwefelwasserstoff mg/m3 5
vom Grundgas unterscheiden. Zur Ergänzung der 2. Gase der 1. Gasfamilie im Gemisch mit Flüssig-
Gasdarbietung oder Verwertung örtlich verfügbarer gas. Die Begrenzung erfolgt durch die Richtwerte
Gase können diese begrenzt zugesetz werden. für Gasbegleitstoffe nach G 260 Tabelle 2 (CO-Vol.
Als Zusatzgase sind zulässig: Gase der 6 %, O2-Vol. 3 %) in trockenen, 0,5 % in feuchten
1. Gasfamilie im Gemisch mit Flüssiggas, Flüssig- Netzen. Für das Mischgas gilt die Begrenzung von
gas/Luft-Gemisch, Austauschgase nach G 260, CO-Vol. ≤ 1 %, H2-Vol. ≤ 12 % (evtl. niedrigere
Kapitel 4.4 (Propan-Luft-Gemisch, Klärgas, Biogas, Gehalte nötig). Die Methanzahl ist und der Jahres-
Grubengas) und sonstige methanreiche Gase ggf. im mittelwert des Gesantschwefels (ohne Odorierung)
Gemisch mit Flüssiggas. ≤ 30mg/m3 sind zu beachten.
Die Hauptforderung beim Einsatz von Zusatzga- 3. Austauschgase.
sen lautet, dass das Brennverhalten des Gemisches Propan wird begrenzt durch den Olefingehalt von
dem des Grundgases gleichartig sein muss. max. 10 Gew.-%, die Einstellung des Pro-
1. Flüssiggas-Luft-Gemische Die Gasbegleitstoffe pan-Luft-Gemisches auf einen abgesenkten
dürfen mit Ausnahme des Sauerstoffgehaltes bei Wobbe-Index aus der Praxis WS,N = 12,5 kWh/m3
Flüssiggas-Luft-Zumischung die Richtwerte aus für Ergas H. Zeitlich begrenzt kann der
Tabelle 3 (G 260) nicht überschreiten. Es gillt für Wobbe-Index auf bis zu WS,N = 11 kWh/m3 für
Propan, Butan und Gemische mit einem Olefinge- Erdgas L angesenkt werden
halt von max. 10 Gew.-%. Ein gleiches Verhalten bei Klär- und Biogas nach DVGW-Merkblatt G 262,
der Verbrennung ist zu gewährleisten. Bei mehr als sowie Grubengas. Durch geeignete Aufbereitung
10 % Zumischung kann die relative Dichte aus müssen die Anforderungen nach Tabelle 3 (G 260)
Tabelle 3 (d = 0,75) überschritten werden. Die erfüllt werden. Eine Korrosionsproblematik durch
brennwertgleiche Zumischung von mehr als 20 % CO2-Anteile ist zu bedenken. Gas aus Spalt- und
kann zu einer Unterschreitung der Wobbe-Index- Kohlenvergasungsanlagen soll einen CO-Volumen-
Untergrenze führen. anteil unter 3 % haben.
Erlaubte Abweichungen: Methanreiche Gase, ggf. im Gemisch mit Flüssig-
Relative Dichte des Erdgas-Flüssiggas-Luft-Gemi- gasen. Der Brennwert soll sich am im Versorgungs-
sches d = 0,85 (Gruppe H) und d = 0,9 (Gruppe L), gebiet üblichen orientieren.
Wobbe-Index-Untergrenze Erdgas H 13,5 kWh/m3, Im Flüssiggas/Luft-Gemisch ist der maximale Olefin-
Erdgas L 11,6 kWh/m3. gehalt auf 10 % zu begrenzen. Höhere Olefingehalte
Bemerkungen: können zu Problemen (bei Überschreitung der relati-
Für den Betrieb von Gasmotoren ist eine Absen- ven Dichte von 0,75 bzw. Unterschreitung des
kung der Methanzahl zu beachten. Wobbe-Index von mehr als 20 %) führen. Die maximal
69
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
zulässige relative Dichte bei Flüssiggaszudosierung tungen zeitlich begrenzt zulässig. Somit sind nur
darf bei Einspeisung als Erdgas L 0,9 und bei Erdgas Geräte verwendbar, die für die Prüfgasgruppen E
H 0,85 nicht überschreiten. Die maximal zulässigen bzw. LL geeignet sind (Abbildung 3-4). Die untenste-
Wobbe-Index-Abweichungen betragen bei Erdgas-H hende Abbildung (Abbildung 3-5) zeigt die Einord-
13,5 kWh/m3 nach unten und bei Erdgas-L bis nung der Prüfgase nach EN 437 im Vergleich zu den
11,6 kWh/m3. Gegebenenfalls sind engere Grenzen in der G 260 spezifizierten Gasen der 2. Gasfamilie.
bei bestimmten Verbrauchern einzuhalten. Die analytischen Methoden zur Bestimmung der
Bei der Einspeisung von Gasen der 1. Gasfamilie Gasbeschaffenheiten sind in G 261 „Prüfung der Gas-
(wasserstoffreiche Gase, Synthesegase) im Gemisch beschaffenheit“ und G 488 „Anlagen für die Gasbe-
mit Flüssiggasen als Zusatzgas sind die gleichen schaffenheitsmessung–Planung, Errichtung, Betrieb“
Bedingungen wie bei der Einspeisung bzw. Zugabe zusammengestellt.
von Konditionierungsgasen zu beachten. Abbildung 3-5 zeigt den Gesamtbereich der Gase
der 2. Gasfamilie nach G 260 mit den Grenzwerten für
Austauschgase Brennwert, relative Dichte und Wobbe-Index.
Austauschgase sind Gase, die sich vom Grundgas in Zu- In Deutschland kommen abhängig vom Her-
sammensetzung und verbrennungstechnischen Kenn- kunftsland regional unterschiedliche Gase zur Vertei-
daten unterscheiden können, aber ein gleiches Brenn- lung. Im wesentlichen sind dies 5 „Qualitäten“, die in
verhalten aufweisen. der G 260 weiter spezifiziert sind. Für eine Einspei-
Propan: Die Begrenzung bezieht sich auf einen sung von Gas aus regenerativen Quellen ist dies von
Olefingehalt von max. 10 Gew.-%. Die Einstellung Bedeutung, weil sich die Aufbereitung sinnvoller-
des Propan-Luft-Gemisches auf einen abgesenkten weise an diesen Beschaffenheiten orientiert. So ist z. B.
Wobbe-Index aus der Praxis beschränkt sich auf
wichtig, dass GUS-H-Gas zum Großteil aus Methan
WS,N = 12,5 kWh/m3 für Ergas H (Geräte sind in
besteht, während Nordsee-Gas auch höhere Kohlen-
EE-Ausführung oder SRG-Einstellung) zeitlich
wasserstoffe enthält (siehe z. B. Methanzahl). Die
begrenzt, WS,N = 11 kWh/m3 für Erdgas L
wichtigsten Kenndaten sind in Tabelle 3-5 und
Klär- und Biogas nach DVGW-Merkblatt G 262,
Tabelle 3-6 aufgeführt.
sowie Grubengas: Durch geeignete Aufbereitung
müssen die Anforderungen nach Tabelle 3 (G 260) Die regionalen Unterschiede resultieren aus der
erfüllt werden. In feuchten Netzen besteht bei Quelle, dem Einspeisepunkt und der Struktur des
hohem CO2-Anteil die Gefahr der Korrosion. Gas gewachsenen Transportnetzes der Ferngasgesellschaf-
aus Spalt- und Kohlenvergasungsanlagen soll ten (siehe Abbildung 3-6).
einen CO-Volumenanteil unter 3 % haben. Die
Gase haben den Tabellen 2–4 (G 260) zu genügen. 3.1.2.2 Aufbereitete Gase aus regenerativen Quellen
Die Gase, die zur gleichen Gruppe gehören sind für die öffentliche Gasversorgung
grundsätzlich austauschbar, wobei die örtlich erlaubten
Wobbezahlschwankungen gemäß G 260 zu beachten Der Anwendungsbereich des Arbeitsblattes G 262 gilt
sind (ca. +5 %, –10 % der Nennwerte der jeweiligen für die Nutzung von Gasen aus thermischen oder fer-
Wobbe-Index-Nennwerte 12,4 bzw. 15,0 kWh/m3). mentativen Prozessen in der öffentlichen Gasversor-
Abweichend von der DVGW-Richtlinie G 260 wer- gung, d. h., für Gase, die als Rohgase keine Gase ge-
den in der DVGW-Richtlinie G 262 – Entwurf (Stand mäß Arbeitsblatt G 260 sind. Im einzelnen sind dies
Juni 2003) weitere Festlegungen getroffen. z. B. Biogase, Klärgase und Deponiegase. Letztere
dürfen nicht in die öffentliche Gasversorgung gelan-
Prüfgase gen, da sie halogenierte Kohlenwasserstoffe enthalten
Prüfgase sind technisch reine Gase oder Gemische, können.
die zur Prüfung der Gasgeräte innerhalb des von der Die Rohgase werden in Gase aus fermentativen
Europäischen Normungsorganisation CEN abgedeck- oder thermischen Prozessen eingeteilt. Die verbren-
ten Bereichs dienen. Die Grenzen der Gasbeschaffen- nungstechnischen Kenndaten werden bei fermentativ
heit unterscheiden sich von den in der G 260 festge- erzeugten Gasen von den inerten Bestandteilen
legten Werten. geprägt, bei thermisch erzeugten vom Wasserstoff-
Vom DVGW-Fachausschuß „Gasförmige Brenn- und CO-Gehalt.
stoffe“ sind für die nationale Ebene die Gesamtberei- Die Hauptkomponenten bei fermentativ erzeug-
che für den Wobbe-Index beibehalten worden. Aus ten Gasen sind stark abhängig von den Erzeugungs-
Gründen der Versorgungssicherheit sind Unterschrei- bedingungen und der vergärbaren Masse. Für CH4
70
Einspeisemöglichkeiten
Abb. 3-4: Bandbreiten der Wobbeindizes der Prüfgase und der Gase der 2. Gasfamilie
Abb. 3-5: L- und H-Gase nach G 260 mit Flüssiggaszumischung und Einordnung der Modellgase
71
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Tabelle 3-5: Beispielhafte Daten von verteilten Gasen nach G 260 – H-Gase
Russland Russland
H-Gas Russland Nordsee I Nordsee II Verbund
+Propan/Luft +Butan/Luft
Methanzahl (±2) 89 72 68 78 47 36
Tabelle 3-6: Beispielhafte Daten von verteilten Gasen nach G 260 – L-Gase
Holland I Holland I
L-Gas Holland I Holland II Osthannover
+Propan/Luft +Butan/Luft
(ca. 45–60 Vol.-%) und CO2 (ca. 40–55 Vol.-%); bei in der Regel bei mehreren tausend ppm/m3. Je nach
instabilem Anlagenbetrieb auch weniger als 45 % CH4 Cosubstrat treten noch Siloxane, andere Schwefelver-
möglich. Als Gasbegleitstoffe treten hauptsächlich bindungen, Halogen-Kohlenwasserstoffe (vor allem
Schwefelwasserstoff (H2S), aber auch andere Schwe- im Klär- und Deponiegas) und Methanol (aus
felverbindungen auf. Die Konzentration an H2S liegt Rapsöl-ME), Ammoniak auf. Nach Kapitel 3.2 müssen
72
Einspeisemöglichkeiten
biogene Austausch- oder Zusatzgase nur die Begleit- für Austauschgas bzw. bei Zusatzgaseinspeisung für
stoffe enthalten, die in G 260, Tabelle 3 enthalten sind das Brenngasgemisch nach dem Mischpunkt)
und diese auch nicht überschreiten. Des Weiteren dür- begrenzt. Die maximale Zumischrate für Wasserstoff
fen keine hygienischen oder gesundheitlichen Risiken im Brenngas wird auf 5 % begrenzt, wobei diese
oder Störungen an Einrichtungen der öffentlichen manchmal nicht ausgeschöpft werden kann.
Gasversorgung auftreten. Zur Verdeutlichung zeigen die beiden folgenden
Zur Nutzung in der öffentliche Gasversorgung Diagramme die Grenzen des CO2-Gehaltes zur Ein-
wird im Entwurf der G 262 geregelt, dass das Rohgas haltung der unteren Wobbe-Index-Grenzen für L-Gas
gereinigt, aufbereitet (entsprechend G 260) und auf (Abbildung 3-7) und H-Gas (Abbildung 3-8) mit der
den Netzdruck des Netzbetreibers verdichtet werden 6 %-Grenze (grün gerahmt):
muß. In keinem Fall dürfen gesundheitliche Risiken Austauschgas: Für die Verwendung als Aus-
vom aufbereiteten Gas ausgehen. Zur Einspeisung in tauschgas ist die Bestimmung der übergebenen Ener-
ein Verteilungsnetz eines örtlichen GVUs muß das giemenge erforderlich. Der durchschnittliche
Gas nach G 280 odoriert werden. Außerdem muss Wobbe-Index eines fermentativ erzeugten Gases liegt
regelmäßig das Vorhandensein bestimmter Gasbe- mit 60 % Methananteil bei ca. 7 kWh/m3 und damit
gleitstoffe wie H2S überprüft werden. Für eine zeit- deutlich unter denen von L- und H-Gas. Daraus folgt,
und wärmeäquivalente Übergabe muss ferner der dass der CO2-Anteil auf jeden Fall verringert werden
Abrechnungsbrennwert bekannt sein. muß, wenn das Gas als Austauschgas verwendet wer-
Nach der Aufbereitung der Rohgase für die öffent- den soll.
liche Gasversorgung können diese entsprechend der Zusatzgas: Für eine Verwendung als Zusatzgas
G 260 als Austauschgas (G 260 Ziffer 4.4.2) oder zum Grundgas gilt die Bestimmung der Energie-
Zusatzgas (G 260 Ziffer 4.2, 4.3) (Gas zur Konditionie- menge gleichermaßen. Zusätzlich ist ein Gasmischer
rung) verwendet werden bzw. dem Netzbetreiber an (G 213) notwendig und die Anforderungen bzgl. Ver-
der Übernahmeschnittstelle zur Verfügung gestellt wendung und Abrechnung nach G 685 hinter dem
werden. Mischpunkt müssen gegeben sein. Der CO2-Anteil
In Kapitel 3.2.1 der DVGW-Richtlinie G 262 wird muss nicht zwingend verringert werden, wenn die
der maximale CO2-Gehalt auf 6 % im Brenngas (gilt Spezifikationen der Arbeitsblätter eingehalten werden
73
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
können. Bei der Einspeisung als Zusatzgas ist die Nutzung in H-Gasgebieten
Brennwertdifferenz des Grundgases zum Zusatzgas Austauschgas: In Versorgungsgebieten mit GUS-Gas-
entscheidend, die sich insbesondere im Sommer bei Qualität ist eine völlig unbeschränkte Verwendung als
geringen Grundgasmengen beschränkend auswirken Austauschgas bei weitgehender CO2-Entfernung
kann. In Ringnetzen kann das Auftreffen von kondi- möglich. In Versorgungsgebieten mit Nordseequalität
tionierten auf nichtkonditionierte Gase bei sensiblen (z. B. Ekofisk (hoher Brennwert nahe 12 kWh/m3,
Gasanwendungen zu Schwierigkeiten führen („Pen- zum Vergleich: Methan, HS,N = 11,06 kWh/m3,
delzonenproblematik“). Es kann daher sinnvoll sein, WS,N = 14,84 kWh/m3) ist auch bei nahezu vollständi-
auf einem höheren Druckniveau bei größeren Grund- ger CO2-Entfernung nur die Verwendung als Zusatz-
gasmengen einzuspeisen, weil dann die Brennwert- gas möglich.
differenzen im konditionierten Gas möglicherweise Zusatzgas: Bei teilaufbereitetem Zusatzgas mit
geringer gehalten werden können. größeren CO2-Anteilen richtet sich die zumischbare
Nach G 260 sind für die 1. Gasfamilie 6 % CO, für Menge nach der Vermischungsregel zur Einhaltung
Spalt- und Kohlevergasungsgase 3 % CO erlaubt. Als der Wobbezahlgrenzen und örtlich erlaubten Brenn-
Grenzen werden unter Berücksichtigung der Wobbe- wertschwankungen nach G 685 (2 % bei thermischer,
zahlgrenzen im Entwurf der G 262 für CO2 6 Vol.-% 1 % bei volumetrischer Abrechnung).
und für H2 5 Vol.-% angegeben. Die Schnittstellen – speziell die Schnittstelle zur
Es ist in jedem Fall auszuschließen, dass Störungen öffentlichen Gasversorgung – mit den relevanten
an Einrichtungen der öffentliche Gasversorgung auf- Regelwerken und Pfaden zur Einspeisung als Aus-
treten können. tausch- und Zusatzgas zeigt die Abbildung 3-9 aus
der G 262. Bisher nicht genannte Regeln und Normen
Nutzung in L-Gasgebieten sind: G 492 „Gas-Messanlagen für einen Betriebs-
Austauschgas: Eine Nutzung als Austauschgas ist druck bis einschließlich 100 bar“.
möglich, wenn CO2 bis auf wenige Prozente entfernt
wird. 3.1.2.3 Gasodorierung nach DVGW Arbeitsblatt G 280
Zusatzgas: Ein Einsatz als Zusatzgas ist beschränkt
in Abhängigkeit von den Netzgegebenheiten möglich. Bei dem Einsatz der aufbereiteten Biogase in der öf-
fentlichen Gasversorgung, sind diese Gase entspre-
74
Einspeisemöglichkeiten
chend zu odorieren d. h. mit einem Warngeruch zu den Verfahren. Bei zeitlichen Änderungen des Ein-
versehen. speisebrennwertes oder bei einer Verteilung von Ga-
Der Entwurf Arbeitsblatt G 280-1 beinhaltet die sen mit unterschiedlichen Brennwerten in räumlich
Anforderungen an Odoriermittel, Typen von Odorier- getrennten Netzen eines GVU ist als Abrechnungs-
mitteln und Sicherheitsmaßnahmen sowie die Techni- brennwert ein Mittelwert (arithmetisches oder men-
ken der Odorierung. Der Entwurf berücksichtigt gengewogenes Mittel der täglichen Gasabgabe und
außer schwefelhaltigen Odoriermitteln jetzt auch des Einspeisebrennwertes in einem Netz evtl. mit Ab-
schwefelfreie Odoriermittel. Im Entwurf Hinweis zug von Großverbrauchern) zu bestimmen und ent-
G 280-2 ist die Umstellung von schwefelhaltigen Odo- sprechend anzuwenden (siehe Kapitel 5.1 bis 5.4
riermitteln auf schwefelfreie Odoriermittel geregelt. DVGW G 685).
Die Gasodorierung ist vor der Netzeinspeisung als Bei einer Verteilung von Gasen mit unterschiedli-
Austauschgas ggf. vom Biogaserzeuger vorzunehmen chen Brennwerten in einem räumlich zusammenhän-
(G 262 Abschnitt 4.2.3, 1. Spiegelstrich). In der VVII genden Netz (vermaschtes Netz) an einer Einspeise-
Abschnitt 5 ist die Odorierung im Bereich der Regio- stelle ist ein Ersatzverfahren nach Kapitel 5.4.2 G 685
nal- und Endverteilung eine Systemdienstleistung des anzuwenden. Dies träfe z. B. auf eine Einspeisung von
Netzbetreibers. aufbereitetem Biogas (Austausch- aber auch Zusatz-
Gemäß der ATV-DVWK-Richtlinie M 363 (Stand gas) in die Mitteldruck- oder Hochdruckverteilebene
08/02), Kapitel 7.5 sind die Gasanforderungen am mit einer nachgelagerten Einspeisestelle in das Nie-
Einspeisepunkt mit dem Netzbetreiber abzustimmen. derdruck- oder Mitteldruckversorgungsnetz (Versor-
Austauschgase sind nach DVGW-G 280 (Stand 12/99) gung von Endkunden) zu. In diesen Fällen ist der
zu odorieren. Brennwert des Mischgases entweder zu messen oder
anhand der Mengenströme und der Brennwerte der
3.1.2.4 DVGW G 685: Gasabrechnung zu mischenden Gase zu berechnen.
Bei einer Verteilung von Gasen mit unterschiedli-
Die DVGW-Regel G 685 regelt die für die Abrechnung chen Brennwerten in einem räumlich zusammenhän-
von Erdgasbezügen (Gase nach G 260) anzuwenden- genden Netz (vermaschtes Netz) an mehreren Einspei-
75
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
sestellen entstehen Misch- und Pendelzonen. Hierbei gas, Nordseegas, Verbundgas sind H-Gase, Holland-
gilt: der Abrechnungsbrennwert ist für jeden einzelnen gas und Gas aus Osthannover sind L-Gase. Diese
Kunden anhand seiner regionalen Lage im Versor- Bezeichnungen sind dem Arbeitsblatt G 260 des tech-
gungsgebiet zu ermitteln. Es ist anzustreben, dass der nischen Regelwerkes des DVGW entnommen.
für ein Versorgungsgebiet zugrunde gelegte Abrech- Die Herkunft der Gase aus unterschiedlichen
nungsbrennwert um nicht mehr als 2 % vom mittleren Quellen und die Struktur des Erdgasnetzes führen zu
Brennwert des dem Kunden während der Abrech- einer regional unterschiedlichen Verteilung der Gas-
nungsperiode gelieferten Gases abweicht. Zur Über- qualitäten. Abbildung 3-11 zeigt, dass innerhalb ein-
prüfung ist daher an jeder Einspeisestelle der Mittel- zelner Bundesländer unterschiedliche Gase zur Ver-
wert (Brennwert) zu bestimmen und für das teilung kommen.
nachgeschaltete Netz ein mengengewichteter Mittel- Das Leitungsnetz der deutschen Gaswirtschaft ist
wert zu berechnen. Hierbei sollten die Einspeisebrenn- seit Beginn des 19. Jahrhunderts auf eine Länge von
werte nicht um mehr als 2 % vom für das Versorgungs- ca. 375.000 km angewachsen. Tabelle 3-7 listet einige
gebiet zugrunde gelegten Abrechnungsbrennwert wichtige Daten zur Entwicklung auf.
abweichen. Andernfalls ist die zuständige Eichbe- Auf Grund seiner Entwicklungsgeschichte ist das
hörde über das anzuwendende Abrechnungsverfah- deutsche Gasnetz zu einer räumlich schwer zu syste-
ren zu unterrichten. matisierenden amorphen Struktur gewachsen und
Aufgrund dieser Bestimmungen kann davon ausge- wird nach Druckstufe und Versorgungsebene klassifi-
gangen werden, dass bei einer Einspeisung von aufbe- ziert.
reiteten Biogasen direkt in die Nieder- bzw. Mittel-
druckversorgungsebene (Endkundenversorgung) über 3.2.1 Einteilung nach Netzebenen
eine zusätzliche Einspeisestelle der Einspeisebrennwert
zeitlich und örtlich mit der Netzqualität weitestgehend Das Erdgaspipeline- bzw. Rohrnetz ist in 4 Versor-
übereinstimmen muß; eine Brennwertanpassung des gungsnetzebenen einteilbar:
aufbereiteten Biogases durch Luft- oder Flüssiggaszu- Ebene 1: Internationales Ferntransportnetz
mischung also erforderlich ist. Bei einer Biogaseinspei- (vorgelagertes Rohrleitungsnetz)
sung in ein Versorgungsnetz über eine Einspeisestelle – Ebene 2: Überregionales Transportnetz
Ebene 3: Regionales Transportnetz
Mischung von Grundgas der übergeordneten Gasver-
Ebene 4: Lokales Verteilungsnetz
teilebene mit biogenem Austausch- bzw. Zusatzgas –
vereinfachen sich das Abrechnungsverfahren und der Das innerdeutsche Ferntransportnetz oder überre-
Aufwand einer Biogaskonditionierung. gionale Transportnetz ist eingebettet in die internatio-
nale Transportebene. Hier wird die internationale
Transportebene mit den regionalen bzw. lokalen Ver-
3.2 Charakterisierung des sorgungsgebieten verknüpft. Darüber werden entwe-
vorhandenen Erdgasnetzes der die Betreiber der nachgelagerten Regionalnetze
(Ebene 3), oder die Betreiber der lokalen Verteilnetze
Das Erdgasaufkommen in Deutschland wird zu ca. (Ebene 4) sowie die industriellen Abnehmer beliefert.
51 % aus westeuropäischen Quellen (Dänemark, Nie- Abhängig von der Lage der Ferntransport-Leitung
derlande, Norwegen, Großbritanien) und zu 31 % aus kann dies über Stichleitungen direkt geschehen, oder
Russland gespeist. Die Gase werden von den impor- aber über mehr oder weniger vermaschte Regional-
tierenden Ferngasgesellschaften über Ferntransport- netze. Die BGW Gasstatistik weißt 15 Ferngasgesell-
pipelines nach Deutschland transportiert. schaften aus.
Abbildung 3-10 zeigt das Ferntransportnetz der im- Die Regionalnetze verbinden die Ferntransport-
portierenden Ferngasgesellschaften (BEB GmbH, netze mit der lokalen Verteilebene. Bei den lokalen
RWE AG, E.ON Ruhrgas AG, VNG Verbundnetz Gas Verteilungsnetzen handelt es sich um eng vermaschte
AG, und Wingas GmbH) ohne die regionale Trans- Netze (bzw. Strahlen-, Verästelungs-, Ring- und ver-
portleitungen. Aus eigener Produktion stammen ca. maschtes Rohrnetz), die zur lokalen Versorgung mit
18 % (Norddeutsche Tiefebene, Altmark-Region) des Erdgas dienen. Analog zu anderen lokalen Versor-
Gesamtaufkommens. Als Naturprodukt weißt Erdgas gungsnetzen erfolgt die Trassenführung entlang dem
aus den verschiedenen Quellen eine unterschiedliche Straßennetz. Das technische System der Ortsgasver-
Beschaffenheit auf. An Hand der Wobbe-Indizes wer- sorgungsunternehmen lässt sich durch ein Verteilnetz
den die Erdgase in H- und L-Gase eingeteilt: Russen- charakterisieren, welches in den Straßenzügen der
76
Einspeisemöglichkeiten
berohrten Stadtteile verlegt ist. Damit folgt dieses der tiefsten Netzebene liegen bei Nennwerten von
Netz in seiner Geometrie weitgehend der geometri- DN 50 bis DN 600 Fließdrücke von ≤ 30 bis 100 mbar an.
schen Struktur der Straßenzüge der Gemeinden. Die Die zweite Klassifizierungsmöglichkeit geht über
Ortsgasversorgungsunternehmen sind ausschließlich die Einteilung in Druckstufen und Durchmesser und
zur Versorgung der Kunden in der Endverteilerstufe wird in Tabelle 3-8 gezeigt.
zuständig. In der existierenden Lieferkette beziehen Das Leitungsnetz der deutschen Gaswirtschaft
sie ihr Gas typischerweise von den Regionalversor- besteht zu 27 % aus 101.250 km HD-Leitungen (mehr
gungsunternehmen, aber auch der direkte Bezug von als 1 bar bis zu 120 bar), zu 38 % aus 142.500 km
einer importierenden Ferngasgesellschaft ist üblich. MD-Leitungen (100 mbar bis 1 bar) und zu 35 % aus
131.250 km ND-Leitungen (bis 100 mbar).
3.2.2 Einteilung nach Druckstufen Die möglichen transportierbaren Kapazitäten erge-
ben sich aus folgenden Überlegungen:
Die überregionalen Haupttransportleitungen führen bei
Nenndurchmessern von DN 400 bis DN 1200 und 3.2.2.1 Niederdrucknetze
Drucken bis PN 120 Normvolumenströme von ca. 1,0
bis 2,5 Millionen m3/h. Regionale Leitungen werden in Die Transportkapazität für einen Leitungsquerschnitt
einem breiten Spektrum von 1 bis 70 bar betrieben. Auf folgt aus der Strömungsgeschwindigkeit und dem zu-
77
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Abb. 3-11: In Deutschland zur Verteilung kommende Gase mit den wichtigsten Kennwerten
Druckbereich ND MD HD
Überdruck pe bar ≤ 0,03 > 0,03–0,1 > 0,1–1 > 1–16 40–100
Nennweite DN 50–600 50–600 100–400 300–600 400–900
Vn m3/h 24,7–3562 70–10000 508–16.285 81.430–325.720
78
Einspeisemöglichkeiten
lässigen Druckverlust. Unter Zugrundelegung von minimalen Gasabnahme aus dem Netz. In Form von
Grenzgeschwindigkeiten (3 bis 6 m/s für Versor- Austauschgas kann immer nur soviel Gas eingespeist
gungsleitungen, 6 bis 10 m/s für Hauptleitungen), werden, wie von den nachgelagerten Verbrauchern
werden diese in ND-Leitungen aufgrund des Druck- abgenommen wird. Durch Transportverpflichtungen
verlustes nicht erreicht. Das anliegende Druckgefälle der Netzbetreiber können im Winter Probleme auftre-
bzw. die Transportkapazität muss so groß bleiben, ten, wenn für die Einspeisung von Biogas als Aus-
dass beim Endkunden ein Versorgungsdruck von tauschgas in einem ND-Netz nicht ausreichend Trans-
22 mbar bei maximaler Abnahmemenge gewährleistet portkapazitäten vorhanden sind.
ist. Während bei großen Netzen, die eine ausreichend
hohe Pufferkapazität haben, der Tagesgang der Gas-
3.2.2.2 Mitteldruck- und Hochdrucknetze abnahme nur von geringer Bedeutung ist, muss dieser
bei kleineren Netzen berücksichtigt werden. Abbil-
Auch für die MD- und HD-Netze gilt, dass die verfüg- dung 3-12 zeigt einen typischen Tagesgang.
bare Transportkapazität durch den nutzbaren treiben- Ein solcher Lastgang ist abhängig von der Ver-
den Druckgradienten bestimmt wird. Die Strömungs- braucherstruktur und der Außentemperatur.
geschwindigkeiten sind höher als in ND-Leitungen.
Zu beachten ist immer, dass der Druck im nachge-
schalteten Netz die untere Grenze bestimmt.
Kunden des häuslichen Bereiches werden über
ND-Netze bis ca. 45 mbar, bei neu erschlossenen
Gebieten auch über ND-Netze mit bis ca. 100 mbar,
MD-Netze bis 1 bar oder HD bis 4 bar, teilweise auch
darüber, versorgt. Die Netze sind zum Teil überlagert.
Größere Industrielle Kunden werden aus den regiona-
len Transportleitungen mit Drücken, die auch über
10 bar liegen können, bedient.
Um die in das Erdgasnetz einspeisbare Menge des
aufbereiteten, netzkompatiblen Gases bestimmen zu
können, sind zwei wesentliche Restriktionen zu
beachten. Die netzseitigen Restriktionen und die
Restriktionen durch die gasversorgte Fläche bzw.
nicht gasversorgte Fläche. Abb. 3-12: Exemplarischer Tageslastgang mit ausgepräg-
ten Verbrauchsspitzen (Quelle: Ruhrgas)
3.2.3 Technische Kriterien zur Einspeisung von
Biogas
79
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Eine Auftragung der Relationen zum jeweiligen Tabelle 3-9: Durchschnittliche Gasabgabe im Jahr und im
Durchschnittswert liefert für die Durchschnittstunde Sommer /8/
eines Tages den Wert 1, die tatsächlichen Stunden-
Gasabgabe an Sommer-
werte sind also entsprechend größer oder kleiner 1
Bundesland Verbraucher grundlast
(Abbildung 3-13). in Mio. kWh/a in Mio. kWh/d
Es ist eine einheitliche Absenkung der Gasab-
Brandenburg 19.015 25,48
nahme in den Nachtstunden festzustellen. Dieses
Berlin 18.122 24,28
sogenannte Nachttal beträgt für dieses Beispiel rund
40 % bis 60 % der durchschnittlichen Abnahme pro Bremen 6.932 9,29
Tag. Für kleine Versorgungsnetze kann davon ausge- Baden-Württemberg 72.681 97,39
gangen werden, dass bei einer kontinuierlichen Ein- Bayern 103.477 138,66
speisung ein Wert von 40 % des Tagesdurchschnitts Hamburg 24.920 33,39
nicht überschritten werden darf. Bei größeren Netzen
Hessen 97.412 130,53
kann die Pufferwirkung des Netzes und eine höhere
Mecklenburg- 13.468 18,05
Grundlast eine höhere Einspeisemenge ermöglichen. Vorpommern
Zur Ermittlung der minimalen Last wird die
Nordrhein-Westfalen 263.281 352,80
durchschnittliche Abgabe pro Sommertag /8/ auf
Niedersachsen 110.450 148,00
eine Stunde gemittelt und mit dem Faktor für das
„Nachttal“ gewichtet. Rheinland-Pfalz 30.054 40,27
80
Einspeisemöglichkeiten
Abb. 3-15: Anzahl der Gasversorger unterteilt nach dem Verhältnis der Gasabnahme pro Tag /8/
Als weiteres Klassifizierungsmerkmal dient das Gewerbebetreiben und Industrie vor, dies sind rund
Verhältnis der durchschnittlichen Abgabe pro Som- 42 % der GVU. Bei darüber liegenden Werten wird
mertag zur höchsten Abgabe pro Tag. Dieses Verhält- der Gasabsatz von gewerblichen und industriellen
nis ist in Abbildung 3-15 dargestellt. Abnehmern geprägt, was jedoch nur bei etwa 4 % der
Liegt das Verhältnis unter 0,15 so kann davon aus- GVU der Fall ist. Für 55 GVU, entsprechend 8 %, kann
gegangen werden, dass das entsprechende Gasnetz eine solche Angabe nicht gemacht werden, da die ent-
von Wohnbebauung dominiert wird, wie dies bei sprechenden Daten in der Gasstatistik fehlen, oder
etwa 45 % der GVU der Fall ist. Bei mittleren Verhält- das Verhältnis der dort gemachten Angaben über 1
nissen bis unter 0,45 liegt eine Durchmischung mit liegt.
81
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Abb. 3-16: Verteilung der GVU in die verschiedenen Klassen und Kennzeichnung der charakteristischen GVU (rechts oben
Ausschnittvergrößerung des rot schraffierten Bereiches links unten) , nach /8/
lfd. Nummer
Bundesland Niedersachsen Baden-Würt. Bayern Brandenburg NRW Baden-Würt.
Absatzmenge Klein Klein Mittel Mittel Groß Groß
Zusammensetzung Wenig Gewerbe Viel Gewerbe Wenig Gewerbe Viel Gewerbe Wenig Gewerbe Viel Gewerbe
Höchste Abgabe 745 916 3.830 1.927 20.394 36.765
Sommer/Winter 0,11 0,21 0,11 0,22 0,13 0,22
Sommertag 79 188 439 419 2.606 8.252
Hausanschlüsse 2.300 1.950 7.600 4.252 50.378 27.235
82
Einspeisemöglichkeiten
Werden diese beiden Merkmale kombiniert, ergibt 3.2.3.2 Einspeisung von Zusatzgas
sich die in Abbildung 3-16 dargestellte Klassifizierung
der Gasversorger. Bei der Einspeisung von Zusatzgas richtet sich die
Aus den oben genannten Klassen für Größe und einspeisbare Menge ebenfalls nach der in Tabelle 3-11
Verhältnis, deren Grenzen in Abbildung 3-16 einge- aufgeführten Austauschgasmenge, beträgt aber nur
zeichnet sind, lassen sich für diese Bereich typische einen Bruchteil dieser, entsprechend des angestrebten
GVU definieren, siehe Tabelle 3-10. Mischungsverhältnisses. Es gelten die Berechnungen
Die charakteristischen GVU sind in Tabelle 3-10 mit den Restriktionen bezüglich Brennwert,
mit den entsprechenden Daten angegeben. Nicht Wobbe-Index und CO2-Konzentration. Aufgrund der
angegeben sind GVU mit einem Verhältnis der Gasab- geringen zulässigen Volumenströme und der Not-
nahme über 0,4. Dies sind insgesamt nur 31 von 690 wendigkeit eines Mischers, kommt eine Einspeisung
GVU. Eine Klassifizierung dieser Unternehmen nur bei wenigen Versorgern in Betracht. Dies ist je-
erscheint wenig sinnvoll. doch einzeln zu prüfen.
Entsprechend der Klassifizierung sind die Last- Die Kombination der verabredeten Modellgase mit
gänge einiger Unternehmen abgefragt worden, um den in der G 260 spezifizierten Gasen führt auf die
den Faktor für das „Nachttal“ zu bestimmen. nachfolgend dargestellten Einspeisemengen. Die Pro-
Unter Berücksichtigung der oben beschriebenen zentangaben sind die jeweils zu den Grundgasströ-
Tagesgänge und der daraus folgenden, maximalen, men zumischbaren Zusatzgasmengen.
kontinuierlichen Einspeisung der durchschnittlichen Bei der Einspeisung als Zusatzgas ist die Brenn-
Abgabe an einem Sommertag ergeben sich die in wertdifferenz des Grundgases zum Zusatzgas ent-
Tabelle 3-11 angegebenen Energiemengen bei der Ein- scheidend, die sich insbesondere im Sommer bei
speisung von Austauschgas. Zusätzlich ist die Anzahl geringen Grundgasmengen beschränkend auswirkt.
der Unternehmen angegeben, die in die jeweilige In Ringnetzen kann das Auftreffen von konditionier-
Kategorie fallen. ten auf nichtkonditionierte Gase bei sensiblen Gasan-
Bezüglich der Einspeisung als Austauschgas ist wendungen zu Schwierigkeiten führen („Pendelzo-
neben den oben genannten summarischen Werten nenproblematik“). Es kann daher sinnvoll sein, auf
immer auch die maximale Transportkapazität desjeni- einem höheren Druckniveau bei größeren Grundgas-
gen Teils des Netzes in Betracht zu ziehen, wo das mengen einzuspeisen, weil dann die Brennwertdiffe-
Biogas eingespeist werden soll. Der Wahl eines geeig- renzen im konditionierten Gas möglicherweise gerin-
neten Anschlusspunktes kommt also eine wesentliche ger gehalten werden können.
Bedeutung zu. Demnach kommt hier der Wahl des Anschluss-
Hier ist zu unterscheiden zwischen Rohrstrecken, punktes eine noch größere Bedeutung zu, als dies
die als reine Versorgungsleitung für einen Siedlungs- beim Austauschgas der Fall ist. Es muss eine Rohr-
oder Gewerbekomplex dienen und solchen Rohrstre- strecke gewählt werden, in der eine ausreichende
cken, die innerhalb des lokalen Verteilnetzes auch eine Gasmenge kontinuierlich transportiert wird.
Transportfunktion zu weiteren Siedlungs- oder Das ist zu unterscheiden von der Kapazität der
Gewerbekomplexen übernehmen können. Letztere betreffenden Rohrstrecke, einen bestimmten Gasvolu-
sind für den Anschluss zu bevorzugen. Hierbei ist zu menstrom auch in andere Teile des Netzes zu transpor-
bedenken, dass die Transportkapazität des Netzes bei tieren, wie es als Forderung für die Einspeisung von
einem hohen Gewerbe-Anteil mindestens um den Austauschgas ausreichend ist. Die erforderliche Menge
Faktor 5 über den oben genannten Grundgasmengen an Grundgas muss hier tatsächlich auch transportiert
liegt; in Netzen mit einem geringen Gewerbe-Anteil werden, unabhängig vom Betrieb der Biogasanlage.
sogar um den Faktor 10. Eine ausführliche Analyse des jeweiligen Ortsnet-
Bei den insgesamt 195 kleinen GVU mit einem zes, der transportierten Menge in verschiedenen
Gasabsatz bis 200 GWh/a ist davon auszugehen, dass Rohrstrecken und vor allem der Tages-, Wochen-, und
die entsprechenden Netze über einen oder wenige Jahresgänge der transportierten Menge stellt ein
Einspeisepunkte aus dem regionalen Versorgungsnetz wesentliches Hindernis bei der Einspeisung dar.
bedient werden. Hier steht für die Einspeisung von Dies kann insbesondere in kleineren Netzen, die
Biogas zumindest an einer Stelle, nämlich direkt hin- von nur einer oder von wenigen Übergabestationen
ter der Übergabestation, ein Großteil des oben ange- versorgt werden, vermieden werden, indem die Ein-
gebenen Gasabsatzes zur Verfügung. speisung des Biogases in die Hauptzuleitung des
lokalen Verteilnetzes erfolgt.
83
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
84
Einspeisemöglichkeiten
Die Erreichbarkeit des Erdgasnetzes für aufbereitetes Erdgas wird in Rohrleitungsnetzen transportiert und
und netzkompatibles Gas wird durch die gasver- verteilt. Diese Netze werden entsprechend ihres
sorgte Fläche bestimmt. Dabei ist es unerheblich, ob es Nenndruckes in Hochdrucknetze (> 1 bar), Mittel-
sich um lokale Versorgungsleitungen oder regionale drucknetze (100 mbar bis 1 bar) und Niederdruck-
HD-Leitungen handelt. Die regionalen HD-Leitungen netze (23 mbar) eingeteilt.
liegen innerhalb der OVU-Gebiete (Abbildung 3-17) Der Nennwert des Anschlussdruckes von Gasge-
und sind damit durch den hier präzisierten Ansatz räten beträgt 20 mbar. Dieser Anschlussdruck darf
ausreichend berücksichtigt. zwischen 18 und 24 mbar schwanken und muss von
Bei der näheren Betrachtung einiger exemplari- dem Gasversorger sichergestellt werden. Höhere Ein-
scher Bundesländer wird fast die gesamte Fläche als speisedrücke als 24 mbar sollten somit in Nieder-
Versorgungsgebiet ausgewiesen. Die Verteilung der drucknetze vermieden werden. Im Wesentlichen wer-
Gasversorgungsunternehmen zeigt Abbildung 3-18. den Niederdrucknetze mit 23 mbar betrieben.
Es ist also davon auszugehen, dass die Flächen- Werden höhere Drücke für die Verteilung verwen-
restriktionen deutlich hinter die technischen Restrik- det, muss der Druck über Druckregelanlagen bzw.
tionen zurücktreten. Die Projektierung einer Anlage Hausdruckregler auf 20 mbar heruntergeregelt werden.
zur Einspeisung ist generell überall möglich, ein Der Gasverbrauch verhält sich bis zu einer Tempe-
besonders vorteilhafter Standort ist auf jeden Fall eine ratur von etwa 16 °C linear zu der mittleren Tagestem-
Einzelfallbetrachtung. peratur. Auf Grund der jahreszeitlichen Temperatur-
Auch Gebiete in denen die Anzahl der Versor- schwankungen verändert sich somit auch der
gungsunternehmen pro Fläche geringer ist, gelten als Gasverbrauch pro Tag. Diese Sachverhalte sind in den
vollversorgt. Abbildungen 3-19 und 3-20 dargestellt.
In Abbildung 3-19 ist der Gasbedarf über das Gas-
wirtschaftsjahr dargestellt, welches den Zeitraum
3.3 Möglichkeiten und Grenzen der vom 1. Oktober des laufenden Jahres bis zum 30. Sep-
Gaseinspeisung (Gutachten des tember des folgenden Jahres umfasst.
DBI – Netzsimulationsrechnung) Abbildung 3-20 zeigt den Zusammenhang zwi-
schen Gasabsatz und mittlerer Tagestemperatur. Hier
Biogas als erneuerbare Energie wird derzeit im we- wird deutlich, dass der Gasabsatz sich ab einer Tem-
sentlichen zur dezentralen Stromerzeugung genutzt. peratur von 16 °C nicht mehr verändert.
Um diese Energie auch für die Wärmeerzeugung in Während des Tages ändert sich der Gasverbrauch
größerem Maßstab zu nutzbar zu machen, ist die Ein- infolge des Nutzerverhaltens. Abbildung 3-21 zeigt den
speisung des Biogases in die öffentlichen Netze der Druckverlauf einer Gasleitung während eines Tages. Es
Gasversorger notwendig. sind deutlich die druckschwachen Zeiten von 6–8 Uhr
Es soll unter dem Einsatz von Rechenfällen die und 15–18 Uhr zu erkennen, das heißt in diesen Zeit-
Möglichkeit der technischen Machbarkeit der Vertei- räumen ist der Gasverbrauch am höchsten, während in
lung von Biogas in den öffentlichen Netzen der Gas- der Nacht der Einspeisedruck fast erreicht wird.
versorger nachgewiesen werden. Entsprechend dem Vorgenannten sind für die
Weiterhin soll abgeschätzt werden, für wie viele Beurteilung der technischen Einspeisemöglichkeiten
Gemeinden bzw. Städte eine Einspeisung von Biogas in Niederdrucknetze Berechnungen mit Grundlast
denkbar ist. notwendig.
Für diese Untersuchungen werden folgende
Annahmen getroffen: 3.3.2 Technische Einspeisemöglichkeiten
- Das einzuspeisende Biogas hat H-Gas-Qualität ent-
sprechend G 260. Für die Einschätzung der Einspeisemöglichkeiten in
- Der Ausgangsdruck des Biogases nach der Aufbe- die Niederdrucksystem wurden mit dem Netzberech-
reitung beträgt zwischen 6 bar und 12 bar. nungsprogramm STANET, Version 7.3 Berechnungen
- Die Biogasaufbereitungsanlagen haben Leistungen durchgeführt. Mit diesem Programm können die sich
von 30 m3/h, 150 m3/h, 300 m3/h und 360 m3/h. einstellenden Netzdrücke in Abhängigkeit der Ab-
- Die Abgabe der Leistung der Anlagen erfolgt konti- nahmeverhältnisse ermittelt werden.
nuierlich über das ganze Jahr und ist konstant.
85
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
3.3.2.1 Berechnungen des Niederdrucknetzes Druck von 23 mbar betrieben. Insgesamt werden da-
mit ca. 5.000 Haushalte versorgt.
Für die Berechnung des Niederdrucknetzes wurde auf Die mit ihm gemachten Aussagen können auch auf
das Netzmodell (Abbildung 3-22) eines realen, anony- größere Netze übertragen werden, wenn man
misierten Gasversorgungsnetzes zurückgegriffen. Das bedenkt, dass der Einflussbereich von Regelanlagen
verwendete Netz entspricht dem einer Kleinstadt, hat begrenzt ist. Große Netze können somit als aus meh-
eine Gesamtlänge von 52 km und wird mit einem reren kleinen Netzen zusammengesetzt betrachtet
86
Einspeisemöglichkeiten
werden, für die dann jeweils die Aussagen Anwen- nicht direkt von einer Regelanlage gespeist, sondern
dung finden. von Norden her mit Gas versorgt.
Die Berechnungen wurden für Temperaturen von Die zusätzliche Einspeisung erfolgt über eine 10 m
–10 °C und 15 °C vorgenommen. Entsprechend wur- lange Leitung DN 200. Es wird also vorrausgesetzt,
den die Verbrauchsmengen der Tarifabnehmer korri- dass sich die Biogasaufbereitungsanlage direkt neben
giert. Die Abnahmemengen der Sondertarifkunden dem vorhandenen Leitungssystem befindet.
wurden nicht berücksichtigt, um eine möglichst allge- Für eine Berechnungstemperatur von –10 °C und
meingültige Aussage zu treffen. einem Einspeisedruck von 23 mbar ergibt sich einen
Die erste Berechnung erfolgte für eine Biogas- Einspeiseleistung von 375 m3/h i. N. Diese ist um
einspeisung an der Südspitze des Netzes 15 m3/h i. N. größer als die größte angenommene
(Abbildung 3-23). Dieses Gebiet wird normaler Weise Leistung der Biogasaufbereitungsanlagen von
360 m3/h i. N.
87
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
88
Einspeisemöglichkeiten
Einspeisedruck der
Leistung In Abbildung 3-26 ist nochmals die Berechnung ent-
Biogasaufbereitungsanlage
sprechend des Abschnittes Technische Einspeisemög-
24,8 mbar 30 m3/h i. N. lichkeiten mit einer Einspeisung von 30 m3/h i. N. Bio-
56,0 mbar 150 m3/h i. N. gas dargestellt. Die Leitungen wurden entsprechend
145,0 mbar
den sich einstellenden Gasbeschaffenheiten eingefärbt.
300 m3/h i. N.
Grün: H-Gas (aus Biogaseinspeisung)
190,0 mbar 360 m3/h i. N. Gelb: H-Gas (Erdgaseinspeisung)
Rot: Mischgas
Die berechneten Drücke liegen in Druckbereichen Es ist ersichtlich, dass es keine feste Grenze zwi-
für erhöhten Niederdruck (40 bis 100 mbar) bzw. im schen Biogas und Erdgas gibt. Die einzelnen Gasbe-
Mitteldruckbereich (100 mbar bis 1 bar). schaffenheiten vermischen sich nach wenigen Leitungs-
Diese Berechnungen zeigen, dass eine Einspeisung knoten und werden von dort weiter im Gasnetz verteilt.
von Biogas direkt in Niederdrucknetze ohne eine Es besteht somit die absolute Notwendigkeit, Bio-
genaue Berechnung des jeweils konkreten Netzes gas in einer Qualität einzuspeisen, die der von H-Gas
nicht sinnvoll ist. entspricht, wenn in ein Niederdrucknetz eingespeist
Die Machbarkeit ist stark abhängig von Netzstruk- werden soll.
tur, Einspeisepunkt und den sich bei verschiedenen
Abnahmemengen einstellenden Druckverhältnissen. 3.3.4 Einschätzung der Biogaseinspeisemög-
lichkeiten
3.3.2.2 Berechnungen des Hochdrucknetzes
Ausgangspunkt für die Einschätzung der Einspeise-
Da für die Berechnung kein reales Modell zur Verfü- möglichkeiten sind die Ergebnisse der Berechnungen
gung stand wurde für die Berechnung eine Leitung entsprechend Abschnitt 3.3.2.
mit folgenden Parametern simuliert. Als allgemein möglich sind Einspeisungen in Mittel-
Länge: 200 km und Hochdrucknetze anzusehen. Aus diesem Grund ist
Nennweite: DN 500 die Verteilung dieser Netze in der BRD interessant.
Einspeisedruck: 25 bar Grundlage für Tabelle 3-14 sind das Statistische
Durchfluss: 50.000 m3/h i. N. Jahrbuch 2002 und die 124. Gasstatistik des BGW.
Auf der Hälfte der Strecke wurde eine zusätzliche Dem Statistischen Jahrbuch wurden die Werte für
Einspeisung (angenommene Biogasaufbereitungsan- Flächen mit dem Stand 31.12.2000 entnommen. Die
lage) eingefügt, die wiederum über eine 10 m lange Daten für die Leitungslängen stammen aus der BGW
Leitung DN 200 mit dem System verbunden ist. Statistik mit Stand 2002.
(Abbildung 3-25) Bei der Statistik des BGW ist zu beachten, dass Lei-
Die Berechnung mit einer konstanten Einspeisung tungslängen unternehmensbezogen dem Bundesland
von 360 m3/h i. N. zeigt, dass eine solche zusätzliche zugeordnet wurden, in dem der Hauptsitz des Unter-
Einspeisung keine Probleme bereitet. nehmens liegt.
Ausgehend von der Überlegung, dass die Mög-
lichkeit einer Einspeisung mit der Leitungsdichte
wächst, wurde die Leitungsdichte für Mittel- und
Hochdruckleitungen bezogen auf die Bundesländer
ermittelt und in der Tabelle angegeben.
Für Einspeisungen in Mitteldrucksysteme sind die
folgenden Länder vorzuziehen.
Niedersachsen 0,860 km/km²
Abb. 3-25: Hochdruckleitung
Nordrhein-Westfalen 0,789 km/km²
Berlin 0,639 km/km²
Schleswig-Holstein 0,590 km/km²
Hamburg 0,587 km/km²
89
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Tabelle 3-14: Gasstatistik des BGW (Auszug); Abkürzungen: NDL: Niederdruckleitung, MDL: Mitteldruckleitung,
HDL: Hochdruckleitung, GVU: Gasversorgungsunternehmen
Fläche Leitungslänge
Land Anzahl GVU Leitungslängen in km
in km2 je Fläche
MDL HDL
NDL MDL HDL Summe
km/km2 km/km2
90
Einspeisemöglichkeiten
91
4
4 Potenziale der
Biogaserzeugung
In diesem Kapitel werden die Biomassepotenziale - Technisches Potenzial. Das technische Potenzial
Deutschlands untersucht. bezeichnet den Anteil des theoretischen Potenzials,
In einem ersten Schritt wird das Aufkommen des das unter Berücksichtigung der gegebenen techni-
jeweiligen biogenen Primärenergieträgers in Tonnen schen sowie ggf. vorhandener struktureller und
pro Jahr ermittelt. Nach Konversion in einer Biogasan- ökologischer Restriktionen bzw. der gesetzlichen
lage steht der Sekundärenergieträger in Form von Bio- Vorgaben nutzbar ist. Obwohl letztere Einschrän-
gas bereit. Die folgenden Angaben in PJ/a beziehen kungen grundsätzlich zwar nicht-technischer Natur
sich auf den Heizwert des Biogases. sind, werden sie – da sie prinzipiell „unüberwind-
Die Biomassepotenziale zeigen eine maximale bar“ sind – wie technische Restriktionen behandelt.
Obergrenze der Energienutzung aus Biomasse auf. Das technische Potenzial beschreibt damit den zeit-
Die reale Umsetzung zum Endenergieträger wird und ortsabhängigen, primär aus technischer Sicht
immer unter dem Potenzial bleiben. möglichen Beitrag zur Nutzung regenerativer Ener-
gien und ist i. Allg. geringen zeitlichen Schwankun-
gen unterworfen. Deshalb wird hier ausschließlich
4.1 Definitionen das technische Potenzial betrachtet.
- Wirtschaftliches Potenzial. Das wirtschaftliche
Für die Bearbeitung der Studie werden sowohl bei Potenzial beschreibt den Anteil des technischen
den Potenzialbegriffen bzw. der jeweiligen Ab- bzw. Potenzials, der auf der Basis der jeweils zugrunde
Eingrenzung als auch bei den zu untersuchenden Bio- gelegten Kriterien wirtschaftlich erschließbar ist.
massefraktionen Definitionen verwandt, um eine ein- Da es quasi unendlich viele unterschiedliche Mög-
heitliche Basis zu legen und für das Gesamtziel ver- lichkeiten gibt, die konkreten Wirtschaftlichkeits-
gleichbare, nachvollziehbare und übertragbare kriterien aus betriebswirtschaftlicher Sicht zu
Ergebnisse zu liefern. setzen, die sich zudem schnell und laufend ändern,
Terminologisch sind die Potenziale wie folgt defi- wird das wirtschaftliche Potenzial hier nicht
niert: betrachtet.
- Theoretisches Potenzial. Das theoretische Poten- - Erschließbares Potenzial. Das erschließbare Poten-
zial beschreibt das in einer gegebenen Region inner- zial beschreibt den Anteil des technischen Potenzi-
halb eines bestimmten Zeitraumes theoretisch als, der letztlich de facto erschließbar ist. Es ist
physikalisch nutzbare Energieangebot aus regene- i. Allg. kleiner als das wirtschaftliche Potenzial, da
rativen Energien. Damit wird eine Obergrenze oft selbst wirtschaftliche Anlagen aufgrund noch
gesetzt, die den theoretisch realisierbaren Beitrag vorhandener, aber bereits abgeschriebener Altanla-
zur Energiebereitstellung widerspiegelt. In der Pra- gen nicht gebaut werden. Es kann aber auch größer
xis ist das theoretische Potenzial nicht von Rele- sein, wenn durch entsprechende staatliche Maß-
vanz, da einer praktischen Nutzbarmachung nahmen eine Unterstützung gewährt wird. Damit
unüberwindbare technische, ökologische, struktu- ist aber das erschließbare noch mehr als das wirt-
relle, administrative und sonstige Schranken entge- schaftliche Potenzial sich schnell und unvorherge-
gen stehen. Dieses Potenzial wird hier deshalb – da sehen ändernden Rahmenbedingungen ausgesetzt;
es keine praktische Relevanz besitzt – nicht weiter- es wird deshalb nicht weitergehend betrachtet.
gehend betrachtet.
