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Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg im Breisgau
Inaugural-Dissertation
vorgelegt von
November 2012
Dekan: Prof. Dr. Ad Aertsen
Vorsitzender des Promotionsausschusses: Prof. Dr. Stefan Rotter
Betreuer der Arbeit: Prof. Dr. Jan C. Behrends
Prof. Dr. Ad Aertsen
1. Prüfer : Prof.Dr. Ad Aertsen
2. Prüfer : Prof. Dr. Dirk Reiff
3. Prüfer : Prof. Dr. Jan C. Behrends
Tag der Verkündigung 26.02.2013
Für meine Eltern
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ..................................................................................................................... I
Abstract ..................................................................................................................................... V
1 Einleitung ........................................................................................................................... 1
2 Grundlagen ........................................................................................................................ 5
I
Inhaltsverzeichnis
II
Inhaltsverzeichnis
III
Abstract
Abstract
The directed release of chemical messengers, e.g. hormones or neuronal
transmitters, from cells is one of the most important physiological processes. Secretory
substances are produced in the cell and stored in vesicles. Substances are released by
fusion of these vesicles with the cellular membrane. This process is a multiple step process,
called exocytosis. It starts with the formation of a water filled fusion pore, thereby creating the
first contact between the vesicular lumen and the extracellular space. Although several
proteins involved in exocytosis are identified, the exact mechanism is still under investigation.
Different methods allow observation of the individual steps of exocytosis. The
patch-clamp technique enables the recording of single vesicle fusions as a stepwise increase
in membrane capacitance due to an increased membrane surface. Released secretory
molecules can be detected as an amperometric spike with a carbon fibre electrode. In
addition, pH-sensitive fluorescence markers allow the monitoring of exocytosis as a
fluorescence change in the vesicles.
In this work, the combination of these techniques enabled recording of the individual
steps in exocytosis with a high temporal resolution. For this purpose, RBL cells were
transfected with synaptopHluorin and changes in membrane capacitance and fluorescence
were recorded simultaneously. A delay of 100 ms up to several 100 ms was found between
fusion pore formation and neutralisation of vesicular pH. However, the release of serotonin
from vesicles occurred with almost no delay. The used cell lines differ in the size of their
vesicles. RBL-1 cells have large granules and few of these are released, whereas RBL-2H3
cells have smaller granules, many of which are released. Thus, the total increase in
membrane capacitance is equal in RBL-1 and RBL-2H3 cells. The amount of added
membrane during exocytosis is considered to be restricted. In order to investigate the delay
between release of serotonin and neutralisation of the vesicular lumen more precisely, a pH
sensitive ion channel, ASIC1, was overexpressed in RBL cells. Thus, it was possible to
determine the point in time when protons leave the vesicle. The proton efflux from the
vesicles was shown to be subsequent to the release of serotonin, like the neutralisation of
luminal pH. The sequence of the individual steps in exocytosis as demonstrated in this work
differs from current suggestions. In recent models the neutralisation of the vesicular pH is the
first step in Exocytosis. Thereby, the secretory substances are dissociated from the vesicular
matrix and released. In this study, it could be shown that the neutralisation (together with the
efflux of protons) is a late, if not the last, step in exocytosis, whereas the release of serotonin
is an early step, at least 100 ms before the neutralisation of the lumen starts.
V
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
9-AA 9-Aminoacridin
ASIC1 Acid Sensing Ion Channel 1
BAPTA 1,2-bis(o-aminophenoxy)ethane-N,N,N',N'-tetraacetic acid
C Kapazität
Cm Membrankapazität
Cp Pipettenkapazität
Cy-3 Cyanine-3
DNS Desoxyribonukleinsäure
DV Differentialverstärker
EDTA Ethylendiamintetraessigsäure
EGFP Enhanced GFP
EGTA Ethylene Glycol Tetraacetic Acid
ENAC Epihelial Na Channel
ER Endoplasmatisches Reticulum
EZR Extrazellularraum
fF Femtofarrad
GA Golgi Apparat
GFP Green Fluorescent Protein
Gm Leitfähigkeit der Zellmembran
HEK Human Embryonic Kidney Cell
HEPES 2-(4-(2-Hydroxyethyl)- 1-piperazinyl)-ethansulfonsäure
hM2 humaner Muskariner Rezeptor Typ 2
IAPP Islet Amylo Polypeptid
I Strom
Im Strom über die Zellmembran
Im Imaginärer Anteil der Admittanzmessung
INS-1 Insulin Secreting Cell
Kir einwärtsgleichrichtender Kalium Kanal
KS-Test Kolmogorow-Smirnow Test
a Anregungswellenlänge
LDCV Large Dense Core Vesicle
Le1 - Le4 extrazelluläre Messlösung 1-4
Li1 & Li2 intrazelluläre Messlösung 1 & 2
LTG Lysotracker Green
MMC Mucosal Mastcell
VII
Abkürzungsverzeichnis
VIII
Einleitung
1 Einleitung
Die Fusion intrazellulärer Membranvesikel mit der Plasmamembran der Zelle spielt
eine essentielle Rolle für eine Vielzahl zellulärer Prozesse. Insbesondere für endokrine und
parakrine Regulationsmechanismen sowie für die synaptische Übertragung ist dieser
Vorgang von großer Bedeutung. Er stellt insgesamt eine der wichtigsten Grundlagen für die
interzelluläre Kommunikation in mehrzelligen Organismen dar.
Die Untersuchung der Exozytose ist daher ein bedeutender Gegenstand der aktuellen
physiologischen und medizinischen Forschung. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der
regulierten Exozytose, also der Sekretion infolge eines physiologischen Stimulus. Diese
findet man in spezialisierten Zellen, z.B. Mastzellen, pankreatischen β-Zellen und Neuronen,
wo sie die Freisetzung von Mediatorsubstanzen, Hormonen und Neurotransmittern als
Antwort auf einen physiologischen Reiz oder auf Erregungsimpulse bewirkt. Besonders die
Sekretion von Mediatorsubstanzen, Hormonen und Neurotransmittern muss zur
Aufrechterhaltung des physiologischen Zustands in genau kontrollierter Weise erfolgen.
Dementsprechend ist die Exozytose ein aus vielen Schritten bestehender, durch eine grosse
Anzahl von bereits identifizierten regulatorischen Proteinen orchestrierter Prozess, in dem
die Vesikel zur Plasmamembran transportiert werden, dort 'andocken' und einen
Reifungsprozess durchlaufen, bis es durch ein entsprechenden Stimulus -häufig eine
Erhöhung der intrazellulären Kalziumkonzentration- zur Fusion der vesikulären mit der
Plasmamembran und schließlich zur Öffnung des Vesikels hin zum Extrazellulärraum und
zur Freisetzung seines Inhalts kommt.
Der Einsatz hochauflösender optischer und elektrischer biophysikalischer Methoden
erlaubt die Beobachtung der Exozytose und die Visualisierung dieser einzelnen Schritte in
Echtzeit. Dabei kann die Fusion eines einzelnen Vesikels mit der Plasmamembran oder die
Freisetzung des Vesikelinhalts sowohl elektrisch wie auch -mit Hilfe von fluoreszenzierenden
Indikatoren- optisch erfasst werden. Allerdings werden durch verschiedene Meßmethoden
jeweils unterschiedliche Parameter erfasst, deren charakteristische Veränderung während
des Exozytosevorgangs auch jeweils unterschiedliche Teilschritte des Gesamtvorgangs
wiederspiegeln. Gut etabliert ist beispielsweise die Messung der elektrischen
Membrankapazität der Zelle (Kapazitätsmessung), die sich um den Betrag der Kapazität der
Vesikelmembran erhöht sobald beim Exozytosevorgang die sog. Fusionspore, d.h. eine
elektrisch leitende Verbindung zwischendem Vesikellumen und Extrazellulärraum, eröffnet
ist, womit die Vesikelmembran in elektrophysiologischer Hinsicht Bestandteil der
Zellmembran geworden ist. Ebenfalls gut eingeführt als elektrophysiologische Methode zur
Erfassung des Exozytosevorgangs ist die Detektion freigesetzter Mediatorsubstanzen,
insbesondere von Katecholaminen und Monoaminen wie Adrenalin und Serotonin, mit Hilfe
I1
Einleitung
2I
Einleitung
Vorrangiges Ziel dieser Arbeit war es, mit Hilfe simultan erfasster elektrophysiologischer
Parameter die fluoreszenzoptisch detektierte Neutralisierung des Vesikellumens in den
zeitlichen Gesamtverlauf der Exozytosereaktion einzuordnen.
Gleichzeitig soll diese Arbeit durch Kombination der Kapazitäts- bzw.
Admittanzmessung, der amperometrischen Messung der Freisetzung des Vesikelinhalts mit
fluorometrischen Messung auf Einzelvesikelebene einen Präzedenzfall für zukünftige
multiparamerische Messungen der Exozytose liefern, und so zu einem detaillierterem
Verständnis der exozytotischen Reaktion beitragen.
In Kap. 2 werden Grundlagen und der Stand der Forschung dargestellt bevor in
Kap. 3 die methodische Entwicklung der in dieser Arbeit angewandten multiparametrischen
Messungen erläutert wird. Es wird eine Übersicht aller verwendeten Methoden gegeben und
die apparativen und präparativen Vorrausetzungen der Kombination dieser Methoden erklärt.
In den darauf folgenden Kapiteln werden die Ergebnisse und Erkenntnisse
beschrieben und diskutiert, die aus dieser Untersuchung gewonnen werden konnten.
In Kap. 4.1 wird die elektrophysiologische Detektion der Exozytose einzelner
sekretorischer Vesikel oder Granula mit Hilfe von Kapzitäts- bzw. Admittanzmessungen an
den Zelllinien RBL-1 und RBL-2H3 gezeigt. Kap. 4.2 zeigt die Entwicklung des Nachweises
der Exozytose einzelner Vesikel durch Messung der pH-anhängigen Fluoreszenz des
vesikulär exprimierten GFP-Fusionsproteins SynaptopHluorin (sypHu) in diesen Zelllinien. In
Kap. 4.3 wird die Kombination der Admittanzmessung und der fluorometrischen Messung
der luminalen Alkalisierung kombiniert und die Exozytose so simultan elektrisch und optisch
erfasst. Durch die simultane Messung der Freisetzung vesikulär gespeicherten Serotonins
mit Hilfe der Amperometrie und der Admittanzmessung ist es, wie in Kap. 4.4 gezeigt,
möglich, die Freisetzung eines kleinmolekularen Bestandteils des Vesikelinhaltes mit der
Ausbildung der Fusionspore in zeitlichen Bezug zu setzen. In Kap. 4.5 werden schließlich
alle drei Methoden kombiniert und die Membrankapazität, Amperometrie und
Vesikelfluoreszenz simultan gemessen. In Kap. 4.6 wird versucht die optisch erfasste
Neutralisation des Vesikellumens mit dem vermuteten Ausstrom von Protonen aus dem
fusionierten Vesikel in den extrazellulärraum zu korrelieren. Dazu wird hier zusätzlich ein pH-
sensitiver Ionenkanal (ASIC1) in den Zellen überexprimiert, der durch Ansäuerung des
extrazellulären Mediums aktiviert wird. Die ASIC-exprimierende Membran der Zelle wird
hierdurch zu einem Protonensensor, mit dessen Hilfe der Ausstrom von Protonen einem
einzelnen Vesikel elektrisch durch den resultierenden Natriumeinwärtststrom nachgewiesen
werden kann. Die simultane Messung dieses ASIC-abhängigen Einwärtsstroms, der
Serotoninfreisetzung und des Fluorenzenzsignals erlaubt es die Freisetzung des
I3
Einleitung
4I
Grundlagen
2 Grundlagen
I5
Grundlagen
Quantum nach der Katzschen Hypothese. Die entdeckten Vesikel hatten eine ungefähr
einheitliche Größe und befanden sich in der richtigen Position innerhalb der
Nervenendigung.
Gemäß der quantalen Hypothese sollte die Freisetzung des Transmitters durch eine
Verschmelzung (Fusion) der synaptischen Vesikel mit der Plasmamembran erfolgen. Für
diese Form der Sekretion aus dem endosomalen Kompartiment wurde erstmals 1963 von de
Duve (de Duve 1963, de Duve 1983) der Begriff Exozytose geprägt. Bei der Suche nach
einem geeigneten Überbegriff für die Vielzahl der an der "zellulären Verdauung" beteiligten
Vorgänge wie Phagozytose, Pinozytose, Mikropinozytose und einiger anderer, schlug er den
Begriff Endozytose, für die umgekehrten Ausscheidungsvorgänge aus der Zelle, die reverse
Pinozytose genannt wurden, die Bezeichnung Exozytose vor.
Strukturell konnte die Fusion einzelner Vesikel mit der Plasmamembran allerdings
erst mit Hilfe verbesserter elektronenmikroskopischer Technik in den 1970er Jahren gezeigt
werden (Heuser und Reese 1973, Heuser et al. 1974). Bilder die mit dieser „Freeze-
Fracture“ genannten Technik aufgenommen wurden zeigten erstmals die Fusion einzelner
Vesikel (Abb. 2-2). Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass die Vesikel nach der Fusion
nicht in der Plasmamembran verbleiben, sondern durch Endozytose wiederaufgenommen
werden und rezirkulieren (sog. vesicle recycling).
6I
Grundlagen
I7
Grundlagen
Abb. 2-3: Schema des synaptischen Vesikelrecylings nach Heuser und Reese (J. Heuser & T. Reese
1973). Synaptische Vesikel der motorischen Endplatte entladen ihren Inhalt durch Verschmelzen
(Fusion) mit der Plasmamembran. Nach der Transmitterfreisetzung wird die entsprechende Menge an
Membran durch mit Clathrin ummantelte Vesikel aus der Plasmamembran zurückgeholt. In der Folge
verlieren die Vesikel ihren Clathrinmantel und verschmelzen zu Zisternen aus denen sich langsam
neue synaptische Vesikel bilden.(Heuser und Reese 1973).
durch diese regulierte Exozytose sezerniert. Der grundlegende Weg und die wesentliche
Protein-Maschinerie für die konstitutive und die regulierte Exozytose sind ähnlich. Der
Hauptunterschied zwischen konstitutiver und regulierter Exozytose ist, dass bei der
regulierten Exozytose die sekretorischen Substanzen im sekretorischen Vesikel ge speichert
werden, und die Freisetzung erst auf ein physiologisches Signal hin erfolgt, während die
konstitutive Form ständig sekretorische Substanzen freisetzt. Bei der regulierten Exozytose
ist die Fusion des sekretorischen Vesikels gleichsam in einem späten Stadium angehalten
und wird nur bei einem adäquaten Stimulus, in den meisten Fällen eine Erhöhung der Ca2+-
Konzentration, fortgesetzt (Burgess und Kelly 1987).
Der sekretorische Weg der konstitutiven und regulierten Exozytose wurde von Palade
(Palade 1975) als Sequenz von Membrantransportschritten beschrieben. Die sekretorischen
Substanzen, hauptsächlich Proteine, werden im Endoplasmatischen Reti kulum (ER)
synthetisiert und in Membranvesikeln über den Golgi-Apparat zur Plasmamembran
transportiert. Auf diese Weise werden hauptsächlich Polypeptide, wie z.B. Insulin und
Glukagon, freigesetzt. Diese werden im ER synthetisiert, im Golgi-Apparat modifiziert und in
Vorläuferorganellen proteolytisch verändert. Diese Vorläufer reifen zu sekretorischen
8I
Grundlagen
Granula. Abweichend von diesem Weg werden einige kleinmolekulare Substanzen nicht im
ER erzeugt, sondern direkt in die sekretorischen Vesikel aufgenommen. Das ist
insbesondere bei Neurotransmittern (Azetylcholin, Glutamat, Katecholamine etc.) der Fall,
die im Zytosol und teilweise in den Vesikeln synthetisiert werden. Die Exozytose erfolgt auch
hier erst nach einem adäquaten Stimulus (Liu und Edwards 1997).
Basierend auf biochemischen und elektrophysiologischen Untersuchungen (Südhof 1995,
Jahn und Südhof 1999, Klenchin und Martin 2000) wird der Vorgang der regulierten
Exozytose in drei Schritte unterteilt (Abb. 2-4):
1) Nachdem das Vesikel vom Golgi-Apparat an die Plasmamembran transportiert
wurde, dockt es an der Plasmamembran an (engl. Docking).
2) In einem weiteren Reifungsschritt wird das Vesikel für die Fusion vorbereitet (engl.
Priming).
3) Der letzte Schritt ist die Öffnung der Fusionspore, die das Vesikellumen mit dem
Extrazellularraum verbindet. Dieser Schritt ist der wahrscheinlich am stärksten
regulierte, da er die Freisetzung der sekretorischen Substanzen vermittelt.
Nach dieser Einteilung wäre die Exozytose mit der Ausbildung der Fusionspore
vollendet, wogegen sich einwenden lässt, dass tatsächlich ein weiterer Schritt, nämlich die
eigentliche Freisetzung des Vesikelinhaltes nach aussen erfolgen muss, damit die Sekretion,
die eigentliche Aufgabe der Exozytose, zustande kommt.
Abb. 2-4: Schema der einzelnen Schritte die zur Exozytose eines sekretorischen Vesikels führen. Das
Vesikel wird an die Plasmamembran transportiert und dockt an. Durch einen adäquaten Reiz kommt
es zur Erhöhung der intrazellulären Ca2+-Konzentration, worauf das Vesikel mit der Membran
fusioniert und seinen Inhalt freisetzt (Burgoyne und Morgan 2003).
I9
Grundlagen
10 I
Grundlagen
Abb. 2-5: Frühe Darstellung des Zusammenspiels von SNARE-Proteinen, Synaptotagmin, SNAP und
NSF während des Andockens des Vesikels und der Vesikelfusion. Das Vesikel dockt durch Bildung
des SNARE-Komplexes an der Plasmamembran an. Das Protein Synaptotagmin verhindert die
vollständige Fusion, bis ein adäquater Stimulus in der Zelle eintrifft. In der hier illustrierten, ersten
Version der SNARE-Hypothese bewirkt erst die sequentielle Bindung von SNAP und NSF an den
SNARE-Komplex und die darauf folgende Auflösung des Komplexes die Fusion des Vesikels mit der
Plasmamembran (Söllner et al. 1993). Nach heutigem Kenntnisstand ist die Fusion selbst jedoch nicht
SNAP/NSF-abhängig (s. Text und Abb. 2-7).
Abb. 2-6: 3D-Modell des trans-SNARE-Komplexes (Komponenten: VAMP, Syntaxin und SNAP-25 [C]
und SNAP-25 [N]) (Poirier et al. 1998).
zur Dissoziation des Komplexes durch die ATPase NSF und die SNAPs, welche die SNARE-
Proteine für eine weitere Fusionsrunde verfügbar macht (Südhof und Rizo 2011).
Der SNARE-Kreislauf beginnt mit der Bildung des trans-SNARE-Komplexes, der den
Spalt zwischen den beiden zur Fusion bestimmten Membranen überbrückt. Mit der Öffnung
der Fusionspore kommt es zur vollständigen Vermischung der Membranen und der trans-
SNARE-Komplex wird in einen cis-SNARE-Komplex umgewandelt. Durch NSF und SNAPs
wird der Komplex anschließend in seine Monomere dissoziiert. Folglich wird die Fusion
durch die Bindungsenergie der SNARE-Proteine angetrieben. Die ATP-abhängige
Dissoziation des SNARE-Komplexes durch NSF lädt die SNARE-Proteine gleichsam
energetisch wieder auf (Abb. 2-7).
I 11
Grundlagen
SM-Proteine (Sec1/Munc-18 like proteines) sind notwendige Partner bei der SNARE-
Protein-vermittelten Membranfusion. Sie interagieren durch Bindung an eine kurze
Peptidsequenz, die gewöhnlich auf Syntaxin lokalisiert ist, mit dem sich bildenden SNARE-
Komplex. Die Bindung des SM-Proteins Munc18 an Syntaxin-1 ist beispielsweise für die
Fusion des Vesikels mit der Plasmamembran in vivo notwendig (Abb. 2-9) (Dulubova et al.
2007, Khvotchev et al. 2007, Shen et al. 2007, Gerber et al. 2008, Rathore et al. 2010). Die
SM-Proteine fördern die Ausbildung des SNARE-Komplexes und scheinen ihn darüber
hinaus räumlich zu organisieren und zu verhindern, dass er in den Spalt zwischen den
fusionierenden Membranen gleitet und dadurch die Fusion blockiert (Abb. 2-10) (Dulubova et
al. 2007). Eine weitere mögliche Rolle der SM-Proteine während der Fusion besteht darin,
die Durchmischung der Phospholipide zu beschleunigen, in dem sie mit der
Phospholipidmembran nahe des SNARE-Komplexes interagieren und möglicherweise die
Membrankrümmung beeinflussen (Carr und Rizo 2010).
12 I
Grundlagen
Abb. 2-8: Schema der Domänenstruktur von Syntaxin, SNAP-25 und Synaptobrevin/VAMP (Südhof
und Rizo 2011).
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Grundlagen
Abb. 2-9: Mögliche Arten der Bindung von Munc18 an den trans-SNARE-Komplex. (A) Munc18 bindet
an die geschlossene Konformation von Syntaxin-1 und verdeckt das SNARE-Motiv. (B) Bindung von
Munc18 an den N-Terminus von Syntaxin-1. Der tatsächliche Modus der Bindung ist, mit Ausnahme
der Interaktion mit dem N-Terminus von Syntaxin-1,noch unbekannt (Südhof und Rizo 2011).
Abb. 2-10: Modell für die Interaktion von Munc18-1 mit synaptischen SNARE-Proteinen. Links ist die
Bindung von Munc18-1 an die geschlossene Konformation von Syntaxin-1 gezeigt. Nach Dulubova et
al. (2007) findet dies vor dem Priming und der Fusion des Vesikels statt. Rechts ist die Bindung von
Munc18-1 an den SNARE-Komplex während der Vesikelfusion abgebildet. Diese verhindert
möglicherweise entweder die Diffusion des Komplexes in den Spalt zwischen den fusionierenden
Membranen oder ermöglicht das aktive Auseinanderziehen des SNARE-Komplexes, um die
Fusionspore zu öffnen (Dulubova et al. 2007).
14 I
Grundlagen
I 15
Grundlagen
aufweisen. Diese Basophilen Leukämiezellen aus der Ratte (Rat Basophilic Leukemia oder
RBL) wurden erstmals durch Ecclestone und Kollegen erhalten (Passante und Frankish
2009). Bei der Behandlung von Ratten mit einer karzinogenen Substanz entwickelten diese
eine seltene Form der Leukämie (Leonard et al. 1971). Die leukämischen Zellen zeigten
dabei Eigenschaften von basophilen Granulozyten mit Granula, die unter anderem Histamin
und Serotonin enthielten. Nach Injektion dieser Zellen in Ratten entwickelten sich Tumore,
die nahezu ausschließlich aus basophilen Zellen bestanden (Eccleston et al. 1973). Durch
Kulczycki und Mitarbeiter wurden diese Tumorzellen zu einer Zellkulturlinie weiterentwickelt
(Kulczycki und Metzger 1974). Zellen aus dieser ersten Zelllinie werden als RBL-1 Zellen
bezeichnet. Durch ihre Ähnlichkeit mit Basophilen und mukosalen Mastzellen wurden diese
RBL-1 Zellen schnell ein wichtiges und flexibles in vitro Werkzeug um die frühen Ereignisse
in der zellulären Sekretion zu erforschen. Das hohe Potential einer solchen in vitro Zelllinie
führte zu einer weiteren Histamin sezernierenden Zelllinie (RBL-HR+) (Barsumian et al.
1981), aus der wiederum die RBL-2H3 Linie isoliert wurde. Beide Zelllinien, RBL-1 und RBL-
2H3, haben den Vorteil leichter Kultivierbarkeit, so dass eine große Anzahl homogener
Zellen erzeugt werden kann. Diese Zellen besitzen optisch auflösbare Vesikel und eine
stabile, reproduzierbare sekretorische Aktivität. Aufgrund dieser Eigenschaften wurden viele
Studien zur Untersuchung der regulierten Exozytose mit RBL-Zellen durchgeführt (Lindau
und Fernandez 1986, Jones et al. 1991, Choi et al. 1994, Xu et al. 1998, Way et al. 2000).
Die Aktivierung der Degranulation kann auf mehreren Wegen erfolgen. RBL-Zellen können
wie Mastzellen durch die Stimulation mit Antigenen über IgE zur Exozytose gebracht werden
(Gilfillan und Tkaczyk 2006). Andererseits lässt sich die Sekretion auch durch intrazelluläre
Dialyse mit freiem Ca2+ und GTPγS anstoßen (Artalejo et al. 1998). Die Dialyse mit GTPγS
ist notwendig, da GTP-bindende Proteine innerhalb der Sekretionsmaschinerie eine
essentielle Rolle spielen, möglicherweise sind hier verschiedene Isoformen der
Proteinkinase C von Bedeutung (Fernandez et al. 1984, Ozawa et al. 1993, Artalejo et al.
1998). GTPγS ist ein nicht hydrolisierbares GTP-Analogon, dass G-Protein gekoppelte
Signalwege in der Zelle aktiviert. In der Mastzelle führt die Dialyse mit GTPγS zu Aktivierung
der Phospholipase C (PLC), die Phosphoinositolbisphosphat (PIP 2) in Inositoltrisphosphat
(IP3) und Diacylglycerol (DAG) spaltet. DAG aktiviert dann die Proteinkinase C (PKC). In vivo
führt die Bindung des Antigens an den FC-Rezeptor zu einer Aktivierung der Proteinkinase
C, die durch Phosphorylierung verschiedener SNARE-Proteine (Munc18, aber auch SNAP-
23/25 und Syntaxin4) eine entscheidende Rolle bei der Aktivierung der
Mastzelldegranulation spielt. Stimuliert man die Zelle nicht über die Antigenbindung, dann ist
für eine effiziente Degranulation neben der Erhöhung der [Ca]i auch die Aktivierung der PKC
über die Dialyse mit GTP notwendig. Außerdem kann die Sekretion auch durch eine Vielzahl
nicht immunologischer Stimuli, wie etwa durch polybasische Moleküle (z.B. compound 48/80,
16 I
Grundlagen
Mastoparan oder Polymyxin B), durch verschiedene Peptide (z.B. das Bienengift Mellitin
oder durch das Adenocorticotrope Hormon (ACTH)) und Neuropeptide (z.B. Substanz P oder
Somatostatin), oder auch durch Cytokine, ausgelöst werden (Lagunoff et al. 1983, Mousli et
al. 1990, Tomita et al. 1991, Aridor et al. 1993, Metcalfe et al. 1997, Senyshyn et al. 1998,
Tanaka et al. 1998, Buku 1999, Chahdi et al. 2000, Buku et al. 2001, Passante und Frankish
2009). Die Stimulierung mit diesen Stoffen führt immer zu einer Erhöhung der zytosolischen
Ca2+-Konzentration und der Aktivierung der PKC und damit zur Exozytose. An RBL-2H3
Zellen wurde gezeigt, dass die molekulare Maschinerie für die Fusion von Granula mit der
Plasmamembran der aus Untersuchungen an neuronalen Zellen bekannten ähnlich ist
(Baram et al. 2001, Blank et al. 2002). In RBL-2H3 Zellen bilden Homologe von Syntaxin-1
und SNAP-25 mit Synaptobrevin/VAMP einen stabilen Komplex. Man findet in RBL-Zellen
verschiedene Isoformen von Syntaxin und Synaptobrevin/VAMP. So konnten in RBL-2H3
Zellen Syntaxin 2,3 und 4, sowie Synaptobrevin/VAMP 2,3,7 und 8 identifiziert werden (Blank
et al. 2002). Syntaxin interagiert mit dem t-SNARE SNAP-23 und Synaptobrevin/VAMP-2,-3
und -8 (Abb. 2-11). Die RBL-Zelllinien sind daher ein geeignetes Modellsystem, um die
grundlegenden physikalischen und molekularen Mechanismen der Exozytose zu
untersuchen.
Neben der Fusion jeweils einzelner Granula mit der Plasmamembran haben
Mastzellen spezielle Strategien entwickelt, schnell große Substanzmengen freizusetzen. Bei
beiden Formen dieser sog. Verbundexozytose (engl. „compound exocytosis“) kommt es zur
Fusion mehrerer Vesikel untereinander (Pickett und Edwardson 2006). Bei der ersten Form,
Abb. 2-11: In der ruhenden Zelle (links) ist das Granulum an der Plasmamembran angedockt. Das
phosphorylierte Syntaxin-4 kann nicht an SNAP-23 binden, wodurch die Bildung eines
SNARE-Komplexes verhindert wird. Nach Stimulation steigt die intrazelluläre Ca2+-Konzentration an
und sorgt für die Dissoziation von Rab3D und Rak3D. Gleichzeitig wird Syntaxin-4 dephosporyliert.
Das erlaubt die Bildung eines Komplexes mit SNAP-23 und somit die Membranfusion (Blank et al.
2002).
I 17
Grundlagen
der sequentiellen Exozytose fusioniert zunächst ein Granulum mit der Plasmamembran, mit
dem dann weitere Vesikel fusionieren. Im Gegensatz dazu fusionieren bei der
multivesikulären Exozytose zunächst einzelne Vesikel miteinander und bilden so ein grosses
endosomales Kompartiment, dass dann erst mit der Plasmamembran fusioniert (Abb. 2-12).
Möglicherweise sind für die Fusion der Vesikel untereinander andere SNARE-Proteine
verantwortlich als für die klassische Fusion der Granula mit der Plasmamembran (Blank et
al. 2002).
Abb. 2-12: Die verschiedenen Arten der „compound exocytosis“ (Verbundexozytose). (A) Vesikel
fusionieren miteinander (homotypisch) und bilden eine großes endosomales Kompartiment, das dann
mit der Plasmamembran fusioniert (multivesikuläre Exozytose, links). Alternativ fusionieren zunächst
einzelne Granula mit der Plasmamembran (primäre Fusion) und in einer sekundären Fusion
verschmelzen tiefer in der Zelle liegende Granula mit diesen (sequentielle Exozytose). (B) Möglicher
Mechanismus für sequentielle Fusion. Primäre Fusion durch Bildung eines trans-Komplexes
zwischen v-SNAREs (weiß) und t-SNAREs (schwarz). Ungebundene t-SNAREs der Plasmamembran
gelangen in die Membran des primär fusionierten Granulums und bilden einen neuen trans -SNARE-
Komplex, der die sekundäre Fusion von tiefer in der Zelle liegenden Granula einleitet (Pickett und
Edwardson 2006).
18 I
Grundlagen
Seit Otto Loewi 1921 durch Experimente am Froschherz nachweisen konnte, dass
der Vagusnerv eine chemische Substanz (Azetylcholin) ausschüttet, die die Herzfrequenz
verringert (Loewi 1921), wurde unterschiedlichste Techniken entwickelt um die Freisetzung
von Signalsubstanzen zu untersuchen. Heute ist es möglich den Exozytosevorgang mit
höchster Auflösung bis zur Fusion eines einzelnen Vesikels zu erfassen. Dies gelingt auf der
Grundlage verschiedener Messprinzipien (Abb. 2-13):
1) Elektrische Aufzeichnung von Änderungen der Membrankapazität der Zelle als Folge
der Fusion von Vesikeln mit der Plasmamembran,
2) Elektrochemische Detektion der aus dem Vesikel freigesetzten Substanzen,
3) Visualisierung des Ca2+-Einstroms, der die Vesikelfusion auslöst, über Ca2+-
abhängige Fluoreszenzfarbstoffe,
4) Anfärben der Vesikel mit speziellen Fluoreszenzfarbstoffen um das Vesikel in den
verschiedenen Stadien der Exozytose zu verfolgen.
