Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
DOKTOR-INGENIEUR
verlegt von
Michael Herr
Erlangen - 2002
Als Dissertation genehmigt von
der Technischen Fakultät der
Universität Erlangen-Nürnberg
INHALTSVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG.......................................................................................................................... 1
4 EXPERIMENTELLE METHODEN................................................................................... 40
5 ERGEBNISSE........................................................................................................................ 66
6 DISKUSSION....................................................................................................................... 100
7 ZUSAMMENFASSUNG..................................................................................................... 130
10 LITERATURVERZEICHNIS............................................................................................ 142
1 Einleitung 1
1 Einleitung
Der Verbundwerkstoff Hartmetall kombiniert die hohen Härten spröder, nicht oxidischer
Hartstoffe (Vickershärte > 1000 HV) mit der Zähigkeit relativ weicher sogenannter Bin-
demetalle. Die Herstellung erfolgt über pulvermetallurgische Verfahren in Verbindung mit
Flüssigphasensintern, wobei das Bindemetall im schmelzflüssigen Zustand vorliegt. Der
Hauptbestandteil eines Hartmetalls ist die Hartstoffphase, die in Form von spröden metalli-
schen Kristalliten (Körnern) im Idealfall homogen in einer weichen, duktilen metallischen
Matrix (Binder) verteilt ist. Hartmetalle, die Binderlegierungen aus den Metallen Eisen
(Fe), Nickel (Ni), Kobalt (Co) besitzen, werden als Hartmetalle mit Komplexbindersyste-
men bezeichnet. Als Hartstoff, der im gesinterten Zustand die Hartstoffphase bildet, wurde
im Rahmen dieser Arbeit ausschließlich Wolframkarbid (WC) verwendet. Als Binder
dienten die Elemente der Eisengruppe (Gruppe VII. im Periodensystem), wobei dem Ko-
balt (Co) die größte Bedeutung zukommt [Sche88].
Die technisch relevanten Eigenschaften von Hartmetallen sind ihre hohe Härte, be-
gründet durch den hohen Hartstoffphasenanteil und ihr hoher Verschleißwiderstand. Im
Vergleich zu anderen harten Werkstoffen zeigen Hartmetalle neben der hohen Härte auch
eine sehr hohe Druckfestigkeit und eine hohe Biegefestigkeit. Daher liegt das Hauptan-
wendungsgebiet von Hartmetall in der spanabhebenden Bearbeitung von Holz, Kunststoff
und verschiedensten Metallen [Broo96, Sche88]. Hier werden Hartmetalle als Schneid-
werkstoff in Form von Schneidmessern oder Wendeschneidplatten mit verschiedensten
Geometrien eingesetzt. Beim Schneidvorgang wird die Schneidkante einer komplexen Be-
anspruchung, bestehend aus statischen Belastungen, zyklisch wechselnden Belastungen
und Beanspruchungen hinsichtlich Verschleiß ausgesetzt. Bezüglich der Metallbearbeitung
werden diese Beanspruchungen zusätzlich durch hohe Temperaturen überlagert bzw. ge-
steigert.
Insbesondere bei der Bearbeitung von trockenem Holz ist der Verschleiß an der
Schneidkante des Hartmetallschneideinsatzes (Schneidmesser) der dominante Schädi-
gungsmechanismus, da die Bearbeitunsgeschwindigkeiten während des Schneidprozesses
von Holz sehr hoch sind [Feld88]. Um den Verschleißprozeß zu minimieren, wurden die
im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Hartmetallschneidstoffe hinsichtlich ihrer WC-
Korngröße, ihrer Binderzusammensetzung und -konzentration variiert. Dabei wurde ange-
strebt, Hartmetalle mit möglichst kleiner WC-Korngröße und geeigneten Fe-reichen Kom-
plexbindersystemen herzustellen.
Hinsichtlich der WC-Korngröße ist nach Einführung der Hartmetalle in den zwanziger
Jahren kaum Forschungsarbeit geleistet worden. Im Vordergrund stand zunächst nur die
2 1 Einleitung
re Hartmetalle mit Co-Bindern (Kap. 3.2). Diese Tatsache war der Grund einige Fe-reiche
Komplexbindersysteme in dieser Arbeit zu untersuchen. Ein weiterer interessanter Aspekt
der Fe-reichen Komplexbindersysteme ist die Möglichkeit einer zusätzlichen Härtung der
Binderphase durch Wärmebehandlung.
4 2 Aufgabenstellung und Zielsetzung
Die heute in der Holz zerspanenden Industrie verwendeten, nach steigendem Verschleiß-
widerstand angeordneten Schneidstoffe sind Chromstähle, Schnellstähle (HSS), Tantung
(Fe/Cr/W/C-Stellit-Legierungen), Hartmetalle und der polykristalline Diamant (PKD)
[Maie00]. Aufgrund der höheren Zähigkeit und Biegewechselfestigkeit besitzen Chrom-
stähle, HSS und Stellite trotz geringerem Verschleißwiderstand und geringer Härte eine
Bedeutung in der Holzbearbeitung. Die Forderung an einen Schneidwerkstoff, hohe Härte
mit gleichzeitig hoher Festigkeit und Zähigkeit zu vereinen, wird durch das Eigenschafts-
profil der Hartmetalle am besten erfüllt, weshalb Hartmetall in der Holzverarbeitung der
am meisten verwendete Schneidwerkstoff ist [Maie00].
Verschleiß an der Schneidkante ist der dominante Schädigungsmechanismus eines
Hartmetall-Schneideinsatzes (Schneidmessers), der zur Bearbeitung von trockenem Holz
eingesetzt wird. Daher ist es von großer Wichtigkeit, das Verschleißverhalten entsprechen-
der Schneideinsätze zu charakterisieren. Dies kann zum einen durch aufwendige Stand-
wegversuche in der Praxis geschehen oder mittels eines Laborexperiments, das mit ver-
gleichsweise geringem Aufwand durchgeführt werden kann. Entscheidend für Laborexpe-
rimente, die das Verschleißverhalten von Werkstoffen wie z. B. Hartmetalle charakterisie-
ren sollen, ist die Einhaltung folgender Punkte [Feld76/1]:
Ein bedeutender Parameter des tribologischen Systems (tribos = griech., reiben; die „Rei-
bungslehre“ (Kap. 3.3)), das sich während des Holzschneideprozesses ergibt, sind hohe
Schnittgeschwindigkeiten (60 - 100 m/s) [Feld88] bzw. hohe Relativgeschwindigkeiten
zwischen rotierendem Messerkopf und kontinuierlich zugeführten Holzprofilen. Die Kon-
sequenz dieser hohen Geschwindigkeiten ist, daß im Holz eingeschlossene Mineralpartikel
und abgehende Holzspäne wie harte Körner wirken, die auf der Oberfläche des Schneid-
messers Furchungsverschleiß (Abrasivverschleiß (Kap. 3.3.2)) hervorrufen [Feld88]. Diese
Tatsache und die Forderungen an einen Verschleißversuch (Punkte 1. bis 3.) waren aus-
schlaggebend für einen, im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Verschleißprüfstand, der
einen 3-Körper-Abrasiv-Verschleiß (Teilchenfurchung, Kap. 3.3.2) an Hartmetallen er-
möglicht. Der entwickelte Prüfstand ist eine Kombination und Weiterentwicklung der
ASTM Standards G65 und B611-85.
2 Aufgabenstellung und Zielsetzung 5
Die vorliegende Arbeit entstand in Anlehnung an ein Projekt, gefördert durch die
Bayerische Forschungsstiftung mit dem Titel: „Erforschung und Entwicklung eines
Schneidstoffs auf der Basis feiner und extrem feiner Vormaterialien für die Holz und
Kunststoffbearbeitung“. Resultierend sind Hartmetallschneidstoffe auf der Basis von WC
als Hartstoffphase mit WC-Korngrößen zwischen 0,18 µm und 0,32 µm, in Verbindung
mit Co-Bindern sowie Fe-reiche Komplexbindersystemen. Derartige Hartmetalle sind im
Hinblick auf ihre WC-Korngröße als ultra-feinkörnig zu bezeichnen [Spri95]. Eine No-
menklatur der Hartmetalle in Bezug auf ihre WC-Korngröße findet sich in Kap. 3.1.
Ziel dieser Arbeit war es, diese Schneidwerkstoffe hinsichtlich ihres Verschleißver-
haltens nach den oben aufgeführten Kriterien für einen Verschleißversuch zu charakterisie-
ren. Weiterhin sollte das Verschleißverhalten mit mikrostrukturellen Parametern und ver-
schiedenen Komplexbindersystemen korreliert werden, um Verbesserungsvorschläge in
Bezug auf die Werkstoffoptimierung herzuleiten. Es wurde angestrebt, Verschleißmecha-
nismen mit Hilfe der Zusammenhänge zwischen Verschleißverhalten, mikrostrukturellen
Analysen und Parametern, sowie physikalischen Messungen an verschlissenen Proben zu
beschreiben.
Neben der Verschleißbeanspruchung unterliegen Hartmetallschneidmesser in der
Holzbearbeitung einer Vielzahl mechanischer Belastungen, wie z. B. der zyklisch wech-
selnden Belastung. Die Charakterisierung der mechanischen Eigenschaften der angespro-
chenen Schneidwerkstoffe wurde im Rahmen einer parallel entstandenen Arbeit von
[Sail01] durchgeführt.
6 3 Grundlagen und Kenntnisstand
Wie bereits beschrieben, stellt die Hartstoffphase den Hauptbestandteil eines Hartmetalls
da. Im Idealfall ist sie in Form von spröden metallischen Kristalliten (Körnern) homogen in
einer relativ weichen, duktilen, metallischen Matrix (Binder) verteilt. Als Hartstoff, der im
gesinterten Zustand die Hartstoffphase bildet, wird in dieser Arbeit ausschließlich WC be-
trachtet. In Abhängigkeit von der Binderkonzentration (Binderinhalt) und der WC-
Korngröße kommt es zur Ausbildung einer sogenannten Skelettstruktur der Hartstoffphase.
Je stärker diese Skelettstruktur, die über die Kontiguität definiert ist [Gurl58], ausgeprägt
ist, umso höher ist die Härte des Hartmetalls. Wenn die Hartstoffphase nur noch dispersiv
in der Matrix verteilt ist, fallen sowohl die Festigkeit, die bei einem bestimmten Skelettie-
rungsgrad ein Maximum zeigt, als auch die Härte ab [Gurl55].
Unter ultra-feinkörnigen Hartmetallen versteht man laut [Spri95] Hartmetalle mit WC-
Korngrößen (LWC) im gesinterten Zustand von 0,1 - 0,5 µm. Die Nomenklatur der Hart-
metalle in Bezug auf die WC-Korngröße ist in der derzeitigen Literatur nicht eindeutig
definiert und wird sich mit fortschreitender Gefügeverfeinerung ändern. Die vorläufige
Nomenklatur ist aus Tab. 1 ersichtlich.
Abb. 1 zeigt den Vergleich der Gefügestruktur zwischen einem ultra-feinkörnigen und ei-
nem konventionellen WC/Co-Hartmetall. Beide Hartmetalle besitzen einen gleichen Bin-
derinhalt von 10 Gewichtsprozent (Gew.%). Die einzelnen Phasen sind deutlich als unter-
schiedliche Gefügebestandteile erkennbar (Abb. 1). In dieser Arbeit werden ausschließlich
Hartmetalle mit 2 Phasen untersucht. Abbildungen der Mikrostruktur mittels Rasterelek-
tronenmikroskop (REM) zeigen, aufgrund von verschiedenen Ordnungszahlen, die Hart-
stoffphase (α-Phase) mit hohe Ordnungszahl als helle Gefügebestandteile, die Binderphase
(β-Phase) mit niedriger Ordnungszahl als dunkle Gefügebestandteile (Abb. 1). Der typi-
sche Gefügeaufbau eines Hartmetalls im Querschliff zeigt drei- und viereckige Hartstoff-
körner ohne Einschlüsse und ist sowohl in ultra-feinkörnigen Hartmetallen wie auch in
konventionellen Hartmetallen zu beobachten (Abb. 1). Primär liegt der Unterschied zwi-
schen den betrachteten Hartmetallen in der erheblich kleineren WC-Korngröße des ultra-
feinkörnigen Hartmetalles. Die Konsequenz aus einer kleinen WC-Korngröße ist eine er-
heblich größere Oberfläche der kleineren WC-Körner, die während der Sinterung von der
Binderphase zu benetzen sind. Daher zeigen feinkörnige Hartmetalle bei gleichen Binde-
rinhalten deutlich kleinere mit Binder gefüllte Bereiche zwischen den Karbiden der Hart-
stoffphase (Abb. 1). Die mittleren Abstände zwischen den WC-Körner, die durch den Bin-
der getrennten werden, werden als freie Binderweglängen (LBi) bezeichnet.