92
Potenziale der Biogaserzeugung
Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel der Potenzi- durch spezifische Werte ergänzt bzw. abgeschätzt.
alanalyse, die technischen Potenziale der in Deutsch- Dies gilt insbesondere für Potenziale, deren Relevanz
land vorhandenen Biogas-Energieträger umfassend als regional sehr begrenzt anzusehen ist. Bei gänzlich
auf der Basis aktueller Daten zu bestimmen. Hierzu fehlenden Angaben (z. B. Auspunktungen in Statisti-
werden aus den oben genannten Gründen ausschließ- ken usw.) wurden die Werte anhand derer aus ähnlich
lich die technischen Potenziale betrachtet. strukturierten Regionen abgeschätzt und ergänzt. Die
Zunächst wurden für die einzelnen Sortimente die Potenziale für Landschaftspflegematerialien wurden
energetisch nutzbaren Mengen (d. h. unter Berück- zu einem hohen Anteil über flächen- und einwohner-
sichtigung der stofflichen Nutzung, Aspekten des spezifische Werte ermittelt /45/, /51/, /65/.
Stoffhaushaltes etc.) ermittelt. Unter Berücksichtigung Die erhobenen Stoffströme wurden nach ihrem Auf-
von Biogasausbeuten lässt sie die Menge produzierba- kommen (Erzeugungsherkunft) charakterisiert und in
ren Biogases errechnen. Aus dieser Menge kann über Potenziale aus der Landwirtschaft, Potenziale aus
den jeweiligen Methangehalt des Biogases der Heiz- Industrie und Gewerbe und Potenziale aus Kommu-
wert bestimmt werden. Dieser wird zur Charakterisie- nen strukturiert.
rung des Biogaspotenzials in dieser Studie angegeben.
4.2.1 Landwirtschaft
93
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Futterbänder) relativ gering und finden deshalb bei Für die hier vorgenommene Potenzialanalyse wird
der Potenzialbetrachtung keine Beachtung. von der derzeitig praktizierten Nutzungsänderung
Ernterückstände aus dem Nutzpflanzenbau stel- von Flächen zum Abbau von Überproduktionen in
len ebenfalls potenzielle (Co-)Substrate für eine Ver- der Landwirtschaft ausgegangen, und damit sowohl
gärung in Biogasanlagen dar. Auf Grund der mengen- von Anbauflächen als auch den damit verbundenen
mäßigen Relevanz wurden für eine Potenzial- Ernteerträgen. Die Umnutzung der landwirtschaftli-
abschätzung nur die Ernterückstände aus dem Zuk- chen Flächen für den Anbau von Substraten zur Bio-
kerrübenanbau (Rübenblatt) und dem Kartoffelanbau gasgewinnung ist an ein vom BLE /5/ vorgeschriebe-
(Kartoffelkraut) betrachtet. Weitere Substrate (z.B. nes Verfahren gekoppelt, das es bei dessen strikter
Rückstände des Gemüseanbaus) besitzen verglichen Einhaltung den Landwirten ermöglicht, trotz des
mit den beiden genannten Kulturen nur eine sehr Anbaus von nachwachsenden Rohstoffen weiterhin
geringe Bedeutung /45/. die Stilllegungsprämie zu beziehen. Der Anbau von
nachwachsenden Rohstoffen ist auch auf normalen
4.2.1.2 Nachwachsende Rohstoffe (NaWaRo) Ausgleichsflächen möglich, wobei hier der entgan-
gene Ertrag für die jeweilige Marktfrucht gegen
Unter dem Begriff nachwachsende Rohstoffe (Na- gerechnet werden muss. Es kommen zwar prinzipiell
WaRo) werden ein- oder mehrjährige Kulturen ver- mehrere Pflanzenarten für den Anbau als Biogassub-
standen, die auf landwirtschaftlichen Nutzflächen zur strat in Betracht, für die Abschätzung wurde aber ein
ausschließlichen energetischen Verwertung angebaut ausschließlicher Anbau von Silomais unterstellt, da er
werden. Die erzeugte Biomasse kann als Festbrenn- sich hinsichtlich des Ernteertrags und Handlings der-
stoff (thermochemisch), als flüssiger Energieträger zeit als am besten geeignet darstellt. Der deutlich
(physikalisch-chemisch) oder als Substrat zur Biogas- überwiegende Teil der NaWaRoproduktion zur
gewinnung (biochemisch) eingesetzt werden. Im Erzeugung von Biogas ist Mais. Nur in wenigen
Nachfolgenden soll abgeschätzt werden, welche An- Gebieten Deutschlands (abhängig von Boden, Klima,
bauflächen für welche Energieträger verwendet wer- Höhe uva.) ist der Maisanbau nicht lukrativ. Die
den können. Umnutzungsfläche von 1,2 Mio. ha sind 10 % der
Die landwirtschaftliche Nutzfläche in Deutschland Ackerlandfläche. Davon werden 650 Tsd. ha zum
wird primär zur Nahrungsmittelproduktion genutzt. Anbau von Energiepflanzen und nachwachsenden
Die letztlich verbleibende Fläche, die für eine Energie- Rohstoffen anderer stofflicher Nutzung verwendet. Es
produktion zur Verfügung steht, ist direkt vom Flä- stehen damit zum Anbau von nachwachsenden Roh-
chenbedarf für die Nahrungsmittelerzeugung und stoffen für Biogas ca. 550 Tsd. ha Fläche im Jahr 2005
anderer konkurrierender Flächennutzungsansprüche zur Verfügung. Die regionale Verteilung entspricht
abhängig. Als Folge der Überproduktion werden den Anteilen der jeweiligen Ackerlandflächen
innerhalb der EU bereits seit einigen Jahren Maßnah-
men durchgeführt, um die zur Nahrungsmittelpro- 4.2.1.3 Landwirtschaftliches Biogaspotenzial
duktion verwendete Fläche zu reduzieren. Zur Zeit
belaufen sich die Stilllegungsflächen auf ca. Der landwirtschaftliche Bereich hat einen Anteil von
1,2 Mio. ha. (Der Begriff der Stilllegungsfläche wird 77 % am gesamten Biogaspotenzial. Das flächenmäßig
durch Umstrukturierung des Prämiensystemes mögli- größte Bundesland Bayern bietet bundesweit das
cherweise abgeschafft werden. Im weiteren wird für höchste Potenzial für Biogas landwirtschaftlichen Ur-
zukünftige Entwicklungen die Bezeichnung „zur Ver- sprungs. Die regionale Verteilung des technische Po-
fügung stehende Fläche“ verwendet. Die Flächensi- tenziales aus der Landwirtschaft wird für alle Bundes-
tuation der Vergangenheit wird mit der Bezeichnung länder in Abbildung 4-1 präsentiert. Exemplarisch für
Stilllegungsfläche charakterisiert. Die Unterscheidung Bayern dargestellt, unterteilt sich dieses Potenzial in
von Stilllegungsflächen und nicht stillgelegten Flä- technisches Potenzial aus Ernterückständen und Ex-
chen ist zur Erklärung des Ist-Zustandes notwendig, krementen mit ca. 26,4 PJ/a und ein technisches Po-
auch wenn sie zukünftig nicht mehr getroffen wird.) tenzial aus nachwachsenden Rohstoffen von
Perspektivisch lässt sich für Deutschland eine Steige- 15,3 PJ/a. Daraus ergibt sich für das Beispiel Bayern
rung der zur Verfügung stehende Fläche voraussagen. ein maximales technisches Potenzial für Biogas land-
Berechnungen ergeben Flächen von ca. 2 Mio. ha zum wirtschaftlichen Ursprungs von 41,7 PJ/a.
Jahr 2020 und ca. 2,6 Mio. ha bis zum Jahre 2030.
94
Potenziale der Biogaserzeugung
4.2.2 Industrie und Gewerbe - Abwässer werden in der Regel unmittelbar am Ent-
stehungsort behandelt. Dabei steht die Reduzie-
Die regionale Betrachtung der technischen Potenziale rung der organischen Inhaltsstoffe im Vordergrund.
industriellen Ursprungs erfolgt hauptsächlich in den - Transportfähige industrielle Substrate; dafür sind
Bereichen der industriellen Nahrungsmittelherstel- grundsätzlich unterschiedliche Behandlungsoptio-
lung und -verarbeitung. Die Verarbeitung organischer nen gegeben. Dabei steht vielfach eine möglichst
Substanzen in Bierbrauereien, der Zuckerindustrie, hochwertige Nutzung der Reststoffe (stofflich oder
der Obstproduktion und –verwertung, der Fruchtsaft- energetisch) im Vordergrund.
herstellung, der Fleischverarbeitung, der Weinherstel- Der als Rückstand bei der Weinherstellung (Kelte-
lung, Alkoholbrennereien, der Papierindustrie und rung) anfallende Trester besteht zum großen Teil aus
der Milchverarbeitung sind die wesentlichen Quellen Beerenhülsen, Kernen und Kämmen (Stiele, Rappen)
für das technische Potenzial zur Biogaserzeugung. und wird wegen seiner noch relativ hohen Gehalte an
Nur wenn die Potenzialermittlung nicht auf der Zucker, Weinsäure und anderen Substanzen bevor-
Grundlage der regional erhobener Daten erfolgten zugt für die Herstellung von Trester-Bränden bzw.
konnte, wurde das technische Potenzial für Gesamt- Tresterweinen verwendet. Der Trester kann aber auch
deutschland, entsprechend regionaler Kenngrößen, als Dünge- oder Futtermittel in der Landwirtschaft
den einzelnen Bundesländern anteilig zugeordnet. eingesetzt werden. Auf Grund der derzeitig vorrangi-
Solche Kenngrößen sind der Energiebedarf, Liefer- gen Nutzung als Alkoholgrundstoff bzw. als Futter-
mengen, Beschäftigungszahlen, Umsatzgrößen sowie mittel wird hier davon ausgegangen, dass lediglich
Flächenverhältnisse /51/, /5/, /11/. 10–20 % der anfallenden Menge tatsächlich für eine
Unter industriellen Substraten werden nachfol- Biogasgewinnung zur Verfügung stehen /45/.
gend vergärbare organische Abfälle verstanden, die Das Aufkommen an Rückständen und Abfällen
nicht den Bereichen „organischer Hausmüll“ oder den aus Schlachthöfen und Betrieben der Fleischverarbei-
industriellen festen Bioabfällen zugeordnet sind. tung kann nicht genau bestimmt werden, da oft keine
Dabei ist substratseitig eine Abgrenzung zwischen genauen Daten über die Schlachtmengen bzw. die
Substraten und Abwässern nicht möglich. Hinsicht- Fleischproduktion vorliegen. Es wird anhand der
lich der Behandlungsziele und -konzepte besteht hier jeweiligen Statistiken die produzierte bzw. verarbei-
allerdings ein deutlicher Unterschied: tete Menge Fleisch des jeweiligen Bundeslandes
ermittelt. Die Anzahl der Schlachthöfe und fleischver-
95
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
arbeitenden Betriebe kann in den Bundesländern mit genmäßig größte Fraktion (75 bis 80 %) darstellt. Er
durchschnittlich etwa drei bis vier pro Landkreis fällt als Rückstand des Malzes am Ende des Maischpro-
angegeben werden. Daher wird unterstellt, dass alle zesses an und wird durch seinen hohen Energie- und
Landkreise einen Anteil am Potenzial aus Rückstän- Proteingehalt bevorzugt als Futtermittel eingesetzt.
den der Fleischproduktion besitzen. Anhand der Darüber hinaus fallen noch Hefe, Heiß- und Kühltrub,
Angaben zu zugelassenen Großschlachthöfen und Kieselgurschlamm sowie Malzstaub als Prozessrück-
Zerlegebetrieben in der Bundesrepublik Deutschland stände an. Ausgehend von den spezifischen Rück-
werden die Anteile, hinsichtlich des Reststoffanfalls in standsmengen lässt sich auf Basis des in den Bundes-
den betreffenden Bundesländern gewichtet. In ländern produzierten Bieres das gesamte Rück-
Deutschland werden jährlich ca. 3,8 Mio. Rinder, standsaufkommen für die Jahre 2000/2001 errechnen.
0,4 Mio. Kälber, knapp 43 Mio. Schweine sowie Prinzipiell sind alle Rückstandsfraktionen für die Bio-
0,9 Mio. Schafe und Pferde geschlachtet. Dabei entfal- gasproduktion zu verwenden, lediglich Kieselgur-
len allein auf die Bundesländer Bayern, Niedersachen schlamm ist als Substrat weniger gut geeignet. Das
und Nordrhein-Westfalen knapp 68 % der gesamten theoretisch verfügbare Aufkommen vermindert sich
Schlachtmenge. Die beim Schlachten und der anschlie- durch die anderweitige Nutzung der Rückstände.
ßenden Weiterverarbeitung anfallenden Schlachtab- Milchverarbeitende Betriebe sind relativ häufig in
fälle können, sofern sie nicht der EU-Verordnung (EG) den einzelnen Bundesländern anzutreffen. Produkti-
1774/2002 vom 3. Oktober 2002 und deren Umset- onsmengen und angelieferte Rohmilchmenge sind nur
zung in nationales Recht (TierNebG vom 25. Januar für einige wenige Großbetriebe bekannt. Es werden
2004) als Risiko-Kategorie I unterliegen, weiter ver- daher Wichtungen vorgenommen. Die Anfallmenge
wertet werden. Da nicht alle tierischen Schlachtabfälle von Reststoffen und Abwässern ist je nach Produkti-
vergärbar sind und neben der energetischen Nutzung onseinrichtung (Konsummilchherstellung, Buttern,
auch die stoffliche Verwertung bzw. die Verbrennung Käserei etc.) verschieden. Für die Potenzialabschät-
in Frage kommt, wird hier unterstellt, dass rund ein zung wird eine anfallende Reststoffmischung unter-
bis zwei Drittel der Gesamtmenge für eine Biogaspro- stellt, die 2 m3 bezogen auf 1 m3 angelieferter Roh-
duktion zur Verfügung stehen /45/. milch beträgt. Die Biogasausbeute wird mit 36 m3 pro
Bei der Herstellung von Bier fallen verschiedene Tonne Substrat angenommen. Ausgehend vom für
Rückstandsfraktionen an, wobei der Treber die men- Gesamtdeutschland zur Verfügung stehenden techni-
96
Potenziale der Biogaserzeugung
schen Potenzial der Milchindustrie (4,2 PJ/a) /46/ und Betriebsstandorten in den Bundesländern vorge-
werden bei der regionalen Verteilung die an die Mol- nommen Ein Teil der Rückstände wird derzeit als
kereien gelieferten Milchmengen, zu Grunde gelegt. Viehfutter, zur Pektinherstellung sowie als Grundstoff
Als Nebenerzeugnisse fallen bei der Zuckerher- für die Alkoholproduktion genutzt. Für die Berech-
stellung Melasse sowie Rübenschnitzel an. Durch nung wird eine nutzbare Menge von 40 % unterstellt.
diese anderweitigen Verwertungswege der anfallen- Pro Liter Saft fallen durchschnittlich 0,25 kg und pro
den Nebenerzeugnisse wird die für die Biogaspro- Liter Nektar durchschnittlich 0,1 kg Reststoffe an. Bei
duktion verfügbare Menge stark eingeschränkt. So der vorliegenden Potenzialberechnung wird davon
wird auf Grund der derzeitigen Marktstrukturen ausgegangen, dass pro produziertem m3 Saft und
angenommen, dass lediglich 1 % der Rübenschnitzel Nektar etwa 0,2 m3 Reststoffe anfallen. Die anfallen-
und 10 % der Melasse zur Verfügung stehen könnten. den Reststoffe weisen einen mittleren spezifischen
Die Berechnung des Biogasertrages aus der Melasse Biogasertrag von ca. 150 m3 je Tonne Substrat auf
erfolgt auf Basis des durchschnittlichen oTS-Gehaltes /45/, /65/.
der Melasse (ca. 76 %) sowie der spezifischen Biogas- Je Liter produziertem Alkohol fällt circa das zehn-
ausbeute (rund 0,42 m3/kg oTS). Für die Rüben- bis zwölffache an Rückständen (Schlempe) an. Daraus
schnitzel wird ein oTS-Gehalt von ca. 66 % sowie ein ergibt sich ein Schlempenaufkommen für die Bundes-
Biogasertrag von ca. 0,6 m3/kg oTS angenommen. republik Deutschland von rund 781.300 m3. Für die
Daraus resultiert ein technisches Energiepotenzial Berechnung des technischen Biogaspotenzials wird
von 0,7 PJ/a für Deutschland mit den Ernteertrags- davon ausgegangen, dass in Zukunft ca. ein bis zwei
werten für das Jahr 2003 /45/. Drittel der anfallenden Schlempen für die energeti-
Bei der Obst- und Gemüseverarbeitung zu Säften sche Verwertung zur Verfügung stehen /45/, /65/.
fallen Reststoffe in Form von Putzresten und Obsttres- Das technische Potenzial der Papierindustrie wird
tern als Rückstand aus dem Entsaftungsprozess an. für das Bundesgebiet mit 3,8 PJ/a /46/ bestimmt. Da
Die Mengen der hergestellten Säfte in den Bundeslän- die Papierherstellung ein energieintensiver Industrie-
dern können anhand der statistischen Unterlagen oft zweig ist, wird das Potenzial den einzelnen Bundes-
nicht genau ermittelt werden. In diesen Fällen wird ländern auf der Grundlage des Energiebedarfes zuge-
ein Abgleich anhand der Angaben des Verbandes der ordnet.
Fruchtsafthersteller zu Preisstrukturen, Umsatzzahlen
97
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Das höchste technische Potenzial aus industriellen Deponierung solcher Stoffe ist auf Grund gesetzlicher
Reststoffen liefern die flächengrößten Bundesländer Regelungen ab 2005 weitestgehend untersagt. Als Basis
Niedersachsen und Bayern mit je ca. 2,5 PJ/a (Abbil- für die Berechnung dienen die Veröffentlichungen des
dung 4-2). Der durchschnittliche Anteil des Potenzials Statistischen Bundesamtes über die Bevölkerungszah-
aus Industrie- und Gewerbe-Rückständen ist mit 6 % len, die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäf-
des gesamten technischen Potenzials vergleichsweise tigten, die Patientenbewegungen in Krankenhäusern
gering. Im Saarland und den Stadtstaaten liegt dieser und Pflegeheimen, die eingeschriebenen Studenten bzw.
Anteil mit 10 % bis 20 % überdurchschnittlich hoch. angemeldeten Schüler, die Übernachtungszahlen des
Gaststätten- und Hotelgewerbes sowie die amtlichen
4.2.3 Kommunen Abfallbilanzen der einzelnen Bundesländer /51/. Die
Berechnung der Abfallmenge erfolgt unter der
Neben den Substraten aus der Landwirtschaft und Annahme verschiedener, für die einzelnen Substrate
denen industriellen Ursprungs kommen für eine ener- spezifischen Restmengen.
getische Nutzung durch Vergärung in Biogasanlagen Pro Einwohner und Jahr fallen in Deutschland
auch organische Rest- und Abfallstoffe der kommuna- theoretisch 50 bis 100 kg Bioabfall an. Das reale Auf-
len Entsorgung in Frage. kommen, dass über die getrennte Sammlung erreicht
Für die Kalkulation des nutzbaren Potenzials wer- wird, ist jedoch oft bedeutend niedriger. Menge und
den verschiede Substrate in die Betrachtung einbezogen. Zusammensetzung sind stark abhängig von der Sied-
Dies sind Speisereste, überlagerte Lebensmittel sowie lungsstruktur und der Art des Erfassungssystems. In
Fettabscheiderrückstände, welche vor allem in den Deutschland beträgt das technische Potenzial für
Großküchen der öffentlichen Einrichtungen (Betriebs- Kommunalen Abfall 15,3 PJ/a.
kantinen, Kranken- und Pflegeheime, Schulen und Uni- Der Grünschnitt von kommunalen Park- und
versitäten, Gaststätten und Hotels etc.), aber auch in den Grünflächen, das Straßenbegleitgrün und das Land-
Haushalten (sog. Biotonne) anfallen. Des Weiteren wer- schaftspflegematerial steht den Kommunen als tech-
den auch Garten- und Marktabfälle betrachtet. Derzeit nisches Potenzial sowohl zur thermochemischen
werden in den Bundesländern die meisten dieser Umwandlung als auch zur biochemischen Umwand-
Abfälle kompostiert. Hierfür stehen in allen Bundeslän- lung zur Verfügung. Die nachfolgende Berechnung
dern meist relativ neue und moderne mechanisch-biolo- erfolgt in vollständiger Konkurrenz zur thermochemi-
gische Abfallbehandlungsanlagen (MBA) zur Verfü- schen Nutzung. Wird das Substrat thermochemisch
gung, deren hundertprozentige Auslastung angestrebt genutzt, so vermindert sich das technische Potenzial
wird. Die Verbrennung und Deponierung ist ebenfalls zur Biogaserzeugung anteilig. Die flächenmäßige Ver-
anzutreffen. Hierbei ist anzumerken, dass die Abfälle teilung erfolgt auf der Grundlage der Ertragsanteile in
einen Wassergehalt von 50 bis 70 % aufweisen, wodurch den einzelnen Bundesländern. Die Basis für die
eine Verbrennung eher ungünstig bzw. schwierig ist. Die Ergebnisse bilden die mittleren Werte des technischen
98
Potenziale der Biogaserzeugung
Potenzials für Deutschland mit 19 PJ/a für Gras aus Das regionalverteilte technische Potenzial zur Bio-
Dauergrünland und 12 PJ/a für Landschaftspflege- gaserzeugung beträgt für das Bundesland Bayern 54,5
material /27/. bis 57,0 PJ/a. Dagegen ist das technische Potenzial im
Das maximale technische Potenzial kommunaler Saarland mit 1,3 bis 1,4 PJ/a sehr gering
Rückstände liegt beispielhaft für Bayern bei 10,3 PJ/a (Abbildung 4-5). Das Potenzialaufkommen ist nahezu
(Abbildung 4-3). proportional zu der Flächengröße der einzelnen Bun-
desländer.
4.2.4 Technisches Potenzial
0 15 30 45 60
technisches Potenzial in PJ/a
99
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Aus der Grafik lässt sich entnehmen, dass prinzi- wurden für die einzelnen Bundesländer die Daten des
piell in jeder Region Deutschlands das Potenzial für statistischen Jahrbuches 2004 /51/ und des Situati-
Biogasanlagen in großer Menge vorhanden ist. In onsberichtes 2003 des DBV /11/ zu Grunde gelegt.
jeder Region lassen sich prinzipiell Biogasanlagen Zur Darstellung (Abbildung 4-7) der statistischen
jeder Größenordnung errichten. Ob eine konkrete Betriebsgröße je Bundesland wird die Anzahl der land-
Anlage gebaut wird ist immer eine standortspezifi- wirtschaftlichen Betriebe durch die Bundeslandfläche
sche Einzalfallentscheidung. Das regionale Potenzial geteilt. Der Wert gibt die Betriebsdichte pro Bundes-
ist nur von untergeordnetem Einfluss. landfläche wieder. Historisch bedingt haben die land-
wirtschaftlichen Betriebe in Bayern die höchste Dichte
4.3.1 Regionale Verfügbarkeit des Biogaspo- mit 1,92 Betrieben pro km2-Bundeslandfläche gefolgt
tenziales von Baden-Württemberg (1,84 Btr/km2) und Nord-
rhein-Westfalen (1,60 Btr/km2). Die geringste Dichte
Die Verfügbarkeit des Biogaspotenziales ist außer von besitzen die neuen Bundesländer Brandenburg, Meck-
dem Substrataufkommen von weiteren Faktoren ab- lenburg-Vorpommern (0,23 Btr/km²) und Sachsen-
hängig. So sind regional verschiedenartige Strukturen Anhalt (0,24 Btr/km2).
der landwirtschaftlichen Unternehmen, die Stoff- In Abbildung 4-8 werden die durchschnittlichen
ströme der Substrate, der Transport der Substrate und landwirtschaftlichen Betriebsgrößen je Bundesland
die sich daraus ergebenden Leistungsgrößen der Bio- dargestellt. Bei der Betrachtung der Großvieheinhei-
gasanlagen wesentliche weitere Faktoren für die ten pro Betrieb wurden, in bezug auf die Biogaserzeu-
Quantität und Qualität des zu erwartenden Biogas- gung, aufgrund der hohen Relevanz die Rinder- und
aufkommens. Schweinebestände je Bundesland berücksichtigt. Die
Unterscheidung erfolgt hinsichtlich der Größe der
4.3.1.1 Regionale Strukturen landwirtschaftlicher Ackerlandfläche und der Anzahl an Großvieheinhei-
Unternehmen ten. Die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern,
Sachsen-Anhalt und Brandenburg weisen überdurch-
Die unterschiedliche Struktur in landwirtschaftlichen nittlich große landwirtschaftliche Betriebe hinsichtlich
Unternehmen spiegelt sich in verschiedenen für die der bundesdurchschnittlichen Ackerlandfläche
Bundesländer ermittelten Kennzahlen wieder. Dabei (40 ha/Betrieb) und der bundesdurchschnittlichen
100
Potenziale der Biogaserzeugung
1. In den Statistiken sind Betriebe mit über 1.000 Tiere gemeinsam erfasst, das entspricht ca. 900 Großvieheinheiten
101
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
lich Nachwachsende Rohstoffe fermentieren, liegt der zu hundert Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen
Methananteil zwischen 50 und 57 Prozent. Die Vergä- zusammen setzen.
rung industrieller Reststoffe erzielt einen Methanan- Die Schwankungen von Spurenstoffen im Gas ver-
teil zwischen 59 bis 80 Prozent. Biogas aus kommuna- schiedener Anlagen mit gleichen Substratzusammen-
len organischen Substraten besitzt einen setzungen sind zum Teil erheblich größer in Anlagen
Methangehalt zwischen 48 bis 72 Prozent. Das Auf- mit verschiedenartigen Substraten. Grundsätzlich ist
kommen der Substrate konzentriert sich entsprechend in NaWaRo-Anlagen mit weniger H2S zu rechnen als
der vorgenommen Charakterisierung der Stoffströme. in Gülle-Anlagen.
So sind die der Landwirtschaft zugeordneten Sub-
strate sicher selten primäres Inputmaterial einer in 4.3.1.3 Transportfähigkeit unter ökonomischen
industriellen Ballungsgebieten errichteten Biogasan- Aspekten
lage. Auf Grund der Rahmenbedingungen zur Erzie-
lung der Vergütung des nachwachsenden Roh- Der Transport landwirtschaftlicher Substrate in indust-
stoff-Bonus werden die darauf ausgerichteten rielle Ballungsgebiete ist aufgrund ökonomischer Gren-
ländlichen Biogasanlagen keine Substrate aus kom- zen stark beschränkt. Die Transportentfernung land-
munalen und industriellen Quellen (Biotonne, Fettab- wirtschaftlicher Substrate liegt unter ökonomischen
scheider, Speisereste, Straßenbegleitgrün usw.) ver- Gesichtspunkten bei 5 bis 20 km. Der Transport von
wenden. Das gemeinsame Vergären von industriellen Rindergülle über mehr als 5 km ist schnell unrentabel.
Substraten und kommunalen Substraten in einer Bio- Die Kosten für Gülle bei Entfernungen von 5 bis 20 km
gasanlage kann in Ballungsräumen eine wesentliche betragen zwischen 0,25 und 0,50 € € pro Tonne und Kilo-
Rolle spielen, wenn es zur Einigung zwischen Biogas- meter (nach /41/) /45/, /47/.
anlagenbetreiber und Substratlieferanten kommt. Für Stoffe mit hohen Energiedichten (z. B. Weizen-
Diese Anlagen unterliegen jedoch grundsätzlich den korn) sind Transporte auch über 50 km noch ökono-
gesetzlichen Regelungen der Abfallwirtschaft1 und misch, jedoch ist die Verwendung solcher Substrate
deren Bestimmungen. Die Ausbringung der Gärreste eher selten, da sie eine aufwändige Aufbereitung
unterliegen nicht der Abfallverordnung, wenn sie sich erfordern. Gewerbliche Abfälle besitzen meist höhere
102
Potenziale der Biogaserzeugung
Wirtschaftsdünger Exkremente
Rindergülle 8–11 75–82 20–30 200–500 60
Schweinegülle ca. 7 75–86 20–35 300–700 60–70
Rindermist 25 68–76 40–50 210–300 60
Schweinemist 20–25 75–80 55–65 270–450 60
Hühnermist 32 63–80 70–90 250–450 60
Nachwachsende Rohstoffe
Maissilage 20–35 85–95 170–200 450–700 50–55
Roggen-GPS 30–35 92–98 170–220 550–680 55
Zuckerrübe 23 90–95 170–180 800–860 53–54
Masserübe 12 75–85 75–100 620–850 53–54
Gehaltsrübe 12 75–85 75–100 620–850 53–54
Rübenblatt 16 70–95 70 550–600 54–55
Grassilage 25–50 70–95 170–200 550–62 54–55
Substrate aus Rohstoffen der Industrie
Biertreber 20–25 70–80 105–130 580–750 59–60
Getreideschlempe 6–8 83–88 30–50 430–700 58–65
Kartoffelschlempe 6–7 85–95 36–42 400–700 58–65
Obstschlempe 2–3 95 10–20 300–650 58–65
Pülpe 13 ca.90 80–90 650–750 52–65
Fruchtwasser 3,7 70–75 50–56 1.500–2.000 50–60
Prozesswasser 1,6 65–90 55–65 3.000–4.500 50–60
Pressschnitzel 22–26 95 60–75 250–350 70–75
Melasse 80–90 85–90 290–340 360–490 70–75
Apfeltrester 25–45 85–90 145–150 660–680 65–70
Obsttrester 25–45 90–95 250–280 590–660 65–70
Rebentrester 40–50 80–90 250–270 640–690 65–70
Organische Reststoffe aus Kommunen
Biotonne 40–75 50–70 80–120 150–600 58–65
Speisereste und überlagerte Lebensmittel 9–37 80–98 50–480 200–500 45–61
Marktabfälle 5–20 80–90 45–110 400–600 60–65
Fett 2–70 75–93 11–450 ca.700 60–72
Mageninhalt 12–15 75–86 20–60 250–450 60–70
Panseninhalt 11–19 80–90 20–60 200–400 58–62
Flotatschlamm 5–24 80–95 35–280 900–1200 60–72
Grünschnitt ca. 12 83–92 150–200 550–680 55–65
Energiedichten und werden 25 bis 50 km transportiert gesammelten Abfälle durch ein Fahrzeug auf einer
/61, S. 23/. In Kommunen erfolgt der Substrattrans- Strecke von durchschnittlich 17 km zur Endverwer-
port üblicher weise auf einer Sammelstrecke (Bio- tungsstelle /61, S. 30, S. 58/. Da das Sammeln der Bio-
tonne) von 25 km durch mehrere Sammelfahrzeuge. tonne in städtischen Regionen gesetzlich vorgeschrie-
Ab einer Umladestation erfolgt der Transport der ben (Anschlusszwang) ist, erfolgt die Sammlung und
103
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
der Transport „Biotonne“ auch durch ein Fahrzeug bis Leistungsgrößen für Biogasanlagen. Es sind höhere
80 km Gesamtfahrstrecke. Die Verwertung der „Bio- Leistungen pro Biogasanlage eher wahrscheinlich
tonne“ erfolgt derzeit hauptsächlich in Kompostie- (siehe Abschnitt Eingrenzung aus Sicht der Biogaser-
rungsanlagen. zeugung).
Pumpfähige Substrate können kontinuierlich oder Es kann davon ausgegangen werden, dass Biogas-
diskontinuierlich über kürzere Strecken in geschlosse- anlagen mit einer stündlichen Leistung kleiner 50 m3
nen Rohrsystemen transportiert werden. Durch den aus ökonomischen Gründen nicht zur Einspeisung
Wartungsaufwand der Leitungssysteme (Frostgefahr, von Biogas in das Erdgasnetz in Frage kommen.
Verstopfungsgefahr) sind die Transportstrecken auf Wie bereits in Kapitel 4.2.4 dargestellt, ist das
innerbetriebliche Größe beschränkt. Potenzial und damit der Gasertrag aus Substraten
Der Gastransport erfolgt in geschlossenen Rohrsys- landwirtschaftlichen Ursprungs am höchsten. Da die
temen. Die Transportkosten sind von den Errichtungs- Menge des erzeugten Biogases pro Biogasanlage auch
kosten für das Rohrleitungssystem abhängig. Ist das von den regionalen Gegebenheiten abhängt, spielen
Gas bereits aufbereitet (entschwefelt, getrocknet, hier auch die regionalen Verteilungen und die ver-
methanangereichert), so ist die Energiedichte des Gases schiedenen landwirtschaftlichen Gegebenheiten eine
höher und der Anspruch an die Rohrleitung ist gerin- entscheidende Rolle. Regionen mit einer hohen
ger. Die spezifischen Transportkosten sinken entspre- Betriebsdichte und einer geringen landwirtschaftli-
chend. Wird das Gas komprimiert transportiert, steigen chen Betriebsgröße werden nur niedrige Biogasleis-
die Ansprüche an die Rohrleitung und damit die spezi- tungen pro Anlage aufbringen. In Bayern zum Bei-
fischen Transportkosten. Der Transport ist weitgehend spiel erzeugen bereits über 780 Biogasanlagen ca.
wartungsfrei (siehe Abschnitt 2.3). 211 Mio. m3 Biogas im Jahr. Mit einer durchschnittli-
chen Leistung von 31 m3/h ist der Gasertrag pro Bio-
4.3.1.4 Leistungsgrößen von Biogasanlagen gasanlage gering. Da in diesen Anlagen, genau wie in
Biogasanlagen in anderen Bundesländern, bereits eine
Wird die landwirtschaftliche Fläche durch Maisanbau Gasnutzung installiert ist, wird auch zukünftig nicht
zur Biogasgewinnung genutzt und der Ertrag pro ha oder nur sehr selten mit einer Umrüstung zur Gas-
mit 45 Tonnen angenommen, so erhält man 24 m3 Bio- einspeisung gerechnet. Das für die Verstromung
gas am Tag je Hektar Ackerland. Bei der Biogasgewin- bereits genutzte Gaspotential ist damit vom gesamten
nung durch Exkremente und Erntereste kann mit zur Verfügung stehenden Gaspotential abzuziehen
durchschnittlich 1,2 m3 Biogas am Tag je Großviehein- wenn das Potenzial der Biogaseinspeisung in das Gas-
heit gerechnet werden. Für eine mittlere Betriebsgröße netz abgeschätzt wird.
in Mecklenburg-Vorpommern ergibt sich ein Bio- Zur Bestimmung von Leistungsgrößen der zu
gasertrag von 263 m3/h (121,2 m3/d aus Gülle bei 101 erwartenden Biogasanlagen werden die Regional ver-
GVE und 6.191 m3/d aus Mais bei 258 ha, siehe schiedenen Strukturen landwirtschaftlicher Betriebe
Abbildung 4-8). Zum Vergleich ist mit 13 m3/h (siehe Kapitel Regionale Strukturen landwirtschaftli-
(6 m3/d aus Gülle bei 8 GVE und 301 m3/d aus Mais cher Unternehmen) zu Grunde gelegt. Die einzelnen
bei 13 ha) bei der Biogaserzeugung in einem durch- Tierkategorien sind in unterschiedlichem Maße an
schnittlichen Hamburger landwirtschaftlichen Be- dem Gaspotenzial landwirtschaftlicher Biogasanlagen
trieb zu rechnen. Diese Wertangaben können jedoch beteiligt. Die Rinderhaltung stellt mit ca. 67 % den
nur als Vergleichswerte dienen, da sie auf der Grund- größten Anteil am gesamten Energiepotenzial dar, der
lage allgemeiner statistischer Werte berechnet wur- Anteil der Schweine- bzw. Geflügelhaltung beläuft
den. Ein landwirtschaftlicher Betrieb mit Viehbestand sich auf ca. 25 % bzw. ca. 8 % am Substrataufkommen
wird seine landwirtschaftliche Fläche nicht allein für aus tierischen Exkrementen. Entsprechend Tabelle 4-2
den Substratanbau zur Biogaserzeugung nutzen. Oft sind 97 % aller in Deutschland gehaltenen Rinder in
werden nur 70% der landwirtschaftlichen Nutzfläche Bestandsgrößenklassen 1 bis 4 eingeordnet. Die
als Ackerland genutzt. Für das im Abschnitt Land- Bestandsgrößenklassen beschreiben Betriebsgrößen
wirtschaft angegebene Potenzial wurde mit 4,6 % der landwirtschaftlicher Unternehmen mit vergleichbaren
gesamten Ackerlandfläche als verfügbare Fläche Tierbeständen.
(Stilllegungsfläche) zum Anbau von nachwachsenden Des weiteren spielen die Flächenkategorien eine
Rohstoffen für Biogas ausgegangen. Damit dienen die Rolle für das Gaspotential einer Biogasanlage
oben angegebenen Werte einer allgemeinen Einschät- (Tabelle 4-3). Die Flächengrößenklassen beschreiben
zung der regionalen Verteilung, von zu erwartender
104
Potenziale der Biogaserzeugung
Tabelle 4-2: Bestandsgrößenklassen für die einzelnen Biogasanlagen mit einem Biogasoutput von ca.
Tierarten (Anzahl der Tiere, in Klammern: 500 m3/h (ca. 1 MWel) und einem Substratinput von
Anteil der Klassen an der Gesamtanzahl) 90 % tierische Exkremente (Rindergülle) sowie 10 %
/45/ /51/ /71/ pflanzliche Substrate (Maissilage) bewegen sich im
Bereich der Bestandsgrößenklasse 4. Für den Anbau
Bestandsgrößenklassen
der benötigten pflanzlichen Substrate ist die Flächen-
1 2 3 4 größenklasse 1 ausreichend. Erfolgt die Fütterung der
Tiere durch eigenen Anbau, werden größere Anbau-
Rinder 20–49 50–99 100–199 200 und
(97 %) (13 %) (24 %) (29 %) mehr flächen benötigt und die Flächengrößenklasse steigt
(29 %) entsprechend. Der zu erwartende Methangehalt des
Schweine 100–199 200–399 400–999 1.000 und Biogases beträgt etwa 57 % bei einer Gülle-Anlage.
(95 %) (5 %) (11 %) (35 %) mehr Werden die 500 m3 Biogas/h durch einen Substrat-
(44 %)
input von 10 % tierische Exkremente (Rindergülle)
Geflügel 5.000– 10.000– 25.000– 50.000 sowie 90 % pflanzliche Substrate (Maissilage) erzeugt,
(99%) 9.999 24.999 49.999 und mehr
(1 %) (8 %) (25 %) (65 %)
so benötiget der landwirtschaftliche Betrieb die
Bestandsgrößenklasse 3 und die Flächengrößenklasse
Tabelle 4-3: Flächengrößenklassen für landwirtschaftliche 3. Ob diese Größenklassen durch Zusammenschluss
Nutzfläche (Größe der Fläche, in Klammern: mehrerer landwirtschaftlicher Betriebe erreicht wer-
Anteil der Klassen an der Gesamtfläche) den oder ob ein einzelner Betrieb diese Größenklassen
erreicht ist bei dieser Betrachtungsweise unerheblich.
Flächengrößenklassen Höhere Leistungsgrößen von landwirtschaftlichen
Biogasanlagen benötigen einen erhöhten logistischen
1 2 3 4
Aufwand für Substratbeschaffung, -lagerung und
landwirt- 31–100 ha 10–500 ha 501– 1000 ha -transport. Dadurch sind bei größeren Biogasanlagen
schaftliche (34 %) (25 %) 1000 ha und
Nutzfläche (7 %) mehr
vornehmlich pflanzliche Substrate zu erwarten. Die
(82 %) (16 %) Wirtschaftlichkeit solch großer Anlagen muss im ein-
zelnen kritisch betrachtet werden. Der Methangehalt
des Biogases beträgt durchschnittlich 53 Prozent.
Betriebsgrößen landwirtschaftlicher Unternehmen
mit vergleichbaren landwirtschaftlichen Nutzflächen. 4.3.2 Theoretisches Standortpotenzial für Bio-
Die im Nachfolgenden betrachteten Modellanla- gasanlagen
gen (siehe auch Kapitel 5.2) großer, mittlere, und klei-
ner Leistung können an Hand der Größenklassen Das theoretische Standortpotential für Biogasanlagen
(Tabelle 4-2 und Tabelle 4-3) beschrieben werden. ist sowohl von äußeren Bedingungen wie der Topo-
Bei den folgenden Darstellungen ist zu berücksich- graphie, der Infrastruktur als auch von technischen
tigen, dass hier die statistische Datenauswertung und ökonomischen Gesichtspunkten abhängig.
durchgeführt wird, die nur im Ausnahmefall mit Pra-
xisdaten übereinstimmt. Die betrachteten Flächen der 4.3.2.1 Eingrenzung durch äußere Bedingungen
Flächengrößenklassen sind landwirtschaftliche Nutz-
flächen und beinhalten Ackerland und Dauergrün- Für eine Konkretisierung des theoretischen Standort-
land gleichermaßen. Der Ackerlandanteil wird mit potentiales für Biogasanlagen sind topographische
70 % angenommen. Der Anbau der pflanzlichen Sub- Gesichtspunkte und die infrastrukturelle Erschlie-
strate soll auf der gesamten Ackerlandfläche erfolgen. ßung von großer Bedeutung. Das spezifische techni-
Wird nur die statistische Stilllegungsfläche zum sche Potenzial (Abbildung 4-6) bezieht sich auf die je-
Anbau von nachwachsenden Rohstoffen für den weilige gesamte Bundeslandfläche. Zu erwarten ist
pflanzlichen Substratanbau genutzt, so sind die das berechnete Potenzial jedoch vornehmlich aus Ge-
betrachteten Leistungsgrößen ausschließlich von bieten, die infrastrukturell erschlossen sind und deren
landwirtschaftlichen Unternehmen mit der Flächen- topografische Gegebenheiten einen Substratanbau
größenklasse 4 zu erwarten. und das Betreiben einer Biogasanlage zulassen.
Zur Beurteilung der Leistungsgrößen von Biogas- See-, Wasser- und Waldflächen, Naturschutzge-
anlagen werden im folgenden beispielhaft Musteran- biete, Berglandschaften und Gebirge beeinflussen
lagen beschrieben. auch die Möglichkeit negativ, Substrate für die Bio-
105
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
gaserzeugung anzubauen (nachwachsende Roh- 4.3.2.2 Eingrenzung aus Sicht der Biogaserzeugung
stoffe) oder zu erzeugen (Gülle, Biotonne, industrielle
Substrate). Die Verteilung dieser Gebiete ist in den In den vorangegangenen Abschnitten wurde eine Be-
einzelnen Bundesländern verschieden. In Deutsch- wertung für eine Eingrenzung des regional möglichen
land beträgt der Waldanteil 29,5 % dabei sind in Biogaspotenziales vorgenommen. Durch differen-
Rheinland-Pfalz 40 % der Bundlandfläche Waldfläche. zierte und kritische Betrachtung der statistischen Da-
Im Gegensatz dazu sind in Schleswig-Holstein nur ten und durch weitere Recherchen, kann eine Annähe-
9,5 % der Bundeslandfläche bewaldet. Die bundes- rung an das theoretische Standortpotential für eine zu
weit verteilten Wasserflächenanteile (2,3 %) betragen erwartende Substrat-Anlagenkonfiguration für land-
in Mecklenburg-Vorpommern 5,5 % gefolgt von wirtschaftliche Biogasanlagen erfolgen.
Schleswig-Holstein mit 4,9 % und fallen auf 1 % in Die weitere Eingrenzung erfolgt mittels der in
Baden-Württemberg und im Saarland /51/. Abschnitt definierten Modellbiogasanlagen. Die Sub-
Für topographisch stark strukturierte Bereiche wie strat-Anlagenkonfiguration wird entsprechend
die Alpen und die hohen Mittelgebirge (Schwarz- Tabelle 4-4 gegliedert. Der Substratinput für „Gülle“
wald, Bayrischer Wald, Fichtelgebirge, evtl. Erzge- beträgt 90 % tierische Exkremente (Gülle) und 10 %
birge) sind auf Grund der unzureichenden Zugäng- Kosubstrat (nachwachsende Rohstoffe). Im Gegensatz
lichkeit und der besonders häufig anzutreffenden dazu besteht das Inputmaterial „NaWaRo“ aus 10 %
Freilandhaltung in den Gebirgsregionen (Almenhö- tierischen Exkrementen und 90 % nachwachsenden
fen) nur kleinere Biogasanlagen bis 50 m3/h Biogaser- Rohstoffen. Die Quantität des zu erwartenden Biogas-
trag zu erwarten. Das zum Hof gehörende Land wird volumenstromes wird in gering (< 50 m3/h), mittel
oftmals zum Futteranbau oder als Weideland genutzt. (ca. 100-300 m3/h) und hoch (> 500 m3/h) unterteilt.
Beispiele zeigen aber auch große Gemeinschaftsanla- Mit dieser Abgrenzung und der in Abbildung 4-9 bis
gen in diesen Gebieten. (z. B. NaWaRo-Anlage St. Veit Abbildung 4-12 dargestellten Größenklassen auf die
in Österreich) Bundesländer verteilt, erfolgt die Eingrenzung einer
Stadtgebiete und Ballungszentren oder urbane zu erwartender Substrat-Anlagenkonfiguration.
Bereiche zeichnen sich durch eine hohe Bevölkerungs-
dichte, hohes Industrie- und Verkehrsaufkommen Tabelle 4-4: Substrat-Anlagenkonfiguration
aus. Beispielhaft dafür stehen die Stadtstaaten Berlin,
Input Output
Hamburg und Bremen. Die landwirtschaftliche Fläche
ist kleiner 30 % der Gesamtfläche (Berlin nur 5,3 %). Bestands- Flächen- Volumen-
CH4-
Das zu erwartende Potenzial für Biogas beruht hier größen- größen- strom
Anteil
klasse klasse Biogas
hauptsächlich auf Substraten kommunalen und
industriellen Ursprungs. Gülle 4 1 gering
90/10 4 2 57 % mittel
Landwirtschaftliche Gebiete oder nicht urbane 4 3 hoch
Bereiche sind gekennzeichnet durch eine geringe
NaWaRo 1 1 gering
Bevölkerungsdichte und den hohen Flächenanteil 90/10 2 2 55 % mittel
landwirtschaftlicher Nutzflächen. Landwirtschaftli- 3 3 hoch
che Einzelhofanlagen, die nur eigene Gülle und nach- Biotonne 62 % hoch
wachsende Rohstoffe vergären sind anders als gleich-
artige zentrale Gemeinschaftsanlagen, die über keine
eigenen Substrate verfügen, zu definieren. Letztere Im Abschnitt Leistungsgrößen von Biogasanlagen
Anlagen sind bereits von einem industriellen Charak- (Kapitel 4.3.1.4) wurde bereits darauf verwiesen, dass
ter geprägt (z. B. Anlagen in Wittmund, Neubukow, Biogasanlagen auch als Gemeinschaftsanlagen betrie-
Ribe) /41/. Dabei werden die Inputstoffe als Wirt- ben werden können. In dem Fall beziehen sich die
schaftsgüter betrachtet. Gleichzeitig sind zusätzliche Input-Größenklassen auf die Betreibergemeinschaften
rechtliche Bestimmungen zur Genehmigung und zum und nicht auf den einzelnen landwirtschaftlichen
Betreiben von gemeinschaftlichen Anlagen zu beach- Betrieb.
ten. Die Errichtung von Biogasanlagen in Gewerbe- Die regionale Verteilung der Flächengrößenklassen
gebieten ist möglich, aber oft nicht gewollt. zeigt, dass zum Beispiel 57 % der landwirtschaftlichen
Fläche in Thüringen auf landwirtschaftliche Betriebe
der Flächengrößenklasse 4 verteilt sind. Die
Abbildung 4-9 zeigt, dass die neuen Bundesländer
106
Potenziale der Biogaserzeugung
Thüringen
Schleswig-Holstein
Sachsen-Anhalt
Sachsen
Saarland
Rheinland-Pfalz
Nordrhein-Westfalen
Niedersachsen
Mecklenburg-Vorpommern
Hessen
Hamburg
Bremen
Brandenburg
Berlin
Flächengrößenklasse 4
Flächengrößenklasse 3
Bayern
Flächengrößenklasse 2
Flächengrößenklasse 1
Baden-Württemberg
107
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
vornehmlich zum betreiben von NaWaRo-Anlagen in Ausnahmefall, große Gülle-Anlagen als Gemein-
der Hand eines landwirtschaftlichen Betriebes prädes- schaftsanlagen sowie große Kosubstratanlagen zu
tiniert sind. erwarten.
Auch die regionale Verteilung der Tierbestands- Da die Statistiken keinen Aufschluss darüber
größenklassen zeigt, dass zum Beispiel 85 % des Rin- geben, wie viele Betriebe sowohl Rinderbestände als
derbestandes in Mecklenburg-Vorpommern auf land- auch Schweinebestände besitzen, wird die regionale
wirtschaftliche Betriebe der Bestandsgrößenklasse 4 Verteilung der Bestandsgrößenklassen Schwein in
verteilt sind. Die Abbildung 4-10 zeigt, dass in den Abbildung 4-11 gesondert dargestellt. Auch hier ist in
neuen Bundesländern die Tierbestände vorwiegend den Neuen Bundesländern der Gesamttierbestand auf
auf Betriebe mit der Bestandsgrößenklasse 4 verteilt wenige große landwirtschaftliche Betriebe verteilt.
sind. Dies ermöglicht das Betreiben von Gülle-Anla- Die Abbildung 4-12 gibt die Konzentration der
gen durch einen oder durch wenige Betriebe. Gülle- Tierbestände in landwirtschaftlichen Betrieben mit
transporte sind kostenintensiv ind im Fall von mehr als 500 Großvieheinheiten wieder. Bereits im
gemeinschaftlichen Gülleanlagen muß das Inputma- Kapitel 4.3.1.4 Leistungsgrößen von Biogasanlagen-
terial hygienisiert werden Deshalb werden seltener wurde auf den hohen Bedarf an Substraten beim
gemeinschaftliche Gülleanlagen als gemeinschaftli- Betreiben großer Biogasanlagen hingewiesen. Die
che NaWaRo-Anlagen konzipiert werden. Der Möglichkeit zum Bau und wirtschaftlichen Betrieb
Abbildung 4-10 ist somit auch zu entnehmen, dass in einer großen Gülle-Anlage ist auch von der Größe
den alten Bundesländern selten große Biogasanlagen umliegender Betriebe abhängig, da sich der Gülle-
installiert werden. transport über weite Strecken (Kapitel 4.3.1.4) als
In Bremen, dem Saarland, Rheinland-Pfalz und unwirtschaftlich erweist. In den neuen Bundeslän-
Niedersachsen sind ca. 40–55 % des Rinderbestandes dern verteilen sich die Tierbestände auf wenige
auf Betriebe der Bestandsgrößenklasse 3 verteilt. Betriebe mit Tierbeständen von mehr als 500 Tieren.
Damit sind hier eher kleine Biogasanlagen oder, im
Thüringen
Schleswig-Holstein
Sachsen-Anhalt
Sachsen
Saarland
Rheinland-Pfalz
Nordrhein-Westfalen
Niedersachsen
Mecklenburg-Vorpommern
Hessen
Hamburg
Bremen
Brandenburg
Berlin Bestandsgrößenklasse 4
Bestandsgrößenklasse 3
Bayern Bestandsgrößenklasse 2
Bestandsgrößenklasse 1
Baden-Württemberg
108
Potenziale der Biogaserzeugung
Dadurch kann in diesen Regionen mit großen Biogas- dern errichtet werden. In den alten Bundesländern wird
anlagen gerechnet werden, deren Inputmaterial zum es weiterhin eher güllebetriebene, kleinere Anlagen
Großteil aus tierischen Exkrementen besteht. Für die geben. Da die spezifischen Kosten der Aufbereitung
restlichen Bundesländer sind große Biogasanlagen von Biogas auf Erdgasqualität stark durchsatzabhängig
eher als Gemeinschaftsanlagen mit einem hohen sind, lässt sich aus den Betriebsstrukturen das Errichten
Anteil von Kosubstraten als Inputmaterialien zu von Biogas-Aufbereitungsanlagen vornehmlich in den
erwarten. neuen Bundesländern erwarten. Aufgrund geringerer
Zusammenfassend lässt sich aufgrund der Betriebs- Substrat-Transportkosten bei NaWaRo-Anlagen, kön-
strukturen annehmen, dass zukünftig größere Biogas- nen diese auch als Gemeinschaftsanlagen in den alten
anlagen (ab 250 m2/h) eher in den neuen Bundeslän- Bundesländern vorkommen.
109
5 Einspeisepunkte 5
An dieser Stelle der Studie wird untersucht, welcher 5–10 km transportiert werden. Zudem sind viele
Anteil des regional vorhandenen Biogaspotenzials Betriebe zu klein, um sinnvoll eine Biogasanlage zu
auch in das Gasnetz eingespeist werden kann. Dazu betreiben. Somit schränkt sich der Gülleeinsatz aus
wird das Biogaspotenzial mit der Gasnetzaufnahme- logistischen Gründen ein. Deshalb wird abgeschätzt,
kapazität des deutschen Erdgasnetzes verglichen. dass etwa 50 % des Güllepotenzials Deutschlands an
Das gesamte Potenzial der Biogasproduktion Stellen vorliegt, an denen eine Biogaseinspeisung
durch fermentative Prozesse beträgt in Deutschland möglich ist.
ca. 260 PJ/a. In der bundeslandscharfen Regionalver- Die NaWaRo können aufgrund ihrer höheren
teilung stellt sich das Potenzial, wie aus Abbildung Energiedichte weiter als Gülle transportiert werden.
5-1 ersíchtlich, dar. Somit wird davon ausgegangen, dass 100 % der
Nicht die gesamte Menge der aufgelisteten regio- NaWaRo-Flächen prinzipiell zur Produktion einspeis-
nalen Potenziale liegt an Standorten, an denen mit der baren Biogases beitragen können.
Einspeisung in das Gasnetz gerechnet werden kann Biogas aus industriellen Rückständen wird meist
(aufgrund der Betriebsstruktur und Transportbe- im Betrieb selbst verwendet z. B. zur Bereitstellung
schränkungen). von Prozesswärme. Somit wird angenommen, dass
Aus Sicht der Transportkosten der Eingangssub- das Biogas aus industriellen Anlagen nicht aufbereitet
strate sollte Gülle möglichst nicht, selten aber über und in das Gasnetz eingespeist wird.
0 15 30 45 60
technisches Potenzial in PJ/a
110
Einspeisepunkte
Ernterück-
nachwachsende Industrielle Kommunale Gesamt mit
Technisches Potenzial stände und
Rohstoffe Reststoffe Reststoffe Restriktion
Exkremente
Kommunale Reststoffe können, abhängig von der ter benötigt. Somit ergeben sich Beschränkungen der
jeweiligen Energiedichte, im Durchschnitt noch weiter Gasaufnahme in das Erdgasnetz besonders im Som-
als NaWaRos transportiert werden. Außerdem liegen mer. Die Biogasanlagen produzieren aber aus mikro-
die Punkte, an denen die Rückstände anfallen, zumeist biellen und wirtschaftlichen Gründen möglichst kon-
in gut gasversorgtem Gebiet. Aus diesem Grund wird tinuierlich Biogas. Die Biogasspeicherung hat sich aus
von einer 100 %igen Verfügbarkeit kommunaler Rück- Kostengründen in der Praxis auf wenige Stunden bis
stände zur Gaseinspeisung ausgegangen. zu einer Tagesproduktion beschränkt. Biogasspeicher,
Wird die jeweilige Transportrestriktion auf die die die Gasproduktion vieler Wochen aufnehmen
Potenziale angewandt, ergibt sich folgendes Bild des können, sind bisher nicht lohnenswert.