Abb. 2-13: Verschiedene Techniken, die es ermöglichen Exozytose zu beobachten. Messung der
Membrankapazität, Amperometrie, Ca2+-Imaging und Messung der Vesikeldynamik mittels
Fluoreszenzfarbstoffen (Fisher und Oberhauser 1999).
I 19
Grundlagen
Das Verfahren beruht auf der Tatsache, dass die Fusion eines Vesikels mit der
Plasmamembran zu einer Zunahme der elektrisch wirksamen Ausdehnung der
Zelloberfläche führt. Die isolierende Lipidmembran einer Zelle wirkt elektrisch wie ein
Plattenkondensator, dessen Kapazität seiner Fläche proportional ist (C = ε0 ε A/d mit
A: Fläche, d: Dicke, ε0: Polarisierbarkeit des Vakuums, ε: dielektrische Konstante). Die
Zunahme der Fläche führt also zu einem Anstieg in der Membrankapazität. K.S. Cole hat die
Änderung der Membrankapazität an Seeigeleiern als Antwort auf die Befruchtung bereits in
den 1930er Jahren beobachtet (Cole 1935, Cole und Spencer 1938). Mit dem Patch-Clamp
Verfahren wird heute die Membrankapazität unter Spannungsklemmbedingungen als
Stromantwort der Zelle ∆ I auf eine schnelle Veränderung des Membranpotentials ∆U
beobachtet.
Bereits kurz nach der Entwicklung der Patch-Clamp Technik wurde an Mastzellen
gezeigt, dass es möglich ist, durch Aufprägung eines sinusförmigen Membranpotential-
verlaufs anhand des resultierenden Stromes Membrankapazität kontinuierlich zu messen,
und zwar mit einer Auflösung, die die Detektion der Fusion einzelner Granula erlaubt (Neher
und Marty 1982). Um unter Spannungsklemme die Membrankapazität einer Zelle
kontinuierlich zu messen, ist eine schnelle Potentialänderung notwendig. Aus diesem Grund
wird die Haltespannung fortlaufend, zweckmäßigerweise sinusförmig, geändert. Der als
Antwort dabei gemessene Strom ist die Summe der Ströme über den Membranwiderstand,
IRM, und über den Kondensator, den die Membran ebenfalls darstellt, Cm . In elektrischen
Bauelementen in denen der Strom frequenzabhängig fließt (z.B. bei Kondensatoren), ist die
Leitfähigkeit frequenzabhängig und wird Admittanz (Y) genannt. Die Admittanz ist als
Wechselstromleitfähigkeit Kehrwert des Wechselstromwiderstands, der Impedanz. Die
Admittanz kann nach dem Ohmschen Gesetz aus dem gemessenen Strom bestimmt werden
(Y=I/U). Die Stromantwort jedes elektrischen Bauteils, das sowohl Widerstand als auch
Kapazität aufweist, ebenso wie die einer Zellmembran auf einer unter Spannungsklemme
vorgenommene Veränderung des anliegenden Potentials besteht aus zwei Komponenten:
einer realen (Re) und einer imaginären Komponente (Im). Re entspricht der resistiven und
Im der kapazitiven Komponente der Admittanz. Um die einzelnen Komponenten dieses
Stroms zu messen, müssen die resistive (Re) und die kapazitive Komponente (Im) des
Gesamtstroms voneinander getrennt werden: bei einem idealen Schaltelement ist Re dabei
immer in Phase mit der Potentialänderung, Im 90° phasenverschoben. Mit einem
phasensensitiven (lock-in) Verstärker kann die Stromamplitude in die unterschiedlichen
Phasen des Sinus, in Re (in Phase) und in Im (um 90º phasenverschoben) aufgetrennt
werden (Abb. 2-14). Dies gilt allerdings nur unter idealen Bedingungen. In der Realität
20 I
Grundlagen
Abb. 2-14: Grundlagen der Kapazitätsmessung. (A) Zeitverlauf eines Stroms (Output) über einen
Widerstand (links) bzw. einen Kondensator (rechts), nach Applikation eines Spannungs pulses (Input).
Der Zeitverlauf des Stroms über den Widerstand ist identisch mit dem in der Spannungsänderung
(Ohmsches Gesetz I = U/R). Kondensator (ideal): die rechteckförmige Spannungsänderung erzeugt
einen unendlich schnellen Aufladungsstrom (Strom abhängig von der Geschwindigkeit der
Spannungsänderung, I = C dU/dt). Der Strom fällt über den dazugehörigen Widerstand exponentiell
ab. (B) Bei einer sinusförmigen Spannungsänderung ist der Strom über den Widerstand in Phase mit
dem Spannungseingang, während der Strom über den Kondensator 90º phasenverschoben ist.
(C) Sind Kondensator und Widerstand parallel geschaltet, ist der resultierende Strom I R + IC (IR
entspricht hier der realen Komponente Re und IC der imaginären komponente Im der Admittanz). Der
Gesamtstrom ist bezogen auf die Stimulusspannung phasenverschoben, wobei die Größe der
Verschiebung von den relativen Werten von R und C abhängig ist. Mit einem phasensensitiven
Verstärker kann der sinusförmige Strom in zwei Komponenten zerlegt werden: eine Komponente in
Phase und eine 90º phasenverschobene Komponente (Fisher und Oberhauser 1999).
erzeugen alle elektrischen Komponenten, die zur Messung der Admittanz verwendet werden,
eine Phasenverschiebung. Daher ist es notwendig den richtigen Phasenwinkel für die
Messung zu bestimmen. Eine Möglichkeit hiefür ist die sog. Phase-Tracking-Methode (Joshi
und Fernandez 1988, Fidler und Fernandez 1989), die in Kap. 3.4.1 näher erläutert wird.
Neher und Marty und Fernandez et al. verwendeten Patch-Clamp Messungen in der
Whole-Cell Konfiguration zusammen mit einem phasensensitiven Verstärker um die
Kapazitätsänderungen in Chromaffin- und Mastzellen in Folge der Fusion einzelner Vesikel
zu messen (Neher und Marty 1982, Fernandez et al. 1984). In diesen beiden Arbeiten
I 21
Grundlagen
verfolgten die Autoren Änderungen in der zellulären Admittanz während der Exozytose und
lieferten auf diese Weise die ersten hochauflösenden Kapazitätsaufnahmen der Exozytose in
sekretorischen Zellen (Abb. 2-15). Die Messung von Änderungen in der Membrankapazität
während der Exozytose ist somit ein wichtiges Werkzeug für die Untersuchung von Exo - und
Endozytose
Abb. 2-15: Anstieg der Membrankapazität während der Degranulation einer einzelnen Mastzelle aus
der Ratte. (A) Typischer Zeitverlauf von Kapazitätsänderungen während der Degranulation: Kapazität
nimmt stufenartig zu. (B) Stufenartige Abnahme der Membrankapazität, als Folge der Endozytose
und Recycling fusionierter Vesikel. (C) Flackern der Membrankapazität, transiente Zunahme der
Kapazität von relativ kurzer Dauer (Fernandez et al. 1984).
22 I
Grundlagen
Abb. 2-16: Elektronenmikroskopische Aufnahme einer Fusionspore bei der Fusion eines
Mastzellvesikels mit der Plasmamembran (150000x vergrößert) (Chandler und Heuser 1980).
die Fusionspore sofort Ionen leitet kann sie mit Hilfe der Admittanzmessung detektiert
werden (Breckenridge und Almers 1987, Alvarez de Toledo und Fernandez 1988)
(Abb. 2-17). Die Bildung der Fusionspore kann in verschiedene Phasen eingeteilt werden.
Sie öffnet sich schlagartig in weniger als 100 µs zu einer Leitfähigkeit von ungefähr 300 pS.
Danach dehnt sich die Pore aus und die Leitfähigkeit erhöht sich in ungefähr 20 ms auf
ca. 5 nS. Diese Ausdehnungsphase der Pore ist häufig gekennzeichnet durch große und
schnelle Fluktuationen des kapazitiven Anteils der Admittanz (Kapazitäts-Flackern). In
diesem Stadium ist die Pore groß genug, um kleinmolekulare Signalsubstanzen, wie
Katecholamine, passieren zu lassen, was durch amperometrische Messungen gezeigt
werden konnte (Chow et al. 1992, Alvarez de Toledo et al. 1993, Jankowski et al. 1993). Die
anfänglichen Dimensionen der Fusionspore sind dabei vergleichbar mit denen eines großen
Ionenkanals, wie beispielsweise einer Gap-Junction (Unwin und Zampighi 1980), jedoch ist
unklar, ob sie eine ähnliche Beschaffenheit wie ein Ionenkanalprotein hat.
Ein wichtiges Ergebnis der Kapazitätsmessungen ist, dass die Öffnung der
Fusionspore ein reversibler Prozess ist (Neher und Marty 1982, Fernandez et al. 1984,
Alvarez de Toledo et al. 1993, Lollike et al. 1995, Klyachko und Jackson 2002, He et al.
2006), was durch amperometrische Messungen bestätigt werden konnte (Alvarez de Toledo
et al. 1993, Alés et al. 1999, Wang et al. 2003, Wang et al. 2006). Aus diesen Daten ergibt
sich das Bild einer Fusionspore, die sich in zwei unterschiedliche Richtungen entwickeln
kann. Die Fusionspore kann sich entweder irreversibel ausdehnen oder sie kann sich wieder
schließen (Abb. 2-17B). Nach ihrer Bildung muss sich die Fusionspore folglich nicht weiter
I 23
Grundlagen
ausdehnen und somit muss das Vesikel nicht vollständig in der Plasmamembran kollabieren.
Auf diese Weise können Vesikel ihre intakte Gestalt behalten, sich von der Membran
zurückziehen, wiederbefüllt werden und einen weiteren Exozytosekreislauf beginnen. Diese
transiente Fusion des Vesikels ist als effizienter Mechanismus zur Membranrückgewinnung
an der Synapse bekannt (Meldolesi und Ceccarelli 1981). Daraus ergeben sich zwei
unterschiedliche Arten der Freisetzung (Valtorta et al. 2001), die vollständige Fusion des
Vesikels mit der Plasmamembran und eine transiente Fusion, die als „ Kiss-and-Run“
bezeichnet wird.
Abb. 2-17: Zeitverlauf der Leitfähigkeit einer exozytotischen Fusionspore. (A) Ersatzschaltung für eine
Zelle, in der die Fusionspore gebildet wurde. (B) Kontinuierliche Admittanzmessung von Im(∆Y) und
Re(∆Y) und die daraus berechnete Leitfähigkeit der Fusionspore, G p, während zweier
Fusionsereignisse. Die Fusionspore öffnet sich schlagartig und fluktuiert (1) oder öffnet sich
irreversibel (2). Die endgültige Öffnung der Fusionspore wird durch eine dauerhafte Zunahme des
Imaginärteils und eine Rückkehr zum Ausgangspunkt des Realteils der Admittanz markiert (Fisher und
Oberhauser 1999).
Aktuell gibt es zwei Vorstellungen über den Aufbau und die Bildung der Fusionspore.
Einerseits wird eine Pore bevorzugt, die aus Proteinen, z.B. Anteilen von SNARE-Proteinen,
gebildet wird, zum anderen eine Pore, deren innere Wand im wesentlichen aus Phospholipid
besteht. Im Fall der Protein-Pore wird ein einer Gap Junction ähnlicher Kanal gebildet, der
beide Membranen durchspannt. Die Fusionspore entsteht hier also durch die Verbindung
von integralen Proteinen der Vesikel- mit denen der Plasmamembran (Schritt (ii) in
24 I
Grundlagen
Abb. 2-18A). Die Öffnung der Fusionspore erfolgt durch eine Konformationsänderung des
Proteinkomplexes (iii). Diesem Modell gemäß müsste ein zweiter Übergangsschritt
stattfinden, durch welchen sich die Pore ausdehnt, während Lipide die Proteine ersetzen (iv).
Wie bei einem Ionenkanal wäre der Offenzustand der Pore relativ starr. Nach dem Beginn
der Ausdehnung der Pore würde die Einlagerung von Lipiden diese Struktur flexibler
machen. Aktuell gibt es für einen solchen Schritt keine zufriedenstellende Erklärung. Das
Proteinmodell sagt prinzipiell voraus, dass die Kontinuität der wässrigen Kompartimente der
Membranfusion vorausgeht (Jackson und Chapman 2006, Jackson und Chapman 2008). Für
die primäre Bildung einer Fusionspore aus Lipid ist ein gänzlich anderer Mechanismus
anzunehmen. Er beginnt mit der Bildung eines „Stiels“ (stalk) zwischen den proximalen,
jeweils dem Zytoplasma zugewandten Blättern der fusionierenden Bilipid-Membranen
(Kozlov et al. 1989) (Schritt (ii) in Abb. 2-18B). Diese beiden fusionierten Monoschichten
ziehen sich darauf lateralwärts zurück und die beiden distalen Blätter, also die luminale
Monoschicht der vesikulären sowie die äußere Monoschicht der Plasmamembran bilden eine
„neue“ Doppelschicht (Hemifusion) (iii). In dieser bildet sich dann die Fusionspore (iv).
Obwohl Lipiddoppelschichten nicht ohne weiteres Poren bilden, würde das Zurückziehen der
inneren Schichten die durch die Hemifusion neu entstandene Doppelschicht dehnen und
belasten. Diese mechanische Belastung könnte die Energie liefern, die für die Bildung einer
Pore notwendig ist (Kozlov et al. 1989). Die Struktur einer solchen Pore wäre weniger starr
und würde eher fluktuieren als die starre Proteinpore. In diesem Modell fusionieren die
äußeren Membranschichten bereits längere Zeit vor der Fusion. Es kommt damit zur
Durchmischung der Lipide deutlich vor der Kontinuität der wässrigen Kompartimente, die erst
durch die Ruptur der aus den ursprünglich distalen Monoschichten gebildeten, gemeinsamen
Doppelschicht möglich wird. Welches der beiden Modelle für die Ausbildung der Fusionspore
in vivo gültig ist, ist nach wie vor ungeklärt.
I 25
Grundlagen
Abb. 2-18: Zwei Modelle für die Membranfusion. (A) Die Fusionspore wird aus Proteinen in der
Vesikel- und in der Plasmamembran gebildet (i). Diese Proteine fügen sich zu einer geschlossen Pore
zusammen (ii), die sich durch Konformationsänderung öffnet (iii). Durch eine Umformung fusionieren
die beiden Membranen (iv). (B) Lipidische Fusionspore und Membranfusion durch Hemifusion. Die
beiden Lipiddoppelschichten werden zueinander gezogen (i) (bei der regulierten Exozytose durch
SNARE-Proteine, hier nicht gezeigt), dadurch bilden die proximalen Monoschichten eine Art „Stiel“ (ii).
Die jetzt kontinuirlichen proximalen Monoschichten retrahieren und die distalen Schichten bilden eine
neue Doppelschicht (Hemifusion, iii), in der sich dann die Fusionspore bildet (iv) (Jackson und
Chapman 2008).
26 I
Grundlagen
Eine alternative Methode zur Beobachtung der Sekretion ist die Detektion
oxidierbarer, sekretorischer Produkte mit Hilfe einer Kohlefaserelektrode, an der ein über
einen Potentiostaten geregeltes, konstantes Potential anliegt (Leszczyszyn et al. 1990,
Wightman et al. 1991, Travis und Wightman 1998). Diese wird in unmittelbarer Nähe zur
Zelloberfläche positioniert (Abb. 2-19). Da es sich bei der Kohlefaser um eine polarisierbare
Elektrode handelt, kommt es in einer Elektrolytlösung bei konstanter Spannung nicht zum
Stromfluß. Allerdings können bei ausreichend positiven Spannungen bestimmte Substanzen
an der Oberfläche der Elektrode oxidiert werden, wodurch ein Oxidationsstrom meßbar wird.
Dabei wirkt die Elektrodenoberfläche als Elektronenakzeptor (Abb. 2-19B), also als
Abb. 2-19: Amperometrische Messung der Exozytose (A) Verwendung einer Kohlefaserelektrode zur
Detektion einzelner exozytotischer Fusionsereignisse. Durch ein konstantes Potential werden
Transmittermoleküle, wie Serotonin (Box), an der Elektrode oxidiert. (B) Sekretorische Antwort einer
einzelnen Mastzelle als amperometrische Stromspitzen durch die Oxidation von Serotonin, freigesetzt
aus einzelnen Granula. (C,D) Vergrößerung aus (B). In (D) ist ein „Fuß“ erkennbar (Pfeil), der mit der
Freisetzung von Serotonin durch die Fusionspore vor der irreversiblen Ausdehnung korrespondiert
(Fisher und Oberhauser 1999).
I 27
Grundlagen
28 I
Grundlagen
Ein Anstieg der intrazellulären Ca2+-Konzentration ([Ca]i) ist der Auslöser der
Exozytose in sekretorischen Zellen. Die Messung basiert auf intrazellulären Indikator-
Farbstoffen, deren Fluoreszenz von der [Ca]i abhängig ist (McCormack und Cobbold 1991,
Nuccitelli 1994). Wird die Emission dieser Fluorophore ortsaufgelöst gemessen und zu
einem Bild zusammengesetzt, das räumliche Verteilung des Ca2+-Signals im Zytosol
widerspiegelt, spricht man von Ca2+-Bildgebung (Ca2+-Imaging) (Abb. 2-13). Der Vergleich
von an verschiedenen Zeitpunkten aufgenommenen Bildern zeigt an, wie sich die Ca2+-
Konzentration ändert.
Fluoreszenzmessungen der freien intrazellulären Ca2+-Konzentration begannen mit
der Entwicklung Ca2+-sensitiver Farbstoffe (Tsien 1980), aus hochselektiven Ca2+-Chelatoren
wie EGTA und BAPTA. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Ca 2+-Indikatoren, die sich in
Struktur, Fluoreszenzeigenschaften, Empfindlichkeit, sowie Zellpenetration und Verteilung in
verschiedenen subzellulären Kompartimente unterscheiden (Thomas und Delaville 1991,
Kao 1994, Silver 1998, Paredes et al. 2008). Das Ca2+-abhängige Fluoreszenzsignal erlaubt
es, Änderung der freien [Ca]i in der Zelle zu lokalisieren, die Geschwindigkeit der Änderung
zu bestimmen und insbesondere im Falle der sog. ratiometrischen Messung sogar zu
quantifizieren. Für kinetische und quantitative Messungen müssen jedoch die Bindungs- und
Entbindungskinetik der Farbstoffe berücksichtigt werden. Am häufigsten werden Zellen mit
Ca2+-Indikatoren über die Patch-Pipette beladen. Eine einfachere Methode ist die
Verwendung veresterter Derivate der Ca2+-Farbstoffe (Tsien 1981), die apolar sind und
daher die Zellmembran passieren können. In der Zelle wird der Ester von zellulären
Esterasen abgespalten und man erhält so den aktiven Indikator.
I 29
Grundlagen
30 I
Grundlagen
Abb. 2-20: Durchlicht und Fluoreszenzaufnahmen in Gegenwart von 8 µM Quinacrin. (A) Intakte
Mastzellen (Ratte) in Lösungen mit verschiedenen pH-Werten. Nach Inkubation mit Farbstoff bei
pH 7,5 ist eine deutliche vesikuläre Fluoreszenz zu sehen. Die Anfärbung wird bei sauren pH-Werten
jedioch weniger effizient und bleibt bei pH 5,5 vollkommen aus (Johnson et al. 1980). (B) Mastzellen
aus Mäusen (A-B) und aus Beige-Mäusen (C-H) in Gegenwart von 8 µM Quinacrin. (E-G) Zelle, im
Durchlicht, (G-H) nach Stimulierung der Sekretion. Im Durchlicht (G) ist das Anschwellen eines
Vesikels zu sehen (Pfeile), während in (H) die Fluoreszenz desselben Vesikels verschwunden ist
(Pfeile) (Breckenridge und Almers 1987).
Abb. 2-21: Fortlaufend aufgenommene Bilder einer Alveolarzelle Typ II aus der Ratte. Die Vesikel sind
mit Lysotracker Green (LTG) angefärbt. Durch Stimulierung zur Exozytose ist ein Verlust der
Fluoreszenz innerhalb der Zelle zu beobachten (Bild B 10 min und Bild C 30 min nach Stimulierung
aufgenommen) (Haller et al. 1998).
I 31
Grundlagen
2.6.2.2 Styrylfarbstoffe
Abb. 2-22: Aktivitätsabhängige Anfärbung einer Nervenendigung (motorische Endplatte, Ratte und
Maus). Muskeln in normaler Ringerlösung bzw. in Gegenwart von 60 mM K+ (zur Stimulierung) jeweils
für 5 min 2 µM des Styryl-Farbstoffes FM1-43 ausgesetzt, danach gewaschen und fotografiert. Ein
Anfärben der Nervenendigungen ist nur nach der Stimulierung zu erkennen (Betz et al. 1992).
32 I
Grundlagen
1) Die Farbstoffe sind amphiphil und verfügen über eine längere lipophile Seitenkette,
die sog. Schwanzregion (tail region). Daher reichert sich der Farbstoff in Lipiden und
anderen hydrophoben Umgebungen an und färbt diese selektiv an.
2) Eine intermediäre Brückenregion (bridge) der Farbstoffe besitzt zwei aromatische
Ringe, die das Fluorophor bilden. Die Anzahl der Doppelbindungen am Übergang
zwischen beiden Ringen, bestimmt die Fluoreszenzeigenschaften des Farbstoffs.
Brücken mit mehreren Doppelbindungen verschieben das Emissionsspektrum ins
Rote. Die Quantenausbeute ist dabei von der Polarität der Lösung abhängig. In
polaren Lösungen wie Wasser ist sie gegenüber unpolaren Lösungen (Membranen)
um den Faktor 100 reduziert. Das bedeutet, dass nahezu das gesamte
Fluoreszenzsignal von Farbstoffmolekülen in der Membran geliefert wird.
3) Die positiv geladene Kopfgruppe verhindert, dass der Farbstoff durch die Membran
tritt, so dass die Membran intrazelluläre Organellen, wie Vesikel, nur bei direktem
Kontakt mit dem Farbstoff, wie etwa bei der Exozytose, angefärbt werden. In
Gegenwart des Farbstoffs im extrazellulären Medium werden alle von dort
zugänglichen Membranen, also die Membran exozytierter Vesikel sowie die
Plasmamembran angefärbt. Entfernt man ihn aus der Lösung, so diffundiert der
Farbstoff aus der Plasmamembran und die Färbung der Zellmembran verschwindet.
Die Membran reendozytierter Vesikel bleibt jedoch angefärbt, da der Farbstoff die
Vesikel erst wieder nach erneuter Exozytose verlassen kann. Der Verlust dieser
Färbung ist aktivitätsabhängig und kann daher für die Beobachtung exozytotischer
Aktivität verwendet werden (Abb. 2-23B).
I 33
Grundlagen
Abb. 2-23: (A) Die drei Regionen der FM-Farbstoffe, lipophile Schwanzregion, zwei aromatische
Ringe und geladene Kopfgruppe, am Beispiel der Struktur von FM1-43. (B) Typisches FM-Farbstoff
Experiment: (a) Vesikel in Nähe der Plasmamembran. (b) FM-Farbstoff wird hinzugefügt und bindet
an die Zellmembran, die zu fluoreszieren beginnt. (c) Stimulierung der Zelle führt zu Vesikelfusion mit
der Plasmamembran und die luminale Vesikelmembran wird dem Farbstoff ausgesetzt. (d)
Endozytose des Vesikels mit Farbstoff im Inneren. (e) Farbstoff wird aus dem extrazellulären Medium
ausgewaschen, Vesikelfluoreszenz wird sichtbar. (f) Durch erneute Stimulation kann die Exozytose
als Verlöschen der vesikulären Fluoreszenz, wenn der FM-Farbstoff das Vesikel wieder verlässt,
gemessen werden (Gaffield und Betz 2007).
Ein Problem aller bisher vorgestellten Fluoreszenzmarker ist, dass sie in gelöster
Form in das extrazelluläre Medium gegeben werden. Im Falle von Farbstoffen wie Quinacrin
und Acridin-Orange führt dies zu einer beträchtlichen Hintergrundfluoreszenz, die die
Detektion einzelner Vesikel erschwert. Vor allem aber gehen diese Farbstoffe keine stabile
Verbindung mit vesikulären oder granulären Strukturen ein, sondern sind im Lumen als
lösliche Substanzen gespeichert und markieren somit den Vesikelinhalt und nicht das
Vesikel als solches. Die Hintergrundfluoreszenz entsteht auch durch die Anfärbung weiterer
Organellen, wie Endosomen oder Lysosomen der Zelle. Spezifität und Stabilität der
Anfärbung sind also nicht vollständig gegeben bzw. vom Verteilungsgleichgewicht abhängig.
Eine verbesserte Spezifität der Anfärbung von sekretorischen Vesikeln bei geringere m
Hintergrund wird durch die Expression von Fusionskonstrukten aus einem fluoreszierenden
Protein (meist Green Fluorescent Protein (GFP)-Abkömmlinge) und einem in das vesikuläre
Kompartiment sortierten Trägerprotein erreicht.
34 I
Grundlagen
Abb. 2-24: Mit sypHu transfizierte RBL-2H3 Zelle. Bei Anregung mit 410 nm sind Granula als
fluoreszierende Punkte in der Zelle zu erkennen (1). Bei Anregung mit 470 nm sind keine
fluoreszierenden Granula sichtbar (1). Sie erscheinen erst nach Stimulation der Exozytose (2-7, Pfeile)
(Miesenböck et al. 1998).
I 35
Grundlagen
36 I
Grundlagen
Ortsauflösung voraus; hinsichtlich des elektrischen Parameters ist ein ausreichend hoher
Signal-Rauschabstand notwendig. Beide Parameter sollten mit möglichst hoher zeitlicher
Dynamik gemessen werden.
I 37
Grundlagen
mitbestimmt, das wiederum von der V-ATPase-Aktivität selbst sowie der Permeabilität der
Vesikelmembran für andere Ionen abhängt. Ferner wird der pH-Wert durch unspezifische
Leckage von H+ und seinen Äquivalenten ins Zytosol beeinflusst. Eine solche Leckage ist
anzunehmen, da die theoretisch erwartete Protonenkonzentration die durch die V-ATPasen
erzeugt werden kann, pH-Werte um 3,0 bedeuten würde. Dies ist deutlich saurer als die
luminal gemessenen pH-Werte (≥ 5) und diese Diskrepanz lässt sich am besten durch einen
Protonenrücktransport/Leckage ins Zytosol erklären (Paroutis 2004). Membranständige V-
ATPasen finden sich in einer Vielzahl intrazellulärer Kompartimente. Ihre Hauptfunktion ist
der Protonentransfer in das Lumen membrangebundener Organellen unter ATP-Verbrauch
(Abb. 2-26). Blockiert man die V-ATPase mit Hilfe des Antibiotikums Bafilomycin, dann bricht
der pH-Gradient in allen Kompartimenten des Sekretionsweges zusammen, was die zentrale
Rolle dieser ATPase in der Ansäuerung der Organellen unterstreicht. Für den pH-Gradienten
entlang des sekretorischen Weges scheint eine zunehmende Aktivität dieser Protonenpumpe
verantwortlich zu sein (Paroutis 2004).
Der elektrochemische Gradient, der durch die Aktivität der V-ATPase über die
Membran des Vesikels etabliert wird, treibt verschiedene sekundär aktive
Transportmechanismen an, die kleinmolekulare Substanzen wie Monoamine
(Katecholamine, Histamin und Serotonin), Glutamat oder GABA aus dem Zytosol in das
Vesikellumen transportieren. Dieser Gradient setzt sich aus dem Konzentrationsgefälle für
Protonen (∆pH) und -aufgrund der Elektrogenität des Protonentransports- einem elektrischen
Gradienten (∆ψ), zusammen. Monoamine werden mittels des vesikulären
Monoamintransporters (VMAT) in das Vesikel transportiert (Wimalasena 2011). Zwei VMATs
sind bekannt: VMAT1 und VMAT2. VMAT1 ist hauptsächlich in den LDCVs verschiedener
neuroendokriner Zellen exprimiert, während VMAT2 in einer Vielzahl monoaminerger
Neuronen des Gehirns, des sympatischen Nervensystems sowie in Mastzellen und in
histaminhaltigen Zellen des Darms zu finden ist. VMATs besitzen 12 transmembranäre
Domänen, wobei sowohl der C- als auch der N-Terminus zytosolisch liegen. Für den
Transport von einem Aminmolekül aus dem Zytosol verlassen 2 Protonen das Vesikel
(Parsons 2000, Fei et al. 2008, Wimalasena 2011).
Azetylcholin wird durch den mit VMAT verwandten vesikulären Azetycholin-
Transporter (VACh) in das Vesikel transportiert. Dieser Transporter besteht ebenfalls aus 12
transmembranären Einheiten mit jeweils zytosolischen C- und N-Termini. In Analogie zum
VMAT wird jeweils ein Azetylcholinmolekül für zwei Protonen ins Vesikel transportiert
(Parsons 2000).
38 I
Grundlagen
Abb. 2-25: Darstellung der lumalen pH-Werte der endosomalen Organellen des sekretorischen und
des endozytotischen Weges. Die Zahlen zeigen den ungefähren pH-Wert des spezifischen
Kompartiments an (Paroutis 2004).
Abb. 2-26: Die vakuoläre Protonen-ATPase. Dargestellt sind die Untereinheiten, die transmembranäre
Anordnung, das aktive Zentrum für die ATP-Hydrolisierung und die Bindestelle für die Inhibition durch
Antibiotika wie Bafilomycin. Die Buchstaben bezeichnen die einzelnen Untereinheiten (Paroutis 2004).
I 39
Grundlagen
Glutamat wird durch den vesikulären Glutamat Transporter (VGLUT) ins Vesikel
transportiert. Drei Isoformen sind bekannt: VGLUT1, 2 und 3. Dieser Transporter weist 12
transmembranäre Domänen auf und und auch hier weisen C- und N-Terminus in das Zytosol
der Zelle. Ein Molekül Glutamat wird im Austauch für ein Proton in das Vesikel transportiert
(Fei et al. 2008). GABA und Glycin werden über den vesikulären GABA Transporter (VGAT),
der anders als die vorher beschriebenen Transporter neun transmembranäre Domänen
aufweist, in das Vesikel verbracht. Der N-Terminus weist ebenfalls ins Zytosol, der C-
Terminus ins Lumen des Vesikels. Im Austausch für ein Proton wird ein GABA-Molekül ins
Vesikel transportiert (Fei et al. 2008).
Der Anteil des pH-Gradienten (∆pH) und des elektrischen Gradienten (∆ψ) an der
treibenden Kraft ist nicht bei allen Transporten gleich. Während der Transport über VMAT
und VACh hauptsächlich durch ∆pH getrieben wird, ist der Transport über VGLUT zum
größten Teil von ∆ψ getragen. Der Transport über VGAT hängt dagegen etwa zu gleichen
Teilen von ∆pH und ∆ψ ab (Chaudhry et al. 1998). Diese Unterschiede kommen durch die
unterschiedliche Besetzung der Vesikelmembranen mit Ionenkanälen (z.B. Cl --Kanälen)
zustande, die ΔΨ teilweise kurzschließen. Der durch V-ATPasen erzeugte elektrochemische
Gradient ist elementare Voraussetzung für die Beladung der Vesikel mit kleinmolekularen
Substanzen und daher ein entscheidender Mechanismus für die Sekretion von Transmittern
und anderen Stoffen.