Die WC-Phase liegt in einer dichtest gepackten hexagonalen Struktur (hdp) vor. Im
Vergleich zu anderen harten Karbiden (TiC, TaC, NbC) zeigt WC einen relativ hohen E-
Modul von 696 Gpa. Der metallische Bindungscharakter des WC ist verantwortlich für die
vergleichsweise hohe elektrische Leitfähigkeit, die hohe Wärmeleitfähigkeit und die her-
vorragende Benetzbarkeit durch schmelzflüssige Metalle wie z. B. Co [Sche88]. Die Mi-
krohärte des WC-Einkristalls liegt wegen der starken anisotropen Kristallstruktur zwischen
1300 und 2300 HV0,05 [Engq00]. Aufgrund von verschiedenen Wärmeausdehnungs-
8 3 Grundlagen und Kenntnisstand
koeffizienten steht die WC Phase nach der Sinterung unter Druckeigenspannungen und die
Binderphase unter Zugeigenspannungen [Sched88]. Resultierend zeigen konventionelle
Hartmetalle Versetzungen in beiden Phasen im gesinterten Zustand. Feinkörnige Hartme-
talle hingegen zeigen eine deutlich geringere Versetzungsdichte in ihren WC-Körnen
[Jia98] (Begründung in Kap. 3.1.1).
Die Eigenschaften der Binderphase sind stark durch den Herstellungsabschnitt der
Sinterung geprägt und werden daher in Kap 3.1.2 unter Punkt 6.) diskutiert.
2000 4500
Härte HV30
1900 4000
Biegefestigkeit
1800
Biegefestigkeit [N/mm2]
3500
1700
Härte HV30
3000
1600
2500
1500
2000
1400
1300 1500
1200 1000
0 1 2 3 4 5 6 7
WC-Korngröße [µm]
Diese Tatsache durchbricht eine alte Faustregel der Hartmetalltechnologie, die besagt,
daß „eine Härtezunahme mit einer Abnahme der Festigkeit und Zähigkeit erkauft werden
muß“ [Kola93]. Nach [Kola93] wird diese Faustregel von Hartmetallen mit 6 Gew.% Co-
Binder ab einer WC-Korngröße < 2 µm durchbrochen, weil es zu einem Anstieg der Fe-
stigkeit kommt (Abb. 2). Abb. 3 zeigt den typischen Abfall der Bruchzähigkeit mit anstei-
gender Härte in Abhängigkeit von der WC-Korngröße. Eine Steigerung der Härte wurde in
Abb. 3 durch kleinere WC-Körner sowie durch einen höheren Hartstoffphasenanteil bei
gleichen WC-Korngrößen erzielt. Deutlich zeigt sich der positive Einfluß von kleinen WC-
Korngrößen auf die Bruchzähigkeit. Trotz sehr hoher Härte von 2300 HV10 zeigt sich eine
nahezu konstante Bruchzähigkeit von 5 - 7 MNm-3/2.
25
0,4 µm
0,8 - 1,1 µm
20
1,2 - 1,4 µm
K IC [MNm-3/2]
1,9 - 2,4 µm
15
3,2 µm
6 µm
10
0
500 1000 1500 2000 2500
Härte HV10
Zunächst soll auf die Ursache für die vergleichsweise hohe Härte feinkörniger Hart-
metalle eingegangen werden: Da die Härte oftmals in enger Beziehung zum Verschleißwi-
derstand steht, ist sie eine technisch relevante Eigenschaft von hoher Bedeutung. Die hohe
Härte ultra-feinkörniger Hartmetalle ist nach [Jia98] u. a. auf eine erhöhte Festigkeit und
Härte der Binderphase zurückzuführen. Im Vergleich zu konventionellen Hartmetallen
zeigen ultra-feinkörnige Hartmetalle einen höheren Anteil von C- und W-Atomen, die in
der Binderphase in Lösung gegangen sind (Begründung: Kap 3.1.2; Punkt 6.)). Die erhöhte
Löslichkeit bewirkt zum einen eine Erhöhung des Verhältnisses aus kfz-/ hdp-Kobalt im
Binder (kfz = kubisch flächenzentriert), sowie eine erhöhte Mischkristallhärtung der Bin-
derphase [Jia98]. Beide Modifikationen führen zu einer Stärkung der Binderphase hin-
sichtlich Härte und Zähigkeit, was sich makroskopisch im Eigenschaftsprofil ultra-
feinkörniger Hartmetalle äußert. In Bezug auf die Binderphase gilt allgemein, daß bei Riß-
ausbreitung im Hartmetall 80 % der Bruchenergie von der Binderphase durch plastische
10 3 Grundlagen und Kenntnisstand
Verformung (Ligamentbildung) dissipiert wird [Sigl86]. Diese Aussage bestätigt, daß ins-
besondere Modifikationen der Binderphase (kfz / hdp-Verhältnis, Mischkristallhärtung) die
mechanischen Eigenschaften von Hartmetalle bedeutend beeinflussen können.
Eine weiterer Möglichkeit die hohe Härte sowie die hohe Festigkeit von feinkörnigen
Materialien im allgemeinen zu beschreiben ist die Hall-Petch Beziehung, die eine Steige-
rung der Härte (H) und Festigkeit proportional zur inversen Wurzel der Korngröße (d) be-
schreibt (Abb. 4). Für Korngrößen von 1 - 100 µm liefert die Beziehung sinnvolle Ergeb-
nisse [Nieh91]. Extrapolationen zu extrem feinen Körnern und experimentelle Befunde
haben gezeigt, daß der Hall-Petch Mechanismus nur bis zu einer kritischen Korngröße (dc)
angewendet werden kann [Nieh91] (Abb. 4). Unterhalb dieser Korngröße wird von einem
inversen Hall-Petch Effekt gesprochen, was eine Abnahme der Härte und der Festigkeit
mit kleiner werdender Korngröße bedeutet. Als Wert für dc wird von [Koch00] 10 - 20 nm
angenommen.
Abb. 4: Schemabild: Härte und Festigkeit in Abhängigkeit von der Korngröße (d)
[Nieh91].
Gründe für das Versagen des Hall-Petch Beziehung ab einer kritischen Korngröße dc sind
neben dem Überschreiten der theoretischen Festigkeit, das Versagen der Versetzungsme-
chanismen, auf denen die Beziehung beruht:
Der Hall-Petch Mechanismus basiert auf der Aufstauung von Versetzungen mit glei-
chem Vorzeichen (Versetzungen, die nicht annihilieren können) an den Korngrenzen wäh-
rend eines plastischen Verformungsprozesses. Diese Versetzungen unterliegen einer repul-
siven Wechselwirkung, sie können sich also nur bis zu einer gewissen kritischen Distanz
(lc) zueinander annähern. Für Kupfer beträgt diese Distanz 19,3 nm [Chok89]. Für d < dc
(Abb. 4) ist die Korngröße kleiner als lc, was zur Folge hat, daß die angesprochene Verset-
zungsaufstauung nicht mehr greifen kann. Die Körner bleiben versetzungsfrei und Verset-
zungen aus den Körnern wandern in die Korngrenzen. Diese Aussage stimmt mit [Jia98]
3 Grundlagen und Kenntnisstand 11
higkeit mit fallender WC-Korngröße (Abb. 3) und die Verknüpfung von Bruchzähigkeit
(K) mit der Festigkeit (σ) durch die Griffith-Gleichung (Gl. 1).
æaö
K = σ ⋅ a ⋅Y ç ÷ Gl. 1
èZø
Die Rißlänge (a) ist bei optimal aufgebauter Gefügestruktur mit der WC-Korngröße pro-
portional verknüpft. Wenn K konstant bleibt bzw. nur noch langsam fällt (Abb. 3), wird σ
mit fallendem a weiter ansteigen. Y ist eine von Geometriefunktion, abhängig von den
Bauteildimensionen (Z) und der Rißlänge.
3.1.2 Herstellung
Reinraumtechnik durchgeführt werden, da bei diesen Abschnitten die Gefahr der Kontami-
nation der Pulvermischung groß ist. Herstellungsabschnitte mit hoher Relevanz für die im
Rahmen dieser Arbeit hergestellten feinkörnigen Hartmetalle werden im folgendem genau-
er betrachtet:
zu 1.): Voraussetzung für die Herstellung von Hartmetallen mit ultra-feinen Gefü-
gestrukturen ist die Verfügbarkeit von WC-Ausgangspulvern mit WC-Kristalliten < 0,2
µm. Die Feinheit der Binderpulver ist weniger entscheidend, da sie während der Sinterung
im schmelzflüssigen Zustand vorliegen. Eine Möglichkeit, derartige feine WC-
Ausgangspulver herzustellen, besteht in dem sogenannten einstufigen Verfahren der di-
rekten Carburisierung (carbothermische Reduktion) [Yama93, Toky]. Vorteile der carbo-
thermischen Reduktion sind die enge Größenverteilung der Kristallite und die vergleichs-
weise kurze Prozeßzeit [Toky]. In Abb. 5 wird dieses Verfahren mit dem herkömmlichen
zweistufigen Verfahren, das bevorzugt zur Herstellung von konventionellen Hartmetallen
angewandt wird, verglichen.
WO3 / W2O3
feinkörnige Hartmetalle konventionelle Hartmetalle
WC-Pulver WC-Pulver
BET-Oberfläche > 3 m2/g BET-Oberfläche < 2,5 m2/g
zur Pulvercharakterisierung. Mit Hilfe der Messung wird die spezifische Oberfläche eines
Pulvers mittels Stickstoffadsorbtion bestimmt. Je größer die Oberfläche ist, desto kleiner
sind die WC-Kristallite des Pulvers.
Neben der Messung der spezifischen Oberfläche werden in Kap. 5.1 weitere, im Rah-
men dieser Arbeit eingesetzte Verfahren zur Pulvercharakterisierung aufgeführt. Ein Ver-
gleich zwischen WC-Kritallitgrößen im Ausgangspulver und im gesinterten Zustand er-
folgt in Kap. 5.1.1.
Entscheidend für die WC-Korngröße im gesinterten Zustand ist die Konzentration und
die Art der Kornwachstumsbremse (Inhibitor). Außerdem ist der C-Gehalt (freier Kohlen-
stoff) und der O2-Gehalt der eingesetzten WC-Pulver für den Herstellungsabschnitt der
Sinterung von großer Bedeutung; die Relevanz dieser Hartmetallpulverbestandteile wird
unter Herstellungsabschnitt 6.) näher erläutert.
zu 4.) Das Verfahren der Sprühtrocknung [Sche88] ist die am weitesten verbreitete
Methode um gemahlene Hartmetallpulvermischungen zu trocknen und gleichzeitig in ein
rieselfähiges Granulat zu überführen. Die Eigenschaften sogenannter sprühgetrockneter
Granulate sind zu einem Standard für die Hartmetall produzierende Industrie geworden.
Daraus ergaben sich folgende Forderungen an ein Granulat:
• gutes Formfüllvermögen bzw. hohe Schüttdichte, primär abhängig von Größenvertei-
lung
• hohe Fließgeschwindigkeit, abhängig von Größenverteilung, Granulatform und Ober-
flächenrauhigkeit der Granulatpartikel
• hinreichende Granulathärte, d. h. Zerstörung der Granulatpartikel erst beim Preßvor-
gang
• geringer Staubanteil (Granulatpartikel < 60µm)
Der Prozeß der Sprühtrocknung ist für einen großindustriellen Einsatz konzipiert worden.
Die im Rahmen dieser Arbeit hergestellten Granulate wurden im Labormaßstab hergestellt,
was zur Nutzung anderer Granulierverfahren geführt hat. Als Alternativen boten sich die
Wirbelschichtgranulierung1 (PSG-Verfahren [Nish99]; Pressure Swing Granulation; An-
hang C) und die Granulierung mittels klassischer Taumelbank an. Bei Granulaten, die
mittels Taumelbank hergestellt wurden, kam es im Rahmen dieser Arbeit häufig zu Ver-
dichtungsfehlern aufgrund von unzureichender Granulatqualität [Zwis00], wodurch die
Festigkeit negativ beeinflußt wurde (Kap. 3.1.1). Abhilfe konnte durch die Verwendung
des PSG-Verfahrens geschaffen werden, welches bereits getrocknete Pulvermischungen in
rieselfähige Granulate (Abb. 6) überführt.
Der Granuliermechanismus beim PSG-Verfahren beruht darauf, daß die durch den
Mahlprozeß eingebrachte Oberflächenenergie während des Granuliervorganges durch Ver-
rundung und Vergrößerung der Pulveragglomerate abgebaut wird [Nish99]. Um diesen
1
Gerät vom Typ DQ-LABO, Fa. Fuji Paudal, eine Abbildung befindet sich in Anhang C.