Biogaspotenzials. In Tabelle 5-1 werden die regionalen
Biogaspotenziale entsprechend Abbildung 5-1 darge- Austauschgaseinspeisung
stellt. Zusätzlich wird in der rechten Spalte (Gesamt Da sich die Gasnetzrestriktionen hauptsächlich auf-
mit Restriktionen) das Potenzial unter Berücksichti- grund der geringsten Abnahme im Sommer ergeben,
gung der jeweiligen Restriktionen ausgewiesen. werden in der folgenden Tabelle die Biogaspotenziale
Das gesamte technische Biogas-Potenzial Deutsch- mit der Mindestabnahme des Gasnetzes verglichen.
lands reduziert sich aufgrund von Transportrestriktio- Das Biogaspotenzial (hier in kWh/d) liegt in jedem
nen von 260 PJ/a auf 190 PJ/a. Dieses regional ver- Fall unter der Sommergrundlast eines jeden Bundes-
teilte Potenzial wird im folgenden dem Erdgasnetz landes. Die rechte Spalte (Anteil verdrängter Grund-
gegenübergestellt. last) beziffert den Anteil der Sommergrundlast, der
Gasnetzseitig lassen sich Gasaufnahmebeschrän- durch das Biogaspotenzial ersetzt werden kann.
kungen feststellen. Da die Gasnetzbetreiber das Gas Zu erkennen ist, dass das zur Gaseinspeisung in
nicht besitzen sondern nur durchleiten, darf das Gas- Frage kommende Biogaspotenzial in jedem Bundes-
netz nicht als Speicher angesehen werden. Es darf land in Austauschgasqualität eingespeist werden
demnach nur so viel Gas in das Gasnetz eingespeist kann, wenn der durchschnittliche, tägliche Mindest-
werden, wie ihm auch entnommen wird. Besonders verbrauch im Sommer aus dem Gasnetz berücksich-
im Sommer wird wesentlich weniger Gas als im Win- tigt wird. In Gesamt-Deutschland kann bei Ausschöp-
111
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Sommergrundlast inkl.
Biogaspotenzial in m3/d Anteil verdrängter
Potenzial IEL Tagesgangschwankung (0,4)
Rohbiogas (53 % CH4) Grundlast in %
in Mio. kWh/d
fung des Biogaspotenzials demnach 16 % der Som- cher nach der Gasaufbereitung abgepuffert werden.
mergrundlast durch Biogas ersetzt werden. Aber an dieser Stelle wird das Biogaspotenzial noch
Wird zudem auch noch der Tagesgang berücksich- mit dem Tagesgangfaktor von 0,4 belegt um den
tigt, sind die Stunden geringster Nachtabnahme aus stündlichen „Momentanverbrauch“ zu berücksichti-
den Erdgasnetz entscheidend. Diese könnten im gen (Erklärung des Faktors 0,4 in Kap. 3.2.2).
Zweifelsfall auch durch einen zusätzlichen Gasspei-
112
Einspeisepunkte
Aus Tabelle 5.3 lässt sich entnehmen, dass selbst In der Tabelle 5-4 ist der prozentuale Anteil des
unter der Annahme der vollen Ausschöpfung des Biogaspotenzials dargestellt, der in das Erdgasnetz als
technisch erreichbaren Potenzials und unter der Zusatzgas eingespeist werden kann. Nur in den Stadt-
Berücksichtigung stündlicher Sommergasabnahmen staaten ist, ohne Berücksichtigung des Tagesganges,
(ohne Speicher) das technisch einspeisbare Potenzial im Sommer das gesamte potenziell produzierbare
in fast jedem Bundesland komplett eingespeist wer- Biogas einspeisbar. In den übrigen Regionen Deutsch-
den kann. Die einzige Ausnahme bildet Mecklen- lands wäre nur ein Teil des Biogaspotenzials als
burg-Vorpommern, wo das Biogaspotenzial um ca. Zusatzgas einspeisbar. In Gesamt-Deutschland ist bei-
12 % höher ist als die Gasentnahme in jeder Stunde spielsweise 5 % des Biogas-Potenzials auch zu jeder
einer Sommernacht. Nachtstunde im Sommer als Zusatzgas einspeisbar.
Zusammenfassend .lässt sich schließen, dass auch Unter Verwendung der durchschnittlichen Sommer-
unter Einbeziehung von stark beschränkenden Grenz- grundlast lassen sich 14 % des Potenzials als Zusatz-
annahmen, keine praktisch relevante Gasnetzaufnah- gas einspeisen (wenn beispielsweise das Gas im
mebeschränkung für Biogas in Austauschqualität „Nachttal“ zwischengespeichert wird).
besteht. Es sollte aber sicher gestellt werden, dass bei Ein-
speisung von Zusatzgas, beim ersten Gasabnehmer
Zusatzgaseinspeisung aufgrund der Vermischung mit dem Grundgasstrom,
Ein wenig anders stellt sich die Situation im Fall der die geforderte Gasqualität eingehalten wird. Somit ist
Zusatzgaseinspeisung dar. Vorgereinigtes Biogas kann bei Zusatzgaseinspeisung immer eine Einzelprüfung
ohne die Abtrennung des Kohlendioxides als Zusatz- des Einspeisepunktes notwendig.
gas eingespeist werden, wenn dadurch die Gasqualität
des Gasnetz nicht beeinträchtigt wird. Unter gegebe-
nen Umständen (unter Berücksichtigung von typischen 5.1 Standortbewertung
Nieder-, Mittel- und Hochdrucknetzen, L- und H-Gas-
qualität, Gaszusammensetzung und -Volumenstrom, In Kapitel 4 wurde festgestellt, dass in Deutschland
Mischungsverhältnissen und verschiedener anderer flächendeckend ein Biogaspotenzial von ca. 0,5–
Einflussfaktoren, wobei die Erläuterung der gesamten 1 TJ/km2a besteht. Diese Potenzialdichte besteht so-
Hintergründe den Rahmen dieser Studie sprengen wohl im ländlichen Raum wie in den Städten. Es lässt
würden) lässt sich ein Teil des Biogaspotenzials ohne sich somit keine Region in Deutschland als deutlich
Kohlendioxidabtrennung als Zusatzgas einspeisen. flächenspezifisch potenzialreicher als andere feststel-
len. Biogasanlagen lassen sich außer an ungünstigen
Tabelle 5-4: Einspeisebeschränkungen für Zusatzgas
Standorten prinzipiell überall in Deutschland errich-
ten. In der Untersuchung der regionalen Betriebs-
Tagesgangfaktor 0,4 1
struktur landwirtschaftlicher Betriebe lässt sich aber
Berlin Hamburg Bremen 50 % 100 % eine eindeutige Tendenz zu großen Betrieben in den
Saarland 12 % 29 % neuen Bundesländern gegenüber den alten feststellen.
Thüringen 4% 10 % Große Biogasanlagen werden demnach häufiger in
Rheinland-Pfalz 6% 15 % den neuen als in den alten Bundesländern vorkom-
men. Da große NaWaRo-Anlagen prinzipiell überall
Sachsen 5% 13 %
errichtet werden können, lässt sich diese Tendenz
Hessen 10 % 26 %
nicht quantifizieren.
Sachsen-Anhalt 3% 9%
In der Untersuchung der Gasnetzstruktur hat sich
Brandenburg 3% 6% ergeben, dass das Gasnetz zu ca. 85 % als flächende-
Mecklenburg-Vorpommern 2% 4% ckend angesehen werden kann. Es lassen sich wenige
Schleswig-Holstein 3% 8% Standorte feststellen, an denen das Gasnetz zu weit
Baden-Württemberg 7% 17 % von einer möglichen Biogasanlage entfernt ist, um es
einzuspeisen. Diese Situation muss aber im konkreten
Nordrhein-Westfalen 11 % 29 %
Einzelfall individuell betrachtet werden. Tendenziell
Niedersachsen 3% 9%
lassen sich trotzdem die Ballungsräume als besonders
Bayern 3% 9% dicht erdgasversorgt darstellen.
Deutschland 5% 14 % Mögliche Standorte für die Einspeisung von Bio-
gas sind demnach fast flächendeckend in ganz
113
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Tabelle 5-5: Primärindikatoren zur Einspeisung von Biogas und die Bedeutung für die Biogaserzeugung, Biogaseinspeisung
und Wirtschaftlichkeit
Deutschland zu erwarten (mit Ausnahme von Seen, Nähe zur landwirtschaftlichen Nutzfläche oder die
Wäldern und Gebirgen). Die jeweiligen lokalen Bedin- geografische Lage.
gungen bestimmen die konkreten Umsetzungen der Als Sekundärindikator sind bei der Subtrataus-
Projekte. wahl auch die Standortindikatoren klimatische Ver-
Damit eine Beurteilung von Standorten von Bio- hältnisse, Boden, Temperatur, Wasser und Nieder-
gasanlagen zur Einspeisung in das Erdgasnetz unter schlag, Vegetationszeit und Licht für die Qualität der
optimalen Bedingungen erfolgen kann, ist eine theo- Pflanzen und schließlich für den Biogasertrag einer
retische Bewertung der Standorte notwendig. Als NaWaRo-Anlage verantwortlich. Flächenerträge sind
Hilfsmittel werden die in Tabelle 5-5 aufgelisteten von Wahl der Sorte, Standort, Klima, Erntezeitpunkt
Indikatoren verwendet. Diese Indikatoren wurden und dem Anbauverfahren abhängig. Die Methanaus-
aus den in vorangegangenen Abschnitten bereits aus- beute ist von der Silierung, Aufbereitung und Bereit-
führlich dargestellten Faktoren ermittelt. In den stellung abhängig /59 S. 24/. Daneben spielen die
Abschnitten und wurden die Faktoren des Gasnetzes Fruchtfolge und die Nutzung des Gärrestes als Dün-
und des Gastransportes behandelt. In den Abschnit- ger für ein kontinuierliches Betreiben einer
ten und wurden die Faktoren der Biogaserzeugung NaWaRo-Anlage eine weitere Rolle. Für die Biogas-
dargestellt. Die Wirtschaftlichkeitsfaktoren werden in qualität und -quantität der Biogasanlage sind die Sub-
den Abschnitten und umfassend analysiert und stratverfügbarkeit, die Dimensionierung der Anlage
anhand der gewählten Modellanlagen (siehe auch und Substrat-, Gas- und Energiegestehungskosten
Abschnitt Ermittlung möglicher Standorte für Bio- von hoher Bedeutung. Bei einer Einspeisung in das
gaserzeugung und Gaseinspeisung anhand von vorhandene Erdgasnetz sind die Entfernung zum Ein-
Modellanlagen) dargestellt. speisepunkt, die erforderliche Gasqualität (EG-H,
Die Indikatoren für eine Biogaseinspeisung setzen EG-L, ZG), der erforderliche Netzdruck (ND, MD,
sich aus Primärindikatoren und den sich daraus erge- HD), und die örtliche Aufnahmekapazität von ent-
benden Sekundärindikatoren zusammen. Zu den Pri- scheidender Bedeutung.
märindikatoren gehört an erster Stelle der Standort Im folgenden Abschnitt werden an Hand der oben
der Biogasanlage. Daraus ergeben sich die Sekundär- genannten Indikatoren musterhafte Anlagen als
indikatoren wie z. B. die Nähe zum Erdgasnetz, die Modelle für weitergehende Betrachtungen ausgewählt.
114
Einspeisepunkte
5.2 Ermittlung möglicher Standorte Eine detaillierte Übersicht über die im Rahmen
für Biogaserzeugung und dieser Studie betrachteten Anlagen bietet Tabelle 5-6.
Gaseinspeisung anhand von Im Anschluss folgt eine Detailbeschreibung der Anla-
Modellanlagen gen und der getroffenen Annahmen.
Um eine einheitliche und vergleichbare Basis für die 5.2.1 Biogaserzeugung aus Gülle
weiteren Untersuchungen der ökonomischen Auswir-
kungen verschiedener Methoden der Biogasproduk- Für die güllebasierten Anlagen wird im Fall der Gasauf-
tion zu schaffen, werden Modellanlagen, die weitest- bereitung 15 % der Gasproduktion zur Fermenterbehei-
gehend die Praxis der Biogasnutzung repräsentieren, zung benötigt. Für die Nutzung des Biogases in einem
definiert. BHKW wird die gesamte Biogasproduktion verwendet.
Die betrachteten Biogasanlagen sind nach Größe Der Fermenter wird in dieser Nutzungsvariante über
der Biogasproduktion und Art des Inputmaterials die Abwärme des BHKW beheizt. Das entstehende Bio-
unterscheidbar. gas hat einen Methangehalt von 57 %. Als Verweilzeit
Es wurden drei Leistungsgrößen festgelegt. Dabei aller güllebasierten Biogasanlagen wurden 25 Tage an-
wurde die Spanne der üblichen Praxis aber auch mög- genommen. Zur Anlagenauslegung wird eine Raumbe-
liche praxisnahe Extremfälle berücksichtigt. Die Bio- lastung von 3,4 kg oTS/m3d zugrundegelegt.
gasproduktion der Anlagen wird mit 50 m3/h, Bei den güllebasierten Biogasanlagen wird davon
250 m3/h und 500 m3/h, die an eine folgende Gasauf- ausgegangen, dass ein zum Viehbestand passendes
bereitung geliefert werden können, festgelegt. Da der Gärrestelager vorhanden ist. Aufgrund des Abbau-
Biogas-Erzeugungs-Prozess selbst Energie, besonders prozesses in der Biogasanlage ist somit auch bei 10 %
zum Beheizen des Fermenters, benötigt, liegt die NaWaRo-Einsatz keine zusätzliche Lagerkapazität zu
gesamte Biogasproduktion ca. 10–15 % über diesen schaffen. Die größeren güllebasierten Anlagen benöti-
Leistungsgrößen. gen sehr große Viehbestände. Es wurde in den folgen-
Die drei betrachteten Einsatzstoff-Qualitäten sind: den Analysen von einem Betrieb mit zentraler Gülle-
- typische Gülleanlagen (90 % Gülle, 10 % NaWaRo, sammlung ausgegangen. Wenn sich mehrere Betriebe
massebasiert), zu einer Gemeinschafts-Biogasanlage zusammen
- NaWaRo-Anlagen (90 % NaWaRo, 10 % Gülle, mas- schließen wollen, ist zu beachten, dass erhebliche
sebasiert) und Transportkosten entstehen (die hier nicht berücksich-
- eine Anlagen zur Verarbeitung von Material aus tigt werden, da sie von den jeweiligen Standortbedin-
Siedlungsabfällen (100 % Biotonne) in der Leis- gungen abhängen) und dass eine Hygienisierung des
tungsgröße (500 m3/h). Substrates erfolgen muss. Durch beide Effekte entste-
hen zusätzliche Kosten.
115
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
5.2.1.1 Gülleanlage 50 m3/h silo auf ca. 3.500 m3 begrenzt werden. Der Feststoff-
eintrag von 16,1 t/d geschieht über einen Einfülltrich-
Die Biogasanlage, die 50 m3/h Biogas zur Gasaufbe- ter aus dem die Beschickung per Förderband zu den
reitung liefert, produziert 58 m3/h Biogas, von denen jeweiligen Fermentern erfolgt. Das Gärrestelager hat
im Fall der Gaseinspeisung in das Erdgasnetz 8 m3/h eine Lager-Kapazität von 30.000 m3. Dieses Lager ist
zur Fermenterbeheizung genutzt werden. gasdicht abgedeckt das darin entstehende Biogas wird
Es werden zur Güllebereitstellung ca. 630 Groß- der Gasnutzung zugeleitet.
vieheinheiten (GVE) benötigt. Zur Produktion der
NaWaRo muss eine Fläche von ca. 57 ha kalkuliert 5.2.1.3 Gülleanlage 500 m3/h
werden.
Aufgrund der Einsatzstoffbeschickung von 35 t Die untersuchte Leistungsgröße von 500 m3/h stellt
täglich und einer Verweilzeit von 25 Tagen ergibt sich die obere Leistungsgrenze landwirtschaftlicher Bio-
ein Gesamt-Fermentervolumen von 900 m3. Dieses gasanlagen auf der Basis von überwiegend Gülle dar.
wird durch einen volldurchmischten Reaktor reali- Es werden 575 m3/h Biogas produziert, von denen
siert. 75 m3/h genutzt werden, um über eine Gastherme
Die Gülle wird zentral in einer Anmaisch-Gülle- den Fermenter zu beheizen (Im Fall der Gaseinspei-
grube von 80 m3 gesammelt. In ihr kann die benötigte sung). Es handelt sich in sofern um die obere Leis-
Menge von ca. 2 Tagen gespeichert und Anlieferungs- tungsgrenze, als dass 6.300 Großvieheinheiten (GVE)
schwankungen ausgeglichen werden. Für die nach- benötigt werden um das Einsatzmaterial bereit zu
wachsenden Rohstoffe ist eine Silokapazität von ca. stellen. In Deutschland gibt es weniger als 10 land-
1.000 m3 vorzusehen. Wird eine Zweitkultur geerntet wirtschaftliche Betriebe dieser Größenordnung. Auch
(z. B. im April Getreide-GPS und im Oktober Mais) Gemeinschaftsanlagen geraten schnell an ihre logisti-
könnte das für die weiteren Kalkulationen verwen- schen Grenzen wenn in Rechnung gestellt wird, dass
dete Fahrsilo auf ca. 600 m3 begrenzt werden. Der der Gülletransport von 10 km etwa 10 ct/kWh kostet,
Feststoffeintrag von 3,3 t/d geschieht über die An- wenn die Gülle vergoren und das Biogas in einem
maischgrube. Das Gärrestelager hat eine Lager-Kapa- BHKW genutzt wird.
zität von 6.000 m3 und wird als vorhanden angenom- Bei einem Input-Strom von 348 t/h ergibt sich ein
men. Im Laufe des Jahres benötigt diese Biogasanlage Gesamt-Fermentervolumen von 9.000 m3. Dieses wird
ca. 100 MWh Strom zum Eigenbedarf. durch 3 parallel arbeitende Fermenter von je 3.000 m3
realisiert. Größere Bauformen ziehen Durchmi-
5.2.1.2 Gülleanlage 250 m3/h schungsprobleme mit sich. Kleinere wären in den
Investitionskosten höher. Die Raumbelastung des Fer-
In der Biogas-Anlage, die 250 m3/h Biogas zur Aufbe- menters beträgt 3,4 kg oTS/m3d.
reitung liefert, werden 290 m3/h Biogas produziert, Die Tiere von über 6.000 Großvieheinheiten wer-
von denen 40 m3/h zur Bereitstellung von Prozess- den in mehreren Ställen untergebracht. Somit muss
wärme im Fall der Gaseinspeisung dienen. Es werden die Gülle zur Biogasanlage transportiert werden. Dies
zur Güllebereitstellung 3.150 Großvieheinheiten kann durch ein Rohrleitungssystem erfolgen oder es
(GVE) und zur NaWaRo-Produktion 130 ha Acker- sind täglich ca. 12 Gülletransporte notwendig. Die
land benötigt. Gülle wird zentral in einer Güllegrube von 600 m3
Aufgrund der Einsatzstoffbeschickung von 174 t gesammelt. In ihr kann die benötigte Menge von ca. 2
täglich und einer Verweilzeit von 25 Tagen ergibt sich Tagen gespeichert und Anlieferungsschwankungen
ein Gesamt-Fermentervolumen von 4.500 m3. Die ausgeglichen werden. Der Feststoffeintrag von 33 t/d
Tiere von über 3.000 Großvieheinheiten werden in geschieht über einen Einfülltrichter aus dem die
mehreren Ställen untergebracht. Somit muss die Gülle Beschickung per Förderband zu den jeweiligen Fer-
zur Biogasanlage transportiert werden. Die Gülle mentern erfolgt. Zur Lagerung der Pflanzensilage
wird zentral in einer Güllegrube von 300 m3 gesam- sind 12.000 m3 Lagerkapazität notwendig. Als Gär-
melt. In ihr kann die benötigte Menge von ca. 2 Tagen restelager muss eine Lager-Kapazität von 6 Monaten
gespeichert und Anlieferungsschwankungen ausge- vorgesehen werden was einem Volumen von
glichen werden. Für die nachwachsenden Rohstoffe 63.500 m3 entspricht und als vorhanden vorausgesetzt
ist eine Silokapazität von ca. 6.000 m3 vorzusehen. wird. Dieses Lager ist gasdicht abgedeckt. Das ihm
Wird eine Zweitkultur geerntet (z. B. im April entstehende Biogas wird der Gasnutzung zugeleitet.
Getreide-GPS und im Oktober Mais) könnte das Fahr-
116
Einspeisepunkte
5.2.2 Biogaserzeugung aus nachwachsenden Grund wird die NaWaRo-Anlage 250 m3/h mehrfach
Rohstoffen (NaWaRo) stellvertretend für alle Biogasanlagen verwendet.
In der Praxis liegen die Steigerungsraten neuer
Für alle NaWaRo-Anlagen wurde eine Verweilzeit Biogasanlagen bei NaWaRo-Anlagen im Vergleich zu
von 60 Tagen angenommen. Die Raumbelastung be- Gülle-Biogasanlagen derzeit wesentlich höher. Dies
trägt jeweils 3,1 kg oTS/m3d. Die Einbringung erfolgt lässt darauf schließen, dass im Trend NaWaRo-Anla-
von einem Sammelbehälter ausgehend über ein För- gen eine höhere Bedeutung erreichen werden. Auch
derbandsystem direkt in die Fermenter. Das Gärreste- ist man bei der NaWaRo-Anlagenplanung wesentlich
lager ist abgedeckt und das in ihm entstehende Me- unabhängiger vom Viehbestand, was eine weiterge-
than wird abgesaugt. Dieses Lager wird passend zur hende Erschließung der Potenziale ermöglicht.
Anlage neu gebaut und kann nicht wie bei den In Bezug auf die betrachtete Anlagengröße wird
Gülle-Anlagen als vorhanden vorausgesetzt werden. sich im Verlauf dieser Untersuchung zeigen, dass bei
Das entstehende Biogas hat einen Methananteil von kleineren Anlagengrößen wesentlich höhere spezifi-
53 %. Im Fall der Biogas-Aufbereitung und -Einspei- sche Kosten anfallen als bei größeren Biogasanlagen.
sung wird 10 % des Biogases zur Fermenterbeheizung Die Obergrenze der Biogasanlagen wird durch den
verwendet. Zur Lagerung der NaWaRo (beispielhaft logistischen Aufwand insbesondere des Transportes
dimensioniert für den Maissilage-Einsatz) wird im bestimmt. NaWaRo werden selten wirtschaftlich loh-
Weiteren die benötigte Ernte einer Erntekampagne nend über mehr als 15 km Entfernung zu transportie-
pro Jahr berücksichtigt. ren sein. Die mittelgroße NaWaRo-Anlage mit der
Biogasproduktion von 250 m3/h aus Substraten, die
5.2.2.1 NaWaRo-Anlage 50 m3/h auf 290 ha Nutzfläche angebaut werden, ist somit die
Anlage, die aufgrund der erwarteten Praxis und auf-
Es werden täglich 7 Tonnen NaWaRo und 0,8 t grund der wirtschaftlichen Möglichkeiten als Modell-
Gülle benötigt, um 55,7 m3/h Biogas zu produzieren. anlage am ehesten in Frage kommt.
Dies entspricht 16 GV und 58 ha Ackerland.
Das Fermentervolumen beträgt unter den oben 5.2.2.3 NaWaRo-Anlage 500 m3/h
angegebenen Annahmen 500 m3, das Gärrestelager
1500 m3. Zur Aufnahme der Silage ist eine Lagerkapa- Die NaWaRo-Anlage 500 m3/h benötigt zur Biogas-
zität von 2500 m3 nötig. produktion einen Inputstrom von 72 t/d NaWaRo
und 8 t/d Gülle. Dies entspricht fast 600 ha notwendi-
5.2.2.2 NaWaRo-Anlage 250 m3/h ger Anbaufläche und 160 GV. Aufgrund der Transpor-
tentfernungen der Silage stellt diese Anlage eine
Die NaWaRo-Anlage 250 m3/h wird mit 36 t/d Na- Obergrenze aus logistischer Sicht dar. Als Kosubstrat-
WaRo und 4 t/d Gülle beschickt. Es werden ca. 290 ha lager muss das Fahrsilo ca. 25.000 m3 fassen können.
Ackerland und 80 GV benötigt. Zur Lagerung der Das Fermentervolumen von fast 6000 m3 wird durch 2
Silage sind 12.500 m3 vorzusehen. Das Fermentervo- parallel arbeitende Fermenter realisiert. Zur Lagerung
lumen beträgt auf der Basis der oben dargestellten der Gärreste müssen 14.000 m3 Endlagervolumen be-
Annahmen 2.800 m3, das Gärrestelager 7.000 m3. reitgestellt werden.
Diese Biogasanlage wird in der weiteren Untersu-
chung zu verschiedenen Detailanalysen als typische 5.2.3 Biogaserzeugung aus Bioabfall
Modell-Biogasanlage angesehen. Da im Laufe der
Studie sehr verschiedene Varianten betrachtet werden Die Bioabfallanlage ist konzeptionell abweichend im
(dezentrale Gasnutzung/Gasaufbereitung und Ein- Vergleich zu den typischen ländlichen Biogasanlagen
speisung/Gasaufbereitung als Fahrzeugtreibstoff; gestaltet. Deshalb erfolgt hier eine ausführlichere Dar-
Gasaufbereitung per Gaswäsche/Druckwechsel- stellung.
adsorbtion; Gasqualitäten von H-/L-/Zusatzgas; und Die gesamte Anlage ist eingehaust und nur über
verschiedene andere Varianten) und sich die Anzahl ein Schleusensystem befahrbar oder begehbar, um
der Betrachtungspfade um die jeweiligen Varianten- Gasemissionen zu vermindern. Die Raumluft wird
anzahl multipliziert, würde sich bei vollständiger permanent abgesaugt und über einen Biofilter gerei-
Betrachtung aller Varianten eine sehr große, unüber- nigt. Die benötigten Einsatzstoffe von 140 t/d Bio-
sichtliche Biogaspfad-Anzahl ergeben. Aus diesem tonne-Material werden arbeitstäglich in einen Annah-
mebunker eingebracht. Dies erfolgt direkt über den
117
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
transportierenden LKW. Der Annahmebunker ist zur in der Vorrotte beträgt ca. 7–10 Tage, die der
Aufnahme von zwei Tagen Materialbedarf dimensio- Nachrotte ca. 24 Tage. Nach 4-wöchiger belüfteter
niert. Grobe Störstoffe sollten bereits im Bunkerbe- Intensivrotte ist das Material hygienisch unbedenk-
reich entfernt werden. In der Regel wird das angelie- lich. Vor- und Nachrotte werden kontinuierlich be-
ferte Material gleich verarbeitet, um Emissionen zu und entlüftet. Die Umwälzluft wird über einen Biofil-
vermeiden. Die Aufbereitung erfolgt mit hoher Effizi- ter gereinigt. Der Fertigkompost wird abgesiebt und
enz ohne Handsortierung. Die nach der Aufbereitung für maximal 6 Monate gelagert /2/.
anfallende Suspension ist relativ homogen und im Der Flächenbedarf von 20.000 m3 wird hauptsäch-
Fermenter pump- und rührfähig /2/. lich durch das Kompostlager (10.000 m3) und die
Der Transport aus dem Bunker erfolgt über ein Rottehalle (5.000 m3) bestimmt. Aufgrund der Ein-
Greif-Kransystem oder ein Förderband. Das Material hausung sämtlicher Anlagenteile ist sowohl der bauli-
wird von einer langsam laufenden Schneckenmühle che Aufwand als auch der Flächenbedarf der Bio-
primär zerkleinert. Über einen Magnetscheider wer- tonne-Biogasanlage wesentlich höher als bei den
den magnetische Metalle entfernt. Nach einer Behand- zuvor beschriebenen landwirtschaftlichen Biogasanla-
lung in einer kombinierten Mahl- und Mischmaschine gen. Der Strombedarf liegt bei ca. 450 kW. Bei dezen-
erfolgt die nassmechanische Aufbereitung in einem traler BHKW-Nutzung der Biogasproduktion können
Löser (z. B. Abfallpulper). Im Pulper wird die Bio- über 1.000 kW Strom produziert werden.
masse zerfasert, suspendiert und teilweise gelöst.
Nicht abbaubare Stoffe werden abgetrennt. Durch die 5.2.4 Festlegung der möglichen Einspeisegas-
Zugabe von Prozesswasser wird eine pumpfähige qualitäten
Bioabfallsuspension eingestellt. Es wird kein Frisch-
wasser benötigt, da durch die Verwendung von Pro- Im Rahmen dieser Studie werden unter Berücksichti-
zesswasser und die Teilrückführung des Gärgutes der gung des DVGW-Regelwerks und unter Berücksichti-
Trockensubstanzgehalt geregelt werden kann. Nach gung geeigneter und sinnvoll erscheindender Szena-
dem Lösungsvorgang kann über ein Hydrozyklon rien hinsichtlich der Gasaufbereitungsprozesse für die
oder eine Siebtrommel eine Leichtstoff- und eine Aufbereitung von Biogasen aus Vergärungsanlagen
Sandfraktion getrennt werden. Das vergärbare Mate- folgende vier Einspeisefälle bzw. Gasqualitäten wei-
rial wird den parallel arbeitenden volldurchmischten tergehend betrachtet:
Fermentern möglichst kontinuierlich zugeführt. Um 1. Einspeisung von Biogas als Austauschgas mit EG-H
eine Gesundheitsgefährdung durch Krankheitserreger Qualität (WS,N 15,0 kWh/Nm3, mit Flüssiggas-
zu verhindern wird das gesamte Material in einem zumischung),
Hygienisierungsbehälter, einem Autoklaven, bei 70 °C 2. Einspeisung von Biogas als Austauschgas mit EG-H
hygienisiert. Die Hygienisierung kann vor oder nach Qualität (WS,N 13–14 kWh/Nm3, ohne Flüssiggas-
dem Fermentationsprozess erfolgen. Die hydraulische zumischung),
Verweilzeit im Reaktor beträgt 16 Tage. Dabei werden 3. Einspeisung von Biogas als Austauschgas mit EG-L
ca. 50 % der organische Trockensubstanz abgebaut. Qualität,
Das entstehende Gas wird dezentral in einem BHKW 4. Einspeisung als Zusatzgas nach Teilaufbereitung
genutzt oder der Gasaufbereitung zugeleitet /2/. (Entschwefelung, Trocknung, keine CO2-Abtren-
Das vergorene Material wird in einer Separations- nung).
stufe (z. B. mittels Siebbandpresse, Dekanter oder Dabei orientiert sich die Auswahl der detaillierter be-
Vollmantelschneckenzentrifuge) in eine feste und eine trachteten Einspeisegasqualitäten nicht nach den real
flüssige Fraktion getrennt. Der Klarablauf wird teil- verteilten Gasqualitäten – beispielsweise Erdgas H
weise als Prozesswasser wieder verwendet (im (GUS) oder Erdgas L (Holland) – sondern nach den
Abfallpulper und zur Kompostierung) und teilweise Nennwerten der DVGW-Vorschrift G 260 hinsichtlich
in einer Kläranlage gereinigt und abgeleitet. Die ent- Wobbe-Index, Brennwert und relative Dichte. Es wird
wässerte Faulsuspension hat einen TS-Gehalt von 30– hierbei davon ausgegangen, dass die geforderten Ein-
35 %. Sie hat ein erdiges Aussehen. Die Masse dieser speisegasqualitäten lokal und zeitlich unterschiedlich
Fraktion enthält ca. 45 % der Eingangsmasse an Bio- sind und im konkreten Fall immer mit dem jeweiligen
abfall. Nach Zugabe von Grünabfall als Strukturmate- Netzbetreiber festgelegt werden müssen; also die ge-
rial wird über eine nachfolgende Rotte Kompost pro- samte Spannbreite innerhalb der DVGW-Richtlinien
duziert. Vor- und Nachrotte sind jeweils als abdecken können. Insbesondere der Modellfall 1 stellt
geschlossene Einheiten auszubilden. Die Verweilzeit hier einen Sonderfall dar: unter bestimmten Rand-
118
Einspeisepunkte
bedingungen (siehe Abrechnung nach DVGW G 685) qualität) hinsichtlich Gaseinspeisequalitäten ein gro-
muss der Brennwert bzw. Wobbe-Index des aufberei- ßes Spektrum an möglichen Einspeisesituationen
teten Biogases, dass bereits die Spezifikation von Erd- abzudecken. Darunter fällt auch die Einspeisung von
gas H erfüllt, mit Flüssigas angepasst werden. teilaufbereitetem Biogas als Zusatzgas, das begrenzt
Für die Auswahl, Auslegung und Kostenbetrach- einem Grundgas zugemischt werden kann. Dieses
tung der Biogaskonditionierung und Aufbereitung Fallbeispiel ermöglicht eine besonders kostengünstige
müssen die zu erreichenden Einspeisegasqualitäten Biogasaufbereitung und –einspeisung, ist aber nur
aber festgelegt werden. Eine Betrachtung aller fünf unter bestimmten Randbedingungen (üblicherweise
üblicherweise in Deutschland verteilten Erdgase nur in der HD- oder MD-Netzebene mit entsprechen-
(Tabelle 5-7) und die entsprechende Einspeisung als dem Gasdurchsatz) anwendbar.
Austauschgas oder Zusatzgas (insgesamt dann 12 ver- Des Weiteren stellt der in dieser Studie beschriebene
schiedene Fälle statt jetzt 7 betrachtete Fälle) würde Fall 1 einer Biogasaufbereitung zu Erdgas-H-Qualität
den Rahmen dieser Studie übersteigen. einen Extremfall dar. Die Flüssiggaszugabe wird für
Innerhalb dieser Studie wird versucht, mit den solche Einspeisefälle betrachtet, in denen das einzu-
drei Fallbeispielen (Aufbereitung von Biogas aus Ver- speisende Austauschgas absolut netzkonforme Brenn-
gärungsanlagen zu Erdgas in H-, L- oder Zusatzgas- eigenschaften aufweisen muss (siehe Ausführungen
C7H16 Vol.-% < 0,01 < 0,01 < 0,01 < 0,01 < 0,01
C8H18 Vol.-% < 0,01 < 0,01 < 0,01 < 0,01 < 0,01
C6H6 Vol.-% < 0,01 < 0,01 < 0,01 < 0,01 < 0,01
119
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
zur DVGW G 685) und die lokal verteilte Netzqualität Zugabe von Luft von ca. 5,4 %. Um die brenntechni-
z. B. den Nennwert des Wobbe-Index aufweist. Die schen Kenndaten einzuhalten, würde eine
Flüssiggaszugabe erhöht die Biogasaufbereitungskos- CO2-Abtrennung von 87,5 %1 völlig genügen. Aller-
ten erheblich (ca. 0,8 ct/kWh Rohbiogas) und wirft dings fordert die DVGW-Richtlinie G 260, dass einge-
auch einige rechtliche Fragen (EEG) auf. speistes Austauschgas maximal 6 Vol.-% Kohlendi-
Ob eine Flüssiggaszugabe notwendig ist, ist von oxid enthält. Auch hier wäre aber alternativ unter
Fall zu Fall unterschiedlich. Aufbereitetes und gerei- Weglassung der Luftzudosierung eine Einspeisung als
nigtes Biogas (Modellfall 2) mit einem Methangehalt Zusatzgas möglich.
von ca. 97 Vol.-% (CO2-Abtrennung von 96 %) erfüllt Anhand der zu betrachtenden Gaseinspeisefälle
sehr wohl die Erdgas-H-Spezifikation der wird nachfolgend von folgenden Zusammensetzun-
DVGW-Richtlinie G 260, kann aber trotzdem in eini- gen und technisch notwendigen Verfahrensschritten
gen GVU-Versorgungsgebieten noch unterhalb der ausgegangen (Tabelle 5-8). Die Werte beziehen sich
spezifizierten Anforderungen hinsichtlich einer Ein- auf die Gasaufbereitungsschritte einer NaWaRo-Bio-
speisung bleiben. Eine Alternative zur Brennwertan- gasanlage mit DWW Aufbereitungsverfahren.
hebung mit Flüssiggas wäre noch die Einspeisung des Die Beschreibung und Entwicklung geeigneter
auf Erdgas-H aufbereiteten Biogases als Zusatzgas. Modellfälle zur Aufbereitung von Biogas zu syntheti-
Für den Fall 1 bleibt noch zu bemerken, dass tech- schem Erdgas orientiert sich in erster Linie an den
nisch die Brennwertanhebung kein Problem darstellt, sehr unterschiedlichen Verfahrensprinzipien – der
sondern vielmehr ein gängiges Verfahren der Brenn- maßgebliche und kostenentscheidende Verfahrens-
werteinstellung in der Gasversorgungswirtschaft ist. schritt ist die CO2-Abtrennung – und in zweiter Linie
Allerdings sieht die DVGW-Richtlinie G 260 nur eine an den dabei erreichbaren Gaseinspeisequalitäten. Für
zeitlich beschränkte Zugabe von Flüssigas zur Ver- die Beschreibung der Modellfälle werden weitestge-
meidung von Versorgungsengpässen oder zur Spit- hend die technischen Beschreibungen geeigneter
zenlastabdeckung (Peak shaving gas) vor. Anbieter zugrunde gelegt.
Ähnliches gilt für das dritte Fallbeispiel – die Auf- Von einer Ausnahme abgesehen, kann in fast allen
bereitung des Biogases auf Erdgas-L-Qualität. Im Fällen davon ausgegangen werden, dass die Verfahren-
Rahmen dieser Studie erfolgt im Fall 3 eine sketten auf alle zu betrachtenden Volumenströme (50,
CO2-Abtrennung von ca. 88,6 % und nachfolgend eine 250 und 500 m3/h) übertragbar sind. Die einzige Aus-
brenntechnische Kenndaten
Einspeise- Notwendige Gaszusammen-
Fall
gasqualität Aufbereitungsschritte setzung WS HS
d
[kWh/m3] [kWh/m3]
a. Die Werte in den Klammern sind als Minimalwerte zu verstehen und beziehen sich auf die Zusammensetzung des Rohgases bzw. auf Zusammen-
setzungen innerhalb der Gasaufbereitung.
b. Die Karburierung (Brennwertanhebung) erfolgt mit Flüssiggas der Zusammensetzung 95 % Propan und 5 % Butan.
120
Einspeisepunkte
nahme stellt nach derzeitigem Wissensstand die Bio- Gegebenheiten (Biogaszusammensetzung, Erdgaszu-
gasgrobentschwefelung mit Hilfe eines Bio-Wäschers sammensetzung am Einspeisepunkt) anzupassen ist.
dar, der für kleine Volumenströme unterhalb 100 m3/h In dieser Studie wurden drei Einspeisegasqualitä-
nicht angewendet wird. Grundsätzlich sind bei der Bio- ten für Biogase aus fermentativen Prozessen festge-
gasaufbereitung zu Erdgassubstitut vier wesentliche legt: zwei Austauschgasqualitäten (Erdgas-H und
Verfahrensschritte notwendig: Erdgas-L, die gemeinsam betrachtet werden) und ein
- Biogasentschwefelung (Grob-, und falls notwendig, Zusatzgas. Daraus folgend werden modellhaft drei
Feinentschwefelung), geeignete Biogasaufbereitungsverfahren eingehender
- Biogasverdichtung (eventuell mehrstufig), betrachtet und erläutert:
- Biogastrocknung, Modellfall 1: Biogasaufbereitung zu Erdgas-H bzw.
- CO2-Abtrennung. Erdgas-L mittels Druckwechselad-
Einzig mit dem Verfahren der Druckwasserwäsche sorption
kann der Schritt der Entschwefelung und der Modellfall 2: Biogasaufbereitung zu Erdgas-H bzw.
CO2-Abtrennung zusammengefasst werden und si- Erdgas-L mittels Druckwasserwäsche
multan erfolgen, allerdings ist bei diesem Verfahren Modellfall 3: Biogasaufbereitung zu Zusatzgas
auch eine Nachbehandlung des Abgasstroms nach nach Teilaufbereitung.
dem Stripper notwendig.
Bei der näheren Betrachtung der einzelnen Modell- 5.2.4.1 Modellfall 1: Biogasaufbereitung zu
fälle wird in allen Fällen folgende Rohbiogaszusam- Erdgas-H bzw. Erdgas-L mittels
mensetzung zu Grunde gelegt: 57 % CH4, 39,7 % CO2, Druckwechseladsorption (PSA)
3,1 % H2O (100 % r. F.) und weniger als 0,01 % Luft
(O2 und N2). Schwefelwasserstoff wird mit 0,2 % H2S Bei Einsatz einer Druckwechseladsorption ist das Bio-
(2.000 ppmv bzw. 3.034 mg/Nm3) im Rohbiogas gas vor der CO2-Abtrennung zu entschwefeln, zu ver-
berücksichtigt. Andere eventuell in Biogasen vorkom- dichten und zu trocknen. Schwefelwasserstoff, Wasser
mende Minorkomponenten wie Ammoniak, Toluol, und eventuell andere Minorkomponenten würden
Siloxane, Chlor und Fluor liegen üblicherweise unter- sonst auf den Kohlenstoffmolekularsieben adsorbie-
halb der Nachweisgrenze von 0,1 mg/Nm3 und wer- ren und die Trennleistung der Druckwechseladsorp-
den für die Auslegung der Gasreinigungsverfahren tion dauerhaft beeinträchtigen bzw. gänzlich zum Er-
vernachlässigt. Gleiches gilt auch für den eventuellen liegen bringen. Vor Eintritt in die PSA sind folgende
Gehalt an Merkaptanen. Grenzwerte einzuhalten: Schwefelwasserstoff maxi-
Als geeignete Aufbereitungsverfahren werden im mal 5 mg/m3 und Wasser maximal 0,2 g/m3 bzw.
Rahmen dieser Studie modellhaft zwei verschiedene 0,15 Vol.-%.
CO2-Abtrennungsverfahren einschliesslich aller not- Die Schwefelwasserstoffentfernung sollte zweistu-
wendigen vor- bzw. nachgelagerten Verfahrenstufen fig erfolgen, da der Schwefelgehalt im Rohbiogas zu
näher erläutert: die Druckwechseladsorption (PSA) hoch für eine rein adsorptive Abtrennung mit impräg-
und die Druckwasserwäsche (DWW). Mit beiden Ver- nierter Aktivkohle (z. B. Kaliumjodid) oder Zinkoxid
fahren kann sowohl Erdgas-H, als auch Erd- und damit unwirtschaftlich ist. Die Grobentschwefe-
gas-L-Qualität erreicht werden. Die verschiedenen lung des Biogases kann bei Volumenströmen ab
Produktgasqualitäten sind durch eine entsprechende 200 m3/h in einem Bio-Wäscher mit separater Rege-
Anpassung der Prozessparameter – Druck, Verweil- nerierung des Absorptionsmittels erfolgen.
zeit und Temperatur – einstellbar. Da Erdgas-H in An dieser Stelle ist die Entscheidung zu treffen, ob
Deutschland die verbreitete Lieferqualität darstellt auf sauerstoffverbrauchende Entschwefelungsverfah-
und im Rahmen dieser Studie nur exemplarische Ein- ren (Lufteintrag) zurückgegriffen werden soll oder
speisequalitäten (Einstellung der brenntechnischen nicht. In den Fällen, in denen nicht der Nenn-Wobbe-
Kenndaten auf die Nennwerte der DVGW-Richtlinie Index von 15,0 kWh/m3 (Erdgas-H- Qualität,
G 260) behandelt werden können, wird auf eine WS,N-Spanne von 12,8 bis 15,7 kWh/m3, vergleiche
eigene technische Darstellung der Aufbereitungsver- DVGW G 260, Tabelle 3) erreicht werden muss oder
fahren für Erdgas-L verzichtet und nur auf Besonder- lediglich auf Erdgas-L-Qualität aufbereitet werden
heiten oder Abweichungen hingewiesen. An dieser soll, ist der Eintrag von Luft bzw. Stickstoff in das Bio-
Stelle sollte noch bemerkt werden, dass für den kon- gas vertretbar. In diesen Fällen ist eine Grobentschwe-
kreten Fall der Errichtung einer Biogasaufbereitungs- felung mit einer Biologischen Tropfkörperanlage mit
anlage das Verfahren immer neu an die jeweiligen
121
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
122
Einspeisepunkte
Abb. 5-2: Verfahrensschema zur Biogasaufbereitung zu Erdgas-H-/Erdgas-L-Qualität mit PSA für kleine Volumenströme
(50 Nm3/h)
Abb. 5-3: Verfahrensschema zur Biogasaufbereitung zu Erdgas-H-/Erdgas-L-Qualität mit PSA für größere Volumenströme
(250 und 500 Nm3/h)
werden können. Allerdings bedingt diese Art der Gas- Lediglich eine Kiesschüttung (oder andere koaleszie-
konditionierung eine relativ gute Anlagensteuerung, rende Elemente) zur Abscheidung eventuell aus dem
die erst bei größeren Anlagen wirtschaftlich darstell- Fermenter mitgerissener Wassertröpfchen bzw. Nebel
bar ist. wird vom Lieferanten der Druckwasserwäsche emp-
Bei der Biogasaufbereitung auf Erdgas H Qualität fohlen. Im konkreten Fall ist eine Kiesschüttung am
ist die biologische Entschwefelung wegen des Ein- Eingang der Druckwasserwäsche angeordnet. Dessen
trags von Luft sicher nicht das geeignete Verfahren Kondensatsammelgefäß dient gleichzeitig auch zur
zur H2S-Entfernung. Technisch wäre eine Vorverdich- Sammlung des Kondenswassers bei der Verdichtung
tung sinnvoll, da hohe Drücke die Adsorption der (Nachkühler) und bei der Regenerierung der Gas-
Schadstoffe begünstigt und durch eine Gasverdich- trocknung nach dem Absorber.
tung eine Vorabscheidung von Wasser möglich ist. Das Rohbiogas muss bei einer Biogasaufbereitung
zu Erdgas-H-Qualität auf einen Arbeitsdruck der
5.2.4.2 Modellfall 2: Biogasaufbereitung zu Waschkolonne von ca. 9 bar Gesamtdruck gebracht
Erdgas-H bzw. Erdgas-L mittels werden. Die Verdichtung erfolgt zweistufig mit einem
Druckwasserwäsche (DWW) Hubkolbenverdichter mit Zwischen- und Nachküh-
lung (wassergekühlter Doppelrohrwärmeübertrager).
Für den Einsatz einer Druckwasserwäsche werden Das entstandene Kondensat wird in einem Konden-
keine besonderen Anforderungen an das Rohbiogas satabscheider abgeschieden.
vor Eintritt in das Verfahren gestellt wie bei einer Im Absorber – ausgeführt als Füllkörperkolonne –
Druckwechseladsorption. Eine vorherige Grobent- erfolgt die Absorption von Schwefelwasserstoff und
schwefelung oder Gastrocknung muss nicht erfolgen. Kohlendioxid im Gegenstrom. Das Rohbiogas tritt am
123
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Sumpf in den Absorber ein und das gewaschene Pro- Taupunkteinstellung. Die Regenerierung des Sorbens
duktgas verlässt die Säule am Kopf. Die maximal erfolgt durch Druckabsenkung des Adsorbers und
wirtschaftlich vertretbare Abtrennleistung beträgt für durch eine Spülung des darüber hinaus auch noch
CO2 ca. 96 %; bei höheren Betriebsdrücken bzw. Ver- beheizten Behälters. Bei einer Gastrocknung mit
weilzeiten im Absorber steigen die Methanverluste Molekularsieben werden Taupunkttemperaturen bis –
auf ein zu hohes Niveau. Bei einer entsprechenden 70 °C bei Umgebungsdruck sicher erreicht. Hinter der
Auslegung des Druckwasserwäscheverfahrens wer- Gastrocknung ist ein Rückschlagventil angeordnet,
den gleichbleibende Austrittskonzentrationen auch um einen konstanten Arbeitsdruck in der Anlage zu
bei schwankenden CO2- bzw. H2S-Partialdrücken gewährleisten.
bzw. wechselnden CO2- bzw. H2S-Belastungen in Das beladene Waschwasser wird vom Sumpf der
einem weiten Bereich eingehalten. Kolonne in eine zweistufige Regenerierungseinheit
Die Löslichkeit von CO2- bzw. H2S ist von der Tem- gepumpt. In der ersten Kolonne wird die beladene
peratur des Waschwassers und dem Arbeitsdruck des Waschflüssigkeit auf den Zwischendruck (3 bar
Absorbers abhängig. Für eine Steigerung (Absenkung) Gesamtdruck) zwischen den Biogasverdichtern
der gewünschten CO2-Abtrennleistung oder des Gas- teilentspannt. Die desorbierende Gasphase, bestehend
durchsatzes muss entsprechend der Betriebsdruck aus CO2-reichem Methangas, strömt zurück zum Ver-
erhöht (abgesenkt) oder auch die Temperatur des dichter und wird wieder auf 9 bar Gesamtdruck ver-
Waschwassers abgesenkt (keine Absorberkühlung) dichtet und der Druckwasserwäsche zugeführt. Rück-
werden. Die kleinste lieferbare Druckwasserwäsche schlagventile und ein Wasserniveau im Sumpf des
(ohne Absorberkühlung, Temperatur Wasser) hat bei Entspanungstanks sorgen für konstante Arbeits-
einem Absorberbetriebsdruck von 9 bar Gesamtdruck drücke. Das restliche Waschwasser wird einem Strip-
einen Gasdurchsatz von 50 bis 100 Nm3/h. Bei Küh- per zugeführt und vollständig auf Umgebungsdruck
lung des Waschwassers auf 5 °C werden Gasdurch- entspannt. Der Stripper ist wie der Absorber als
sätze bis 150 Nm3/h möglich (Erdgas-H). Tropfkörperkolonne ausgeführt und wird zusätzlich
Das aufbereitete Gas durchströmt nach der Druck- von Luft durchspült. Das Abgas enthält ca. 0,1 Vol.-%
wasserwäsche eine Gastrocknungsanlage (Druck- H2S und 30 Vol.-% CO2 (Rest Luft). Aufgrund des
wechseladsorption mit Molekularsieb als Sorbens) zur
Abb. 5-4: Verfahrensschema zur Biogasaufbereitung zu Erdgas-H-Qualität mit DWW für alle Volumenströme
124
Einspeisepunkte
Abb. 5-5: Verfahrensschema zur Biogasaufbereitung zu Erdgas-L-Qualität mit DWW für alle Volumenströme
hohen H2S-Gehaltes ist eine Nachbehandlung not- Absorber angeordnete Feinentschwefelung nicht sinn-
wendig. Im konkreten Fall wird ein biologischer Filter voll. Stattdessen sollte der Prozess der Druckwasser-
benutzt. Das regenerierte Waschwasser wird wieder wäsche selbst überdacht werden, inwieweit dieser an
dem Kopf des Absorbers zugeführt. Um ein konstan- erhöhte Schwefelwasserstoffmengen angepasst wer-
tes pH-Niveau zu halten, muss kontinuierlich Frisch- den kann. Vorstellbar wäre hier zum Beispiel eine
wasser nachgespeist und gebrauchtes Waschwasser Anpassung des Waschwasserdurchsatzes, der jedoch
ausgeschleust werden. begrenzt ist durch eine mögliche Flutung der
Für den eventuellen Fall sehr hoher H2S-Stoßbelas- Kolonne. Eine weitere Möglichkeit ergibt sich durch
tungen im Rohbiogas von deutlich mehr als Erhöhung der Absorberkolonne an sich, was dann
10.000 ppmv, kann optional nach dem Absorber eine aber mit immensen Mehrkosten verbunden ist. Hier
Feinentschwefelung vorgesehen werden, damit der wird ersichtlich, dass bei der Auslegung der Druck-
vorgeschriebene maximal zulässige Grenzwert von wasserwäsche großes Augenmerk auf die schwanken-
5 mg/m3 auch sicher unterschritten wird. Bei einer den H2S-Belastungen im Rohbiogas zu legen ist.
Aufbereitung zu Erdgas-H-Qualität sollten nur Fein-
entschwefelungsverfahren angewandt werden, die 5.2.4.3 Modellfall 3: Biogasaufbereitung zu Zusatzgas
keinen Sauerstoff benötigen oder die Sorbensregene- (Teilaufbereitung, nur Entschwefelung,
rierung separat möglich ist. Infrage kommen hier mit Trocknung, keine CO2-Abtrennung)
Kaliumpermanganat oder Kaliumjodid imprägnierte
Aktivkohlen (Wechselschaltung mit separater Regene- Die Biogasaufbereitung zu Zusatzgas ist im Vergleich
rierung). Ein weiterer Wäscher und ebenso auch eine zu den Modellfällen 1 und 2 deutlich einfacher. Das
Biologische Grobentschwefelung vor der Druckwas- Biogas muss bis auf einen Restgehalt von weniger als
serwäsche erscheinen hierfür nicht wirtschaftlich. Bei 5 mg/Nm3 entschwefelt, auf die geforderte Taupunkt-
einer Biogasaufbereitung zu Erdgas-L-Qualität ist temperatur in Abhängigkeit des Leitungsdrucks ge-
auch eine definierte Luftzugabe und der Einsatz von trocknet und auf den Leitungsdruck am Einspeise-
Kaliumjodierter Aktivkohle für eine Feinentschwefe- punkt verdichtet werden. Die jeweilige Tau-
lung möglich. punkttemperatur ist konkret mit dem zuständigen
In Fällen kontinuierlich anfallender hoher Gasversorgungsunternehmen abzusprechen.
H2S-Gehalte größer 10.000 ppmv ist eine nach dem
125
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Die Entschwefelung des Robiogases erfolgt aus des Wasserdampfes im Biogas durch Gaskühlung aus-
wirtschaftlichen Gründen zweistufig. Zur Grobent- kondensiert und in einem Kondensatabscheider vom
schwefelung wird eine biologische Entschwefelung mit Gasstrom abgetrennt oder das Gas um ca. 5 K erwärmt
integrierter Regenerierung und zur Feinentschwefe- werden.
lung eine mit Kaliumjodid imprägnierte Aktivkohle Mit der Feinentschwefelung werden Reingaskon-
gewählt. Vor der biologischen Grobentschwefelung zentrationen hinsichtlich Schwefelwasserstoff von
erfolgt der Eintrag von Luft mittels Gebläse, dass über weniger als 5 mg/m3 sicher gestellt. Das entschwe-
eine O2-Konzentrationsmessung am Austritt der Tropf- felte Biogas wird nach der Entschwefelung auf den
körperanlage mengengeregelt wird. Auf diese Weise Einspeisedruck verdichtet und danach getrocknet.
wird sichergestellt, dass die Sauerstoffkonzentration Bei der Verdichtung kondensiert bereits ein Teil
am Austritt 1,5 Vol.-% nicht übersteigt und nicht unnö- des Wasserdampfes. Für die Gastrocknung stehen als
tig viel Luft in das Biogas eingetragen wird. Bei einer geeignete Verfahren die Kältetrocknung oder eine
Rohgaskonzentration von 2.000 ppmv werden am Aus- Druckwechseladsorption mit Molekularsieben zur
tritt der Tropfkörperanlage H2S-Restkonzentrationen Verfügung. Eine Kältetrocknung bietet sich an, wenn
kleiner 250 ppmv sicher erreicht. Zur Auslegung der nur Taupunkttemperaturen von 3–6 °C bei Einspeise-
nachfolgenden Feinentschwefelung wird eine Restkon- druck benötigt werden. Falls deutlich geringere Tau-
zentration von 250 ppmv zugrunde gelegt. punkttemperaturen von beispielsweise –50 °C bei
Für eine Feinentschwefelung mit Kaliumjodid 3 bar Gesamtdruck erreicht werden müssen, ist die
imprägnierter Aktivkohle sind eine relative Feuchte Druckwechseladsorption mit Molekularsieben zu
von 60 bis 80 % und Gastemperaturen um 50–80 °C favorisieren.
optimal. Zur Gasentfeuchtung muss entweder ein Teil
126
Wirtschaftliche
Analyse und
Bewertung 6 6
Essentielle Voraussetzung für die vergleichende Be- blen Kosten betrachtet. Dies dient als Entschei-
wertung der betrachteten Biomassenutzungspfade ist dungshilfe bei der Auslegung von zusätzlichen
deren ökonomische Analyse. Sie stellt die Basis für die Produktionskapazitäten, wenn die Fixkosten schon
Gewährleistung der Praxisnähe der gesamten Studie durch andere Produkte gedeckt werden. Bei der
dar. Vorwiegend die ökonomischen Rahmenbedin- Energieerzeugung spielt das keine Rolle, da hier
gungen für die Nutzungspfade bestimmen die reale nur eine bestimmte Energie produziert wird und
Nutzung der vorhandenen Biomassepotenziale. sich diese im Normalfall nicht variieren lässt.