40 I
Grundlagen
durch monovalente Kationen wie Kalium oder Natrium aus dem Extrazellularraum ersetzt
werden, kommt es zu einer Verdopplung der Konzentration von Gegenionen in der
granulären Matrix. Diese Verdopplung bewirkt einen Anstieg des osmotischen Drucks mit
Einstrom von Wasser und führt so zu einem Anschwellen des Granulums (Parpura und
Fernandez 1996). Die Matrix der in dieser Arbeit verwendeten RBL-Zellen besteht
hauptsächlich aus Chondroitinsulfat Di-B, das in den Granula dieser Zellen die Funktion des
Heparins bei Mastzellen übernimmt (Seldin et al. 1985). Synaptische Vesikel in Neuronen
zeigen bei Untersuchungen im Transmissions-Elektronenmikroskop im Gegensatz zu
sekretorischen Granula von Mast- und Chromaffinzellen ein weniger elektronendichtes
Lumen, weswegen man früher annahm, dass hier keine vesikuläre Matrix zu finden sei.
Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass synaptische Vesikel über eine Glykanmatrix zu
verfügen scheinen, die hauptsächlich von glykolysierten luminalen Anteilen des Proteins SV2
gebildet wird (Reigada et al. 2003, Zeigler et al. 2011).
Abb. 2-27: Schematische Darstellung der Speicherung von kationischen Mediatorsubstanzen in der
Matrix von Chromaffin- und Mastzellen. Links: Interaktion von Katecholaminen mit Chromograninen
der vesikulären Matrix. In der Mitte ist die Ansäuerung des Vesikellumens auf einen pH von 5,5 durch
die V-ATPase sowie der VMAT-Transporter gezeigt, der Amine in Austausch gegen Protonen in das
Vesikel transportiert. Rechts: Granulum einer Mastzelle, in dem Histamin und Serotonin als
Gegenionen für die negativen Ladungen an Heparin fungieren (Wightman et al. 2002).
I 41
Grundlagen
1) Uvnäs et al. gehen von der vesikulären Matrix als Ionenaustauscher aus (Uvnäs und
Aborg 1983, Uvnäs und Aborg 1989). In ihrem Modell erfolgt die Speicherung und die
Lagerung biogener Amine durch Ionenaustausch indem sie unter stöchiometrischer
Verdrängung von Gegenionen gespeichert werden. Die Freisetzung erfolgt ebenfalls
im Austausch mit Gegenionen. Dieser Ionenaustauscheffekt zeigte sich bei
Experimenten mit isolierten Mastzellgranula. So konnten Uvnäs et al. zeigen das
Amine (oder andere ionisch gebundene granuläre Komponenten) als Ergebnis eines
Kaliumeinstroms freigesetzt wurden (Uvnäs und Aborg 1989). Die vesikuläre Matrix
ist hier ein unlösliches Polymernetz mit einer hohen Dichte fixer Ladungen, die zu
jedem Zeitpunkt durch die gleiche Anzahl Gegenionen ausgeglichen sein müssen,
um Elektroneutralität zu gewährleisten.
2) Verdugo et al. schlagen weitergehend ein als „Jack-in-the-box“ (Sprungteufel)
bezeichnetes Modell vor (Verdugo 1991). Zusätzlich zur einfachen Diffusion liefert
hier ein Phasenübergang der Polymermatrix eine konvektive Kraft für die
Produktfreisetzung. Die vesikuläre Matrix ist in diesem Modell ein "intelligentes"
Polymer, das negative Ladung aufweist und in Gegenwart von divalenten Kationen
(z.B. Histaminen oder Ca2+) und bei saurem pH in kondensierter Form vorliegt. In
Gegenwart von monovalenten Kationen (Na +, K+) dekondensiert dieses Polymer und
setzt dadurch explosionsartig kleinmolekulare Substanzen aus dem Vesikel frei
(Nanavati und Fernandez 1993). Dies bedeutet, dass nach der Öffnung der
Fusionspore beispielsweise Natrium aus dem Extrazellularraum in das Vesikel
einströmt und die an der Matrix gebundenen Substanzen ersetzt. Dieser Austausch
führt zur Hydratisierung des kondensierten Polymernetzes im Inneren des Granulums
42 I
Grundlagen
und es kommt zur Schwellung und Dekondensation, die mit der Auflösung der
intragranulären Matrix und damit der Freisetzung der gebundenen Mediatoren in den
extrazellularen Raum endet. Das Modell stimmt also hinsichtlich der Funktion der
Gegenionen und fixen Ladungen mit dem von Uvnäs et al. überein. Anders als jenes
postuliert es jedoch darüber hinaus einen durch den Ionenaustausch
hervorgerufenen Phasenübergang der Matrix von kondensiert zu expandiert-
hydratisiert, der wie die Sprungfeder bei einem Sprungteufel wirkt. Essentiell für
diesen „Sprungfeder-Produktfreisetzungsmechanismus“ ist dabei das Vorhandensein
sowohl von kondensierter Polymermatrix, als auch der korrespondierenden
Gegenionen im Granulum (Verdugo 1991).
I 43
Grundlagen
kommt. An Chromaffinzellen konnten Gong et al. allerdings zeigen, dass während der
Freisetzung von Serotonin aus den Vesikeln von Chromaffinzellen kein Kationenstrom über
die Vesikelmembran messbar ist, weshalb hier ein Einstrom von Gegenionen über die
Fusionspore wahrscheinlich ist (Gong et al. 2007).
Abb. 2-28: Mechanismus für eine Ionenaustausch abhängige Sekretionsantwort. (A) Feste negative
Ladungen in der vesikulären Matrix werden durch die gleiche Anzahl kationischer sekretorischer
Produkte kompensiert. Freisetzung durch Ionenaustausch: Ersetzen eines vorhandenen Kations (blau)
durch ein Neues (rot). Die Ionenbewegung wird dabei durch die Austauscheigenschaften der Matrix
bestimmt. Die Öffnung der Fusionspore löst den Ionenaustausch über zwei Wege aus: (B) über die
Vesikelmembran und (C) durch die Fusionspore. In beiden Fällen erfolgt der Ausstrom der
freigesetzten sekretorischen Substanzen über die Fusionspore. (B) Der Fluss der Gegenionen durch
die Vesikelmembran wird durch elektrogene Pumpen (grüner Kreis) oder durch Ionenkanäle (grauer
Zylinder) reguliert. (C) Der Fluss der Gegenionen durch die Fusionspore wird durch die Größe und die
Eigenschaften der Fusionspore reguliert (Rahamimoff und Fernandez 1997).
2.6.6 Bedeutung intraluminaler Protonen für die Interaktion von Matrix und sekretorischen
Produkten
44 I
Grundlagen
I 45
Grundlagen
ausgesetzt, wird die Verbindung schwächer und die intravesikuläre Matrix löst sich auf
(Jankowski et al. 1993, Wightman et al. 1995). Die stabile Verbindung mit einer
kondensierten Matrix erlaubt es also, den kleinmolekularen Inhalt in osmotisch stabiler Form
zu lagern. Wird durch Erhöhung des pH-Wertes und Überführung der biogenen Amine in
einen monovalenten Ladungszustand diese Verbindung unterbrochen, dann beginnt sich die
vesikuläre Matrix aufzulösen. Wenn dies, z.B. durch Eindringen schwacher Basen,
geschieht, bevor die Fusionspore geöffnet ist, resultiert daraus ein retrograder Transport der
sekretorischen Produkte ins Zytosol (Mundorf et al. 1999). Der Phasenübergang der
vesikulären Matrix nach dem Öffnen der Fusionspore kann optisch als Anschwellen des
Vesikels beobachtet werden (Breckenridge und Almers 1987, Zimmerberg et al. 1987). Das
Anschwellen der vesikulären Matrix wurde, wie oben besprochen, als treibende Kraft für die
der irreversiblen Ausdehnung der Fusionspore und der anschließenden Freisetzung des
Vesikelinhaltes angesehen (Breckenridge und Almers 1987, Zimmerberg et al. 1987,
Chandler et al. 1989, Merkle und Chandler 1989). Allerdings konnte gezeigt werden, dass in
Gegenwart von Histamin in saurer Lösung das Schwellen der Matrix um mehr als das
20fache verlangsamt wird, die Ausdehnung der Fusionspore dadurch aber weder verhindert
noch verlangsamt wird (Monck et al. 1991). Das Anschwellen der Matrix ist diesen
Ergebnissen zufolge nicht die treibende Kraft in der Fusion, vielmehr scheint die Spannung
in der Vesikelmembran die Fusion des Vesikels und die Ausdehnung der Fusionspore
voranzutreiben.
Aus diesen Beobachtungen entwickelte sich die Hypothese, dass Alkalisierung des
intravesikulären Raumes, mithin die Aufhebung des großen Protonengradienten eine
Voraussetzung für die effiziente und schnelle Freisetzung von Signalsubstanzen wie
Hormonen und Transmittern aus sekretorischen Vesikeln sei. Diese stützt sich vor allem auf
die oben ausgeführten Versuche, die zeigten, dass eine Alkalisierung des pH-Wertes zur
Dissoziation zwischen Polymer-Matrix und kleinmolekularem Vesikelinhalt führt. Nach
diesem Modell wäre es daher vor der Freisetzung der gespeicherten Mediatorsubstanzen
notwendig, dass Protonen das Vesikel verlassen.
Um diese Hypothese zu testen führten Williams und Webb an RBL-Zellen eine
ausführliche Studie mit Hilfe von hochauflösenden fluoreszenzoptischen Verfahren unter
Verwendung verschiedener Fluoreszenzfarbstoffe (konfokale Mehrfarben-Multiphotonen
Fluoreszenzmikroskopie) durch (Williams und Webb 2000). Zunächst konnte mit Hilfe eines
Ca2+-abhängigen Fluoreszenzfarbstoffes der Kalziumeinstrom in die Zelle als Startpunkt der
Exozytose detektiert werden. Einige Sekunden darauf erfolgte bei diesen Versuchen die
mittels LysoSensorTM-Fluoreszenz erfasste Alkalisierung des vesikulären Lumens. Erst als
letzter Schritt in der aus diesen Daten ermittelten Sekretionssequenz erfolgte die Herstellung
der Kontinuität zwischen Lumen und Extrazellularraum mit der Freisetzung des kompletten
46 I
Grundlagen
vesikulären Inhaltes. Dieser letzte Schritt wurde hier anhand des Verlöschens der Acridin-
Orange-Fluoreszenz bzw. über das Erscheinen von im Extrazellularraum gelösten
Fluorophoren (Fluorescein bzw. Cascade Blue) im nunmehr leeren Vesikel erfasst.
Mit diesen Versuchen konnten Williams et al. zeigen, dass in Übereinstimmung mit
der Hypothese der präexozytotischen Alkalisierung zunächst die Alkalisierung des
Vesikellumens notwendig ist, damit den Bruchteil einer Sekunde später der vesikuläre Inhalt
freigesetzt werden kann (Abb. 2-29). Problematisch bei diesen Versuchen ist dabei, dass
ausschließlich mit optischen Methoden gearbeitet wurde. So wurde die Freisetzung des
vesikulären Inhaltes nur indirekt über die Diffusion von Fluorophoren bestimmt. Dadurch war
die Präzision bei der Bestimmung des Zeitpunkts der Ausbildung und Expansion der
Fusionspore stark limitiert. Es ist nicht auszuschließen, dass die Diffusion von Fluorophoren
die der kleinmolekularen Bestandteile des Vesikels nur unzureichend widerspiegelt.
Abb. 2-29: Die Abnahme des granulären pH-Wertes erfolgt vor der Freisetzung des gränulären
Inhaltes (rot). Die Freisetzung des granulären Inhaltes ist als die Zunahme der Fluorescein-
Fluoreszenz gemessen. Fluorescein strömt aus dem Extrazellularraum in das leere Granulum ein
(Williams und Webb 2000).
Williams und Webb schlagen aufgrund ihrer Versuche folgende Sequenz für den
Ablauf der einzelnen Schritte, von der Bildung der Fusionspore bis zur Freisetzung des
vesikulären Inhaltes vor: Im sekretorischen Vesikel herrscht ein saurer pH-Wert vor. Das
ermöglicht das Anreichern kleinmolekularer Substanzen im Vesikel über Transporter (z.B.
VMAT). Darüber hinaus ist ein saurer pH im Vesikel notwendig für die Assoziation der als
divalente Kationen vorliegenden biogenen Aminen mit der vesikulären Matrix, so dass ein
osmotisch stabiler Zustand gehalten werden kann. Gleichzeitig bewirkt diese Assoziation die
I 47
Grundlagen
Kondensation des Matrixpolymers bzw. stabilisiert die kondensierte Phase. Nach Erhöhung
der intrazellulären Ca2+-Konzentration ist der erste Schritt der Exozytose die luminale
Alkalisierung. Dabei halten die Autoren die Frage offen, ob die Protonen das Vesikel über
Kanäle in der Membran Richtung Zytosol verlassen, oder ob sie über eine noch sehr enge
Fusionspore ("a small fusion pore") Richtung Extrazellularraum ausströmen.
Aufgrund der diffusiven Beweglichkeit für Protonen (9000 µm2 s-1), die etwa 30fach
höher ist als die von kleinmolekularen Farbstoffen oder Serotonin halten es die Autoren für
möglich, dass sich auch die Geschwindigkeit des Konzentrationsausgleichs durch eine kleine
Pore um einen ähnlichen Faktor unterscheidet. Erst nach der Alkalisierung beginnt die
Dissoziation des Inhalts, die vesikuläre Matrix löst sich auf (Anschwellen) und der Inhalt wird
freigesetzt (Breckenridge und Almers 1987, Zimmerberg et al. 1987, Monck et al. 1995,
Mundorf et al. 1999, Williams und Webb 2000, Wightman et al. 2002).
Einer neueren Betrachtung zur Folge, lässt die frühe, noch enge Fusionspore
Protonen jedoch erst mit gewisser Verzögerung passieren. Barg et al. (2002). nutzten in
ihren bereits in Kap. 2.6.2.4 besprochenen Versuchen Kapazitätsmessungen, um die mittlere
Kinetik der Öffnung von Fusionsporen nach einem Kalziumeinstrom zu bestimmen. Mit Hilfe
eines löslichen Fusionsproteins konnten in den Experimenten einzelne Vesikel gezielt mit
EGFP angefärbt werden, das ebenfalls eine gewisse pH-Sensitivität besitzt, die sich in einer
transienten Fluoreszenzzunahme bei Alkalisierung äußert, bevor das Protein das Vesikel
durch die geweitete Fusionspore verlässt. Durch Vergleich der kinetischen Daten aus der
optischen und elektrischen Messung (jedoch ohne direkte Korrelation für einzelne
Fusionsereignisse, Kap. 2.6.2.4) konnte gezeigt werden, dass die Alkalisierung erst 200-
300 ms nach der Öffnung der Fusionspore stattfindet, die Protonen die Fusionspore also erst
mit einer gewissen Verzögerung passieren könne. Das könnte nach diesen Autoren an einer
anfänglich zu engen Fusionspore liegen oder an einer Ionenselektivät derselben. Wie eine
Hemmung der Beweglichkeit der Protonen durch die Fusionspore (Abb. 2-30) bei
gleichzeitiger Passierbarkeit durch andere Ionen vorstellbar ist, bleibt offen.
Festzuhalten ist als Stand der Forschung zu Beginn dieser Arbeit, dass vorhandene
Daten die Hypothese stützen, dass Alkalisierung des Vesikellumens, also die Dissipation des
Protonengradienten über die vesikuläre Membran ein früher Schritt der Exozytosereaktion
ist, der möglicherweise der Ausbildung der Fusionspore, jedenfalls aber der Freisetzung
kleinmolekularer Sekretionsprodukte mehrere 100 ms vorangeht.
48 I
Grundlagen
Abb. 2-30: Sequenz der einzelnen Exozytoseschritte nach Barg. (A) und (B) Schnelle Öffnung der
Fusionspore nach Auslösen der Exozytose (>20 ms). (C) Nach Ausdehnung der Fusionspore
können Protonen in den Extrazellularraum ausströmen, durch die damit verbundene Neutralisierung
des luminalen pHs wird Fluoreszenz sichtbar. (D) Deutliche Ausdehnung der Fusionspore oder
komplette Fusion und Freisetzung größerer Peptide (Barg et al. 2002).
Zusammenfassend kann nach heutigem Stand die folgende Sequenz für den Ablauf
der einzelnen Schritte der Exozytose aufgestellt werden (Abb. 2-31):
1. Öffnung der Fusionspore
2. Ausstrom der Protonen aus der Fusionspore, sofort oder verzögert
3. Alkalisierung des luminalen pH-Wertes
4. Dissoziation des vesikulären Inhaltes und Auflösung der Matrix (Anschwellen)
5. Freisetzung des Vesikelinhaltes
Abb. 2-31: Ablauf der einzelnen Exozytoseschritte nach heutigem Stand. Nach dem Transport des
Vesikels (1) an die Plasmamembran und dem Andocken beginnt die Exozytose mit der Bildung der
Fusionspore (2). Wasser tritt durch die Pore in das Vesikel ein und führt zum Schwellen der
vesikulären Matrix und der Dekondensierung des Inhaltes (3). Protonen verlassen das Vesikel und
pH-sensitive Fluoreszenzmarker wie sypHu beginnen zu leuchten (3). Durch die irreversible
Ausdehnung der Fusionspore kommt es zur vollständigen Fusion und der Freisetzung des
Vesikelinhaltes (4).
I 49
Grundlagen
Ziel dieser Arbeit ist es erstmals eine sichere Korrelation zwischen der Vesikelfusion
(elektrophysiologisch) und der Alkalisierung (fluoreszenzoptisch) des granulärem Lumens
herzustellen. Hochauflösende Admittanzmessungen sollen es ermöglichen, die Fusion
einzelner Granula zu erfassen und mit der simultan gemessenen Fluoreszenzzunahme eines
stationären pH-Indikators in einzelnen Granula zu korrelieren. Dadurch sollen mehrere
aktuell diskutierte Fragen hinsichtlich der Sequenz der einzelnen Exozytoseschritte
untersucht werden.
1. Zu welchem Zeitpunkt verlassen die Protonen das Vesikel: vor, unmittelbar
mit Öffnung der Fusionspore oder verzögert?
2. Findet die Neutralisierung/Alkalisierung des Vesikelinneren vor oder nach
der Freisetzung der kleinmolekularen Mediatoren statt?
Mundorf et al. konnten zeigen, dass durch die Alkalisierung des Vesikellumens die
Auflösung der Matrix beginnt und Transmitter aus dem Vesikel ins Zytosol fließen (Mundorf
et al. 1999). Es gibt also einen gleichsam retrograden Transport von Transmitter aus dem
Vesikel hinaus, sobald der luminale pH neutralisiert wird. Das wirft in funktioneller Hinsicht
die Frage auf, ob bei einer schlagartigen Änderung des luminalen pH nach Öffnung der
Fusionspore die Flussrate dieses retrograden Transports über die gesamte Vesikelmembran
nicht sogar höher wäre, als die der Freisetzung über die vergleichsweise enge Fusionspore?
Gibt es möglicherweise Mechanismen, die den sauren pH im Vesikel solange stabil halten,
bis der Transmitter es durch die Fusionspore verlassen hat. So haben Williams und Webb
(2000) darauf hingewiesen, dass ihr Befund einer schnellen, präexozytotischen Alkalisierung
in eklatantem Widerspruch zu der erwarteten hohen Pufferkapazität eines mit Serotonin und
Histamin sowie sauren Polysacchariden beladenen Granulums von 1-2 µm Durchmesser
steht.
Um diese Fragen zu beantworten und eine genaueres Bild von der Abfolge der
einzelnen Schritte der Exozytose zu erhalten, müssen diese Schritte simultan auf Ebene der
Fusion einzelner Vesikel untersucht werden. Daher wurden in dieser Arbeit
multiparametrische Messungen durchgeführt und zwar mit einer zeitlichen Auflösung, die es
erlaubt die Fusion eines einzelnen Vesikels mit allen verwendeten Methoden zu beobachten.
Durch simultane Messung der Öffnung der Fusionspore mit Hilfe von Messungen der
Membrankapazität, der Freisetzung des Vesikelinhaltes mittels Amperometrie und der
fluoreszenzbasierten Messung des luminalen pH-Werts soll geklärt werden, ob die Protonen
die Fusionspore erst mit Verzögerung verlassen, wann der luminale pH-Wert neutralisiert
wird und wann der vesikuläre Inhalt über die Fusionspore freigesetzt wird.
50 I
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
3.1.1 Zelllinien
3.1.2 Transfektion
I 51
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
Abb. 3-1: Verwendete RBL Zelllinien (basophile Tumorzellen aus der Ratte). (A) RBL-1 Zellen in der
Übersicht und im Detail, (B) RBL-2H3 Zellen in der Übersicht und im Detail.
52 I
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
1987). Waren die Zellen zu 60-70% konfluent, erfolgte die Transfektion mit den Plasmiden.
48 - 78 h nach der Transfektion wurden die Zellen geerntet. Hierfür wurde das Kulturmedium
von den Zellen abgenommen und für 15 min bei 3000 rpm zentrifugiert. Der Überstand
wurde gefiltert (Milex HV 0,45 µm Filter, Milipore SLHV033RS, Merck KG, Darmstadt,
Deutschland) und anschließend 1,5 h bei 25000 rpm und 4ºC ultrazentrifugiert. Der
Überstand wurde komplett entfernt, und die Viruspartikel erschienen als bräunliches,
glasartiges Pellet auf dem Boden des Zentrifugierröhrchens. Dieses Pellet wurde
resuspendiert, aliquotiert und bei -80ºC gelagert (s. Abb. 3-2B). Die Viruskonzentration der
Aliquots betrug 1 µg/ml. Für die Transfektionen der RBL-Zellen wurde eine Verdünnung der
Ausgangskonzentration von 1:1500 gewählt. Nach 2-3 Tagen wurden die transfizierten
Zellen gemessen.
Abb. 3-2: (A) Schematische Darstellung der viralen Konstrukte mit sypHu- oder ASIC1-DNS.
(B) Schema der Virusproduktion. Erster Schritt der Virusproduktion: Transfektion der
Verpackungszelllinie (293T) mit Plasmiden, die die gewünschte DNS (sypHu oder ASIC1) enthalten.
Anschließend Produktion des Virus mit der gewünschten DNS durch die 293T-Zellen. 48 - 78 h nach
der Transfektion mit den Plasmiden wird der Virus geerntet, aliquotiert und bei -80ºC gelagert.
(C) Transfektion (Infektion) der Zelle: Virus wird in entsprechender Verdünnung auf konfluente
RBL-Zellen gegeben. Durch Infektion mit dem Virus gelangt die DNS in die Zelle und wird dort
expremiert. Im Falle von sypHu wird das pH-sensitive GFP in der Vesikelmembran eingebaut, bei
Infektion mit Viren, die DNS für den ASIC1-Kanal enthalten, erfolgt die Expremierung des Kanals in
der Zellmembran.
I 53
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
3.2 Messlösungen
54 I
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
Zelle auszulösen enthielt die Lösung 10 µM freies Ca2+ (Artalejo et al. 1998, Bakowski et al.
2003). Vor den Experimenten wurde 2 mM ATP und 0,3 mM GTPγS hinzugefügt
(Kap. 2.4.1). In der Zelle dient Kalzium als second messenger, welcher die Exozytose und
damit die Fusion des Vesikels mit der Plasmamembran auslöst. In vivo wird Kalzium nach
dem stimulierenden Reiz zum einen durch Ionenkanäle in die Zelle gebracht und zum
anderen durch die Freisetzung von Kalzium aus den zellulären Speichern. Durch GTP γS in
der intrazellulären Lösung wird Phospholipase C aktiviert, die PIP2 zu IP3 und DAG spaltet
und so über IP3 zur Freisetzung von Ca2+ aus dem ER führt und mittels DAG die
Proteinkinase C stimuliert, deren Aktivität für die Degranulation der Zelle ebenso notwendig
ist wie die Erhöhung der zytosolischen Ca2+-Konzentration in der Zelle(Kap. 2.4.1, Abb. 3-3).
Für einige Experimente wurde eine cäsiumfreie Lösung, L i2, verwendet (pH-Wert 7,2,
s. Tab. 3-2).
Abb. 3-3: Stimulierung der Exozytose durch freies Kalzium und GTPγS. Kalzium fungiert in der Zelle
als Auslöser der Exozytose. Durch Anstieg der intrazellulären Ca2+-Konzentration und Aktivierung der
Proteinkinase C wird die Degranulation der Mastzelle ausgelöst. In den Versuchen wurde das durch
10 µM freies Kalzium in der intrazellulären Lösung erreicht und durch Stimulierung der PLC mit
GTPγS, das über IP3 zur Entleerung der intrazellulären Ca2+-Speicher führt und über DAG die
Proteinkinase C aktiviert.
I 55
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
3.3 Elektrophysiologie
1976 entwickelten Neher und Sakman (Neher und Sakmann 1976) eine Methode, durch die
es möglich war, mit nur einer Mikroelektrode Spannung und Ströme über einen kleinen
Abschnitt (patch) der Zellmembran zu messen. Mit dieser neuen Methode war es möglich,
die Ionenströme (ca. 10 pA) durch einzelne, kanalbildende Proteine sichtbar zu machen
(Abb. 3-4).
56 I
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
Abb. 3-4: Die Patch-Clamp Messung. (A) Eine Glaspipette wird als Elektrode mit Mikromanipulatoren
über der Zelle positioniert und elektrischer Kontakt mit der Zelle hergestellt, so dass
elektrophysiologische Messungen vorgenommen werden können. (B) RBL-1 Zelle mit Patch-Pipette.
I 57
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
Die Membran der biologischen Zelle hat sowohl ohmsche (R m ) als auch kapazitive
(Cm ) Eigenschaften. Während des Experiments befinden sich die Zellen in einem Schälchen,
das über eine Badelektrode geerdet ist. Bei der Messung dient eine mit einem Elektrolyt
befüllte Glaspipette als Mikroelektrode. In der Ganz-Zell-Konfiguration (whole-cell) kann
dadurch ein nach außen isolierter, elektrischer Zugang zum Inneren der Zelle hergestellt
werden. Dieser Zugang ist durch einen zum Membranwiderstand (R m ) in Serie geschalteten
Widerstand (Rs ) gekennzeichnet. Durch einen geeigneten Verstärker kann man der
Zellmembran definierte Potentiale und Potentialänderungen aufzwingen und die daraus
resultierenden Ströme messen (Abb. 3-6). Um Ströme in der Größenordnung von wenigen
Picoampere (pA) zu messen, wird ein Messverstärker mit einer entsprechenden
Empfindlichkeit benötigt. Darüber hinaus muss die Reaktionszeit, mit der die
Potentialänderung aufgezwungen wird, im µs-Bereich liegen. Diese Bedingungen werden in
allen durchgeführten Experimenten durch den verwendeten HEKA EPC-8 Verstärker erfüllt.
Der über die Zellmembran fließende Strom Im wird über den Spannungsabfall am
bekannten Widerstand Rf durch das Ohm´sche Gesetz bestimmt. Das an der Membran
abfallende Potential Vm wird nicht im eigentlichen Sinn gemessen, sondern es wird zu jedem
58 I
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
Abb. 3-6: Die Patch-Clamp Messung. (A) Ziel der Patch-Clamp Messung ist es, den Strom Im bei
einem angelegten Membranpotential Vm zu bestimmen. Der Verstärker besteht aus einem
Operationsverstärker (OPV) mit Rückkopplungswiderstand R f, um Vm auf Wert Vsoll zu regeln. Die über
Rf anliegende Spannung kann am Ausgang (Strommonitor) des Differenzverstärkers (DV) zur
Messung abgegriffen werden. Da die Größe von R f bekannt ist, kann Im bestimmt werden.
(B) Schaltbild einer Zelle in whole-cell Konfiguration. Cm = Kapazität der Zellmembran,
Rm = Membranwiderstand, Rs = an der Pipettenöffnung entstehender Widerstand, der mit R m in Serie
geschaltet ist.
I 59
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
Beim Patch-Clamp Verfahren wird über dem „Patch“ bzw. über die gesamte
Zellmembran eine bestimmte Potentialdifferenz angelegt und die über die Membran
fließenden Ströme gemessen. Die Zellmembran ist dabei immer von einer ionenhaltigen
Lösung umgeben. Das heißt, dass das Vorhandensein einer Potentialdifferenz gleichzeitig
impliziert, dass die Lösung auf beiden Seiten der Membran jeweils auf einem anderen
Potential liegen muss. Zur Realisierung benötigt man daher Elektroden mit bestimmten
Kriterien. Es muss ein elektrischer Kontakt zwischen den metallischen Leitern der Elektrode,
die sowohl mit der Erde als auch dem Verstärker verbunden sind, und den Lösungen
(Elektrolyten) hergestellt werden. Der elektrische Widerstand dieses Kontaktes muss im
Vergleich zum Membranwiderstand klein und unabhängig vom Stromdurchfluss sein. Die
Grenzflächenpotentiale am Kontakt müssen gegenüber dem aufzuzwingenden Potential
klein sein und sollen sich nicht ändern. Für die Änderung der Ionenzusammensetzung der
Lösungen ist eine Konstanz des Widerstandes und der Grenzflächenpotentiale notwendig.
Außerdem müssen die Lösungen auf beiden Seiten der Membran elektrisch voneinander
isoliert sein. Alle diese Forderungen werden durch die in den Versuchen verwendeten Mess-
und durch die Badelektrode erfüllt.
Die Badelektrode erdet die Badlösung (Abb. 3-7). Durch den direkten Kontakt mit der
Badlösung können Grenzflächenphänomene zwischen der Lösung, die als Elektrolyt fungiert,
und dem Metall der Elektrode auftreten. Um diese Phänomene zu minimieren wurde in den
Versuchen eine Ag/AgCl Elektrode verwendet. Im Falle einer vergleichsweise hohen
Chloridkonzentration, wie es in den verwendeten Lösungen der Fall war (Kap. 3.2), besitzt
diese Elektrode eine hohe Ladungsträgerkonstanz und dadurch eine schnelle Reaktionszeit
bei Umladevorgängen während eines Spannungssprunges. Die verursachten Änderungen im
Grenzflächenpotential durch Stromdurchfluss sind hierbei vernachlässigbar.
60 I
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
mit einer entsprechenden Pipettenlösung befüllt. Für den elektrischen Kontakt zwischen
Pipettenlösung und dem metallischen Leiter, der mit dem Verstärker verbunden ist, wird eine
Ag/AgCl- Elektrode verwendet. Diese Elektrode ist fest in einem Pipettenhalter (HEKA,
HEKA Elektronik Dr. Schulze GmbH, Lambrecht/Pfalz, Deutschland) aus Kunststoff
verankert (Abb. 3-9). Im Elektrodenhalter, der die Pipette luftdicht verschließt, befindet sich
eine Öffnung um einen Druck in der Pipette vorzugeben (Abb. 3-9B). Dies geschieht mit Hilfe
einer Injektionsspritze über einen Silikonschlauch, der mit der Öffnung im Elektrodenhalter
verbunden ist.