3 Grundlagen und Kenntnisstand 15
zu 6.) Der Sinterprozeß ist der Herstellungsabschnitt, der das Eigenschaftsprofil des
resultierenden Hartmetallkörpers am stärksten beeinflußt [Sche88, Kief65]. Während der
Sinterung liegt die Binderphase im schmelzflüssigen Zustand vor (Flüssigphasensintern).
Durch die Sinterung wird der poröse Preßling aufgrund von Schrumpfung in ein kompak-
tes und porenfreies Material überführt, wobei es zu einem Volumenschwund des Preßlings
von bis zu 50 % kommt. Die Schrumpfung des Preßlings startet als Festphasensinterung
(insbesondere bei feinkörnigen Pulvern) und setzt sich beim Erreichen der eutektischen
Sintertemperatur als Flüssigphasensintern fort [Leit97].
Die Triebkraft für jede Art der Sinterung ist der Abbau von Grenzflächenenergie des
gesamten Systems, was sich durch die Schrumpfung bemerkbar macht. Während der Fest-
phasensinterung wird die Schrumpfung als Folge der Umordnung von Partikeln der Bin-
derphase in energetisch günstigere Positionen über Kriechprozesse der Binderphase erklärt.
Die Triebkraft hierfür ist das Schließen von Poren [Leit97]. Die Kinetik dieser Umordnung
ist an Diffusionsprozesse gekoppelt. Im Bereich der Flüssigphasensinterung basiert die
Schrumpfung auf der Lösung und Ausscheidung von WC in bzw. aus der Binderphase
nach dem Prinzip der Ostwaldreifung [Leit97].
Das heißisostatische Pressen (HIP) stellt eine Möglichkeit dar, Hartmetalle mit gering-
ster Restporosität herzustellen und die Restporosität in gesinterten Hartmetallteilen nach
16 3 Grundlagen und Kenntnisstand
Atome in der Binderphase nach der Sinterung in Lösung verblieben sind [Jia98]. Genauere
Ausführungen und Literaturstellen zu dieser Umwandlung finden sich in [Wirm83].
Die resultierende Kohlenstoffbilanz im Binder, welche durch das Löslichkeitsgleich-
gewicht von W und C im Co bestimmt ist, ist entscheidend für die Bildung der spröden η-
Phase (Doppelkarbidphasen vom Typ Co3W3C oder Co6W6C) bei zu geringer C-
Konzentration in der Binderphase (Unterkohlung). Bei zu hoher C-Konzentration (Über-
kohlung) kommt es zur Ausscheidung von Graphit in der Binderphase [Luyc81]. Der
Grund für die Bildung der η-Phase ist neben einer zu geringen Kohlenstoffeinwaage (freier
Kohlenstoff) der in der Hartmetallpulvermischung adsorbierte Sauerstoff. Während der
Sinterung überführt der adsorbierte Sauerstoff den freien Kohlenstoff sowie den Kohlen-
stoff, der aus dem WC in der Binderphase diffundiert ist, als CO und CO2 in die Ofenat-
mosphäre. Sowohl Unterkohlung als auch Überkohlung wirken sich negativ auf die Festig-
keit aus (Abb. 7). Es ist daher von großer Wichtigkeit, den Kohlenstoff- und Sauerstoffan-
teil der eingesetzten Pulver, wie in Tab. 11 aufgeführt, zu messen, um so die Höhe der Zu-
gabe von freiem Kohlenstoff (Graphit) bei der Pulvereinwaage zu ermitteln. Der zugesetzte
Kohlenstoff fungiert also als Sauerstoffpuffer um eine Unterkohlung zu vermeiden.
aktive Grenzflächen der WC-Kristallite diffundiert und dort deren Wachstum bzw. Auflö-
sung und Abscheidung verhindert.
Die Effektivität eines Inhibitors hängt eng mit den folgenden Gegebenheiten zusam-
men [Bock92]:
• Zeitpunkt der Einbringung in das WC-Ausgangspulver (bei der WC-Pulverherstellung
oder erst vor der Mahlung)
• Inhibitormenge im Verhältnis zum Bindergehalt (ausreichende Verfügbarkeit des Inhi-
bitors an der Grenzfläche zwischen WC / Binderphase)
• Diffusionskoeffizient des Inhibitors in der flüssigen und festen Binderphase
Im Rahmen dieser Arbeit wurden Vanadiumkarbid (VC) und Chromkarbid (Cr3C2) als
Inhibitoren eingesetzt. Die Beeinflussung der Hartmetalleigenschaften durch den jeweili-
gen Inhibitor wird in Kap. 6.4.2 erläutert.
Weitere Merkmale feinkörniger WC-Pulver im Vergleich zu gröberen Pulvern in Be-
zug auf das Sinterverhalten sind nach [Gill97, Leit97, Pora96/1, Pora96/2]:
• Ein Großteil des Sinterprozesses vollzieht sich als Festphasensinterung vor Erreichen
der Liquidustemperatur, d. h. die Schrumpfung setzt früher ein und vollzieht sich über
einen deutlich größeren Temperaturbereich.
• Die maximale Schrumpfrate wird kleiner mit fallender Korngröße.
• Der Linearschwund (> 20 %) steigt bei gleichem Preßdruck nur geringfügig an.
• Die flüssige Phase tritt bei niedrigeren Temperatur auf, d. h. die Sintertemperatur ist für
feinkörnige Pulver um 50 - 100°C niedriger.
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß das Potential der heute auf dem Markt erhältlichen
feinkörnigen WC-Pulver noch nicht auf den Sinterkörper in Form von einer entsprechend
kleinen WC-Korngröße übertragen werden kann. Der Grund ist das konventionelle Verfah-
ren der Flüssigphasensinterung, das auch bei extrem feinen Ausgangspulvern mit entspre-
chender Inhibitordotierung unumgänglich zu einem globalen Kornwachstum der WC-
Kristallite führt [Rich97, Schu95] (Kap. 5.1.1). Daher sind WC-Korngrößen von 200 - 300
nm im gesinterten Hartmetallkörper momentan der Stand der Technik. Abhilfe kann mög-
licherweise nur mittels anderer Sinterverfahren (z. B. Mikrowellensintern) geschaffen wer-
den.
zu 8.) Die im Rahmen dieser Arbeit hergestellten Hartmetalle wurden einer für Hart-
metalle typischen Qualitätssicherung bezüglich folgender Eigenschaften unterzogen:
• Härte (DIN ISO 3878) (Kap. 4.2)
• Dichte (DIN ISO 3369); Dichtemessung nach archimedischem Prinzip.
• magnetische Kennwerte (DIN ISO 3326) (Kap. 4.4)
• Gefügedefekte: Porosität (DIN ISO 4505), Grobkörner (DIN ISO 4499), η-Phase (Un-
terkohlung) (DIN ISO 4499), Graphitausscheidung (Überkohlung) (DIN ISO 4505),
Fremdgranulat, Binderverteilung
3 Grundlagen und Kenntnisstand 19
Der letzte Punkt dieser Aufzählung bezieht sich ausschließlich auf Untersuchungen mittels
Lichtmikroskop (Kap. 4.5.1). Die aufgeführten Gefügedefekte beeinträchtigen primär die
Festigkeit der untersuchten Hartmetalle und werden daher in Bezug auf die untersuchten
Hartmetalle in [Sail01, Sail02] detailliert aufgelistet.
Aus der Forderung an die Binderphase, dem Hartmetall ein gewisses Maß an Zähigkeit zu
verleihen, ergeben sich nach [Nort51] folgende Kriterien für eine optimale Binderphase:
• Optimale Benetzung der Hartstoffphase durch den schmelzflüssigen Binder während
der Sinterung. Durch dieses Kriterium erklärt sich die hohe Festigkeit von Hartmetall
auch bei hohen Hartstoffanteilen bis zu 97 Gew.%. Eine schlechte Benetzung führt zu
einer Erhöhung der Porosität, die sich negativ auf die Festigkeit auswirkt (Kap. 3.1.1).
• Starke Temperaturabhängigkeit der Löslichkeit der Hartstoffphase in der Binderphase,
d.h. Ausscheiden der Hartstoffphase aus der Binderphase beim Abkühlprozeß, aber
keine Löslichkeit der Binderphase in der Hartstoffphase. Die Konsequenz aus gelösten
Hartstoffanteilen im Binder ist eine eutektoide Erniedrigung der Solidustemperatur der
Binderphase, wodurch eine Sintertemperatur unterhalb der Schmelztemperatur der rei-
nen Binderphase ermöglicht wird.
• Keine Ausscheidung von dritten Phasen, z. B. η-Phasen, bei der Sinterung, was zu ei-
ner Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften führen würde (Kap. 3.1, Abb.
7).
• Kompatible mechanische, thermische und chemische Eigenschaften des Binders mit
der Hartstoffphase, um z. B. Eigenspannungen in den einzelnen Phasen möglichst ge-
ring zu halten.
Diese Kriterien werden von Kobalt als Binder in Kombination mit WC als Hartstoffphase
am besten erfüllt. Aufgrund ihrer chemischen Ähnlichkeit (Fe-Gruppe) zum Co sind die
Metalle Fe und Ni als alternative Bindemetalle prädestiniert. Weitere Faktoren, derartige
Binder in Betracht zu ziehen, sind günstigere Rohstoffpreise und eine bessere Verfügbar-
keit. Allerdings zeigen Hartmetalle mit reinen Fe- oder Ni-Bindern deutlich schlechtere
mechanische Eigenschaften als Co gebundene Hartmetalle. In Bezug auf Biegebruchfe-
stigkeit wird bei Hartmetallen mit reinen Fe- oder Ni-Bindern eine 40 - 60 % niedrigere
Festigkeit beobachtet [Kief65]. Des weiteren wurde von [Prak79] bei Hartmetallen mit
einem Binderanteil von 20 Gew.% eine deutlich höhere Härte von Co gebundenen Hart-
metallen (HV10 = 1000) gemessen (WC/Fe: HV10 = 880; WC/Ni: HV10 = 820). Die Kon-
sequenz war, Binderlegierungen, die sogenannten Komplexbindersysteme, bestehend aus
Fe, Co und / oder Ni zu entwickeln, die in ihren mechanischen Eigenschaften in Verbin-
dung mit WC gleiche oder bessere Werte erzielen als WC/Co-Hartmetalle.
20 3 Grundlagen und Kenntnisstand
Aufgrund der ähnlichen Selbstdiffusionskoeffizieten von Fe, Co und Ni ist eine homo-
gene Verteilung der Binderphase höchst wahrscheinlich [Vign67]. In Bezug auf Komplex-
binder bedeutet homogene Verteilung, daß die Binderphase als homogener Mischkristall,
ohne Ausscheidung von dritten Phasen, vorliegt (bestätigt in Kap. 5.5.2.4).
Das Phänomen der Entstehung von η-Phasen (dritte Phase) bei Unterkohlung und Gra-
fitausscheidungen bei Überkohlung (Kap. 3.1) tritt auch bei Komplexbindersystemen auf,
wobei insbesondere Fe-reiche Bindersysteme eine starke Empfindlichkeit gegenüber der
Kohlenstoffbilanz aufweisen [Prak79].
Ein weitere Eigenschaft von Fe/Ni/Co-Hartmetallen ist, daß sie im Gegensatz zu Co-
Hartmetallen während der Sinterung eine kornwachstumshemmende Wirkung auf die WC-
Kristallite ausüben (bestätigt in Kap. 5.5.1). Diese Wirkung verstärkt sich mit steigendem
Fe-Gehalt in der Binderphase [Flur62]. Zurückzuführen ist diese Tatsache auf die ver-
gleichsweise kleinen Diffusionskoeffizienten und damit geringen Löslichkeit von Wolfram
im Eisen bei Sintertemperatur, sowie bei RT [Flur62].
Hinsichtlich der Benetzbarkeit der WC-Kristallite mit der Binderphase während Flüs-
sigphasensinterung sind keine signifikanten Unterschiede zwischen Co-Bindern und Fe-
reichen Komplexbindern zu erkennen [Prak79].
1300
0% Co
10% Co
1200
20% Co
WC-Co
25% Co
1100
HV 10
1000
900
800
0 5 10 15 20 25 30
Ni-Gehalt im Binder [Gew.% ]
krz 100 %
krz > 50 % 0,00 1,00
kfz 100 %
kfz > 50 %
0,25 0,75
Co-Anteil
Koordinaten:
0,50 0,50
Fe-Anteil
0,75 0,25
1,00 0,00
0,00 0,25 0,50 0,75 1,00
Ni-Anteil
3.3 Tribologie
Struktur
(Systemkomponenten und ihre Eigenschaften)
Beanspruchungskollektiv
Nutzgrößen
(1) Grundkörper
- Kinematik
(2) Gegenkörper - Bewegung
- Normalkraft FN FN
(3) Zwischenstoff - Kraft, Drehmoment
- Geschwindigkeit v
(4) Umgebungsmedium - Mechanische Energie
- Temperatur T v
(2) - Stoffgrößen
- Beanspruchungsdauer t (3)
- Signalgrößen
(1) (4)
Mechanismen, die in Verbindung mit Reibung und Verschleiß in einem Tribosystem auf-
treten, werden als tribologische Prozesse (Triboprozesse) bezeichnet. Mögliche Mecha-
nismen sollen im Folgenden erörtert werden, nachdem die Begriffe Reibung und Ver-
schleiß definiert sind.