Eine Unterteilung der Kosten erfolgt nach VDI
2067 /58/ in:
6.1 Methodik - Verbrauchsgebundene Kosten (z. B. Brennstoffe,
Substrate, Hilfsenergie)
Der Begriff Kosten umfasst den mit Ausgaben ver- - Betriebsgebundene Kosten (z. B. Personal, War-
bundenen wertmäßigen Verbrauch von Gütern und tung)
Dienstleistungen während eines Betrachtungszeitrau- - Kapitalgebundene Kosten (z. B. Zinsen, Abschrei-
mes. Sie werden nach der Kostenberechnung auf ver- bung(Investition), Instandhaltung)
schiedene Vergleichskennziffern umgelegt. Durch den - Sonstige Kosten (z. B. Versicherung)
Bezug der Kosten auf die kWh produzierte Energie Als fixe Kosten sind hier die kapitalgebundenen und
wird die Vergleichsmöglichkeit verschiedener Alter- sonstigen Kosten zu nennen. Sie werden durch die In-
nativ-Nutzungspfade gegeben. vestitionen in die Anlage festgelegt. Die verbrauchs-
Für die definierten Anlagen wird deren Nutzungs- gebundenen und betriebsgebundenen Kosten kann
dauer als Betrachtungszeitraum zu Grunde gelegt. man als variable Kosten bezeichnen. Sie sind abhän-
Die Nutzungsdauer der verschiedenen Anlagen rich- gig von der Menge an erzeugter Energie. Bei den fixen
tet sich nach der VDI-Richtlinie 2067 /58/ und den Kosten ist keine Preisänderung durch Inflation oder
AFA-Tabellen für Land- und Forstwirtschaft, sowie Konditionsänderungen vorgesehen. Die Kosten sind
Energie- und Wasserversorgung. In der VDI-Richt- für die gesamte Nutzungsdauer als konstant festge-
linie finden sich Angaben über die Nutzungsdauer legt. Gleiches gilt für die variablen Kosten, hier ist es
von Heizungsanlagen und BHKW, in den AFA-Tabel- sehr schwer abzuschätzen, wie sich die Preise für Gü-
len über Biogasanlagen und Heizkraftwerke /57/. ter und Dienstleistungen sowie Gehälter im Laufe der
Die Darstellung der Kosten erfolgt über die Vollkos- Nutzungsdauer ändern werden. Zur Vereinfachung
ten. Es gibt bei der Zuordnung von Produktionskosten, werden die aktuellen jährlichen Kosten auch für die
hier der Energieerzeugung, zwei Möglichkeiten der zukünftige Nutzungsdauer festgesetzt.
Kostenbetrachtung /15/.
- Vollkosten sind die gesamten anfallenden Kosten Verbrauchsgebundene Kosten:
bei der Produktion eines Gutes. Es werden sowohl Die verbrauchsgebundenen Kosten beziehen sich auf
die fixen als auch die variablen Kosten einbezogen. die erzeugte Menge Energie. Dazu zählen Kosten für
So können die wirklich anfallenden Kosten auf die Brennstoffe, Substrate und Hilfsenergien wie Wärme
Energieerzeugung umgelegt werden. und Strom. In den hier betrachteten Pfaden sind dies
- Teilkosten bedeutet eine Trennung von fixen und Gülle, Maissilage und Bioabfall als Substrate zur Er-
variablen Kosten. Es werden zuerst nur die varia- zeugung von Biogas. Die Hilfsenergien Strom und
127
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
128
Wirtschaftliche Analyse und Bewertung
eine gleichartige Anlage anderer Dimension umlegen masse-Umwandlung, eine energetische Nutzung
möchte. Dafür wird ein für die Anlage typischer Fak- sowie der Entsorgung und Verwertung. In der
tor angenommen. Bei Anlagen der Energieerzeugung Abbildung 6-1 ist diese Modulaufteilung anhand der
liegt dieser oftmals im Bereich 0,8 – 1. Erzeugung und zentralen Nutzung von Biogas darge-
stellt. Wobei die Biogasanlage und die Verwertung
aufgrund ihrer direkten baulichen Zusammengehö-
rigkeit unter den Biogasanlagen gemeinsam aufge-
führt sind.
Für die verschiedenen Module oder einzelnen Pro-
zessketten werden zunächst die notwendigen Kosten-
Formel 6-3: Degressionsfaktor blöcke ermittelt. Diese richten sich nach den eingangs
angegebenen Kategorien. Dabei müssen die unter-
Bei einer Investitionsgleichung wird anhand von schiedlichen Eigenheiten der einzelnen Module
Kosten für verschiedene Anlagengrößen eine Formel beachtet werden. So sind z. B. die Wartungskosten
ermittelt. Dafür müssen die Kosten von wenigen oder die Nutzungsdauer bei einem BHKW anders
Anlagengrößen bekannt sein, z. B. anhand von Ange- anzusetzen als bei einer Biogasanlage. In der Kosten-
boten. Gibt man in diese Formel dann eine Anlagen- darstellung wird auf diese Eigenheiten der einzelnen
größe ein, deren Kosten nicht bekannt sind, so erhält Module eingegangen und daraus werden die Gesamt-
man eine zuverlässige Abschätzung der Kosten. kosten, die innerhalb des Moduls anfallen, ermittelt.
Es findet vorerst keine Verknüpfung der einzelnen
Module statt, jedes wird einzeln betrachtet. Erst bei
der Ermittlung der Gestehungskosten werden dann
die einzelnen Module mit einander verbunden und
ihre jeweiligen Kosten gehen in die Gestehungskosten
der Nutzenergieerzeugung ein.
Formel 6-4: Investitionsgleichung
(Zahlen nur als Beispiel) 6.2.1 Substratkosten
Sofern bei der Endenergieerzeugung nur ein Pro- Unter Substraten sind die Energieträger zu verstehen,
dukt entsteht, können die Kosten über die Divisions- die zu einer anderen Energieform konvertiert werden.
kalkulation dem Produkt zugeordnet werden. Dabei Bei den Biogasanlagen sind es Substrate und Produkte
werden die angefallenen Kosten durch die produ- der Landwirtschaft, die in Biogas umgewandelt wer-
zierte Energiemenge dividiert. den und somit einen Sekundärenergieträger bereit-
Weil in den für diese Studie definierten Modellfäl- stellen. Im Fall der Biogasgewinnung aus Bioabfall
len die Anlagen zur Stromerzeugung, wie auch zur wird der Bioabfall aus der Biotonne privater Haushal-
Kraft-Wärme-Kopplung identisch sind, werden hier tungen eingesetzt. Dieser Vorgang dient nicht nur der
die Kosten nur auf die Stromerzeugung bezogen. Dies Biogasgewinnung, sondern auch der Verwertung die-
ist insofern auch sinnvoll, da sich die Vergütung auf ser Abfälle.
die Stromerzeugung bezieht und die Wärme als Die Kosten des Sekundärenergieträgers resultieren
Nebenprodukt anfällt. Dadurch ist eine Vergleichbar- aus den jeweiligen Umwandlungsverfahren. In einem
keit zwischen der reinen Stromerzeugung und der weiteren Konversionsschritt wird der Sekundärener-
Kraft-Wärme-Kopplung möglich, da es nicht zu einer gieträger dann zu Nutzenergie umgewandelt. Die
Verfälschung der Erzeugungskosten kommt. Substratkosten gehen also indirekt über den Sekun-
därenergieträger in die Gestehungskosten der Nutz-
energie ein.
6.2 Kosten der einzelnen Module Für die Biogasanlagen werden die drei Substrate
Bioabfall, Rindergülle und Maissilage verwendet. Bei
Unter Modulen ist die Aufteilung der Kosten in ein- der Rindergülle werden keine Kosten für die Bereit-
zelne Blöcke zu verstehen. Jedes Modul ist ein in sich stellung angesetzt, da davon auszugehen ist, dass für
abgeschlossenes Teil der gesamten Kostenbetrach- die Biogasanlage keine zusätzliche Rindergülle pro-
tung. Die Aufteilung erfolgt in die Biomasse-Bereit- duziert wird. Die Kosten für die Rindergülle werden
stellung, die Biomasse-Aufbereitung, die Bio- also der Rinderhaltung zugerechnet. Durch die Nut-
129
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Tabelle 6-1: Substrat und Brennstoffkosten wird ein Fahrsilo in Anlagennähe verwendet. Für den
Bau dieses Silos werden Investitionskosten von
Substrat/ Kosten/ ct pro
Energiegehalt € /m3 bei unter 10.000 m3 Maissilage und 20 €
25 € € /m3
Brennstoff Erlöse kWh
bei größeren Mengen angenommen. Als jährliche
Biogas
Kosten für das Fahrsilo ergeben sich 2,18 € € /m3 bzw.
Maissilage 30,00 €
€ /t 971 kWh/t 3,09 1,74 € 3
€ /m Maissilage bei 20 Jahren Nutzungsdauer
Gülle 0,00 €
€ /t 150 kWh/t 0,00 (siehe Tabelle 6-2). Der Bioabfall wird nicht mit
Bioabfall (Biotonne) –35,00 €
€ /t 615 kWh/t –5,69 Kosten belegt, sondern mit Erlösen. Diese ergeben
sich aus den Gebühren der Haushalte für die Entsor-
Erdgas (Kraftstoff) 0,70 €
€ /kg 13,72 kWh/kg 5,10
gung ihrer Abfälle. Zur Zeit werden Erlöse von 35 € € /t
Erdgas 3,60 Bioabfall angenommen. Allerdings könnten die Erlöse
(für Haushalte)
bis zu 100 €€ betragen, da die Entsorgung der Biotonne
zur Zeit von den Abfall-Gebühren mit getragen wird.
zung in der Biogasanlage kommt es zu einer Aufwer- Perspektivisch könnte sich diese Art der Quersubven-
tung der Düngereigenschaften. Die Substratkosten für tion ändern. Dann können Erlöse von 100 € € /t für die
die zu betrachtetenden Anlagen finden sich in der Biotonne erreicht werden.
Tabelle 6-3. Als fossile Vergleichsoption der Biomasse-Anlagen
Der Anbau der Maissilage dagegen ist mit Kosten wird Erdgas verwendet. Um einen einheitlichen Erd-
zu belegen, da der Maisanbau nur für die Biogasan- gaspreis zu Grunde zu legen wird der Erdgaspreis für
lage statt findet. Diese Kosten ergeben sich aus den Haushalte verwendet. Dieser ergibt sich aus einem
Kosten für Saatgut, Düngung, Pflanzenschutz, Mittelwert deutscher Städte für D3-b und D4 Kunden
Maschineneinsatz, Arbeitseinsatz und Flächennut- und beträgt 3,6 ct/kWh ohne Mehrwertsteuer /22/.
zung. Bei einem Ertrag von 45 t/ha ergeben sich so Wird Erdgas als Kraftstoff verwendet, hat es einen
Kosten von 30 €€ /t Frischmasse /25/. Da die Ernte der Tankstellenpreis von 0,71 €€ pro kg. Bei einem Energie-
Maissilage nur einmal im Jahr stattfindet, muss für gehalt von 13,27 kWh/kg ergibt sich ein Preis von
eine Lagerung gesorgt werden, die eine Versorgung 5,2 ct/kWh /13/. Eine Übersicht der Basisdaten ent-
der Biogasanlage bis zur nächsten Ernte sichert. Dafür hält Tabelle 6-1.
130
Wirtschaftliche Analyse und Bewertung
131
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Rohrleitungen: Es gibt insgesamt 81 m Leitung, trollgängen und einfachen Wartungsarbeiten. Für jede
davon werden 20 m für Gasleitungen benötigt. Für je Tonne Substrateinbringung werden 6 Minuten
einen Meter Substratleitung fallen Investitionskosten Arbeitszeit angerechnet, dazu kommen dann noch
von 55 €€ an, die Gasleitungen werden mit 85 € € /m ver- 12,5 h pro Woche für Kontrolle und Wartung. Die
anschlagt. Die Wartungskosten betragen 2 %/a der Kosten für das Bedienpersonal werden mit 25 € € /h
Investition von 5.055 € € . angerechnet.
Die baulichen Anlagen bestehen aus der Vorgrube Bei der Darstellung der Kosten wird zwischen den
mit 115 m3, dem Fermenter mit 2.970 m3 und dem Anlagen zur Gewinnung von Biogas zur direkten
Gärrestlager mit 7.400 m3. Die Gärrestlager sind oder auch dezentralen Nutzung und den Anlagen,
zudem mit einer Folie abgedeckt, um entstehendes deren Biogas auf Erdgasqualität aufbereitet wird,
Gas aufzufangen. Für alle Bauteile werden Instand- unterschieden. Bei einer dezentralen Nutzung von
haltungskosten von 1 %/a der Investition angesetzt. Biogas wird die Wärme, die zur Beheizung des Fer-
Dabei belaufen sich die Investitionen auf 11.700 € € für menters benötigt wird, über das BHKW erzeugt. Dies
die Vorgrube, 229.000 € € für den Fermenter und ist bei den Anlagen mit Gasaufbereitung aufgrund
170.000 €€ für das Gärrestlager, zuzüglich der Folienab- des fehlenden BHKW nicht möglich. Darum wird ein
deckungen mit 20.000 € € . Dazu kommt noch die soge- Teilstrom des erzeugten Biogases zur Fermenterbehei-
nannte Peripherie, diese umfasst Erdarbeiten und den zung über einen Gasbrenner verwendet. Bei den
Unterbau für die Anlagenteile. Die Fläche dafür Anlagen mit zentraler Nutzung (mit Gasaufbereitung)
beträgt 1600 m2 bei benötigten Investitionen von wird die Fermenterheizung um einen Gasbrenner
76.000 €€ . Dazu kommen dann 0,5 %/a der Investition erweitert. Ein solcher Gasbrenner ist standardmäßig
für Instandhaltung. im Handel erhältlich und wird in den Leistungsgrö-
Die E-Leittechnik besteht aus elektrischen ßen 67 kW bis 652 kW bei den Gülle-Anlagen und
Anschlusskosten und den Messinstrumenten. Für 26 kW bis 231 kW bei den NaWaRo-Anlagen verwen-
elektrische Anschlusskosten oder Verkabelung und det. Die Investitionskosten liegen im Bereich von
Anschluss von elektrischen Verbrauchern werden 7.600 €€ bis 22.000 €
€ für die Kesselanlage. Außerdem
13.400 €€ angesetzt und Wartungskosten von 3,5 %/a fallen Kosten für die Investition und den Betrieb der
der Investition. Die Messinstrumente bestehen aus Entschwefelung an. Bei der kleinen Anlage wird über
Messsensoren, einem Rechner und der Verkabelung. eine direkte Lufteinblasung in den Fermenter ent-
Die Investition wird mit 28.000 € € berechnet und War- schwefelt. Bei den größeren Anlagen wird mittels
tungskosten von 1 %/a bis 5 %/a je nach Kompo- einer externen Tropfkörperanlage das Gas von H2S
nente. gereinigt.
Zu den sonstigen Kosten gehören: der Gasspei- In der Tabelle 6-4 und der Tabelle 6-5 finden sich
cher mit einem Fassungsvermögen von 1.500 m3 und die Investitionskosten für alle Modellanlagen, in
einer Investition von 12.000 € € und die Planungs- und denen landwirtschaftliche Produkte vergoren werden.
Bauüberwachungskosten mit 9 % der Anlagenkosten, Sie sind aufgeteilt nach Gülle- und NaWaRo-Anlagen
dies entspricht 101.000 € € . Die Inbetriebnahme wird mit einer weiteren Unterteilung in die Art der Biogas-
mit Kosten von 12.100 € € und für Unvorhergesehenes nutzung. Die Biogasanlage zur Vergärung von Bioab-
werden 57.000 € € , entsprechend 5 % der Anlagen- fall ist in der Tabelle 6-6 gesondert dargestellt. Die
kosten veranschlagt. Prozentangaben für den Gülle- und den NaWaRo-
Die Wartungs- und Instandhaltungskosten erge- Anteil basieren auf dem Masseinput.
ben sich aus den Prozentsätzen und Investitionskos- Der wesentliche Kostenunterschied zwischen den
ten der einzelnen Anlagenteile. Die Personalkosten Biogasanlagen zur Vergärung von Gülle oder Mais-
für Leitung, Verwaltung und Service werden mit silage liegt bei der Maschinentechnik und den bauli-
einem Stundenlohn von 25 € € berechnet und ergeben chen Anlagen. Bei der Maissilage muss ein höherer
sich aus notwendigen Laboruntersuchungen, Auf- Aufwand für die Substrateinbringung geleistet wer-
wand für Verwaltung und Bankgeschäfte, Wartung den und aufgrund der großen Mengen Maissilage
und Unterhalt der Maschinen. Die notwendigen Stun- sind zusätzliche Gärrestlager notwendig. Die Investi-
den werden über Wochenstunden für die einzelnen tionskosten in Fahrsilos für eine Lagerung der Mais-
Aufgaben ermittelt. Die Kosten für die Versicherung silage werden nicht der Biogasanlage zugerechnet. Sie
ergeben sich aus einer Grundprämie und Zuschlägen. sind den Substraten zugeordnet und werden bei der
Die Kosten des Bedienpersonals ergeben sich aus den Ermittlung der Biogas-Gestehungskosten mit einbe-
Beladungszeiten für die Feststoffeinbringung, Kon- zogen. Derartige bauliche Maßnahmen sind bei den
132
Wirtschaftliche Analyse und Bewertung
Investitionskosten in €
€
Maschinentechnik 45.200 121.500 182.200 47.600 197.480 262.019
Baulichen Anlagen 152.800 641.900 1.211.300 152.800 641.900 1.211.300
E-Leittechnik 50.700 54.800 58.200 50.700 54.800 58.200
Sonstiges 58.447 204.197 361.653 58.447 204.197 361.653
gesamte Investitionskosten 307.147 1.022.397 1.813.353 309.547 1.098.377 1.893.172
Kapitalgebundene Kosten €
€ /a 30.408 101.217 179.522 30.685 109.091 187.824
Betriebskosten €
€ /a
Wartung/Instandhaltung 5.201 13.888 22.425 5.201 13.888 22.425
Personal (Leitung/Verwaltung) 7.000 19.200 23.300 7.000 19.200 23.300
Versicherung 1.900 5.800 10.600 1.900 5.800 10.600
gesamte Betriebskosten 14.101 38.888 56.325 14.101 38.888 56.325
Verbrauchsgebundene Kosten €
€ /a
Bedienpersonal 20.000 32.800 53.200 20.000 32.800 53.200
Hilfsenergie 11.400 37.800 62.160 11.400 45.540 76.680
gesamte Verbrauchskosten 31.400 70.600 115.360 31.400 78.340 129.880
gesamte Jahreskosten €
€ /a 75.909 210.705 351.207 76.186 226.319 374.029
Investitionskosten in €
€
Maschinentechnik 35.800 107.000 201.400 43.200 186.980 291.519
BaulichenAnlagen 143.200 505.400 1.007.500 143.200 505.400 1.007.500
E-Leittechnik 49.700 51.400 56.900 49.700 51.400 56.900
Sonstiges 58.626 182.805 351.129 58.626 182.805 351.129
gesamte Investitionskosten 287.326 846.605 1.616.929 294.726 926.585 1.707.048
Kapitalgebundene Kosten €
€ /a 28.445 83.814 160.076 29.218 92.083 169.398
Betriebskosten €
€ /a
Wartung/Instandhaltung 4.589 11.233 21.336 4.589 11.233 21.336
Personal (Leitung/Verwaltung) 7.000 15.000 22.300 7.000 15.000 22.300
Versicherung 1.800 6.000 11.400 1.800 6.000 11.400
gesamte Betriebskosten 13.389 32.233 55.036 13.389 32.233 55.036
Verbrauchsgebundene Kosten €
€ /a
Bedienpersonal 28.700 50.300 88.200 28.700 50.300 88.200
Hilfsenergie 8.880 21.000 36.960 8.880 28.740 51.480
gesamte Verbrauchskosten 37.580 71.300 125.160 37.580 79.040 139.680
gesamte Jahreskosten €
€ /a 79.414 187.347 340.272 80.187 203.356 364.114
133
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Investitionskosten in €
€ Betriebsgebundene Kosten €
€ pro Jahr
Maschinentechnik 9.960.911 Betriebskosten 761.049
Bauliche Anlagen 5.400.600 Personal 382.500
Versicherung 12.749
Kapitalgebundene Kosten 1.821.266
gesamte Investitionskosten 15.361.511 gesamte Jahreskosten 2.977.564
Tabelle 6-7: Aufteilung der Investitionskosten bei den Anlagen mit Biogas für eine weitere Aufbereitung
Maschinentechnik 15 % 12 % 10 % 12 % 13 % 12 % 65 %
Baulichen Anlagen 50 % 63 % 67 % 50 % 60 % 62 % 35 %
E-Leittechnik 16 % 5% 3% 17 % 6% 4%
Sonstiges 19 % 20 % 20 % 21 % 21 % 22 %
Gülle-Anlagen nicht notwendig, jedoch liegen hier Zur Ermittlung von spezifischen Kosten werden
aufgrund der Güllemengen die Investitionskosten in die Investitionen auf die Biogasmenge bezogen, dabei
den Fermenter aufgrund der notwendigen großen ergeben sich spezifische Investitionen für die Gülle-
Volumina höher. Anlagen mit zentraler Nutzung von 6.143 € € /(m3/h)
3
Bei der Vergärung von Bioabfall setzen sich die für die kleine Anlage bis 3.627 €€ /(m /h) für die große
Investitionskosten aus 65 % technischer Ausrüstung Anlage und für die NaWaRo-Anlagen von
und 35 % bauliche Anlagen zusammen. Bei den 5.746 €€ /(m3/h) bis 3.234 € € / (m3/h). Diese Kosten
betriebsgebundenen Kosten wird der Personalbedarf beziehen sich nur auf die Investitionskosten der Bio-
über die Bioabfallmenge bestimmt, die Betriebskosten gasanlage, die Aufbereitung auf Erdgasqualität sowie
werden mit 5 %/a der Investition und die Versiche- die Bereitstellung von Substrat ist nicht mit einbezo-
rung mit 0,08 %/a der Investition angenommen. Die gen. Bei den Biogasanlagen ist zu beachten, dass
Betriebskosten enthalten alle Hilfsenergien, Betriebs- durch den Einsatz von Maissilage noch erhebliche
stoffe sowie Wartung und Instandhaltung /2/. In der Kosten durch die Lagerung dazukommen. Wird das
Tabelle 6-6 sind die Kosten der Bioabfallvergärung zur Fahrsilo mit in die Berechnung einbezogen, ergeben
dezentralen Biogasnutzung aufgelistet. Die Unter- sich spezifische Investitionskosten von
schiede zur zentralen Nutzung liegen in den Mehrkos- € /(m3/h) bis 4.470 €
7.400 € € /(m3/h). Bei der Bioabfall-
ten der Entschwefelung von 101.720 € € für die Anlage anlage liegen die spezifischen Investitionskosten bei
und 14.520 €€ für Betriebsmittel. Dafür muss bei der 30.500 € € /(m3/h) aufgrund der höheren notwendigen
zentralen Nutzung 12.000 € € in einen Gasbrenner inves- Aufwendungen.
tiert werden. Eine Kostenübersicht gibt Tabelle 6-6.
Werden die prozentualen Anteile der Investitions- 6.2.3 Gastherme
kosten ermittelt, ergibt sich mit steigender Anlagen-
größe auch ein steigender Anteil der baulichen Als Modellanlage zur Wärmeerzeugung wurden die
Kosten, jedoch umgekehrt ein sinkender Anteil der Kosten für einen Gasbrennwertkessel analysiert. Der
E-Leittechnik. Die Investitionen für Maschinentechnik betrachtete Gasbrennwertkessel hat einen Leistungs-
und Sonstiges bleiben relativ konstant. Bei den Anla- bereich von 11 bis 32 kWth. Die Investitionskosten set-
gen zur dezentralen Nutzung von Biogas befindet zen sich aus dem Kessel, einem Abgassystem mit
sich die Aufteilung in der gleichen Größenordnung. Schornstein, dem Gasanschluss sowie der Montage
Hier kommt es allerdings zu einer leichten Verschie- und Inbetriebnahme zusammen. Als Betriebskosten
bung Richtung Maschinentechnik durch die Investi- fallen Wartungs- und Instandhaltungskosten von 2 %
tion in eine Gasreinigung. Tabelle 6-7 zeigt die pro- pro Jahr der Investitionskosten an, hinzu kommen
zentualen Kostenanteile in der Übersicht. noch eine Gebühr von 59 € € für den Schornsteinfeger
/34/ und 25 € € für Hilfsenergie. Die Annuität der
134
Wirtschaftliche Analyse und Bewertung
Investitionskosten in €
€ Betriebsgebundene Kosten €
€ pro Jahr
kapitalgebundenen Kosten ergibt sich aus der Nut- rungskosten und der benötigten Hilfsenergie in Form
zungsdauer von 20 Jahren und dem Kalkulationszins von Strom. Wartungs- und Instandhaltungskosten
von 6 %. Eine Zusammenfassung der Kosten enthält richten sich nach der installierten elektrischen Leis-
die Tabelle 6-8. tung und werden variabel über die erzeugte Menge
Strom berechnet. Die Kosten sind pro kWhel angege-
6.2.4 Blockheizkraftwerk ben und betragen gestaffelt vom kleinen BHKW zum
Großen: 1,87 ct (100 kWel), 1,27 ct (500 kWel), 1,07 ct
Die Kosten der verschiedenen Blockheizkraftwerke (1000 kWel) und 1 ct (2000 kWel). Bei den kapitalge-
wurden über die unter Biogasanlagen genannte Ex- bundenen Kosten ist ein Unterschied zwischen der
cel-Datei zur Auslegung von Biogasanlagen ermittelt. zentralen und dezentralen Nutzung der BHKW zu
Dabei ergeben sich die Investitionskosten für das machen. Bei der zentralen Nutzung eines BHKW wird
BHKW über eine Formel, die von der installierten dieses mit aufbereitetem Gas, also Gas in Erdgasquali-
elektrischen Leistung als Grundlage ausgeht. Diese tät, betrieben, wodurch sich die technische Nutzungs-
Formel wurde über die Auswertung verschiedener dauer auf 15 Jahre erhöht. Bei der dezentralen Nut-
Angebote ermittelt und gilt für alle betrachteten Anla- zung mit Schwachgas kommt es zu größerem
gengrößen. Die sonstigen Investitionskosten enthalten Verschleiß durch die Schadstoffe im Biogas, dadurch
weitere Kosten für die Peripherie, Elektro- und Leit- hat das BHKW nur eine Nutzungsdauer von 8 Jahren.
technik, Planung und Bau sowie für Unvorhersehba- Dieser Unterschied macht sich in den Kapitalkosten
res. Die Betriebskosten ergeben sich aus den Versiche- deutlich bemerkbar.
Investitionskosten in €
€ 100 kW 500 kW 550 kW 1000 kW 1100 kW 2000 kW
135
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
6.2.5 Gastankstelle Dazu kommen dann noch variable Kosten für die
Wartung und Strom. Die Wartungskosten werden
Die Kosten einer Tankstelle nur zur Nutzung von Gas über den Durchsatz mit 2 ct/Nm3 berechnet. Dazu
ergeben sich aus den Kosten für den Speicher, Zapf- werden pro Nm3 Durchsatz 0,25 kWh Hilfsenergie be-
säule, Verdichter, Installationen und Rohrleitung, nötigt, bei einem Strompreis von 12 ct/kWhel. Die ka-
wozu auch die baulichen Maßnahmen gehören. Diese pitalgebundenen Kosten werden aus der Nutzungs-
Kosten können bei einer Tankstelle mit einem Durch- dauer von 20 Jahren und dem Kalkulationszins von
satz von 100 Nm3/h mit 200.000 € € angesetzt werden. 6 % als Annuität ermittelt.
Investitionskosten in €
€ Verbrauchsgebundene Kosten €
€ pro Jahr
Speicher, Zapfsäule, usw. 160.000 Wartungskosten 9.000
Installationen, Rohrleitungen 40.000 Hilfsenergie 13.500
Kapitalgebundene Kosten 17.440
gesamte Investitionskosten 200.000 gesamte Jahreskosten 39.940
Die Kosten der CO2-Abtrennung beziehen sich auf Die Investitionskosten der Druckwasserwäsche erge-
zwei Verfahren: die Druckwechseladsorption (PSA- ben sich aus Richtpreisen für die drei verschiedenen
Verfahren) und die Druckwasserwäsche (DWW-Ver- Anlagengrößen. Die Anlagentypen sind nicht direkt
fahren). Dabei werden die Kosten zum Einen für die auf den Biogas-Volumenstrom ausgerichtet, sondern
reine Aufbereitung und zum Anderen für den Fall, decken einen Arbeitsbereich ab, indem die modellier-
dass eine Zugabe von Flüssiggas erfolgt, ausgewiesen. ten Biogasanlagen liegen. Auch die Betriebskosten er-
Die Kosten der Verfahren werden im Zusammenhang geben sich aus den Anlagengrößen, dadurch ist das
der gesamten Aufbereitung dargestellt und sind un- Verhältnis Volumenstrom der Anlage zu den Betriebs-
abhängig von den verwendeten Substraten der Bio- kosten nicht proportional. Bei einem Volumenstrom
gasanlagen. Nur bei der Flüssiggas-Zugabe kommt es von 50 Nm/h sind sie wesentlich höher, da die Aufbe-
zu Unterschieden aufgrund der Substrate, da die Bio- reitungsanlage auf 50 bis 150 Nm3/h ausgelegt ist
gase verschiedene Energiegehalte aufweisen. Neben und der Rohgas-Volumenstrom am unteren Ende
der CO2-Abtrennung werden auch die Kosten einer liegt. Die anderen Rohgasmengen liegen dabei im
Zusatzgas-Aufbereitung dargestellt. Dieses Verfahren Mittelbereich der Aufbereitungsanlagen.
beschränkt sich lediglich auf eine Gasreinigung und Zu den Investitionen der Druckwasserwäsche
Druckerhöhung. kommen noch Baunebenkosten mit 5 % für alle Anla-
Als Investitionen für die gesamte Aufbereitung gengrößen und Planungskosten die zwischen 6,5 und
werden technische und bauliche Anlagenteile ausge- 7,3 % liegen. Die Investitionen setzen sich aus der
wiesen, dazu kommen Baunebenkosten und Pla- Anlage, dem Transport und der Inbetriebnahme
nungskosten mit festen Prozentsätzen. Die kapitalge- sowie einer CO2-Abgasbehandlung und einer Einhau-
bundenen Kosten ergeben sich aus den jeweiligen sung der Anlage zusammen. Als Betriebsmittel wer-
Investitionsblöcken, einer Nutzungsdauer von 15 Jah- den Strom, Wasser und NaOH verwendet. In der
ren und dem Kalkulationszins von 6 %. Als betriebs- Tabelle 6-11 sind alle Kosten der Aufbereitung mit
gebundene Kosten wird für die komplette Aufberei- einer Druckwasserwäsche, die bei einer Aufbereitung
tungsanlage ein Prozentsatz von 5 %/a der Investition auf Erdgas-H Qualität anfallen, aufgelistet.
(+5 % der Baunebenkosten) für Personalaufwand
sowie Wartungs- und Instandhaltungskosten ange- 6.2.6.2 Aufbereitung mit der
nommen. Die verbrauchsgebundenen Kosten erge- Druckwechseladsorption
ben sich aus dem Strom und Betriebsmittelbedarf der
Grobentschwefelung und der jeweiligen CO2-Abtren- Als Vorstufe zur Gas-Aufbereitung mit der PSA-Tech-
nung. nik muss im ersten Schritt das Rohgas einer Grobent-
136
Wirtschaftliche Analyse und Bewertung
Tabelle 6-11: Aufbereitung mit dem DWW-Verfahren liegen bei 0,25 € € /kg und für das Nährsalz bei
2,25 €
€ /ltr.
Investitionskosten in €
€ BG50 BG250 BG500
Die ermittelten Kosten der Druckwechseladsorp-
Anlage 506.000 626.000 686.000 tion (PSA-Verfahren) beziehen sich auf die vorgegebe-
Transport u. 50.600 62.600 68.600 nen Volumenströme von 50, 250 und 500 Nm3. Die
Inbetriebnahme Investitionen beziehen sich auf die Anlage, die Instal-
CO2-Abgasbehandlung/ 70.000 80.000 87.500 lation, die Einhausung sowie die Abgasbehandlung.
Einhausung Als Baunebenkosten werden mit 5 % und als Pla-
Baunebenkosten/Planung 76.950 90.300 96.900 nungskosten 6,1 bis 7,9 % der Investitionssumme
gesamte 703.550 858.900 939.000 angesetzt. Die verbrauchsgebundenen Kosten setzen
Investitionskosten sich aus den Betriebsmitteln der Grobentschwefelung
Kapitalgebundene 72.466 88.467 96.717 und dem Vorfilter sowie der Aktivkohle des PSA-Ver-
Kosten €
€ /a fahrens zusammen.
Betriebskosten €
€ /a
Tabelle 6-12: Aufbereitung mit dem PSA-Verfahren
Wartung u. Instandhal- 32.897 40.352 44.210
tung
Investitionskosten in €
€ BG50 BG250 BG500
gesamte Betriebskosten 32.897 40.352 44.210
Grobentschwefelung
Verbrauchsgebundene Kosten €
€ /a
Anlage 8.000 149.000 149.000
Strom 21.120 58.560 124.800
Transport u. Installation 2.000 10.000 10.000
Betriebsmittel 3.600 7.200 7.200
PSA-Verfahren
Sonstiges 1.000 1.000 1.000
Anlage 400.000 500.000 680.000
gesamte 25.720 66.760 133.000
Transport u. 20.000 25.000 34.000
Verbrauchskosten
Inbetriebnahme
gesamte Jahreskosten €
€ /a 131.083 195.579 273.927
Abgasbehandlung/ 70.000 80.000 87.500
Einhausung
Baunebenkosten/Planung 64.300 89.920 107.480
schwefelung unterzogen werden. Dafür wird bei den
gesamte 564.300 853.920 1.067.980
Anlagen mit 50 Nm3/h mit einer Sulfidfällung durch Investitionskosten
Eisenchlorid gearbeitet, wodurch in erster Linie ver-
Kapitalgebundene 58.123 87.954 110.002
brauchsgebundene Kosten anfallen und geringe Inves- Kosten €
€ /a
titionen notwendig sind. Bei Anlagen von 200 bis
Betriebskosten €
€ /a
500 Nm3/h wird ein Biowäscher eingesetzt, der für die
Wartung u. 26.250 40.110 50.426
größeren Anlagen weitgehend konstante Inves-
Instandhaltung
titionskosten besitzt und sich nur in den Betriebskos-
gesamte Betriebskosten 26.250 40.110 50.426
ten unterscheidet. Die Investitionskosten beinhalten
die Anlage sowie den Transport und Installationen. Verbrauchsgebundene Kosten €
€ /a
Bei der Sulfidfällung ergeben sich die verbrauchs- Strom 9.580 47.800 88.800
gebundenen Kosten aus dem Bedarf an Eisenchlo- Betriebsmittel 8.440 9.550 19.090
rid-Lösung und dem Strombedarf für eine Pumpe. gesamte 18.020 57.350 107.890
Pro Jahr werden ca. 130 t Eisenchloridlösung benötigt. Verbrauchskosten
Der Preis pro t liegt bei 41,60 €
€ plus Transportkosten gesamte Jahreskosten €
€ /a 102.393 185.414 268.318
von 300 €€ pro 25 t Lastzug. Die Stromkosten ergeben
sich aus einem Strompreis von 12 ct/kWh und einer
Pumpenleistung von 0,2 kW. 6.2.7 Aufbereitung zu Erdgas-L Qualität
Beim Biowäscher ergeben sich die Kosten aus
einem Energiebedarf von 5 kW und den verschiede- Durch die CO2-Abtrennung kann das Biogas soweit
nen Hilfsstoffen. Die Anlage hat einen Wasserver- aufbereitet werden, dass es die Erdgas-H Qualität er-
brauch von 1 m3/d mit 4,50 € € /m3 und muss mit füllt. Nur in einigen Fällen muss eine Aufwertung
10 kg/d NaOH-Plätzchen und einem Liter Nährsalz durch eine Flüssiggas-Zugabe erfolgen, um die Krite-
versorgt werden. Die Kosten für die NaOH-Plätzchen rien des Wobbe-Index und Brennwertes für bestimmte
Gasnetze zu erfüllen. Eine andere Möglichkeit ist die
137
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Tabelle 6-13: Luftzugabe für Erdgas-L Qualität des Biogases und dem Aufbereitungsverfahren ab. So
ist die Zugabe bei der Vergärung von NaWaRo höher
Investitionskosten in €
€ BG50 BG250 BG500
(durch den geringeren Energiegehalt des Biogases)
Luft-Zugabe 2.100 3.800 6.700 und auch der Bedarf bei der PSA-Aufbereitung grö-
Baunebenkosten/Planung 270 447 748 ßer, da hier höhere Methanverluste auftreten. In der
Kapitalgebundene 244 437 767 Tabelle 6-14 ist die Flüssiggas-Zugabe nach der
Kosten €
€ /a Druckwasserwäsche und bei der Vergärung von Na-
Betriebskosten €
€ /a WaRos dargestellt. Bei der Verwendung von Gülle lie-
gen die Kosten für das Flüssiggas etwa 5 % niedriger.
Wartung u. 110 199 352
Instandhaltung Der Kostenunterschied zwischen dem DWW- und
PSA-Verfahren beträgt bei den NaWaRo-Anlagen ca.
Verbrauchsgebundene Kosten €
€ /a
1 %, bei den Gülle-Anlagen ca. 0,7 %.
Strom 288 1.440 2.880
gesamte Jahreskosten €
€ /a 642 2.076 3.999 Tabelle 6-14: LPG-Zugabe
Investitionskosten in €
€ BG50 BG250 BG500
Aufbereitung des Biogases auf Erdgas-L Qualität, die
auch in einigen Gasnetzen zulässig ist. Die Aufberei- Anschlussgebühr 350 1.750 3.500
Lagerbehälter
tung auf Erdgas-L Qualität entspricht dem Verfah-
rensablauf des DWW- und PSA-Verfahrens. Der Un- Verdampferanlage/ 1.000 11.640 18.970
Verrohrung
terschied besteht nur in einer Zugabe von Luft nach
Baunebenkosten/Planung 120 1.190 2.020
der Aufbereitung. Die Kosten für diese Luftzugabe
bei den Biogasanlagen ist in der Tabelle 6-13 darge- gesamte 1.470 14.580 24.490
Investitionskosten
stellt. Die Wartungs- und Instandhaltungskosten erge-
ben sich aus einer pauschalen Annahme von 5 %/a Kapitalgebundene 291 2.882 4.832
Kosten €
€ /a
der Investitionssumme.
Betriebskosten €€ /a
Die Investition in eine Anlage zur Flüssiggaszugabe Gebühr für Lagerbehälter 84 420 840
beschränkt sich auf eine Verdampfungsanlage mit der gesamte Betriebskosten 154 1.120 1.990
notwendigen Verrohrung und einer Anschlussgebühr Verbrauchsgebundene
für die Flüssiggaslagerbehälter. Die Behälter für das Kosten €
€ /a
Flüssiggas werden nicht fest installiert. Es sind Miet- Strom 3.840 11.520
gebühren für die angelieferten Behälter zu zahlen. Bei Flüssiggas 25.830 127.600 243.060
der BG50 sind keine Investitionen in eine Verdampfer-
gesamte 25.830 131.440 254.580
anlage notwendig, da die Eigenverdampfung zur An- Verbrauchskosten
reicherung des Biogases ausreicht. Bei den anderen
gesamte Jahreskosten €
€ /a 26.275 135.442 261.402
Anlagen ist eine Investition in eine Anlage zur er-
zwungenen Verdampfung des Biogas nötig. Zu den
Anlageninvestitionen werden noch die Baunebenkos- 6.2.9 Zusatzgas-Bereitstellung
ten und die Planungskosten zu den Investitionen ge-
rechnet. Hier werden wie bei den Aufbereitungsanla- Die Kosten der Zusatzgas-Bereitstellung beziehen sich
gen 5 % für die Baunebenkosten und 6 bis 8 % für die auf vier verschiedene Verfahrens-Schritte:
Planung angesetzt. Die verbrauchsgebundenen Kos- - Eine Grobentschwefelung durch Sulfidausfällung
ten ergeben sich aus dem benötigten Flüssiggas und bei der BG50 und eine Tropfkörperanlage bei der
bei der BG250 und BG500 muss noch der Strombedarf BG250 und BG500. Die verbrauchsgebundenen
zum Betrieb der Verdampferanlage berücksichtigt Kosten der Sulfidfällung entsprechen denen bei
werden. Das Flüssiggas wird mit einem Preis von dem PSA-Verfahren. Die Tropfkörperanlage benö-
57,8 ct/kg bei einer Abnahmemenge von 10 kg ange- tigt Strom für eine Pumpenanlage die Wasser mit
nommen. Die Kosten für die Anlagengrößen wurden Nährstoffen versetzt.
interpoliert und liegen zwischen 57,3 und 51,1 ct/kg. - Die Feinentschwefelung erfolgt in einem kalium-
Die benötigten Mengen hängen vom Energiegehalt jodierten Aktivkohlefilter. Die Investitionskosten
138
Wirtschaftliche Analyse und Bewertung
sind für alle Anlagen gleich. Die verbrauchsgebun- 20 km, angenommen aufgrund der Erzeugung von
denen Kosten ergeben sich aus dem Preis der Biogas im Randgebiet einer größeren Stadt und
Aktivkohle – 5,00 bis 5,65 € € /kg je nach Anlagen- Durchleitung zu einem Industriegebiet in derselben,
größe – und den Kosten für einen Austausch und werden pro km 0,74 € € berechnet. Diese Kosten bezie-
Entsorgung des Filters mit pauschal 2.500 €€ . hen sich auf ein Leitungsnetz mit einem Nenndurch-
- Die Gastrocknung erfolgt über kalt regenerierende messer von 350 bis 500 mm. Je größer die Rohrleitun-
Druckwechseladsorptionsanlagen, die für den gen werden, desto geringer werden die Kosten. Bei
Betrieb nur Strom benötigen, Betriebsmittel fallen einem Durchmesser größer 1000 mm liegen diese
nicht an. dann bei 0,18 €€ /(Nm3/h) pro Jahr. Dazu werden noch
- Die Gasverdichtung erfolgt über Verdichter, deren spezifische Kosten für Systemdienstleistungen mit
Investitionskosten sich aus Anlagen der Druck- € /(Nm3/h) pro Jahr angerechnet. In der
4,34 €
wechseladsorption ergeben. Die verbrauchsgebun- Tabelle 6-16 sind die Durchleitungskosten für die Na-
denen Kosten beziehen sich auf den Strom- WaRo-Anlagen dargestellt. Die Kosten basieren auf
Verbrauch. den Nm3 Produktgas, die eingespeist werden. So kön-
Zusätzlich zu den Investitionskosten der einzelnen nen leichte Unterschiede zwischen einzelnen Aufbe-
Anlagenteile werden Bauneben- und Planungskosten reitungsverfahren und verwendeten Substraten vor-
mit 5 %, bzw. 9,8 bis 13,4 % der gesamten Investitions- liegen. Je nach dem Grad der Gasreinigung und damit
summe angerechnet. der Abscheidung von Gasbestandteilen verändern
sich die Produktgasmengen, auch wenn der Input-
Tabelle 6-15: Aufbereitung Zusatzgas
Volumenstrom gleich ist.
Für die Trasse zur Einspeisestelle ins Erdgasnetz
Investitionskosten in €
€ BG50 BG250 BG500
wird eine Entfernung von 1 km angenommen. Die
Grobentschwefelung 10.000 89.480 101.720 Rohrleitung besteht aus einem Stahlrohr und wird im
Feinentschwefelung 16.000 16.000 16.000 Erdboden verlegt. Die Investitionskosten pro m betra-
Gastrocknung 13.500 18.500 20.500 gen bei einer Nennweite von DN100 160 € € , dies ist der
3
Gasverdichtung 30.000 75.600 118.250 Fall bei Gasmengen bis 500 Nm /h. Die Kosten der
Rohrleitung setzen sich zusammen aus der Planung,
Baunebenkosten/Planung 12.750 30.340 37.370
dem Material, der Verlegung und dem Tiefbau. Dabei
gesamte 82.250 229.920 293.840
Investitionskosten bleiben die Planungskosten bei steigendem Rohr-
durchmesser gleich, die Verlegungskosten sinken und
Kapitalgebundene 8.470 23.670 30.260
Kosten €
€ /a alle anderen Kosten steigen an. Die Kosten-Verteilung
bei einem DN100 Rohr liegt bei 26 % Planung, 22 %
Betriebskosten €
€ /a
Material, 35 % Verlegung und 17 % Tiefbau.
Wartung u. 3.651 10.480 13.470
Hauptbestandteil der Kosten für eine Einspeisean-
Instandhaltung
lage ist die messtechnische Einrichtung. Dazu zählen
gesamte Betriebskosten 3.651 10.480 13.470
die Beschaffenheitsmessung des Gases und die Brenn-
Verbrauchsgebundene wertmessung. Die Anlage zur Brennwertmessung ist
Kosten €
€ /a
für alle Volumenströme gleich. Ebenso die der
Strom 7.000 31.770 64.420 Beschaffenheitsmessung, eine Ausnahme ist der
Betriebsmittel 9.690 18.320 35.840 kleine Volumenstrom mit 50 Nm3/h, da die Einspei-
gesamte 16.690 50.090 100.260 sungsanlage nur einschienig ausgeführt ist. Bei den
Verbrauchskosten anderen Anlagen wird aus Gründen der Einspeise-
gesamte Jahreskosten €
€ /a 28.811 84.240 143.990 sicherheit eine zweischienige Ausführung gewählt.
Gleiches gilt für die Odorierungsanlage, die für alle
Anlagen die gleiche Auslegung mit Ausnahme der
6.2.10 Einspeisung und Durchleitung BG50 hat. Die Investitionen in eine Gasdruckregelan-
lage und einen Mischer sind abhängig von der Volu-
Die Kosten der Einspeisung und Durchleitung beste- mengröße. Zu den Investitionskosten der Anlagen-
hen im wesentlichen aus dem technischen Aufwand teile kommen noch Kosten für die Bauaufsicht und
zur Einspeisung ins Erdgasnetz. Die Kosten der die Planung mit 4 % und 3,74 % der Investitions-
Durchleitung sind dem gegenüber nur untergeordnet. summe. Die kapitalgebundenen Kosten ergeben sich
Bei der angenommenen Durchleitungsstrecke von aus den gesamten Investitionen und einer Nutzungs-
139
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Tabelle 6-16: Kosten der Einspeisungsanlage Anlagen vergleichbar sind, werden die Kosten auf
eine kWh der produzierten Nutzenergie bezogen.
Investitionskosten in €
€ BG50 BG250 BG500
Die im Folgenden betrachteten Nutzungspfade set-
Trassenlänge 160.000 160.000 160.000 zen sich aus den Kosten der im Kapitel Kosten der ein-
Einspeisestation zelnen Module vorgestellten Module zusammen. Bei
Gasdruckregelanlage 9.000 14.000 50.000 der Gasaufbereitung sowie Einspeisung und Durchlei-
tung wird auf die von der Fraunhofer Umsicht und
Beschaffenheitsmessung 70.000 100.000 100.000
dem GWI ermittelten Daten zugegriffen. In den erstell-
Brennwertmessgerät 25.000 25.000 25.000
ten Tabellen und Grafiken werden die Nutzungspfade
Odorierung 9.000 14.000 14.000
über Kürzel beschrieben. Diese zeigen, woher die Pri-
Mischer 3.000 4.500 6.000 mär- und Sekundärenergie stammt, welcher Typ von
Bauaufsicht 4.640 6.300 7.800 Anlage verwendet wird und die Größenordnung. Bei
Planung 4.338 5.891 7.293 der Erzeugung von Strom aus Biogas werden auch die
gesamte 284.978 329.691 370.093 BHKW-Leistungen angegeben.
Investitionskosten
Kapitalgebundene 29.353 33.958 38.120 6.3.1 Biogasgestehungskosten
Kosten €
€ /a
Betriebskosten €
€ /a Die entstehenden Kosten für die Erzeugung von Bio-
gas, sowohl für Rohgas als auch für aufbereitetes Gas
Wartung u. 5.800 7.875 9.750
Instandhaltung werden in diesem Kapitel einzeln dargestellt. Die be-
gesamte Betriebskosten 5.800 7.875 9.750
rechneten Kosten für die einzelnen Gasqualitäten blei-
ben für alle folgenden Nutzungsmöglichkeiten gleich.
Verbrauchsgebundene
Kosten €
€ /a Wenn z.B. die Stromgestehungskosten in einem zen-
tralen BHKW berechnet werden, müssen nicht die ge-
Betriebsmittel 11.600 15.750 19.500
samten anfallenden Kosten der Biogaserzeugung be-
Durchleitung 517 2.584 5.168
achtet werden sondern nur die Kosten des genutzten
gesamte 12.117 18.334 24.668 Gases. So kann man sich für ein Gas bestimmter Her-
Verbrauchskosten
kunft entscheiden und dieses für verschiedene Kon-
gesamte Jahreskosten €
€ /a 47.270 60.167 72.538 versionswege in Endenergie umwandeln. Für eine Be-
wertung der Kosten werden alle anfallenden Kosten
dauer von 15 Jahren sowie dem Kalkulationszins von entweder auf das Rohgas vor der Aufbereitungsan-
6 %. Unter die betriebsgebundenen Kosten fallen War- lage oder das Produktgas nach der Aufbereitungsan-
tung und Instandhaltung mit einem Prozentsatz von lage bzw. der Einspeisung bezogen. Die spezifische
5 %/a der Investition für die Anlagen. Die ver- Bezugsgröße ist dabei eine Kilowattstunde Heizwert.
brauchsgebundenen Kosten errechnen sich aus Bei einem Bezug auf das Rohgas muss aber beachtet
10 %/a der Anlagen-Investitionen. werden, dass der absolute Energiegehalt des Rohga-
ses höher ist als im Produktgas. Die Ursache liegt in
den Methanverlusten der Aufbereitung. Für die wei-
6.3 Energiegestehungskosten teren Berechnungen werden die Kosten auf das Pro-
duktgas bezogen. Wenn in einem zentralen BHKW
Unter Energiegestehungskosten sind die Geldwerte aufbereitetes Biogas verwendet wird, trägt der BHKW
zu verstehen, welche aufgewendet werden müssen, – Betreiber mit jeder kWh bezogenem Biogas die Kos-
um eine Form von Endenergie bereit zu stellen. In den ten der Herstellung des Biogases. Die Gestehungskos-
definierten Modellfällen gibt es einige Pfade, die nur ten des Produktgases müssen somit dem Mindesterlös
aus einer Anlage bestehen, andere setzen sich wie- des Biogasanlagenbetreibers entsprechen.
derum aus mehreren hintereinander geschalteten An- Die Kosten des Produktgases ergeben sich, wie in
lagen zusammen. Bei der Wärmeerzeugung aus Bio- Abbildung 6-2 dargestellt, aus drei verschiedenen
gas müssen z. B. erst die Kosten für die Stufen. Diese bestehen aus der Erzeugung von Roh-
Biogasbereitstellung ermittelt werden, um dann bei- biogas, der anschließenden Aufbereitung des Gases
spielsweise das Biogas in einer Gastherme zu verbren- mit unterschiedlichen Verfahren und der Einspeisung
nen. Damit die in Größe und Art unterschiedlichen und Durchleitung ins Erdgasnetz. Die sich daraus
ergebenden Kosten beziehen sich dann auf das Erd-
140
Wirtschaftliche Analyse und Bewertung
gas, das der Erdgasleitung entnommen werden kann. und Methanverlusten kommt, die im Produktgas
Sobald das Biogas ins Erdgasnetz eingespeist wird, berücksichtigt sind. Bei einem Bezug aufs Rohbiogas
kommt es zu einer Vermischung und an der Entnah- wären zwar die verschiedenen Verfahren gleichge-
mestelle wird Erdgas entnommen. Das entnommene stellt, jedoch müssen die unterschiedlichen Energiege-
Gas wird mit den Kosten der Biogaserzeugung belegt. halte in den weiterführenden Berechnungen berück-
Bei der Konversion in einem BHKW soll Gas aus Bio- sichtigt werden.
masse verwendet werden, damit die entsprechenden Für die Berechnung der Energiegestehungskosten
Vergütungen nach EEG für die Wirtschaftlichkeitsbe- wie Wärme, Kraftstoff und Strom wird aufgrund der
trachtung verwendet werden können. Es ist vom Vielfalt von Aufbereitungsmöglichkeiten nur mit
Betreiber schließlich nachzuweisen, dass die Menge einem Verfahren gerechnet und zwar der Erdgas-H
entnommenen Gases auch an anderer Stelle einge- Qualität durch Aufbereitung mit dem DWW-Verfah-
speist wird. Die Art und Kosten des Gases richten sich ren. Die Unterschiede der Energiegestehungskosten
nach dem Rohbiogas und der entsprechenden Aufbe- beruhen nur auf den Kosten des Produktgases. Wird
reitung. Die Qualität des entnommenen Gases ist z. B. für die Stromerzeugung eine andere Gasqualität
immer gleich, jedoch differieren die Kosten aufgrund verwendet, so unterscheiden sich die Gestehungskos-
der Erzeugung des Gases. ten im gleichen Maße wie die Kosten des Produktga-
In den folgenden Kapiteln werden die Geste- ses. Bei der Nutzung im dezentralen BHKW werden
hungskosten des Biogases bei der Verwendung ver- die Kosten für das Rohbiogas verwendet. Zur zentra-
schiedener Aufbereitungsverfahren für die möglichen len Nutzung wird aufbereitetes Biogas benötigt. Die
Erdgasqualitäten dargestellt. Die Darstellung der spe- Tabelle 6-17 gibt sowohl für Rohbiogas, als auch für
zifischen Gestehungskosten erfolgt sowohl tabella- aufbereitetes Biogas eine Übersicht über die produ-
risch als auch grafisch. Die Kosten werden immer auf zierten Volumenströme und den Energiegehalt des
das Produktgas bezogen, da es bei den verschiedenen Biogases.