Abb. 3-7: Verwendete Ag/AgCl Elektroden. (A) Badelektrode zur Erdung. (B) Mikroelektrode zur
elektrophysiologischen Messung (Messelektrode).
I 61
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
Abb. 3-9: Pipettenhalter aus Kunststoff (HEKA). (A) Pipettenhalter. (B) Aufbau Pipettenhalter (© HEKA
Elektronik Dr. Schulze GmbH, Lambrecht/Pfalz, Deutschland)
Abb. 3-10: (A) Herstellung der Mikropipetten durch Erwärmen mit einer Glühwendel im Ziehgerät,
(B) Gezogene Mikropipette (Widerstand 3-5 MΩ).
62 I
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
3.3.5 Versuchsdurchführung
3.4 Admittanzmessung
I 63
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
Abb. 3-11: (A) Durch Anlegen eines sinusförmigen Spannungspulses V com an eine Zelle (Ganzzell-
Ableitung) kann die Membrankapazität gemessen werden. Durch einen phasensensiblen Detektor
(Lock In-Verstärker) wird der aus diesem Spannungspuls resultierende Strom I M in seine beiden
Komponenten Im und Re getrennt, die proportional der Membrankapazität (C m) bzw. der Leitfähigkeit
der Zelle (Gm bzw 1/Rm) sind. (B) Änderungen in Cm (100 fF), Rm (1 GΩ) oder in Rs (0,5 MΩ)
produzieren Änderungen, die als Vektoren dargestellt werden können (gestrichelte Linien). Theta (θ)
ist der Phasenwinkel von ∆ICm bezogen auf die reale Achse.
64 I
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
Mit der Phasendetektor-Technik wird die Amplitude der Stromantwort bei einem
bestimmten Phasenwinkel (θ) bezogen auf den sinusförmigen Spannungsstimulus
gemessen (Fidler und Fernandez 1989). In Abb. 3-12 ist das Ersatzschaltbild einer Zelle
unter Spannungsklemme dargestellt. Der sinusförmige Spannungsverlauf (Vcom ) führt zu
einer sinusförmigen Stromantwort mit einer auf Vcom bezogenen Phasenverschiebung (Fidler
und Fernandez 1989). Die phasenabhängige Amplitude dieses Stroms kann als Vektor
wiedergegeben werden, der durch zwei Parameter beschrieben wird: Größe und
Phasenwinkel (Abb. 3-11B) relativ zur realen Achse (oder Vcom , mit einem
Phasenwinkel = 0º). Für ein einfaches Ersatzschaltbild mit drei Parametern
(Rm = Membranwiderstand, Cm = Membrankapazität, Rs = Widerstand Messelektrode), wie in
Abb. 3-12 gezeigt, ist der Strom, erzeugt durch den sinusförmigen Stimulus, dann gegeben
durch I = V/Z (Z = Impedanz, der Kehrwert der Impedanz wird Admittanz Y genannt) oder:
jωCm +1/Rm
I= (1)
jωCm Rs +Rs /Rm +1
(hier: V = Vcom (ω,t) = V sin (ωt) und ω = 2πf = 5234/s).
Im Folgenden wird angenommen, dass 1/Rm << ωCm ist (Fidler und Fernandez 1989). Aus
Gleichung (1) kann keine Vektorkomponente von I isoliert werden, die der Gesamtkapazität
direkt proportional wäre. Allerdings führen alle Änderungen in einem der Parameter, R m , Cm ,
Rs , zu einer Änderung im Strom über die Zellmembran ∆I. Um die Komponente in ∆I zu
isolieren, die nur Änderungen in der Kapazität proportional ist, wird ein phasenempfindlicher
Verstärker (PSV) verwendet. Die Gesamtänderung in diesem Strom kann in die folgenden
Komponenten zerlegt werden:
gegeben ist (wobei B2 = (1/1+jω Cm Rs )2 (6)). Der Phasenwinkel θ, also ∆ICm , ist dann
gegeben durch:
θ = π – 2tan-1(ωCm Rs ). (7)
I 65
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
Der Vektor ∆ ICm ist somit proportional zu Cm und orthogonal zu ∆IRm und ∆IRs (Neher und
Marty 1982, Joshi und Fernandez 1988, Fidler und Fernandez 1989). Zur Bestimmung der
Membrankapazität (Cm ) ist es folglich wichtig, den Phasenwinkel θ von ∆ICm zu bestimmen,
bei dem kleine Änderungen in Im (Cm ) mit der maximalen Sensitivität, weitgehend frei von
Störungen durch Änderungen in den anderen elektrischen Parametern der Zelle gemessen
werden können.
Um θ (Im) zu finden, verwendeten Neher und Marty eine Methode, bei der die
Impedanz der Zelle durch Kompensation der Zellkapazität C slow und des Serien- bzw.
Zugangswiderstandes am Messverstärker abgeglichen werden musste (C a und Ra in Abb. 3-
12A). Durch vorübergehendes Schließen von Schalter 1 (Abb. 3-12A) wurden kleine
Änderungen in Ra erzeugt. Diese Änderungen erlauben die Identifikation der
Stromkomponente bei θ-90º, die ∆IRm (Re) entspricht. ∆ ICm (Im) kann im rechten Winkel dazu,
bei θ, gefunden werden (Neher und Marty 1982, Joshi und Fernandez 1988). Eine kleine,
bekannte Änderung in Ca (z.B. 100 fF), hervorgerufen durch Schließen von Schalter 2, liefert
die Kalibrierung für das bei θ gemessene Kapazitätssignal (Abb. 3-12A). In dieser Arbeit
wurde die von Fidler und Fernandez entwickelte Phase-Tracking Technik verwendet (Fidler
und Fernandez 1989). Diese Technik stellt einen schnelleren und einfacheren Weg für das
Finden von θ-90º (Re) dar (Abb. 3-12B). Durch vorübergehendes Zuschalten eines in Serie
mit der Zelle geschalteten Widerstandes wird ein Anstieg von exakt 500 kΩ in Rs erzeugt.
Diese Änderung führt zu einer proportionalen Änderung in Re, also bei θ-90º. Stellt man den
Phasenwinkels am Detektor orthogonal zu dieser Änderung ein, kann so Im, bzw. das
Kapazitätssignal, gefunden werden (Kap. 3.5.1).
66 I
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
gegeben, wobei ∆Ra = R∆. Der gewünschte Phasenwinkel kann dann gemäß
-1
α=η=tan (∆C/∆Gac) eingestellt werden. Durch Zuschalten des Widerstandes R ∆ wurde vor
dem Beginn des Experimentes der richtige Phasenwinkel eingestellt. Das Zuschalten
erzeugte eine Auslenkung sowohl in der Im- als auch in der Re-Messspur. Der Phasenwinkel
wurde dann so eingestellt, dass ein Zuschalten des Widerstandes nur zu ein er
Auslenkungen im Re- nicht jedoch im Im-Teil führte (Abb. 3-13B). So konnte sichergestellt
werden, dass nur Änderungen in Cm gemessen wurden. Dabei muss beachtet werden, dass
die Pipettenkapazität (Cp) Phasenfehler bewirken kann. Daher wurde vor den Versuchen Cp
am Patch-Verstärker kompensiert.
Die durch die Sekretion hervorgerufenen Änderungen im Strom beim Winkel θ
müssen kalibriert werden, damit sie, äquivalent zu den Änderungen in der
Membrankapazität, umgewandelt werden können (Abb. 3-13). Dafür wurde zu Beginn der
Messung ein definierter Eichpuls von 100 fF gegeben. Dieser Eichpuls führte dann zu einer
100 fF entsprechenden Auslenkung im Im-Anteil der Admittanzmessung, mit deren Hilfe die
Messung kalibriert wurde.
Abb. 3-12: Schema einer Zelle während der elektrophysiologischen Messung. Dargestellt sind die
beiden Methoden zur Auffindung des korrekten Phasenwinkels für die Admittanzmessung an einer
Zelle. (A) Ursprüngliche Methode (Neher und Marty 1982): Strom der Zelle I c wird zum Strom des
Kompensationsschaltkreis des Verstärkers I a addiert. Der Schaltkreis der Zelle besteht aus
Membrankapazität Cm, Widerstand der Zellmembran Rm und seriellem Widerstand Rs der Patch-
Pipette; rechts Hauptelemente des Kompensationsschaltkreises mit R a und Ca für verschiedene
Widerstand- und Kapazitätseinstellungen. R1 und C2 (= 100 fF) parallel zu Ra und Ca. Schalter 1 und 2
können geschlossen und geöffnet werden, um kontrollierte Änderungen im Verstärkerstrom
hervorzurufen. (B) Für die Phase-tracking Technik wird ein zusätzlicher Widerstand (500 kΩ) in Serie
mit der Zelle geschaltet. Durch einen Schalter kann dieser Widerstand zugeschaltet und der richtige
Phasenwinkel für die Admittanzmessug gefunden werden (Fidler und Fernandez 1989).
I 67
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
68 I
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
Mit Hilfe eines pH-sensitiven GFP (Green Fluorescent Protein) kann die
Neutralisierung des granulärem pH optisch detektiert und die Exozytose fluorometrisch
gemessen werden. Im Ruhezustand weisen sekretorische Vesikel einen luminalen pH von
5,5 auf. Durch Fusion mit der Zellmembran kommt es zur Neutralisierung dieses pH. GFP ist
ein aus der Qualle Aequoea victoria gewonnenes bioluminiszentes Protein (Shimomura et al.
1962). Wildtyp-GFP (wtGFP) hat ein bimodales Anregungsspektrum mit Maxima bei 395 nm
und 475 nm (Miesenböck et al. 1998). Die beiden Anregungsmaxima kommen durch die
Protonierung bzw. die Deprotonierung der Aminosäure Tyrosin 66, die das Chromophor des
Proteins bildet, zustande. Bei pH-Werten zwischen 5,5 und 10 bleibt dieses
Anregungsspektrum unverändert (Abb. 3-14A). Durch den Austausch von Aminosäuren
konnten Miesenböck et al. GFP in einen pH-Sensor verwandeln (Miesenböck et al. 1998).
Dabei konzentrierten sie sich auf sieben Schlüsselpositionen, die Teil des Proteinrelais von
Tyr66 sind. Da Histidin einen geeigneten pK s -Wert von 6,5 aufweist, um als pH-Sensor im
Rahmen der Exozytose zu fungieren, wurden Histidine in der Nachbarschaft der
Schlüsselpositionen eingeführt (Miesenböck et al. 1998). Zwei pH-empfindliche,
fluoreszierende Proteine (pHluorine) wurden erzeugt: ratiometrisches und ekliptisches GFP.
Ratiometrisches pHluorin weist zwei Anregungsmaximum bei pH 7,5 und 5,5 auf (Abb. 3-
14B), das ekliptische zeigt dagegen einen schrittweisen Verlust der Fluoreszenz b ei
Erniedrigung des pH. Unterhalb eines pH von 6,0 ist die Fluoreszenz bei 475 nm vollständig
verschwunden und nur bei 395 nm sichtbar (Abb. 3-14C). Diese Änderungen sind reversibel
und bei neutralem pH kehren beide Maxima zurück (Miesenböck et al. 1998). Bei einer
Anregung mit 475 nm und einem pH < 6,0 zeigt das ekliptische pHluorin keine Fluoreszenz
(es „verfinstert“ sich, engl eclipsed). Bei 395 nm bleibt es dagegen in einer sauren
Umgebung sichtbar. Mit Hilfe des ekliptischen pHluorins kann daher die Exozytose
untersucht werden. Im ruhenden Vesikel herrscht ein luminaler pH < 6,0 vor. Somit können
Vesikel bei 475 nm Anregung erst nach der Exozytose beobachtet werden. Da keine
störende Hintergrundfluoreszenz im ruhenden Vesikel sichtbar ist, sind pHluorine zur
Detektion von Fusionsereignis einzelner Vesikel geeignet. Um Vesikel mit dem pHluorin zu
transfizieren, wurde von Miesenböck et al. ein Fusionsprotein aus ekliptischem GFP und
einem vesikulären Membranprotein (VAMP) geschaffen, das von diesen Autoren als
SynaptopHluorin (sypHu) bezeichnet wurde (Miesenböck et al. 1998). Durch Kopplung mit
VAMP wird sichergestellt, dass das pHluorin in die sekretorische Vesikelmembran eingebaut
wird und die Beobachtung der Sekretion einzelner Vesikel ermöglicht. Bei einer Anregung
mit 395 nm ist in ruhenden Zellen Vesikelfluoreszenz beobachtbar. Diese Fluoreszenz eignet
sich zur Auswahl geeigneter Zellen mit einer großen Anzahl an Vesikeln (Abb. 3-15).
I 69
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
70 I
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
Abb. 3-15: (A) Schematische Darstellung der sypHu-Fluoreszenz bei Anregung mit 470 nm. Ruhendes
Vesikel (pH-Wert 5,5): keine Fluoreszenz (links). Nach Sekretion des Vesikels (Neutralisierung des
Vesikelinneren): Fluoreszenz (rechts). (B) RBL-1 und RBL-2H3 bei Anregung mit 410 nm. Vesikel
beider Zelllinien als fluoreszierende Punkte erkennbar. (C) Unterschied bei Anregung mit 410 nm und
470 nm (unstimulierte RBL-1). Bei 410 nm fluoreszierende Vesikel sichtbar, bei 470 nm nicht.
I 71
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
Software WASABI (Version 4.12.12.0, Hamamatsu Photonics K.K., Hamamatsu, Japan). Die
Belichtungszeit betrug 50 ms. Die weitere Analyse erfolgte mit der Bildverarbeitungssoftware
ImageJ (Version 1.43u, Wayne Rasband). Die Filme wurden als Abfolge von Einzelbildern
eingelesen und Bereiche mit Änderungen in der Fluoreszenz als einzelne „Regions of
Interest“ (ROI) definiert. In diesen Bereichen wird die mittlere Helligkeit aller Pixel in einem
kreisförmigen ROI bestimmt. Die daraus resultierende Intensitätsänderung der Fluoreszenz
eines einzelnen ROI über die Zeit wird als einzelne Messspur analysiert (Abb. 3-16).
Abb. 3-16: (A) Schema der Fluoreszenzmessung mit synaptopHluorin. Nach Neutralisierung des
Vesikellumens: sypHu-Fluoreszenz. (B) Bei Anregung mit 470 nm sichtbare Fluoreszenz eines Vesikel
(RBL-1 Zelle) nach der Exozytose und der damit verbundenen Neutralisierung des luminalen pH. Der
Kreis markiert das fluoreszierende Vesikel.
72 I
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
Abb. 3-17: Simultane Detektion des sypHu-Fluoreszenzsignals und der Membrankapazität an einer
RBL-1 Zelle. Dargestellt sind die entsprechenden Messspuren für Fluoreszenz und Membrankapazität.
I 73
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
Abb. 3-18: Bestimmung des Startpunktes des gemessen Signals und der Verzögerung zwischen den
simultan gemessenen Spuren. (A) Bestimmung des Startpunktes (Bsp. Fluoreszenzereignis). Der
erste Punkt, der die dreifache Standardabweichung des Mittelwerts aller Punkte 1,5 s vor dem
Ereignis übersteigt, wird als Startpunkt definiert (3-Sigma Kriterium). Analog wurde der Startpunkt für
die anderen verwendeten Methoden bestimmt. (B) Beispiel für die Bestimmung der Latenz bei
simultaner Admittanz- und Fluorometriemessung. Die Verzögerung wird definiert als die Zeitdifferenz
zwischen den beiden Startpunkten.
74 I
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
I 75
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
und eines Druckapplikators (Harvard Apparatus PPS-2 Mini Frame, Harvard Apparatus,
Holliston, USA) eine saure Lösung (pH 5,5) mittels Druckluftpulsen (Dauer 50 ms) auf die
Membran appliziert (Abb. 3-20A) oder die Zelle bei saurem pH (5,5) gehalten und eine
neutrale Lösung (pH 7,4) appliziert (Abb. 3-20B). In beiden Versuchen wurde die
Fluoreszenzänderung aufgenommen und analysiert wie schnell nach der jeweiligen
Applikation die Fluoreszenz ab- (Applikation saure Lösung) bzw. zunahm (Applikation
neutrale Lösung).
Abb. 3-20: Versuchsanordnungen zur Bestimmung der Reaktionsgeschwindigkeit von sypHu auf
pH-Änderungen. (A) Auf eine Zelle mit fluoreszierender Membran (in neutraler Lösung gehalten) wird
mit Druckluftpulsen eine saure Lösung appliziert. Gemessen wird der Zeitpunkt, an dem die
Membranfluoreszenz erlischt. (B) Eine Zelle wird in saurer Lösung (pH 5,5) gehalten. Gemessen wird
die Zunahme der Membranfluoreszenz nach Applikation neutraler Lösung (pH 7,4). (C) Auf eine Zelle
mit einem fluoreszierenden Vesikel (bei pH 7,4 gehalten) wird eine sauren Lösung (pH 5,5) appliziert.
Gemessen wird die Abnahme der Fluoreszenz im Bereich der Vesikel- und der Zellmembran.
76 I
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
Die Amperometrie ist neben der Admittanzmessung (Kap. 3.4) eine weitere
elektrophysiologische Methode, um die Sekretion einer Zelle zu beobachten. Dabei wird die
Freisetzung sekretorischer Produkte aus der Zelle untersucht (Wightman et al. 1991). Im
Gegensatz zu der Admittanzmessung wird dabei die Messelektrode nicht auf der Zelle
angebracht, sondern nahe der Zelloberfläche positioniert. Als Messelektroden werden
Kohlefaserelektroden verwendet, an denen eine Spannung angelegt wird. Der freigesetzte
Vesikelinhalt oxidiert an dieser Elektrode und kann als Oxidationsstrom gemessen werden.
Für die amperometrische Messung wurden 5 µm dicke Kohlefaserelektroden (ALA Scientific
Instruments CFE-1, ALA Scientific Instruments, Farmingdale, USA) verwendet, die mit einem
Micromanipulator (LN1, Luigs & Neumann Feinmechanik und Elektrotechnik GmbH,
Ratingen, Deutschland) nahe der Zelloberfläche positioniert wurden. Für die Messung wurde
mit einem regelbaren Labornetzgerät (Voltcraft DIGI, Conrad Electronic, Hirschau,
Deutschland) eine konstante Spannung von 700 mV an die Kohlefaserelektrode angelegt.
Der oxidative Strom, hervorgerufen durch die Freisetzung des Vesikelinhalts, erzeugt eine
Stromspitze in der amperometrischen Messspur (Abb. 3-21). Größe und Frequenz dieser
Stromspitze erlauben eine Aussage über die Anzahl der sezernierten Vesikel und die Menge
des freigesetzten Vesikelinhaltes. Ein Nachteil der Messmethode ist, dass die Elektrode
stationär an einem Ort verbleibt. Sekretorische Produkte, die aus Vesikeln nahe der
Elektrode freigesetzt werden, liefern folglich einen stärkeren Ausschlag als Produkte, die in
größerer Entfernung zur Elektrode freigesetzt werden.
Die verwendeten RBL-1 und RBL-2H3 Zellen wurden 6 h vor Beginn der Experimente
mit 250 µM Serotonin beladen (Kim et al. 1997, Williams und Webb 2000, Mahmoud und
Fewtrell 2001). Für die Messungen wurde ein Verstärker (HEKA EPC-7, HEKA Elektronik Dr.
Schulze GmbH, Lambrecht/Pfalz, Deutschland) mit entsprechendem Vorverstärker
verwendet. Zur Aufzeichnung der Messung wurde die Software GEPULSE (Kap. 3.3)
verwendet. Gefiltert wurde die Messung bei 3 kHz. Die gesammelten Daten wurden mit Hilfe
von Igor Pro (Version 6.22A, WaveMetrics, Lake Oswego, Oregon, USA) analysiert.
Amperometrische Messungen wurden simultan mit Admittanzmessung und zusätzlich
simultan mit Admittanz- und Fluorometriemessung des luminalen pH an beiden Zelllinien
I 77
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
durchgeführt. In Tab. 3-3 sind die Einstellungen der in den Versuchen verwendeten
Techniken dargestellt. Bei den simultanen Messungen waren die Einstellungen dieselben,
wie bei den jeweiligen Einzelmessung.
Abb. 3-21: Schematische Darstellung der amperometrischen Messung. Der sezernierte Vesikelinhalt
(250 µM Serotonin) wird an der Kohlefaserelektrode oxidiert. Der dabei entstehende Strom kann als
Stromspitze gemessen werden.
78 I
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
Mit Hilfe des Acid Sensing Ion Channel1 konnte untersucht werden, zu welchem
Zeitpunkt der Sekretion Protonen das Vesikelinnere verlassen. ASIC1 ist ein Kanal der
ENAC (Epithelial Na Channel)-Familie, der bei saurem pH-Wert öffnet und Kationen in die
Zelle strömen lässt. Durch ein lentivirales Konstrukt (Kap. 3.1.2) konnte der ASIC1 Kanal in
RBL-1 Zellen überexprimiert und dadurch die Plasmamembran in einen „pH-Sensor“
verwandelt werden. Verlassen Protonen im Verlauf der Sekretion das Vesikel, ändert sich
der pH-Wert in der unmittelbaren Umgebung des Vesikels, der Kanal öffnet und ein
Einwärtsstrom kann gemessen werden. Zur Bestimmung des Zusammenhangs zwischen
Neutralisierung des Vesikellumens (Zunahme der sypHu-Fluoreszenz) bzw. Ausstrom der
Protonen aus dem Vesikel wurden Experimente durchgeführt, bei denen simultan der
Einwärtsstrom über den ASIC1-Kanal, die Freisetzung von Serotonin und die
Fluoreszenzänderung von sypHu gemessen wurden. Der Einwärtstrom über den ASIC1-
Kanal wurde dabei mit Hilfe des EPC-8 Verstärkers (HEKA Elektronik Dr. Schulze GmbH,
Lambrecht/Pfalz, Deutschland) und GEPULSE simultan mit der Serotoninfreisetzung und der
Neutralisierung des luminalen pH aufgenommen (Abb. 3-22).
Abb. 3-22: Schema der simultanen Messung von Amperometrie, ASIC1-Einwärtsstrom und sypHu-
Fluoreszenz. Durch die Exozytose eines Vesikels kommt es zur Neutralisierung des Vesikellumens,
Protonen strömen in den Extrazellularraum und aktivieren den ASIC1-Kanal. Der Einstrom von
Kationen über diesen Kanal erzeugt einen Strom. Durch dieses Experiment konnte die Freisetzung
des Vesikelinhaltes (Amperometrie), die Neutralisierung des Vesikellumens (sypHu-Flureszenz) und
der Ausstrom der Protonen aus dem Vesikelinneren (ASIC1-Strom) korreliert werden.
I 79
Entwicklung der multiparametrischen Messung der Exozytose
Alle Werte wurden mit Igor Pro 6.22A (WaveMetrics, Lake Oswego, Oregon, USA,
Lake Oswego, Oregon, USA) analysiert. Angegeben ist jeweils der Median, der minimale
und der maximale Wert, sowie die Standardabweichung des Mittelwerts, um die
Variationsbreite der Werte anzuzeigen. Zum Testen der Stichproben auf Signifikanz wurden
die Werte mit dem Kolmogorow-Smirnow-Test (KS-Test) analysiert (Sachs 1992).
80 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
4.1 Admittanzmessungen
Für eine möglichst präzise Bestimmung der zeitlichen Beziehung der mit der
Exozytose assoziierten Vorgänge untereinander ist es notwendig, einen Referenzzeitpunkt
mit möglichst hoher Präzision zu definieren. Der kausale Zusammenhang zwischen der
Verschmelzung der Lipidmembran des exozytotischen Granulums bzw. Vesikels und der
Plasmamembran der Zelle und Änderungen der in Spannungsklemmableitungen -entweder
von der ganzen Zelle oder von Membranabschnitten- bestimmten elektrischen Admittanz
wurden umfassend in der Literatur beschrieben (Neher und Marty 1982).
Admittanzmessungen bilden daher als Referenzmethode für die Definition des Zeitpunkts der
Exozytose den Ausgangspunkt dieser Arbeit.
I 81
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-1: Admittanzmessung an RBL-1 (A) und RBL-2H3 (B) Zellen. Gezeigt ist jeweils die gesamte
Messung und zusätzlich in der Vergrößerung das Einstellen des korrekten Phasenwinkels (Phase-
Tracking Methode (Fidler und Fernandez 1989)) (1) bzw. der Eichpuls (100 fF) zur Bestimmung der
Größe der Kapazitätszunahme durch fusionierte Granula (2).
82 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
Gemessen wurden dabei realer (Re) und imaginärer Anteil (Im) der Admittanz, wobei
Im der Kapazität der Zellmembran proportional ist (Kap. 3.4). Dafür wurde eine Glaspipette
(3–5 MΩ) gegen die Oberfläche der Zelle gepresst und unter Verwendung der Patch-Clamp
Standardprozeduren ein Seal (cell-attached Konfiguration) von mehreren GΩ Widerstand
erzeugt (Hamill et al. 1981). Durch einen kurzen, starken Saugpuls wurde die von der Pipette
bedeckte Zellmembran durchbrochen und so die Ganz-Zell Konfiguration (whole-cell)
hergestellt. In Folge des Durchbrechens der Zellmembran begann die schnelle Dialyse der
Zelle mit Ca2+ und GTPγS, welche nach unterschiedlicher Verzögerungszeit zur
Degranulation und der damit verbunden Fusion einzelner Vesikel mit der Plasmamembran
führte (Abb. 4-1). Für die Admittanzmessung wurde eine sinusförmige Spannung (833 Hz,
56 mV Amplitude (peak to peak) (Fidler und Fernandez 1989); Kap 3.4) an die Zelle angelegt
und der resultierende Strom mit einem phasensensiblen Detektor (Lock-In Verstärker) in den
imaginären (Im) und realen (Re) Anteil zerlegt (Kap. 3.4). Als Folge der Fusion von Vesikeln
mit der Zellmembran und der damit verbundenen plötzlichen Zunahme der
Gesamtmembranfläche steigt die Membrankapazität der Zelle stufenartig an ( Abb. 4-2A
(RBL-1 Zelle), Abb. 4-3A (RBL-2H3-Zelle)). Die Abb. 4-2B,C bzw. 4-3B,C zeigen
entsprechend einzelne Kapazitätsanstiege vergrößert. Es zeigt sich ein schneller, steiler,
rechteckförmiger Verlauf des Im-Signals, der der Exozytose eines Vesikels entspricht. Nicht
selten, insbesondere bei RBL1-Zellen, findet sich jedoch ein komplexerer, fluktuierender und
insgesamt verlangsamter Kapazitätsanstieg, während im Gegensatz zum einfachen Verlauf
eine Auslenkung im realen Teil der Messung feststellbar ist (Abb. 4-2B). Dieses Phänomen
wird als Flackern der Fusionspore (engl.: flickering) bezeichnet, auf das im Folgenden
genauer eingegangen wird (Kap. 4.1.1, Abb. 4-7).
Aufgrund der unterschiedlichen Vesikelgröße ist auch die Größe der einzelnen
Kapazitätsschritte bei RBL-1 und RBL-2H3 Zellen unterschiedlich. In Abb 4-4 sind
Histogramme der Amplitudenverteilung dieser Kapazitätsschritte in beiden Zelllinien
dargestellt. Bei den RBL-1 Zellen konnten in 54 Zellen 277 Exozytoseereignisse beobachtet
werden. Dabei wurden Kapazitätsschritte von 10,3 fF bis 488,1 fF gemessen (Abb. 4-4A).
Nimmt man eine spezifische Kapazität von 1 µF/cm2 für biologische Membranen an (Cole
1968), entspricht dies Vesikeldurchmessern von 0,6 µm bis 3,9 µm (Abb. 4-4B). Das
Rauschen der Admittanzmessung betrug bei RBL-1 Zellen 1,5 fF, so dass die Fusion
einzelner Vesikel gut beobachtet werden konnte. Im Median erhöhte die Fusion eines
Vesikels die Membrankapazität einer RBL-1 Zelle um 68,8 fF (SD: 59,1 fF), was einem
Vesikeldurchmesser von 1,5 µm entspricht. Der Median der Anstiegszeit der
Kapazitätsschritte betrug in den RBL-1 5,1 ms (Minimum = 2 ms, Maximum = 185,1 ms;
STABW = 28,89 ms). Bei den RBL-2H3 Zellen konnte die Fusion von 1520 Vesikeln in 37
Zellen beobachtet werden. Hier hatten die einzelnen Kapazitätsschritte Amplituden zwischen
I 83
Multiparametrische Messung der Exozytose
1,6 fF und 136 fF (Abb. 4-4C). Dies entspricht Vesikeldurchmessern von 0,2 µm bis 2,1 µm
(Abb. 4-4D). Das Rauschen betrug bei Messungen dieser Zelllinie 0,6 fF. Im Median erhöhte
die Fusion eines Vesikels in den RBL-2H3 Zellen die Membrankapazität um 9,5 fF
(SD: 11,1 fF). Das entspricht einem Vesikeldurchmesser von 0,6 µm. Der Median der
Anstiegszeit einzelner Kapazitätsschritte betrug bei RBL-2H3 Zellen 2,8 ms
(Minimum = 1,2 ms, Maximum = 8,4 ms; STABW = 1,72 ms). Damit sind die Anstiegszeiten
zwischen RBL-1 und RBL-2H3 Zellen signifikant unterschiedlich (p < 0,001).
Abb. 4-2: Elektrophysiologische Detektion der Exozytose einzelner sekretorischer Granula mittels
Admittanzmessungen: RBL-1 Zellen. (A) Admittanzmessung: Imaginärteil (Im, schwarze Meßspur)
und Realteil (Re, blaue Meßspur) sind synchron dargestellt (Gesamtdauer: 14 s). Stufenartiger
Anstieg des der Membrankapazität proportionalen Imaginärteils (Im) der Admittanz. Der Realteil (Re)
zeigt demgegenüber nur transiente Ausschläge. Die Ziffern 1 und 2 markieren die für die
Detailvergrösserungen (B,C) ausgewählten Ereignisse. (B) Keine schnelle Änderung, sondern ein
langsamer Anstieg im Imaginärteil (Im). Zusätzlich ist eine Auslenkung des Realteils (Re) zu
beobachten. Solche langsamen und fluktuierenden Änderungen in Im mit deutlich sichtbarer
Auslenkung in Re werden als Flackern der Fusionspore bezeichnet. Beginn und Ende des Flackerns
sind jeweils durch eine gestrichelte Linie markiert . (C) Schneller und steiler Anstieg im Imaginärteil
(Im) in Folge der Fusion eines einzelnen Granulums mit der Plasmamembran. Im Realteil ( Re) ist
keine Veränderung zu erkennen.
84 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-3: Elektrophysiologische Detektion der Exozytose einzelner sekretorischer Granula mit Hilfe
von Admittanzmessungen: RBL-2H3 Zellen. (A) Admittanzmessung: Imaginärteil (Im, schwarze
Meßspur) und Realteil (Re, blaue Meßspur) sind synchron dargestellt (Gesamtdauer: 35 s).