Reibung (DIN 50281) ist ein Maß für den Widerstand (Reibungskraft (FF)), der zu
überwinden ist, um zwei sich kontaktierende Oberflächen (Reibpartner), die mit der Nor-
malkraft (FN) belastet werden, gegeneinander mit einer Geschwindigkeit (v) zu verschie-
ben [Czic92] (Abb. 11). Quantitativ wird sie mit der Reibungszahl µ (Reibkoeffizient) sta-
tisch (Haftreibung) und dynamisch (Bewegungsreibung; z. B.: Gleitreibung) beschrieben
(Gl. 2). µ ist proportional zu FN und unabhängig von der Größe der Kontaktfläche, aber
abhängig von der Kontaktgeometrie und den Materialien der betrachteten Oberflächen. Die
Übertragung von Abb. 11 auf die aufgebaute Verschleißapparatur findet sich in Kap. 4.1.3.
3 Grundlagen und Kenntnisstand 25
FF
V
FN
In Abhängigkeit von der Art der Relativbewegung der Reibpartner ist nach DIN 50323
zwischen folgenden Haupt-Reibungsarten und deren Mischformen zu unterscheiden:
• Gleitreibung: translatorische Relativbewegung zweier Körper
• Rollreibung: Drehachse parallel zur Kontaktfläche
• Bohrreibung: Spin; Drehachse senkrecht zur Kontaktfläche
Die Stärke der Reibung, die in Verbindung mit den einzelnen Reibungsarten auftritt, wird
in hohem Maße durch den jeweiligen Reibungszustand (Abb. 12) beeinflußt [Czic92].
Das Auftreten eines bestimmten Reibungszustands ist abhängig von der Art des Kontakt-
zustands der Reibpartner (Abb. 12). Die bedeutendsten Parameter in Bezug auf den Kon-
taktzustand sind die Geschwindigkeit, die Normalkraft und die Viskosität des Zwischen-
stoffs, die die Einordnung in das sogenannte Stribeckdiagramm [Czic92] vorgeben, sowie
die Art des Zwischenstoffs, der in Verbindung mit Reibzuständen als Schmierstoff (z. B.:
Fett, Flüssigkeiten oder Gas) bezeichnet wird.
26 3 Grundlagen und Kenntnisstand
Verschleiß ist nach DIN 50320 wiefolgt definiert: „Verschleiß ist der fortschrei-
tende Materialverlust aus der Oberfläche eines festen Körpers (Grundkörper), hervorgeru-
fen durch mechanische Ursachen, d.h. Kontakt und Relativbewegung eines festen, flüssi-
gen oder gasförmigen Gegenkörpers.“ Quantitativ wird er durch die Verschleißrate ( W& )
oder den Verschleißwiderstand ( W& )-1 beschrieben (Gl. 3). In den meisten Fällen wird W&
über die Ableitung des Volumenverlustes (VV, abgetragenes Volumen) nach der Gleitstrek-
ke (S), (andere Begriffe: Verschleißweg, Schleifweg) definiert (Volumenverschleiß). Die
Verschleißmeßgröße W& muß stets auf ein definiertes Tribosystem bezogen werden, sie ist
keine universelle Stoffeigenschaft wie z. B. die Härte.
dVV dS
W& = bzw. (W& ) −1 = Gl. 3
dS dVV
Unter der spezifischen Verschleißrate ( W& S ) ist die Normierung von W& auf die Normalkraft
(FN) zu verstehen (Gl. 4):
dVV dS ⋅ FN
W& S = bzw. (W& S ) −1 = Gl. 4
dS ⋅ FN dVV
Bezüglich dieser Arbeit wurden die Verschleißmeßgrößen nach Gl. 3 oder Gl. 4 berechnet.
Es ergaben sich konstante Verschleißraten bzw. Verschleißwiderstände über den jeweili-
gen Versuchszeitraum. Das bedeutet, daß der Volumenverlust über dem Schleifweg aufge-
tragen, eine Gerade mit der konstanten Steigung W& zeigt. Die Vorgehensweise zur Be-
stimmung von VV und S findet sich in Kap. 4.1.3.
Eine Klassifizierung des Verschleißes kann über den Kontaktzustand der Reibpartner
(Abb. 12), über die Verschleißmechanismen (Abb. 13) oder nach DIN 50320 nach Art der
tribologischen Beanspruchung und den daraus resultierenden Verschleißarten erfolgen. Die
Klassifizierung nach DIN 50320 ist die gängigste Einteilung und soll im weiteren genauer
betrachtete werden (Tab. 2). Es wird nach Tab. 2 ähnlich wie bei der Definition von Rei-
bung zwischen Verschleißarten und den Verschleißmechanismen unterschieden, wobei die
Verschleißart Furchungsverschleiß auch häufig als Abrasivverschleiß bezeichnet wird. Der
Furchungsverschleiß (grau unterlegt) ist die dominante Verschleißart im Rahmen dieser
Arbeit.
28 3 Grundlagen und Kenntnisstand
Tab. 2: Klassifizierung von Verschleiß nach Verschleißarten in Abhängigkeit von der tri-
bologischen Beanspruchung; Kennzeichnung beteiligter Verschleißmechanismen
[Czic92].
• Die Teilchenfurchung (Drei-Körper-Abrasion) gliedert sich nach der Kinetik des Zwi-
schenstoffs (Abrasivum) in Korngleitverschleiß, Kornwälzverschleiß (z. B. Schleifrad-
Test) und Kornstoßverschleiß.
Teilweise wird die Verschleißart Strahlverschleiß als dritte Untergruppe dem Furchungs-
verschleiß zugeordnet [Hutc92]. Der Strahlverschleiß wird auch als eigene Verschleißart
behandelt (Tab. 2) oder der Erosion zugeordnet.
Die Gegenkörperfurchung führt im Vergleich zur Teilchenfurchung zu ein bis zwei
Größenordnung höheren Verschleißraten [ZumG87], da bei der Teilchenfurchung nur eine
begrenzte Anzahl von Partikeln zum Materialabtrag beitragen. Diese Partikel besitzen ei-
nen günstigen Neigungswinkel zum Kontaktpartner und rollen oder gleiten nicht ohne
Kraftschluß über die Oberfläche des Kontaktpartners.
In Bezug auf das betrachtete Tribosystem Schleifrad-Test ist die Teilchenfurchung die
Hauptverschleißart. Die Intensität der Teilchenfurchung wird in hohem Maße durch die
Härte, die Form, die Größe, den Neigungswinkel der Teilchen zum Kontaktpartner und
durch ihre Größenverteilung bestimmt [Hutc92, ZumG87].
Ein weiteres wichtiges Merkmal der Teilchenfurchung, auch in Bezug auf Hartmetalle, ist
die Tieflage-Hochlage-Charakteristik nach [Uetz69, Wahl51, Well55]. Sie besagt, daß eine
Korrelation zwischen der Härte (Hm) des tribologisch beanspruchten Materials, der Härte
(Ha) des Abrasivums und der Verschleißrate (Verschleißbetrag) besteht (Abb. 15).
Abb. 15: Einfluß der Härte (Ha) des Abrasivums auf den Furchungsverschleiß eines
Grundkörpers mit der Materialhärte Hm [ZumG87].
32 3 Grundlagen und Kenntnisstand
Nach Abb. 15 kann die angesprochene Korrelation in drei Bereiche eingeteilt werden:
1. Tieflage: Ha < Hm: Geringer Verschleiß, schlechte Differenzierbarkeit verschiedener
Grundkörper-Werkstoffe hinsichtlich ihrer Verschleißeigenschaften, tribologischer
Idealzustand für technische Anwendungen
2. Übergangsbereich: Ha ≥ Hm: Beste Differenzierbarkeit verschiedener Grundkörper-
Werkstoffe, daher ideal um Werksstoffe nach einer Gütefolge hinsichtlich ihres
Furchungsverschleißes zu charakterisieren
3. Hochlage: Ha > Hm: Hoher Verschleiß, schlechte Differenzierbarkeit verschiedener
Grundkörper-Werkstoffe
Weiterhin wird in Abb. 15 zwischen einem einphasigen und einem mehrphasigen Grund-
körper-Werkstoff unterschieden. Letzterer ist als Verbundwerkstoff aus harten Teilchen
(Hartstoffphase), die in einer weicheren Matrix eingelagert sind (z. B. Hartmetall), anzuse-
hen. Charakteristisch für den einphasigen Werkstoff ist, daß die Tieflage bei Ha / Hm = 1
in den Übergangsbereich übergeht (Start des Übergangsbereichs). Der mehrphasige Werk-
stoff hingegen zeigt einen breiteren Übergangsbereich, da der Start des Übergangsbereichs
bei Ha / Hm < 1 liegt und die Hochlage erst bei Ha / Hm ≈ 1,5 erreicht wird. Der Grund ist
die integrale Härtemessung Hm, die als mittlerer Härtewert über alle Gefügebestandteile
des mehrphasigen Werkstoffes gemessen wird. Beim Übergang von der Tieflage in den
Übergangsbereich wird die Härte der Matrix von der Härte des Abrasivums überschritten
[ZumG87], der Gesamtverbund ist allerdings deutlich härter als des Abrasivum. Die Folge
ist ein Auswaschen der weichen Matrix zwischen den harten Teilchen. Die stetige Auswa-
schung der Matrix führt zur Entwurzelung der harten Teilchen, welche wiederum als abra-
sive Partikel wirken und mit den Partikeln des eigentlichen Abrasivums Bruchvorgänge bei
noch nicht entwurzelten harten Teilchen auslösen können. Erst wenn die Härte der einge-
lagerten Teilchen von der Härte des Abrasivums überschritten wird, ist der Bereich der
Hochlage erreicht [ZumG87]. Hartstoffphase und Matrix werden nun simultan abgetragen.
Daher wird die Hochlage im Vergleich zu einphasigen Werkstoffen bei höheren Werten für
Ha / Hm erreicht.
Für mehrphasige Werkstoffe gilt prinzipiell, daß ein geringer Abstand zwischen den
harten Teilchen und ein hoher Flächenanteil an harten Teilchen den Start in den Über-
gangsbereich zu höheren Werten für Ha / Hm verschiebt, da die Matrix durch die Hartstoff-
phase vor der tribologischen Beanspruchung durch das Abrasivum geschützt wird.
Das Ha / Hm-Verhältnis ist ein Maß für die Eindringtiefe der abrasiven Partikel in die
Oberfläche des Grundkörpers und ist für viele Tribosysteme eine Abschätzung für den
Verschleißwiderstand hinsichtlich des Furchungschungsverschleißes. Das bedeutet bei
gleichbleibender Art des Abrasivums oder des Gegenkörpers (Gegenkörperfurchung), ist
eine Härtesteigerung des Grundkörpers mit einer Steigerung von ( W& )-1 verbunden. Aller-
dings kann die Härte des Grundkörpers nur eine grobe Abschätzung für ( W& )-1 sein, da
mittels der Härte die Wechselwirkungen zwischen abrasiven Partikeln und der Grundkör-
3 Grundlagen und Kenntnisstand 33
che des Grundkörpers sind starke elastische und plastische Verformung (Kap. 6.5), duktile
Brüche und Ermüdung.
Von [ZumG87] wird eine Vorhersage der auftretenden Detailprozesse mit Hilfe der
Härte vorgeschlagen, obwohl die Härte des Grundkörpers, wie oben angesprochen, nur
eine von mehreren Materialeigenschaften ist, durch die ein bestimmter Prozeß in den Vor-
dergrund gerückt wird: Mit fallender Bruchzähigkeit und steigender Härte des Grundkör-
pers wechselt der dominierende Detailprozeß von Mikropflügen über Mikrospanen bis hin
zum Mikrobrechen bei besonders spröden Werkstoffen wie Keramik. Die Abtragsrate
(Verschleißrate) steigt vom Mikropflügen über das Mikrospanen an, und im Bereich des
Mikrobrechens kommt es zu einem Abfall.
In der Literatur werden verschiedene Modelle diskutiert, um den Verschleißwiderstand
mittels der beschriebenen Detailprozesse zu charakterisieren. Das Verhältnis zwischen
Mikropflügen und Mikrospanen wird von [Mulh62] über den Neigungswinkel (Spanwin-
kel) zwischen einem abrasiven Partikel und der Grundkörperoberfläche definiert. Bei hin-
reichend großen Angriffswinkel überwiegt der Prozeß des Mikrospanens, und es entsteht
ein Materialabtrag.