Aufbereitungsverfahren zu Brennwertanhebungen
Tabelle 6-17: Nutzbare Biogasmenge und Energiegehalte von Rohbiogas und Produktgas
141
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Bei den Produktgasmengen kommt es zu Unter- 8.000 h/a Nutzungsdauer des BHKW gerechnet wer-
schieden zwischen den einzelnen Aufbereitungsquali- den. Als Grundlage für die Ermittlung der Energie-
täten, da entweder LPG oder Luft zugemischt wird. menge, die als Bezugsbasis dient, werden die real zu
Bei der Zusatzgasqualität ergeben sich andere Men- erwartenden Methangehalte beachtet. Das Rohbiogas
gen durch die geringere Aufbereitung. aus 90 % (Massebasiert) Gülle hat einen Methananteil
von 57 %, bei einem NaWaRo-Anteil von 90 % erhält
6.3.1.1 Kosten des Rohbiogases man 53 % Methan und bei Bioabfall sind es 62 %. Im
Vergleich dazu sind es bei dem Biogas aus der Holz-
Bei der Ermittlung der Rohbiogaskosten werden sechs vergasung 36,75 %. Dabei wird für den Normkubik-
Kostenblöcke berücksichtigt: das Substrat, die kapital- meter Methan ein Energiegehalt von rund 10 kWh
gebundenen Kosten durch technische-, bauliche Anla- (CH4: HI = 9,97 kWh/Nm3) angenommen, dies ergibt
gen und Sonstiges, die verbrauchsgebundenen Kosten z. B. bei einem Methananteil von 57 % im Biogas einen
und die betriebsgebundenen Kosten. In der Energiegehalt von 5,7 kWh/m3 Rohgas. In der
Abbildung 6-3 werden die Gestehungskosten des Tabelle 6-17 sind die entsprechenden Biogas- und
Rohbiogases für eine dezentrale Nutzung dargestellt. Energiemengen dargestellt. Die resultierenden Kosten
Die Kosten von Rohbiogas für eine zentrale Nutzung für das Rohbiogas stellt Abbildung 6-3 dar.
sind etwas günstiger, da bei direkter Nutzung von
Biogas eine Entschwefelungsanlage zur Gasreinigung 6.3.1.2 Kosten der Aufbereitung zu Erdgas-H
in den Kosten für technische Anlagen enthalten ist. Qualität
Die Kosten für eine Gasreinigung sind bei der zentra-
len Nutzung komplett in den Aufbereitungskosten Bei einer zentralen Nutzung von Biogas ist es ent-
enthalten. Die gesamten jährlichen Anlagenkosten scheidend, zu welchen Kosten das Biogas dem Erd-
werden auf den Energiegehalt von 8.000 h Biogaspro- gasnetz entnommen wird. Diese Kosten ergeben sich
duktion umgelegt. Die Begrenzung auf 8.000 h wird aus der Erzeugung von Biogas, der Aufbereitung zu
vorgenommen, da bei der weiteren Aufbereitung Produktgas, der Einspeisung ins nächstgelegene Erd-
auch nur das in dieser Zeit erzeugte Biogas weiterver- gasnetz und den Durchleitungsgebühren. Die Durch-
arbeitet wird und Schwankungen in der Biogaspro- leitungsgebühren fallen an, weil davon ausgegangen
duktion damit berücksichtigt werden. Auch bei den wird, dass der Betreiber einer zentralen Konversions-
Anlagen mit dezentraler Nutzung des Gases kann mit anlage das Produktgas direkt vom Erzeuger bezieht.
142
Wirtschaftliche Analyse und Bewertung
Tabelle 6-18: Jährliche Kosten bei der Bereitstellung von Biogas ins Erdgasnetz
Kostenblock 1: Substratbereitstellung
jährliche Kosten in €
€ 36.450 179.550 360.450 78.000 390.000 780.000 –1.785.000
Kostenblock 2: Substrataufbereitung und Lagerung
jährliche Kosten in €
€ 3.370 16.600 26.659 7.239 28.856 57.712
Kostenblock 3: Konversion Primärenergieträger
jährliche Kosten in €
€ 75.909 210.705 351.207 79.414 187.347 340.272 2.954.004
Kostenblock 4.1: Aufbereitung DWW-Verfahren
jährliche Kosten in €
€ 131.083 195.579 273.927 131.083 195.579 273.927 273.927
Kostenblock 4.2: Aufbereitung PSA-Verfahren
jährliche Kosten in €
€ 102.393 185.414 268.318 102.393 185.414 268.318 268.318
Kostenblock 5: Transport und Durchleitung
jährliche Kosten in €
€ 47.308 60.339 72.863 47.270 60.167 72.538 73.233
DWW-Verfahren
gesamte Investition 1.334.320 2.401.351 3.428.171 1.358.869 2.366.112 3.587.854 16.580.884
gesamte jährliche Kosten in €
€ 294.119 662.773 1.085.106 343.006 861.949 1.524.448 1.516.164
kapitalgebundene Kosten 135.596 240.242 341.018 137.503 235.095 352.624 1.947.264
betriebsgebundene Kosten 52.798 87.115 110.285 52.086 80.460 108.996 1.195.738
verbrauchsgebundene Kosten 105.725 335.416 633.803 153.417 546.394 1.062.828 –1.626.637
PSA-Verfahren
gesamte Investition 1.195.070 2.396.371 3.557.151 1.219.619 2.361.132 3.716.834 16.709.864
gesamte jährliche Kosten in €
€ 265.429 652.608 1.079.497 314.316 851.784 1.518.839 1.510.555
kapitalgebundene Kosten 121.253 239.729 354.303 123.160 234.582 365.909 1.960.549
betriebsgebundene Kosten 46.151 86.873 116.501 45.439 80.218 115.212 1.201.954
verbrauchsgebundene Kosten 98.025 326.006 608.693 145.717 536.984 1.037.718 –1.651.747
Er nimmt also genau die Mengen ab, die auch für ihn gleich der beiden üblichen Aufbereitungstechniken,
eingespeist werden. des Druckwasserwäsche (DWW) Verfahrens und
Da Biogas auf verschiedene Art aufbereitet werden Druckwechseladsorptions (PSA) Verfahrens zu ermög-
kann, wurde aus Gründen der Übersichtlichkeit das lichen, werden in den folgenden Tabellen die Kosten
Druckwasserwäsche-Verfahren ohne LPG-Zugabe als gegenüber gestellt und bewertet.
Referenzverfahren ausgewählt. Mit ihm werden die Tabelle 6-18 zeigt die jährlich anfallenden Kosten
weiteren Kalkulationen zur Endenergiebereitstellung für die Erzeugung und Aufbereitung von Biogas. Der
durchgeführt. Die Gründe dafür liegen bei dem niedri- Unterschied zwischen dem DWW- und PSA-Verfah-
geren Methanverlust und den günstigeren Kosten grö- ren liegt im Kostenblock 4, alle anderen Kosten sind
ßerer Anlagen, wodurch wie in Abbildung 6-4 ersicht- gleich. Die Anlage der Bioabfallvergärung ist bezogen
lich, geringere Gestehungskosten vorliegen. Das auf die Gasaufbereitung zu behandeln wie die übri-
entstehende Biogas oder Produktgas hat eine Erdgas-H gen Biogasanlagen. Ihre Besonderheit liegt in der Sub-
Qualität und kann in die meisten Gasnetze eingespeist stratbereitstellung, da hier keine Kosten anfallen, son-
werden. Nur in Ausnahmefällen ist es notwendig, noch dern Entsorgungserlöse zu erzielen sind. Die jährlich
eine LPG-Zugabe vorzunehmen, um die Kriterien für anfallenden Kosten werden dann noch aufgeteilt in
eine Einspeisung zu erfüllen. Ein Vergleich des Rohbio- die kapitalgebundenen, betriebsgebundenen und
gases mit dem Produktgas ist dabei nicht direkt mög- variablen Kosten. Die Aufteilung bezieht sich auf die
lich, da die Kosten durch die Methanverluste auf einen gesamten Kosten. Für eine genauere Betrachtung der
anderen Energiegehalt bezogen werden. Um den Ver-
143
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
einzelnen Kostenblöcke müssen die Tabellen des keine großen Auswirkungen auf die weitere Nutzung
Kapitel 6.2 hinzugezogen werden. hat und zum Anderen wahrscheinlich im Bereich der
Beim Vergleich der Kosten fällt auf, dass sich mit Verhandlungsspielräume mit den Anlagenbetreibern
steigender Anlagengröße die Gesamtkosten bezüglich und Anlagenanbietern liegt.
der beiden Aufbereitungsverfahren einander nähern. Die Produktgaskosten inklusive der Einspeisung
Bei der kleinen Biogasanlage ist die Aufbereitung mit und Durchleitung für die Erzeugung aus Gülle liegen
dem PSA-Verfahren noch deutlich im Vorteil. Doch bei dem DWW-Verfahren bei 4,9 ct bis 13,2 ct pro
bei großen Durchsatzmengen liegt das DWW-Verfah- kWh. Bei der Erzeugung aus Maissilage belaufen sich
ren nahe beim PSA-Verfahren. Werden die Kosten auf die Kosten auf 7,3 ct bis 16,5 ct für eine Aufbereitung
den Energiegehalt des verfügbaren Produktgases mit dem DWW-Verfahren. Die Anlage mit Bioabfall-
umgelegt, so ist ein anderer Trend erkennbar. Das vergärung liegt mit 6,8 ct/kWh zwischen den Gülle-
DWW-Verfahren liegt dann im Vorteil, da hier gerin- und NaWaRo-Anlagen. Beim Vergleich der Gülle- und
gere Methanverluste bei der Aufbereitung auftreten. der NaWaRo-Anlagen fällt auf, dass die Produktgas-
Dadurch steht mehr Produktgas nach der Aufberei- kosten um 2,5 bis zu 3,3 ct/kWh differieren. Dies
tung zur Verfügung, wodurch die spezifischen Kosten kommt zum Einen durch die höheren Substratkosten
sinken, wenn die Kosten auf das Produktgas umge- und zum Anderen durch den geringeren Energie-
legt werden (siehe Tabelle 6-19). Die Basis für die gehalt des Gases aus NaWaRo-Anlagen. Dadurch
Berechnung der Kosten pro kWh findet sich in der werden die Kosten auf eine geringere Energiemenge
vorangegangenen Tabelle 6-17. Dort ist schon erkenn- umgelegt und die Kosten pro kWh steigen. Um die
bar, dass nach der Aufbereitung mit dem DWW-Ver- Anteile der einzelnen Kostenblöcke an den Gesamt-
fahren mehr Produktgas und damit Energie zur Ver- kosten deutlicher darzustellen, werden die Prozentan-
fügung steht. Bei den kleinen Biogasanlagen mit teile der Kostenblöcke an den Gesamtkosten ermittelt.
50 Nm3/h Biogasstrom liegt die Aufbereitung mittels Bei den Substratkosten ist für beide Verfahren ein
PSA-Verfahren zwar aufgrund der großen Investi- Anstieg mit der Anlagengröße zu sehen. Bei den
tionskostenunterschiede der Verfahren noch im Vor- NaWaRo-Anlagen mit 250 Nm3/h und mehr wird der
teil, bei den größeren Anlagen machen sich dann aber Nachteil ersichtlich, dass für die Produktion und
die geringen spezifischen Kosten des DWW-Verfah- Lagerung von Maissilage die Hälfte aller Kosten auf-
rens bemerkbar. Diese Kostenunterschiede liegen aber gebracht werden müssen. Hier ist zu überlegen, wie
mit 0,01 bis 0,2 ct in einem Bereich, der zum Einen beim Anbau von Mais Kosten reduziert und Erträge
DWW-Verfahren
gesamte Investition 59,97 21,57 15,39 65,26 22,81 17,26 68,44
gesamte jährliche Kosten 13,22 5,95 4,87 16,47 8,31 7,33 6,26
kapitalgebundene Kosten 6,09 2,16 1,53 6,60 2,27 1,70 8,04
betriebsgebundene Kosten 2,37 0,78 0,50 2,50 0,78 0,52 4,94
verbrauchsgebundene 4,75 3,01 2,85 7,37 5,27 5,11 -6,71
Kosten
PSA-Verfahren
gesamte Investition 55,12 22,20 16,46 60,89 23,40 18,45 71,10
gesamte jährliche 12,24 6,05 5,00 15,69 8,44 7,54 6,43
Kosten in €
€
kapitalgebundene Kosten 5,59 2,22 1,64 6,15 2,32 1,82 8,34
betriebsgebundene Kosten 2,13 0,80 0,54 2,27 0,79 0,57 5,11
verbrauchsgebundene 4,52 3,02 2,82 7,27 5,32 5,15 –7,03
Kosten
144
Wirtschaftliche Analyse und Bewertung
DWW-Verfahren
Substratkosten 13,5 % 29,6 % 35,7 % 24,9 % 48,6 % 55,0 % -117,7 %
Biogasanlage 25,8 % 31,8 % 32,4 % 23,2 % 21,7 % 22,3 % 194,8 %
Aufbereitung 44,6 % 29,5 % 25,2 % 38,2 % 22,7 % 18,0 % 18,1 %
Einspeisung und 16,1 % 9,1 % 6,7 % 13,8 % 7,0 % 4,8 % 4,8 %
Durchleitung
PSA-Verfahren
Substratkosten 15,0 % 30,1 % 35,9 % 27,1 % 49,2 % 55,2 % -118,2 %
Biogasanlage 28,6 % 32,3 % 32,5 % 25,3 % 22,0 % 22,4 % 195,6 %
Aufbereitung 38,6 % 28,4 % 24,9 % 32,6 % 21,8 % 17,7 % 17,8 %
Einspeisung und 17,8 % 9,2 % 6,7 % 15,0 % 7,1 % 4,8 % 4,8 %
Durchleitung
erhöht werden können, um die Nutzung von Mais- Im Vergleich zu einem Erdgaspreis von
silage als NaWaRo rentabler zu machen. Beim Anteil 3,6 ct/kWhHs, das entspricht einem Preis von ca.
der Biogasanlage selbst, an den gesamten Kosten lässt 4,0 ct/kWhHi sind die Biogasanlagen nicht wirtschaft-
sich keine direkte Tendenz ausmachen. Die Anteile lich. Nur die betrachtete große Gülle-Anlage kommt
liegen für alle Anlagen auf etwa gleichem Niveau. Der mit ihren Produktgaskosten in diesen Bereich. Da die
Anteil der Kosten für die Aufbereitung dagegen Preise für Erdgas von der Region und den Abnahme-
nimmt mit der Anlagengröße beträchtlich ab. So ist mengen abhängig sind, könnte diese Modellanlage
der Anteil des DWW-Verfahrens bei einer Biogasan- unter bestimmten Vorraussetzungen mit dem Erdgas-
lage mit 500 Nm3/h um ca. 20 % geringer, als bei einer preis vergleichbar sein.
Biogasanlage mit 50 Nm3/h. Ähnlich ist es bei der
Einspeisung und Durchleitung, hier nehmen die 6.3.1.3 Sensitivität am Beispiel einer
Anteile um bis zu 10 % ab. Damit lässt sich ableiten, NaWaRo-Anlage und der Bioabfallanlage
dass die spezifischen Kosten für Aufbereitung und
Einspeisung deutlich mit der Anlagengröße sinken. Durch gezielte Auswahl der untersuchten Parameter
In der Abbildung 6-4 sind die Gestehungskosten bei der Sensitivität können verschiedene externe Ef-
des Produktgases bei Einspeisung ins Erdgasnetz ver- fekte wiedergegeben werden. Durch Änderungen des
gleichend gegenübergestellt. Es ist das DWW- und Marktes, der Technik oder der Standortbedingungen
PSA-Verfahren für die jeweilige Anlagengröße neben- können die Kosten der Biogaserzeugung zum Teil er-
einander gestellt. Die Kosten wurden dabei auf das heblich beeinflusst werden. Eine Veränderung der
Produktgas bezogen. Dadurch kommt es bei gleichen Substratkosten ist z. B. bei der Maissilage durch gerin-
Biogasanlagengrößen zu kleinen Unterschieden, z. B. geren Arbeitseinsatz oder den Anbau von Mais, der
beim Anteil des Substrates. Es wird deutlich, dass speziell für die Vergärung angebaut wird, möglich.
nicht das Aufbereitungsverfahren ausschlaggebend Eine Veränderung der Investitionskosten der Biogas-
für die Kosten ist, sondern die Größe der Anlage und anlage kann durch Förderungsmaßnahmen oder auch
das genutzte Substrat. In den betrachteten Modellfäl- durch die Angebotssituation des Marktes geschehen.
len ist die Erzeugung von Biogas aus Gülle am güns- Am Beispiel der NaWaRo-Anlage mit einem Bio-
tigsten. Die Gründe dafür liegen bei den geringeren gas-Output von 250 Nm3/h und einer Aufbereitung
Kosten für die Substrate und im höheren Methange- mit dem DWW-Verfahren werden die Auswirkungen
halt im Biogas. Der Vorteil der geringeren Investitio- verschiedener Kostenänderungen berechnet. Die
nen in die Biogasanlage bei der NaWaRo-Vergärung Kosten für das Substrat, das Personal und die Investi-
wirkt sich nicht deutlich auf die Kosten aus. Die Bio- tion der Biogasanlage, die jährlichen Kosten der Auf-
abfallanlage liegt in etwa auf dem Niveau der bereitung und die Trassenlänge zur Einspeisung ins
NaWaRo-Anlagen. Dies resultiert aus den Erlösen, die Erdgasnetz wurden um jeweils 50 % nach oben und
mit der Abnahme von Bioabfall verbunden sind. unten variiert. Aus der Abbildung 6-5 wird ersicht-
145
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
lich, dass die Substratkosten den größten Einfluss hungskosten gesenkt werden sollen, liegen die wir-
haben. kungsvollsten Eingriffsmöglichkeiten bei den Sub-
Bei Kosten für das Substrat von nur 20 €
€ pro t kön- strat- und Aufbereitungskosten.
nen die Kosten für eine kWh Biogas um ca. 1,2 ct Werden bei der Bioabfall-Anlage einige Parameter
gesenkt werden. Auch die Kosten der Aufbereitung variiert, so ergibt sich ein anderes Bild als bei der
üben einen großen Einfluss auf die Biogaskosten aus. NaWaRo-Anlage. Auffällig ist die gegenläufige
Bei einer Senkung der Kosten um 50 % ist das Biogas Gerade der Substratkosten. Durch die Erlöse der Bio-
1 ct/kWh günstiger. Der Einfluss der anderen Kosten abfallentsorgung wirkt sich eine Zunahme positiv auf
ist weit weniger bedeutend. Wenn die Biogasgeste- die spezifischen Kosten aus. Als Ausgangspunkt wer-
146
Wirtschaftliche Analyse und Bewertung
den 35 €€ Erlöse pro t angenommen. Werden die Erlöse die Produktgas- und Energiemengen für die Modell-
verdoppelt, so sinken die Produktgaskosten von 6,8 ct anlagen pro Jahr nach der LPG-Zugabe dargestellt.
auf 2,8 ct pro kWh. Dieser Schritt wäre denkbar, wenn Vergleicht man diese Angaben mit denen der
sich die Verteilung der Kosten bei der Abfallentsor- Tabelle 6-17, so kann man sehen, dass die Produktgas-
gung dahin gehend ändern, dass die Bioabfallentsor- menge sich bei den Gülle-Anlagen um ca. 10 % er-
gung nicht durch die anderen Entsorgungsgebühren höht, bei einer damit verbundenen Erhöhung der En-
mitgetragen wird. Wird durch die Vergärung von Bio- ergiemenge um ca. 25 %. Dies ist unabhängig von der
abfall ein Produktgas erzeugt, das mit Kosten von Art der Aufbereitung. Bei den NaWaRo-Anlagen ist
2,8 ct/kWh ins Erdgasnetz eingespeist werden kann, die LPG-Zugabe ebenfalls unabhängig von den Auf-
so sind diese Kosten auch vergleichbar mit Erdgas. bereitungsverfahren. Durch den geringeren Methan-
anteil im Rohbiogas bei der NaWaRo-Vergärung müs-
6.3.1.4 Kosten der Aufbereitung zu Erdgas-H sen allerdings größere Menge LPG hinzu gefügt
Qualität mit Flüssiggas-Zugabe werden, um den gleichen Brennwert zu erreichen. Die
Erhöhung der Produktgasmenge liegt bei ca. 11 %. Bei
Durch die LPG-Zugabe wird es möglich, aufbereitetes der Energiemenge sind es ca. 29 %.
Biogas auch in Erdgasnetze einzuspeisen, für die hö- Die zusätzlichen Kosten der LPG-Zugabe sind von
here Kriterien bei der Gasqualität bestehen (Brenn- der zugegebenen Menge LPG abhängig. Die Investi-
wert und Wobbe-Index). Die Art der Aufbereitung tions- und Wartungskosten sind bei beiden Anlagen-
entspricht den Anlagen ohne eine Flüssiggas-Zugabe, typen gleich. Die festen jährlichen Kosten liegen bei
es wird sowohl das PSA-, als auch das DWW-Verfah- 220 €
€ bei kleinen Volumenströmen, 2.200 € € bei den
ren betrachtet. Es muss beachtet werden, dass bei ei- mittleren Anlagen und 3.670 € € bei den großen Anla-
nem möglichen Vergleich der Energiegestehungsko- gen. Die Kosten der LPG-Zugabe betragen zwischen
sten der LPG-Anteil des aufbereiteten Gases 24.000 €€ /a und 230.000 €
€ /a bei den Gülle-Anlagen.
herausgerechnet werden muss, um die spezifischen Für die NaWaRo-Anlagen sind diese Kosten ca. 5 %
Kosten besser vergleichen zu können. Der LPG-Anteil höher. Werden nun die gesamten Kosten der Biogaser-
verändert aufgrund seiner geringeren Kosten und hö- zeugung, Aufbereitung und Einspeisung auf die in
heren Energiegehalte die spezifischen Kosten. Außer- der Tabelle 6-21 angegebenen Mengen bezogen, so
dem kann dieses Gas nicht als vollwertiges Gas aus ergeben sich die in Abbildung 6-4 dargestellten spezi-
Biomasse angesehen werden. In der Tabelle 6-21 sind fische Kosten pro kWh Produktgas.
147
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Die spezifischen Kosten liegen bei den Gülle-Anla- 6.3.1.5 Kosten der Aufbereitung zu Erdgas-L
gen um 1,7 ct bis 0,1 ct unter den spezifischen Kosten Qualität
ohne LPG-Zugabe. Bei den NaWaRo-Anlagen liegen
die spezifischen Kosten um 2,6 ct bis 0,6 ct niedriger. Die Kosten der Aufbereitung auf Erdgas-L Qualität
Wenn die spezifischen Kosten über die zusätzliche entsprechen größtenteils denen der Erdgas-H Qualität
Energiemenge des LPG ermittelt werden, erhält man ohne eine LPG-Zugabe. Der Unterschied besteht in
zwar die realen Kosten für eine Abgabe des Produkt- der Investition in eine Luftzugabe, um den Brennwert
gases, doch kann das Produktgas im Falle einer weite- der Erdgas-L Qualität zu erreichen. Diese Luftzugabe
ren Konversion im BHKW nicht voll nach EEG abge- verursacht aber nur geringe Investitionskosten und
rechnet werden. Für die Vergütung nach dem EEG die Unterhaltskosten beziehen sich in erster Linie auf
muss die entnommene Gasmenge in gleicher Menge den Stromverbrauch. Durch die Luftzugabe wird al-
als Gas aus Biomasse eingespeist werden. lerdings nur der Brennwert des Gases verändert, die
Energiemenge aus dem Rohbiogas bleibt nahezu die
gleiche, so dass die spezifischen Kosten sich nicht we-
sentlich ändern. Die Kosten der Luftzugabe sind so
gering, dass die Auswirkungen auf die spezifischen
Kosten im hunderstel Cent Bereich liegen und somit
148
Wirtschaftliche Analyse und Bewertung
vernachlässigt werden können. Die Zugabe von Luft 6.3.1.7 Vergleich verschiedener
könnte sich nur bei der Auslegung von Rohrleitungen Aufbereitungsqualitäten
zur Einspeisung auswirken, da sich die Volumen-
menge des Produktgases um ca. 10 % erhöht. Für die Um einen Überblick über die verschiedenen Gas-
betrachteten Fälle der Einspeisung sind die Rohrlei- qualitäten zu geben, werden in der Abbildung 6-10
tungen aber ausreichend. Die spezifischen Kosten der alle Gasqualitäten für zwei exemplarische Biogasanla-
Erdgas-L Qualität sind in der Abbildung 6-8 grafisch gen dargestellt. Als Beispielanlagen dienen dafür die
dargestellt. Biogasanlagen mit NaWaRo- und Gülle-Vergärung
und 250 Nm3/h Volumenstrom.
6.3.1.6 Kosten der Aufbereitung von Biogas als Die LPG-Zugabe hat zwar den Vorteil, dass die
Zusatzgas Kosten des Produktgases niedriger sind, jedoch liegt
das nur an der Erhöhung des Energiegehaltes zu
Die spezifischen Kosten der Aufbereitung von Biogas geringen Kosten. Beim Zusatzgas sind die spezifi-
zu Zusatzgas beruhen auf den Anlageninvestitionen schen Kosten am geringsten (um ca. 2,5 ct/kWhth), da
für eine Entschwefelung, Trocknung und Verdichtung der Aufwand für die Aufbereitung gering ist. Der
des Biogases. Der Kostenaufwand bei dem Zusatzgas Energiegehalt des Gases bleibt bei der Aufbereitung
ist wesentlich geringer, da die aufwendigen Verfahren konstant, es kommt zu sehr geringen Methanver-
zur Abtrennung von CO2 fehlen. Da es bei der Aufbe- lusten.
reitung zu Zusatzgas nur zu sehr geringen Methan-
verlusten kommt, können die Kosten auf eine größere 6.3.2 Wärmeerzeugung
Energiemenge umgelegt werden. Dadurch bleiben die
spezifischen Kosten niedriger als bei den anderen Ver- Aufgrund der Tatsache, dass Erdgas zu sehr großen
fahren. Der Methanverlust liegt bei etwa 1 %. Die spe- Teilen zur Wärmeerzeugung bei sehr hohen Wir-
zifischen Kosten des Zusatzgases sind um 0,5 bis kungsgraden eingesetzt wird, ist es naheliegend auch
3,4 ct/kWh höher als beim Rohbiogas. aufbereitetes und eingespeistes Biogas zur Wärmeer-
zeugung einzusetzen. Aus diesen Gründen soll nach-
folgend auf die Wirtschaftlichkeit dieses Nutzungs-
pfades eingegangen werden.
Allen Anlagen wird aus Gründen der Vergleich-
barkeit eine Betriebsdauer von 1.800 h unterstellt. Es
149
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Abb. 6-10: Vergleich der spezifischen Produktgaskosten einer BG250 G und BG250 N
findet nur eine Wärmeerzeugung statt, die Verteilung stoffkosten ergeben sich über die benötigte Menge
im Haus wird nicht betrachtet. Bei größeren Anlagen Energie. Bei gegebener Leistung der Heizanlage wird
wird jedoch die Wärmeverteilung in einem Wärme- über den jeweiligen Wirkungsgrad die zugeführte
netz einschließlich der notwendigen Hausanschlüsse Brennstoffmenge berechnet. Die Kosten dafür sind bei
berücksichtigt. Die spezifischen Kosten ergeben sich der Gastherme die spezifischen Kosten des Produkt-
aus den Kosten für die Konversionsanlage, wie sie in gases in Abhängigkeit von der Erzeugung.
Kapitel 6.2.3 dargestellt sind und dem Brennstoff Bei der Wärmeerzeugung wird von der Nutzung
sowie gegebenenfalls dem Wärmenetz. Die Brenn- einer 30 kWth Gastherme ausgegangen, das entspricht
150
Wirtschaftliche Analyse und Bewertung
einer jährlichen Wärmeerzeugung von 54.000 kWhth. sung wegfallen. Die spezifischen Wärmegestehungs-
Diese Heizungsanlage steht für eine typische Kleinan- kosten liegen dann bei den Gülle-Anlagen zwischen
lage in einem Wohnhaus. Sie wird nicht nach der 5,3 und 7,1 ct/kWh und bei den NaWaRo-Anlagen
erzeugten Menge Biogas ausgelegt. zwischen 9,6 und 9,7 ct/kWh.
Eine Biogasanlage mit einem Rohgasvolumen- In der Abbildung 6-12 ist die Sensitivität der
strom von 500 Nm3/h erzeugt bei der Vergärung von Wärme-Gestehungskosten für die 30 kWth Gastherme
Gülle eine nutzbare Energiemenge von ca. 22 GWh. mit Bezug von Biogas aus der NaWaRo-Vergärung
Da Wärme zur Hausbeheizung hauptsächlich nur im mit 250 Nm3/h dargestellt. Für die Wärmeerzeugung
Winter genutzt wird, können aufgrund der Biogaspro- wurden die Betriebsstunden, der Wirkungsgrad und
duktion nur 92 Gasthermen gleichzeitig versorgt wer- die Investitionskosten der Gastherme variiert. Um die
den. Bei einer Betriebszeit von 1.800 h entspricht das Auswirkungen des Energiebezugs darzustellen, wur-
22 % der erzeugten jährlichen Energiemenge. Für die den die Biogaskosten bezüglich ihrer Gestehungs-
restlichen 17 GWh muss eine andere Nutzungsmög- kosten verändert. Dabei wurden keine einzelnen
lichkeit vorhanden sein, da eine Speicherung des Parameter der Biogaskosten berücksichtigt. Der ange-
Gases zur saisonalen Nutzung zu aufwändig ist. nommene Variationsbereich entspricht nicht dem in
Zur Abschätzung einer Wirtschaftlichkeit der Wär- Kapitel Sensitivität am Beispiel einer NaWaRo-Anlage
meerzeugung aus Biomasse wird als Referenzanlage und der Bioabfallanlage ermittelten maximalen
eine erdgasbetriebene Gastherme betrachtet. Diese ist Bereich von 23 % bei Veränderung eines Parameters,
baugleich mit der Gastherme zur Nutzung von aufbe- sondern ebenfalls der Variation um 50 %. Damit ist ein
reitetem Biogas. Auch die Betriebsweise ist gleich. Die Bereich dargestellt, wie er so in den Modellfällen nicht
spezifischen Kosten der Wärmeerzeugung über die erreichbar ist.
Erdgastherme liegen bei 6,04 ct/kWhth. In diesem Als Vergleich der Kosten sind auch die Wärmege-
Bereich liegt mit 6,9 ct/kWhth auch die Gastherme, stehungskosten einer Erdgastherme dargestellt. Hier
die ihr Gas aus einer großen Gülle-Anlage mit Aufbe- wurden die Kosten für das Erdgas um 50 % verändert
reitung bezieht. Wird das Biogas aus kleineren und die Kosten der Erdgastherme pro kWhth konstant
Gülle-Anlagen oder auch den NaWaRo-Anlagen gelassen.
bezogen, so liegen die Wärmegestehungskosten deut- Die Kostenreduzierung über den Wirkungsgrad ist
lich über der Referenzanlage (Abbildung 6-11). Bei begrenzt, mit 105 % ist schon der optimale Wirkungs-
einer alternativen Nutzung direkt in Anlagennähe grad erreicht und ein Wirkungsgrad von 110 % ist nur
würden die Kosten der Aufbereitung und Einspei- theoretisch denkbar. Sind jedoch nur geringere Wir-
18
16
14
Gestehungskosten Wärme in ct/kWh th
12
10
-
BG50G Z Th BG250G Z Th BG500G Z Th BG50N Z Th BG250N Z Th BG500N Z Th BG500B Z Th Erdgastherme
Energieträger (Biogas/Brennstoff) Aufbereitung Einspeisung und Durchleitung Wärmeerzeugung Nahwärmenetz mit Hausanschlüssen
151
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
kungsgrade möglich, so steigen die Kosten schnell an. Die Wirtschaftlichkeit muss also bei vielen Anlagen
Bei einem Wirkungsgrad von 89 % sind die Geste- durch die Stromvergütungen gegeben sein.
hungskosten schon um 1,4 ct/kWhth gestiegen. Die Sowohl bei der reinen Stromerzeugung als auch
größten Einsparmöglichkeiten bieten sich hier auch bei der Kraft-Wärme-Kopplung werden die spezifi-
wieder bei den Bezugskosten des Biogases. Allerdings schen Stromgestehungskosten ermittelt. Eine Auftei-
werden die angenommenen Kosten einer Erdgas- lung der Kosten bei der KWK wäre problematisch, da
therme erst bei einer Reduktion der Biogaskosten von die Wärmeerzeugung keine zusätzlichen Kosten ver-
ca. 45 % erreicht. ursacht und ihr so nicht direkt Kosten zugeordnet
werden können.
6.3.3 Stromerzeugung und
Kraft-Wärme-Kopplung 6.3.3.1 EEG-Vergütungen
Die Biomassenutzungspfade zur Stromerzeugung Als Bezug zur Wirtschaftlichkeit bei der Stromerzeu-
und zur gekoppelten Bereitstellung von Strom und gung aus Biomasse dienen die Vergütungen nach dem
Wärme sind technisch nahezu identisch. Der Einsatz Erneuerbare-Energien-Gesetz. Für die betrachteten
in der Praxis ist meist von den Möglichkeiten des Modellanlagen ist das Bezugsjahr 2005.
Wärmeabsatzes abhängig. Da in Deutschland bisher Die Vergütungen werden immer über die einge-
über die Verstromung in der Regel größere Erlöse er- speiste elektrische Energie abgerechnet. Findet eine
reicht wurden als bei dem Wärmeverkauf, sind die zusätzliche Wärmeerzeugung statt oder wird ein tech-
BHKW der Biogasanlagen stromgeführt. Das heißt, nisch innovatives Verfahren eingesetzt, so kann ein
dass der elektrische Wirkungsgrad optimiert wird, Bonus bei der Vergütung erzielt werden.
während die Wärme als Nebenprodukt anfällt. Es Die Vergütungen bei den Modellanlagen werden
wird angenommen, dass es bei den Anlagen mit rei- in verschiedene Gruppen aufgeteilt. Die Grundvergü-
ner Stromproduktion keine Möglichkeit gibt, Wärme tung richtet sich nach dem § 8 Absatz 1 Mindestver-
an Dritte abzuführen. Der Nachteil sind gleiche Ko- gütungen für Strom aus Biomasse. Diese Mindestver-
sten bei geringeren Stromvergütungen und fehlenden gütung ist gestaffelt nach Leistungsgrößen bis zu
Wärmeerlösen. Dieser Fall ist nicht sehr ungewöhn- 20 MWel. Dabei gibt es für jede Leistungsklasse unter-
lich, da nur erzeugte Wärme vergütet wird, die nicht schiedliche Vergütungen. Die daraus berechneten Ver-
für den Biogas-Erzeugungsprozess verwendet wird. gütungen für die Leistungsgrößen der Modellanlagen
152
Wirtschaftliche Analyse und Bewertung
Anteil Vergütung
Stromvergütung Grund- Nawaro- KWK Technolo- Vergütung
Nutz- ohne
in ct/kWhel Vergütung Bonus Bonus gie-Bonus mit KWK
wärme KWK
dezentrale Nutzung 100 kWel 11,33 6,00 20,0 % 0,40 - 17,33 17,73
im BHKW
500 kWel 10,22 6,00 20,0 % 0,40 - 16,22 16,62
zentrale Nutzung 100 kWel 11,33 6,00 80,0 % 1,60 2,00 17,33 20,93
im BHKW
500 kWel 10,22 6,00 80,0 % 1,60 2,00 16,22 19,82
finden sich in der Tabelle 6-22. Bei den Biogasanlagen von Biogas, deren Aufbereitung, Einspeisung und
mit Vergärung von Gülle und Maissilage erweitert Durchleitung im Erdgasnetz. Bei der zentralen Kon-
sich diese Vergütung um den NaWaRo-Bonus, der version von Biogas gibt es zwei Varianten, zum Einen
sich nach der Anlagengröße richtet. Dieser Bonus die Konversion in einem zur Biogasanlage passenden
beträgt bis 500 kW 6 ct/kWhel und 4 ct/kWhel bis BHKW und zum Anderen die Nutzung eines BHKW
5 MWel Leistung. Für die Vergärung von Bioabfall ist anderer Leistungsgröße. Für die zweite Möglichkeit
die Grundvergütung relevant, da der genutzt Bioab- wurde ein BHKW mit 2 MWel Leistung gewählt. Der
fall als Biomasse einzustufen ist. Bei den Anlagen mit Vorteil einer solchen Kombination ist der bessere Wir-
Kraft-Wärme-Kopplung gibt es einen Bonus, der sich kungsgrad und die sinkenden spezifischen Anlagen-
nach dem Anteil der Nutzwärme richtet. Über den kosten mit steigender Leistung des BHKW.
prozentualen Anteil der Nutzwärme an der gesamten Die spezifischen Kosten der Stromerzeugung kön-
Wärmeerzeugung wird die Vergütung pro kWhel nen bei der zentralen Nutzung in vier Blöcke aufge-
errechnet. Ausgegangen wird dabei von einem Bonus teilt werden: den Energieträger, die Aufbereitung, die
in Höhe von 2 ct/kWhel bis zu einer Leistung von Einspeisung/Durchleitung und die Konversion in
20 MWel. Nur wenn der KWK-Bonus gewährt wird, Endenergie. Bei den dezentralen Anlagen findet nur
kann auch ein Technologie-Bonus erhalten werden. eine Aufteilung in den Energieträger und die Konver-
Dieser beträgt immer 2 ct/kWhel und wird bei der sion statt. Bei den in Tabelle 6-23 dargestellten spezifi-
Einspeisung ins Erdgasnetz angerechnet. schen Kosten beziehen sich diese auf die Nutzung in
Für die Anlagen der Kraftwärmekopplung werden einem zur Biogasanlagengröße passenden BHKW. Für
zu den Vergütungen nach EEG noch Wärmeerlöse die Biogasanlagen wird eine Staffelung von 0,1; 0,5
erzielt. Diese Wärmeerlöse ergeben sich aus der im und 1 MWel untersucht, da diese Leistungsgrößen den
Kapitel Wärmeerzeugung vorgestellten Erdgastherme definierten Biogas-Anlagen entsprechen. Auf diese
und betragen 6,04 ct/kWhth. Diese Vergütung wird Motor-Größen beziehen sich auch die Kosten der
über die Stromkennzahl des BHKW und den Anteil der dezentralen Stromerzeugung.
Nutzwärme umgerechnet in eine Vergütung pro kWhel. Die anteiligen Kosten der Biogaserzeugung, Auf-
bereitung und Einspeisung sind abhängig vom Wir-
6.3.3.2 Stromgestehungskosten kungsgrad des BHKW. Bei der Biogasanlage mit
NaWaRo-Vergärung, einem Volumenstrom von
Die spezifischen Gestehungskosten der Stromerzeu- 250 Nm3/h und einem Wirkungsgrad des zentralen
gung wurden für zwei verschiedene Modellfälle er- BHKW von 38 % werden 2,6 kWh des Produktgases
mittelt. Der erste ist die Stromerzeugung direkt an der benötigt, um 1 kWhel zu produzieren. Insofern muss
Biogasanlage durch Konversion von Rohbiogas in ei- bei den Kosten auch dementsprechend mehr ange-
nem BHKW. Im zweiten betrachteten Fall findet die setzt werden. Die Kosten der BHKW ergeben sich aus
Produktion von Strom an einem zentralen Standort den jährlichen Kosten der Tabelle 6-9 und der jeweils
statt. Dieser Nutzungspfad umfasst die Erzeugung erzeugten Menge Endenergie.
153
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Bei den dezentralen Anlagen ergeben sich die erwartenden Erlöse bei Kraft-Wärme-Kopplung ange-
Kosten für das BHKW aufgrund einer anderen geben, da die Stromgestehungskosten für beide
Betriebsweise. Die BHKW werden mit Rohbiogas Betriebsarten gleich sind. Jedoch wird auf die
betrieben, das nur einer Entschwefelung unterzogen Kraft-Wärme-Kopplung noch gesondert im Kapitel
wurde, dadurch haben die BHKW eine kürzere Nut- Kraft-Wärme-Kopplung eingegangen. So können in
zungsdauer und somit höhere Kapitalkosten. Außer- der Grafik die Unterschiede der reinen Stromerzeu-
dem ist die Leistungsauslegung des BHKW an das gung und der Kraft-Wärme-Kopplung verglichen
Rohbiogas angepasst, wodurch es zu Leistungsver- werden. Die schwarze Markierung gibt an, wie hoch
schiebungen kommt. die Grundvergütung bei der jeweiligen Anlagengröße
In der Abbildung 6-13 werden die zentrale und ist. Zusätzlich zu den reinen Stromvergütungen sind
dezentrale Erzeugung von Strom gegenübergestellt. noch die Vergütungen durch KWK-Betrieb und tech-
In der grafischen Darstellung zeigt jeweils der linke nische Innovationen eingefügt. Die rote Markierung
Balken den Fall der zentralen Nutzung (inklusive ergibt sich aus den Stromvergütungen der KWK-Ver-
Aufbereitung und Einspeisung), während der rechte gütung und dem Technologie-Bonus bei den zentralen
Balken die dezentrale Verstromung darstellt. Im Anlagen. Bei der grünen Markierung wurden dann
ersten Block finden sich die Anlagen, die ihre Sekun- noch die angenommenen Erlöse aus dem Wärmever-
därenergie aus Biogasanlagen beziehen, die mit 90 % kauf berücksichtigt.
Gülle-Vergärung (massebasiert) arbeiten. Im zweiten Die hier dargestellten Kosten- und Wirtschaftlich-
Block sind die Anlagen mit einem Bezug aus 90 % keitsdaten geben einen Überblick über die Biogasnut-
NaWaRo-Vergärung (massebasiert). Daneben steht zungspfade und die Einordnung der Aufbereitung
die Anlage mit Bioabfallvergärung. und Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz. Aus
Um anhand der spezifischen Gestehungskosten zu der Grafik können nur grundsätzliche Tendenzen
erkennen, ob die jeweilige Anlagenkombination wirt- abgeleitet werden, da im praktischen Einzelfall die
schaftlich betrieben werden kann, sind in der Grafik Rahmenbedingungen (z. B. Substratkosten oder Anla-
die jeweils möglichen Vergütungen in Form von farbi- genkosten) stark variieren können.
gen Strichen eingefügt. Dabei werden auch die zu
154
Wirtschaftliche Analyse und Bewertung
Abb. 6-13: spezifische Stromgestehungskosten und zu erwartende Vergütungen der betrachteten Pfade
Als klare Schlussfolgerungen können abgeleitet wurden hier die Erlöse des Wärmeverkaufs an Dritte
werden: abgezogen. Dadurch ergeben sich spezifische Strom-
- Stromgestehungskosten von Biogasanlagen auf gestehungskosten für die Kraft-Wärme-Kopplung.
Gülle-Basis sind geringer als die von NaWaRo- Diese sind den jeweiligen Stromvergütungen nach EEG
Anlagen und dem KWK-/Technologie-Bonus gegenübergestellt.
- Stromgestehungskosten von kleinen Biogasanlagen In der Grafik ist erkennbar, dass sich die mittleren
sind deutlich höher als die von Größeren und großen Anlagen mit zentraler Nutzung aufgrund
- Aufbereitung und Einspeisung von Biogas in das der Wärmeerlöse deutlich von den dezentralen Anla-
Erdgasnetz steigern die Kosten bei kleinen Biogas- gen absetzen. Bei der zentralen Nutzung werden 80 %
anlagen überproportional stark der erzeugten Wärme als Nutzwärme verkauft. Bei
- Dezentrale und zentrale Biogasnutzung können den dezentralen Anlagen sind dies nur 20 %. Rechnet
wirtschaftlich betrieben werden man diese Gewinne aus dem Verkauf der Wärme auf
- Insbesondere die Erlöse aus dem Wärmeverkauf die spezifischen Stromgestehungskosten an, so sind
sind für die Wirtschaftlichkeit vieler Pfade außeror- die Stromgestehungskosten bei der zentralen Nut-
dentlich bedeutend, z. T. essentiell. zung geringer. Bei der KWK wirkt sich die Wärmenut-
zung positiv auf die Stromgestehungskosten der zen-
6.3.3.3 Kraft-Wärme-Kopplung tralen Anlagen aus. Bei den kleinen Anlagen ist dieser
Vorteil nicht vorhanden. Die Aufbereitungskosten
Bei Wärmenutzung steigen die Erlöse bei gleichblei- sind so hoch, dass sie nicht über die zusätzliche Wär-
benden Stromgestehungskosten. Deshalb liegt die Be- meerzeugung aufgefangen werden können.
sonderheit im Vergleich zur reinen Stromerzeugung in
den höheren Erträgen, da es möglich ist, durch die Nut- 6.3.3.4 Vergleich verschiedener BHKW-Leistungen
zung der erzeugten Wärme, zusätzliche Erlöse nach bei zentraler Nutzung
dem EEG zu erzielen. Im Kapitel EEG-Vergütungen
wurden die Vergütungen für die Kraft-Wärme-Kopp- Alternativ zur bisher verfolgten Betrachtungsweise,
lung erläutert. In der Abbildung 6-14 wird der Vorteil die zentrale Biogasnutzung nach Aufbereitung und
der Stromerzeugung in KWK dargestellt. Bei der Er- Einspeisung in das Erdgasnetz in einem, der Biogaser-
mittlung der spezifischen Stromgestehungskosten zeugung größenäquivalenten BHKW durchzuführen,
155
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
könnte das eingespeiste Gas von mehreren Biogasan- Energieträgerkosten geringer. Je mehr sich die
lagen auch in einem zentralen größeren BHKW effek- BHKW-Leistungen aber annähern, desto geringer
tiver genutzt werden. Beispielhaft wird hier der Be- werden die Wirkungsgradunterschiede und damit die
trieb eines 2 MWel-BHKW für die drei Größenklassen Energieträgerkosten. Das gleiche gilt für den Anteil
der Biogasanlagen betrachtet. Dabei ist zu beachten, der BHKW-Kosten. Bei einer kleinen Anlage sind
dass dem Gasnetz entnommenes Gas nach dem EEG diese noch sehr hoch, nehmen aber mit steigender
nur als Biomasse abgerechnet werden kann, wenn die Leistung ab.
gleiche Menge an anderer Stelle aus Biomasse einge- Für die Gewinnerwartung scheint es erstaunlicher-
speist wird. Soll der erzeugte Strom also nach EEG weise bei den Gülle- und NaWaRo-Anlagen sinnvol-
vergütet werden, muss sichergestellt sein, dass die ler, ein zur Biogasanlage äquivalentes BHKW zu
Einspeisung von Biogas der entnommenen Menge betreiben, da das Verhältnis von Stromgestehungskos-
entspricht. Ein größer dimensioniertes zentrales ten zu den Vergütungen und Boni besser ist. Bei der
BHKW muss daher Verträge mit mehreren Biogaspro- Bioabfallanlage ist dieses Verhältnis nahezu gleich.
duzenten abschließen.
In Abbildung 6-15 sind die beiden Alternativen 6.3.3.5 Sensitivität der Stromgestehungskosten
der zentralen Nutzung gegenüber gestellt. Der linke
Balken stellt die spezifischen Stromgestehungskosten Um mögliche Veränderungen bei den Stromgeste-
eines für alle Anlagen einheitlichen 2 MWel BHKW hungskosten darzustellen, wurden beispielhaft an ei-
dar. Der rechte Balken dagegen entspricht der ner Anlage mehrere Parameter variiert. Dabei treten
BHKW-Leistung, wie sie äquivalent zur Biogas- unterschiedliche Tendenzen bei den Gestehungskos-
einspeisung wäre. Die Unterschiede der Vergütung ten auf. Als Beispiel wurde das zentrale BHKW mit
ergeben sich durch die Leistungsgrößen der BHKW. Je Bezug von Biogas aus der NaWaRo-Vergärung und ei-
größer die Leistung, desto geringer sind die Stromver- nem Volumenstrom von 250 Nm3/h ausgewählt.
gütungen. Der KWK- und Technologie-Bonus ist Diese Anlage ist bei einer Vergütung nach dem EEG
dagegen für die Anlagen gleich, da er sich nur nach nur durch den Verkauf von Wärme wirtschaftlich. Die
der Wärmeauskopplung richtet. EEG-Vergütung reicht nicht aus, um die Kosten einer
Die Unterschiede der spezifischen Gestehungs- reinen Stromerzeugung zu decken. In der Grafik sind
kosten ergeben sich zum Einen durch den Wirkungs- zum Vergleich die Stromvergütung und die zusätzli-
grad des BHKW und zum Anderen durch die Kosten. chen Erlöse bei KWK dargestellt. Die Erlöse bei KWK
Durch den höheren Wirkungsgrad ist der Anteil der ergeben sich aus der Grundvergütung, dem KWK-
156
Wirtschaftliche Analyse und Bewertung
Abb. 6-16: Sensitivität eines zentrales BHKW mit 500 kWel und Nutzung von Biogas aus NaWaRo
und Innovationsbonus sowie den Wärme-Erlösen. Die Die Auswirkungen der Parametervariationen bei
Vergütungen nach dem EEG sind fest und unterliegen den anderen Anlagentypen auf die Gestehungskosten
keinen Schwankungen. Die Wärmeerlöse richten sich sind ähnlich der hier aufgezeigten. Die Tendenzen der
allerdings nach den Marktpreisen für Wärme, deshalb Kostenentwicklung gehen in die gleiche Richtung,
wurde hier eine Variation vorgenommen.
157
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
nur dass dort die Gestehungskosten, z. B. bei der änderten Parameter betreffen die Investition für das
Gülle-Vergärung niedriger liegen. BHKW, den Wirkungsgrad und die Betriebsstunden
Es wurde, wie schon bei den Gasgestehungskosten desselben. Wie schon bei den Wärme-Gestehungskos-
im Bereich von –50 % bis +50 % variiert. Nur bei den ten erläutert, fließen hier auch wieder die Biogaser-
Betriebsstunden des BHKW wird maximal bis auf zeugungskosten und danit z. B. die Substratkosten
+9,5 % erhöht, da dann 8.760 h erreicht sind. Die ver- über den Variationsbereich mit ein.
158
Wirtschaftliche Analyse und Bewertung
Den größten Einfluss auf die Strom-Gestehungs- Betriebszeit benötigt die Anlage also 450.000 Nm3/a.
kosten haben der Wirkungsgrad des BHKW und die Das entspricht einer Energiemenge von ca.
Kosten des Biogases. Eine Verbesserung des Wir- 4.350.000 kWh bei den Fermentationsanlagen und
kungsgrades um 2 % auf 40 % würde die Gestehungs- 4.600.000 kWh bei der Holzvergasung. Aus diesen
kosten schon um 1 ct/kWhel senken. Dagegen würde Mengen ergeben sich dann weitere verbrauchsgebun-
ein um 2 % niedrigerer Wirkungsgrad die Kosten um dene Kosten, die von der Anlagengröße abhängig
1,2 ct/kWhel erhöhen. Die Verschlechterung des Wir- sind, in der das Biogas erzeugt wird. Diese Kosten
kungsgrades hat auf Grund des exponentiellen Kur- können der Tabelle 6-18 entnommen werden.
venverlaufs größere Auswirkungen, als die Verbesse- In der Abbildung 6-17 sind die spezifischen Geste-
rung. Die Veränderung der Biogaskosten hat fast hungskosten pro kWh dargestellt. Die Aufteilung der
ebenso große Auswirkungen. Bei einer 10 %igen Balken erfolgt dabei nach dem Energieträger, der Auf-
Änderung steigen oder sinken die Gestehungskosten bereitung, der Einspeisung und der Bereitstellung an
um 1,2 ct/kWhel. Die Änderungen der Betriebsstun- der Tankstelle. Der Kostenanteil für den Energieträger
den und Investitionskosten des BHKW haben dage- beinhaltet die gesamten Kosten der Biogaserzeugung.
gen fast keine Auswirkungen. Bei einer jährlichen Es ist zu sehen, dass die kleinen Biogasanlagen auf-
Laufzeit von 4.000 h würden sich die Gestehungskos- grund ihrer hohen Aufbereitungs- und Durchleitungs-
ten lediglich um 1,2 ct erhöhen. Bei einer Halbierung kosten Kraftstoff nur zu sehr hohen Gestehungskosten
der Investitionskosten hätte dies nur eine Senkung produzieren können. Jedoch liegen die Gestehungsko-
von 0,6 ct/kWhel zur Folge. sten der meisten anderen Anlagen auch mit 2 bis
Damit die Kosten der Stromerzeugung auch durch 4 ct/kWh deutlich über den aktuellen von der Steuer
die reine Stromvergütung gedeckt wären, müssten die befreiten Tankstellen-Erdgaspreisen. Einzig die Tank-
Biogaskosten ca. 37 % günstiger sein. Alle anderen stelle mit Bezug von Produktgas aus einer
Maßnahmen würden zu keiner Kostendeckung füh- Gülle-Anlage kann sich mit 5,8 ct pro kWh an den der-
ren. Nur bei der Vergütung im KWK-Betrieb ist die zeitigen Tankstellenpreis von Erdgas annähern. Dieser
Anlage zur Zeit kostendeckend. wurde mit 0,71 € € /kg angenommen, dies entspricht
einem Preis pro kWh von ca. 5,4 ct. Unter den gegebe-
6.3.4 Kraftstofferzeugung nen Bedingungen könnte die Nutzung in einer schon
bestehenden Tankstelle bei der Gaserzeugung in einer
Die Bereitstellung von Energie in Form von Kraftstoff großen Gülle-Anlage wirtschaftlich sein, da sie dann
findet an Gastankstellen statt. Als Kraftstoff dient das unter dem derzeitigen Tankstellenpreis liegen.
aus verschiedenen Substraten und in unterschiedlich Die Sensitivität der Kraftstoff-Gestehungskosten
großen Anlagen erzeugte Produktgas. Für die Ermitt- wurden für den Fall ermittelt, dass Biogas aus einer
lung der Kraftstoffgestehungskosten werden nur die Biogasanlage mit NaWaRo-Vergärung und einem
Anlagen betrachtet, die zur Einspeisung von Biogas Volumenstrom von 250 Nm3/h bezogen wird. Die
konzipiert sind. Damit stehen acht Anlagen zum Ver- betrachteten Parameter beziehen sich auf die Betriebs-
gleich. Die Qualität des eingespeisten Gases wird stunden und die Investitionskosten der Tankstelle.
durch das DWW-Verfahren sicher gestellt und es ist Dazu erfolgt auch wieder die Variation der Kosten des
keine LPG-Zugabe notwendig. Biogasbezuges.
Die Kostenzusammenstellung beim Kraftstoff Der Einfluss der Investitionskosten und der
ergibt sich aus der benötigten Menge Produktgas und Betriebsstunden (Kraftstoffabgabe) ist mit 0,2 bis
den Kosten der Gastankstelle. Die Kosten der Tank- 0,4 ct/kWh nur sehr gering. Die Kosten des Biogases
stelle ergeben sich aus der Tabelle 6-10. Die ver- haben aufgrund ihres Anteils von 90 % an den Geste-
brauchsgebundenen Kosten beziehen sich dabei auf hungskosten starke Auswirkungen bei einer Kosten-
den angenommenen Durchsatz von 100 Nm3/h bei veränderung. Sinken die Biogaskosten, so fallen die
einer jährlichen Betriebszeit von 4.500 h. Bei dieser Gestehungskosten des Kraftstoffes im gleichen Maße.
159
Rechtliche Rahmen-
7 bedingungen 7
(Rechtsgutachten von
Prof. Dr. Jur. Stefan Klinski)
1. Bundestags-Drucksache (BT-Drs.) 15/5268 (= BR-Drs. 248/05). Die ursprüngliche Regierungsvorlage ist abgedruckt in BT-Drs. 15/3917.