Stufenartiger Anstieg des der Membrankapazität proportionalen Imaginärteils (Im) der Admittanz. Der
Realteil (Re) zeigt keine Ausschläge. Die Ziffern 1 und 2 markieren die für die Detailvergrösserungen
(B,C) ausgewählten Ereignisse. (B) und (C) In beiden Beispielen ist ein schneller Anstieg und kein
Flackern in Im zu erkennen. In Re sind ebenfalls keine Veränderungen sichtbar.
Aus den Histogrammdarstellungen der Abb. 4-4 ist eine große Amplitudenstreuung
der Kapazitätsschritte erkennbar. Dies entspricht in zweiter Potenz der Streuung der
Durchmesser der Granula einer Zelle. Aus dem direkten Vergleich der Verteilungen wird
deutlich, dass die exozytotischen Kapazitätsschritte in den RBL-1 Zellen größer sind als in
den RBL-2H3 Zellen (KS-Test, p<0,001) (Abb. 4-5). Bei den RBL-1 Zellen konnten Granula
mit einer Größe von 0,6 bis 3,9 µm beobachtet werden. In den RBL-2H3 wurden kleinere
Granula zwischen 0,2 bis 2,1 µm gemessen. In einer RBL-1 Zelle fusionierten während einer
Messung im Median 3,5 (1–19) Granula (Abb. 4-6A, Tab. 4-1). Der Zeitraum, in dem die
Fusion von Granula beobachtet werden konnte, betrug bei RBL-1 Zellen im Mittel
41,1 ± 32,6 s. In diesem Zeitraum fusionieren 1,6 Granula pro Sekunde. RBL-2H3 Zellen
exozytieren im Median 32 (3-136) Granula (Abb. 4-6A, Tab. 4-1). Hier fusionierten im Mittel
während 133 ± 87,3 s Granula und damit 0,5 Granula pro Sekunde. Die größeren Granula
der RBL-1 Zellen wurden damit in deutlich geringerer Anzahl exozytiert als die kleineren der
RBL-2H3 Zellen. Die Betrachtung der Gesamtkapazitätsanstiege jeweils einer Zelle zeigt für
die beiden Zelltypen interessanterweise eine weitgehende Überlappung der Verteilungen
und einen ähnlich grossen Median: Die Membrankapazität von RBL-1 Zellen stieg während
I 85
Multiparametrische Messung der Exozytose
einer Messung im Median um 373,2 fF (43,4-1340,8 fF; STABW: 299,6 fF) an. Dies
entspricht einer Zunahme der Membrankapazität um 108,5 fF/s zwischen der ersten und der
letzten Granulafusion. Bei RBL-2H3 Zellen zeigt sich mit einem Anstieg von 388,5 fF (32,9-
1751,9 fF; STABW: 417,6 fF) im Median ein sehr ähnliches Ergebnis (Abb. 4-6B, Tab. 4-1).
In dieser Zelllinie stieg während der Degranulation die Membrankapazität mit 4,7 fF/s an.
86 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
RBL-1 Zellen exozytieren signifikant weniger (dafür aber größere) Granula als
RBL-2H3 Zellen (KS-Test, p< 0,001). RBL-2H3 setzen eine fast 10-fach höhere Anzahl
Granula frei, deren Kapazitätschritte etwa um den Faktor 7 geringer sind. Ingesamt ergab
sich dadurch bei beiden Zelllinien ein ähnlicher Gesamtanstieg der Membrankapazität
während der Exozytose (KS-Test, p>0,1). Dabei ist die Frequenz der Vesikelfreisetzung und
der Kapazitätszunahme bei den RBL-1 Zellen größer als bei den RBL-2H3 Zellen.
I 87
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-6: Vergleich der Anzahl sezernierter Vesikel/Zelle und Gesamtanstieg der
Membrankapazität/Zelle bei RBL-1 und RBL-2H3 Zellen. (A) Kumulative Verteilung der Anzahl
sezernierter Vesikel während jeweils einer Messung. Dabei fusionieren signifikant weniger Granula in
den RBL-1 Zellen als in den RBL-2H3 Zellen (KS-Test, p < 0,001). (B) Kumulative Verteilung der
Gesamtzunahmen der Membrankapazität während jeweils einer Messung. Kein signifikanter
Unterschied der Kapazitätszunahme in den beiden Zelllinien (KS-Test, p > 0,1).
88 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
Tab. 4-1: Vergleich der Kapazitätsschritte bei RBL-1 und RBL-2H3 Zellen.
RBL-1 RBL-2H3
gemessene Zellen 54 37
Vesikel/Zelle 3,5 32
(Median) (STABW: 4,22) (STABW: 30,13)
Die Fusionspore ist bei der Exozytose die erste elektrisch leitfähige Verbindung
zwischen Vesikelinnerem und dem Extrazellulärraum. Aus Messungen an verschiedenen
Zellarten (Breckenridge und Almers 1987, Alvarez de Toledo und Fernandez 1988, Alvarez
de Toledo und Fernandez 1990, Lollike et al. 1998, Henkel et al. 2001, He et al. 2006) ist
bekannt, dass diese Verbindung sich nicht immer instantan zu ihrer vollen Leitfähigkeit
öffnet, sondern diese häufig erst über transiente Zwischenzustände mehr oder weniger
grosser Leitfähigkeit erreicht. Dabei kann sie sogar zeitweise wieder schließen und so
zwischen offenem und geschlossenem Zustand fluktuieren. In diesen Fällen spricht man vo m
Flackern (engl. flickering) der Fusionspore. Dieses Flackern kann im Imaginärteil der
Stromantwort beobachtet werden (Abb. 4-7). Anders als bei einer irreversiblen und
vollständigen Öffnung der Fusionspore, bei der die Kapazität rasch und steil ansteigt, sieht
man ein Flackern der Membrankapazität. Zusammen mit dem Anstieg im Im-Teil der
Stromantwort kann die Fluktuation als transientes Signal im Re-Teil beobachtet werden.
Nach der vollständigen Öffnung der Fusionspore kehrt die Auslenkung im Re-Teil wieder auf
ihren Ausgangswert zurück (Abb. 4-7). Bei RBL-1 Zellen kam dieses Phänomen häufig vor.
Bei 141 beobachteten Fusionsereignissen konnte in 50 Fällen (35,5%) ein Flackern
beobachtet werden. Bei RBL-2H3 Zellen konnte nur in 24 von 1520 Fällen (1,6%) ein
solches Flackern beobachtet werden.
I 89
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-7: Flackern der Fusionspore in RBL-1 Zellen. (A) Admittanzmessung, in deren Verlauf bei vier
Vesikeln (die Ereignisse sind mit den Ziffern 1,2,6 und 7 gekennzeichnt) ein Flackern der Fusionspore
auftritt. (B) bis (E) Ereignisse aus (A) mit flackernder Fusionspore. Das Flackern des Stroms ist im
imaginären Anteil der Messung zu sehen während im realen Anteil eine Auslenkung vom
Ausgangswert und eine Rückkehr der Messspur nach vollständiger Öffnung der Fusionspore zu sehen
ist. Beginn und Ende des Flackerns der Fusionspore sind mit gestrichelten Linien markiert.
90 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
Zellen viele, kleinere Puncta ausgemacht werden. Zu Beginn eines Experiments an sypHu-
transfizierten RBL-Zellen wurde durch Anregung der protonen-unabhängigen Fluoreszenz
des sypHu (a = 410 nm) eine Zelle mit deutlich fluoreszierenden Granula identifiziert. Durch
Anregung bei 470 nm wurde überprüft, dass keine das Experiment störende
Hintergrundfluoreszenz, z.B. der Plasmamembran oder bereits exozytierter Vesikel, vorlag.
Wie aufgrund der protonenabhängigen Fluoreszenz zu erwarten, waren die Granula intakter,
sypHu-transfizierter RBL-Zellen im ruhenden Zustand nur mit a = 410 nm, nicht aber mit
a = 470 nm als fluoreszierende Punkte sichtbar (Abb. 4-9A). Auf eine so identifizierte Zelle
wurde eine Mikropipette aufgebracht, die mit intrazellulärer Standardlösung (L i1, Kap. 3.2)
gefüllt war. Es wurde zunächst nur die cell-attached-Konfiguration bei einem Haltepotential
von -80 mV hergestellt, d.h. die sekretionsfördernden Bestandteile der Pipettenlösung (Ca2+,
GTPS) erhielten keinen Zugang zum Zytosol. In dieser Konfiguration wurden, wie in Abb. 4-
9A gezeigt, mit Hilfe der Digitalkamera eine Aufnahme im Durchlicht sowie zwei
Epifluoreszenzaufnahmen bei a = 410 nm und a = 470 nm angefertigt (Belichtungszeit
50 ms, zwei Einzelbilder für Epifluoreszenzabbildung von Kamera gemittelt).
Abb. 4-8: Konfokale Aufnahmen sypHu transfizierter RBL-Zellen. (A) Aufnahme einer RBL-1 bzw. (B)
einer RBL-2H3 Zelle. (C) Vier verschiedene Ebenen einer konfokalen Aufnahme einer fixierten RBL-1
Zelle. Der Abstand der konfokalen Ebenen (Z-Richtung) beträgt jeweils 1 µm. Nicht jede Ebene zeigt
die gleiche Anzahl an fluoreszierenden Vesikeln. In Ebene 3 sind mehr fluoreszierende Vesikel
sichtbar als in den anderen Ebenen.
I 91
Multiparametrische Messung der Exozytose
Bei diesen Versuchen wurden die beiden vorherigen Methoden (elektrische Messung
der Membrankapazität zum Nachweis der Exozytose und die optische Messung der
luminalen Neutralisierung mittels sypHu) kombiniert. Dadurch war es erstmals möglich die
Exozytose von einzelnen Vesikeln einer Zelle simultan optisch und elektrisch zu messen
(Abb. 4-10 bis Abb. 4-13).
4.3.1 Simultane optische und elektrische Detektion der Exozytose bei RBL-Zellen
Analog zu den vorherigen Experimenten zeigte sich bei den elektrischen Messungen
der Exozytose ein stufenweiser Anstieg der Membrankapazität. Zusammen mit dem Anstieg
der Membrankapazität nimmt die Intensität der gemessenen Fluoreszenz zu (Abb. 4-10 und
4-12). Die Fluoreszenzzunahme lässt sich mit der elektrischen Messung korrelieren. Nicht
jeder Anstieg in der Membrankapazität hat ein korrespondierendes Fluoreszenzereigni s.
Zum einen sind nicht alle Granula der Zelle sichtbar, da vor der Messung die Fokusebene
mit den meisten Vesikeln gewählt wurde (Abb. 4-8). Dafür verantwortlich ist die begrenzte
Schärfentiefe der Epifluoreszenz. Die Zelle hat eine Höhe von 15 bis 20 µm (geschätzt aus
den konfokalen Aufnahmen), so dass bei Epifluoreszenzmessungen nur ein begrenzter
Bereich der Zelle beobachtet werden kann. Außerdem ist es möglich, dass manche Vesikel
nicht genügend sypHu exprimieren um eine ausreichende Fluoreszenz zu zeigen. Zur
Bestimmung der Korrelation wurden zunächst aufleuchtende Puncta in der Zelle identifiziert
und eine Region of Interest (ROI) definiert, deren Durchmesser etwas über dem
Durchmesser des Punctums lag. Danach wurde für jeden dieser ROIs die Intensitäts-Zeit
Kurve ausgelesen. Diese Kurve wurde dann mit der Kapazitätsspur korreliert. Dadurch wird
92 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-9: Fluoreszenzmessung sypHu transfizierter Zellen. (A) Fluoreszenz bei nicht zur Exozytose
stimulierten RBL-1 und RBL-2H3 Zellen. Anregung mit 410 nm: fluoreszierende Vesikel sichtbar,
Anregung mit 470 nm: keine Fluoreszenz. (50 ms Belichtungszeit, jeweils 2 Bilder gemittelt).
(B) RBL-1 Zelle vor intrazellulärer Stimulierung im Durchlicht und bei Anregung mit 410 bzw. 470 nm.
Nur bei 410 nm sind fluoreszierende Vesikel erkennbar. (C) Aufnahmesequenz nach der Stimulierung
(Aufnahmedauer 4 min; Belichtungszeit 50 ms, Anregung bei 470 nm. Die Pfeile markieren
exozytierte Granula (insgesamt 5 Vesikel erkennbar, die zeitlich versetzt fluoreszieren). Fluoreszenz
zeigt Neutralisierung des Vesikellumens an. Bildrauschen resultiert aus der Verwendung von nicht
gemittelten Einzelbildern aus der Videoaufnahme.
I 93
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-10: Simultane Messung von Fluoreszenz und Membrankapazität (RBL-1 Zelle). (A) Zelle im
Durchlicht und bei Anregung mit 410 nm (Vesikel im nicht fusionierten Zustand erkennbar).
Sezernierte Vesikel sind mit Kreisen markiert (ROI). (B) Zu jedem Fluoreszenzereignis sind drei
Abbildungen gezeigt: (1) Zustand vor der Sekretion, (2) fluoreszierendes Vesikel erscheint (mit Kreis
markiert), (3) Differenz beider Bilder (Vesikel als heller Punkt sichtbar). (C) Imaginärer und realer
Anteil der Admittanzmessung, sowie Fluoreszenz von 7 Vesikeln. Membrankapazität (Im) und
Vesikelfluoreszenz steigen gemeinsam an. Gezeigt ist die Intensität der Fluoreszenz eines einzelnen
Vesikels. Die Intensität wurde in der jeweiligen Region von Interesse (ROI) (d.h. im Bereich des
Vesikels) gemessen. Abgebildet ist die mittlere Intensität aller Pixel in dieser ROI.
94 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
werden (Abb. 4-10). Zunächst scheinen dabei die Öffnung der Fusionspore eines Granulums
(Kapazitätsschritt) und die Fluoreszenzunahme zeitgleich vonstatten zu gehen. Betrachtet
man die einzelnen Ereignisse vergrößert, ist eine Verzögerung zwischen
Fusionsporenöffnung und der pH-Neutralisierung zu erkennen (Abb. 4-11). Zur Bestimmung
des Beginns des Fluoreszenzsignals wurde zunächst der Mittelwert von 1,5 s (ohne
Fluoreszenzzunahme) vor dem Ereignis gebildet. Die dreifache Standardabweichung dieses
Mittelwerts wurde als Beginn der Fluoreszenzzunahme definiert und der erste Punkt in der
Fluoreszenzspur, der über diesem Wert lag, als Startpunkt der Fluoreszenz festgelegt
(Kap. 3-5, Abb. 4-11). Bei einem Flackern der Fusionspore wurde der Startpunkt des
Kapazitätschrittes auf das Ende des Flackerns gelegt.
Abb. 4-11: Simultane Messung von Fluoreszenz und Membrankapazität in einer RBL-1 Zelle.
Detailvergrößerungen aus Abb. 4-10: (A) bis (D) Mit einer gestrichelten Linie ist jeweils der Anstieg in
der Membrankapazität bzw. der Beginn und das Ende eines Kapazitätsflackerns markiert. Die
gestrichelte–gepunktete Linie markiert den Beginn der Fluoreszenzzunahme. Dabei wurde bei einem
Flackern der Membrankapazität das Ende des Flackerns im realen Anteil der Admittanzmessung (Re)
als Startpunkt für die Latenzmessung gewählt, da erst hier die Fusionspore vollständig geöffnet ist und
die Freisetzung des Vesikelinhaltes beginnt. Mit einem roten Punkt ist jeweils der Beginn der
Fluoreszenzzunahme markiert (Kap. 3.5.1).
I 95
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-12: Simultane Messung der Fluoreszenzzunahme und Membrankapazität (RBL-2H3 Zellen).
(A) Zelle im Durchlicht und bei Anregung mit 410 nm (Vesikel im nicht fusionierten Zustand
erkennbar). Sezernierte Vesikel sind mit Kreisen markiert (ROI). (B) Zu jedem Fluoreszenzereignis
sind drei Abbildungen gezeigt: (1) Zustand vor der Sekretion des Vesikels, (2) neues fluoreszierendes
Vesikel erscheint (mit Kreis markiert), (3) Differenz beider Bilder, auf der das Vesikel als heller Punkt
sichtbar wird. (C) Membrankapazität und Fluoreszenz steigen gemeinsam an. Die Ziffern 2 und 6
markieren Bereiche, die in Abb. 4-13 vergrößert dargestellt sind.
96 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-13: Simultane Messung der Fluoreszenzzunahme und Membrankapazität bei RBL-2H3 Zellen.
Detailvergrößerungen aus Abb. 4-12: (A) und (B) Die Fluoreszenz folgt dem Anstieg in der
Membrankapazität mit Verzögerung. Die gepunktete Linie markiert jeweils die Änderung in der
Membrankapazität, die gestrichelte-gepunktete Linie den Beginn der Fluoreszenzzunahme.
I 97
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-14: Verteilung der Verzögerung zwischen Fluoreszenzzunahme und Änderung in der
Membrankapazität. (A) Gemessen wurden 134 Fusionsereignisse von fluoreszierenden Vesikeln in
37 RBL-1 Zellen. Median der Verzögerung 726 ms (STABW: 704 ms). (B) Gemessen wurden 33
Fusionsereignisse fluoreszierender Vesikel in 18 RBL-2H3 Zellen. Median der Verzögerung
320 ms (STABW: 610 ms).
Im Falle des Flackerns der Fusionspore wurde zur Bestimmung der Verzögerung
zwischen Kapazitätsänderung und Fluoreszenz das Ende des Flackerns, also die
vollständige Öffnung der Fusionspore, als Referenzpunkt verwendet. Das Ende des
Flackerns wurde mit Hilfe der realen Messspur (Re) der Admittanzmessung bestimmt. Vor
allem bei RBL-1 Zellen tritt das Flackern der Fusionspore häufig auf. Ohne Korrektur des
Startpunktes werden daher größere Verzögerungen gemessen (Abb. 4-17A). Allerdings
konnte sowohl bei RBL-1 als auch bei RBL-2H3 Zellen kein signifikanter Unterschied in den
auf unterschiedliche Weise ermittelten Verzögerungswerten festgestellt werden (Abb. 4-17).
Die Histogramme in Abb. 4-14 zeigen eine große Varianz der Latenzen. Normalerweise
steigt die Fluoreszenz in beiden Zelllinien schnell an. In einigen Fällen konnte aber eine sehr
langsame Fluoreszenzänderung beobachtet werden, die in sehr langen Verzögerungen
zwischen Kapazitätsänderung und Fluoreszenzzunahme resultiert. Abb. 4-15 illustriert dazu
ein Beispiel für eine sehr lange Latenz in einer RBL-1 Zelle. RBL-2H3 Zellen weisen
signifikant geringere Verzögerungswerte zwischen dem Anstieg in der Membrankapazität
und der Zunahme der vesikulären Fluoreszenz auf als RBL-1 Zellen (Abb. 4-16). Eine
ähnliche Verzögerung zwischen der Kapazitätsänderung und der Fluoreszenzzunahme ist
bereits aus der Literatur bekannt (Barg et al. 2002).
98 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-15: Beispiel für eine sehr lange Verzögerung zwischen Kapazitätsänderung und
Fluoreszenzzunahme (RBL-1). Hier steigt die Fluoreszenz langsam an und es zeigt sich eine
Verzögerung von 2 s (Median der Verzögerung (RBL-1) 726 ms). Der Startpunkt der
Fluoreszenzzunahme ist mit einem roten Punkt markiert. Es ist kein Flackern der Fusionspore
erkennbar.
I 99
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-17: Vergleich der Verzögerungswerte bei Verwendung des Beginns der Kapazitätsänderung
bzw. dem Ende der flackernden Fusionspore als Startpunkt für die Bestimmung der Verzögerung
zwischen elektrisch gemessenen Exozytosebeginn und Fluoreszenzänderung in RBL-1 (A) und
RBL-2H3 (B) Zellen. Es konnte kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Methoden der
Startpunktbestimmung (KS-Test, p > 0,1) festgestellt werden.
Eine Verzögerung zwischen der Änderung der Membrankapazität und der Zunahme
der Vesikelfluoreszenz könnte durch eine geringere Reaktionsgeschwindigkeit des pH-
Reporters sypHu hervorgerufen werden. Die Reaktionsgeschwindigkeit von sypHu wurde mit
Hilfe von schnellen, lokalen Änderungen des pH-Wertes untersucht. Das Fusionsprotein wird
nicht nur im Granulum, sondern in geringen Maße auch in der Zellmembran exprimiert. In
neutraler Umgebung zeigt die Plasmamembran einiger transfizierter Zellen daher eine
schwache, aber gut messbare Fluoreszenz.
Eine RBL-1 Zelle, die von einer extrazellulären sauren Lösung (pH 5,5) überspült
wird, zeigt diese Fluoreszenz erwartungsgemäß nicht (Abb. 4-18A). Appliziert man mit Hilfe
eines Druckpulses auf einer Mikropipette eine Lösung mit einem pH-Wert von 7,4 auf die
Zellmembran, beginnt diese zu fluoreszieren (Abb. 4-18B). Wiederholte Applikation der
neutralen Lösung löst eine Zunahme der Fluoreszenz aus. Nach Ende des Druckpulses
nimmt die Fluoreszenz schnell wieder ab (Abb. 4-18C und D). SypHu zeigte in diesen
Experimenten eine unmittelbare und schnelle Reaktion auf die Änderung des extrazellulären
pH-Wertes (bei > 90% der Versuche war die Reaktion auf die Änderung geringer als 50 ms,
d.h. die Reaktion auf die pH-Änderung erfolgte innerhalb einer Bildaufnahme der Kamera).
Bei 24 Applikationen betrug die Verzögerung zwischen Beginn der Druckapplikation und der
Fluoreszenzzunahme im Median 40 ms (STABW: 47 ms). Die kleinste Verzögerung wurde
mit <2 ms die größte mit 228 ms gemessen.
100 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
Umgekehrt zeigt eine RBL-1 Zelle, die in einer extrazellulären neutralen Lösung
(pH 7,4) gehalten wird, Membranfluoreszenz, die bei der Applikation einer Lösung mit einem
pH-Wert von 5,5 erlischt (Abb. 4-19A und B). Hier zeigte sich ebenfalls eine schnelle und
unmittelbare Reaktion von sypHu auf die Änderung des pH-Wertes (auch hier erfolgte die
Reaktion auf die pH-Änderung innerhalb 50 ms (1 Frame)) (Abb. 4-19C und D). Der Median
der Verzögerung, mit der sypHu auf die Erniedrigung des pH reagierte, betrugt in 12
Versuchen 8 ms (ST ABW: 17 ms). Das ist deutlich geringer als die Verzögerung bei pH-
Neutralisierung. Der Unterschied in der Reaktionsgeschwindigkeit zwischen den beiden
Versuchen ist durch den unterschiedlichen Abstand der Applikationspipette zur Zellmembran
zu erklären.
Abb. 4-18: Reaktionsgeschwindigkeit von sypHu bei Zunahme des pH von 5,5 auf 7,4. (A) Schema
des Versuchs: RBL-Zelle von saurer extrazellulären Lösung (pH 5,5) überspült. Fluoreszenz
Zellmembran erst sichtbar, wenn neutrale Lösung (pH 7,4) appliziert wird. (B) Bildsequenz eines
solchen Versuches. (1) Keine Fluoreszenz. (2) Nach erster Lösungsapplikation (App.1, pH 7,4)
fluoreszierende Zellmembran sichtbar. (3) Fluoreszenz nimmt nach Applikation wieder ab. (4) Erneute
Applikation (App.2): Membran beginnt wieder zu fluoreszieren. (Bildfrequenz 50 ms). (C) Messung der
Reaktionsgeschwindigkeit von sypHu auf pH-Änderungen. Aufgetragen: Signal aus dem
Monitorausgang des Druckpulsgebers (DPG) und Fluoreszenzzunahme der Zellmembran.
(D) Vergrößerung der mit der Ziffer 2 gekennzeichneten Stelle aus (C). Fluoreszenzzunahme folgt
neutralisierender Applikation unmittelbar. Fluoreszenzzunahme beginnt bereits während Druckpuls,
Maximum nach ca. 200 ms.
I 101
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-19: Reaktionsgeschwindigkeit von sypHu bei Abnahme des pH von 7,4 auf 5,5. (A) Schema
des Versuchs: RBL-Zelle in extrazellulären Lösung (pH 7,4) gehalten. Mit Applikation (App.) saurer
Lösung (pH 5,5) nimmt Fluoreszenz der Zellmembran ab. (B) Bildsequenz eines solchen Versuches:
(1) Fluoreszierende Zellmembran. (2) Nach erster Applikation (pH 5,5) nimmt Fluoreszenz ab. (3)
Nach Ende der Applikation beginnt die Membran erneut zu fluoreszieren. (4) Erneute Applikation:
Membranfluoreszenz nimmt wieder ab. Bildfrequenz 50 ms. (C) Messung der
Reaktionsgeschwindigkeit aufgrund pH-Änderung (7,4 auf 5,5). Aufgetragen: Stromimpuls des
Druckpulsgebers und Fluoreszenzabnahme der Zellmembran in Folge der pH-Änderung.
(D) Vergrößerung der mit der Ziffer 1 gekennzeichneten Stelle aus (C). Fluoreszenzabnahme folgt der
sauren Lösungsapplikation ohne große Verzögerung.
102 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-20: Reaktionsgeschwindigkeit (sypHu) auf die Abnahme des pH- Wertes in der
Vesikelmembran. (A) Schema: Zelle mit fusioniertem, fluoreszierendem Vesikel (pH 7,4). Applikation
(App.) einer Lösung (pH 5,5) und Messung der Geschwindigkeit der Fluoreszenzabnahme in
Vesikel- und Zellmembran. (B) Bilderserie eines solchen Experiments (Fluoreszierendes Vesikel
und Zellmembran mit Pfeilen markiert). Änderung des pH auf 5,5: Abnahme Fluoreszenz in Vesikel
und Zellmembran (Bild 2, 4). (C) Messung der Fluoreszenzabnahme: bei pH-Änderung auf 5,5.
(D) Vergrößerung des in (C) mit 3 markierten Abschnitts. Fluoreszenzabnahme Vesikel- und
Zellmembran übereinander gelegt. Abnahme startet nahezu gleichzeitig (gestrichelte
Linie = Startpunkt, blaue Box = berechneter Startpunkt der Fluoreszenzabnahme in Vesikel- bzw.
Zellmembran). Zeitkonstante der Fluoreszenzabnahme ist im Bereich der Vesikelmembran
langsamer (Zellmembran = 0,15 s, Vesikelmembran = 0,86 s).
I 103
Multiparametrische Messung der Exozytose
Die Latenz zwischen dem Beginn der Fluoreszenzabnahme an der Zell- und der
Vesikelmembran beträgt 0,05 ± 0,04 s. Die Zeitkonstante der Fluoreszenz-Abnahme an der
Zellmembran und der Vesikelmembran unterscheidet sich hingegen. Sie beträgt an der
Zellmembran 0,15 s, während sie an der Vesikelmembran 0,86 s beträgt. Allerdings ist nicht
nur die Abnahme sondern ebenfalls die erneute Zunahme der Fluoreszenz im Bereich der
Vesikelmembran langsamer, was in beiden Fällen auf die langsamere Diffusion durch die
kleine Öffnung der Fusionspore in der Granulummembran zurückzuführen ist. Diese
Experimente erlauben keine quantitativen Aussagen über die Reaktionsgeschwindigkeiten
von sypHu, vielmehr sollte untersucht werden, ob eine langsame oder verzögerte Reaktion
des sypHu-Reporters auf pH-Änderungen für die in Kap. 4.3.1 gezeigten Ergebnisse
verantwortlich sein kann. In allen hier durchgeführten Experimenten reagierte sypHu
unmittelbar auf Änderungen des pH-Wertes, sowohl im Falle von Ansäuerung als auch bei
der Neutralisierung des pH. Es konnte kein Unterschied zwischen der Zell- und der
Vesikelmembran festgestellt werden. In diesem Experiment konnte gezeigt werden, dass die
Fusionspore nach der Fusion des Vesikels mit der Plasmamembran zunächst offen bleibt.
Das Vesikel verbleibt demnach zunächst in der Zellmembran und wird nicht umgehend
mittels Endozytose (Vesikelrecycling) zurückgeholt. Ferner konnte gezeigt werden, dass der
Fluoreszenzmarker sypHu auch nach der Vesikelfusion in der Vesikelmembran verblei bt
(Abb. 4-20B). Die Reaktion von sypHu auf Änderungen des pH ist somit schneller als die in
Kap. 4.3.1 gemessenen Latenzen.
104 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
1. Zunächst war das Aufleuchten eines Vesikels zu beobachten. Dieser Vorgang ist für
gewöhnlich langsam. 2. Die Vesikelfluoreszenz verlöscht im Verlauf der Messung zunächst
wieder, was für gewöhnlich deutlich schneller vonstatten geht als das Aufleuchten. 3.
Zusammen mit dem ersten Vesikel konnte das Aufleuchten eines weiteren Vesikels
beobachtet werden (Abb. 4.-21).
Abb. 4-21: Sequentielle Exozytose. (A) Schema der normalen Exozytose eines Vesikels: Das Vesikel
fusioniert mit der Plasmamembran der Zelle und eine Zunahme der sypHu-Fluoreszenz erfolgt.
(B) Schema der sequentiellen Exozytose: (1)Vesikel fusioniert mit Plasmamembran und beginnt zu
fluoreszieren. (2) Ein zweites Vesikel fusioniert mit diesem. (3) Die vesikuläre Ladung des zweiten
Vesikel (saurer pH-Wert) passiert zunächst das bereits fusionierte Vesikel. (4) Durch den sauren pH-
Wert der Ladung erlischt die sypHu-Fluoreszenz des ersten Vesikels wieder. (5) Verlässt die Ladung
des zweiten Vesikels das erste Vesikel, strömt Lösung aus dem Extrazellularraum in beide Vesikel,
deren Lumen neutralisiert sich und (6) man kann das Aufleuchten von zwei Vesikeln beobachten.
I 105
Multiparametrische Messung der Exozytose
Vesikelfluoreszenz erkennbar (Abb. 4-22B). Dieses Abdunkeln zeigt die Fusion von weiteren
acht Vesikeln mit der Membran des zuerst fusionierten Vesikels an. Betrachtet man die
einzelnen Ereignisse im Detail, zeigt sich, dass jeder Fluoreszenzzunahme der acht
nachfolgenden Vesikel eine Abnahme der vesikulären Fluoreszenz vorausgeht
(Abb. 4-23B-D). Eine solche Abnahme ist bei dem ersten fusionierten Vesikel nicht
erkennbar (Abb. 4-23A). Aufgrund der simultanen optischen und elektrischen Messung lässt
sich dieses Phänomen als sequentielle Exozytose deuten.
Abb. 4-22: Sequentielle Exozytose in einer RBL-1 Zelle. (A) Bildsequenz der in (B) gezeigten Messung:
Aufleuchten des ersten Vesikels (1) und das darauffolgende Verlöschen der Vesikelfluoreszenz und
das erneute Aufleuchten zusammen mit weiteren Vesikeln (2, 3 und 8). (B) Simultane Messung der
Admittanz und der sypHu-Fluoreszenz der in (A) gezeigten Zelle. Zunahme der Fluoreszenz durch die
Fusion eines Vesikels mit der Plasmamembran (1). Danach ist wiederholt ein rasches dunkler werden
gefolgt von einer langsamen Zunahme der Fluoreszenz zu beobachten. Auslenkungen in der Im und
Re Spur zu Beginn sind auf die Einstellung des korrekten Phasenwinkels zurückzuführen ( Kap. 4.1).