Von [ZumG87] wird das angesprochene Verhältnis für einphasige Werkstoffe über den
sogenannten fab-Wert charakterisiert (Gl. 5, Abb. 17). Nach Abb. 17 ist Av die Fläche einer
Verschleißfurche im Querschnitt. Aufgrund von plastischer Verformung wird das Material
mit der Fläche (A1+A2) am Rand der Furche aufgeworfenen. Aus der Definition für ideales
Mikropflügen folgt fab = 0 und für ideales Mikrospanen fab = 1 (Abb. 17).
AV − ( A1 + A2 )
f ab = Gl. 5
AV
Abb. 17: Schematischer Querschnitt durch eine Verschleißfurche mit Furchungstiefe (T)
und Furchungsbreite (B) [ZumG87, ZumG90].
3 Grundlagen und Kenntnisstand 35
Mikrobrechen würde zu fab > 1 führen, denn aufgrund von herausgebrochener Materie par-
allel zur Verschleißfurche würde die Fläche (A1+A2) < 0. Mittels des fab-Werts ist es also
möglich Detailprozesse der Teilchenfurchung zu beschreiben. Des weiteren wurde von
[ZumG98] eine Volumenverschleißrate in Abhängigkeit von fab und der Härte des plastisch
verformten Grundkörper-Materials an den Rändern der Furche definiert. Einflußgrößen auf
den fab-Wert sind materialspezifische Kenngrößen des Grundkörpers wie Härte, Verfesti-
gungsexponent und Fließspannungsgrenze [ZumG87]. Allerdings sind die geometrischen
Größen, die den fab-Wert bestimmen nicht leicht zugänglich, es sei denn es wird ein soge-
nannter Scratch-Test betrachtet [ZumG98]. Bei einem Scratch-Test wird nur eine Furche
mit definiertem ,T und B in die Oberfläche des Grundkörpers eingebracht.
Mit Hilfe von eingelagerten Hartstoffteilchen in einer duktilen Matrix, läßt sich in vielen
Fällen der Verschleißwiderstand im Vergleich zu einem einphasigen Werkstoff mit glei-
cher integraler Härte steigern. Typische Vertreter derartiger mittels Hartstoffteilchen ver-
stärkter Werkstoffe sind karbidisch gehärtete Stähle, weißes Gußeisen und Hartmetalle.
Wie schon in Kap. 3.3.2 begründet, ist die Härte nur ein grober Indikator für den Ver-
schleißwiderstand eines Werkstoffs. Insbesondere bei zwei- und mehrphasigen Werkstof-
fen sind mikrostrukturelle Parameter wie Größe, Form und Verteilung der Hartstoffphase,
Abstand zwischen den Hartstoffteilchen sowie Volumenanteile der Phasen und die Haf-
tungsstärke zwischen verschiedenen Phasen verantwortlich für den Verschleißwiderstand
des Gesamtverbundes [ZumG98]. Weiterhin ist die Größe der abrasiven Partikel im Ver-
gleich zu den Abmessungen der mikrostrukturellen Parametern des Werkstoffs entschei-
dend für dessen Verschleißeigenschaften.
Im allgemeinen wird in Bezug auf mehrphasige Werkstoffe von zwei, sich teilweise
mischenden, Abtragsmechanismen ausgegangen [Axén94]. Wie schon in Bezug auf Abb.
15 dargelegt wurde kommt es zum Auswaschen der Matrix in Verbindung mit Entwurze-
lung und Bruch der Hartstoffphase einerseits, und / oder zum simultanen Abtrag von Ma-
trix und Hartstoffphase mit massiven Brüchen in der Hartstoffphase. Es kann daher davon
ausgegangen werden, daß auch die Detailprozesse der Abrasion (Abb. 16) bei mehrphasi-
gen Werkstoffen oftmals gleichzeitig aktiv sind.
Von [Simm89] und [ZumG85] wurde ein Modell für den Furchungsverschleiß von
mehrphasigen Werkstoffen mittels einer linearen und einer inversen Mischungsregel in
Bezug auf die enthaltenen Phasen aufgestellt. Von [Axén94] wurde dieses Modell weiter-
entwickelt ,und von [Engq00] wurde es erstmals auf die Gegenkörperfurchung an Hartme-
tallen angewendet. Im Folgenden soll das Modell in Bezug auf einen zweiphasigen Werk-
stoff mit einer Hartstoffphase und einer Matrix erläutert werden. Prinzipiell wird davon
36 3 Grundlagen und Kenntnisstand
ausgegangen, daß sich die Verschleißrate (vgl. Gl. 4) des Gesamtverbundes ( W& ges ) aus den
spezifischen Verschleißwiderständen der einzelnen reinen Phasen ergibt (spezifischer Ver-
schleißwiderstand der Hartstoffphase (Ωh) und der Matrix (Ωm)), wobei Ωh > Ωm gilt. Vor-
aussetzung für die Anwendung des Modells ist die Kenntnis von Ωh und Ωm im betrachte-
ten Tribosystem.
Das Modell basiert auf der Annahme unterschiedlicher Verteilungen der Normalkraft
(FN), auf die enthaltenen Phasen. Die Folge ist eine Gewichtung von Ωh und Ωm durch die
Aufsplittung von FN auf die Hartstoffphase (FN,h) und auf die Matrix (FN,m) (Gl. 6, Gl. 7).
FN = FN .h + FN .m Gl. 6
dVV FN FN ,h FN ,m
= W& ges = = + Gl. 7
ds &
(WS , ges ) −1
Ωh Ωm
mittlere
EP-Mode Kraftverteilung EW-Mode
Ph
Ph
Druck Ph / Pm
Pm Ph Pm
Pm Pm
Pm Pm
Abb. 18: Schematische Darstellung der möglichen Druckverteilungen auf die Hartstoff-
phase (Hartph) und auf die Matrix sowie resultierender Abtrag der einzelnen
Phasen.
Unter der Annahme, daß der Volumenanteil der Hartstoffphase (Vol.%h) und der Ma-
trix (Vol.%m) gleich ihren Flächen Ah bzw. Am in Bezug auf die Gesamtfläche (A) ist, gilt:
Ah Am
A = Ah + Am ; Vol.% h = ; Vol.% m = Gl. 8
A A
Nach der Definition des EP-Mode ergibt sich folgende Kraftverteilung mit gleichem An-
preßdruck auf jede Phase:
Mit Hilfe von Gl. 8 und Gl. 9 ergibt sich aus Gl. 7 ein inverses Mischungsgesetz für die
untere Grenze des spezifischen Verschleißwiderstands des Gesamtverbundes:
Ωh ⋅ Ωm
(W& S , ges ) −1 = Gl. 10
Vol.% h ⋅ (Ω m − Ω h ) + Ω h
Zur Beschreibung des EW-Mode wird die volumetrische Verschleißrate (Gl. 7) in die li-
neare Verschleißrate (Gl. 11) in Abhängigkeit von der Verschleißtiefe D, die auf die Hart-
stoffphase (Dh) und auf die Matrix (Dm) bezogen wird, umgeformt:
38 3 Grundlagen und Kenntnisstand
Aus der Definition des EW-Modus ergibt sich ein gleicher linearer Abtrag des Gesamtver-
bundes und der einzelnen Phasen:
dD dDh dDm
= = Gl. 12
ds ds ds
Mit Hilfe von Gl. 6, Gl. 7, Gl. 11 ergibt sich aus Gl. 12 die Kraftverteilung auf die enthal-
tenen Phasen, wenn alle Phasen simultan abgetragen werden:
Ah Ω h Am Ω m
FN , h = FN ⋅ ; FN ,m = FN ⋅ Gl. 13
Ah Ω h + Am Ω m Ah Ω h + Am Ω m
Mit Hilfe von Gl. 8 und Gl. 13 ergibt sich aus Gl. 7 ein lineares Mischungsgesetz für die
obere Grenze des spezifischen Verschleißwiderstands des Gesamtverbundes:
Die modellierten Grenzen der spezifischen Verschleißwiderstände (Gl. 10, Gl. 14) bezie-
hen nur auf das jeweils betrachtete Tribosystem. Die Ergebnisse aus Verschleißversuchen,
die in diesem Tribosystem durchgeführt wurden, werden als spezifische Verschleißwider-
stände innerhalb der beschriebenen Grenzen in Abhängigkeit von Vol.%h, eingeordnet
(Abb. 19). Der Abstand der gemessenen Verschleißwiderständen zu den modellierten
Grenzen (EW-Linie / EP-Linie) bestimmt den dominanten Abtragsmechanismus für den
jeweils betrachteten Verschleißversuche.
Das Modell geht immer davon aus (außer bei dem reinen EW-Mode), daß die Matrix
schneller abgetragen wird als die Hartstoffphase. Zur Aufrechterhaltung einer stationären
Verschleißrate insbesondere in Bezug auf den reinen EP-Mode, muß es nach einer gewis-
sen Beanspruchungszeit zum Versagen der Hartstoffphase kommen. Dieses Versagen äu-
ßert sich z. B. in Entwurzelungen und Brüchen der Hartstoffphase und kann dazu führen,
daß wie in Abb. 19 angedeutet, Verschleißwiderstände gemessen werden, die unterhalb der
mittels EP-Mode berechneten Linie liegen. Eine Härtesteigerung der Binderphase, wie in
Kap. 3.1 angesprochen, kann dazu führen, daß Verschleißwiderstände oberhalb der mittels
EW-Mode berechneten Linie liegen können.
3 Grundlagen und Kenntnisstand 39
Abb. 19: Schematische Darstellung der berechneten Linien für den EP-Mode (Gl. 10) und
für den EW-Mode (Gl. 14) [Engq00].
Das dargelegte Modell wird in Kap. 6.6.2 auf die Werkstoffe und das Tribosystem die-
ser Arbeit angewendet.
Von [ZumG97] wurde eine empirische Formel zur Charakterisierung des Furchungs-
verschleißes, der mittels Stift-Scheibe-Tribometerversuchen gemessen wurde (Gegenkör-
perfurchung), an mehrphasigen Werkstoffen aufgestellt:
3
Lh 2 ⋅Vol.% h
(W& ges ) −1 ∝ Gl. 15
Lm
Die Korngröße der Hartstoffphase (Lh), die freie länge der Matrix (Lm) zwischen den Hart-
stoffphasen und Vol.%h sind voneinander abhängige mikrostrukturelle Größen. Wie sich in
Kap. 5.5.1 zeigen wird, kann Lm in Bezug auf Hartmetalle als Funktion von Lh und Vol.%h
angesehen werden. Nach Gl. 15 steigt ( W& ges )-1 mit steigender Hartstoffkorngröße an. Bei
genauerer Betrachtung von Gl. 15 zeigt sich allerdings, daß erst ab einem bestimmten Wert
für Lh der Einfluß der Korngröße überwiegt. Bis zur angesprochenen Korngröße ist der
Einfluß von Lm auf den Verschleißwiderstand stärker. Das bedeutet, im Bereich kleiner
Korngrößen der Hartstoffphase, ist Lm wesentlich bedeutender als Lh für den Verschleißwi-
derstand, d.h. Änderungen der Korngroße beeinflussen ( W& ges )-1 in diesem Bereich nur ge-
ring. Diese Tatsache wird in Kap. 6.3.1 bestätigt. In Bezug auf Gl. 15 geht [ZumG87] von
einem Schutz der Matrix durch die Hartstoffphase aus, wenn die Furchungsbreite größer ist
als Lm.
40 4 Experimentelle Methoden
4 Experimentelle Methoden
In diesem Kapitel werden die für diese Arbeit relevante Untersuchungsmethoden und Ver-
suchsdurchführungen vorgestellt. Außerdem wird eine Versuchsmatrix inkl. der Zusam-
mensetzung des untersuchten Probenmaterials angegeben.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde eine Apparatur zum Testen der 3-Körper-Abrasion (Teil-
chenfurchung) von Hartmetallen geplant, aufgebaut, kalibriert und in Betrieb genommen
(Abb. 20). Die Grundmontage der Apparatur erfolgte durch die zentrale Mechanikwerkstatt
der Universität Erlangen-Nürnberg.
FN wurde über einen mit verschiebbarem Gewicht ausgestatteten Hebel, der die Hebelkraft
in die Linearführungsschiene einleitete, aufgebracht (Abb. 20). Ein Vorteil gegenüber her-
kömmlichen Apparaturen dieser Art ist, daß FN aufgrund der Linearführungsschiene über
die gesamte Versuchsdauer im rechten Winkel zur Kreistangente des Stahlrades am Berüh-
rungspunkt Probe - Stahlrad steht. Das rotierende Rad wurde kontinuierlich mit einer kon-
stanten Flußrate eines Mediums benetzt. Im Rahmen dieser Arbeit wurde ausschließlich
Leitungswasser als Medium benutzt. Ein korrosives Medium kam in der Arbeit von
[Sack02] zum Einsatz. Durch den Einsatz einer Tauchpumpe und eines Durchflußmessers
(Abb. 20) wurde die Konstanz der Flußrate sichergestellt und überwacht. Die Tauchpumpe
befand sich in einem externen Tank und wurde mit einer konstanten Spannung betrieben.