160
Rechtliche Rahmenbedingungen
- die Klärung der Rechtslage für die Biogaseinspei- nach dem „System des verhandelten Netzzuganges“5
sung im Rahmen von § 8 des Erneuerbare-Ener- grundsätzlich Zugang zu ihren Netzen zu gewähren
gien-Gesetzes (EEG). haben, andererseits die Vorschrift des § 4a Abs. 2
Dabei sei vorab darauf hingewiesen, dass die Ausle- EnWG, welche die Netzbetreiber verpflichtet, diskri-
gung und Anwendung der technischen Vorschriften minierungsfreie Kompatibilitätsanforderungen für
zur Gasbeschaffenheit nicht zu den Gegenständen der den Netzanschluss festzulegen. Diese Vorschrift hat
rechtlichen Untersuchung zählt, sondern im Kontext folgenden Wortlaut:
des Projekts als Bestandteil der technischen Aufga-
benbereiche begriffen wird. „(2) Die Betreiber von Gasversorgungsnetzen sind
verpflichtet, für den Anschluss anderer Gasversor-
Redaktionelle Anmerkung zur Berücksichtigung gungsnetze an ihr Netz technische Vorschriften
mit Mindestanforderungen zur Auslegung und
der Novelle des EnWG
zum Betrieb sowie zur Interoperabilität festzule-
Da das Gesetzgebungsverfahren zum neuen gen und zu veröffentlichen. Zur Interoperabilität
EnWG zum Zeitpunkt der Endredaktion des juristi- gehören insbesondere technische Anschlussbedin-
schen Gutachtens Mitte Mai 2005 noch nicht abge- gungen und die Bedingungen für netzkompatible
schlossen war (der Bundesrat rief am 29. April 2005 Gasbeschaffenheiten unter Einschluss von Gas aus
den Vermittlungsausschuss an1), konnten die Ergeb- Biomasse. Diese Vorschriften müssen objektiv und
nichtdiskriminierend sein. Die Mindestanforde-
nisse des Gesetzgebungsverfahrens nicht mehr abge-
rungen sind der Europäischen Kommission mitzu-
wartet und eingearbeitet werden. Es war lediglich teilen.“
noch möglich, an den maßgebenden Stellen des Gut-
achtens die am 15. April 2005 verabschiedete Be- Dabei umfasst der Begriff „Gasversorgungsnetze“
schlussempfehlung des Bundestages zur Gesetzesno- sowohl Fernleitungs- als auch Verteilernetze mit ihren
velle2 zu berücksichtigen. jeweils erforderlichen Netzanlagen (siehe im Einzelnen
§ 2 Abs. 3 Satz 1 EnWG). Speicheranlagen gehören da-
bei zu Gasversorgungsnetzen, soweit sie „in technischer
7.2 Energiewirtschaftsrechtliche Hinsicht für den wirksamen Netzzugang erforderlich
Grundlagen sind“ (§ 2 Abs. 3 Satz 2 EnWG). Nicht zu den Gasver-
sorgungsnetzen zählen andererseits die „vorgelagerten
7.2.1 Ausgangslage auf Grundlage des Rohrnetze“, unter denen das Gesetz jedoch lediglich
bisherigen EnWG Rohranlagen versteht, die dazu verwendet werden,
Erdgas aus der Gewinnungsanlage zu einer Übergabe-
7.2.1.1 Das Regelungssystem für Anschluss und station zu befördern (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 4 EnWG).
Zugang zu Gasnetzen Das Gesetz unterscheidet im Übrigen zwischen
dem in § 4a EnWG geregelten „Anschluss“ und dem in
Das deutsche Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) ver- § 6a EnWG normierten „Zugang“. Während es beim
pflichtet die Betreiber von Gasversorgungsnetzen in Anschluss praktisch allein um die technische Verbin-
seiner derzeit noch gültigen Fassung3 grundsätzlich dung zum Netz geht (also darum, die technischen Zu-
dazu, die Einspeisung von Biogas in ihre Netze zu ge- gangsvoraussetzungen zu schaffen), ist mit dem
statten, soweit bestimmte Kompatibilitätsanforderun- Rechtsbegriff „Zugang“ das Zur-Verfügung-Stellen für
gen für die Gasbeschaffenheit eingehalten werden. Zwecke der Durchleitung angesprochen: Es geht also
Seit Mai 20034 befinden sich entsprechende ausdrück- allein um die Gewähr der Inanspruchnahme des Net-
liche Vorschriften im EnWG. zes zum Zwecke des Transports. Zur Durchleitung ist
Maßgebend ist insoweit einerseits die Bestimmung der Netzbetreiber grundsätzlich verpflichtet, er kann
des § 6a EnWG, nach dessen Vorgaben die Betreiber diese nur unter relativ engen Voraussetzungen aus-
von Gasversorgungsnetzen anderen Unternehmen nahmsweise ablehnen (vgl. § 6a Abs. 2 und 3 EnWG).6
161
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Einen irgendwie gearteten Abnahmeanspruch hat Rechnung gestellt werden“ (so Satz 1 der Vorschrift).
der Biogaserzeuger demnach nicht. Abnehmender Dies gilt (lediglich) nicht, soweit der Betreiber nach-
kann in diesem Regelungssystem nur ein Endkunde weist, dass ihm die Durchleitung aus betriebsbeding-
oder ein Unternehmen sein, welches das Biogas an ten oder sonstigen Gründen unter Berücksichtigung
Dritte liefert. Verfügt ein Biogaserzeuger über einen der Ziele des § 1 EnWG nicht möglich oder nicht zu-
eigenen vertraglichen Abnehmer, so kann entweder er mutbar ist (so Satz 2). Nach Maßgabe des Satzes 4
selbst oder dieser Abnehmer nach Maßgabe von § 6a wird schließlich die Erfüllung der Bedingungen der
EnWG beim Netzbetreiber die Durchleitung verlan- guten fachlichen Praxis bis Ende 2003 grundsätzlich4
gen. Hierfür darf der Netzbetreiber ein angemessenes vermutet, wenn die Verbändevereinbarung zum
Entgelt in Rechnung stellen („Netznutzungsentgelt“, Netzzugang bei Erdgas vom 3. Mai 20025 eingehalten
siehe dazu § 6a Abs. 2 EnWG). Für die Rolle desjeni- wird.
gen, der in diesem Sinne vom Netzbetreiber eine Damit rekurriert die Bestimmung auf die bereits
Transportleistung in Anspruch nehmen möchte, hat einige Zeit vor dem Inkrafttreten der Neuregelungen
sich der Begriff des „Transportkunden“ herausgebil- zwischen den vier Verbänden BDI, VIK, BGW und
det. VKU ausgehandelte VV Erdgas II, in der sich somit
Mit den 2003 ins EnWG eingefügten ausdrückli- rechtlich wie praktisch die entscheidenden Aussagen
chen Bestimmungen zur Öffnung der Gasversor- zur Zugänglichkeit der Netze für andere Marktteil-
gungsmärkte setzte die Bundesrepublik mit einer Ver- nehmer und Gasprodukte befinden.
spätung von fast drei Jahren die Erfordernisse aus der Hinsichtlich des Zugangs unterschiedlicher Gasar-
Richtlinie 98/30/EG betreffend gemeinsame Vor- ten zu den Netzen hebt die VV Erdgas II in ihren
schriften für den Erdgasbinnenmarkt1 um, die bereits Grundsätzen hervor, dass unterschiedliche Gasbe-
2003 durch die Richtlinie 2003/55/EG2 ersetzt wurde. schaffenheiten „kein grundsätzlicher Ablehnungs-
Wegen der verspäteten Umsetzung wurde Deutsch- grund für den Netzzugang sind“.6 Wegen der Einzel-
land im Jahr 2004 durch den Europäischen Gerichts- heiten wird insoweit auf die Anlage 1 „Kom-
hof (EuGH) ausdrücklich gerügt.3 patibilität“ verwiesen, nach der sich die Anforderun-
gen an die Gasbeschaffenheit wiederum aus den tech-
7.2.1.2 Kompatibilitätsanforderungen nischen Regeln des DVGW-Regelwerkes ergeben. Im
Übrigen unterscheidet die Anlage „Kompatibilität“
Die Entscheidung über die technischen Anforderun- zwischen zwei Fallvarianten:7
gen für den Anschluss an die Gasversorgungsnetze
hat der Gesetzgeber in § 4a Abs. 2 EnWG grundsätz- „1. Kompatibilität ohne zusätzliche Anglei-
lich in die Hände der Netzbetreiber gelegt (wobei er chungs- oder Umwandlungsmaßnahmen
sich vorbehalten hat, ggf. stattdessen Regelungen auf Die Kompatibilität des zum Transport vorgesehe-
nen Erdgases des Kunden im Sinne dieser Anlage
Verordnungsebene zu treffen, vgl. § 4a Abs. 3 EnEG).
ist gegeben, wenn der Kunde
Dabei hat er ihnen zur Auflage gemacht, ihre Rege-
lungen „objektiv“ und „nichtdiskriminierend“ auszu- - es mit einer Spezifikation zur Übergabe anstellt,
gestalten. die für den Transport des Erdgases zur Ausspei-
Hinsichtlich des Netzzugangs laufen die Regelun- sestelle keine im Vergleich zum bestehenden
gen auf dasselbe Ergebnis hinaus. Maßgebend ist in Zustand zusätzliche Angleichungs- oder Um-
dieser Hinsicht § 6a Absatz 2 EnWG. Danach müssen wandlungsmaßnahmen durch den Netzbetreiber
die vom Netzbetreiber aufgestellten Durchleitungsbe- an die jeweiligen Gegebenheiten und Verhält-
dingungen „guter fachlicher Praxis entsprechen“ und nisse in den relevanten Netzteilen erfordert (z. B.
dürfen „nicht ungünstiger sein, als sie von ihnen „in wenn die Erfordernisse nach G 260 und G 685
vergleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb ihres nicht verletzt werden) und
Unternehmens (…) tatsächlich oder kalkulatorisch in
162
Rechtliche Rahmenbedingungen
- es an der Einspeisestelle mit einem Druck an- Da Biogas als Rohgas diesen Anforderungen nicht
stellt, der es ermöglicht, das Gas ohne zusätzliche entspricht, bedarf es hierfür einer Aufbereitung.
Maßnahmen durch den Netzbetreiber ins Netz Der Einsatz von Biogas ist gemäß Nr. 4.4.2 des
zu übernehmen. Arbeitsblattes G 260 als Austauschgas (d. h. an
Die Nämlichkeit des Gases braucht bei der Aus- Stelle von sog. Grundgas) allgemein gestattet, wenn
speisung nicht gewahrt zu werden. es so aufbereitet worden ist, dass die für Erdgase
2. Herstellung der Kompatibilität durch Anglei- üblichen Beschaffenheitsanforderungen eingehal-
chungs- oder Umwandlungsmaßnahmen ten werden. Maßgebend ist insoweit Tabelle 3 des
Ist die Kompatibilität des zu transportierenden Arbeitsblattes G 260 (abgedruckt im Anhang zu
Erdgases des Kunden im Sinne dieser Anlage aus dieser Ausarbeitung).3 In Betracht kommt ein Ein-
Sicht des Netzbetreibers nicht gegeben, wird dies
satz von Biogas außerdem als Zusatzgas zur Kondi-
dem Kunden gegenüber begründet bzw. nachge-
wiesen. Der Netzbetreiber wird in diesem Fall tionierung gemäß Nr. 4.3 des Arbeitsblattes G 260.
soweit möglich dem Kunden ein Angebot zur Her- - Arbeitsblatt G 6854 beschreibt zusätzliche Anfor-
stellung der Kompatibilität und zu dem dafür zu derungen an die Gasbeschaffenheit im Hinblick auf
zahlenden angemessenen und wettbewerbsfähi- das Erfordernis der einheitlichen Abrechenbarkeit.
gen Preis unterbreiten, um den Transport des Erd- Unter anderem wird festgelegt, dass in einem
gases zu ermöglichen. Ist ihm ein solches Angebot
Abrechnungszeitraum und innerhalb eines Versor-
nicht möglich, wird der Netzbetreiber dem Kun-
den auf dessen Wunsch die Hinderungsgründe gungsgebietes der Brennwert nicht um mehr als
erläutern. Bei Meinungsverschiedenheiten über 2 % schwanken darf.5
diesbezügliche Kompatibilitätsfragen kann die Eine gewisse Bedeutung hat insofern außerdem das
Schlichtungsstelle gemäß Ziffer 7 VV angerufen speziell für Biogas sowie für Klär- und Deponiegas
werden.“
entwickelte Arbeitsblatt G 2626. Allerdings verweist
Praktisch laufen die Bestimmungen damit darauf dieses hinsichtlich der Voraussetzungen für eine Ein-
hinaus, dass es der Sache nach darauf ankommt, ob speisung in Netze der öffentlichen Gasversorgung
der Erzeuger (ggf. durch vorgeschaltete Aufberei- wiederum auf die Anforderungen des Blattes G 260.7
tung) sicherstellt, dass das Gas erstens den Beschaf- In dieser Hinsicht ergeben sich aus dem G 262 ledig-
fenheitsanforderungen der beiden DVGW-Regeln lich erläuternde Hinweise auf die erforderlichen Maß-
G 260 und 685 entspricht und zweitens mit einem ge- nahmen zur Aufbereitung sowie einige Konkretisie-
nügenden Druck bereitgestellt wird, so dass das Gas rungen hinsichtlich der notwendigen Verdichtung
ohne weiteres ins Netz übernommen werden kann. In (um den erforderlichen Druck herzustellen).8 Im Übri-
diesem Falle besteht ein Anspruch des Erzeugers auf gen weist das Arbeitsblatt auf das Erfordernis einer
Zugang zum Netz. Ist die Einhaltung der genannten Odorierung nach Maßgabe des weiteren Arbeitsblat-
Kriterien jedoch nicht sichergestellt, so kommt es nach tes G 280-1 hin.9
Maßgabe der Ziffer 2 zu einer Verhandlungssituation
zwischen Erzeuger (bzw. dem betreffenden Transport- 7.2.1.3 Würdigung der Regelungen
kunden) und dem Netzbetreiber.1
Die technischen Maßstäbe für die Beschaffenheits- In Bezug auf die für die Einspeisung von Biogas erfor-
anforderungen ergeben sich somit aus den DVGW- derliche Gasbeschaffenheit ergeben sich aus den vor-
Arbeitsblättern G 260 und G 685: liegenden Vorschriften und Regeln keine grundlegen-
- Im Arbeitsblatt G 2602 werden die stofflichen den Zweifel. Die Regeln führen zu klaren Ergeb-
Beschaffenheitsanforderungen (insb. Brennwert, nissen. Ob sie damit auch in der Sache als angemessen
Zusammensetzung usw.) an für die öffentliche Gas- anzusehen sind, ist eine andere – hier nicht zu beant-
versorgung verwendete Gase zusammengestellt. wortende – Frage. Jedenfalls wird das hinter den Re-
1. Vgl. zum Ganzen auch Friedrichs/ Hartmann/ Kaesler/ Zingrefe: Biogas – Möglichkeiten und Voraussetzungen der Einspeisung in
die Netze der öffentlichen Gasversorgung, in: Gas-Erdgas 144 (2003) Nr. 1, S. 59, 62 ff.
2. Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW): Arbeitsblatt G 260 „Gasbeschaffenheit“, Bonn 2000.
3. DVGW-Arbeitsblatt G 260, S. 16.
4. DVGW: Arbeitsblatt G 685 „Gasabrechnung“, Bonn 1993.
5. Vgl. Schulz (Bremer Energieinstitut), Untersuchung zur Aufbereitung von Biogas zur Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten
(Aktualisierung 2004), S. 11.
6. DVGW: Arbeitsblatt G 262 „Nutzung von regenerativ erzeugten Gasen“, Bonn 2004.
7. DVGW-Arbeitsblatt G 262, Nr. 1 (S. 5) sowie Nr. 4.1.1 (S. 8.).
8. DVGW-Arbeitsblatt G 262 Nr. 4.1.1 und 4.1.3 (S. 8 f.)
9. DVGW-Arbeitsblatt G 262, Nr. 4.1.2 (S. 8).
163
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
gelungen stehende Konzept deutlich: Biogas ist vor lässt sich den Anforderungen der VV Erdgas II im Üb-
der Einspeisung derart aufzubereiten, dass es den rigen nicht entnehmen. Letzteres könnte zwar unter
technisch wesentlichen Beschaffenheitsmerkmalen dem Aspekt in Frage gestellt werden, dass die Anfor-
des in dem jeweiligen Netz verwendeten Erdgases derungen an die Biogaseinspeisung verhältnismäßig
entspricht. Die Verantwortlichkeit für die Einhaltung hoch gesteckt sind (und sich für die Erzeuger daher
liegt bei dem Gaserzeuger bzw. dem betreffenden als wirtschaftlich belastend darstellen). Zu bedenken
Transportkunden. Abweichendes ist nicht ausge- ist jedoch, dass die Richtlinie 98/30/EG keinen Hin-
schlossen, bedarf aber gegebenenfalls der Aushand- weis darauf enthält, dass die Einspeisung von Biogas
lung im Einzelfall. gegenüber den für andere Gase geltenden Bedingun-
Gegen die Rechtmäßigkeit dieses inhaltlichen Kon- gen bevorzugt oder durch spezielle Maßnahmen ge-
zepts bestehen keine Bedenken. Insbesondere ergeben zielt erleichtert werden sollte. Vor diesem Hinter-
sich solche nicht aus den übergeordneten Vorgaben des grund dürfte die schlichte Forderung nach Einhaltung
europäischen Gemeinschaftsrechts. Die Vorschriften der üblichen Beschaffenheitsanforderungen – auf die
der §§ 4a und 6a EnWG dienen der Umsetzung einer sich die Regelungen in ihrem Kern reduzieren lassen –
Reihe von Bestimmungen der Richtlinie 98/30/EG. So nicht als diskriminierend anzusehen sein. Eine indi-
verlangt die Richtlinie von den Mitgliedstaaten in rekte Bestätigung hierfür findet sich nunmehr in der
Art. 5, dafür Sorge zu tragen, dass die Netzbetreiber für Nachfolgerichtlinie 2003/55/EG, in deren Artikel 1
den Anschluss der Anlagen an ihre Netze technische Abs. 2 es ausdrücklich heißt, Biogase seine in den An-
Vorschriften schaffen, welche die „Interoperabilität“ wendungsbereich der Richtlinie einbezogen, „soweit
sicherstellen sowie „transparent“ und „nichtdiskrimi- es technisch und ohne Beeinträchtigung der Sicherheit
nierend“ sind. Gemäß Art. 7 Abs. 2 bzw. 11 Abs. 2 der möglich ist, diese Gase in das Erdgasnetz einzuspei-
Richtlinie hat der jeweilige Netzbetreiber hinsichtlich sen und durch dieses Netz zu transportieren“.3
des Netzzugangs „jegliche diskriminierende Behand- Eine andere Frage ist, ob und inwieweit die in § 6a
lung von Netzbenutzern oder Kategorien von Netzbe- EnWG angewandte Regelungstechnik des Verweises
nutzern, insbesondere zugunsten seiner verbundenen auf eine nicht näher spezifizierte „gute fachliche Pra-
Unternehmen“ zu unterlassen. xis“ und der ausdrücklichen Bezugnahme auf die VV
Die speziellen Regelungen für Biogas in der VV Erdgas II in Gestalt einer gesetzlichen Vermutungsre-
Erdgas II sowie in den von dieser in Bezug genomme- gelung einerseits auf geeignete Weise das von der zu-
nen DVGW-Arbeitsblättern dürften in dieser Hinsicht grunde liegenden EG-Richtlinie intendierte Funktio-
als transparent anzusehen sein. Sie gewährleisten – je- nieren des Wettbewerbs im Gasmarkt sicherstellen
denfalls in dieser Hinsicht – auch die geforderte Inter- kann4 und andererseits den verfassungsrechtlichen
operabilität, indem sie gleichartige Anforderungen an Anforderungen an die Bestimmtheit genügt.5 Eine ge-
die Inanspruchnahme der Netze stellen, so dass ein wisse Bestätigung erhalten solcherart Bedenken aus
Transport über die jeweiligen Netzgrenzen hinaus si- dem anwendungspraktischen Blickwinkel, wenn be-
chergestellt ist.1 Kritisch ist allerdings hinsichtlich der richtet wird, dass die Netzbetreiber die Umsetzung
Transparenz- und Interoperabilitätsforderung anzu- des DVGW-Regelwerkes im Hinblick auf Biogas be-
merken, dass die VV Erdgas II keine klaren Maßstäbe hinderten.6 Gleichwohl soll dieser rechtlichen Frage
zur Preisgestaltung für die Durchleitung erkennen hier nicht weiter nachgegangen werden, zumal das
lässt.2 Problem unter dem Eindruck der zwischenzeitlich ge-
Ein spezifisch Dritte (seien es Biogaserzeuger oder änderten EG-rechtlichen Rahmenbedingungen vor-
andere Unternehmen) benachteiligendes Moment übergehender Natur ist.
1. Theobald spricht zur Erläuterung des Begriffes „Interoperabilität“ in diesem Sinne etwa von dem „Zusammenwirken der Netze“
(siehe in: Danner/ Theobald: Energiewirtschaftsrecht, § 4a EnWG Rdnr. 3).
2. Kritisch auch Schulz, (Bremer Energieinstitut), Untersuchung zur Aufbereitung von Biogas zur Erweiterung der Nutzungsmöglichkei-
ten (Aktualisierung 2004), S. 16.
3. Vgl. auch Theobald, in: Danner/ Theobald: Energiewirtschaftsrecht, § 4a Rdnr. 13.
4. Kritisch Theobald, in: Schneider/ Theobald, Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, § 1 Rdnr. 104 ff., insb. 110.
5. Eingehend Theobald, in: Danner/Theobald: Energiewirtschaftsrecht, § 6a Rdnr. 32 ff. m.w.N.
6. So Schulz (Bremer Energieinstitut), Untersuchung zur Aufbereitung von Biogas zur Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten (Aktua-
lisierung 2004), S. 18 unter Bezugnahme auf Äußerungen aus dem Fachverband Biogas e.V.
164
Rechtliche Rahmenbedingungen
7.2.2 Änderungen der Rechtslage Der hierzu vorliegende Entwurf der Bundesregierung
zu einem 2. Gesetz über die Neuregelung des Energie-
7.2.2.1 Die Vorgaben der Gasrichtlinie – wirtschaftsrechts5 (EnWG-NeuregG-E) sieht hierfür
konzeptionelle Konturen eine Ausweitung des Zuständigkeitsbereiches der Re-
gulierungsbehörde für Telekommunikation und Post
Mit der im Juli 2003 im „Paket“ mit der novellierten (RegTP) vor.
Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie1 verabschiedeten Der Wechsel zum regulierten Netzzugang betrifft
neuen Gasrichtlinie 2003/55/EG betritt die Europä- aber darüber hinaus auch den Bereich der sachlichen
sche Union eine weitere Stufe der Marktliberalisie- Anforderungen an den Netzzugang. Auch diese sind
rung im Gassektor. Die EU-Kommission sah sich be- gemäß Art. 25 Abs. 2 der RL 2003/55/EG Gegenstand
reits im Jahr 2001 zur Vorbereitung dieses Schrittes der Kontrolle durch die Regulierungsbehörde. Von
veranlasst, weil einerseits einige Länder ihre Gas- daher bleibt für eine mehr oder weniger bindende De-
märkte bereits relativ schnell in recht weitem Umfang legation der Rechtssetzung über die sachlichen Netz-
geöffnet hatten und sich auf der anderen Seite ab- zugangsbedingungen an eine Verbändevereinbarung
zeichnete, dass andere Länder mit der Liberalisierung – wie sie das bisherige EnWG vorsieht – kein Raum.
sehr zögerlich umgehen (unter anderem Deutsch- Abgesehen von Fällen der Nichteinhaltung der durch
land). Um eine zunehmende Diskrepanz des Marktge- „ordentliche“ Rechtvorschrift geregelten Zugangsbe-
schehens in den verschiedenen Mitgliedstaaten zu dingungen darf der Netzzugang nach Maßgabe von
verhindern, entschloss man sich, konzeptionell erheb- Art. 21 der RL 2003/55/EG nur unter sehr einge-
lich klarere Konturen für den Fortgang der Liberali- schränkten Bedingungen verweigert werden: nur, so-
sierung vorzugeben.2 weit der Netzbetreiber nicht über die nötige Kapazität
Zu den wesentlichen konzeptionellen Bestandtei- verfügt, entgegenstehende langfristige Lieferverträge
len der Reform gehört neben einer weit gehenden bestehen oder der Netzzugang den Netzbetreiber
Ausdehnung der Forderung nach Entflechtung (Un- daran hindern würde, ihm nach Maßgabe von Art. 3
bundling) der Gasversorgungsunternehmen (vgl. Abs. 2 der Richtlinie auferlegte gemeinwirtschaftliche
Art. 17 der RL 2003/55/EG)3 die eindeutige Entschei- Verpflichtungen zu erfüllen. Auf den letztgenannten
dung für das Modell des sog. regulierten Netzzugan- Aspekt wird unten noch zurückzukommen sein (siehe
ges. Während die alte Richtlinie den Mitgliedstaaten Kap. 3.2).
noch ein Wahlrecht zugunsten des Modells des „ver- Von relativ großer Bedeutung ist speziell im Hin-
handelten Netzzuganges“ gab, legt sie sich nunmehr blick auf Biogas im Übrigen, dass die neue Gasrichtli-
auf die andere Alternative fest. Damit entspricht sie nie nunmehr Biogas ausdrücklich in ihren Anwen-
der eingeleiteten Praxis in der großen Mehrzahl der dungsbereich einbezieht. So heißt es in Art. 1 Abs. 2
Mitgliedstaaten. Für Deutschland bringt dies einen der Richtlinie 2003/55/EG:
Systemwechsel mit sich, der eine grundlegende Um-
gestaltung des hiesigen Energiewirtschaftsrechts be- „Die mit dieser Richtlinie erlassenen Vorschriften
dingt.4 für Erdgas (…) gelten auch für Biogas und Gas aus
Praktisch bedeutet das, dass in Deutschland entge- Biomasse oder anderen Gasarten, soweit es tech-
nisch und ohne Beeinträchtigung der Sicherheit
gen der bisherigen Praxis ein System vorab festgeleg-
möglich ist, diese Gase in das Erdgasnetz einzu-
ter Tarife bzw. Methoden der Tarifbestimmung einge- speisen und durch dieses Netz zu transportieren.“
führt wird, bei dem die Tarife einer behördlichen
Kontrolle unterliegen (vgl. Art. 18 der RL Damit ist auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene ex-
2003/55/EG). In der Konsequenz muss eine Regulie- plizit anerkannt, dass auch die Anbieter von Biogas
rungsbehörde geschaffen werden, die über diese An- nach den Maßgaben der Richtlinie freien Zugang zum
forderungen wacht (vgl. Art. 25 der RL 2003/55/EG). Gasmarkt in der Europäischen Union beanspruchen
1. Richtlinie 2003/54/EG vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der
Richtlinie 96/62/EG, ABl. EG Nr. L 176, S. 137.
2. Vgl. EU-Kommission, Drs. KOM(2001) 125 endg. vom 13.03.2001, S. 6 ff.
3. Vgl. Neveling, in: Danner/ Theobald, Energiewirtschaftsrecht, Kommentierung Europäisches Energierecht Rdnr. 464 ff.
4. Eingehend zum Ganzen Schneider/ Prater: Das europäische Energierecht im Wandel, RdE 2004, S. 57, 60 ff.; ferner Neverling, a.a.O.
Rdnr. 470 ff.
5. Siehe im Einzelnen den ursprünglichen Regierungsentwurf in BT-Drs. 15/3917, welcher durch den Bundestag mittlerweile in geänder-
ter Form angenommen wurde (verabschiedete Beschlussempfehlung in BT-Drs. 15/5268 = BR-Drs. 248/05). Gegen die Beschlussfas-
sung erhob der Bundesrat allerdings grundlegende Bedenken, so dass sie zunächst an den Vermittlungsausschuss überwiesen wurde,
vgl. BR-Drs. 248/05 (Beschluss).
165
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
können. Allerdings ist zu beachten, dass Biogas damit desrat als vermittlungsbedürftig angesehenen Punk-
nur als gleichberechtigt anerkannt ist, also nicht zu- ten zählt jedoch der gesamte Komplex der Rege-
gleich ein Vorrang für Biogas ausgesprochen wird. lungen zum Netzzugang. Von daher muss in allen
diesen Bereich betreffenden Fragen noch mit Ände-
7.2.2.2 Relevante Neuerungen im deutschen rungen gerechnet werden.
Energiewirtschaftsrecht Die folgenden Ausführungen skizzieren die In-
halte der Gesetz- und Verordnungsentwürfe nur rela-
Vorbemerkung zum aktuellen Stand des Gesetz- tiv grob. Eine detaillierte Auswertung der aktuellen
gebungsverfahrens Gesetzesmaterialien war in dem engen zur Verfügung
Gegenwärtig (Endredaktion des juristischen Teils: stehenden Zeitraum von ca. zwei Wochen Bearbei-
17. Mai 2005) befindet sich das deutsche Energiewirt- tungszeit zwischen der Veröffentlichung der jüngsten
schaftsgesetz (EnWG) als das zentrale Rechtsinstru- maßgebenden Dokumente und der Endfassung des
ment zur Regulierung auch der Gaswirtschaft auf Gutachtens nicht mehr möglich. In Anbetracht des
Grund der Anforderungen aus den EG-Richtlinien noch offenen Vermittlungsverfahrens kann zudem oh-
2003/54/EG und 2003/55/EG in einem grundlegen- nehin nicht sicher damit gerechnet werden, dass alle
den Novellierungsverfahren. Der hierzu von der Bun- Einzelvorschläge das Gesetz- und Verordnungsge-
desregierung im Oktober 2004 vorgelegte Gesetzent- bungsverfahren unverändert überstehen. Auch von
wurf eines neuen EnWG1 wurde im Gesetz- daher erschien es auch in der Sache nicht sinnvoll,
gebungsverfahren wegen diverser Änderungswün- sämtliche Regelungen und Vorschläge aus den Ent-
sche einerseits des Bundesrates2 sowie andererseits würfen zum jetzigen Zeitpunkt einer juristischen De-
aus den Reihen des Parlaments einigen wesentlichen tailprüfung zu unterziehen.
Änderungen unterzogen. Am 15. April 2005 verab-
schiedete der Bundestag die Regierungsvorlage in ei- Grundsatz: gleichberechtigter Netzzugang für Biogas
ner entsprechend modifizierten Fassung.3 Der Bun- Die Forderung der Gasrichtlinie nach grundsätzlich
desrat erhob jedoch weiterhin zum Teil schwer gleichberechtigtem Netzzugang für Biogas bringt für
wiegende Bedenken und rief am 29. April 2005 den das deutsche Energiewirtschaftsrecht keine unmittel-
Vermittlungsausschuss an.4 baren Neuerungen mit sich. § 4a EnWG enthält in der
Parallel zum Gesetzgebungsverfahren für das heute gültigen Fassung ohnehin bereits eine Vor-
neue EnWG erfolgten die ministeriellen Abstimmun- schrift mit vergleichbarer Bedeutung. Die dort ver-
gen für den Erlass der wichtigsten untergesetzlichen wendete Formulierung findet sich in der Substanz
Regelungen, so dass die Regierung dem Bundesrat weitgehend unverändert unter der Überschrift „tech-
praktisch zeitlich mit der Beschlussvorlage des Bun- nische Vorschriften“ in § 19 Abs. 3 des Gesetzent-
destages für das neue EnWG die Regierungsentwürfe wurfs zum neuen EnWG wieder. Benutzt wird in die-
für die Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV)5 und sem Zusammenhang allerdings die oben zitierte
die Gasnetzentgeltverordnung (GasNEV)6 zuleiten Formulierung der neuen Gasrichtlinie, in der es ein-
konnte. schränkend heißt: „(…) soweit es technisch und ohne
Der Ausgang des Gesetzgebungsverfahrens so- Beeinträchtigung der Sicherheit möglich ist (…)“. 7
wie der Verfahren zu den das Gesetz konkretisieren- Gewisse mittelbar positive Auswirkungen können
den Verordnungen ist zum Zeitpunkt der Abfassung sich andererseits – jedenfalls möglicherweise – aus
dieses Textes noch offen, so dass nicht sicher davon dem in der Novellierung angelegten Übergang zu ei-
ausgegangen werden kann, dass die hier betrachteten nem regulierten Netzzugangssystem erweisen. Die
Regelungen der Entwürfe in allen Details geltendes VV Erdgas II wird damit ihre bisherige Rangstellung
Recht werden. In den meisten Punkten – insbesondere als Quasi-Rechtsvorschrift für den Netzzugang verlie-
was die Gleichberechtigung des Netzzugangs und die ren. Konkret lassen sich die Auswirkungen des neuen
Gasbeschaffenheit betrifft – sind zwar keine substan- Systems allerdings noch nicht in allen Details sicher
ziellen Änderungen zu erwarten. Zu den vom Bun- abschätzen. Offen ist vor allem, ob der Zugang zu den
1. BT-Drs. 15/3917.
2. Vgl. die umfangreiche Stellungnahme des Bundesrates in BT-Drs. 15/3917, S. 78 ff.
3. BT-Drs. 15/5268 = BR-Drs. 248/05.
4. Vgl. BR-Drs. 248/05 (Beschluss).
5. BR-Drs. 246/05.
6. BR-Drs. 247/05.
7. BT-Drs. 15/3917, S. 16 sowie S. 59 (Begründung) sowie BT-Drs. 15/5268, S. 30.
166
Rechtliche Rahmenbedingungen
Netzen damit praktisch deutlich einfacher wird. Das der Berechnung und Ausweisung von technischen
wird maßgeblich vom Ausgang des Vermittlungsver- Kapazitäten mit dem Ziel zusammenzuarbeiten, in
fahrens zwischen Bundestag und Bundesrat zum möglichst hohem Umfang aufeinander abgestimmte
Kapazitäten in den miteinander verbundenen Net-
neuen EnWG sowie von den darauf basierenden end-
zen ausweisen zu können. Sie sind darüber hinaus
gültigen Regelungen der GasNZV abhängen. verpflichtet, Transportkunden das Vertragsmanage-
Die Ausgangsvorschrift für den Netzzugang (im ment für fremde Netze, die Transportkunden als
Strom- wie im Gasbereich) befindet sich unter der Bestandteil einer Transportkette in Verbindung mit
Überschrift „Zugang zu den Energieversorgungsnet- ihrem Netz nutzen wollen, anzubieten. Bei einem
zen“ in § 20 Abs. 1 des Gesetzentwurfs zum neuen Wechsel des Gaslieferanten kann der neue Gasliefe-
rant vom bisherigen Gaslieferanten die Übertragung
EnWG. Dort heißt es:1
der für die Versorgung des Kunden erforderlichen,
vom bisherigen Gaslieferanten gebuchten Ein- und
„Betreiber von Energieversorgungsnetzen haben Ausspeisekapazitäten verlangen, wenn ihm die Ver-
jedermann nach sachlich gerechtfertigen Kriterien sorgung des Kunden entsprechend der von ihm ein-
diskriminierungsfrei Netzzugang zu gewähren gegangenen Lieferverpflichtung ansonsten nicht
sowie die Bedingungen, einschließlich Musterver- möglich ist und er dies gegenüber dem bisherigen
träge, und Entgelte für diesen Netzzugang im Gaslieferanten begründet. Betreiber von Fernlei-
Internet zu veröffentlichen. Sie haben in dem tungsnetzen sind verpflichtet, die Rechte an gebuch-
Umfang zusammenzuarbeiten, der erforderlich ist, ten Kapazitäten so auszugestalten, dass sie den
um einen effizienten Netzzugang zu gewährleis- Transportkunden berechtigen, Gas an jedem Ein-
ten. Sie haben ferner den Netznutzern die für speisepunkt für die Ausspeisung an jedem Ausspei-
einen effizienten Netzzugang erforderlichen Infor- sepunkt ihres Netzes oder, bei dauerhaften Eng-
mationen zur Verfügung zu stellen.“ pässen, eines Teilnetzes bereitzustellen (Entry-
Exit-System). Betreiber eines örtlichen Verteilernet-
Speziell für den Bereich der Gasversorgung soll zes haben nach Maßgabe einer Rechtsverordnung
der Grundsatz des § 20 Abs. 1 EnWG nach den Vor- über den Zugang zu Gasversorgungsnetzen den
stellungen des Bundestages durch einen weiteren Ab- Netzzugang durch Übernahme des Gases an Ein-
satz 1b) ergänzt werden. Der insoweit gegenüber dem speisepunkten ihrer Netze für alle angeschlossenen
ursprünglichen Regierungsentwurf ergänzte Gesetz- Ausspeisepunkte zu gewähren.“
entwurf2 sieht hierfür folgenden Wortlaut vor:3 Gemäß § 21 des Gesetzentwurfs sollen die Netzbe-
treiber verpflichtet werden, die Nutzung ihrer Netze zu
„Zur Ausgestaltung des Zugangs zu den Gasversor- angemessenen Bedingungen und Entgelten anzubieten.4
gungsnetzen müssen Betreiber von Gasversor- Im Einzelnen sollen die Anforderungen an die Ge-
gungsnetzen Einspeise- und Ausspeisekapazitäten währleistung des Netzzugangs sowie an die Bedingun-
anbieten, die den Netzzugang ohne Festlegung
gen und Entgelte für Leistungen der Netzbetreiber den
eines transaktionsabhängigen Transportpfades er-
möglichen und unabhängig voneinander nutzbar nach § 24 des Gesetzentwurfs ergehenden Verordnun-
und handelbar sind. Betreiber von Gasversorgungs- gen über den Gasnetzzugang (GasNZV) bzw. über die
netzen sind verpflichtet, bei der Berechnung von Gasnetzentgelte (GasNEV) überantwortet werden.
Kapazitäten, dem Angebot von Kapazitäten und der Im Zentrum des § 20 Abs. 1b) EnWG-E steht das
Erbringung von Systemdienstleistungen insbeson- sog. „Entry-Exit-Modell“. Das Modell soll es den
dere mit dem Ziel zusammen zu arbeiten, den Netz-
Transportkunden ermöglichen, bei den jeweiligen
zugang zu vereinfachen und zu beschleunigen. Sie
haben unter Berücksichtigung von technischen Ein- Netzbetreibern Kapazitätsrechte für den Transport
schränkungen und wirtschaftlicher Zumutbarkeit zwischen festgelegten Ein- und Ausspeisepunkten
alle Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Netz- ohne die Festlegung auf einen bestimmten Transport-
betreibern auszuschöpfen, mit dem Ziel, die Zahl pfad zu buchen und ohne das Erfordernis zusätzlicher
der Netze oder Teilnetze sowie der Bilanzzonen
hydraulischer Prüfungen zu nutzen5. Dabei gestattet
möglichst gering zu halten. Betreiber von über Netz-
kopplungspunkte verbundenen Netzen haben bei der Gesetzentwurf den Netzbetreibern auch die Bil-
1. So § 20 Abs. 1 i.d.F. der Beschlussempfehlung des Bundestages, BT-Drs. 15/5268, S. 28. Nähere Erwägungen zur Begründung in
BT-Drs. 15/3917, S. 59 f.
2. Im ursprünglichen Regierungsentwurf befand sich diese Regelung noch nicht (vgl. BT-Drs. 15/3917, S. 16 f.). Entsprechende Regelungen
waren ursprünglich nur auf Verordnungsebene vorgesehen (vgl. den Referentenentwurf des BMWA zur GasNZV vom 18.10.2004, S. 29 ff.).
3. Vgl. BT-Drs. 15/5268, S. 31 (Text) und S. 119 (Begründung), wo allerdings nur auf die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung zum EnWG
bereits vorliegenden Entwürfe zur GasNZV und zur GasNEV verwiesen wird.
4. Vgl. BT-Drs. 15/3917, S. 60
5. Vgl. BT-Drs. 15/5268, S. 31. Im ursprünglichen Gesetzentwurf fand sich hierauf zunächst nur ein Hinweis in der Begründung (vgl.
BT-Drs. 15/3917, S. 62), auf die in der Gasnetzzugangsverordnung Bezug genommen werden sollte.
167
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
dung von Teilnetzen.1 Der Entwurf zur Gasnetzzu- Systemdienstleistungen des Netzbetreibers betrachtet
gangsverordnung konkretisiert hierzu die Ausgestal- wird, der über die allgemeinen Netzentgelte abgegol-
tungsmerkmale (vgl. § 3 ff. GasNZV-E).2 Dort soll ten werden kann.5 Speziell für Biogas-Transportkun-
unter anderem auch klargestellt werden, dass es auf den ist eine Verpflichtung zum Angebot eines erwei-
die Nämlichkeit des jeweils ein- und ausgespeisten terten Bilanzausgleichs für den Zeitraum von 12
Gases nicht ankommt (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 2 Gas- Monaten vorgesehen, der (als seinerseits gesondert
NZV-E). zu vergütende Leistung) von den Netzbetreibern
Zur Erläuterung:3 Den Netzbetreibern kommt in „diskriminierungsfrei“ angeboten werden soll (vgl.
einem derartigen System ausschließlich die Funktion § 34 GasNZV-E).6
zu, ihr Netz für Transportleistungen zur Verfügung zu Der Gedanke des „Entry-Exit-Modells“ wird im
stellen. Ihnen angebotenes Gas nehmen sie nicht als Allgemeinen für eine gute Grundlage gehalten, weil
Kunden ab, sondern lediglich als Transporteure. Wer er ein hohes Maß an Flexibilität bietet. Als problema-
Biogas in ein Gasnetz einspeisen will, muss sich hier- tisch könnte sich dabei aber – auch aus der Perspek-
für folglich einen „echten“ Abnehmer suchen, der das tive der Anbieter von Biogas – erweisen, dass ange-
Gas an einem festgelegten Ausspeisepunkt des jewei- sichts der geringen Größe vieler örtlicher Ver-
ligen Netzes übernehmen kann. Dies kann ein Ver- sorgungsnetze und der in der von Bundestag be-
brauchskunde sein oder ein im Gashandel tätiges Un- schlossenen Fassung des EnWG-E vorgesehenen
ternehmen (auch etwa die Handelsabteilung des das Möglichkeit der Bildung von Teilnetzen mit einem re-
Netz selbst betreibenden Unternehmens). Gewährt lativ kleinteiligen Gesamtgebilde von Entry-Exit-Zo-
ein Netzbetreiber im Rechtssinne „Zugang“ zu sei- nen zu rechnen ist, so dass der Transaktionsaufwand
nem Netz, so nimmt er damit das Gas nicht als an ihn für die Versorgung von Endkunden in entfernteren
gerichtete „Lieferung“ durch den Netzbetreiber ab, Gebieten relativ groß sein kann.7
sondern als durch ihn an Dritte weiter zu leitende Eine gegenüber dem bisherigen Recht positive
Ware. Wer mit einem Netzbetreiber Transportleistun- Fortentwicklung ist im Übrigen für den Anspruch auf
gen vereinbaren möchte, tritt insoweit als „Transport- Speicherzugang zu vermerken. Gemäß § 28 Abs. 1
kunde“ auf. Als Transportkunden sollen sowohl Gas- des Regierungsentwurfs zum neuen EnWG8 ist in An-
lieferanten als auch Händler und Letztverbraucher knüpfung an Art. 19 der EG-Gasrichtlinie vorgesehen,
Verträge schließen können (vgl. § 3 Nr. 31a EnWG-E dass grundsätzlich auch ein diskriminierungsfreier
in der Fassung der Beschlussempfehlung des Bundes- Anspruch auf Zugang zu Speicheranlagen besteht.
tages).4 Zwar soll dieser Vorrang nach dem Wortlaut der Vor-
Die Funktionsweise des Entry-Exit-Modells soll schrift beschränkt sein auf Fälle, in denen der Zugang
nach dem Entwurf der GasNZV unter anderem da- zum Speicher „für einen effizienten Netzzugang im
durch abgesichert werden, dass die Netzbetreiber Hinblick auf die Belieferung der Kunden technisch
verpflichtet werden, ihren Transportkunden inner- oder wirtschaftlich erforderlich ist“. Daraus darf aber
halb bestimmter Toleranzen einen Ausgleich für Ab- nicht geschlossen werden, der Speicherbetreiber habe
weichungen von den jeweils gebuchten Ein- und hier einen großen Ablehnungsspielraum. Als „wirt-
Ausspeisemengen anzubieten (sog. Basisbilanzaus- schaftlich erforderlich“ dürfte nämlich insbesondere
gleich, vgl. im Einzelnen §§ 26 f., insb. § 30 Gas- ein Speicherzugang zum Ausgleich von saisonalen
NZV-E). Der Basisbilanzausgleich soll grundsätzlich Schwankungen anzusehen sein.9
aus der Netzpufferung bereitgestellt werden. Eine ge-
sonderte Vergütung ist nicht vorgesehen, da der Ba-
sisbilanzausgleich als Bestandteil der notwendigen
1. Kritisch hierzu einige Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren, vgl. BT-Drs. 15/5268, S. 106 ff.
2. Vgl. BR-Drs. 246/05, S. 9 ff. sowie zur Begründung S. 35 ff.
3. Siehe zum Ganzen die eingehenden Erläuterungen im GasNZV-E, BR-Drs. 246/05, S. 36 ff.
4. § 2 Nr. 25 des Referentenentwurfs des BMWA zur GasNZV sah noch vor, dass Haushaltskunden nicht als Transportkunden auftreten
dürfen. Hieran soll offenbar nicht mehr festgehalten werden (vgl. BR-Drs. 246/05, S. 35).
5. Vgl. BR-Drs. 246/05, S. 21 ff. sowie S. 51 f. (Begründung).
6. Vgl. BR-Drs. 246/05, S. 24 sowie S. 54 (Begründung).
7. Kritisch zum Ganzen Däuper, in: Infrastrukturrecht 2004, S. 253 f.; in diese Richtung auch einige kritische Äußerungen in den Anhö-
rungen des Bundestages, vgl. BT-Drs. 15/5268, S. 106 ff.
8. Vgl. BT-Drs. 15/5268, S. 41.
9. So einleuchtend Neveling/ Theobald: Aktuelle Entwicklungen des europäischen Energiehandels, in: EuZW 2002, S. 106, 109. Siehe fer-
ner die Begründung des Kommissionsvorschlags zur Novellierung der Gasrichtlinie: KOM(2001) 125 endg., S. 42 Fn. 7.
168
Rechtliche Rahmenbedingungen
Bestimmungen zur Gasbeschaffenheit Entsprechende Initiativen zeichnen sich nach dem bis-
Von zentraler Bedeutung für die wirtschaftlichen Be- herigen Verlauf des Gesetz- und Verordnungs-
dingungen der Biogaseinspeisung sind die Anforde- gebungsverfahrens jedoch nicht ab.
rungen an die Gasbeschaffenheit. Der Sache nach
wird es insoweit bei der bisherigen Rechtslage blei- Sonderregelungen: Vorrang für Biogas in örtlichen
ben, auch wenn kein Bezug mehr auf die VV Erdgas II Verteilnetzen und bei Kapazitätsengpässen
genommen wird. In den Beratungen des Bundestages einigten sich die
In § 35 des dazu vorliegenden Regierungsentwurfs Regierungsfraktionen speziell im Hinblick auf Biogas
zur GasNZV1 soll, hinsichtlich der Gasbeschaffenheit darauf, an zwei Stellen (in der Sache allerdings sehr
folgendes festgelegt werden: zurückhaltende) Vorrangregelungen für Biogas einzu-
führen. Dementsprechend wurde die Ermächtigung
„§ 35 Gasbeschaffenheit zum Erlass der Gasnetzzugangsverordnung in § 24
(1) Der Transportkunde hat sicherzustellen, dass Nr. 3a des Entwurfs zum neuen EnWG dahin erwei-
das zur Einspeisung anstehende Gas den allge- tert, dass durch Rechtsverordnung Regelungen ge-
mein anerkannten Regeln der Technik entspricht
schaffen werden, nach denen
und kompatibel im Sinne des Absatzes 2 ist. Die
Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der
Technik wird vermutet, wenn die technischen „im Rahmen der Ausgestaltung des Netzzugangs
Regeln der Deutschen Vereinigung des Gas- und zu den Gasversorgungsnetzen für Anlagen zur
Wasserfachs e. V. eingehalten worden sind. Erzeugung von Biogas im Rahmen des Auswahl-
(2) Die Kompatibilität des zur Einspeisung anste- verfahrens bei drohenden Kapazitätsengpässen
henden Gases des Transportkunden ist gegeben, sowie beim Zugang zu örtlichen Verteilernetzen
wenn der Transportkunde das Gas an dem Ein- Vorrang gewährt“ wird.2
speisepunkt mit einer Spezifikation entsprechend
den Anforderungen des Netzbetreibers zur Über- Die Verordnungsermächtigung soll nach dem Re-
gabe anstellt, die für die Übernahme des Gases in gierungsentwurf zur GasNZV durch zwei konkretere
den relevanten Netzteilen keine Maßnahmen des Bestimmungen ausgefüllt werden, zum einen hin-
Netzbetreibers zum Druckausgleich oder zur
sichtlich des Zugangs zu örtlichen Verteilnetzen und
Umwandlung des Gases zur Anpassung an die
jeweiligen Gegebenheiten und Verhältnisse auch zum anderen im Hinblick auf das Auswahlverfahren
aus Gründen der Anwendungstechnik in den rele- bei drohenden Kapazitätsengpässen.
vanten Netzbereichen erfordert. § 8 Abs. 1 GasNZV-E sieht für den Zugang zu ört-
(3) Ist die Kompatibilität des zur Einspeisung lichen Verteilnetzen Folgendes vor:
anstehenden Gases nicht gegeben, hat der Netzbe-
treiber, soweit technisch möglich und zumutbar,
„Der Zugang zu örtlichen Verteilnetzen erfolgt auf
dem Transportkunden ein Angebot zur Herstel-
der Grundlage eines Transportvertrages und eines
lung der Kompatibilität zu Bedingungen zu unter-
Netzanschlussvertrages. Diese Verträge sind vor-
breiten, die den Anforderungen nach § 21 Abs. 1
rangig mit Transportkunden, die Biomethan und
des Energiewirtschaftsgesetzes entsprechen. Ist
Gas aus Biomasse einspeisen, zu schließen, soweit
ihm ein solches Angebot nicht möglich oder unzu-
diese Gase netzkompatibel sind und keine beste-
mutbar, muss der Netzbetreiber dies begründen.“
henden Verträge entgegenstehen; die sichere Ver-
Damit kann davon ausgegangen werden, dass hin- sorgung von Letztverbrauchern darf hierdurch
sichtlich der geforderten Kompatibilität des Gases in auch bei Vertragsänderung oder Vertragsverlänge-
der Sache alles beim Alten bleibt. Der Verordnungsge- rung nicht eingeschränkt werden.“3
ber wäre zwar grundsätzlich frei darin, hiervon Ab- Gemäß § 10 Abs. 4 GasNZV-E soll darüber hinaus
weichendes festzulegen (etwa von den bisher übli- für Fälle von Kapazitätsengpässen im jeweiligen
chen Standards der Kompatibilität oder vom Prinzip Netz Folgendes gelten:
der Vorgabe von Beschaffenheitsstandards für die Ein-
speisestelle abzurücken, soweit durch ergänzende Re- „Wenn 90 Prozent oder mehr, aber weniger als
gelungen sichergestellt würde, dass der abnehmende 100 Prozent der verfügbaren technischen Kapazität
Netzbetreiber dann durch geeignete eigene Maßnah- bereits durch Transportkunden gebucht sind und
ein Engpass nach Absatz 1 vorliegt, sind Kapazitä-
men dafür Sorge trägt, dass die von Art. 1 Abs. 2 der
ten abweichend von Absatz 3 Satz 1 vorrangig an
Gasrichtlinie gesetzten Kriterien eingehalten werden).
169
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Transportkunden, die Biomethan und Gas aus Bio- „vertraglicher Kapazitätsengpass“ vorliegt. Davon
masse einspeisen, zu vergeben. Für die Zuteilung geht der Verordnungsentwurf aus, „wenn die täg-
der verbleibenden freien Kapazitäten hat der Netz- lich eingehenden Kapazitätsanfragen die freie
betreiber einmal im Jahr ein Versteigerungsverfah-
Kapazität an bestimmten Einspeise- oder Ausspei-
ren durchzuführen. Werden weitere Kapazitäten
nach Durchführung des Versteigerungsverfahrens sepunkten für ein Netz oder Teilnetz übersteigen“
verfügbar, werden diese im Verhältnis der nachge- (§ 10 Abs. 1 GasNZV-E).
fragten Kapazitäten vorrangig den Teilnehmern - Zur Beherrschung derartiger Situationen werden
der Auktion nach Satz 1 anteilig angeboten. Weiter- die Netzbetreiber dazu verpflichtet, ein Online-
hin verbleibende freie Kapazitäten sind diskrimi- Informationssystem zu betreiben, in dem die Trans-
nierungsfrei anzubieten. Die Kosten für die
portkunden jederzeit bevorstehende Kapazitäts-
Aufbereitung von Biogas und für die Einspeisung
in die Gasversorgungsnetze sind nicht vom Netz- engpässe erkennen können (vgl. § 10 Abs. 1 und 2
betreiber zu tragen, sondern von demjenigen, der GasNZV-E).
diese Kosten veranlasst hat.“1 - Übersteigt die Nachfrage 90 %, so darf die Vergabe
Die Bedeutung der vorgesehenen Vorrangregelung im regulären Verfahren nach § 9 erst nach Ablauf
für örtliche Verteilnetze darf nicht überschätzt wer- von 24 Stunden erfolgen. In diesem Zeitraum ist im
den. Zu bedenken ist, dass von ihr nur Gebrauch ge- Online-Informationssystem darauf hinzuweisen
macht werden kann, sofern der Einspeiser des Bioga- und abzuwarten, ob sich ein Engpass im Sinne von
ses einen Kunden hat, der sein Gas an einer § 10 Abs. 1 GasNZV-E ergibt. Wenn das nicht der
Ausspeisestelle im örtlichen Verteilnetz abnimmt. Das Fall ist, kann anschließend eine normale Kapazi-
ist zwar auch über eine Fernleitung oder über Verbin- tätsvergabe erfolgen. Anderenfalls hat stattdessen
dungsleitung zu einem anderen (auch vorgelagerten) ein Versteigerungsverfahren stattzufinden (§ 10
Netz möglich. Stets ist aber ein vertraglicher Abneh- Abs. 3 GasNZV-E).
mer erforderlich, da das Netz auch in diesem Fall nur - Ist ein Versteigerungsverfahren durchzuführen, so
in seiner Transportfunktion in Anspruch genommen gilt nach Maßgabe des § 10 Abs. 4 GasNZV-E, dass
werden kann. Vorteilhaft kann die Regelung daher na- nunmehr die freien Kapazitäten erstrangig an Bio-
mentlich bei Fällen der Äquivalenzgasnutzung im gas- bzw. Biomethan-Transportkunden zu vergeben
Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 3 EEG sein. Abgesehen von sind und erst zweitrangig eine für Dritte offene Ver-
diesem Sonderfall dürfte eine Inanspruchnahme der steigerung stattfindet.
Regelung eher selten vorkommen, weil Biogas wegen
des vergleichsweise hohen Preises auf dem freien
Markt im Verhältnis zu konventionellem Gas zumeist 7.3 Spielräume zur Verbesserung der
ohne weiteres nicht konkurrenzfähig sein dürfte. rechtlichen Rahmenbedingungen
Die Bestimmung des § 10 Abs. 4 GasNZV-E für
den Vorrang von Biogas bei Kapazitätsengpässen 7.3.1 Sind Vorrangregelungen und andere
darf ebenfalls nicht dahin missverstanden werden, gezielte Verbesserungen für Biogas
dass hiermit eine Art Abnahmepflicht verbunden zulässig?
wäre. Auch sie kann nur wirksam werden, sofern der
Biogaseinspeiser einen vertraglichen Abnehmer hat. Die gegenwärtigen Rechtsvorschriften räumen dem
Bedeutsam kann sie vor allem für Netze bzw. Netz- Biogas am Markt eine formal gleichberechtigte Stel-
teile sein, denen Fernleitungs- bzw. Verbindungsfunk- lung gegenüber fossilen Gasen ein, sofern das Biogas
tionen zukommen, weil hier häufiger Engpasssitua- seiner Beschaffenheit nach mit diesen austauschbar
tionen auftauchen können. ist. Damit ist für das Biogas im Vergleich zu dem
Zur Erläuterung:2 Stand vor einigen Jahren zwar durchaus etwas er-
- Grundsätzlich sieht der Entwurf der GasNZV vor, reicht worden. Dem steht jedoch gegenüber, dass die
dass Kapazitäten nach der zeitlichen Reihenfolge Kosten für die Bereitstellung kompatiblen Biogases
der hierauf bezogenen verbindlichen Anfragen deutlich über denen des Bezuges fossilen Erdgases lie-
zugewiesen werden (vgl. § 9 Abs. 1 GasNZV-E). gen, nicht nur, aber doch auch wegen der zur Herstel-
- Abweichendes soll demgegenüber nach Maßgabe lung der Austauschbarkeit notwendigen Aufberei-
von § 10 Abs. 3 und 4 GasNZV-E gelten, wenn ein tung. Dieser ökonomische Nachteil findet in den
170
Rechtliche Rahmenbedingungen
derzeitigen Regelungen keinen Niederschlag. In der zen und beim Auswahlverfahren im Falle von Kapazi-
Kostengegenüberstellung am Markt erscheint Biogas tätsengpässen vor (siehe oben, 7.2.2.2).
teurer als fossile Gasprodukte – nicht zuletzt deshalb, An dieser Stelle kann und soll es nicht darum ge-
weil die im Vergleich zu Biogas deutlich höheren sog. hen, eine Diskussion über die Angemessenheit von
externen Kosten des Verbrauchs fossiler Gase hier un- Vorrangregelungen im Allgemeinen oder von be-
berücksichtigt bleiben. stimmten Verbesserungen der Rechtslage zu führen.