106 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-23: Detailvergrößerung der mit den Ziffern 1, 2, 3 und 8 markierten Ereignissen aus Abb. 4-22.
(A) bis (D) Das Verlöschen der Vesikelfluoreszenz ist dabei deutlich schneller als die
Fluoreszenzzunahme.
I 107
Multiparametrische Messung der Exozytose
Vergleicht man die Anstiegszeit (rise time, Rt) der Fluoreszenzzunahme mit dem
dunkler werden der vesikulären Fluoreszenz, wie sie sich bei sequentieller Exozytose
beobachten lässt, dann lässt sich ein deutlicher Geschwindigkeitsunterschied feststellen. R t
einer Fluoreszenzzunahme betrug im Median 653 ms (Minimum = 50 ms,
Maximum = 7430 ms; STABW: 1230 ms). Das Nachlassen der Vesikelfluoreszenz hat
dagegen eine Rt im Median von 100 ms (Minimum = 50 ms, Maximum = 251 ms;
STABW: 64 ms) (Abb. 4-24) und war damit signifikant schneller (KS-Test, p < 0,001).
Auffällig war, dass bei der sequentiellen Exozytose nie ein Flackern der Fusionspore bei der
Fusion zweier Vesikel zu beobachten war.
Im Laufe der unter 4.3 beschriebenen Untersuchungen zeigte sich, dass eine exakte
Festlegung des Zeitpunktes der Membranfusion aufgrund von Admittanzmessungen
problematisch ist. Dies liegt vor allem an dem häufig auftretenden Flackern der Fusionspore.
In diesen Fällen konnte zwar häufig mit Hilfe des Realteils der Admittanzmessung der
Zeitpunkt der irrevesiblen Öffnung der Fusionspore bestimmt werden, jedoch gab es hier
durchaus unklare Fälle.
Abb. 4-24: Kumulativer Vergleich der Verteilung der Anstiegszeiten von Fluoreszenzzunahme
bzw. - abnahme bei sequentieller Exozytose. Deutlicher Unterschied in den Geschwindigkeiten
zwischen Fluoreszenzzunahme und der Abnahme der Fluoreszenz. Zunahme mit einem Median von
650 ms (STABW: 1030 ms). Die Abnahme der Fluoreszenz ist dagegen mit im Median 100 ms
(STABW: 64 ms) deutlich schneller.
108 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
I 109
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-25: Simultane Messung von Membrankapazität und amperometrischem Strom in Folge der
Serotonin Sekretion von RBL-1 Zellen. Es sind sieben amperometrische Spikes erkennbar, die mit
Änderungen in der Membrankapazität korrelieren.
Abb. 4-26: Detailvergößerung einzelner Ereignisse der in Abb. 4-25 mit 1,2,3 und 7 markierten
Bereichen (A) bis (D). Serotonin wird mit einer geringen Verzögerung nach dem Anstieg der
Membrankapazität und damit der Fusion des Vesikels mit der Zellmembran freigesetzt. Der schwarze
Punkt markiert den Beginn des amperometrischen Signals. Flackert die Fusionspore, erfolgt die
Serotoninfreisetzung nach vollständiger und stabiler Öffnung der Fusionspore mit dem Ende des
Flackerns (A) bis (C). Die gestrichelten Linien markieren den Beginn des Kapazitätsanstieges bzw.
Beginn und Ende des Flackerns.
110 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-28: (A) bis (D) Vergrößerungen der in Abb. 4-27 mit 3,4,8 und 12 gekennzeichneten Bereiche.
Die Freisetzung von Serotonin erfolgt mit einer geringen Verzögerung nach der Fusion des Vesikels
(Anstieg in Membrankapazität). Flackert die Fusionspore, erfolgt die Freisetzung erst nach stabiler
Öffnung der Pore und dem Ende des Flackerns (B). Die gestrichelten Linien markieren jeweils den
Beginn des Anstieges in der Membrankapazität bzw. den Beginn und das Ende der flackernden
Fusionspore. Der schwarze Punkt markiert den Beginn des amperometrischen Signals.
I 111
Multiparametrische Messung der Exozytose
Wie bei der simultanen Messung von Fluoreszenz und der Membrankapazität ist bei
der simultanen Aufnahme von Amperometrie und Membrankapazität eine Verzögerung
messbar. Bei einem Flackern der Fusionspore wurde das Ende des Flackerns (sichtbar
insbesondere im realen Anteil der Admittanzmessung, Kap. 4.1.1) als Startpunkt der
Membrankapazität verwendet. Probleme bei der Messung bereitete die Qualität der von ALA
Scientific erworbenen Kohlefaserelektroden, die ein teilweise hohes Stromrauschen
aufwiesen. Dadurch verfügen einige Messungen nur über ein geringes Signal/Rausch-
Verhältnis. Dies hatte Auswirkungen auf die Bestimmung des Startpunktes des
amperometrischen Signals. Der Startpunkt wurde wie zuvor als erster Punkt über der
dreifachen Standardabweichung des Mittelwertes aller Datenpunkte in einem Intervall von
1,5 s vor dem Ereignis ermittelt (Kap. 3.5). Bei Rauschen verlängert sich daher die
Verzögerung (Abb. 4-29). Die Verzögerung zwischen dem Kapazitätsanstieg und dem
Beginn des Amperometriespikes betrug bei den RBL-1 Zellen im Median
30 ms (ST ABW: 28 ms; 45 Fusionsereignissen in 15 Zellen). Die kürzeste Verzögerung
betrug < 1 ms und die längste 88 ms (Abb. 4-30A). Diese Verzögerung ist signifikant geringer
als zwischen der Fluoreszenzzunahme und der Membrankapazität (KS-Test, p < 0,001)
(Abb. 4-30B). Bei den RBL-2H3 Zellen betrug der Median der Verzögerung zwischen der
Änderung in der Membrankapazität und dem Beginn des Amperometriespikes 17 ms
(STABW: 25,6ms; 56 Fusionsereignissen in 9 Zellen). Die geringste gemessene
Verzögerung betrug < 1 ms, die größte 91 ms (Abb. 4-30A). Diese Werte sind weit aus
geringer (KS-Test, p < 0,001) als die für die Verzögerung zwischen Kapazitätsänderung und
Fluoreszenzzunahme bei RBL-2H3 Zellen (Abb. 4-30C).
Abb. 4-29: Beispiele für Bestimmung des Startpunktes des amperometrischen Signals und der sich
daraus ergebenden Verzögerung bezogen auf die Kapazitätsänderung. (A) Bei starkem Rauschen
vergrößert sich die Verzögerung. (B) Bei geringem Rauschen ergibt sich eine geringe Verzögerung.
Den Startpunkt markiert jeweils ein schwarzer Punkt.
112 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-30: Verzögerung zwischen Änderung in der Membrankapazität und Beginn des
amperometrischen Spikes. (A) Kumulative Verteilung. Median der Verzögerung, RBL-1: 43 ms
(0,5-403 ms; STABW: 76 ms), RBL-2H3: 24 ms (0,1-175 ms; STABW: 37 ms). Verzögerung bei RBL-
2H3 signifikant kürzer als bei RBL-1 Zellen (KS-Test, p < 0,05). Sowohl bei RBL-1 (B) als auch RBL-
2H3 Zellen (C) sind die Verzögerungen zwischen Kapazitätsänderung und amperometrischen Signal
signifikant kürzer als die Verzögerung zwischen Kapazitätsänderung und sypHu-Fluoreszenzzunahme
(KS-Test, p > 0,001).
I 113
Multiparametrische Messung der Exozytose
Durch die Beladung der beiden Zellinien mit Serotonin (5HT) für die amperometrische
Messung konnte, wie bereits anhand optischer Messungen in der Literatur beschrieben, eine
Größenzunahme der Vesikel beobachtet werden (Bonifacino et al. 1989, Williams und Webb
2000). Der Median der Kapazitätschritte betrug in mit 5HT beladenen RBL-1 Zellen 209 fF
(Minimum = 18,9 fF; Maximum = 1961,5 fF; ST ABW = 288 fF), was 2,6 µm entspricht, und
war damit nahezu doppelt so groß wie in unbeladenen Zellen (68,8 fF bzw. 1,5 µm,
Kap. 4.1). Im Median setzte eine Zelle 2 Vesikel (ST ABW: 2,8) frei (unbeladen 3,5). Die
Membrankapazität einer Zelle stieg während der Messung im Median um 593 fF
(Minimum = 98,3 fF, Maximum = 2341,8 fF; STABW: 595,4 fF) an (unbeladen 373,2 fF).
Dieser Anstieg in der Gesamtkapazität der Zelle ist in der gleichen Größenordnung wie der in
unbeladenen RBL-1 gemessenen Anstieg (KS-Test, p > 0,1). Die Vesikel der RBL-2H3
Zellen vergrößerten sich in Folge der 5HT-Beladung ebenfalls. So betrug der Median der
gemessenen Kapazitätsschritte 61,4 fF (Minimum = 12,3 fF, Maximum = 437,3 fF;
STABW: 67,1 fF) (1,4 µm) und war damit nahezu gleichgroß wie die Granula unbeladener
RBL-1 Zellen bzw. fast sechsmal so groß wie in unbeladenen RBL-2H3 Zellen (9,5 fF bzw.
0,6 µm, Kap. 4.1). Es wurden im Median signifikant weniger Vesikel (8,2; STABW: 9,9) als in
den unbeladenen Zellen (32; ST ABW: 30,1) freigesetzt (KS-Test, p < 0,001). Die Zunahme
der Membrankapazität blieb dagegen mit 329,9 fF (ST ABW: 503,7 fF) in einem ähnlichen
Bereich wie bei den unbeladenen Zellen (KS-Test, p > 0,99). Neben der Größenänderung
der Granula nahm in den RBL-2H3 ebenfalls die Häufigkeit des Flackerns bei der
Granulumfusion zu. Diese betrug in RBL-2H3+5HT 41,7%, während Flackern bei
unbeladenen RBL-2H3 Zellen in weniger als 2% der Fälle auftrat. Bei den RBL-1+5HT Zellen
lag die Flackerhäufigkeit mit 43,4% etwas über der der unbeladenen Zellen (ca. 35%).
114 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-32: (A) und (B) Vergrößerungen der in Abb. 4-31 mit 1 und 2 markierten Fusionsereignisse
(RBL-1 Zelle). Die gestrichelte Linie und der schwarze Punkt markieren den Beginn des
amperometrischen Signals. Die gepunktete und gestrichelte Linie markiert den Beginn der
Fluoreszenzzunahme. Der rote Punkt zeigt den ermittelten Beginn der Fluoreszenzänderung an.
Zwischen Beginn des amperometrischen Signals und der Fluoreszenzzunahme kann eine
Verzögerung von mehreren 100 ms gemessen werden.
I 115
Multiparametrische Messung der Exozytose
Bei RBL-2H3 Zellen zeigte sich ein ähnliches Bild. Durch intrazelluläre Stimulierung
zur Sekretion gebracht, konnte die Exozytose von Vesikeln aus RBL-2H3 Zellen durch die
simultane Aufnahme von amperometrischen Oxidationsstrom, Membrankapazität und
Vesikelfluoreszenz gemessen werden (n = 3, 11 Exozytoseereignisse) (Abb. 4-33). Stellt
man einzelne Fusionsereignisse vergrößert dar, erkennt man, dass die Fluoreszenzzunahme
des Vesikels erst mit einer Verzögerung dem Anstieg der Membrankapazität und dem
amperometrischen Signal nachfolgt (Abb. 4-34). Bei sechs RBL-1 Zellen konnte 15-mal ein
Fusionsereignis anhand aller drei Parameter detektiert werden. Der Median der Verzögerung
zwischen Beginn des Kapazitätschritts und Fluoreszenzsignal betrug hier 774 ms
(Minimum = 261 ms, Maximum = 2540 ms; STABW: 712 ms), der Median zwischen dem
Beginn des amperometrischen Signals und der Fluoreszenzzunahme 646 ms
(Minimum = 239 ms, Maximum = 2530 ms; STABW: 660 ms) (Abb. 4-35A). Es konnte kein
signifikanter Unterschied zwischen den Werten für Verzögerungen zwischen Beginn der
Kapazitätschritte und der Fluoreszenzzunahme bzw. Beginn des Amperometriesignals und
der Fluoreszenzzunahme (KS-Test, p > 0,1) beobachtet werden. Die Verzögerung zwischen
Kapazitätsschritt bzw. Amperometriesignal und Fluoreszenzzunahme hat damit ähnliche
Werte, wie die zwischen Membrankapazität und Vesikelfluoreszen z aus den in Kapitel 4.2
gezeigten Messungen (KS-Test, p > 0,1) (Kap. 4.2, Abb. 4-16, Tab. 4-2). Die Anstiegszeit
des Fluoreszenzsignals betrug in diesen Experimenten in RBL-1 Zellen im Median 653 ms
(STABW: 409 ms; Minimum = 252 ms, Maximum = 1710 ms) und war damit nicht signifikant
unterschiedlich von den Werten, die in den vorher durchgeführten Experimenten ohne
Serotoninbeladung der Zellen gemessen werden konnten (KS-Test, p > 0,1).
Bei drei RBL-2H3 Zellen konnten 11 Fusionsereignisse simultan mit den drei
Messmethoden erfasst werden. Der Median der Verzögerung zwischen Beginn
Kapazitätsschritt und Fluoreszenzzunahme betrug hier 384 ms (Minimum = 79 ms,
Maximum = 1470 ms; STABW: 396 ms), der zwischen Beginn amperometrischem Spike und
der Zunahme der vesikulären Fluoreszenz 318 ms (Minimum = 2 ms, Maximum = 1,45 s;
STABW: 416 ms), somit gibt es keinen signifikanten Unterschied zwischen den Latenzen
(KS-Test, p > 0,1) (Abb. 4-35B). Die Verzögerungen sind ähnlich groß wie die in Kap. 4.2
zwischen Membrankapazität und Fluoreszenzzunahme gemessenen (KS-Test, p > 0,1)
(Abb. 4-16, Tab. 4-2, Kap. 4.2). Bei den RBL-2H3 Zellen betrug die Anstiegszeit des
Fluoreszenzsignals in diesen Experimenten dabei 251 ms (ST ABW: 197 ms;
Minimim = 50 ms, Maximum = 703 ms) und war damit zwar signifikant geringer als der bei
RBL-1 Zellen gemessen Wert (KS-Test, p > 0,001), aber die Anstiegszeiten in beiden
Zelllinien weisen keinen signifikanten Unterschied zu den Werten auf, die bei den
vorangegangen Experimenten ohne Serotoninbeladung für RBL-2H3 Zellen ermittelt wurden
(KS-Test > 0,1). Weder bei den RBL-1 Zellen noch bei den RBL-2H3 Zellen konnte somit ein
116 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
Unterschied in der Latenz zwischen Öffnung der Fusionspore und der Neutralisierung des
granulärem Lumens festgestellt werden. Die Anstiegszeiten des Fluoreszenzsignals bei mit
Serotonin beladenen und unbeladenen Zellen wiesen ebenfalls keinen Unterschied auf.
I 117
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-34: (A) und (B) Vergrößerung der in Abb. 4-33 mit 12 und 14 markierten Bereiche. Erkennbar
ist eine Verzögerung zwischen der Freisetzung des vesikulären Serotonins (amperometrisches Signal)
und der Fluoreszenzänderung. Markiert sind jeweils der ermittelte Beginn des Amperometriesignals
und der Fluoreszenzzunahme, sowie die Verzögerung zwischen beiden. Wie bei den RBL-1 Zellen
beträgt diese Verzögerung einige 100 ms.
RBL-1
Median 726 ms 30 ms 646 ms 41 ms
STABW 704 ms 29 ms 660 ms 129 ms
RBL-2H3
Median 320 ms 17 ms 317 ms 63 ms
STABW 610 ms 24 ms 416 ms 43 ms
118 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-35: Verzögerung zwischen Beginn Amperometriesignal und Zunahme der Vesikelfluoreszenz.
(A) Vergleich der gemessenen Verzögerungswerte zwischen Fluoreszenz und Membrankapazität
(∆Cm∆F), aus der simultanen Messung von Admittanz und Fluoreszenz (zweifach Messung, 2M)
und aus den simultanen Messungen von amperometrischen Oxidationsstrom, Admittanz und
Fluoreszenz (dreifach Messung, 3M) und der Verzögerung zwischen Amperometriesignal und
Fluoreszenzzunahme (∆5HT∆F, 3M) bei RBL-1 Zellen. Im Median betrug die Verzögerung
zwischen Membrankapazitätsschritt und Fluoreszenzänderung (∆Cm∆F) 726 ms (STABW: 704 ms)
(2M) bzw. 774 ms (STABW: 712 ms) (3M) und 646 ms (STABW: 660 ms) zwischen Beginn des
Amperometriesignals und der Fluoreszenzänderung (∆5HT∆F, 3M). Kein signifikanter Unterschied
zwischen bei 2M und bei 3M gemessenen Latenzen (KS-Test, p>0,1) (B) Vergleich der
Verzögerungswerte bei RBL-2H3 Zellen. Im Median betrug ∆Cm∆F 320 ms (STABW: 610 ms) (2M)
bzw. 384 ms (STABW: 396 ms) (3M) und ∆5HT∆F 317 ms (STABW: 416 ms) (3M). Somit konnte
bei den RBL-2H3 Zellen kein signifikanter Unterschied zwischen den bei 2M und 3M gemessenen
Latenzen festgestellt werden (KS-Test, p>0,1).
I 119
Multiparametrische Messung der Exozytose
Wie bei den Versuchen zuvor vergrößerte die Beladung der Zellen mit 5HT die
Vesikel in beiden Zelllinien. So betrug der Median der Kapazitätsschritte in RBL-1 Zellen
156,81 fF (STABW: 105,89 fF), was einem Granuladurchmesser von 2,23 µm entspricht. Bei
den RBL-2H3 betrug der Median der Kapazitätsschritte 47,9 fF (ST ABW: 56,57 fF), das
entspricht einem Granuladurchmesser von 1,23 µm. Trotz dieser vergrößerten Granula
konnte keine signifikante Änderung (KS-Test, p > 0,1) in der Verzögerung zwischen Beginn
des Kapazitätsschritts und der Fluoreszenzzunahme (∆C m ∆F) von mit 5HT beladenen und
unbeladenen Zellen gemessen werden.
Die bisherigen Ergebnisse deuten daraufhin, dass die Protonen das Vesikel erst spät
verlassen. Das zeigt sich in dem verzögerten Beginn der sypHu Fluoreszenz im Vergleich
zum Beginn der Membrankapazitätszunahme bzw. des Amperometriesignals. Der genaue
Zeitpunkt, an dem die Protonen das Vesikel durch die Fusionspore verlassen, bzw. ob sie
überhaupt diesen Weg nehmen, wurde im Folgenden untersucht. Der ASIC1-Ionenkanal
(Acid Sensing Ion Channel) zeigt einen Na+-Einwärtsstrom, wenn der pH in seiner
Umgebung fällt. Durch Überexprimierung dieses pH-sensitiven Ionenkanals in RBL-Zellen
wurde versucht einen „Sensor“ zu schaffen, um den Zeitpunkt des Protonenefluxs aus dem
Vesikel zu bestimmen. Da in den bisherigen Experimenten RBL-1 und RBL-2H3 Zellen
ähnliche Ergebnisse zeigten, wurden diese Experimente nur an einer Zelllinie, den RBL-1
Zellen, durchgeführt.
Zur Klärung der Frage, ob die Protonen das Vesikel durch die Fusionspore verlassen,
wurden in den folgenden Experimenten RBL-1 Zellen sowohl mit sypHu als auch mit dem
ASIC1-Kanal transfiziert und simultan der Einwärtsstrom durch den ASIC-1-Kanal, das
serotoninabhängige Amperometriesignal und die granuläre Fluoreszenzzunahme an RBL -1
Zellen gemessen. Dafür wurde der ASIC1-Kanal mittels eines lentiviralen Konstrukts in RBL-
1 Zellen überexprimiert (Kap. 3.1.2).
Bei 8 Zellen konnten 11 Exozytoseereignisse gemessen werden. In Abb. 4-36 ist ein
Beispiel für solch eine Messung dargestellt. Sowohl Amperometrie-spikes als auch die mit
den Fluoreszenzänderungen korrelierten Einwärtsströme konnten beobachtet werden. Die
Serotoninfreisetzung findet vor dem Ausstrom der Protonen aus dem Vesikel
(ASIC1-Einwärtsstrom) und dem Neutralisieren des Vesikellumens (Fluoreszenzzunahme)
statt. Das wird besonders deutlich beim Betrachten einzelner Fusionsereignisse (Abb. 4-37A
und B).
120 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-36: Simultane Messung des ASIC1-Einwärtsstroms, der Serotoninfreisetzung und der
Vesikelfluoreszenz (RBL-1 Zellen). Gestrichelten Linien markieren den jeweiligen Beginn des
amperometrischen Signals.
Abb. 4-37: (A) und (B) Detailansicht der in Abb. 4-36 mit 1 und 2 markierten Ereignisse. Das
Amperometriesignals beginnt jeweils vor der Zunahme der Vesikelfluoreszenz und dem
Einwärtsstrom über den ASIC1-Kanal. Die Verzögerung beträgt mehrere 100 ms. Die gepunktete
Linie markiert den Beginn des Amperometrie-spikes, die gestrichelte den der Fluoreszenzzunahme.
I 121
Multiparametrische Messung der Exozytose
122 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
Die langsame Neutralisierung deutet auf eine hohe Pufferkapazität der granulären
Matrix hin. Die Dekondensierung der vesikulären Matrix kann als Größenänderung des
Vesikels im Durchlicht beobachtet werden (Breckenridge und Almers 1987, Zimmerberg et
al. 1987). Dieses Schwellen des Vesikels bzw. Granulums konnte bei RBL-1 Zellen in dieser
Arbeit als Intensitätsänderung von sehr großen Granula im Durchlicht beobachtet werden. In
simultanen Messungen der Admittanz und der Granulumschwellung konnte wie bei den
vorangegangenen Messungen eine Latenz zwischen dem Schwellen und dem Beginn des
Kapazitätschrittes gemessen werden (Abb. 4-39). Im Median betrug die Latenz zwischen
Schwellen des Granulums und Beginn Kapazitätsschritts 50 ms (6 Ereignisse;
Minimum = 0.4 ms, Maximum = 91 ms; ST ABW: 36 ms). Damit beginnt das Schwellen des
Granulums deutlich vor der Neutralisierung des granulärem Lumens (KS-Test, p < 0,001;
Abb. 4-41).
Abb. 4-39: Simultane Messung von Admittanz und Schwellen des Granulums in einer RBL-1 Zelle. In
beiden Beispielen (A und B) ist erkennbar, dass das Schwellen des Granulums ( O) unmittelbar nach
der stabilen Öffnung der Fusionspore beginnt. Der rote Punkt markiert jeweils den Beginn des
Schwellens.
I 123
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-40: Simultane Messung von Admittanz, Serotoninfreisetzung und Schwellen des Granulums
(O). Das Schwellen des Granulums erfolgt in beiden Beispielen (A und B) unmittelbar nach stabiler
Öffnung der Fusionspore, zusammen mit der Freisetzung von Serotonin. Der rote Punkt markiert
dabei jeweils den Beginn des Schwellens.
124 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-41: Kumulative Verteilung der Latenzen zwischen Beginn Admittanz (C m),
Serotoninfreisetzung (5HT), Schwellen des Granulums ( O) und sypHu-Fluoreszenzzunahme ( F).
Signifikanter Unterschied der Latenzen für Serotoninfreisetzung und Schwellen bezogen auf die
Neutralisierung des granulären Lumens (KS-Test, p < 0,001). Dagegen gibt es keinen signifikanten
Unterschied zwischen Schwellen des Granulums und Freisetzung von Serotonin (KS-Test, p > 0,1 ).
I 125
Multiparametrische Messung der Exozytose
126 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
Dekondensierung der Vesikelmatrix und die Freisetzung des vesikulären Inhaltes beginnen
somit vor dem Ausstrom der Protonen aus dem Vesikellumen. Die Verzögerung zwischen
Beginn des Amperometriesignals und dem ASIC1-Einwärtsstroms betrug im Median 698 ms
(Minimum = 320 ms, Maximum = 3120 ms; STABW: 1020 ms) und zwischen dem Schwellen
des Granulums und dem ASIC1-Einwärtsstrom 577 ms (Minimum = 370 ms,
Maximum = 3110 ms; STABW: 1036 ms) (Abb. 4-43). Die Latenzen zwischen Beginn der
Serotoninfreisetzung bzw Schwellen des Granulums und Ausstrom der Protonen aus dem
granulären Lumen weisen keinen signifikanten Unterschied auf (KS-Test, p > 0,1) (Abb. 4-
43). Zwischen Amperometriesignal und Schwellen konnte dagegen nur eine Verzögerung
von im Median 95 ms (Minimum = -107 ms, Maximum = 344 ms; ST ABW: 143 ms)
gemessen werden (Abb. 4-43), wobei in zwei Fällen das Schwellen bereits vor dem Start der
Serotoninfreisetzung begann. Damit ist die Verzögerung zwischen Schwellen des Granulums
und Serotoninfreisetzung signifikant geringer als die auf den Protonenausstrom aus dem
granulärem Lumens bezogenen Latenzen (KS-Test, p < 0,005). Aus diesen Versuchen folgt,
dass zunächst das Schwellen des Granulums und kurz darauf die Freisetzung von Serotonin
erfolgt, und die Neutralisierung des granulärem Lumens folgt erst mit deutlicher Verzögerung
und dem damit verbundenen Ausstrom von Protonen nach.
Abb. 4-43: Vergleich der kumulativen Verteilung der Verzögerungswerte zwischen Schwellen des
Granulums (IOPT), Serotoninfreisetzung ( IA) bzw. Beginn des ASIC1-Einwärtsstroms ( IASIC). Die
Verzögerungswerte zwischen Amperometriesignal und Einwärtsstrom (698 ms; STABW: 1019 ms)
bzw. Schwellen (95 ms; STABW: 143 ms) sind signifikant unterschiedlich (KS-Test, p < 0.005). Die
Verzögerung zwischen dem Schwellen und Beginn des ASIC1-Einwärtsstrom war dagegen ähnlich
groß wie zwischen Amperometrie und Einwärtsstrom. Sie betrug 577 ms (STABW: 1036 ms) (KS-
Test, p > 0,1).
I 127
Multiparametrische Messung der Exozytose
4.7.1 Wirkung von Austausch von Cäsium- gegen Kaliumionen in intra- bzw. extrazellulärer
Lösung
Zunächst wurde das Cäsium sowohl im intra- als auch im extrazellulären Medium
durch Kalium ersetzt (Intrazellulär: 145 mM KGlutamat statt 145 mM CsGlutamat;
extrazellulär: 2,8 mM KCl, 155 mM NaCl, statt 10 mM CsCl, 145 mMNaCl, Kap. 3.2). Diese
Messungen wurden nur an RBL-1 Zellen durchgeführt. Bis auf die veränderte
Ionenzusammensetzung der Lösungen war das Vorgehen analog zu den in Kapitel 4.5.
gezeigten Versuchen. Wie in den Versuchen zuvor mit Cäsium in den Lösungen konnte eine
Verzögerung zwischen Kapazitätsschritt bzw. Amperometriesignal und Fluoreszenzänderung
festgestellt werden (Abb. 4-44). Die Latenz zwischen Serotoninfreisetzung und
Fluoreszenzsignal betrug hier im Median 344 ms (19 Ereignisse, 6 Zellen,
Minimum = 118 ms, Maximum = 711 ms; STABW: 197 ms). Dies bedeutet eine deutliche
Verringerung der Latenz gegenüber den Ergebnissen, die in Cäsium-haltigen Lösungen
ermittelt wurden (Median: 646 ms, STABW: 660 ms, Kap. 4.5). Diese Veränderung war hoch
signifikant (KS-Test, p < 0.05). Durch den Austausch von Cäsium gegen Kalium wurde damit
die Verzögerung zwischen Kapazitätsschritt und Fluoreszenzsignal damit signifikant geringer
(Abb. 4-48). Um die Ursache für diesen Effekt näher einzugrenzen, wurden Versuche mit
einseitigem (d.h. entweder intra- oder extrazellulärem) Austausch von Cäsium- gegen
Kaliumionen unternommen.
Bei Messungen, die mit intrazellulärer Lösung ohne Cäsium (145 mM KGlutamat statt
145 mM CsGlutamat), aber mit der Cäsium-haltigen extrazellulären Standardlösung (10 mM
CsCl, 145 mM NaCl) durchgeführt wurden (Abb. 4-45 und 4-48), zeigte sich kein signifikanter
Unterschied zu den Latenzwerten, die mit Cäsium in beiden Lösungen ermittelt worden
128 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
waren (KS-Test, p > 0,1). Der Median der Verzögerung zwischen Amperometriesignal und
der Fluoreszenzänderung betrug hier 577 ms (8-2860 ms, STABW: 896 ms, n = 17
Ereignisse aus 9 Zellen).
Bei Verwendung der intrazellulären Standardlösung mit Cäsium (145 mM
CsGlutamat), aber einer Cäsium-freien extrazellulären Lösung (2,8 mm KCl, 155 mM NaCl),
konnte dagegen erneut eine signifikante Verkürzung der Latenz zwischen
Serotoninfreisetzung und Fluoreszenzzunahme gegenüber den vorangegangenen
Experimenten mit beidseits Cäsium-haltigen Lösungen gemessen werden (Abb. 4-46 und
4-48). Sie betrug im Median 147 ms (12 - 3180 ms, ST ABW: 747 ms, n = 17 Ereignisse aus
13 Zellen).
I 129
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-45: Simultane Messung von Amperometrie, Membrankapazität und sypHu-Fluoreszenz mit
Kalium anstelle von Cäsium innerhalb der intrazellulären Lösung. Gemessene Verzögerung zwischen
Amperometriesignal und Fluoreszenz liegt im Bereich der Werte bei Verwendung von Cäsium in
beiden Messlösungen (Beginn der Serotoninfreisetzung = schwarzer Punkt, Beginn der
Fluoreszenzzunahme = roter Punkt).
130 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-46: Simultane Messung von Amperometrie, Membrankapazität und sypHu-Fluoreszenz mit
Kalium anstelle von Cäsium in der extrazellulären Lösung. In Gegenwart von Kalium in der
extrazellulären Messlösung (intrazellulär Cäsium) konnte eine deutliche Verkürzung der Verzögerung
zwischen Kapazitätsanstieg und Fluoreszenzänderung gemessen werden (Beginn der
Serotoninfreisetzung = schwarzer Punkt, Beginn der Fluoreszenzzunahme = roter Punkt).
I 131
Multiparametrische Messung der Exozytose
Das im vorangehenden Kapitel (4.7.1) ermittelte Ergebnis zeigt klar, dass die
Anwesenheit von Cäsium im Extrazellulärmedium eine verzögernde Wirkung auf die
Alkalisierung des granulären Lumens nach der Bildung der Fusionspore besitzt. Eine
naheliegende Möglichkeit, diese Wirkung zu erklären, wäre die Annahme, dass die
Kaliumleitfähigkeit der Plasmamembran, die bei einem Haltepotential von -80 mV
überwiegend von Cäsium-sensitiven Kir-Kanälen vermittelt wird, eine Bedeutung für die
Alkalisierung besitzt. Möglich wäre z.B. eine Rolle bei Ionenaustauschvorgängen im Rahmen
des Protonenaustroms aus dem exozytierten Granulum (Marszalek et al. 1997, Gong et al.