Sie förderte das Medium kontinuierlich mittels eines Silikonschlauchs durch den Durch-
42 4 Experimentelle Methoden
flußmesser auf das rotierende Stahlrad. Das trockene Abrasivum (FEPA-Norm Nr.:602;
SiO2 (Siliziumoxid), Al2O3 (Aluminiumoxid) oder SiC (Siliziumoxid)) rieselte aus einem
Vorratsbehälter (Abb. 20) über der Apparatur mit einer definierten Fördermenge auf das
mit Wasser benetzte Rad, kurz vor dem Kontaktbereich von Rad und Probe. Eine genauere
Betrachtung der eingesetzten Abrasiva findet sich in Kap. 5.2.3. Die konstante Fördermen-
ge des Abrasivums wurde durch eine Art Schaufelrad (Abb. 20) (Durchflußregulator), das
mittels eines Elektromotors (Bild in Abb. 20) betrieben wurde, ermöglicht. Aufgrund der
kontrollierten Zuflüsse von Wasser und Abrasivum bildet sich zwischen Probe und rotie-
rendem Rad ein abrasiver Film aus, der ein konstantes Verhältnis zwischen Abrasivum und
Wasser aufweist, was einen weiteren Vorteil zu vergleichbaren Apparaturen darstellt und
zur Reproduzierbarkeit der Ergebnisse beiträgt.
Tab. 3 zeigt die Parameter, die zur Durchführung eines Verschleißversuchs eingestellt
wurden oder aufgrund der Apparatur vorgegeben waren. Auf eventuelle Abweichungen
von diesen Parametern, insbesondere von FN, wird an entsprechenden Textstellen hinge-
wiesen.
Der Prüfstand erlaubte eine gleichzeitige Messungen und Speicherung der Reibkraft (FF),
Anpreßkraft (FN), Verschleißtiefe (D) und des Mediumdurchflusses (R) (Abb. 22) während
der Versuchsdurchführung.
Die Meßwerterfassung erfolgte mittels eines Analog / Digitalwandler-Verstärkers4 in
Verbindung mit einem herkömmlichen PC. Im Rahmen der Meßwerterfassung wurde mit-
tels einer Meßtechnik-Software5 eine spezielle, auf die Apparatur abgestimmte Software-
Programmierung (Script-Programmierung) entwickelt. Das Programm befindet sich im
Anhang 9.2.
2
Maß für die Größe und Verteilung der abrasiven Partikel aufgrund einer Siebung: FEPA-Norm Nr.:60 be-
deutet, daß das Abrasivum durch ein Sieb mit 60 Siebmaschen pro (Inch)² gesiebt wurde.
3
Es wurden zusätzliche Versuche mit feinerem Abrasivum (Al2O3-90, Tab. 6) durchgeführt.
4
Gerät vom Typ Spider8, Fa. Hottinger Baldwin Meßtechnik (HBM)
5
CATMAN Version 2.1, Rel.2, Fa. HBM
4 Experimentelle Methoden 43
120
F N [N]
100 120
Kraft [N] ; Durchflußrate R
Verschleißtiefe D [µm]
80 90
D [µm]
[ml/min]
R [ml/min]
60
60
40
F F [N]
30
20
0 0
0 500 1000 1500 2000
Zeit t [s]
Abb. 22: Online Meßwerterfassung am Beispiel von Hartmetall 68; Anpreßkraft (FN),
Reibkraft (FF), Verschleißtiefe (D) und Flußrate (Medium) (R).
Die Wägezelle zum Messen der Normalkraft (Abb. 24) wurde mit Hilfe einer Kraftmeßdo-
se kalibriert. Zunächst wurde der Kalibrierfaktor der Kraftmeßdose ermittelt, indem sie
sukzessive mit einer definierten Kraft (Fi), die mittels Gewichten aufgebracht wurde, bela-
stet wurde. Das resultierende Signal der Kraftmeßdose [V] wurde mittels eines Voltmeters
erfaßt (Abb. 23). Der Kalibrierfaktor (Tab. 4) der Kraftmeßdose ergibt sich aus der Stei-
gung der Auftragung in Abb. 23.
Meßwertaufnehmer Kalibrierfaktor
6
Kraftmeßdose (Hilfe zur Kalibrierung von FN) 136,89 N / V
Wägezelle7 (Normalkraft) 309,17 N / mV/V
Wägezelle7 (Reibungskraft) 309,68 N / mV/V
Wegaufnehmer8 12,6 µm / mV/V
Durchflußmesser9 38,575 ml/min / Hz + 7,8 ml/min
250
200
150
Fi [N]
y = 136,89x
100
50
0
0 0,5 1 1,5 2
Meßsignal (Kraftmeßdose) [V]
Im nächsten Schritt wurde die Kraftmeßdose anstelle des Stahlrades in die Apparatur auf
diese Art und Weise eingebaut, daß die Kraftmeßdose anstatt der Probe durch die ange-
legte Normalkraft belastet wurde (Abb. 24). Der Vorteil dieses Aufbaus ist, daß sowohl die
Reibung der Linearführungsschiene sowie die Schrägstellung der Wägezelle zum Messen
der Normalkraft in die Kalibrierung einbezogen wurde. Die angelegte Normalkraft wurde
sukzessive erhöht indem das Gewicht am Hebel verschoben wurde. Dabei wurde das Si-
6
Gerät vom Typ U1 (100kg), Fa. HBM
7
Gerät vom Typ PW2G-2, Fa. HBM
8
Gerät vom Typ W1E/5, Fa. HBM
9
Gerät vom Typ FHKSC, Fa. Greisinger Electronic
4 Experimentelle Methoden 45
gnal der Kraftmeßdose [V] und der zu kalibrierenden Wägezelle [mV/V] gemessen. Das
Signal der Kraftmeßdose wird mittels des Kalibrierfaktors aus Abb. 23 in die angelegte
Normalkraft umgerechnet (Abb. 25).
250
200
150
FN [N]
y = 309,17x
100
50
0
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7
Meßsignal (Wägezelle) [mV/V]
Aus der Steigung der Auftragung in Abb. 25 ergibt sich der Kalibrierfaktor (Tab. 4) für die
Wägezelle zum Messen von FN. Dieser Faktor wurde in die Script-Programmierung einge-
arbeitet.
Die Wägezelle zum Messen der Reibungskraft (Abb. 24) wurde mittels definierter Ge-
wichte, die an den Probenhalter mit eingebauter Probe gehängt wurden, kalibriert. Die
46 4 Experimentelle Methoden
Richtung der Gewichtskraft der angehängten Gewichte und der Kreistangente am Berüh-
rungspunkt von Probe und Rad entsprechen genau der Richtung der Reibungskraft FF. Mit
den angehängten Gewichten kann also eine definierte Reibkraft simuliert werden. Die Ge-
wichtskraft der angehängten Gewichte bzw. die Reibungskraft wurde sukzessive erhöht.
Dabei wurde das Signal der zu kalibrierenden Wägezelle [mV/V] gemessen (Abb. 26).
40
30
y = 309,68x
FF [N]
20
10
0
0 0,02 0,04 0,06 0,08 0,1
Meßsignal (Wägezelle) [mV/V]
Die Gewichte des Probenhalters und der Probe, durch welche die Wägezelle auch unter
Versuchsbedingungen belastet wurde, wurden in die Kalibrierung einbezogen. Aus der
Steigung der Auftragung in Abb. 26 ergibt sich der Kalibrierfaktor (Tab. 4) für die Wäge-
zelle zum Messen von FF. Dieser Faktor wurde in die Script-Programmierung eingearbei-
tet.
Zum Kalibrieren des Wegaufnehmers, mit dem D gemessen wurde, wurde eine klassi-
sche Wegaufnehmerkennlinie, mittels einer Kalibriervorrichtung10 für Wegaufnehmer auf-
gezeichnet (Abb. 27). Die Kalibriervorrichtung ermöglicht eine schrittweise Verschiebung
des Wegaufnehmerankers in Schritten von minimal 1 µm, wobei nach jeder Verschiebung
das Signal [mV/V] des Wegaufnehmers gemessen wurde. Der Kalibrierfaktor (Tab. 4) er-
gab sich aus dem Kehrwert der Steigung des linearen Bereiches der Wegaufnehmerkennli-
nie (Abb. 27). Der Bereich (= Meßbereich des Wegaufnehmers) ist ca. 3 mm groß.
Die Kalibrierung des Durchflußmesser erfolgte über die Bestimmung der Durchflußzeit
[min] für eine Durchflußmenge von 100 ml bei konstanter Versorgungsspannung der
Tauchpumpe, die den Durchflußmesser mit dem Medium versorgt. Mittels Variation der
Versorgungsspannung wurden verschiedene Durchflußzeiten eingestellt. Gleichzeitig wur-
de das Signal [Hz] des Durchflußmessers für die jeweilige Durchflußzeit aufgezeichnet.
Die Durchflußrate [ml/min] (R) ist der Quotient aus Durchflußmenge und Durchflußzeit.
10
Eigenbau, Inst. f. Werkstoffwissenschaften (WW I), Universität Erlangen-Nürnberg
4 Experimentelle Methoden 47
Der Kalibrierfaktor des Durchflußmessers (Tab. 4) ergibt sich aus der Geradengleichung in
Abb. 28. Da der Durchflußmesser eine Mindest-Durchflußmenge (7,8 ml) zum Signalauf-
bau benötigt, ergab sich bei dieser Kalibrierung keine Ursprungsgerade.
400
Signal y = 0,0792x
(Wegaufnehmer)
[mV/V] 300
200
100
0
-20000 -15000 -10000 -5000 0 5000 10000 15000 20000
-100 Verschiebung [µm]
-200
-300
-400
80
70
R [ml/min]
60
y = 38,575x + 7,7606
50
40
30
0,5 0,7 0,9 1,1 1,3 1,5 1,7
Das Abbruchkriterium für einen Verschleißversuch war die Einhaltung einer konstanten
Verschleißrate ( W& ) über eine Verschleißtiefe von mind. 40 µm, die online gemessen wur-
de (Abb. 22). Daher lag die Versuchsdauer zwischen 3 min für weiche Hartmetalle (< 1500
HV10) und 90 min für harte Hartmetalle (> 2000 HV10).
Zur Bestimmung von ( W& )-1 (vgl. Gl. 3, Kap. 3.3.1) mußte aus der Verschleißtiefe (D)
das abgetragene Volumen (VV, Volumenverlust) berechnet werden. Nach Gl. 16 ergibt sich
VV aus der Fläche (A) und der Breite (β) des Rades (Abb. 29). A wurde aus D und dem Ra-
dius (r) des Rades berechnet, wobei die Winkelfunktionen im Bogenmaß zu berechnen
sind.
ér2 æ Dö æ æ D öö ù
VV = A ⋅ β = ê ⋅ 2 arccos ç1 − ÷ − sin çç 2 arccos ç1 − ÷ ÷÷ ú⋅β Gl. 16
êë 2 è rø è è r øø úû
Weiterhin muß zur Bestimmung von ( W& )-1 der zurückgelegten Verschleißweg (S [m]) aus
Versuchszeit (t [s]), Raddurchmesser (2r [mm]) und Umdrehungsgeschwindigkeit (n
[UpM]) errechnet werden (Gl. 17).
π ⋅ 2r ⋅ n ⋅ t
S= Gl. 17
1000 ⋅ 60
Probe
FF
100 UpM
FN FN
A
r = 97,5 mm
V
D
Abb. 29: Schemaskizze der betrachteten Kraftvektoren (links), Schemaskizze des Kontakt-
bereiches zwischen Stahlrad und Probe (rechts).
4 Experimentelle Methoden 49
Abb. 30 zeigt die online gemessene Verschleißtiefe D, aufgetragen gegen S. Aus D wurde
mittels Gl. 16 der Volumenverlust berechnet. Im nächsten Schritt wird VV gegen S aufge-
tragen (Abb. 30). Die Steigung dieser Geraden ist die Verschleißrate W& (0,00434 mm³/m),
die über dem ausgewerteten Versuchszeitraum konstant war. Der Kehrwert der Verschleiß-
rate ist der Verschleißwiderstand ( W& )-1, der für weitere Überlegungen und Auftragungen
benutzt wird.