Vom instrumentellen Ansatz her drängt sich daher Auch kann es nicht darum gehen, aus juristischer
der Gedanke auf, ob es nicht sinnvoll und machbar Sicht zu untersuchen, welches Modell im Einzelnen
wäre, ein spezielles Vorranginstrument zu entwerfen, welchen rechtlichen Risiken oder Problemen gegen-
welches den durch die Ausklammerung der externen übersteht. Die vorliegende Ausarbeitung ist nicht auf
Kosten am Markt entstandenen Preisnachteil aus- eine detaillierte Auseinandersetzung mit einzelnen
gleicht bzw. einen spezifischen Anreiz dazu bietet, in Vorschlägen für Vorrangregelungen und Privilegie-
die Markteinführung und Technologieentwicklung rungen hin angelegt. Was in der vorliegenden Ausar-
der Biogasnutzung zu investieren. Als Modellbeispiel beitung jedoch geleistet werden kann, ist, anhand der
kann dafür an das Erneuerbare-Energien-Gesetz übergeordneten Rechtsvorschriften überblicksartig zu
(EEG) gedacht werden. Dessen konkretes Regularium prüfen, ob das übergeordnete Recht für derartige Ini-
ist zwar auf die Besonderheiten des Elektrizitätsmark- tiativen überhaupt Spielräume bereithält.
tes zugeschnitten und daher nicht „ein zu eins“ über-
tragbar. Als Denkansatz vermag es jedoch angesichts 7.3.2 Vereinbarkeit mit den Vorgaben des
seines augenscheinlich großen Erfolges hilfreiche Im- EG-Rechts
pulse liefern.
Abgesehen von dem „Komplettmodell“ eines Vorrangregelungen und sonstige rechtliche Verbesse-
grundsätzlich vorstellbaren Abnahme- und Vergü- rungen/Erleichterungen für die Biogaseinspeisung
tungssystems für Biogas im Erdgasnetz, wie es bei- sind europarechtlich einerseits im Hinblick auf ihre
spielsweise der Fachverband Biogas fordert1, sind Vereinbarkeit mit den Bestimmungen des Vertrags
noch diverse andere Arten von Vorrangregelungen über die Gründung der Europäischen Gemeinschaf-
oder Begünstigungen für die Biogaseinspeisung in die ten (EGV) zu untersuchen, andererseits auf ihre Über-
Gasnetze denkbar, etwa in Gestalt einer Quotenvor- einstimmung mit den Vorgaben der einschlägigen
gabe für alle Gasanbieter, eines Vorrangs beim Netz- Gasrichtlinie (2003/55/EG).
zugang, einer Privilegierung bei der Zuweisung von Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seiner
Kapazitäten innerhalb eines „Entry-Exit-Modells“ 2001 ergangenen Entscheidung zum deutschen
oder eines speziellen Vorrangs beim Speicherzugang. Stromeinspeisungsgesetz (StrEG) mit recht wenigen
Bedeutende Besserstellungen wären möglicherweise Worten klar entschieden, dass das dort verankerte
auch erreichbar über eine Milderung der Kompatibi- (mittlerweile im EEG weiter entwickelte) Konzept
litätsanforderungen oder eine Verlagerung der Kom- der Abnahme- und Vergütungspflicht mit den Vorga-
patibilitätsanforderungen vom Einspeise- auf den ben des europäischen Rechts vereinbar war.5 In der
Ausspeisepunkt (Konsequenz: die Verantwortlichkeit Entscheidung ging es zwar – was in der Öffentlich-
für die Anpassung liegt dann beim Netzbetreiber).2 keit mehr oder weniger ausschließlich wahrgenom-
Das – damit durchaus nicht erschöpfend erfasste – men wurde – wesentlich um die Frage, ob das Modell
Spektrum der Möglichkeiten reicht schließlich bis hin einer Abnahme- und Vergütungspflicht eine (ggf. un-
zu zivilrechtlichen Haftungserleichterungen. zulässige) staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87
Der vom Bundestag beschlossene Gesetzentwurf Abs. 1 EGV darstellt. Das verneinte der EuGH. Das
zum neuen EnWG3 und die hierauf basierende Gas- Gericht befasste sich aber zudem auch mit den weite-
NZV4 sehen – wie bereits erläutert – einen Vorrang für ren Frage, ob sich die darin zum Ausdruck kommen-
Biogas speziell beim Zugang zu örtlichen Verteilnet- den Vorrangregelungen für Strom aus erneuerbaren
Energien mit den Anforderungen aus der Warenver-
171
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
kehrsfreiheit (Art. 28 EGV) und den konkreten Be- StrEG-Entscheidung zusätzlich darauf hin, dass ein
stimmungen der (damaligen) Elektrizitätsbinnen- freier Elektrizitätsbinnenmarkt noch nicht bestehe,
marktrichtlinie verträgt. Diese Frage bejaht das sondern mit Hilfe der Elektrizitätsbinnen-
Gericht im Ergebnis. marktrichtlinie erst geschaffen werden solle,5 und
Die EuGH-Entscheidung zum StrEG gibt für den dass die betreffende Richtlinie den Mitgliedstaaten
hier betrachteten Zusammenhang hinsichtlich der ausdrücklich einräume, Vorrangregelungen für
drei maßgebenden gemeinschaftsrechtlichen Prüf- erneuerbare Energien zu schaffen.6
komplexe wichtige Hinweise: Vor dem Hintergrund dieser Maßstäbe dürfte kein
- Im Hinblick auf den in Art. 87 Abs. 1 verwandten ernstlicher Zweifel daran bestehen, dass sich Vorrang-
Begriff der staatlichen oder aus staatlichen Mitteln regelungen (einschließlich Abnahme- und Vergü-
gewährten Beihilfe knüpfte der EuGH an einige tungsmodellen) oder sonstige gezielte Verbesserun-
seiner früheren Entscheidungen an und hob hervor, gen der Rahmendingungen für die Biogaseinspeisung
dass eine vom Staat ausgesprochene Begünstigung grundsätzlich durchaus mit den Vorgaben des EGV
nur dann unter den Begriff der Beihilfe falle, wenn zum Beihilfeverbot und zur Warenverkehrsfreiheit
sie unter Verwendung von Mitteln aus einem vertragen können. Auf der Ebene der Erwägung be-
öffentlichen Haushalt finanziert werde.1 Das war stimmter konkreter Instrumente sowie der Diskussion
bei dem betrachteten Modell des deutschen Strom- von Einzelheiten ihrer Ausgestaltung wäre gegebe-
einspeisungsgesetzes nicht der Fall, weil das nenfalls eine vertiefte Prüfung vorzunehmen, die an
System auf einer rein privat (durch die Netzbetrei- dieser Stelle nicht erfolgen kann. Die Entscheidung
ber) zu finanzierenden Vergütung basiert. Folglich zum StrEG gibt hierfür nicht mehr – aber auch nicht
werden auch Vorrangregelungen für die Biogas- weniger – als eine grobe Orientierung vor.
einspeisung ins Erdgasnetz nicht mit den beihilfe- Mit seiner (ihrer Art nach allerdings eher krypti-
rechtlichen Vorgaben des EGV kollidieren können. schen) Einlassung zu den Bestimmungen der Elektri-
- Abnahme- und Vergütungsbestimmungen (oder zitätsbinnenmarktrichtlinie weist der EuGH in der
auch andere Arten von Regelungen, die auf eine StrEG-Entscheidung auf die im hier behandelten Kon-
Vorrang- oder Besserstellung von bestimmten Pro- text (wohl) entscheidendere Ebene hin: auf die Frage,
dukten hinauslaufen), sind nach ständiger Recht- ob die jeweils vorgesehene Regelung mit den Bestim-
sprechung des EuGH grundsätzlich als mungen der (aktuellen) Gasrichtlinie 2003/55/EG zu
Beeinträchtigung der gemäß Art. 28 EGV geschütz- vereinbaren ist.
ten Warenverkehrsfreiheit zu betrachten, weil sie Ausgangspunkt der Betrachtung ist insofern die
die Absatzchancen für andere Produkte aus dem oben (unter 7.2.2.2) zitierte Bestimmung des Art. 1
EG-Ausland verschlechtern.2 Allerdings hat der Abs. 2 der Gasrichtlinie. Aus dieser ergibt sich, dass
EuGH verschiedentlich zum Ausdruck gebracht, Biogas unter den dort genannten Voraussetzungen in
dass ein Verstoß nicht vorliegt, wenn mit der betref- Bezug auf den Marktzugang gleichwertig zu behan-
fenden Maßnahme vom Gemeinschaftsrecht aner- deln ist. Von einem Vorrang, von der Möglichkeit na-
kannte „zwingende Erfordernisse des Gemein- tionaler Vorrangregelungen oder der Eröffnung von
wohls“ verfolgt werden und die Maßnahme den Spielräumen für gezielte Fördermaßnahmen ist weder
Binnenmarkt insoweit nicht mehr als erforderlich in diesem Zusammenhang noch sonst in der Richt-
einschränkt.3 Das Urteil zum StrEG dürfte im linie oder an anderer Stelle des sekundären Gemein-
Lichte dieser Rechtsprechung so zu verstehen sein, schaftsrechts7 zu lesen.
dass zu den insoweit anzuerkennenden Zielen auch Die Gasrichtlinie setzt sich in diesem Punkt deut-
die Förderung der Entwicklung erneuerbarer Ener- lich sowohl von der früheren8 als auch von der jetzi-
gien zum Zwecke des Klimaschutzes gehört.4 In gen Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (2003/54/EG)
diesem Zusammenhang weist der EuGH in der ab. Die parallel zur neuen Gasrichtlinie diskutierte
172
Rechtliche Rahmenbedingungen
1. Vgl. zum Ganzen Neveling, in: Danner/ Theobald: Energiewirtschaftsrecht, Kommentierung Europäisches Energierecht Rdnr. 434 ff.
sowie (für die RL 2003/54/EG) Rdnr. 243 ff.
2. Ausdrücklich in diesem Sinne Schneider, in: Schneider/ Theobald: Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft (2003), § 2 Rdnr. 78 Fn. 8.
3. Vgl. Schneider, in: Schneider/ Theobald: Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft (2003), § 2 Rdnr. 44 und 78 m.w.N.
173
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
gungen jedweder Art gegenüber Dritten ausgeschlos- Überwiegendes dafür, dass der Regelung in Art. 3
sen wären. Abs. 2 der Gasrichtlinie ein in diesem Sinne enger Dis-
Mit einer derart weiten Auslegung des Diskriminie- kriminierungsbegriff zugrunde liegt.
rungsbegriffes würde aber der Sinn der in den Richtli- Vor diesem Hintergrund dürften der Schaffung
nien immer wiederkehrenden Forderung nach Diskri- privilegierender Regelungen für die Biogaseinspei-
minierungsfreiheit überspannt. Wie sich aus dem sung keine grundsätzlichen Hindernisse aus dem eu-
Kontext der beiden Richtlinien und ihrer Vorgänger- ropäischen Gemeinschaftsrecht entgegenstehen. Un-
vorschriften ergibt, werden die Begriffe „Diskriminie- ter dem Vorbehalt gegebenenfalls näherer Prüfung für
rung“ bzw. „Nichtdiskriminierung“ dort übergreifend bestimmte konkrete Instrumente und Ausgestaltungs-
in einen spezifischen Bedeutungszusammenhang ge- optionen wird daher an dieser Stelle aus gemein-
stellt: Sie bringen zum Ausdruck, dass Regelungen schaftsrechtlicher Sicht eine positive Gesamteinschät-
nicht dazu geschaffen oder gebraucht werden können zung zu solchen Möglichkeiten vertreten.
sollen, Dritten den Zugang zu historisch angestamm-
ten Versorgungsgebieten zu verwehren oder zu er- 7.3.3 Vereinbarkeit mit den verfassungsrecht-
schweren.1 In diesem Verständnis betrachtet die lichen Anforderungen
EU-Kommission die „Nichtdskriminierung“ als
„oberstes Ziel“ der Binnenmarktliberalisierung.2 Der Mit den verschiedenen in Betracht kommenden privi-
Terminus der „Nichtdiskriminierung“ steht aus die- legierenden Regelungen für die Biogaseinspeisung
sem Zusammenhang heraus für das Leitbild und Ziel gehen mehr oder weniger starke Einschränkungen
der Richtlinien, die Voraussetzungen für einen von der Freiheiten auf Seiten der gegebenenfalls unmittel-
Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Unterneh- bar verpflichteten Netzbetreiber sowie der auf dem
men freien Markt zu schaffen. Dieser Herleitungszu- Gasmarkt konkurrierenden Gasanbieter einher. Unge-
sammenhang erklärt, dass der Begriff an so zahlrei- achtet etwaiger Spezifika kann im Allgemeinen davon
chen Stellen immer wieder auftaucht – vor allem auch ausgegangen werden, dass die Regelungen damit ver-
dort, wo es um Vorgaben der Unternehmen selbst geht. fassungsrechtlich als Beeinträchtigungen der von
Ganz in diesem Sinne verwendet auch die EU-Kom- Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Freiheit der Berufs-
mission den Begriff in ihrem den heutigen Richtlinien ausübung zu betrachten sind. Das gilt auch für die
zugrunde liegenden ursprünglichen Richtlinienvor- schlichte Beeinflussung des Wettbewerbs, weil durch
schlag.3 Ausdrücklich hebt sie dort darauf ab, dass es die Regelungen direkt das Verhalten der Unterneh-
darum geht sicherzustellen, dass neue Marktteilneh- men im Wettbewerb angesprochen wird.5
mer Zugang zu den jeweiligen Märkten erhalten.4 Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundes-
Auf Grundlage eines so verstandenen, spezifisch verfassungsgerichts reichen bei Regelungen, welche
wettbewerbsbezogenen Begriffes der „Diskriminie- die Berufsausübung betreffen, grundsätzlich alle Ar-
rung“ bzw. der „Nichtdiskriminierung“ wird man ge- ten von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls
meinwirtschaftliche Maßnahmen, mit denen zum zu ihrer Rechtfertigung aus.6 Dabei hat der Gesetzge-
Zwecke des Klimaschutzes Privilegierungen für die ber einen weiten Einschätzungs- und Gestaltungs-
Einspeisung von Biogas geschaffen werden, nicht als spielraum.7 Die mit den hier erwogenen Regelungen
„diskriminierend“ ansehen können, sofern ihnen verfolgten klima- und ressourcenpolitischen Ziele
nicht ein spezifischer Einschlag zulasten der Marktöff- sind grundsätzlich unproblematisch als vernünftige
nung im Allgemeinen oder zu Lasten der Zugangs- Gemeinwohlerwägungen anzusehen. Sie tragen dem
möglichkeiten von neuen Marktteilnehmern (d. h. Staatsziel des Art. 20a GG Rechnung und sind des-
von in dem betreffenden Anschlussgebiet bisher nicht halb verfassungsrechtlich sogar als besonders bedeut-
tätigen Unternehmen) im Besonderen zueigen ist. Aus sam zu erachten. In diesem Sinne hat auch der BGH
dem Sinn- und Begründungszusammenhang der die Bedeutung des Art. 20a GG zur Legitimation der
Richtlinien heraus spricht nach hiesiger Ansicht ganz
1. Vgl. etwa auch de Wyl/ Müller-Kichenbauer, in: Schneider/ Theobald: Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, § 13 Rdnr. 57;
ferner Schneider, in: Schneider/ Theobald: Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, § 2 Rdnr. 76.
2. EU-Kommission, Drs. KOM(2001) 125 endg., S. 6
3. Vgl. EU-Kommission, Drs. KOM(2001) 125 endg., S. 6 f., 12, 16, 35, 38, 39, 41.
4. EU-Kommission, Drs. KOM(2001) 125 endg., S. 4.
5. Vgl. zum Ganzen BVerfGE S. 32, S. 311, 317; BVerfGE S. 86, 28, 37.
6. VerfGE 70, S. 1, 28; BVerfGE 95, S. 173, 183.
7. VerfGE 81, S. 156, 186; zum Ganzen Tettinger in: Sachs, GG, Art. 12 Rdnr. 101 f.
174
Rechtliche Rahmenbedingungen
Vergütungspflichten im StrEG 1998 und im EEG 2000 menden Zusatzbelastungen anzumerken, dass es im
in Bezug auf Art. 12 Abs. 1 GG hervorgehoben.1 Rahmen eines abgerundet ausgestalteten Systems
Aus der Legitimität der gesetzlichen Ziele allein möglich (und ggf. auch erforderlich) wäre, ihnen die
kann allerdings noch nicht darauf geschlossen wer- Möglichkeit der Überwälzung auf ihre Vertragspart-
den, dass die Modelle auch insgesamt mit Art. 12 ner zu geben.
Abs. 1 GG vereinbar sind. Im zweiten Schritt bedarf es Hingewiesen sei an dieser Stelle schließlich darauf,
noch einer differenzierten Prüfung anhand der Anfor- dass speziell gegen die Einführung von an das Vorbild
derungen des Verhältnismäßigkeitsprinzips.2 Inso- des EEG angelehnten Abnahme- und Vergütungsmo-
weit kommt es zumeist wesentlich auf die konkrete dellen auch unter finanzverfassungsrechtlichen Ge-
Ausgestaltung an, über die hier keine Aussagen ge- sichtspunkten keine Bedenken bestehen. Derartige
troffen werden können. Grundsätzlich dürften gegen Modelle können mit den Anforderungen des Finanz-
die in Betracht gezogenen privilegierenden Regelun- verfassungsrechts von vornherein nicht in Konflikt
gen jedenfalls so konzipiert und ausgestaltet werden geraten, weil es sich bei ihnen nicht um „öffentliche
können, dass Kollisionen mit den Anforderungen aus Abgaben“ handelt. Eine „öffentliche Abgabe“ kann
dem Verhältnismäßigkeitsprinzip vermeidbar sind. nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nur
Für das am weitesten gehende Mittel der Statuie- vorliegen, wenn durch die Geldleistungspflicht eine
rung einer Abnahme- und Vergütungspflicht sei auf Aufkommenswirkung zugunsten der öffentlichen
den Parallelfall der Abnahme- und Vergütungssys- Hand erreicht wird.6 Der BGH kommt deshalb für die
tems aus dem StrEG und dem EEG verwiesen. Der entsprechenden Regelungen im (früheren) StrEG so-
Bundesgerichtshof hat beide Modelle in einer im Jahr wie im EEG zu dem Ergebnis, dass das dort nicht der
2003 gefällten Grundsatzentscheidung für verhältnis- Fall sei.7
mäßig (und damit im Ergebnis für verfassungsrecht- Grundlegende Hindernisse sind für privilegie-
lich zulässig) erklärt. Für die Beurteilung stellte er da- rende Bestimmungen zugunsten der Biogaseinspei-
bei – unter Rückgriff auf eine Argumentationsfigur sung mithin auch auf der Ebene des Verfassungs-
des BVerfG3 – tragend unter anderem darauf ab, dass rechts nicht erkennbar.
die in Pflicht genommenen örtlichen Netzbetreiber in
einer besonderen Verantwortungsbeziehung zur Lö-
sung der gesetzlichen Aufgabe stünden.4 Diese ergebe 7.4 Rechtsfragen im Zusammenhang
sich aus der historisch gewachsenen Monopolstellung mit dem novellierten EEG
der Netzbetreiber. Auch nach der Aufhebung der Ge-
bietsmonopole durch das EnWG 1998 fungierten die 7.4.1 Überblick und Fragenkreise
verpflichteten Netzbetreiber als notwendiges Binde-
glied zwischen EE-Stromerzeugern und Verbrau- Mit der Neufassung des EEG vom 21. Juli 20048
chern, weil sie den Stromerzeugern erst ermöglichten, (im Folgenden: EEG) hat der Gesetzgeber erstmals
ihren Strom zu vermarkten.5 Auf dem Gasmarkt stellt eine Regelung geschaffen, welche einen ökonomi-
sich die vorgefundene Situation sowohl historisch als schen Anreiz zur Einspeisung von Biogas in das Erd-
auch strukturell vergleichbar dar. Von daher spricht gasnetz setzt. In den Vergütungsbestimmungen des
sehr viel dafür, die Argumentationskette des BGH in- Gesetzes findet Biogas nunmehr nicht mehr nur dann
sofern auch auf ein dem EEG entlehntes Modell der Berücksichtigung, wenn es direkt zur Stromerzeu-
Abnahme- und Vergütungspflicht für Biogas im Erd- gung verwendet wird. Die Zahlung der EEG-Vergü-
gasnetz fruchtbar machen zu können. tung für Biomassestrom kann vielmehr auch bean-
Im Übrigen ist hinsichtlich der Belastung der Netz- sprucht werden, soweit aus einem Gasnetz Gas
betreiber bei Vorrang- oder Abnahme-/Vergütungsre- entnommen wird, das in seinem Wärmeäquivalent an
gelungen, aber auch bei andersartigen auf sie zukom- anderer Stelle in das Gasnetz eingespeistem Gas aus
175
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Biomasse entspricht (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 3 EEG). Im Gesetz verwendete Begriff insofern enger zu ver-
Folgenden soll hierfür der Begriff „Gasäquivalent- stehen?
nutzung“ verwendet werden. Entsprechendes ist für - Erfasst die Vorschrift andererseits noch weitere
den Bereich der Klär- und Deponiegase vorgesehen Gase als Biogase im Sinne der BiomasseV?
(vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 EEG). 2. Das maßgebende „Gasnetz“:
Möglicherweise kommt auf Grundlage weiterer - Was ist das gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 für die Äqui-
Vorschriften in § 8 EEG zusätzlich die Inanspruch- valentnutzung maßgebende Gasnetz? Ist damit
nahme von Bonusregelungen in Betracht. So sieht ins- eine Ein- und Ausspeisung im selben Versor-
besondere § 8 Abs. 4 des Gesetzes einen so genannten gungs- oder Fernleitungsnetz erforderlich oder
Technologiebonus vor. Durch diesen kann sich die an kommt eine Ein- und Ausspeisung praktisch an
sich vorgesehene Regelvergütung um 2 ct/kWh unter beliebiger Stelle in Deutschland in Frage?
anderem dann erhöhen, wenn das zur Stromerzeu- 3. „Technologiebonus“ und „KWK-Bonus“:
gung eingesetzte Gas „auf Erdgasqualität aufgearbei- - Kann der Bonus des § 8 Abs. 4 Satz 1 auch bean-
tet worden ist“ (vgl. § 8 Abs. 4 Satz 1 EEG). Noch hö- sprucht werden für Fälle der Gasäquivalentnut-
her kann die Vergütung liegen, wenn sich der Fall so zung im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 3?
darstellt, dass zugleich noch einer weiterer Bonus - Was ist mit dem in § 8 Abs. 4 Satz 1 EEG verwen-
nach Maßgabe von § 8 Abs. 2 (sog. NaWaRo- deten Terminus „Erdgasqualität“ gemeint?
Gülle-Bonus, bis zu 6 ct/kWh) und/oder § 8 Abs. 3 - Ist die Vorschrift des Weiteren dahin zu verstehen,
EEG (sog. KWK-Bonus, 2 ct/kWh) beansprucht wer- dass der Technologiebonus bei Gasäquivalentnut-
den kann. zung nur in Betracht kommt, wenn (bzw. soweit)
Die beiden für den hier erörterten Zusammenhang die Stromerzeugungsanlage im KWK-Modus
zentralen Vorschriften des § 8 Abs. 1 und 4 EEG haben betrieben wird? Kommt es dabei dann zur Kumu-
folgenden Wortlaut (durch den Verfasser gekürzt): lation mit dem KWK-Bonus des § 8 Abs. 3 EEG?
„(1) Für Strom, der in Anlagen mit einer Leistung 4. „NaWaRo-Gülle-Bonus“:
bis einschließlich 20 Megawatt gewonnen wird, - Kommt für „Gasäquivalentanlagen“ auch eine
die ausschließlich Biomasse im Sinne der nach (ggf. kumulative) Anwendung des in § 8 Abs. 2
Absatz 7 erlassenen Rechtsverordnung einsetzen,
EEG vorgesehenen sog. NaWaRo-Gülle-Bonus’ in
beträgt die Vergütung (…). Abweichend von
Satz 1 beträgt die Vergütung (…). Aus einem Gas- Betracht?
netz entnommenes Gas gilt als Biomasse, soweit 5. Umstellung bestehender Stromerzeugungsanlagen:
die Menge des entnommenen Gases im Wärme- - Kann die Äquivalenzregelung auch für zuvor
äquivalent der Menge von an anderer Stelle im bereits fossil betriebene Stromerzeugungsanla-
Geltungsbereich des Gesetzes in das Gasnetz ein- gen (etwa konventionelle Gaskraftwerke) ange-
gespeistem Gas aus Biomasse entspricht.“
wandt werden, wenn die Anlage auf die
„(4) Die Mindestvergütungen nach Absatz 1 Satz 1 Nutzung von Äquivalenzgas umgestellt wird?
Nr. 1 bis 3 erhöhen sich um jeweils weitere 2,0 ct 6. Ausschließlichkeitsprinzip:
pro Kilowattstunde, wenn der Strom in Anlagen - Dürfen für die Gewinnung von „Gas aus Bio-
gewonnen wird, die auch in Kraft-Wärme-Kopp- masse“ auch energetisch wirksame Substanzen
lung betrieben werden, und die Biomasse durch
eingesetzt werden, die ihrerseits nicht als Bio-
thermochemische Vergasung oder Trockenfermen-
tation umgewandelt, das zur Stromerzeugung ein- masse im Sinne des EEG anerkannt sind?
gesetzte Gas aus Biomasse auf Erdgasqualität - Dürfen andererseits in der betreffenden Stromer-
aufbereitet worden ist oder der Strom mittels (…) zeugungsanlage Vermischungen mit anderen
gewonnen wird. (…).“ Einsatzstoffen vorgenommen werden?
Im vorliegenden Kontext ergeben sich aus den Neu-
regelungen im EEG folgende Fragen bzw. Fragenkreise: 7.4.2 Beschaffenheitsanforderungen für „Gas
1. Beschaffenheitsanforderungen des „Gases aus aus Biomasse“
Biomasse“:
- Welcher Beschaffenheit muss das in § 8 Abs. 1 An dem in § 8 Abs. 1 Satz 3 EEG verwandten Begriff
Satz 3 genannte „Gas aus Biomasse“ sein? „Gas aus Biomasse“ fällt auf, dass dieser nicht iden-
- Ist damit jegliches Biogas im Sinne der Biomasse- tisch ist mit dem im Rahmen der Biomasseverord-
verordnung (BiomasseV) umfasst oder ist der im nung (BiomasseV)1 gebrauchten Begriff „Biogas“. Da-
176
Rechtliche Rahmenbedingungen
mit entstehen zum einen Unsicherheiten, ob etwa für Pappe, Papier und Karton (vgl. § 3 Nr. 5 Bio-
sämtliches Biogas im Sinne der Biomasseverordnung masseV), aber auch etwa für im Gärmaterial enthal-
in die Regelung zur Gasäquivalentnutzung einbezo- tene Alkohole synthetischer Herkunft.3
gen ist. Zum anderen fragt sich, ob der Begriff nicht Die Begründung des Gesetzgebers zum Wechsel
umgekehrt (zumindest teilweise) über den Bereich des in Bezug genommenen Begriffes in § 8 Abs. 1
des Biogases im Sinne der BiomasseV hinausreicht. Satz 3 EEG lässt indessen keinen Zweifel daran auf-
Die zweite Frage lässt sich anhand der Gesetzes- kommen, dass der Gesetzgeber nicht beabsichtigte,
materialien relativ leicht mit „Ja“ beantworten. Wäh- die im ursprünglichen Entwurf vorgesehene Anwen-
rend es nämlich in der betreffenden Bestimmung des dung der Gasäquivalentklausel auf sämtliches Biogas
ursprünglichen Gesetzentwurfes1 „Biogas“ hieß, ent- im Sinne der BiomasseV durch den Begriffswechsel
schied sich der Gesetzgeber auf Änderungsanträge einzuschränken. Es ging ihm vielmehr allein um eine
hin für die Verwendung des Begriffes „Gas aus Bio- Ausdehnung des Anwendungsbereiches. Von daher
masse“. Er begründete dies ausdrücklich mit dem ist § 8 Abs. 1 Satz 3 EEG aus hiesiger Sicht so zu ver-
klarstellenden Satz: „Erfasst ist alles Gas aus Biomasse stehen, dass sich die Gasäquivalentklausel sowohl auf
– etwa auch aus der Holzvergasung – und nicht nur sämtliches Biogas im Sinne der BiomasseV als auch
Biogas, das lediglich bei Vergärungsprozessen an- auf sonstige aus Biomasse hergestellte Gase erstreckt.
fällt“.2 Der Gesetzgeber wollte also den ihm im ur-
sprünglichen Vorschlag zu eng erschienenen Rahmen 7.4.3 Das maßgebende „Gasnetz“
bewusst weiter aufspannen.
Damit erhellt sich umgekehrt auch die erste Frage. Nicht eindeutig ist, ob die Anerkennung als Gasäqui-
Der Gesetzgeber beabsichtigte mit der Änderung of- valentnutzung im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 3 EEG
fenbar nicht, zugleich für den in der BiomasseV ver- voraussetzt, dass die jeweiligen Ein- und Ausspeise-
wendeten Begriff „Biogas“ eine Einschränkung zu for- punkte innerhalb desselben örtlichen Netzes liegen,
mulieren. Nach dem reinen Wortlaut hätte man auf oder ob es möglich ist, an einem beliebigen Ort inner-
eine solche Einschränkungsabsicht kommen können, halb Deutschlands Gas zu entnehmen, dessen Biogas-
weil die BiomasseV ihrerseits die Anerkennung als äquivalent an einem anderen Ort in Deutschland in
„Biogas“ nicht daran festmacht, ob es sich um aus- (irgend-) ein Netz eingespeist worden ist.
schließlich aus Biomasse hergestelltes Gas handelt: Die Bestimmungen des Gesetzes hierzu sind nicht
Die BiomasseV bestimmt in § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5, ganz eindeutig. Insbesondere kann auch die Begriffs-
dass als Biomasse auch „durch anaerobe Vergärung bestimmung für „Netz“ in § 3 Abs. 6 EEG nicht heran-
erzeugtes Biogas“ anzuerkennen ist, „sofern zur Ver- gezogen werden, weil diese sich nur auf Elektrizitäts-
gärung nicht Stoffe nach § 3 Nr. 3, 7 und 9 oder mehr netze erstreckt.
als 10 % Klärschlamm eingesetzt werden“. Ausge- Der Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 3 EEG lässt beide
schlossen ist die Anerkennung als Biogas danach Interpretationen zu:
(nur), wenn der Gärsubstanz gemischte Siedlungsab- - In der Bestimmung heißt es einerseits, dass aus
fälle (§ 3 Nr. 3 BiomasseV), Gewässerschlämme (Nr. 7) „einem Gasnetz“ entnommenes Gas als Biomasse
oder Stoffe zur Beseitigung in Tierkörperbeseitigungs- gilt, soweit es im Wärmeäquivalent der Menge von
anlagen (Nr. 9) zugefügt wurden. Toleriert wird im an anderer Stelle in „das Gasnetz“ eingespeistem
Übrigen die Mitvergärung von Klärschlämmen bis zu Gas aus Biomasse entspricht. Während am Anfang
einem Anteil von 10 Prozent. Demnach gilt für den der Formulierung von „einem“ Gasnetz gesprochen
Anwendungsbereich der BiomasseV, dass grundsätz- wird, heißt es im zweiten Teil des Satzes „das“ Gas-
lich alle anaerob vergärbaren Stoffe zur Erzeugung netz. Damit liegt es sprachlich nahe zu folgern, dass
von Biogas eingesetzt werden können, deren Aus- mit der Formel „das Gasnetz“ das am Anfang des
schluss in der Vorschrift selbst nicht ausdrücklich vor- Satzes bezeichnete „eine“ Gasnetz gemeint ist, also
gesehen ist. Möglich ist danach sogar die (Mit-) Vergä- für Ein- und Ausspeisung stets dasselbe Gasnetz in
rung von Stoffen, deren Einsatz zur direkten Anspruch genommen werden muss.
Verstromung als Biomasse ausgeschlossen ist. Das gilt
1. Vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzentwurfes der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen, BT-Drs. 15/2327, S. 3 sowie die zugehö-
rige Begründung auf S. 21.
2. Siehe die bereinigte Fassung der nach Maßgabe der Beschlussvorlage geänderten Gesetzesbegründung in BT-Drs. 15/2864 (dort
Anlage 4), S. 39.
3. Vgl. Klinski: Rechtliche Rahmenbedingungen und Probleme der Stromerzeugung aus Biomasse (Hg.: BMU), Berlin 2002, S. 11.
177
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
- Andererseits fällt auf, dass von einer äquivalenten Dem kann aus hiesiger Sicht nicht mit Überzeu-
Einspeisung „an anderer Stelle im Geltungsbe- gung entgegen gehalten werden, dass die Bestimmun-
reich des Gesetzes“ die Rede ist. Mit dieser Einklei- gen des Energiewirtschaftsgesetzes ihrerseits keinen
dung klingt die Formel insgesamt eher, als wolle Anhaltspunkt dafür liefern, die Gesamtheit der deut-
der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen, dass die schen Gasnetzinfrastruktur einheitlich als „das Gas-
Äquivalentnutzung an einem beliebigen Ort in netz“ bezeichnen zu können. Zwar ist in der zum
Deutschland möglich sein soll, wenn die Einspei- Zeitpunkt der Novellierung des EEG 2004 maßgeben-
sung des Gases aus Biomasse nur irgendwo inner- den Fassung des EnWG2 durchgängig von „den Gas-
halb des gesamten nationalen Gasnetzes erfolgt ist. versorgungsnetzen“ die Rede, wobei bezüglich der
Zwingend ist dieser Schluss allerdings nicht, weil Abgrenzung zwischen den einzelnen Versorgungsnet-
es auch sein könnte, dass mit Hilfe der Einkleidung zen maßgebend auf die Eigentümerschaft abgestellt
schlicht die grenzüberschreitende Einspeisung aus- wird (vgl. § 2 Abs. 3 sowie §§ 4a und 6a EnWG). Das
geschlossen werden soll. EnWG unterlässt es jedoch, für die Gesamtheit der
Für eine offene Auslegung der Gesetzesformel spricht Netzinfrastruktur einen festen Begriff einzuführen.
aus dem Blickwinkel der gesetzlichen Intentionen, Mithin ergibt sich aus den Vorschriften des EnWG
dass die Vorschrift bei einer Begrenzung auf örtliche zwar keine Stütze für die oben entwickelte Ausle-
Äquivalentnutzungen nur eine recht bescheidene gung. Die Begrifflichkeiten des EnWG verlangen aber
Wirkung entfalten könnte. Denn in den für den Be- andererseits auch nicht nach einer anderen Interpreta-
trieb von Vergärungsanlagen typischen landwirt- tion.
schaftlich geprägten Gebieten bestehen meist nur Die besonderen technischen Begebenheiten der
recht kleine örtliche Versorgungsnetze, so dass es eher Gasversorgung stehen ebenfalls nicht zwingend dage-
selten vorkommen dürfte, innerhalb dieser Netze ge- gen, die in Deutschland liegenden Gasnetze als ein
nügend Abnehmer zur Strom- und Wärmeproduktion (Gesamt-) „Netz“ zu betrachten. Zwar ist anzuerken-
aus Äquivalenzgas zu finden. Wie die Gesetzes- nen, dass wegen der unterschiedlichen Gasbeschaf-
begründung erkennen lässt, steht hinter den Regelun- fenheiten und Druckverhältnisse in den verschiede-
gen zur Anerkennung der Äquivalentnutzung in §§ 7 nen örtlichen Netzen sowie wegen häufig fehlender
und 8 EEG insbesondere die Absicht, für die kombi- Verknüpfungsstellen zwischen diesen ein physischer
nierte Strom- und Wärmeproduktion aus erneuer- Weitertransport oft nicht ohne weiteres möglich ist.
baren Energien einen wirksamen Anreiz zu bieten Auch ist richtig, dass ein mit den Verhältnissen im
bzw. die Nutzungsmöglichkeiten zu verbessern.1 Bei Strombereich vergleichbares Fern-Übertragungsnetz
einer Begrenzung der Äquivalentnutzung auf die je- nicht existiert, sondern Fernleitungen vielmehr meist
weiligen Ortsnetze würde dieser Anreiz weitgehend einseitig als Zuleitungen ausgelegt sind. Die Unter-
entfallen. In größerem Maßstab wirtschaftlich aus- schiede zum Stromnetz erweisen sich bei näherem
nutzbar sind die Regelungen zur Äquivalentnutzung Hinsehen aber nicht als qualitativer Natur. Auch im
nämlich nur, wenn die Strom- und Wärmeproduktion Stromnetz existieren für einen Weitertransport des
an denjenigen Orten erfolgen kann, wo sich auch eine örtlich eingespeisten Stroms technische Hindernisse
verhältnismäßig große Wärmenachfrage ergibt. Für (dort in Gestalt unterschiedlicher Spannungsebenen),
solche Gebiete ist die Herstellung von Biogas jedoch die durch geeignete Maßnahmen erst überwunden
nicht typisch. Die hinter den Regelungen stehenden werden müssen. Wie ein Blick ins EnWG zeigt,
gesetzlichen Intentionen lassen sich folglich in ener- schließt außerdem auch der Umstand, dass eine An-
giewirtschaftlich bedeutendem Umfang nur errei- lage nur zur Lieferung in einer Richtung ausgelegt ist,
chen, wenn man die Klausel zur Äquivalentnutzung keineswegs aus, diese selbst als Netz oder als Teil ei-
als über die jeweiligen Ortsnetze hinaus anwendbar nes Netzes zu betrachten: § 2 Abs. 3 Satz 1 EnWG
versteht. zählt ausdrücklich auch „Direktleitungen“ zu den
Sinn und Zweck der Bestimmung legen es somit Gasversorgungsnetzen.
nahe, den Begriff „das Gasnetz“ in § 8 Abs. 1 Satz 3 Dass es der Sache nach wie rechtlich durchaus
EEG als auf das gesamte deutsche Gasnetz, d. h. auf möglich ist, die nationale Gasnetzinfrastruktur in ih-
die Gesamtheit der deutschen Gasnetzinfrastruktur rer Gesamtheit trotz der weithin beschränkten techni-
bezogen anzusehen. schen Möglichkeiten zum freien Gastransport in ver-
178
Rechtliche Rahmenbedingungen
schiedene Richtungen als ein Gesamtnetz zu - Bei größeren Entfernungen zwischen den Orten
betrachten, zeigt schließlich auch ein Blick in die Erd- der Biogas- und der Stromproduktion kann es dem-
gasrichtlinie 2003/55/EG, die praktisch durchgängig gegenüber häufiger vorkommen, dass es an den
von „dem Erdgasnetz“ (nicht von „den Ergasnetzen“) notwendigen technischen Verknüpfungsmöglich-
spricht und in deren Art. 25 sogar explizit von dem je- keiten für den Gastransport fehlt. Zudem kann der
weiligen „nationalen Erdgasnetz“ die Rede ist. Transaktionsaufwand zur Durchleitung durch ver-
Als praktisches Problem kann sich bei alledem in- schiedene Entry-Exit-Zonen so groß sein, dass die
dessen erweisen, dass die Äquivalentnutzung außer- Äquivalenzregelung wirtschaftlich weniger interes-
halb von identischen oder benachbarten Ortsnetzen sant wird. In derartigen Fällen kommt nur die Kon-
außerordentlich komplexe Vertragsbeziehungen er- struktion einer indirekten Äquivalenzlösung in
fordern kann. Anders als etwa bei dem Bezug von Betracht, bei der es überhaupt nicht zu einem phy-
„Grünem Strom“ lässt sich nämlich die Äquivalenzbe- sischen Gastransport zwischen den beiden Netzen
ziehung nicht ohne weiteres durch mehr oder weniger kommt. In diesem Falle müsste sich für das Biogas
einfache Vertragsregelungen zwischen Hersteller und zusätzlich ein dritter Kunde finden, der bereit ist,
Abnehmer des Produkts konstituieren. Vielmehr liegt das Biogas abzunehmen und zumindest in etwa
es hier folgendermaßen: marktüblich (vergleichbar dem von ihm sonst bezo-
- Innerhalb desselben Gasversorgungsnetzes sind genen Erdgas) zu vergüten. Gelingt dies, so könnte
die Vertragsbeziehungen relativ überschaubar. Der sich der Biogashersteller von dem Äquivalenzgas-
Biogashersteller kann hier selbst als Lieferant auf- nutzer den Differenzbetrag vergüten lassen. Zur
treten. Der Betreiber des Versorgungsnetzes voll- Abnahme des Biogases wäre in diesem Falle aber
bringt nur eine Transportleistung, die er sich über niemand verpflichtet. Namentlich den Netzbetrei-
Netznutzungsentgelte vergüten lässt.1 Der Strom- ber träfe nach den gegenwärtigen und den künftig
hersteller bekommt seinerseits die EEG-Vergütung zu erwartenden Regelungen des Energiewirt-
und leitet diese, durch Vertrag geregelt, im Rahmen schaftsrechts nicht die Pflicht, das Biogas abzuneh-
des Entgelts für die Gaslieferung anteilig an den men, weil er von den rechtlichen Bestimmungen
Hersteller des Biogases weiter. nur als Transporteur angesprochen wird, nicht als
- Außerhalb desselben Versorgungsnetzes ist eine Abnehmer.3
Lieferung durch den Biogashersteller nach der hier Aus alledem ergibt sich, dass sich die Absicherung
vertretenen Auslegung des EEG zwar nicht ausge- der Äquivalentnutzung über die Grenzen des jeweili-
schlossen, setzt aber voraus, dass das Gas zunächst gen örtlichen Versorgungsnetzes hinweg oder jeden-
über einen geeigneten Verknüpfungspunkt aus falls über den Bereich direkt benachbarter Versor-
dem Einspeisenetz ausgespeist und anschließend gungsnetze hinaus als praktisch schwierig erweisen
durch alle weiteren für den Transport in Anspruch kann. Vor diesem Hintergrund dürfte mit einer zah-
genommenen Netze über Ein- und Ausspeise- lenmäßig großen Inanspruchnahme des § 8 Abs. 1
punkte weitergeleitet wird. Dabei muss die Näm- Satz 3 EEG über die Bereiche örtlicher oder benach-
lichkeit des Gases nicht gewährleistet sein, aber barter Gasversorgungsnetze hinaus vorerst nicht zu
jedenfalls (überhaupt) ein physischer Gastransport rechnen sein.
„von Netz zu Netz“ erfolgen.2 Insbesondere bei Auch dieser Umstand erscheint aber aus rechtli-
einer Äquivalenzgasnutzung in benachbarten Net- cher Sicht nicht geeignet, die oben gezogene
zen, aber auch etwa bei der Einspeisung in Fernlei- Schlussfolgerung in Frage zu stellen, nach der davon
tungen wird hiervon Gebrauch gemacht werden auszugehen ist, dass das Gesetz für eine Gasäquiva-
können. Die Vertragsbeziehungen gestalten sich lentnutzung über die Grenzen der jeweiligen Versor-
hier ebenfalls nach dem oben beschriebenen gungsnetzbereiche hinaus grundsätzlich offen ist. § 8
Muster, weil der Biogashersteller (rechtlich) auch Abs. 1 Satz 3 EEG lässt insbesondere nicht erkennen,
hier eine Lieferantenrolle einnehmen kann. Je mehr dass seine Anwendung an einen physischen Gastrans-
Netze verschiedener Betreiber jedoch in Anspruch port zwischen den betroffenen Netzen gebunden sein
genommen werden, desto größer wird der Transak- soll. Auch die oben als „indirekte Äquivalenzlösung“
tionsaufwand. bezeichnete Konstruktion, bei der es (überhaupt)
179
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
nicht zu einem Austausch von Gasen zwischen den druck bringen, dass diese Bedingung zusätzlich zu
verschiedenen Netzen kommt, wird deshalb nach hie- den anderen Voraussetzungen erfüllt sein muss, ande-
siger Auffassung durch die Vorschrift abgedeckt. rerseits verdeutlichen, dass die Anlage nicht ständig
im KWK-Betrieb laufen muss, sondern eine zeitwei-
7.4.4 „Technologiebonus“ und „KWK-Bonus“ lige Kraft-Wärme-Kopplung insoweit ausreicht.3
Im selben Kontext stellt die Begründung auch klar,
In Bezug auf den in seinem Wortlaut etwas unüber- dass der Technologiebonus des § 8 Abs. 4 EEG mit
sichtlich geratenen § 8 Abs. 4 Satz 1 EEG zum „Tech- dem speziellen KWK-Bonus aus § 8 Abs. 3 des Geset-
nologiebonus“ sowie den in § 8 Abs. 3 EEG vorgese- zes kombiniert werden kann, der Anspruch auf Letz-
henen „KWK-Bonus“ sind drei Aspekte zu klären: teren aber voraussetzt, dass die Anlage ständig im
Erstens stellt sich die Frage, ob der Technologiebonus KWK-Betrieb gefahren wird.4
auch in Fällen der Gasäquivalentnutzung zur Anwen- Nur indirekt lässt sich demgegenüber aus den Ge-
dung kommen kann und welche Voraussetzungen setzesmaterialien schließlich gewisse Klarheit darüber
dies gegebenenfalls mit sich bringt. Zweitens ist zu gewinnen, was das Gesetz unter einer Aufbereitung
prüfen, ob hierbei zugleich auch der KWK-Bonus in auf „Erdgasqualität“ versteht. In Rechtsvorschriften
Betracht kommen kann. Und drittens ist zu erörtern, wird der Begriff „Erdgas“ nicht verbindlich definiert,
was unter dem in § 8 Abs. 3 Satz 1 EEG angesproche- schon gar nicht nach bestimmten einheitlichen „Qua-
nen Maßstab der „Erdgasqualität“ zu verstehen ist. litäts“-Merkmalen. Erdgas kann, wie sich insbeson-
§ 8 Abs. 4 Satz 1 EEG geht in seiner Grundgestalt dere aus Arbeitsblatt G 260 der DVGW ergibt, durch-
zurück auf den ursprünglichen Gesetzentwurf.1 Al- aus unterschiedliche Beschaffenheiten aufweisen.
lerdings erweiterte der Bundestag im Laufe der Geset- Insbesondere wird zwischen den L- und H-Gasen un-
zesberatungen sowohl den Anwendungsbereich als terschieden.5 Je nach Netzgebiet ist für Biogas daher
auch die Höhe des Bonus’. Speziell die Einbeziehung eine spezifische Aufbereitung für die Verwendung als
der Fallvariante „Aufbereitung von Gas aus Biomasse Austauschgas erforderlich, woraus sich auch ein mit-
auf Erdgasqualität“ geht auf einen Änderungsantrag unter wirtschaftlich erheblich voneinander abwei-
der Regierungsfraktionen in den Ausschussberatun- chender Aufbereitungsaufwand ergeben kann. Mithin
gen zurück, der bewusst darauf zielte, hier einen Bo- kann nicht von einer einheitlichen „Erdgasqualität“
nus für Fälle der Äquivalentnutzung an anderer ausgegangen werden.
Stelle zu schaffen. Zwar fand der Gedanke anders als Unter anwendungspraktischen Gesichtspunkten
im späteren § 7 Abs. 2 Satz 1 EEG für den Bereich der kann der Gesetzgeber einen im engeren Sinne einheit-
Klär- und Deponiegase keinen ausdrücklichen Nie- lichen Qualitätsstandard für Erdgas aber letztlich
derschlag im endgültigen Gesetzestext. Doch griff der auch nicht im Blick gehabt haben. Denn wenn es der
Bundestag den Gedanken in der Begründung des Vorschrift darum gehen soll, einen Anreiz zur Äqui-
endgültigen Gesetzesbeschlusses explizit auf. Der valentnutzung von Biogas an anderer Stelle zu setzen,
Sinn der „Erdgasaufbereitungsklausel“ liegt danach dann ergibt es keinen Sinn, einen von den jeweiligen
gerade darin, die Nutzung an anderer Stelle wirt- Übertragungsbedingungen im Netz – sei es in die eine
schaftlich interessant zu machen, um herkömmliches oder andere Richtung – abweichenden Maßstab anzu-
Gas in vorhandenen Anlagen zu ersetzen.2 Von daher legen. Gemeint sein kann in diesem Zusammenhang
kann kein Zweifel bestehen, dass die schließlich Ge- folglich nichts anderes als die Einhaltung der Min-
setz gewordene Formulierung als typischen Fall die destanforderungen an die Verwendung als Aus-
Gasäquivalentnutzung vor Augen hat. tauschgas für Erdgase am jeweiligen Einspeise-
Die Begründung der Gesetzes-Beschlussfassung punkt (siehe dazu auch die im Anhang zu dieser
gibt auch Aufschluss darüber, dass die Formulierung Ausarbeitung abgedruckten Kenndaten der Beschaf-
„wenn der Strom in Anlagen gewonnen wird, die fenheitsanforderungen aus dem DVGW-Arbeitsblatt
auch in Kraft-Wärme-Kopplung betrieben werden“ G 260).6
sehr bewusst gewählt ist. Sie soll einerseits zum Aus-
180
Rechtliche Rahmenbedingungen
1. Die Gesetzesbegründung formuliert den Sinn und Zweck der Vorschrift wie folgt (BT-Drs. 15/2864, S. 39): „Absatz 2 legt für die drei
unteren Leistungsbereiche eine Zusatzvergütung für den Fall fest, dass ausschließlich bestimmte Biomassearten zum Einsatz kommen.
Die Regelung resultiert aus den bisherigen Erfahrungen, nach denen ein wirtschaftlicher Betrieb von kleinen Anlagen nicht erreicht
werden kann, wenn ausschließlich (rein) pflanzliche Stoffe aus Landwirtschaft und Gartenbau, Fäkalien aus der Landwirtschaft
und/oder Waldrestholz eingesetzt werden. Rein pflanzliche Einsatzstoffe (insbesondere nachwachsende Rohstoffe und Waldrestholz)
sind gegenüber Biomasse aus Abfällen ungleich teuer. Kleine landwirtschaftliche Biogasanlagen, deren Haupteinsatzstoff Gülle ist,
können nur rentabel betrieben werden, wenn in beträchtlichem Umfang energiereiche Kofermente aus Abfällen (insbesondere tieri-
sche Fette) eingesetzt werden. Der Markt für derartige Stoffe ist jedoch eng begrenzt. Es zeichnet sich deshalb ab, dass das große Nut-
zungspotenzial der Biomasse land- und forstwirtschaftlicher Herkunft ohne zusätzliche Anreizinstrumente nicht in dem wünschens-
werten Umfang erschlossen werden kann. Die nach dem neuen Absatz 1 vorgesehenen neuen Vergütungsstufen für Kleinanlagen rei-
chen allein nicht aus, um die wirtschaftlichen Nachteile für Anlagen, in denen keine energiereichen Kofermente eingesetzt werden,
auszugleichen. Durch die Einführung des Bonus soll der Begrenztheit und einer Fehlleitung von Abfallstoffströmen begegnet werden
und ein Beitrag zur Erschließung nachwachsender Rohstoffe zur energetischen Nutzung geleistet werden.“
2. Vgl. BVerfGE 11, S. 126, 129 ff.; BVerfGE 54, S. 51, 57; BVerfGE 71, S. 81, 106.
181
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
damit argumentieren, auch die in § 8 Abs. 2 Satz 1 stofflichen Anforderungen der Vorschrift nicht mehr
Nr. 2 und Nr. 3 EEG aufgestellten zusätzlichen Anfor- erfüllt sind.
derungen an „die Biomasseanlage“ passten auf die- Demnach ist zu schließen: Nach hiesiger – aller-
sen Fall nicht. Nach diesen Bestimmungen müssen die dings streitbarer – Auffassung kommt ein Gülle-Na-
konkreten Einsatzstoffe für „die Biomasseanlage“ ent- WaRo-Bonus auch in Fällen der Äquivalentnutzung
weder in einer Genehmigung dokumentiert sein oder von Biogas grundsätzlich in Betracht. Die Anwen-
auf bestimmte Weise nachgewiesen werden (Nr. 2), dung der Vorschrift könnte sich in der Praxis aber als
und es dürfen sich auf dem Gelände der „Biomasse- schwer handhabbar erweisen.
anlage“ keine weiteren „Biomasseanlagen“ für andere
Einsatzstoffe befinden (Nr. 3). 7.4.6 Umstellung bestehender
Zwar ist insofern zuzugeben, dass sich nicht auf Stromerzeugungsanlagen
Anhieb erschließt, es könnte hier eine andere Anlage
gemeint sein als die Stromerzeugungsanlage selbst. In der Begründung der Beschlussvorlage zu § 8 Abs. 4
Bei näherem Hinsehen ergibt sich jedoch, dass die EEG heißt es:2
Verwendung des Begriffes „Biomasseanlage“ eher für
eine Möglichkeit der Anwendung auf Fälle der Gas- „Die Einspeisung von auf Erdgas aufbereitetem Gas
äquivalentnutzung spricht. Zu bedenken ist insoweit aus Biomasse ermöglicht eine effizientere Nutzung
nämlich, dass mit den in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 EEG als des Gases an anderer Stelle in einer
Kraft-Wärme-Kopplungsanlage. Die noch hohen
privilegiert hervorgehobenen Einsatzstoffen im Falle
Kosten der Gasreinigung werden über den Bonus
der Stromerzeugung aus Biogas auf die Einsatzstoffe aufgefangen. Durch das Gas aus Biomasse kann in
zur Vergärung, nicht auf die Einsatzstoffe zur unmit- vorhandenen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen Erd-
telbaren Stromerzeugung abzustellen ist. Anderen- gas verdrängt und somit ein Beitrag zur Ressourcen-
falls ergäbe sich nämlich die Konsequenz, dass ein schonung und zum Klimaschutz geleistet werden.“
NaWaRo-Gülle-Bonus für die Biogasnutzung generell
nicht in Betracht käme. Das aber widerspräche ein- Der Formulierung lässt sich die Absicht des Ge-
deutig dem (objektivierten) Willen des Gesetzgebers setzgebers entnehmen, die Bestimmung zum Techno-
(wie sich schon an der speziellen Regelung für Gülle logiebonus und damit in der Konsequenz auch den
zeigt, die einen Sinn nur im Hinblick auf die Vergä- Anspruch auf die Grundvergütung für die Verstro-
rung haben kann). Dementsprechend wird auch in mung von Biomasse nicht nur auf neue, sondern auch
der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebracht, auf bestehende Stromerzeugungsanlagen zur Anwen-
dass die Biogasnutzung einen der Hauptanwen- dung zu bringen, wenn bzw. sobald sie von vorheriger
dungsfälle für die Vorschrift darstellt.1 fossiler Brennstoffversorgung auf eine Biomassenut-
Versteht man § 8 Abs. 2 EEG demnach für Biogas- zung (einschließlich Äquivalenzgasnutzung) um-
anlagen generell als auf die Einsatzstoffe der Vergä- gestellt werden.
rung und nicht auf die Einsatzstoffe zur (unmittelba- Ob die Vorschriften des Gesetzes tatsächlich in die-
ren) Stromerzeugung bezogen, so können die sem Sinne zu verstehen sind, erscheint jedoch streit-
Einzelbestimmungen der Regelung folglich auch auf bar. Gegen ein solches Verständnis lässt sich vorbrin-
Fälle der Äquivalentnutzung von Biogas grundsätz- gen, dass der Gesetzgeber im Rahmen der
lich bruchlos angewendet werden. Dabei ergibt sich EEG-Novelle keine spezielle Vorschrift im eigentli-
dann aber die Besonderheit, dass es in Bezug auf die chen Gesetzestext geschaffen hat, die dieser Absicht
Einsatzstoffe auf die korrespondierenden Vergärungs- klar Ausdruck verleihen würde. Angesichts des Um-
anlagen ankommt, der (zivilrechtliche) Nachweis in- stands, dass die Vergütungssätze in den Regelungen
soweit aber gegenüber dem Stromnetzbetreiber durch des § 8 EEG vom Ansatz her (unter anderem) darauf
den Betreiber der Stromerzeugungsanlage geführt zugeschnitten sind, eine auf die spezifischen Investiti-
werden muss. Das dürfte einer Anwendung in der onskosten für neue Anlagen bezogene Anreizwirkung
Praxis eine schwierige Hürde bereiten – wenn nicht zu entfalten, hätte die Schaffung einer solchen aus-
sogar diese weitgehend uninteressant machen –, da drücklichen Regelung nahe gelegen. Denn bei der
der Stromerzeuger den Bonus gemäß § 8 Abs. 2 Satz 4 schlichten Brennstoffumstellung fehlt es investitions-
der Regelung endgültig verlieren würde, sobald die seitig an vergleichbaren Kosten. Von daher erscheint
182
Rechtliche Rahmenbedingungen
die schlichte Brennstoffumstellung zumindest nicht (auch einer solchen im KWK-Betrieb) auf die Nutzung
als ein typischer Fall für die Anwendbarkeit der Ver- von Biogas oder Äquivalenzgas nach § 3 Abs. 4 EEG
gütungsbestimmungen, auch wenn wiederum ver- nicht als Erneuerung anzusehen ist, da durch die
brauchsseitig durchaus von in spezifischer Weise er- Brennstoffumstellung allein die maßgebende
höhten Kosten ausgegangen werden kann. Schwelle der Investitionskosten nicht erreicht würde
Auf der anderen Seite ist jedoch zu bedenken, dass (es sei denn, die Altanlage würde mit entsprechenden
das Gesetz den Vergütungsanspruch auch sonst nicht Investitionskosten tatsächlich erneuert – auch erwei-
an die generelle Voraussetzung knüpft, dass das je- tert2 – und nachfolgend mit Biogas oder Äquivalenz-
weils anzuschließende Aggregat technisch neu (gänz- gas betrieben).
lich ungebraucht) ist. Bereits unter Geltung des EEG Eine andere Frage ist, ob man nach erfolgter Um-
2000 hat sich dem entsprechend – soweit ersichtlich stellung einer zuvor fossil betriebenen Stromerzeu-
unbeanstandet – die Praxis entwickelt, etwa bereits gungseinheit auf Biomassebrennstoff von einer origi-
gebrauchte Dieselaggregate auf Pflanzenölbasis als nären Inbetriebnahme im Sinne des § 3 Abs. 4 EEG
EEG-Anlagen anzuschließen und die Vergütung in ausgehen kann. Insofern fragt sich, ob es darauf an-
Anspruch zu nehmen – ungeachtet dessen, dass Ver- kommt, zu welchem Zeitpunkt die Stromerzeugungs-
gütungshöhe und Investitionskosten hier ebenfalls anlage als eine solche erstmals betrieben oder zu wel-
nicht korrelieren. Zwar unterschied das EEG 2000 chem Zeitpunkt sie als Erneuerbare-Energien-Anlage
ausdrücklich zwischen Alt- und Neuanlagen (vgl. § 2 erstmals in Betrieb gesetzt wurde.