2007). Bei depolarisierteren Haltepotentialen (> -60 mV), bei denen der spannungsabhänige
Block der Kir-Kanäle durch intrazelluläre Polykationen voll entwickelt ist (Bianchi et al. 1996),
sollte dann kein Unterschied mehr zu der Situation gefunden werden, in der die K ir-Kanäle
durch extrazelluläres Cäsium blockiert sind.
Bei allen vorangegangenen Experimenten betrug das Haltepotential der Zellen
-80 mV. Bei diesem Potential bewirkt der Kir –Kanal einen Einwärtsstrom von Kaliumionen in
die Zelle (Kap. 4.8). Durch eine Änderung des Haltepotentials auf -50 mV verringert sich der
Einwärtsstrom aufgrund des spannungsabhängigen Blocks. Bei diesem Haltepotential wurde
in Cäsium-freier Extrazellularlösung eine Verzögerung zwischen Amperometriesignal und
Fluzoreszenzänderung von im Median 685 ms (Minimum = 51 ms, Maximum = 2150 ms,
STABW: 487 ms, n = 23 Ereignisse aus 9 Zellen) gemessen (Abb. 4-47). Die Verteilung
dieser Latenzwerte ist nicht signifikant verschieden von denen in Cäsium-haltiger
Extrazellularlösung ermittelten (KS-Test, p > 0.1), jedoch gegenüber der Latenzverteilung,
die in Cäsium-freier Extrazellularlösung bei einem Haltepotential von -80 mV bestimmt
wurde, signifikant zu höheren Werten verschoben (KS-Test, p < 0.005). Das Blockieren des
Kir- Kanals mit Cäsium bzw. die spannungsabhängige Blockade bei -50 mV führt also zu
ähnlichen Verzögerungswerten zwischen der Serotoninfreisetzung und der Zunahme der
vesikulären Fluoreszenz (Abb. 4-48, Tab. 4-3).
In der Zusammenschau aller in diesem Kapitel besprochenen Ergebnisse (Abb. 4-48)
zeigt sich, dass die Verteilungen der Latenzwerte aus allen Messungen in Gegenwart von
extrazellulären Cäsiumionen sowie aus denjenigen Versuchen, bei denen das Haltepotential
auf -50 mV verschoben wurde, sich nicht signifikant voneinander unterscheiden.
Demgegenüber sind alle Verteilungen der Verzögerungen aus beiden Versuchsreihen, in
denen das extrazelluläre Cäsium gegen Kalium ausgetauscht wurde, signifikant zu kürzeren
Latenzen hin verschoben. Dabei wird die Verteilung nicht signifikant davon beinflußt, ob
intrazellulär Kalium- oder Cäsiumionen vorhanden sind (KS-Test, p > 0.05).
132 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-47: Bei einem Haltepotential von -50 mV ist die Verzögerung ähnlich groß, wie die bei den
Messungen mit Cäsium in beiden Lösungen, trotz Gegenwart von Kalium in der extrazellulären
Lösung. Bei -50 mV ist ein deutlich geringerer Einwärtsstrom über den K ir-Kanal messbar als bei
-80 mV (Kap. 4.8). Dieses Ergebnis deutet auf eine potentielle Rolle dieses Kanals in der
Neutralisierung des Vesikellumens hin (Beginn der Serotoninfreisetzung = schwarzer Punkt, Beginn
der Fluoreszenzzunahme = roter Punkt).
I 133
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-48: Vergleich der kumulativen Verteilung der Verzögerungswerte aus den Messungen mit
Kalium in den verwendeten Messlösungen mit den Werten in Gegenwart von Cäsium. Die
Verzögerung zwischen Amperometriesignal und Fluoreszenzänderung war beim Fehlen von Cäsium
in beiden Messlösungen (Kintra-&extrazellulär) und beim Ersetzen von Cäsium durch Kalium in der
extrazellulären Lösung (Kextra-&Csintrazellulär) signifikant verkürzt (344 ms (STABW: 197 ms) bzw.
147 ms (STABW: 747 ms)). Die Versuche mit Kalium anstelle von Cäsium in der intrazellulären
Lösung (Kintra-&Cs extrazellulär) bzw. mit cäsiumfreier extrazellulärer Lösung bei einem Haltepotential von
-50 mV (Kextra-&CsintrazellulärHP -50mV) (KS-Test, p < 0,05) lagen mit mittleren Verzögerungswerten
von 580 ms (STABW: 896 ms) bzw. 685 ms (STABW: 487 ms) im Bereich der in Gegenwart von
Cäsium durchgeführten Versuche (646 ms; STABW: 660 ms) (KS-Test, p > 0,1).
134 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
Die im vorigen Kapitel besprochenen Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine
Kaliumleitfähigkeit der Plasmamembran oder möglicherweise der granulären Membran die
Alkalisierung des granulären Lumens beschleunigt. Zur weiteren Prüfung dieser Möglichkeit
ist es notwendig, die Richtung, Größe und Cäsium-Sensitivität des Kaliumstroms über die
Plasmamembran unter den für die kombinierten Kapazitäts-, Amperometrie- und
Fluoreszenzmessungen gewählten Bedingungen (Zusammensetzung der intra- und
extrazellulären Medien, Haltepotential) zu bestimmen. Insbesondere wegen der für
Kapazitätsmessungen besonders angepassten Zusammensetzung der Medien können die
aus der Literatur erhältlichen Werte zur Spannungsabhängigkeit der Kaliumleitfähigkeit
(McCloskey und Cahalan 1990, Hasséssian et al. 1994, Bianchi et al. 1996, Straube und
Parekh 2002) nicht zum direkten Vergleich herangezogen werden.
Ganzzell-Patch-Clamp Messungen (Spannungssprünge von -140 bis +60 mV (20 mV
Intervall) und einem Haltepotential von -60 mV) an RBL-1 Zellen zeigen einen großen
einwärtsgleichrichtenden K+-Strom, der durch extrazelluläres Cäsium (10 mM) blockiert
werden kann (Abb. 4-49A). Mit Kalium in der intra- und extrazellulären Lösung konnte bei -
120 mV der größte Strom gemessen werden. Dieser betrug im Mittel -133 ± 38 pA (n = 9).
Abb. 4-49B illustriert die Strom-Spannungs-Kurve des Kir-Kanals in RBL-1 Zellen. Bei -80 mV
kann ein deutlicher Einwärtsstrom erkannt werden, der im Mittel -82 ± 35 pA beträgt. Bei
-40 mV ist dagegen nur ein geringer Einwärtsstrom erkennbar (-19 pA). Durch die
Applikation von 10 mM CsCl in der extrazellulären Lösung komnnte der Strom blockiert
werden. Dann betrug der Strom im Mittel bei -120 mV 63 ± 23 pA, bei -80 mV 28 ± 14 pA, bei
-40 mV 10 ± 9 pA.
In Gegenwart von Cäsium in der intrazellulären Lösung konnte ebenfalls ein solcher
Strom gemessen werden. Der größte Strom wurde bei -120 mV gemessen, und die mittlere
Stromamplitude betrug -198 ± 68 pA (n = 2). Dieser Strom konnte ebenso mit Cäsium
(10 mM) in der extrazellulären Lösung blockiert werden (Abb. 4-50A). In diesem Experiment
konnte ein großer Einwärtsstrom bei -80 mV gemessen werden, der im Mittel -121 ± 12 pA
betrug, während bei -40 mV ein deutlich kleinerer Strom messbar war (-23 ± 23 pA) (Abb. 4-
50B). Durch die Applikation von 10 mM CsCl in der extrazellulären Lösung konnte der Strom
blockiert werden. Dann betrug der Strom im Mittel bei -120 mV 47 ± 5 pA, bei -80 mV
30 ± 1 pA, bei -40 mV 6 ± 23 pA.
Da ähnliche Kir-Ströme an RBL-2H3 Zellen bekannt sind (Lindau und Fernandez
1986), wurden diese Experimente nur an RBL-1 Zellen durchgeführt.
I 135
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-49: Kaliumströme in RBL-1 Zellen in Gegenwart von Kalium in intra- und extrazellulärer
Lösung. (A) Ströme, ausgelöst durch Spannungssprünge von -140 auf 80 mV. Haltepotential -60 mV.
Unten: Blockieren des Stroms durch 10 mM Cs + (dieselbe Zelle). (B) Strom-Spannungs Beziehung von
Gleichgewichtsströmen (gemittelt aus 9 gemessenen Zellen) gemessen in Gegenwart von Kalium in
der extrazellulären Lösung und in Gegenwart von 10 mM Cs + (Block). Dargestellt sind Amplituden
zwischen -140 und 80 mV in 20 mV Schritten und die Differenz der Stromamplituden (grün).
Abb. 4-50: Kaliumströme in RBL-1 Zellen in Gegenwart von Cs + in intrazellulärer Lösung. (A) Ströme,
ausgelöst durch Spannungssprünge von -140 auf 80 mV. Haltepotential -60 mV. Unten: Blockieren
des Stroms durch 10 mM Cs + (dieselbe Zelle). (B) Strom-Spannung Beziehung von
Gleichgewichtsströmen (gemittelt aus 5 gemessenen Zellen) gemessen in Gegenwart von Kalium in
der extrazellulären Lösung und in Gegenwart von 10 mM Cs + (Block). Dargestellt sind die Amplituden
zwischen -140 und 80 mV in 20 mV Schritten und die Differenz der Stromamplituden (grün).
136 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
In Gegenwart von K+ in der Badlösung kann bei -80 mV ein deutlicher Einwärtsstrom
in die Zelle gemessen werden, selbst in Gegenwart von Cäsium in der intrazellulären
Lösung. Bei -50 mV war dagegen ausschließlich ein deutlich geringerer Strom messbar.
Dieser Kalium-Einwärtsstrom könnte also bei einem Haltepotential von -80 mV bei der
Verkürzung der Verzögerung zwischen Öffnung der Fusionspore und der sypHu-
Fluoreszenzänderung (Kap. 4.7) eine Rolle spielen. Bei einem Haltepotential von -50 mV
hatte die Verzögerung einen ähnlichen Wert wie in Gegenwart von Cäsium in der
extrazellulären Lösung (Kap. 4.3). Eine Voraussetzung für eine solche Beteiligung des K ir-
Kanals an der Exozytose und der damit verbundenen Neutralisierung des Vesikelinneren
wäre das Vorhandensein von diesen Kanälen in der Vesikelmembran. Um dies zu
untersuchen wurden Experimente durchgeführt, bei denen der Strom über den
Einwärtsgleichrichter vor und nach der Exozytose von RBL-1 und RBL-2H3 Zellen gemessen
wurde. Dafür wurde zunächst in Gegenwart von Kalium in der Badlösung der Strom über den
Kir-Kanal gemessen und anschließend der Anstieg der Membrankapazität in Folge der
Exozytose. Nach Beendigung der Kapazitätsmessung wurde erneut der K ir-Strom gemessen.
Bei RBL-1 Zellen konnte in fünf Zellen neben der Zunahme der Membrankapazität ebenso
eine Zunahme der Stromamplitude bei -140 mV gemessen werden (Abb. 4-51). Diese
Zunahme betrug bis zu 39,7%. Im Mittel betrug die Zunahme des K ir-Stromes 17 ± 14%, bei
einer mittleren Zunahme der Membrankapazität von 722 ± 347 fF.
Abb. 4-51: Messung von K+-Strömen vor und nach Exozytose von RBL-1 Zellen. Während der
Messung nahm die Membrankapazität um 606 fF zu. Die Stromamplitude bei -140 mV betrug vor der
Exozytose 5,1 nA, nach der Exozytose 5,82 nA. Dies entspricht einer Zunahme von 14,4%.
I 137
Multiparametrische Messung der Exozytose
Bei einer Zelle wurde, trotz Zunahme der Membrankapazität von 1014 fF, keine Zunahme
des Stromes gemessen, sondern eine Abnahme um 23%.
Bei den RBL-2H3 Zellen konnte bei sieben Zellen eine Zunahme der Stromamplitude
bei -140 mV von bis zu 31,6 % gemessen werden. Im Mittel betrug die Zunahme
18,2 ± 12,6%, bei einer mittleren Kapazitätszunahme von 902,2 ± 825,3 fF (Abb. 4-52).
Allerdings konnte an zwei Zellen, wie bereits bei den RBL-1 Zellen, eine Abnahme der
Stromamplitude gemessen werden. Trotz Zunahme der Membrankapazität um 393,7 fF und
349,3 fF, nahm der Kir-Strom um 4,5 bzw. 23% ab.
Bei einem Großteil der gemessenen Zellen, sowohl bei RBL-1 als auch bei RBL-2H3,
konnte eine Zunahme der Stromamplitude zusammen mit dem Anstieg der
Membrankapazität gemessen werden (Abb. 4-53).
Abb. 4-52: Messung von K+-Strömen vor und nach Exozytose von RBL-2H3 Zellen. Während der
Messung nahm die Membrankapazität um 2703,5 fF zu. Die Stromamplitude betrug vor der Exozytose
2,14 nA, nach der Exozytose 2,81 nA (bei -140 mV). Dies entspricht einer Zunahme von 31,6%.
138 I
Multiparametrische Messung der Exozytose
Abb. 4-53: Zunahme der K+-Stromamplitude bezogen auf die Zunahme der Membrankapazität in
RBL-1 und RBL-2H3 Zellen. Bei fünf von sechs RBL-1 Zellen konnte eine Zunahme der
Stromamplitude bei -140 mV zusammen mit einem Anstieg der Membrankapazität gemessen werden.
Bei einer RBL-1 Zelle zeigte sich eine Abnahme der Stromamplitude. Bei RBL-2H3 Zellen konnte in
sieben von neun Fällen eine Zunahme der Stromamplitude gemessen werden, aber in zwei Zellen
eine Abnahme.
I 139
Diskussion
5 Diskussion
Exozytose ist ein essentieller Schritt bei der neuronalen Transmission, der
Hormonfreisetzung und anderen wichtigen sekretorischen Vorgängen. Die Fusion
sekretorischer Vesikel mit der Zellmembran wird durch hochspezialisierte Proteine vermittelt,
die den SNARE-Komplex bilden (Söllner et al. 1993). Die Fusion des Vesikels beginnt mit
der Öffnung der Fusionspore. Nach der vorherrschenden Hypothese wird danach der
zunächst azide luminale pH des Vesikels als Voraussetzung für die Dissoziation des
Transmitters von der vesikulären Matrix und damit für die Freisetzung des vesikulären
Inhaltes neutralisiert. Durch simultane, multiparametrische optische und elektrische
Messungen wurde in dieser Arbeit die Abfolge dieser Exozytoseschritte mit hoher zeitlicher
Auflösung analysiert. Aufgrund der mit diesen Versuchen erzielten Ergebnisse wird der
bisher beschriebene Ablauf der Exozytose in Frage gestellt und ein neues Modell d es
Exozytoseablaufs vorgeschlagen.
Da sekretorische Vesikel bei der Exozytose mit der Zellmembran fusionieren, ist
exozytotische Aktivität notwendig von einer Vergrößerung der Oberfläche der
Plasmamembran begleitet. Dies kann in einzelnen Zellen mit der Patch-Clamp Technik als
Zunahme der Membrankapazität gemessen werden (Neher und Marty 1982). Nach dem
Andocken des Vesikels an die Plasmamembran bildet sich als erste Schritt der
Exozytosereaktion zwischen Vesikellumen und Extrazellularraum eine Fusionspore. Da
diese Fusionspore eine elektrische Verbindung zwischen Vesikelinnerem und der Umgebung
der Zelle herstellt, trägt nun die Vesikelmembran zur Membrankapazität der Zelle bei. Die
Öffnung der Fusionspore wird durch den plötzlichen stufenartigen Anstieg der
Membrankapazität angezeigt. Durch ein wiederholtes Öffnen und Schließen der Fusionspore
kann es zu einem sogenannten Flackern in der Membrankapazität kommen, bevor sich die
Fusionspore irreversibel ausdehnt und eine permanente Verbindung etabliert wird. Dieses
Flackern der Fusionspore konnte auch in dieser Arbeit beobachtet werden ( Abb. 5-1). Ob die
Fusionspore, ähnlich wie ein Ionenkanal, aus Proteinen gebildet wird oder durch Hemifusion
aus Lipiden entsteht, wird aktuell diskutiert (Jackson und Chapman 2008).
Eine methodische Grundvoraussetzung für diese Arbeit war, mit Hilfe von Ganzzell-
Spannungsklemmableitungen einzelne exozytotische Ereignisse in den exozytotisch aktiven
Zelllinien RBL-1 und RBL-2H3 als abrupte, zeitlich definierte Anstiege der Membrankapazität
aufzulösen. RBL-Zellen gelten als mukosale Mastzell-Äquivalente und werden als besonders
geeignete Modellsysteme angesehen um grundlegende physikalische und molekulare
I 141
Diskussion
Abb. 5-1: Flackern der Fusionspore infolge der Fluktuation der Fusionspore. Gemessen in einer RBL-1
Zelle.
Mechanismen der Exozytose zu untersuchen (Maiti 1997, Williams et al. 1999, Williams und
Webb 2000), da sie optisch auflösbare Granula, eine robuste und reproduzierbare
Sekretionsphysiologie mit gut charakterisierten Signalwegen besitzen (Kuchtey und Fewtrell
1996, Field et al. 1997, Kim et al. 1997, Sheets et al. 1999).
Bei beiden Zelllinien konnte durch Stimulation der Exozytose mit GTPγS und freiem
Kalzium in der intrazellulären Lösung ein stufenförmiger Anstieg der Membrankapazität
ausgelöst werden (vgl. Kap.4.1, Abb. 4-2 und Abb. 4-3), wie er bereits bei anderen
Mastzellen bekannt war (Neher und Marty 1982, Breckenridge und Almers 1987,
Zimmerberg et al. 1987), wobei jede Stufe der Fusion eines einzelnen Vesikels entspricht
(Abb. 5-2).
Das Rauschen der Kapazitätsmessung, also die Standardabweichung des
Imaginärteils Im der Admittanz, bestimmt dabei die Auflösungsgrenze der Messungen. Sie
betrug bei den Messungen an RBL-2H3 Zellen 0,6 fF. Der kleinste Kapazitätsschritt, der bei
RBL-2H3 Zellen detektiert werden konnte, betrug 1,6 fF, liegt also deutlich über dem
Messrauschen. Kleinere Kapazitätsanstiege wurden nicht beobachtet. Nimmt man, wie
üblich, eine spezifische Membrankapazität von 1 µF/cm2 an, entspricht dieser kleinste Schritt
einem Vesikeldurchmesser von 0,2 µm. Die mediane Amplitude des einzelnen
Kapazitätsschritts lag in dieser Zelllinie bei 9,5 fF. Dies entspricht einem mittleren
Vesikeldurchmesser von 0,6 µm. Damit liegen die zu erwartenden Kapazitätsanstiege in
dieser Zelllinie deutlich über der Auflösungsgrenze. Diese Werte stimmen gut mit den
142 I
Diskussion
Abb. 5-2: Typischer stufenartiger Anstieg in der Membrankapazität als Folge der Fusion einzelner
Vesikel mit der Plasmamembran in einer RBL-1 Zelle.
Ergebnissen einer nach Beginn dieser Arbeit erschienen Studie überein, die an RBL-2H3
Zellen Kapazitätsschritte im Bereich von einigen 10 fF zeigte (Wang und Hilgemann 2008).
Die Gesamtmembrankapazität nahm bei RBL-2H3 Zellen während der Exozytose
durchschnittlich um 388,8 fF zu, und im Mittel fusionierten 32 Vesikel mit der
Plasmamembran.
Bei den RBL-1 Zellen betrug die Standardabweichung des Im-Signals im Mittel 1,5 fF.
Der kleinste gemessene Kapazitätsschritt hatte eine Amplitude von 13,4 fF, entsprechend
einem Vesikeldurchmesser von 0,9 µm. Die mittlere Amplitude eines einzelnen
Kapazitätsschrittes betrug hier 68,8 fF (Durchmesser von 1,5 µm). Die Granula der RBL-1
Zellen sind also signifikant größer als die der RBL-2H3 Zellen und die Kapazitätsschritte
liegen weit über der Auflösungsgrenze. Die Anstiegszeiten (10-90%) der Kapazitätsschritte
bei RBL-1 (Median: 5,1 ms) und RBL-2H3 (Median: 2,8 ms) waren dabei ebenfalls signifikant
unterschiedlich (KS-Test p < 0,001).
RBL-1 Zellen sezernieren während der Dialyse mit GTPγS und freiem Ca 2+ im
Durchschnitt nur 3,5 Vesikel. Trotzdem war der Anstieg der Gesamtmembrankapazität mit
373,2 fF ungefähr so groß wie der in RBL-2H3 Zellen. Obwohl also beide Zelltypen einen
deutlichen Unterschied in der Vesikelgröße aufweisen, beträgt die Gesamtfläche der durch
die Exozytose zur Zellmembran hinzugekommenen Membran in beiden Zelllinien ca.
380 µm2. Diese Übereinstimmung erklärt sich möglicherweise daraus, dass eine Begrenzung
der Ausweitung der Membranfläche notwendig ist, um die morphologische Integrität der Zelle
I 143
Diskussion
zu gewährleisten. So betont z.B. Uvnäs (Uvnäs 1977), dass die Degranulation von
Mastzellen kein zytotoxischer Prozess ist, dass diese dabei also nicht zugrundegehen,
sondern Stoffwechsel und Membranpotential aufrechterhalten und zu wiederholter
Degranulation fähig bleiben.
Wie zuvor von Miesenböck und Mitarbeitern beschrieben (Miesenböck et al. 1998),
konnte in dieser Arbeit die mit der Exozytose assoziierte Alkalisierung von sekretorischen
Granula in RBL-1 und RBL-2H3 Zellen mit Hilfe des pH-abhängigen Fluoreszenzmarkers
SynaptopHluorin (sypHu) beobachtet werden. Während der intrazellulären Perfusion mit
GTPγS und freiem Ca2+ erschienen in der bei Anregung der Fluoreszenz mit einer
Wellenlänge von 470 nm zunächst dunklen Zelle fluoreszierende Punkte. Die Lokalisation
dieser Punkte entsprach fluoreszierenden Punkten, die bei einer Anregungswellenlänge von
410 nm bereits in der ruhenden Zelle wahrgenommen werden konnten. In Übereinstimmung
mit dem Ergebnis der Admittanzmessung wurden in RBL-1 Zellen deutlich größere
fluoreszierende Vesikel beobachtet, als in den RBL-2H3 Zellen (Abb. 5-3). Dieser Befund
liefert einen wichtigen Hinweis darauf, dass der genetisch kodierte pH-Sensor sypHu in die
Population von Granula sortiert wurde, die auch das Kapazitätssignal während der
Exozytose lieferte.
Abb.5-3: Deutlicher Größenunterschied der fluoreszierenden Vesikel in den beiden Zelllinien, RBL-1
und RBL-2H3.
144 I
Diskussion
I 145
Diskussion
Abb. 5-4: Schema der Position des Fluoreszenzmarkers im Vesikel. Das pH-empfindliche
GFP-Moleküle (Sterne) ist an das luminale Ende des VAMP-Proteins gekoppelt. Daher liegt der
Fluoreszenzmarker direkt unterhalb der Vesikelmembran (modifiziert nach Budzinski et al. 2011).
Kapazitätsschritten und dem optischen Signal der luminalen Neutralisierung (Abb. 5-5),
wobei zu beachten ist, dass nicht für jeden Kapazitätsschritt auch ein korrespondierendes
Fluoreszenzsignal zu beobachten ist. Zwar wird in der Ganzzell-Spannungsklemme die
Kapazität der gesamten Zelle gemessen, jedoch können fluoreszierende Vesikel außerhalb
der Fokusebene liegen oder zu wenig sypHu exprimieren, um detektiert zu werden. Um die
zeitliche Korrelation zwischen beiden Ereignissen zu bestimmen, wurde ausgehend von
einem optischen Ereignis (Neutralisierung des luminalen pH) das zeitlich nächstliegende,
also am besten koinzidierende, elektrische Ereignis aufgesucht (Abb. 5-5). Die Latenz
zwischen der elektrischen und der optischen Signaländerung wurde dann bei gedehnter
Zeitachse genauer bestimmt (Abb. 5-6). Dabei zeigte sich, dass der einem optischen Signal
nächstliegende Kapazitätsschritt stets vor der Fluoreszenzänderung zu finden war. Nach
diesem Befund würde die Alkalisierung des luminalen pH-Wertes der Öffnung der
Fusionspore nachfolgen. Eine ähnliche Verzögerung zwischen der elektrisch ge messenen
Bildung der Fusionspore (Kapazitätsschritt) und Neutralisierung des luminalen pH wurde
auch von Barg et al. (2002) berichtet. Die Verteilung der so ermittelten Latenzen ist in
Abb. 5-7 A und B nochmals dargestellt.
An dieser Stelle wäre zu fragen, ob die hier ermittelten Daten auch mit der Hypothese
einer präexozytotischen Alkalisierung vereinbar wären. Unter präexozytotischer Alkalisierung
146 I
Diskussion
Abb. 5-5: Simultane Messung von Membrankapazität und sypHu-Fluoreszenz an einer RBL-1 Zelle.
Gute Korrelation zwischen den beobachteten Fluoreszenzänderungen und den Kapazitätsschritten in
der Im-Messspur der Admittanzmessung.
Abb. 5-6: Illustration der Festlegung des einem Fluoreszenzsignal zugehörigen Kapazitätssignals.
Nach dem Kriterium der Koinzidenz (geringste Latenz) geht die Kapazitätsänderung dem
Fluoreszenzsignal voraus ( Kap.-Fluor.). Wird die umgekehrte Sequenz (präexozytotische
Alkalisierung (Williams und Webb 2000)) als Prämisse vorausgesetzt, ergeben sich hier auch im Mittel
sehr viel längere Latenzen (Fluor.- Kap.).
I 147
Diskussion
verstanden Williams und Webb (2000), dass die Neutralisierung des Vesikellumens der
Öffnung der Fusionspore bzw. der Freisetzung von kleinmolekularen Substanzen aus dem
Vesikel vorausgeht. Wenn man diese Annahme zur Voraussetzung der Analyse macht und
also jeweils die Latenz zwischen einem optischen Signal und dem nächsten nachfolgenden
Kapazitätsschritt bestimmt erhält man die in Abb. 5-7 C und D gezeigten Verteilungen. Diese
weisen eine große Streuung auf und zeigen damit schon auf den ersten Blick eine geringere
zeitliche Korrelation der optischen mit den elektrischen Ereignissen, als die ohne die
Prämisse der präexozytotischen Alkalisierung allein nach dem Kriterium der Koinzidenz
bestimmten Latenzen (Abb. 5-7 A und B).
Abb. 5-7: Verteilung der Latenzen zwischen optischen und elektrischen Signalen bei RBL-1 und
RBL-2H3 Zellen. A,B: nach dem Kriterium der Koinzidenz ( Kap.-Fluor.), oder C,D: unter
Voraussetzung der Hypothese der präexozytotischen Alkalisierung ( Fluor.- Kap.). Die Verteilung in C
und D zeigt eine größere Streuung und damit eine schwächere zeitliche Korrelation, als die in A und B
dargestellten.
148 I
Diskussion
Ein weiteres, gewichtiges Argument für den Schluss, dass die Neutralisierung des
Lumens der Bildung der Fusionspore nachfolgt sind Beobachtungen an drei RBL-1 Zellen,
bei denen die Perfusion mit GTPγS und freiem Ca2+ ausweislich der Admittanzmessung nur
in der Fusion eines einzelnen, allerdings großen Granulums resultierte. Hier erfolgte die
Fluoreszenzzunahme jeweils mit deutlicher Verzögerung nach dem Kapazitätsanstieg
(Abb. 5-8).
Abb. 5-8: Beispiel für eine Messung an einer RBL-1 Zelle die lediglich einen einzelnen
Kapazitätsschritt aufweist. Dieser entspricht der Fusion eines einzelnen (elektrisch detektierten)
Granulums, dem die Fluoreszenzänderung nachfolgt.
I 149
Diskussion
RBL-2H3 Zellen zwar signifikant schneller an als in RBL-1 Zellen (KS-Test, p < 0,001), ist
aber im Median immer deutlich länger als die Belichtungszeit von 50 ms und genügt dem
Nyquist-Shannonschen Abtasttheorem (Kap. 4.3).
Auffällig ist, dass in einigen Experimenten das Fluoreszenzsignal abrupt anstieg
(Abb. 4-11 A und C, Abb. 4-44), während in anderen Fällen ein allmählicher, annähernd
sigmoider Anstieg beobachtet wurde (Abb. 4-15, Abb. 4-44), der, wenngleich durchgehend
das 3-Sigma Kriterium (Kap. 3.5.1) angewendet wurde, die Definition des Beginns des
Signals intuitiv als unsicher erscheinen ließ. Diese letzteren Fälle sind mit der Vorstellung
vereinbar, dass die Neutralisierung des Vesikellumens, wenn auch langsam, mit der Öffnung
der Fusionspore beginnt, und man insofern nicht von einer Latenz zwischen Öffnung der
Fusionspore und dem Beginn der Alkalisierung sprechen kann. Unzweifelhaft aber ist, dass
die Alkalisierung auch in diesen Fällen erst weit nach vollständiger Öffnung der Fusionspore
vollendet wird.
Abb. 5-9: Typische Änderung in der sypHu-Fluoreszenz aufgrund Neutralisierung des vesikulären
Lumens, gemessen an einer RBL-1 Zelle. Nach vollständiger Öffnung der Fusionspore (FP) (Ende
Flackern), Fluoreszenzänderung erst mit Verzögerung. Vor definiertem Beginn der
Fluoreszenzänderung (Mittelwert + 3-fache Standardabweichung, 3-Sigma Kriterium) bleibt
Fluoreszenz auf gleichem Niveau. Die Fluoreszenzzunahme selbst lässt sich über mehrere
Einzelbilder verfolgen.
150 I
Diskussion
Für die Beurteilung des Zeitpunkts der Bildung einer voll funktionsfähigen
Fusionspore ist die Detektion des exozytotisch freigesetzten Vesikelinhalts eine interessante
Alternative und Ergänzung zur Kapazitätsmessung. Dies allerdings nur dann, wenn diese
Detektion mit hoher Zeitauflösung möglich ist. Diese Bedingung erfüllen für leicht oxidierbare
Moleküle wie Katecholamine und Monoamine die Amperometrie oder zyklische Voltametrie,
d.h. der elektrochemische Nachweis der Oxidation an einer polarisierbaren Elektrode.
Insbesondere die Amperometrie ist geeignet, den Transport kleiner Moleküle aus dem
Vesikel mit hoher Zeitauflösung zu verfolgen und so den Zeitpunkt der irreversiblen Öffnung
der Fusionspore zu bestimmen. Als Elektroden wurden hier, wie auch meist in der Literatur,
Kohlefaserelektroden verwendet. Die Kombination von Kapazitätsmessungen mit
Amperometrie ist bereits seit Jahren gut etabliert und hat besonders an Mastzellen wichtige
Informationen über die Funktion der Fusionspore erbracht (Alvarez de Toledo et al. 1993,
Oberhauser et al. 1996). Auch an mit Serotonin beladenen RBL-2H3 Zellen konnten
erfolgreich amperometrische Messungen der Sekretion in Kombination mit
Kapazitätsmessungen durchgeführt werden (Kim et al. 1997, Mahmoud und Fewtrell 2001).