8 120
7
Volumenverlust [mm³] 100
6 Verschleißtiefe [µm]
80
5
VV [mm³]
D [µm]
4 60
3
40
2
0,00434 mm³ / m
20
1
0 0
0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800
S [m]
Abb. 30: Bestimmung von W& = dVV / dS am Beispiel von Hartmetall 68.
Das Probenmaterial wurde in Kooperation mit Fa. TIGRA Hartstoff GmbH hergestellt.
Tab. 5 zeigt die Zusammensetzung und das WC-Ausgangspulver aller untersuchten Hart-
metalle. Leider durften aus Geheimhaltungsgründen die stöchiometrischen Komplexbin-
derzusammensetzungen nicht genannt werden. Grau unterlegte Bereiche kennzeichnen
Hartmetalle mit identischen Binderzusammensetzungen. Er wurden also insgesamt 8 ver-
schiedene Komplexbindersysteme hergestellt. Die Hartmetalle 53 und 74 stammen aus
unterschiedlichen Sinterchargen, ansonsten besitzen sie identische Zusammensetzungen
hinsichtlich aller in Tab. 5 aufgeführten Kenngrößen. Eine Einteilung der Hartmetalle in
drei Gruppen kann nach dem folgendem Schema vollzogen werden:
• Standardmaterialien (kommerzielle Hartmetalle) mit Co-Binder und verschiedenen
WC-Ausgangspulvern, die mittels Sprühtrocknungsprozeß granuliert wurden.
• Hartmetalle, hergestellt im Labormaßstab, mit Co-Binder und verschiedenen WC
Ausgangspulvern. Zum Granulieren diente das Wirbelschichtverfahren.
50 4 Experimentelle Methoden
Die Härte ist eine wichtige Werkstoffkenngröße in Bezug auf den Verschleißwiderstand,
da dieser oftmals linear mit der Härte korreliert ist [Zum87, Hutch92]. Des weiteren zeigt
sich hinsichtlich der zerspanenden Bearbeitung von Holz, daß die Härte des Schneidwerk-
stoffs oftmals mit dem Verschleißwiderstand und der damit verbundenen Standzeit pro-
portional in Beziehung steht [Shei99].
Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Härteprüfung nach Vickers (DIN ISO 3878) mit
einer Prüflast [N] von FP = 98 N (HV 10) und einer Haltezeit von 10 s durchgeführt. Um
die Vergleichbarkeit der gemessenen Härtewerte gewährleisten zu können, mußten folgen-
de Faktoren beachtet werden:
• Abhängigkeit der Härte von der Prüflast (Abb. 31). Die Härtemessung sollte möglichst
unabhängig von der Prüflast sein, damit nicht zu hohe Härten gemessen werden. Die
Prüflast, die im Rahmen dieser Arbeit gewählt wurden, erfüllt diese Forderung in erster
Näherung. Höhere Prüflasten wären aufgrund der relativ hohen Härte der untersuchten
Werkstoffe problematisch gewesen, da die Diamantspitze des Härteprüfgerätes11 be-
schädigt worden wäre.
2500
2000
Vickershärte
1500
1000
0 200 400 600 800 1000 1200 1400
Last [N]
11
Gerät vom Typ V100-A, Fa. LECO
54 4 Experimentelle Methoden
2500
2000
1500
HV 10
1000
500
0
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
∆ [mm ]
Abb. 32: Abhängigkeit der Härte (DIN 50133) vom Durchmesser des Härteeindrucks (Gl.
18), mit FP = 98 N (HV10).
12
Gerät vom Typ DMRM, Fa. Leica
13
Gerät vom Typ Prog/Res/3008, Fa. Kontron Elektronik
14
Image C (Ver. 2,50a), Fa. Imtronic GmbH
4 Experimentelle Methoden 55
K Ic = A ⋅ HV 10 ⋅ FP 4 Gl. 19
åL
1
i
4.3 Oberflächenrauheit
Die Oberflächenrauheit nach DIN 4768 wird durch die vom maximalen Höhenunterschied
der Oberflächentopographie bestimmte gemittelte Rautiefe (Rz) charakterisiert. Rz ist in der
Regel der arithmetische Mittelwerts der Einzelrautiefen (Z) bezogen auf 5 Einzelmeßstrek-
ken (le) (Abb. 33).
Abb. 33: Maximale (Rmax) und gemittelte Rautiefe (Rz) nach DIN 4768.
56 4 Experimentelle Methoden
15
Gerät vom Typ S6P, Fa. Mahr-Perthen
4 Experimentelle Methoden 57
16
Gerät vom Typ JSM-6400, Fa. JEOL
4 Experimentelle Methoden 59
sung erhöhen sollte, zum anderen, daß mehr Sekundärelektronen angeregt werden, die zur
Bildentstehung beitragen können.
Bei einer höheren Beschleunigungsspannung kommt es allerdings zu einer stärkeren
elektrostatischen Aufladung aufgrund der unzureichenden Leitfähigkeit von Hartmetall,
insbesondere bei Bindergehalten < 5%. Als Folge einer höheren Beschleunigungsspannung
wird das angesprochene Grundrauschen verringert, aber die Bildqualität (Kantenüber-
strahlung) als Folge der Aufladung unverhältnismäßig verschlechtert. Um die Leitfähigkeit
zu erhöhen wurde auf die Proben Gold oder Kohlenstoff aufgesputtert. Durch diese Maß-
nahmen konnte allerdings keine weitere Verbesserung in der Bildqualität erzielt werden,
was wahrscheinlich auf eine nicht optimale Sputtertechnik zurückgeführt werden kann.
Ein weiteres Problem, die optimale Bildqualität bei höchster Auflösung zu erreichen,
ist der ferromagnetische Anteil in Form der Binderphase (Fe/Ni/Co). Durch diesen Anteil
kommt es zur Inkohärenz des Primärelektonenstrahls und der ausgetretenen Sekundärelek-
tronen, dieser Effekt der Strahlinkohärenz ist auch von Stählen bekannt. Der Effekt ver-
stärkt sich mit kleiner werdendem Binderanteil, da die Koerzitivfeldstärke (hartmagneti-
scher Anteil) ebenfalls ansteigt. Die Problematik der Strahlinkohärenz kann mittels einer
Astigmatismuskorrektur weitgehendst kompensiert werden. Aus diesen Überlegungen er-
gaben sich folgende Parametereinstellung für das REM (Tab. 7).
Neben dem SE-Kontrast wurde auch die Bilderzeugung mittels rückgestreuter Elektronen
(Back-Scattered-Electrons, BSE-Kontrast) getestet. Der BSE-Kontrast führte allerdings zu
einer schlechteren Auflösung, da die detektierten rückgestreuten Elektronen aus einem
tieferen Teil der Wechselwirkungsbirne stammen. Die Wechselwirkungsbirne ist hier
breiter, was zur Folge hat, daß der Elektronenstrahldurchmesser nicht vollständig ausge-
nutzt werden kann.
Eine Murakami-Ätzung (Kap. 4.5.1) der Schliffe zeigte sich für die REM-
Untersuchungen als unvorteilhaft. Daher wurde zur Untersuchung mittels LM immer nur
ein Teil des jeweiligen Schliffes angeätzt.
Ein weiterer wichtiger Faktor, höchste Auflösung in Verbindung mit guter Bildqualität
zu erzielen, ist die Präparation der Hartmetallschliffe für die REM-Untersuchungen. Aus
mehreren Präparationsversuchen, bei denen z. B. Schleif- und Polierzeit, Schleif- und Po-
60 4 Experimentelle Methoden
Sinn der quantitativen Gefügeanalyse war es, primär die mittlere arithmetische WC-
Korngröße (LWC) zu ermitteln. Darüber hinaus wurde auch die mittlere freie Binder-
weglänge (LBi) gemessen. LBi ist von den untersuchten Gefügekenngröße diejenige mit den
kleinsten Abmessungen, und ist daher mit der größten Meßungenauigkeit belastet. Mit
Hilfe dieser Gefügekenngrößen wurden die Volumenanteile von Binderphase und Hart-
stoffphase ermittelt, sowie die Kontiguität berechnet [Sail01, Sail02]. Die Analysen wur-
den äquivalent zu [Nord91] durchgeführt und ausgewertet.
Die Gefügeanalysen wurden mittels REM an Querschliffen, die mittels eines speziellen
Verfahrens präpariert wurden (Kap. 4.5.2), durchgeführt. Es wurden ausschließlich Proben
im Ausgangszustand zur Gefügeanalyse betrachtet.
Zusätzlich wurde eine Gefügeanalyse am Standardmaterial T10 SMG mittels TEM
durchgeführt, um die Genauigkeit von REM-Analysen sicherzustellen (Kap. 5.5.1.1). Zur
Gefügeanalyse dienten drei unabhängige, repräsentative REM-Bilder, die bei 15000-facher
Vergrößerung nach den REM-Parametern von Tab. 8 erstellt wurden. Aufgrund der Fein-
17
Fa. Struers
4 Experimentelle Methoden 61
körnigkeit der untersuchten Gefüge mußte mit dieser, für REM-Bilder relativ hohen Ver-
größerung gearbeitet werden. Die dabei auftretende Problematik wurde in Kap. 4.5.2 be-
schrieben. Die TEM-Bilder wurden bei 41000-facher Vergrößerung erstellt und zu drei
Montagen mit jeweils sechs Bilden zusammengefügt. Ein Nachteil der Gefügeanalyse
mittels TEM war, daß es nicht möglich war, die freie Binderweglänge zu erfassen, d. h. die
TEM-Analyse bezieht sich also ausschließlich auf die WC-Sehnenlängen.
Die Auswertungen der Gefügebilder, die mittels REM und TEM erstellt wurden, er-
folgte nach identischer Vorgehensweise. Die Umrisse der WC-Körner auf den Bildern
wurden auf Klarsichtfolie umgezeichnet. Über die Klarsichtfolien wurden äquidistante
Schnittlinien (Abstand ca. LWC) gelegt, um die WC-Sehnenlängen (LWC) sowie LBi an den
Linien entlang auszumessen. Die Messung erfolgte mittels eines Digitalisierbrettes in Ver-
bindung mit einem Softwareprogramm nach [Pott94]. Um die Forderung nach einer ste-
reologisch repräsentativen Fläche [Unde70] zu erfüllen, wurden 440 WC-Sehnenlängen
mittels TEM-Montagen (Material: T10 SMG) und bis zu 700 Sehnenlängen von jeder Pha-
se mittels REM-Bildern vermessen.
Die stereologische Auswertung soll im Folgenden bezüglich der WC-Körner beschrie-
ben werden. Die Bestimmung von LBi erfolgte auf identische Weise. Der arithmetische
Mittelwert wurde nach Gl. 20 aus der Anzahl aller gemessenen Sehnenlängen (N) und der
Größe der jeweils gemessenen Sehnenlänge (Li, WC) berechnet.
1 N
LWC = ⋅ å Li ,WC Gl. 20
N i =1
Um die Art der Verteilung, den geometrischen Mittelwert (Medianwert) bezüglich LWC und
LBi sowie die Varianz der Verteilung der betrachteten Sehnenlängen zu bestimmen, wurde
die normierte Summenhäufigkeit [%] berechnet. Zunächst wurde jeder gemessenen Seh-
nenlänge eine Klasse zugeordnet, mehrfach auftretende Sehnenlängen wurden zu einer
Klasse zusammengefaßt. Aus dieser Klasseneinteilung ergibt sich nach Gl. 21 die nor-
mierte Summenhäufigkeit für jede Klasse (Fi,kum).
−1
Fi , kum
i
æk ö
= å Z ⋅ç å Z ÷ ⋅100% Gl. 21
i i
i =1
è i =1 ø
• Zi ist die Anzahl der Sehnenlängen in der Klasse i und k ist die Gesamtanzahl der Klas-
sen.
62 4 Experimentelle Methoden
Die Auger-Elektronen-Spektroskopie ist eine Technik zur chemischen Analyse von Ober-
flächen. Das Verfahren beruht auf einer energiedispersiven Analyse von Auger-
Elektronen. Auger-Elektronen sind Sekundärelektronen, die in einer Tiefe von 5 - 50 Å im
Material durch Primärelektronenstrahlanregung (3 - 25 keV) entstehen und ohne Energie-
verlust aus der Oberfläche heraustreten. Die kinetischen Energien dieser Elektronen (20 -
2000 keV) werden mittels einer sog. „CMA-Anordnung“ (Cylindrical-Mirror-Analyzer),
bestehend aus einem Sekundärelektronenfilter in Verbindung mit einem gerichteten elek-
trischen Feld, charakterisiert [Brig90].
Tab. 10 zeigt einen Vergleich zwischen AES und EDX (Energie-Dispersive-X-Ray).
AES EDX
Elementnachweis Z>2 Z > 10
Informationstiefe 5 -50 Å 1 - 4 µm
Nachweisgrenzen 0,1 - 1 At.% > 1 At.%
laterale Auflösung18 10 - 40 nm ≈ 1 µm
Tab. 10 zeigt u. a., daß der Elementnachweis mittels AES für Elemente mit Ordnungszahl
Z > 2 möglich ist, mittels EDX ist ein Nachweis nur für Elemente mit Z > 10 möglich.