Abs. 3 EEG 2000), doch ging man unter Berücksichti- Bezieht man in die Betrachtung den Anlagenbe-
gung des Förderzwecks des Gesetzes davon aus, dass griff des § 3 Abs. 2 EEG ein, so spricht mehr dafür, für
es insoweit auf die erstmalige Lieferung von Strom an entscheidend zu erachten, wann das jeweilige Aggre-
einen aufnahmepflichtigen Netzbetreiber unter dem gat erstmals als EE-Anlage in Betrieb gesetzt wurde.
EEG ankommen sollte1, nicht also darauf, zu welchem Denn als „Anlage“ definiert § 3 Abs. 2 Satz 1 EEG
Zeitpunkt die Anlage als technisches Aggregat fertig „jede selbständige technische Einrichtung zur Erzeu-
gestellt war oder erstmals überhaupt (außerhalb des gung von Strom aus Erneuerbaren Energien (…)“ (Her-
EEG) Strom produzierte. vorhebung d. Verf.). Aus der Perspektive des Anla-
Auf Grundlage der heutigen Fassung des Gesetzes genbegriffes lässt sich also schließen, zuvor auf
ist für die Entstehung eines Vergütungsanspruches fossiler Basis betriebene Aggregate würden erst durch
maßgebend, ob bzw. zu welchem Zeitpunkt von einer die Bereitstellung zur Einspeisung von EE-Strom zu
„Inbetriebnahme“ im Sinne des § 3 Abs. 4 EEG aus- „Anlagen“ im Sinne des EEG. Daher sei von einer In-
zugehen ist: betriebnahme im Sinne von § 3 Abs. 4 EEG stets erst
Gemäß § 5 Abs. 1 EEG sind die Netzbetreiber ver- von dem Zeitpunkt an auszugehen, in dem ein Strom-
pflichtet, den der Abnahmepflicht unterliegenden erzeugungsaggregat erstmals mit einem EE-Brenn-
Strom „nach Maßgabe der §§ 6 bis 12 zu vergüten“. stoff zum Zwecke der Stromeinspeisung in Betrieb ge-
§ 12 Abs. 3 EEG bestimmt seinerseits, dass die Min- setzt wird. Auf den Zeitpunkt der erstmaligen
destvergütungen „vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme Stromerzeugung als solcher kommt es dann nicht an.
an“ jeweils für eine bestimmte Dauer zu zahlen sind. Demnach gibt es im Text des EEG durchaus einen
Unter welchen Voraussetzungen von einer Inbetrieb- tragfähigen Anknüpfungspunkt für die Auffassung,
nahme auszugehen ist, regelt § 3 Abs. 4 EEG. Danach nach Umstellung auf Biomassebrennstoff könne für
ist unter Inbetriebnahme zu verstehen: „die erstma- ein zuvor fossil betriebenes Stromerzeugungsaggre-
lige Inbetriebsetzung der Anlage nach Herstellung ih- gat die Vergütung nach § 8 EEG in Anspruch genom-
rer technischen Betriebsbereitschaft oder nach ihrer men werden, auch wenn die Umstellung in verhält-
Erneuerung“. Für den Fall der Erneuerung wird er- nismäßig geringem Umfang zu spezifischen
gänzt: „sofern die Kosten der Erneuerung mindestens Investitionskosten führt. Aus diesem Blickwinkel be-
50 Prozent der Kosten einer Neuherstellung der ge- durfte es einer ausdrücklichen Klarstellung der betref-
samten Anlage (…) betragen“. fenden Regelungsabsicht im Gesetz nicht, weil bereits
Demnach kann einerseits nicht zweifelhaft sein, der Anlagenbegriff die angesprochene Konsequenz in
dass die Umstellung einer bestehenden, bisher mit sich trägt.
fossilem Gas betriebenen Stromerzeugungsanlage
183
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Dieser Interpretation muss nicht entgegenstehen, bereits aus dem Stromeinspeisungsgesetz und dem
dass § 3 Abs. 4 EEG für die Anerkennung der Erneue- Erneuerbare-Energien-Gesetz in der Ursprungsfas-
rung (auch Erweiterung) einer bestehenden Anlage sung vom 29. März 20001 bekannten so genannten
als neu in Betrieb genommen ungleich strengere Maß- Ausschließlichkeitsprinzip fest, wonach grundsätzlich
stäbe anlegt. Denn insoweit geht es dem Gesetz spezi- nur diejenige Art der Stromerzeugung privilegiert
ell darum zu verhindern, dass die Bestimmungen zur wird, die vollständig auf dem Einsatz der genannten
Laufzeit und zur stufenweisen Degression der Vergü- Energie beruht.2
tung durch geringfügige Änderungen an der Anlage Aus dem Ausschließlichkeitsprinzip ergeben sich
umgangen werden. auch für die gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 EEG von der Ver-
In der Sache kann allerdings nicht übersehen wer- gütungsvorschrift grundsätzlich erfasste Gasäquiva-
den, dass eine Anerkennung der erstmaligen Inbe- lentnutzung im Biomassebereich einige wichtige
triebsetzung von Stromerzeugungsaggregaten nach rechtliche Konditionen. Anzuknüpfen ist dabei an das
Umstellung auf Biomasse als „Inbetriebnahme“ im Ausschließlichkeitsprinzip in der diesem durch § 8
Sinne des EEG dazu führen kann, den Betreibern im EEG für den Biomassebereich verliehenen spezifi-
Einzelfall der Höhe nach Vergütungen zuzuerkennen, schen Gestalt:
die durch die konkret getätigten Investitionen nicht Im Hinblick auf Biomasse greift das Gesetz das
gerechtfertigt sind (insbesondere wenn bereits weiten- Ausschließlichkeitsprinzip in § 8 Abs. 1 Satz 1 näm-
teils abgeschriebene Anlagen umgestellt werden). Im lich in spezifischer Weise auf. Dort heißt es: „Für
Falle der Umstellung auf Biogas oder Äquivalenzgas Strom, der in Anlagen (…) gewonnen wird, die aus-
relativiert sich diese Disparität zwar insofern, als auf schließlich Biomasse im Sinne der nach Absatz 7 erlas-
Seiten des Einspeisers die besonderen Kosten des ver- senen Rechtsverordnung einsetzen, beträgt die Vergü-
brauchten Biogases bzw. Äquivalenzgases zu Buche tung (…).“ Dieser speziell auf Biomasse bezogenen
schlagen, in denen sich anteilig auch die Kosten für Regelung bedarf es, weil die Biomasseverordnung in
die Biogasherstellung widerspiegeln (und die im Hin- gewissem Umfang das Vorhandensein von Fremdstof-
blick auf die Gesamtkosten durchaus im Vordergrund fen und Verunreinigungen duldet.3 Erst auf diese
stehen können). Aus rechtlich-systematischer Sicht Weise wird es möglich, Biomassestrom auf praktika-
ändert dies aber nichts daran, dass es sich hier um ble Weise in die Vergütungsregelungen einzubezie-
eine besondere Fallgestaltung handelt, auf welche die hen. Ohne die Gestattung von Verunreinigungen und
Vergütungssätze jedenfalls nicht in spezifischer Weise Fremdstoffen in der Biomasse müssten weite Teile der
zugeschnitten sind. Biomassenutzung aus der EEG-Vergütung herausfal-
Vor diesem Hintergrund ist im Ergebnis zu schlie- len, weil eine Extraktion solcher Stoffe in vielen Fällen
ßen, dass gute – und aus der Sicht des Verfassers nicht oder nicht auf wirtschaftlich zumutbare Weise
rechtlich überzeugendere – Argumente dafür spre- möglich ist. Das gilt auch und im Besonderen für
chen, die Inbetriebsetzung nach Umstellung auf Bio- durch Vergärung erzeugtes Biogas.4
massebrennstoffe als (Neu-) Inbetriebnahme im Sinne Befinden sich demgegenüber energetisch wirk-
von § 3 Abs. 4 EEG anzuerkennen. Als gesichert kann same Fremdstoffe und Verunreinigungen im einge-
die Rechtslage aber insoweit nicht angesehen werden. setzten Material, die von der BiomasseV nicht als
rechtlich unproblematische Bestandteile der Biomasse
7.4.7 Ausschließlichkeitsprinzip hingenommen werden, so besteht kein Vergütungs-
anspruch, und zwar auch nicht anteilig.5 Das Gesetz
7.4.7.1 Das Ausschließlichkeitsprinzip im Kontext verzichtet insoweit bewusst auf die Möglichkeit, Tech-
des § 8 EEG nologien der Misch- und Mitnutzung von Biomasse in
konventionell betriebenen Energieerzeugungsanlagen
Ein Vergütungsanspruch besteht gemäß § 5 Abs. 1 in seine Förderwirkungen einzubeziehen, weil es da-
EEG nur „für die Stromerzeugung in Anlagen, die von ausgeht, dass es hierfür grundsätzlich keiner zu-
ausschließlich erneuerbare Energien einsetzen“. Das sätzlichen wirtschaftlichen Anreizimpulse bedarf.
Gesetz hält damit hinsichtlich der Vergütung an dem
184
Rechtliche Rahmenbedingungen
Im Rahmen der Stromerzeugung aus Biomasse to- lich noch weiteres, über die Äquivalenzmenge hin-
leriert das Gesetz, wie in seinem § 8 Abs. 6 zum Aus- ausgehendes Gas zur Stromerzeugung benutzt wer-
druck kommt, in bestimmtem Umfang (bis zu 10 %) den, das selbst nicht aus Biomasse stammt?
auch den Einsatz von fossilen Energieträgern zum Geht man an dieser Stelle von dem Ausschließlich-
Zwecke der Zünd- und Stützfeuerung. Allerdings un- keitsprinzip in seiner vom Ansatz her auch für § 8
terscheidet die Regelung hierbei zwischen Anlagen, EEG maßgebenden Grundform aus, so muss diese
die bis Ende 2006 in Betrieb genommen wurden – für Frage verneint werden. Denn das Gesetz will ja die
sie gilt dieses Privileg fort – und solchen, die nach die- Mischnutzung von erneuerbaren und nicht erneuer-
sem Zeitraum in Betrieb gehen. Hiermit will das Ge- baren Energien nicht in den Privilegierungstatbestand
setz einen spezifischen Anreiz zur Förderung der aufnehmen.2 Rechtlich stellte sich der geschilderte
technologischen Weiterentwicklung setzen. Es knüpft Fall als eine solche Mischnutzung dar, weil ein Teil
hierbei an die auf Grundlage des EEG 2000 und der des entnommenen Gases (die Äquivalenzmenge) als
BiomasseV entstandene Praxis an.1 Biomasse anzusehen wäre, der Rest aber nicht. Für die
Praxis ergäbe sich daraus ein gewisses Problem, weil
7.4.7.2 Konsequenzen für Fälle der sich die Stromerzeuger dann nicht nur verbindlich
Biogasäquivalentnutzung entscheiden müssten, ausschließlich mit Äquivalenz-
gas zu arbeiten, sondern weil sie auch die Gesamt-
Allgemeines menge ihrer Stromerzeugung von der rechnerischen
Für Fälle der Biogasäquivalentnutzung, bei der die Menge des erworbenen Äquivalenzgases abhängig
Orte der Gaserzeugung und der Gasnutzung ausein- machen müssten (wobei die Begründung der Be-
ander fallen, fragt sich, ob und ggf. welche der Bedin- schlussvorlage zum Gesetz allerdings klarstellt, dass
gungen des Ausschließlichkeitsprinzips einerseits für es auf eine zeitlich parallel gehende Einspeisung und
die Gaserzeugung (bei Biogas also für die Vergärung) Entnahme nicht ankommt).3
und andererseits für die Nutzung des Äquivalenzga- Das Gesetz gibt einen gewissen Anhalt für eine
ses zur Stromerzeugung anzuwenden sind. weniger restriktive Auslegung, indem es ausspricht,
Ausgangspunkt der Beurteilung muss dabei die dass das entnommene Gas als Biomasse gilt, soweit es
Äquivalenzklausel des § 8 Abs. 1 Satz 3 EEG sein, der in Bezug genommenen Wärmeäquivalenzmenge
nach der aus einem Gasnetz entnommenes Gas „als entspricht. Der Begriff „soweit“ impliziert zwar nicht
Biomasse“ gilt, „soweit“ die Menge des entnomme- zwangsläufig, dass in der Anlage außerdem noch zu-
nen Gases im Wärmeäquivalent der Menge von an an- sätzliche Mengen von rechtlich nicht als Biomasse an-
derer Stelle im Geltungsbereich des Gesetzes in das erkanntem Gas zum Einsatz kommen. Er spricht aber
Gasnetz eingespeistem Gas aus Biomasse entspricht. doch von seinem Bedeutungsgehalt her eher für eine
Demnach ist im ersten Schritt der Auslegung fest- solche Interpretation, denn ein in dieser Hinsicht rest-
zuhalten, dass das entnommene Äquivalenzgas recht- riktives Verständnis hätte sich durch die Verwendung
lich wie (sonstiges) Gas aus Biomasse zu behandeln des Wortes „wenn“ an Stelle von „soweit“ klarer zum
ist. Das bedeutet, dass es – in der fachlich üblichen Ausdruck bringen lassen.
Ausdrucksweise – auf die Nämlichkeit des Gases Eine Lockerung des Ausschließlichkeitsprinzips
nicht ankommt. Es ist also hinsichtlich der Aus- für den Anwendungsbereich der Äquivalenzregelung
schließlichkeitsforderung gleichgültig, welche tat- ließe sich auch gut mit der in der Gesetzesbegrün-
sächliche Zusammensetzung das entnommene Gas dung ausgesprochene Absicht in Einklang bringen, ei-
hat. Es gilt schlicht ungeachtet dessen als Biomasse. nen spezifischen Anreiz zur Verdrängung von kon-
ventionellem Erdgas in vorhandenen KWK-Anlagen
Anwendung auf der Ebene der Stromerzeugung setzen zu wollen.4 Dieser Anreiz dürfte bei uneinge-
Daran knüpft sich allerdings eine weitere, nicht ganz schränkter Anwendung des Ausschließlichkeitsprin-
so eindeutig zu beantwortende Frage an: Darf für die zips in weit weniger bedeutendem Umfang zum Tra-
Stromerzeugung in der betreffenden Anlage zusätz- gen kommen können, weil sich die Betreiber
185
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
bestehender Anlagen dann verbindlich entscheiden legierungszweck lässt sich weder aus dem Wortlaut
müssten, von einem bestimmten Zeitpunkt an aus- des § 8 Abs. 1 Satz 3 EEG noch auch aus den Gesetzes-
schließlich Äquivalenzgas einzusetzen. Dafür würden materialien herleiten.
sie sich in eine ausgeprägte Abhängigkeit von der Im Resultat ist deshalb davon auszugehen, dass
Marktentwicklung für Äquivalenzgase begeben müs- das Ausschließlichkeitsprinzip auf der Stromerzeu-
sen – so weit, dass sich das Interesse an der Inan- gungsseite uneingeschränkt auch für Fälle der Äqui-
spruchnahme der Äquivalenzregelung in vielen Fäl- valentnutzung gilt.
len eher zurückhalten dürfte.
Gegen eine solche Interpretation spricht jedoch mit Anwendung auf der Ebene der Gaserzeugung
einigem Gewicht, dass § 8 Abs. 1 Satz 3 EEG schon Auf der Ebene der Stromerzeugung steht die grund-
von seinem Wortlaut her als Ergänzung zu § 8 Abs. 1 sätzliche Anwendbarkeit des Ausschließlichkeitsprin-
Satz 1 EEG formuliert ist, nicht als eigenständiger zips außer Frage, da das Gesetz selbst darauf abstellt,
Vergütungstatbestand für Äquivalenzgas. Satz 3 re- ob in den Anlagen „zur Stromerzeugung“ ausschließ-
gelt, was als Biomasse im Sinne von Satz 1 gilt, nicht lich Biomasse zum Einsatz kommt. Anders sieht es,
aber, welche Art der Stromerzeugung neben der in soweit es um Fälle der Biogasäquivalentnutzung im
Satz 1 erwähnten außerdem noch vergütungsfähig ist. Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 3 EEG geht, für die Ebene
Die Formulierung des Satzes 3 lässt nicht erkennen, der Gaserzeugung aus.
dass mit ihr auch das Wort „ausschließlich“ aus Satz 1 Bei der Gasäquivalentnutzung fallen Gas- und
bedeutungslos werden sollte. Das Ausschließlich- Stromerzeugung räumlich auseinander. Für die Ebene
keitsprinzip wird vom Wortlaut her durch Satz 3 also der Gaserzeugung spricht § 8 Abs. 1 Satz 3 EEG nur
weder aufgehoben noch modifiziert. aus, dass es sich bei dem eingespeisten Gas um „Gas
Zu bedenken ist insoweit auch, dass die Vergü- aus Biomasse“ handeln muss (siehe hierzu auch oben,
tungssätze des § 8 Abs. 1 Satz 1 EEG ganz auf Anla- unter 4.2). Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist dem-
gen zugeschnitten sind, die ausschließlich erneuer- nach nicht zwingend erforderlich, dass das gesamte
bare Energien einsetzen. Stellt man sich eingespeiste Gas seinerseits ausschließlich aus Bio-
demgegenüber Fallgestaltungen vor, in denen Bio- masse gewonnen sein muss. Da die Bestimmung le-
masse lediglich als Beimischung eingesetzt wird, so diglich an die Menge des eingespeisten Gases aus Bio-
fragt sich bereits, welches der anzuwendende Leis- masse im Wärmeäquivalent anknüpft, könnte man
tungsmaßstab sein müsste. Wendete man die Vergü- die Vorschrift dahin verstehen, dass es in Bezug auf
tungssätze in der einen oder anderen Weise auf Anla- die Ebene der Gaseinspeisung ebenfalls ausreicht, den
gen mit nur anteiligem Äquivalenzgaseinsatz an, so Wärmeäquivalentanteil der eingesetzten Biomasse
verschöben sich damit für diese die mit den einzelnen zu bestimmen. Das aber würde bedeuten, dass das
Vergütungsstufen an sich intendierten Anreizschwel- Ausschließlichkeitsprinzip für die Ebene der Gaser-
len, weil die Ausgangsbedingungen für die Wirt- zeugung (also insbesondere für die Vergärung) irrele-
schaftlichkeit von Anlagen mit anteiligem Äquiva- vant wäre. Der Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 3 EEG
lenzgaseinsatz andere sein können als für Anlagen, lässt für ein solches Verständnis zumindest einen
die ausschließlich mit Gas aus Biomasse betrieben Spielraum.
werden. In der Konsequenz resultierte daraus allerdings
Schließlich überzeugt das Argument, bei Anwen- wiederum ein Wertungswiderspruch innerhalb des
dung des Ausschließlichkeitsprinzips auf die Äquiva- Gesetzes, der die Wirksamkeit des Ausschließlich-
lenzgasnutzung sei die Anreizwirkung für den Ein- keitsprinzips im gesamten übrigen Anwendungsfeld
satz von Äquivalenzgas in bestehenden KWK- des § 8 EEG gefährdete. Es entstünde nämlich eine Si-
Anlagen sehr viel geringer, auch deshalb nicht, weil tuation, in der im Falle einer direkt mit der Strompro-
die Einhaltung des Ausschließlichkeitsprinzips von duktion verbundenen Gaserzeugung das Ausschließ-
den jeweiligen Anlagenbetreibern auch in allen übri- lichkeitsprinzip eingehalten werden müsste, bei einer
gen Bereichen des EEG strikt verlangt wird. Das ist Einspeisung desselben Gases in ein Gasnetz zur Äqui-
schlicht der Normalfall des EEG. Eine Auflockerung valentnutzung an anderer Stelle jedoch nicht. Damit
des Ausschließlichkeitsprinzips für die Äquivalent- würde die neu eingeführte Ausnahme der Biogas-
nutzung würde zu einer substantiell erheblichen Pri- äquivalentnutzung gegenüber der an sich als Haupt-
vilegierung der Äquivalenzgasnutzer im Vergleich zu fall vorgesehenen Stromerzeugung vor Ort auf mar-
allen übrigen Betreibern von Stromerzeugungsanla- kante Weise besser gestellt. Eine derartige
gen unter dem EEG führen. Ein entsprechender Privi- Privilegierungswirkung ginge weit über die mit der
186
Rechtliche Rahmenbedingungen
1. Vgl. BT-Drs. 15/2864 (insb. S. 38 ff.); ferner BT-Drs. 15/2327 (insb. S.21).
187
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Gewisse Verbesserungen der Bedingungen für die Überblicksprüfung darüber, ob auf Grundlage der
Biogaseinspeisung lassen sich allerdings durch einige übergeordneten Rechtsbestimmungen aus dem Eu-
andere im Entwurf für das neue EnWG enthaltene Be- ropa- und Verfassungsrecht überhaupt Raum für der-
stimmungen bzw. durch die dazu vorgesehenen un- artige Vorstellungen besteht. Diese Frage konnte be-
tergesetzlichen Regelungen erwarten. Insbesondere jaht werden:
könnte sich die Situation durch die vorgesehene Ord- - In europarechtlicher Hinsicht kommt es insoweit für
nung des Netzzugangs über ein so genanntes alle vorstellbaren Modelle maßgebend auf ihre Ver-
Entry-Exit-System verbessern. Im Zuge der Umset- einbarkeit mit der Erdgasrichtlinie 20003/55/EG an.
zung dieses Systems sieht der vorliegende Entwurf Diese gestattet den Mitgliedstaaten unter bestimm-
für die Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV) einen ten Voraussetzungen, den Netzbetreibern „gemein-
partiellen Vorrang für Biogas vor (einerseits innerhalb wirtschaftliche Verpflichtungen“ aufzuerlegen, und
von örtlichen Verteilnetzen, andererseits im Verfahren zwar auch aus Gründen des Klimaschutzes. Solcher-
der Kapazitätszuweisung bei Engpasssituationen). Zu art Verpflichtungen müssen zwar „nichtdiskriminie-
beachten ist jedoch, dass die Bedeutung der Vorrang- rend“ sein. Damit wird den Mitgliedstaaten nach der
regelungen begrenzt bleibt, weil von ihnen nur profi- hier vertretenen Auslegung aber nicht jede Form der
tieren kann, wer über einen vertraglichen Abnehmer Unterschiedsbehandlung untersagt. Der Begriff
des Biogases bzw. des Biogasäquivalents verfügt. Mit „nichtdiskriminierend“ muss vielmehr Im Kontext
den geplanten Vorrangbestimmungen würde näm- des spezifischen Regelungszweckes der Richtlinie
lich nicht eine Abnahmepflicht für die Netzbetreiber verstanden werden, der darin liegt, die Öffnung der
geschaffen, sondern nur eine (auf bestimmte Situatio- bislang überwiegend monopolartig versorgten
nen bezogene) Pflicht zur Gewährung eines Trans- Netze für andere Marktteilnehmer zu bewirken.
portvorranges. Sofern den Privilegierungen für Biogas kein spezifi-
Abgesehen hiervon ist zu erwarten, dass sich die sches Moment der Hemmung oder Verzerrung des
Ausgangssituation hinsichtlich des Speicherzugangs Wettbewerbs zwischen den am Markt beteiligten
verbessern wird. Der Entwurf zum neuen EnWG sieht Unternehmen zukommt, tragen sie demnach auch
– den verbindlichen Vorgaben der Gasrichtlinie fol- keinen im Sinne der Richtlinie „diskriminierenden“
gend – vor, die Betreiber von Speicheranlagen dazu zu Charakter. Vor diesem Hintergrund ist nach hiesi-
verpflichten, den Marktteilnehmern diskriminie- gem Verständnis davon auszugehen, dass die Richt-
rungsfrei Zugang zu gewähren, sofern der Speicher- linie der Einführung von speziellen Instrumenten
zugang für den Kunden wirtschaftlich erforderlich ist. zur Privilegierung von Biogas nicht grundsätzlich
Hiervon dürfte insbesondere auch auszugehen sein, entgegensteht.
wenn der Speicherzugang zum Ausgleich von saiso- - Aus den Anforderungen des EGV ergeben sich eben-
nalen Schwankungen begehrt wird. falls keine grundsätzlichen Hindernisse. Abnahme-
und Vergütungsmodelle sind nicht als Regelungen
(2) Rechtliche Spielräume für Vorrangregelungen für „staatliche Beihilfen“ anzusehen, sofern der Staat
und Privilegierungen hierbei nicht eigenes Geld einsetzt. Durch Privilegie-
Die bisherigen Rechtsbestimmungen fordern die rungen für Biogas würde zwar die Warenverkehrs-
grundsätzliche Gleichbehandlung, nicht jedoch die freiheit eingeschränkt. Aus den ggf. hinter den
Privilegierung von Biogas gegenüber herkömmlichem Regelungen stehenden Motiven des Klima- und Res-
Erdgas. Vorstellbar sind vom Ansatz her aber auch sourcenschutzes können sich aber grundsätzlich aus-
vielfältige Formen der Besserstellung oder Förderung reichende Rechtfertigungsgründe hierfür ergeben.
der Biogaseinspeisung, etwa in Gestalt von Abnahme- - In verfassungsrechtlicher Hinsicht sind ebenfalls
und Vergütungspflichten (in Anlehnung an das EEG), keine grundlegenden Hindernisse ersichtlich. Die
von spezifischen Vorrangregelungen für den Netzzu- mit den Regelungen verbundenen Eingriffe in
gang (wie sie hinsichtlich bestimmter Konstellationen Grundrechte (insbesondere in das Recht der Berufs-
etwa im Entwurf zur GasNZV angelegt sind) oder freiheit, Art. 12 Abs. 1 GG) können vom Ansatz her
von Erleichterungen bei den technischen Kompatibili- durch die mit den Regelungen verfolgten Ziele des
tätsanforderungen. Klima- und Ressourcenschutzes ausreichend
Im Zusammenhang dieser Ausarbeitung war es gerechtfertigt werden. Finanzverfassungsrechtliche
nicht möglich, bestimmte Instrumente zur Privilegie- Probleme sind nicht zu erwarten, weil es (bzw.
rung im Einzelnen auf ihre Machbarkeit hin zu unter- sofern es) nicht um Instrumente mit Abgaben-
suchen. Realisierbar war lediglich eine kursorische charakter geht.
188
Rechtliche Rahmenbedingungen
(3) Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem neuen Anforderungen kommt es insoweit auf diejenigen
EEG Anlagen an, in denen das Biogas hergestellt wird,
Nach der durch die Novelle 2004 eingeführten Be- nicht auf die Stromerzeugungsanlage. Die Nach-
stimmung des § 8 Abs. 1 Satz 3 EEG kann die Zahlung weisführung für die Einhaltung gegenüber dem
der EEG-Vergütung für Biomassestrom auch bean- Betreiber des Stromnetzes obliegt dabei dem Strom-
sprucht werden, soweit aus einem Gasnetz Gas ent- erzeuger.
nommen wird, das in seinem Wärmeäquivalent an an- - Gute – und aus der Sicht des Verfassers rechtlich
derer Stelle in das Gasnetz eingespeistem Gas aus überzeugendere – Argumente sprechen dafür, die
Biomasse entspricht (Äquivalenzgasnutzung). Im Inbetriebsetzung zuvor fossil betriebener Stromer-
Hinblick auf die Auslegung der Vorschrift ergibt sich zeugungsaggregate nach Umstellung auf Biomasse-
eine Reihe von Fragen, die im Kontext des Gutachtens brennstoffe als (Neu-) Inbetriebnahme im Sinne von
zu beantworten waren: § 3 Abs. 4 EEG anzuerkennen.
- Unter „Gas aus Biomasse“ ist einerseits sämtliches - Das Ausschließlichkeitsprinzip ist nach hiesiger
durch Vergärung erzeugtes „Biogas“ im Sinne von Rechtsauffassung ausnahmslos sowohl auf der
§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BiomasseV zu verstehen, Ebene der Äquivalenzgasnutzung als auch auf der
andererseits auch sonstiges Gas, das aus Biomasse Ebene der Biogaserzeugung anzuwenden. Verzich-
im Sinne der BiomasseV hergestellt wurde (z. B. tete man im Bereich der Äquivalenzgasnutzung
Gas aus der Holzvergasung). partiell auf eine Anwendung des Ausschließlich-
- Nicht ganz eindeutig ist, ob die Nutzung des Äqui- keitsprinzips, so ergäben sich bedeutsame Wer-
valenzgases im selben (örtlichen) Gasversorgungs- tungsungleichheiten im Verhältnis zu den sonstigen
netz erfolgen muss wie die Einspeisung des Anwendungsfällen des EEG. Das wäre mit dem
Biogases. Der Wortlaut der Vorschrift lässt eine sol- Sinn und Zweck der Bestimmungen nicht verein-
che enge Auslegung ebenso zu wie ein Verständnis bar. In der Konsequenz führt die uneingeschränkte
in dem Sinne, dass das Gas auch an anderen Orten in Anwendung des Ausschließlichkeitsprinzips dazu,
das deutsche Gasnetz eingespeist worden sein kann. dass die Inanspruchnahme des § 8 Abs. 1 Satz 3
Die Auslegung ergibt, dass auf Grundlage von Sinn EEG bei Äquivalentnutzung von Biogas nur mög-
und Zweck der Vorschrift mehr dafür spricht, die lich ist, wenn
Klausel in einem weiten – nicht an das jeweilige - in der Vergärungsanlage ausschließlich Stoffe
Ortsnetz gebundenen – Sinne zu verstehen. eingesetzt werden, deren Einsatz zur Vergärung
- Die Nutzer von Äquivalenzgas für die Stromerzeu- nach Maßgabe von § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Bio-
gung können unter gegebenen Voraussetzungen masseV zur Erzeugung von Biogas zulässig ist,
auch den Technologiebonus (§ 8 Abs. 4 EEG) und und
den KWK-Bonus (§ 8 Abs. 3 EEG) beanspruchen. - in der Stromerzeugungsanlage ausschließlich
- Auch die Inanspruchnahme des sog. NaWaRo- Äquivalenzgas und/oder originäres Biogas ein-
Gülle-Bonus’ (§ 8 Abs. 2 EEG) kommt bei der Äqui- gesetzt wird (also keine über die Äquivalenz-
valenzgasnutzung in Betracht. Sinn und Zweck des menge hinausgehender Einsatz konventionellen
§ 8 Abs. 1 Satz 3 EEG sprechen für ein entsprechen- Gases erfolgt).
des Verständnis. Hinsichtlich der materiellen
189
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Beschaffenheitsanforderungen an Erdgas
gemäß Tabelle 3 des DVGW-Arbeitsblattes G 260 zur Nutzung von Biogas als Ausauschgas für Grundgas
zugleich gemäß Nr. 4.4.2 DVGW-Arbeitsblatt G 260 maßgebende Kriterien für die Nutzung
von Biogas als Ausauschgas für Grundgas (nach erfolgter Aufbereitung)
190
Bewertung 8 8
Abschließend werden die Ergebnisse dieser Studie zu- Die Einspeisung kleiner Mengen von z. B. 30 m3/h
sammengefasst und bewertet. Die Möglichkeiten der i. N. kann möglich sein, wenn die entsprechende
Aufbereitung und Einspeisung von Biogas in das Gas- Netz- und Abnehmerstruktur (Sondervertragskun-
netz werden aus technischer, ökonomischer, rechtli- den) vorhanden ist. Dies sind jedoch Einzelfälle, da
cher und aus Sicht der Biogas-Potenziale und -Pro- eine wirtschaftliche Anlagendimension wesentlich
duktion sowie der Erdgasnetz-Aufnahmekapazität größer ist.
resümiert. Wesentlich günstiger stellt sich die Situation be-
In der technischen Umsetzung ist es möglich, aus züglich einer Einspeisung in Mittel- und Hochdruck-
beliebiger Biogasqualität die Gasqualität des jeweili- netze dar.
gen Ortsnetzes zu erreichen. Unterschiedlich ist nur Bei diesen Einspeisungen gibt es keine Druckpro-
der zu betreibene Aufwand und die damit verbunde- bleme, die eingespeisten Mengen werden verteilt und
nen Kosten. Typische Aufbereitungsverfahren sind dann an den Kunden geliefert. Diese Netze, insbeson-
die Druckwasserwäsche (DWW), das Druckwech- dere die der Gastransportgesellschaften, haben wei-
sel-Adsorbtions-Verfahren (PSA), das Membran- terhin den Vorteil, dass die Biogasaufbereitungsan-
Trennverfahren und die kryogene Trennung der Gas- lage nicht in unmittelbarer Umgebung zum späteren
komponenten. Die beiden ersten (DWW und PSA) ha- Verbraucher gebaut werden muss. So könnten Biogas-
ben sich in der Praxis bisher in einer Vielzahl von An- aufbereitungsanlagen in ländlichen Gegenden bei ent-
lagen eindeutig durchgesetzt. Das Biogas verläßt die sprechender Netzanbindung durchaus größere Men-
jeweilige Aufbereitungsanlage mit einer Reinheit, gen Gas erzeugen und einspeisen.
welche die direkte Einspeisung in das Gasnetz als In jedem Fall muss die Gasqualität der des jeweili-
Austauschgas meist ermöglicht. Nur bei einigen Orts- gen Gasnetzes entsprechen. Insbesondere bei Einspei-
gasnetzen ist zusätzlich eine Konditionierung mittels sungen in stark vermaschte Netze ist auf Grund un-
LPG oder Luftzugabe notwendig. Das aufbereitete terschiedlicher Vermischungen eine gleich bleibende
Biogas verläßt die Aufbereitungsanlage mit einem Gasqualität bei stark abweichender Qualität des Bio-
Druck von etwa 6–12 bar, was die Möglichkeiten der gases nicht gewährleistet.
Einspeisung in das Hochdrucknetz vereinfacht und in Die Untersuchung der Biogaspotenziale ergab ein
Mittel- und Niederdrucknetze generell erlaubt. Nach deutsches Gesamt-Biogaspotenzial von ca. 260 PJ/a.
Odorierung und Gasmessung (in Bezug auf Der Hauptanteil liegt dabei eindeutig im landwirt-
Gas-Menge und -Qualität) kann das Biogas in das schaftlichen Bereich. Exkremente, Ernterückstände
Gasnetz eingespeist werden. Die Aufbereitungsanla- und NaWaRo machen 77 % des Potenzials aus. Der
gen sind technisch bewährt und sehr zuverlässig im Rest fällt als kommunale (18 %) oder industrielle (5 %)
Betrieb. Rückstände an. In der regionalen Verteilung des Bio-
Im Zuge der Netzsimulationsrechnung wurde gaspotenzials ist eine deutliche Korrelation zwischen
festgestellt, dass eine Einspeisung von aufbereitetem der Bundeslandfläche und dem Biogaspotenzial auf-
Biogas in Niederdrucknetze selten praktikabel ist. Der fällig. Die großen Flächenländer wie Bayern und Nie-
wesentliche Faktor ist hierbei der unterschiedlich dersachsen haben auch das größte Potenzial. Das Bio-
große Gasverbrauch zwischen Sommer- und Winter- gaspotenzial der Stadtstaaten ist erheblich geringer.
periode. Wird das Potenzial auf die jeweilige Bundeslandflä-
che bezogen, wird erkenntlich, dass die flächenspezi-
191
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
fischen Potenziale der einzelnen Bundesländer in ei- lich in den neuen Bundesländern. Da die Aufberei-
ner ähnlichen Größenordnung liegen. Auch in den tung des Biogases auf Erdgasqualität hohe Kosten
Städten ist die Errichtung von Biogasanlagen möglich. verursacht, die stark leistungsspezifisch sinken, ist
Die Inputmaterialien entstammen in diesem Fall der mit der Einspeisung aufbereiteten Biogas aus Gülle in
Industrie oder der kommunalen Entsorgung. das Gasnetz eher in den neuen Bundesländern zu
In der weiteren Betrachtung wurden sieben Mo- rechnen. Bei Biogas aus NaWaRo, kommunalen und
dellbiogas-Anlagen definiert, um regionale Aussagen industriellen Reststoffen können aufgrund der Poten-
über Biogasanlagen-Standorte zu treffen und um eine ziale und der Lage des Erdgasnetzes keine Restriktio-
ausführliche Kostenanalyse der Biogasanlagen durch- nen festgestellt werden, die Regionen mit bevorzugt
zuführen. Die sieben Anlagen entsprechen der Spanne zu erwartender Einspeisung identifizieren lassen.
der betrieblichen Praxis landwirtschaftlicher Biogas- Werden die Biogas-Potenziale mit der Gasnetz-
anlagen in Deutschland aber auch möglicher Ober- aufnahme-Kapazität verglichen, ist die Berücksichti-
grenzen. Sie sind folgendermaßen definiert worden: gung der Gasqualität entscheidend. Wird das Biogas
Die betrachteten Biogasanlagen sind nach Größe auf Erdgasqualität aufbereitet und als Austauschgas
der Biogasproduktion und Art des Inputmaterials un- eingespeist, gibt es praktisch keine Beschränkungen
terscheidbar. Es wurden drei Leistungsgrößen festge- der Gasnetzaufnahme. Selbst im Sommer kann das
legt. Die Biogasproduktion der Anlagen wird mit eingespeiste Biogas nicht mengenmäßig über der ge-
50 m3/h, 250 m3/h und 500 m3/h, die an eine folgende ringsten Gasentnahme aus den Gasnetz liegen, wenn
Gasaufbereitung geliefert werden können, festge- die heute verfügbaren Biogasproduktionspotenziale
legt. Da der Biogas-Erzeugungs-Prozess selbst Ener- voll ausgeschöpft würden. Beschränkungen entste-
gie, besonders zum Beheizen des Fermenters, benö- hen eher im Fall der Zusatzgaseinspeisung (keine
tigt, liegt die gesamte Biogasproduktion ca. 10–15 % Kohlendioxidabtrennung). Bei Zusatzgaseinspeisung
über diesen Leistungsgrößen. ist in immer der Einzelfall zu betrachten, da sich das
Die drei betrachteten Einsatzstoff-Qualitäten sind: Biogas vor dem ersten Gasabnehmer so mit dem Erd-
- typische Gülleanlagen (90 % Gülle, 10 % NaWaRo, gas vermischt haben muss, dass die geforderte Gas-
massebasiert), qualität im Netz gewährleistet wird. Zusatzgase-
- NaWaRo-Anlagen (90 % NaWaRo, 10 % Gülle, mas- inspeisung ist deshalb auf der Niederdruck-Gasebene
sebasiert) und selten sinnvoll. Die Zusatzgaseinspeisung gerät auf-
- eine Anlage zur Verarbeitung von Material aus grund des hohen Erdgasanteils, der zur Vermischung
Siedlungsabfällen (100 % Biotonne) in der Leis- notwendig ist, wesentlich eher an Einspeisegrenzen.
tungsgröße (500 m3/h). Aber auch im Fall der Zusatzgaseinspeisung ist in den
Das wesentliche Ergebnis der Untersuchung der re- nächsten Jahren nicht mit Gasnetz-Kapazitäts-Gren-
gionalen und landwirtschaftlichen Betriebsstruktur zen zu rechnen.
ist die Feststellung, dass in den alten Bundesländern Die Kosten der Biogaserzeugung, -Aufbereitung
die Betriebe wesentlich kleiner sind als in den neuen und -Einspeisung lassen sich folgendermaßen zu-
Bundesländern. Biogasanlagen lassen sich zwar sammenfassen.
grundsätzlich als Gemeinschaftsanlagen betreiben, Es wurden die sieben zuvor definierten Biogasan-
aber das ist mit zusätzlichem Aufwand und Kosten lagentypen (3 Gülleanlagen mit 50, 250 und 500 m3/h
verbunden (Transport, Hygienisierung). Diese Be- Biogasproduktion, 3 NaWaRo-Anlagen mit 50, 250
schränkung gilt stärker für Gülle- als für Na- und 500 m3/h Biogasproduktion und eine Anlage, die
WaRo-Anlagen. In der Praxis zeigt sich bisher, dass Bioabfall als Inputstoff verwendet mit 500 m3/h Bio-
die Biogasanlagen der alten Bundesländer wesentlich gasproduktion) ökonomisch analysiert. Für diese Bio-
kleiner dimensioniert sind als in den neuen Bundes- gasanlagen wurden die jeweiligen Kosten der Biogas-
ländern. Dieser Trend wird auch weiter, allerdings in produktion ermittelt. Diese liegen zwischen 3,5 und
geringerem Ausmaß, anhalten. In Zukunft wird die fast 8 ct/kWhhi je nach Anlage. Die Kosten der Bio-
Leistungsgröße von Biogasanlagen insgesamt stei- gasproduktion über das Material Gülle (5,1; 3,7 und
gen. Aber die Möglichkeiten der Errichtung sehr gro- 3,5 ct/kWhhi) sind über 2 ct/kWhhi günstiger als bei
ßer Biogasanlagen sind in den neuen Bundesländern der Nutzung von NaWaRo (7,8; 6,1 und 5,8 ct/kWhhi).
wesentlich günstiger als in den alten. Beispielsweise Allerdings ist man auf den jeweils benötigten Tierbe-
werden zur Produktion von 250 m3/h Biogas mit gül- stand angewiesen (Gülle ist im Transport teuer, die
lebasierten Biogasanlagen ca. 3000 Großvieheinheiten große Anlage wird nur im seltenen Einzelfall realisiert
benötigt. Solch große Betriebe gibt es fast ausschließ- werden). Mit höherer Biogasproduktion lassen sich
192
Bewertung
12
Rohgas in ct/kWh
10
4
Gestehungskosten
-
BG50G BG250G BG500G BG50N BG250N BG500N BG500B
-2
14
-4
-6
-8
Substratkosten Fermentation / Vergasung Zusatzkosten für dezentrale Nutzung Gesamtkosten Bioabfall dezentrale Nutzung
die spezifischen Biogas-Produktionskosten um etwa Kosten der Einspeisung und Durchleitung sind vom
30 % senken. Somit liegen die kleine Gülleanlage und Gasdurchsatz und der genutzten Trassenlänge abhän-
die große NaWaRo-Anlage in einer ähnlichen Größen- gig und betragen (bei der Annahme von 20 km Durch-
ordnung. Die Biotonnen-Anlage liegt mit leitung bis zum Nutzer) zwischen 2 ct/kWhhi bei
4,7 ct/kWhhi zwischen den beiden landwirtschaftli- Durchsätzen von weniger als 30 m3/h aufbereitetem
chen Anlagen. Biogas und unter 0,3 ct/kWhhi bei ca. 300 m3/h.
Soll das Biogas nicht dezentral in Anlagennähe in Basierend auf der Berechnungen der Kosten für
einem BHKW verstromt werden, kann es auf Erdgas- den Brennstoff Biogas werden die Kosten der End-
qualität aufbereitet werden. Hierzu wird es von energie in Form von Wärme, Strom und Treibstoff er-
Schadstoffen gereinigt und das in ihm enthaltene CO2 mittelt. Vergleichend werden diese mit der konventio-
wird abgetrennt, um Austauschgas-Qualität zu errei- nellen Energiebereitstellung dargestellt.
chen. Als übliche Aufbereitungsverfahren haben sich Die Gestehungskosten der Wärmebereitstellung
die Druckwasserwäsche (DWW) und das Druckwech- sind folgender Grafik zu entnehmen:
sel-Adsorbtionsverfahren (PSA) in der Praxis be- Die Wärmeproduktion mittels Biogas ist nur in sel-
währt. Beide Verfahren sind technisch zuverlässig tenen Fällen wirtschaftlich lohnend. Die Kosten pro
und verursachen ähnliche Aufbereitungskosten. Die kWhth betragen je nach Anlage 7–18 ct. Der Kosten-
spezifischen Kosten der Aufbereitung sind sehr stark block der Aufbereitung, Einspeisung und Durchlei-
von dem Leistungsdurchsatz der Anlage abhängig. tung kann eingespart werden, wenn das Biogas lokal
Sie betragen unter 2 ct/kWhhi bei Durchsätzen ab am Standort der Biogasanlage genutzt werden kann.
250 m3/h Rohbiogas und liegen bei 4,7 bis 6 ct/kWhhi Im günstigen Fall kann Biogas dann für 6 ct/kWhth
bei kleineren Durchsätzen von 50 m3/h. Nach der produziert werden. Wird zum Vergleich die konven-
Aufbereitung auf Erdgasqualität kann das Gas in das tionelle Wärmeproduktion mittels Erdgas betriebener
Erdgasnetz eingespeist und von einem anderen Nut- Therme betrachtet, sind Kosten von knapp über
zer als Energieträger verwendet werden. 6 ct/kWth anzurechnen.
Somit ist eine Nutzung des Gases an einem ande- Die Gestehungskosten der Stromproduktion sind
ren Ort möglich. Dadurch ergeben sich oft effektivere aus folgender Abbildung ersichtlich:
und günstigere Nutzungsmöglichkeiten. Z. B. kann (1) Vergütung für die Stromerzeugung; (2) zusätz-
die bei der Verbrennung in einem BHKW frei wer- liche Vergütung für die Nutzwärme durch KWK- und
dende Abwärme zu einem wesentlich höheren Anteil Technologie-Bonus; (3) zusätzliche Wärmeerlöse erge-
genutzt werden. Oder das Biogas kann an einem Ort ben sich aus dem Verkauf der Nutzwärme
als Treibstoff verkauft werden, der verkehrstechnisch
günstiger liegt, als der Biogasanlagen-Standort. Die
193
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Abb. 8-2: Gestehungskosten des Produktgases in Erdgasqualität (Biogasproduktion, Aufbereitung, Einspeisung und Durchleitung)
Auf der linken Diagramm-Seite sind die gülleba- An den farbigen Markierungen sind die reine
sierten Biogasanlagen zu sehen. Im mittleren Teil die Stromvergütung nach EEG (einschl. NaWaRo- und
NaWaRo-Anlagen und rechts die Biotonne-Anlage. Es ggfs. Innovationsbonus, schwarz), die EEG Vergütung
sind jeweils zwei Blöcke pro Anlage dargestellt. Der bei der Mit-Nutzung von 20 % Wärme (rot) und die
linke Block stellt die Kosten der Biogasproduktion, zusätzlichen Erlöse, die sich aufgrund der höheren
der Aufbereitung, der Einspeisung und der zentralen Wärmenutzung bei zentraler Gasnutzung (80 %
Nutzung dar. Jeweils rechts davon ist die dezentrale Wärme, grün) ergeben, zu erkennen. Dem Diagramm
Nutzung des Biogases in einem BHKW dargestellt. sind somit die lukrativsten Pfade zur Stromproduk-
tion zu entnehmen.
194
Bewertung
Die Kosten der Stromproduktion liegen bei den lich lohnender sein, als die dezentrale BHKW-
kleinen Biogasanlagen (50 m3/h) und dezentraler Nutzung.
Nutzung bei 22 ct/kWhel (Gülle-Anlage) bis über Die Stromproduktion über die mit Bioabfall betrie-
30 ct/kWhel (NaWaRo-Anlage). Die Kosten der Gas- bene Biogasanlage kostet über 15 ct/kWhel, was über
aufbereitung liegen bei den kleinen Anlagengrößen der EEG Vergütung liegt. Dieser Anlagentyp ist nur
bei 17,8 bzw. 19 ct/kWhel (Gülle, NaWaRo). Somit ist dann wirtschaftlich betreibbar, wenn die Entsor-
deutlich, dass die aufwändige Gasaufbereitung bei ei- gungserlöse im Einzelfall über 35 €
€ /t liegen. Die Kos-
nem Volumenstrom von 50 m3/h nicht wirtschaftlich ten der Gasaufbereitung und Einspeisung in das Erd-
ist. Mit zunehmender Biogasproduktion sinken die gasnetz sowie der Durchleitung liegen bei 3,7 ct/
spezifischen Kosten. Die Gülle-Anlagen sind ab einem kWhel und somit über dem Innovationsbonus des
Biogas-Volumenstrom von 250 m3/h wirtschaftlich EEG. Nur bei hoher Wärmevergütung können die zu-
betreibbar. sätzlichen Kosten durch höhere Erlöse ausgeglichen
Im Fall der NaWaRo-Anlagen halten sich bei de- werden.
zentraler BHKW-Nutzung Kosten und EEG-Erlöse in Die Gestehungskosten der Kraftstoffbereitstellung
etwa die Waage. Diese Anlagen können dann wirt- sind folgender Grafik zu entnehmen.
schaftlich betrieben werden, wenn das Eingangssub- Auch die Kraftstoffproduktionskosten sind stark
strat günstig bereit gestellt werden kann (z. B. die durchsatzabhängig. Die kleinen Biogasanlagen
Maissilage deutlich unter 30 €
€ /t). Ob die Gasaufberei- (50 m3/h) sind mit Kraftstoffgestehungskosten von
tung und Einspeisung wirtschaftlich lohnend ist, über 14–17 ct/kWh nicht mit dem üblichen Erd-
hängt hauptsächlich vom Wärmeabsatz ab. Die Kos- gastankstellenpreis von 5,35 ct/kWh konkurrenzfä-
ten der Gasaufbereitung belaufen sich auf ca. 4,6– hig. Nur die güllebasierte Anlage mit 500 m3/h ist mit
4,9 ct/kWhel bei 250 m3/h und auf 3,1–3,4 ct/kWhel 5,8 ct/kWh Kraftstoffkosten in der Größenordnung
bei 500 m3/h. Die Einspeisung und Durchleitung kos- der konventionelle Tankstelle. Die NaWaRo-Anlagen
tet ca. 1,5 ct/kWhel (250 m3/h) bzw. 0,8 ct/kWhel. Der liegen bei mindestens 8 ct/kWh und können somit
Innovationsbonus von 2 ct/kWhel für die Gasaufbe- nicht mit der Erdgastankstelle konkurrieren. Die Bio-
reitung auf Erdgasqualität reicht in keinem Fall aus, abfall-Anlage liegt mit ca. 7 ct/kWh über dem Tank-
um die höheren Kosten auszugleichen. Nur im Einzel- stellenpreis, kann aber bei höheren Entsorgungserlö-
fall kann über höhere Wärmeerlöse die Gasaufberei- sen und evtl. zukünftig steigenden Gaspreisen im
tung und Einspeisung in das Erdgasnetz wirtschaft- Einzelfall lohnend sein.
195
Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz
Zusammenfassend lässt sich der wirtschaftlichen rende Anlage leistungsmäßig zur eingespeisten Bio-
Analyse entnehmen, dass die dezentrale Verstromung gasmenge passen (Vertragliche Koppelung). Es wäre
im BHKW und die Vergütung nach EEG auch weiter- möglich, dass zum Betrieb eines größeren Kraftwer-
hin in den meisten Fällen die lukrativste Nutzungsva- kes Verträge mit mehreren Biogasproduzenten gekop-
riante von Biogas ist. Nur im Einzelfall können die pelt werden. Wird Biogas auf Erdgasqualität aufberei-
oben beschriebenen anderen Nutzungen die bessere tet und verstromt, wird die Gasnutzung neben der
Lösung sein. Dies gilt insbesondere für den Fall der Grundvergütung des EEG und den üblichen Boni zu-
zentralen Stromproduktion mit hohen Wärmeerlösen. sätzlich mit dem Technologiebonus von 2 ct/kWhel
Rechtlich ist die Einspeisung von Biogas in das vergütet. Sollte Biogas als Zusatzfeuerung in größe-
Erdgasnetz möglich, wenn die Erfordernisse der Gas- ren, Strom produzierenden Anlagen mit verwendet
qualität erfüllt werden. Diese Gasqualitäten sind je werden, ist eine EEG Vergütung nicht möglich.
nach Ortsnetz verschieden. Das eingespeiste Biogas Sowohl das Energiewirtschafts-Gesetz als auch die
darf, neben der Verwendung als Erdgas-Substitut, Netzzugangs-Verordnung werden zur Zeit überarbei-
auch gemäß EEG vergütet werden, wenn es zur tet. Es können sich somit noch in diesem Jahr Detail-
Stromproduktion verwendet wird. Dabei muss auf- änderungen der rechtlichen Situation ergeben. Die
grund der Äquivalent-Nutzung die Strom produzie- Hauptaussagen dieser Studie bleiben aber bestehen.
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