Die in dieser Arbeit gezeigten amperometrischen Messungen sind mit verschiedenen
methodischen Problemen behaftet. Insbesondere zeigen sie teils beträchtliches
Messrauschen, was zu Unsicherheiten bei der Bestimmung des Beginns des
amperometrischen Signals führte (Kap. 4.4). Dieses gegenüber der Literatur erhöhte
Messrauschen könnte zwei Ursachen haben. Zum einen bestanden während des gesamten
Verlaufs der experimentellen Arbeiten massive Produktionsprobleme beim Hersteller der
Kohlefaserelektroden, die sich v.a. auf unzureichende Abdichtung der die Kohlefaser
enthaltenden Glaspipette bezog. Hier wurde immer wieder das Eindringen von
Elektrolytlösung beobachtet, was eine Zunahme der Kapazität der Gesamtanordnung und
damit des Rauschens bedingt. Zum anderen war es für die optischen Messungen zur
Unterdrückung phototoxischer Effekte notwendig, der Messlösung Ascorbinsäure als
Radikalfänger zuzusetzen. Da Ascorbat ein ähnliches Redoxpotential wie Serotonin besitzt
(Tomita et al. 2005) ist wahrscheinlich, dass in Gegenwart von 5 mM Ascorbinsäure ein
beträchtlicher Hintergrundstrom mit entsprechendem Stromrauschen auftritt.
Grundsätzlich hängt die Detektion der Serotoninfreisetzung durch eine stationäre
Kohlefaserelektrode entscheidend von der Entfernung zwischen der Elektrode und der
Serotoninquelle ab. Grössere Entfernungen bewirken über die verlängerten Diffusionszeiten
eine Verkleinerung und Verlangsamung des Amperometriesignals. Dies kann dazu führen,
dass die Detektionsschwelle nicht mehr erreicht wird. Ähnlich wie bei der optischen Messung
kann also nicht jedem Kapazitätsschritt eine korrespondierende Amperometriestromspitze
zugeordnet werden. Diese methodenkritischen Erwägungen führen dazu, dass Aussagen,
I 151
Diskussion
die eine hochsensitive Detektion der Freisetzung erfordern, wie beispielsweise über die
Häufigkeit sog. Fußsignale (Chow et al. 1992, Alvarez de Toledo et al. 1993, Albillos et al.
1997, Dernick et al. 2003) trotz vereinzelter Beobachtungen (Abb. 5-9) aufgrund dieser
Messungen nicht möglich sind.
Die in dieser Arbeit vorgestellten amperometrischen Ableitungen sind jedoch von
ausreichender Qualität, um Schlüsse hinsichtlich des Zeitpunkts der sog. amperometrischen
Spitze, d.h. des Hauptanteils der Freisetzung nach erfolgter Aufweitung der Fusionspore zu
ziehen. Insbesonders waren bei simultanen Messungen von Kapazität und
Amperometriesignal (Kap. 4.4) die zeitlichen Beziehungen zwischen beiden Signalen mit den
Befunden in der Literatur konsistent. Der schnelle, gut detektierbare Anstieg der
Amperometriespitze begann jeweils unmittelbar nach der vollständigen Öffnung der
Fusionspore (z.B. Abb. 4-26, Abb. 4-28). Die amperometrischen Spitzen wiesen dabei die
aus der Literatur bekannte asymmetrische Form aus schnellem Anstieg und langsamen
Abfall auf (Abb. 5-10), die charakteristisch für die exozytotische Freisetzung aus einzelnen
sekretorischen Vesikel ist (Wightman et al. 1991). Als interessanter Nebenbefund ist
festzuhalten, dass Beladung der Granula mit Serotonin ausweislich der
Kapazitätsmessungen sowohl in RBL-1 wie in RBL-2H3 Zellen zu einer signifikanten
Zunahme des Vesikeldurchmessers führte (Kap. 4-4).
Abb. 5-10: Typische amperometrische Stromspitze gemessen an einer RBL-1 Zelle. Auf Grund einer
langsamen Freisetzung von Serotonin durch die flackernde Fusionspore geht der eigentlichen
Freisetzung ein Fußsignal voraus.
152 I
Diskussion
Um den Zeitpunkt des Protonenefflux aus dem Vesikel zu bestimmen, wurde in dieser
Arbeit in RBL-1 Zellen zusätzlich zu sypHu auch der protonensensitive ASIC1-Ionenkanal
überexprimiert. Tatsächlich konnte gezeigt werden, dass in so transfizierten Zellen einzelne
exozytotische Ereignisse mit einer Aktivierung des ASIC1-Kanals assoziiert waren. Dieser
Effekt ist als Ausdruck der Ansäuerung des Extrazellularraums durch den Ausstrom von
Protonen durch die Fusionspore zu interpretieren, da er gleichzeitig mit der optisch erlangten
Neutralisierung des Vesikellumens auftrat (Abb. 4-36).
Eine simultane Messung der Admittanz zur Bestimmung des Zeitpunkts der Öffnung
der Fusionspore war bei diesen Experimenten deshalb nicht möglich, weil der relativ kleine
ASIC1-abhängige Einwärtsstrom durch die grossen kapazitiven Ströme, die während der
Admittanzmessung fliessen, maskiert worden wäre. Es war jedoch möglich, die Öffnung der
Fusionspore simultan amperometrisch zu detektieren. Es zeigte sich erwartungsgemäß,
dass auch in diesen Experimenten dieser Schritt einige 100 ms vor der Neutralisierung des
Lumens bzw. des Protonenausstroms stattfand (Abb. 4-37).
5.5 Die Stellung der luminalen Alkalisierung in der Abfolge der Ereignisse bei der
Exozytose eines sekretorischen Vesikels
I 153
Diskussion
154 I
Diskussion
Granula insulinsezernierender Zellen, dass zwischen der Öffnung der Fusionspore und der
Alkalisierung des Vesikellumens eine Verzögerung besteht. In dem von diesen Autoren
vorgeschlagenen Erklärungsmodell ist die frühe Fusionspore so eng, dass Protonen aus
dem Vesikelinneren sie nicht passieren können. Erst nach einigen 100 ms ist die
Fusionspore protonengängig, wodurch es zu einer Neutralisierung des Vesikelinhaltes
kommt. Erst nach der Alkalisierung des Vesikellumens erfolgt die Freisetzung der
vesikulären Ladung, die eigentliche Exozytose.
Barg et al. (2002) halten an der präexozytotischen Alkalisierungshypothese in sofern
fest, als sie in ihrem Modell die Freisetzung des vesikulären Inhaltes an Mediatoren und
Peptiden als letztes Ereignis der Exozytose ansehen, das erst auftritt, nachdem der
Protonengradient durch die Fusionspore verloren gegangen ist.
Die hier besprochenen amperometrischen Messungen zeigen jedoch in Kombination
mit den simultan durchgeführten Kapazitäts- und Fluoreszenzmessungen, dass auch die
Freisetzung des kleinmolekularen Mediators Serotonin der Alkalisierung klar voraus geht,
nicht ihr folgt. Damit ist die Präalkalisierungshypothese auch in ihrer zweiten Form
(Alkalisierung findet nach Öffnung der Fusionspore aber vor der Freisetzung des
Transmitters/Mediators statt) für die hier untersuchten Zellen nicht haltbar.
Die von Barg et al. (2002) für die Verzögerung zwischen Kapazitätserhöhung und
Alkalisierung postulierte Impermeabilität der Fusionspore für Protonen scheint vor allem vor
dem Hintergrund unwahrscheinlich, dass die elektrisch detektierte Fusionspore unzweifelhaft
ionisch leitfähig ist. Dass zwar andere, viel weniger bewegliche Ionen, wie etwa K+ oder Cl-,
nicht aber H+ die Pore permeieren können, erscheint -auch aufgrund der doch beträchtlichen
Leitfähigkeit von mehreren 100 pS auch der frühen Porenstadien (Albillos et al. 1997)- nicht
glaubhaft.
Hinsichtlich der Sequenz von Ausbildung der Fusionspore und Alkalisierung des
Lumens stimmen die hier gezeigten Daten mit der Schlussfolgerung von Barg und
Mitarbeitern überein. Aufgrund der mit simultaner Admittanzmessung und sypHu-
Fluorometrie erhobenen Befunde, ist die Hypothese einer präexozytotischen Alkalisierung in
dem Sinne, dass die Alkalisierung vor der Ausbildung der Fusionspore erfolgen muss, klar
abzulehnen. Dies geschieht mit gegenüber den zitierten Befunden erhöhter Sicherheit, da
nicht nur die Alkalisierung sondern auch die Ausbildung der Fusionspore mit
Einzelvesikelauflösung detektiert wurde. Hierbei fand sich für RBL-1 Zellen eine
Verzögerung zwischen dem Kapazitätsschritt und der Alkalisierung von im Mittel 726 ms, bei
den RBL-2H3 Zellen betrug dieser Wert 320 ms. Es ist wichtig festzuhalten, dass diese
Verzögerung von der Ausbildung der stabilen Fusionspore, also nach dem Ende der
instabilen Flackerphase gemessen wurde. Während des z.T. über viele 100 ms anhaltenden
I 155
Diskussion
Flackerns der Fusionspore war in der vorliegenden Arbeit keinerlei Änderung des granulären
pH-Wertes detektierbar.
Barg et al. (2002) schlossen auf eine mittlere Verzögerung von 380 ms zwischen
Öffnung der Fusionspore und granulärer Alkalisierung bei Vesikeln von
insulinsezernierenden INS-1 Zellen, deren mittlerer Durchmesser 350 nm betrug. Mit einem
medianen Durchmesser von 548 nm waren die hier untersuchten Granula von RBL-2H3
Zellen etwas größer. Dennoch stimmen die gefundenen Verzögerungswerte unter
Berücksichtigung der unterschiedlichen experimentellen Ansätze recht gut überein.
Die abweichenden Resultate der rein optischen Messungen von Williams und
Webb (2000) erklären sich möglicherweise daraus, dass der Zeitpunkt der Exozytose
aufgrund des Flusses von Farbstoffen aus dem bzw. in das Granulum bestimmt wurde. Eine
solche indirekte Messung wird durch viele Faktoren beeinflußt. Nicht zuletzt ist die
Fluoreszenz z.B. des Carboxyfluoresceins selbst pH-abhängig, was die Detektion in einem
noch nicht vollständig alkalisierten Granulum erschweren könnte.
Geht man davon aus, dass eine selektive Impermeabilität der Fusionspore für
Protonen unwahrscheinlich ist, muss die Erklärung für die verzögerte Alkalisierung des
granulären Lumens darin liegen, dass die Protonen in ihrer Beweglichkeit durch Bindung an
Puffer eingeschränkt sind. Bereits Williams und Webb (2000) hatten diskutiert, dass in
Gegenwart von Histamin, Serotonin und einer polyanionischen Proteoglykanmatrix eine
extrem hohe Pufferkapazität des Granulums zu erwarten sei, die eine Alkalisierung nur auf
einer Zeitskala von Minuten erlauben würde.
Die hier dargestellten Messungen zeigen allerdings, dass Serotonin (und
wahrscheinlich auch Histamin) das Granulum unmittelbar nach Bildung der Fusionspore
verlässt. Desgleichen zeigen die Durchlichtsequenzen (Kap. 4.6.2, Abb. 4-40) eine ebenso
rasche Hydratisierung der Matrix, die demnach ebenfalls unabhängig von der Alkalisierung
erfolgt. Der Verlust von Serotonin, Histamin sowie die auf die Dekondensierung folgende
Freisetzung der solvatisierten Proteoglykane führen zu einem raschen Verlust dieser hohen
Pufferkapazität, wodurch die Alkalisierung des Granulums dann relativ schnell (innerhalb von
einigen 100 ms) erfolgen kann. Es wäre nach den in dieser Arbeit erhaltenen Ergebnissen
also nicht etwa die Alkalisierung des Lumens Voraussetzung für die Freisetzung des
Vesikelinhalts, sondern das genaue Gegenteil der Fall: der Vesikelinhalt stabilisiert den
granulären pH-Wert.
Vorstellbar ist, dass der saure pH-Wert des granulären Lumens während der
Mediator-Freisetzung erhalten bleiben muss, um die effektive Freisetzung der vesikulären
Ladung zu gewährleisten. In Versuchen mit schwachen Basen konnte, wie oben erwähnt,
156 I
Diskussion
gezeigt werden, dass eine Alkalisierung des luminalen pH zur Dissoziation der vesikulären
Matrix und dem Rückfluss von Transmittern aus dem Vesikel in das Zytosol der Zelle führt
(Sulzer et al. 1993, Rahamimoff und Fernandez 1997, Mundorf et al. 1999, Wightman et al.
2002). Mit der Alkalisierung des Vesikellumens geht also eine "retrograde" Leckage von
Transmittern und anderen Substanzen über die Vesikelmembran einher. Dies wirft die Frage
auf, ob bei einer sofortigen Neutralisierung des Vesikelinneren, wie von Williams und
Webb (2000) vorgeschlagen, die resultierende Leckage des Transmitters ins Zytosol nicht
die Freisetzung über die Fusionspore überwiegen würde. Wenn die Alkalisierung des
Vesikelinneren tatsächlich vor der Freisetzung des Inhaltes stattfindet, dann müsste die
Transmitterfreisetzung über die Fusionspore jedenfalls mit dem retrograden Transport über
die Vesikelmembran konkurrieren. Bei gleichzeitiger Freisetzung über die Fusionspore und
retrogradem Transport über die Membran könnte nicht sichergestellt werden, dass eine
ausreichende Transmittermenge das Vesikel über die Fusionspore verlässt, da die Fläche,
über die der retrograde Transport erfolgt, viel größer ist als die der Querschnittsfläche der
Fusionspore. Wird der pH im Inneren des Vesikels dagegen auch während der Freisetzung
konstant im sauren Bereich gehalten, so bleibt dem Transmitter nur der Weg über die
Fusionspore um das Vesikel zu verlassen. Die intrazelluläre Matrix würde in diesem Fall als
unbeweglicher Protonenpuffer agieren, der den Verlust von Protonen während der
Freisetzung kleinmolekularen Inhaltes verhindert, bis die Freisetzung in die extrazelluläre
Umgebung vollständig ist. Dadurch würde ein Rückfluss von Transmittern in das Zytoplasma
verhindert und eine effiziente Freisetzung des vesikulären Inhaltes gewährleistet (Abb. 5-11).
I 157
Diskussion
Abb. 5-11: Einfluss des vesikulären pH auf die Assoziation sekretorischer Produkte mit der
Vesikelmatrix. (A) Der saure pH im Inneren des Vesikels liefert die Energie, um Transmitter entgegen
ihres Konzentrationsgradienten aus dem Zytosol in das Vesikel zu transportieren. Durch die V-ATPase
werden Protonen (H+) in das Vesikel transportiert. Dadurch herrscht im Vesikel ein s aurer pH (ca.5,2).
Der vesikuläre Monoamintransporter (VMAT) nutzt die daraus resultierende Energie um Transmitter in
das Vesikel zu transportieren. (B) Kollabiert der luminale pH, diffundiert der Transmitter über den
VMAT zurück in das Zytosol (retrograder Transport). (C) Bleibt der luminale pH während der
Freisetzung dagegen stabil, dann kann der Transmitter das Vesikel ausschließlich über die
Fusionspore verlassen. Es tritt kein retrograder Transport auf.
158 I
Diskussion
Viele Neurotransmitter und Hormone sind organische Ionen, die eine Ladung tragen.
So sind z.B. Azetylcholin, Serotonin und Katecholamine bei physiologischem oder leicht
saurem vesikulären pH monovalente Kationen. Der Ausstrom solcher geladener Moleküle
durch die enge Fusionspore würde daher schnell die geringe Kapazität des Vesikels
aufladen. Aus diesem Grund wird ein Mechanismus benötigt, um diese Ladungsbewegung,
die mit dem Ausstrom der geladenen Transmitter verbunden ist, zu kompensieren und
dadurch eine schnelle, durchgehende Freisetzung durch die Fusionspore zu erlauben. Das
Vorhandensein von Kaliumkanälen in der Membran synaptischer Vesikel und anderer
neurosekretorischer Vesikel (Rahamimoff et al. 1988, Arispe et al. 1992, Woodbury 1995,
Yakir und Rahamimoff 1995, Yin et al. 2002, Ahdut-Hacohen et al. 2004, Krapivinsky et al.
2006) haben zu der Hypothese geführt, dass möglicherweise ein Einstrom von Kationen
durch Ionenkanäle in der Vesikelmembran während der Freisetzung erfolgt (Rahamimoff und
Fernandez 1997). In der intakten Zelle müssen während der Exozytose die fixen Ladungen
des Ionenaustauschgels, welches die intravesikuläre Matrix darstellt, durch Gegenionen
kompensiert werden. Diese Gegenionen müssen die gleiche Ladung aufweisen wie die
sekretorischen Produkte, die mit der Vesikelmatrix assoziiert sind. In Mastzellen besteht die
geladene Matrix aus einem Heparin-Proteoglykangel (Reggio und Palade 1978, Zanini et al.
1980, Stadler und Dowe 1982, Enerbäck et al. 1985, Seldin et al. 1985, Curran und Brodwick
1991) mit einer hohen Dichte negativer Ladungen. Diese fixen, negativen Ladungen werden
durch die gleiche Anzahl Ladungen der kationischen sekretorischen Produkte, wie Histamin,
Serotonin und Kalzium, kompensiert. Durch einen Ionenaustausch über die in der
Vesikelmembran vorhandenen Kanäle würden Kationen in das Vesikellumen einströmen.
Diese einströmenden Kationen könnten auf diese Weise die im Vesikel gelagerten
sekretorischen Produkte ersetzten und die Freisetzung durch die Fusionspore ermöglichen.
In RBL-Zellen wird ein Kaliumkanal, der Einwärtsgleichrichter-Kaliumkanal (Kir) in
hoher Dichte expremiert (Lindau und Fernandez 1986, McCloskey und Cahalan 1990, Lewis
et al. 1991, Mukai et al. 1992, Hasséssian et al. 1994, Bianchi et al. 1996, Scott et al. 1998,
Straube und Parekh 2002). Um Störungen durch diesen Kanal während der Messung der
Membrankapazität zu vermeiden, wurde dieser in den meisten in dieser Arbeit
durchgeführten Versuchen durch CsCl in der extrazellulären Lösung bzw. CsGlu in der
intrazellulären Lösung blockiert (McCloskey und Cahalan 1990, Artalejo et al. 1998,
Bakowski et al. 2003). In RBL-1 und RBL-2H3 Zellen konnte in dieser Arbeit durch
Spannungssprünge von -140 mV auf +80 mV ein Strom über den Einwärtsgleichrichter
gemessen werden, der sich durch CsCl in der extrazellulären Messlösung blockieren lässt
und damit als Kir-Kanal vermittelt identifizierbar ist. Um die in dieser Arbeit erhaltenen
Ergebnisse unter physiologischen Bedingungen zu bestätigen, wurde die simultane Messung
I 159
Diskussion
Abb. 5-12: Einwärtsgleichrichter-Kanal in der Zell- und Vesikelmembran als mögliche Quelle für
Gegenionen. Gegenionen werden benötigt, um die freiwerdenden negativen Ladung der Matrix zu
besetzen und dadurch die Freisetzung des Transmitters zu ermöglichen. Wird der Kanal durch
Cäsium in der extrazellulären Lösung blockiert, steht diese Quelle für Kationen nicht mehr zur
Verfügung. (EZR = Extrazellulärer Raum).
160 I
Diskussion
Ausgehend von den Ergebnissen in dieser Arbeit scheint die Exozytose wie folgt
abzulaufen (Abb. 5-13):
1. Öffnung der Fusionspore mit Herstellung elektrischer Kontinuität zwischen
granulärem Lumen und Extrazellularraum.
2. Freisetzung des vesikulären Inhaltes und Dekondensation der Matrix.
3. Ausstrom von Protonen über die Fusionspore und die Alkalisierung des
Vesikellumens.
Der Ausstrom von Protonen und die damit verbundene Alkalisierung des
Vesikellumens ist somit keine Vorbedingung für die Dissoziation von Serotonin und anderen
kleinmolekularen Substanzen von der intravesikulären Matrix und ihrer anschließenden
I 161
Diskussion
Abb. 5-13: (A) Bisheriges Modell des Ablaufs der einzelnen Exozytoseereignisse. Nach Öffnung der
Fusionspore kommt es zunächst zum Ausstrom der Protonen aus dem Vesikel und der damit
verbundenen Alkalisierung des Lumens. Dadurch kommt es zur Dissoziierung der Transmitter von der
Vesikelmatrix und zur Freisetzung. (B) Modell für den Ablauf der Exozytose, wie es sich aus den
Ergebnissen dieser Arbeit ergibt. Nach irreversibler Öffnung der Fusionspore beginnt die Freisetzung
des vesikulären Inhaltes. Anders als bisher angenommen, erfolgt die Alkalisierung des Lumens erst
mit Ende der Freisetzung.
162 I
Diskussion
5.8 Ausblick
In weiteren Experimenten sollte die Rolle von Kaliumionen im Ablauf der Exozytose
genauer untersucht werden. Warum verkürzt sich in Gegenwart von Kalium in der
extrazellulären Lösung die Verzögerung zwischen Membrankapazität und
Fluoreszenzzunahme? Dabei sollte untersucht werden, warum das Fehlen von Cäsium im
extrazellulären Medium zu einer Verkürzung der Latenz zwischen Freisetzung des
granulären Inhaltes und der Neutralisierung des luminalen pH führt und ob dabei der
Kir-Kanal eine Rolle spielt, worauf die Experimente bei einem Haltepotential von -50 mV
hinweisen. Darüberhinaus sollte versucht werden den Kir-Kanal mit anderen bekannten
Blockern wie z.B. Ba2+ oder Zd 7288 zu blockieren, um ihn so genauer zu spezifizieren. In
diesem Zusammenhang muss auch überprüft werden, ob GTPγS tatsächlich den Kir-Kanal
blockiert, und, wenn das der Fall ist, ob Kalium über einen anderen Kanal in das Granulum
gelangt, der ebenfalls von Cäsium blockiert wird. Kalium könnte als Gegenion zu Serotonin
dafür sorgen, dass dieses das Vesikel schneller verlassen kann, und somit die
Neutralisierung des Lumens beschleunigt. Um dies genauer zu untersuchen, müsste mehr
über die Kanäle in der Vesikelmembran bekannt sein. Das heißt: welche Kanäle befinden
sich in der Vesikelmembran und was für eine Rolle spielen sie während der Exo zytose? In
letzter Zeit wurden dazu auch schon einige proteomische Untersuchungen in zymogenen
Granula durchgeführt und die dort zu findenden Proteine analysiert (Rindler et al. 2007,
Gómez-Lázaro et al. 2010). Neben verschiedenen Transportern und ATPasen konnten auch
zwei Kaliumkanäle nachgewiesen werden. Um die Kanäle in der Vesikelmembran genauer
zu untersuchen wäre es auch von Vorteil, wenn man Patch-Clamp Messungen an isolierten
Granula von RBL-Zellen durchführen könnte. Dafür wäre es notwendig, die Vesikel mit Hilfe
von Ultraschallbehandlung unbeschädigt aus der Zelle zu erhalten. Durch die Aktivierung
bzw. das Blockieren der in der Vesikelmembran vorhandenen Kanäle könnte so mehr über
die an der Freisetzung beteiligten vesikulären Ionenkanäle in Erfahrung gebracht werden.
Dadurch könnte das Verständnis der einzelnen Exozytoseschritte und der Exozytose im
Ganzen erweitert werden. Messungen isolierter Vesikel wurde an zymogenen Granula aus
dem Pankreas durchgeführt (Kelly et al. 2005). In dieser Studie konnten zwei Chloridkanäle
(CLC-2 und CLC-3) sowie ein Kaliumkanal (IRK-8/Kir6.1) nachgewiesen werden. Wenn ein
solches Experiment auch mit Granula aus RBL-Zellen gelänge, könnte auch hier das
Vorhandensein verschiedener Kanäle direkt bestimmt werden.
Darüber hinaus ist es notwendig auch die vesikuläre Matrix und ihre Eigenschaften
als Polymernetzwerk und Puffersystem genauer zu untersuchen. Auch hier ist die Rolle von
Kanälen und Transportern genauer zu bestimmen, die den pH im Vesikel aufrechterhalten.
Außerdem sollte die multiparametrische Messung der Exozytose weiter verbessert werden.
Um genauere Untersuchungen der Vesikelfusion zu erlauben, könnte ein zusätzlicher
I 163
Diskussion
164 I
Zusammenfassung
6 Zusammenfassung
I 165
Zusammenfassung
das Vesikel erst nach der Freisetzung von Serotonin verlassen. Die Sequenz der einzelnen
Exozytoseschritte, wie sie sich in dieser Arbeit darstellen, unterscheidet sich somit vom
bisherigen Modell des Exozytoseablaufs. Im bekannten Modell erfolgt zunächst die
Alkalisierung des vesikulären Lumens. Dadurch kommt es zur Dissoziation der
sekretorischen Substanzen von der vesikulären Matrix und danach erfolgt die Freisetzung. In
dieser Arbeit konnte dagegen gezeigt werden, dass unmittelbar nach der stabilen Öffnung
der Fusionspore die Freisetzung von Serotonin aus dem Vesikel erfolgt, während die
Neutralisierung des Lumens und der damit verbundene Ausstrom von Protonen aus dem
Vesikel der letzte Schritt in der Exozytose ist.
166 I
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Konferenzbeiträge
8 Konferenzbeiträge
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I 189
Anhang
Anhang
A.1 Plasmidkarten
A B
Abb. A-1: Schema der Plasmide in denen DNS für sypHu und ASIC1-Kanal eingebaut war.
(A) Promega pCI neo (B) Invitrogen pcDNA3.1
A.2 Transfektionsmethoden
JetPEITM
Zunächst wurde versucht, die Zellen mit dem Transfektionsreagenz jetPEITM (Source
BioScience LifeSciences, Berlin, Deutschland) zu transfizieren. Hierzu wird das jetPEITM
Transfektionsreagenz zusammen mit der DNS inkubiert. Das Gewichtsverhältnis von
Transfektionsreagenz und DNS beträgt dabei 3 µg/1mg. Nach 30 min wird der jetPEITM-DNS
Komplex auf die adherenten Zellen in den Schälchen gegeben (Abb. A-2A).
Elektroporation
Eine weitere verwendete Methode war die Elektroporation, bei der ein kurzer
Spannungspuls an die Zellen angelegt wird. Durch die so entstehenden Poren in der
Zellmembran gelangt die DNS in die Zelle. Die Elektroporation wurde mit zwei
verschiedenen Apparaturen durchgeführt. Der Nucleofector (Nucleofector TM2b, Lonza Ltd.,
Basel, Switzerland) elektroporiert die Zellen in Suspension. Hierzu werden Zellen trypsiniert
und in eine Küvette überführt. In 100 µL Nucleofectionslösung werden 2 µg DNS gegeben.
I 191
Anhang
Die Nucleofectionslösung wird dann zusammen mit der DNS in die Küvette mit der
Zellsuspension gegeben. Die Küvette wird im Nucleofector positioniert und das für die
Zelllinie optimierte Nuclefections-Programm gestartet. Für RBL-Zellen empfiehlt Lonza das
Programm T-030, dessen Parameter als Betriebsgeheimnis nicht bekannt sind. Dieses
Programm wurde bei allen Transfektionsversuchen mit dem Nucleofector durchgeführt
(Abb. A-2B). Nachteil der Nucleofector-Methode ist, dass diese nur an in einer Küvette
suspendierten Zellen, d.h. nicht adherenten Zellen, durchgeführt werden kann. Nach der
Elektroporation werden die Zellen auf Glasbodenschälchen ausgesät.
Abb. A-2: (A) Transfektion mit jetPEITM. Das jetPEITM-Transfektionsreagenz wird zusammen mit DNS
für 30 min inkubiert und auf die Zellen gegeben. Anchließend werden die Zellen bei 37° für 24-48 h
inkubiert. (B) Nuclefection mit Lonza Nucleofector TM. Zellen werden in Suspension zusammen mit
Nucleofections-Lösung und DNS in Küvette gegeben. Die Küvette wird in den Nucleofector überführt
und die Elektroporation erfolgt mit einem von der Firma Lonza empfohlenen Programm.
192 I
Anhang
Zunächst wird mittels dem 3 - Kriterium der Startpunkt des Fluoreszenzsignals bestimmt
(roter Punkt)
Ausgehend von diesem Punkt wird der entsprechende Punkt auf der elektrischen Messspur
gesucht (gestrichelte Linie)
I 193
Anhang
Das nächste Kapazitätsereignis davor, ist dann die der Fluoreszenzänderung entsprechende
Fusionsporenöffnung (gepunktete Linie)
Die Verzögerung ist dann die Strecke zwischen diesen beiden Punkten auf der
Kapazitätsmessspur
194 I
Danksagung
Danksagung
Die vorliegende Arbeit entstand am Institut für Physiologie II der Universität Freiburg.
An dieser Stelle möchte ich all denen danken, die zum Gelingen der Arbeit beigetragen
haben.
Prof. Jan C. Behrends hat mir die Bearbeitung dieses Themas ermöglicht. Für die
sehr gute Betreuung und sein stetes Interesse an meiner Arbeit bin ich ihm zu
außerordentlichen Dank verpflichtet.
Prof. Ad Aertsen möchte ich für die freundliche Übernahme dieser Doktorarbeit an
der Fakultät für Biologie danken und für zahlreiche Diskussionen und Anregungen, die zum
Gelingen dieser Arbeit beitrugen.
Prof. Stefan Gründer und Prof. Gero Miesenböck danke ich für das freundliche zur
Verfügung stellen der DNS für den ASIC1 Ionenkanal bzw. der DNS für den
Fluoreszenzmarker synaptopHluorin.
Prof. Josef Bischoffberger und Prof. Nikolaj Klöcker danke ich für hilfreiche
Diskussionen und Ratschläge.
Dr. Nadine Harmel danke ich für die Herstellung der lentiviralen Vektoren, die ich für
die Transfektion der Zellen benötigte.
Monika Mack-Vetter möchte ich für ihre Hilfe bei der Zellkultur und alltäglichen
Laboraufgaben danken.
Jonas Sauer danke ich für die Hilfe bei der Anfertigung der konfokalen Aufnahmen.
Ein besonderer Dank geht an meine Mitdoktoranden, sowie allen Mitarbeitern des
Instituts für die außerordentlich gute Zusammenarbeit. Diese Arbeit wäre ohne ihre Hilfe
nicht möglich gewesen wofür ich mich bei allen bedanken möchte. Insbesondere danke ich
meinen Kollegen in der AG Behrends, Juan del Rio Martinez und Dr. Gerhard Baaken, für
die motivierte Arbeitsatmosphäre, ihre stetige Hilfsbereitschaft, konstruktive Kritik und nicht
zuletzt das tägliche Gelächter.
Tina Steinbrecher, Christian Dethloff und Edith Steinbrecher möchte ich für ihre
tatkräftige Unterstützung und das sorgfältige Korrekturlesen dieser Arbeit danken.
Nicht zuletzt möchte ich mich bei meinen Geschwistern und bei meinen Eltern
danken, die mich in jeglicher Hinsicht unterstützt haben.
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