Dies bedeutet, daß z. B. Sauerstoff (Z = 8) mittels EDX nicht zuverlässig nachgewiesen
werden kann.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde AES19 angewandt, um Oberflächen nach tribologi-
scher Beanspruchung zu untersuchen. Da sich gezeigt hatte, daß sich auf entsprechenden
Oberflächen ein tribologischer Film von 1-2 µm Dicke bildet, war die AES-Technik sehr
gut geeignet, ausschließlich Informationen aus dem angesprochenen Film zu liefern. Die
untersuchten Oberflächen können mit dem benutzten Gerät, nach dem gleichen Abbil-
dungsverfahren wie im REM, mittels SE-Kontrast als Bild dargestellt werden. Eine Bilder-
zeugung mittels Auger-Elektronen war nicht möglich.
Vor den Untersuchungen mittels AES wurden die Probenoberflächen mit Hilfe von
Argon-Ionen abgesputtert, um adsorbierten Sauerstoff und andere Verunreinigungen zu
entfernen. Weitere Probenpräparation vor den AES-Untersuchungen beschränkten sich auf
eine Reinigung der Proben von ca. 10 min mittels Ultraschall in Methanol.
18
Abhängig von der Beschleunigungsspannung der Primärelektronen.
19
Gerät vom Typ Auger Nanoprobe Typ 670, Fa. Physical Electronics Inc. (PHI)
4 Experimentelle Methoden 63
Mit dem Rasterkraftmikroskop ist es möglich, die Oberfläche leitender und nichtleitender
Materialien mit nahezu atomarer lateraler sowie topographischer (Höhenauflösung, Z-
Kontrast) Auflösung abzubilden. Hier liegt der Vorteil gegenüber dem REM, dessen Auf-
lösungsvermögen durch hochohmige Materialien, wie sie im Rahmen dieser Arbeit auftra-
ten, negativ beeinflußt wird. Des weiteren läßt das Rasterkraftmikroskop im Gegensatz
zum REM qualitative Rückschlüsse auf das Höhenprofil der Probenoberfläche zu (z. B.
Werte für mittlere Rauheit).
Die mikrostrukturellen Untersuchungen mittels AFM sollten zunächst ein Vergleich zu
entsprechenden REM Untersuchungen darstellen. Weiterhin sollte die Oberflächen insbe-
sondere nach einer Verschleißbeanspruchung charakterisiert werden, da die feine Mi-
krostruktur entsprechender Oberflächen mittels REM nur schwer zugänglich waren. Es
wurden Probenoberflächen von drei verschiedenen Hartmetallen im polierten Zustand
(Ausgangszustand) und nach tribologischer Beanspruchung untersucht. Die Probenpräpa-
ration der polierten sowie der tribologisch beanspruchten Oberflächen beschränkte sich auf
eine Reinigung von ca. 10 min mittels Ultraschall in Methanol. Im Rahmen dieser Arbeit
kamen für die Untersuchungen zwei verschiedene Raster-Kraft-Mikroskope20, 21 zum Ein-
satz.
Der prinzipielle Aufbau eines Rasterkraftmikroskopes (AFM) ist in Abb. 34 darge-
stellt. Das wichtigste Bauelement eines AFM ist eine feine kegelförmige Sondenspitze, die
sich an der Unterseite eines Cantilevers (Blattfeder, Sondenarm) befindet.
Spiegel
Detektor Laser
Sonde
Probe
Regelkreis
Piezokeramik
Bilderzeugung
20
Gerät vom Typ AutoProbe M5, Fa. ThermoMicroscopes (PSI), Messung am Inst. f. techn. Physik, FAU-
Erlangen.
21
Gerät vom Typ AutoProbe CP Research, Fa. ThermoMicroscopes (PSI). Messung bei Fa. ATOS, bei
Darmstadt.
64 4 Experimentelle Methoden
Die Spitze besteht im allgemeinen aus Silizium oder Siliziumnitrid und besitzt einen Spit-
zenradius von 10 - 100 nm. Die Sondenspitze wird ähnlich einer Schallplattennadel zeilen-
förmig über die Probenoberfläche gerastert. Dabei wird zwischen zwei Hauptabbildungs-
modi (Betriebsart des AFM) unterschieden. Je nach Abstand von der Probenoberfläche
wirken anziehende (contact-mode) oder abstoßende (non-contact-mode) van der Waals
Wechselwirkungskräfte zwischen Sondenpitze und Probenoberfläche. Im contact-mode
befindet sich die Sondenspitze nur wenige Angstrom über der Probenoberfläche. Beim
non-contact-mode beträgt die Entfernung Spitze - Probe einige hundert Angstrom (weit
reichende van der Waals Wechselwirkungen). Aufgrund dieser Wechselwirkungen kommt
es zu einer Verbiegung und zu einer Verdrehung (Torsion) des Cantilevers, was mittels
eines Laserstrahls registriert wird (Abb. 34). Die veränderte Reflexion des Lasers, welche
von einer Fotodiode (Detektor) aufgenommen wird, aktiviert einen Regelkreis, der mittels
piezoelektrischer Verschiebeelemente den Abstand zwischen Probenoberfläche und Son-
denspitze regelt. Mit Hilfe des Regelkreises wird der Abstand mittels entsprechender Pro-
benverschiebung entweder konstant gehalten oder auf diese Weise geändert, daß die Stärke
der Wechselwirkungen konstant bleibt. Das an den Piezokristallen anliegende Spannungs-
signal, das für die Probenverschiebung verantwortlich ist, wird in ein Oberflächenprofil
umgewandelt.
22
Gerät von Typ CM 200, Fa. Philips
4 Experimentelle Methoden 65
4.5.5.1 Zielpräparation
Praparationsrichtung
2 mm
Verschleißriefen
ca. 0,15 mm
2 mm
23
Gerät vom Typ 3242 ,Fa. Well
24
Klebstoff vom Typ G1, Fa. Gatan
25
Gerät vom Typ 656, Fa. E. A. Fischione Instruments, INC
26
Gerät vom Typ RES 010, Fa. Baltec
66 6 Diskussion
5 Ergebnisse
In diesem Abschnitt sollen die für diese Arbeit relevanten Ergebnisse beschrieben werden.
Ergebnisse bezüglich Festigkeit und Ermüdungsverhalten von identischen Hartmetallen
finden sich in [Sail01, Sail02]. Die Nomenklatur der Hartmetallproben in [Sail01] ent-
spricht der Nomenklatur (Kap. 4.1.4; Tab. 5) dieser Arbeit.
Mittels der in Tab. 11 aufgeführten Verfahren wurden die für diese Arbeit eingesetzten
WC-Ausgangspulver, die von vier verschiedenen Herstellern bezogen wurden, untersucht.
Eine kurze Beschreibung des jeweiligen Verfahrens findet sich unter Tab. 11. Die Pulver
des Herstellers Tokyo Tungsten wurden nach dem beschriebenen Verfahren der carbo-
thermischen Reduktion hergestellt, die übrigen Pulver wurden nach der konventionellen
Route hergestellt (Kap. 3.1.2, Abb. 5). Die vergleichsweise hohe Feinheit der mittels car-
bothermischer Reduktion hergestellten Pulver wurde mittels der durchgeführte BET-
Messung bestätigt.
Hersteller Pulverbe- Inhibitorgehalt FSSS1) BET2) BET2) ∅ D (v, 0,5)3) Cges4) O4)
zeichnung [Gew.%] [µm] [m²/g] [µm] [µm] [Ma.%] [ppm]
WBH WC 05 D 0,64 Cr3C2 0,56 1,98 0,19 1,12 6,18 2440
0,32 VC
H.C.Starck DS 40 0,6 Cr3C2 0,46 2,35 0,16 0,97 6,15 4620
0,45 VC
DOW / Super-Ultra 0,4 Cr3C2 --- 1,94 0,21 4,19 6,05 2460
OMG -Fine 0,3 VC
Tokyo WC 02 N 1 Cr3C2 --- 3,32 0,12 2,91 6,2 2800
Tungsten
Tokyo WC 02 NR ohne 0,6 3,56 0,11 --- 6,12 3300
Tungsten Inhibitor
1) 2) 3) 4)
Fisher-Wert Stickstoffadsorbtion Malvern Master Sizer Verbrennungsanalyse
5 Ergebnisse 67
6
BET ∅ = Gl. 22
S⋅ρ
27
Gerät vom Typ ASAP 2000, Fa. Micromeritics
28
Herstellerangaben, Messung erfolgte am Standardgerät
29
Gerät vom Typ Mastersizer 2000, Fa. Malvern-Instruments
30
Gerät vom Typ EA1106 (CHN) bzw. EA1108 (1108), Fa. Carlo-Erba
31
Gerät vom Typ TC136, Fa. Leco
68 6 Diskussion
BET ∅[µm]
[µm]
0,3
LWC-Sehnenlänge
WC [µm]
[µm]
0,25
0,2
[µm] 0,15
0,1
0,05
0
)
)
BH
)
W
rc
.)
.)
(W
.T
ta
.T
O
.S
(D
(T
(T
D
.C
2N
02
05
(H
R
2N
C0
C
C
40
W
W
C0
W
S
W
D
Nach Abb. 36 kommt es bei fast allen Hartmetallen trotz Inhibitorzugabe von ca. 1 Gew.%
zu einem Kornwachstum der WC-Phase auf 200 - 300 µm. Diese Tatsache wird von
[Rich97, Schu95] bestätigt.
Eine Ausnahme scheint hier das Pulver des Herstellers DOW zu sein. Allerdings be-
sitzt dieses Pulver den höchsten Agglomerationsgrad (Tab. 11: D (v, 0,5) = 4,19 µm), was
zur Folge haben könnte, daß bei der BET-Messung nicht die gesamte WC-Oberfläche be-
rücksichtigt werden konnte, da WC-Kristallite innerhalb von Agglomeraten nicht mit Sau-
erstoff adsorbiert werden kann. Die Folge wäre ein zu großer BET ∅-Wert.
5 Ergebnisse 69
Des weiteren fällt in Abb. 36 auf, daß das laut BET ∅-Wert feinste bzw. gröbste Aus-
gangspulver nicht automatisch zum Hartmetall mit der kleinsten bzw. größten WC-
Korngröße führt. Dies ist ein Hinweis, daß die resultierende WC-Korngröße im Sinterkör-
per zusätzlich von anderen Eigenschaften (Sauerstoffbelegung, Kohlenstoffkonzentration)
des Ausgangspulvers abhängt.
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß sich das Potential der heute auf dem Markt er-
hältlichen feinkörnigen WC-Pulver noch nicht auf den Sinterkörper in Form von einer ent-
sprechend kleinen WC-Korngröße übertragen werden kann. Der Grund ist das konventio-
nelle Verfahren der Flüssigphasensinterung (Kap. 3.1.2), das auch bei extrem feinen Aus-
gangspulvern mit entsprechender Inhibitordotierung unumgänglich zu einem globalen
Kornwachstum der WC-Kristallite führt [Rich97, Schu95]. Daher sind WC-Korngrößen
von 200 - 300 nm im gesinterten Hartmetallkörper momentan der aktuelle Stand der Tech-
nik. Abhilfe kann möglicherweise nur mittels anderer Sinterverfahren (z. B. Mikrowel-
lensintern) geschaffen werden.
70 6 Diskussion
Tab. 12 zeigt die Ergebnisse der Verschleißversuche mit Al2O3-6032 als Abrasivum und
einer Normalkraft von 100N. Ergänzend wurden in der Tabelle der Binderanteil und die
Binderzusammensetzung eingetragen. Wie auch in Tab. 5 (Kap. 4.1.4) sind Hartmetalle
mit identischer Binderzusammensetzung grau unterlegt. Aus Tab. 12 sind folgende Punkte,
die in weiteren Verlauf dieser Arbeit diskutiert werden sollen, ersichtlich:
• Auffällig ist die Verknüpfung von einem geringen Binderanteil mit einem hohen Ver-
schleißwiderstand, was besonders gut bei den Hartmetallen mit identischer Binderzu-
sammensetzung zu sehen ist. Ausnahmen sind bei den Standardmaterialien zu finden.
Die Hartmetalle T04 F, T06 MG und T08 MG zeigen im Vergleich zu den übrigen
Hartmetallen trotz ihres relativ geringen Binderanteiles nur einen geringen Ver-
schleißwiderstand. Im Verlauf der Diskussion wird sich zeigen, daß diese Tatsache auf
die gröbere Gefügestruktur dieser Hartmetalle zugeführt werden kann.
• Der positive Einfluß der Inhibitordotierung auf die Verschleißeigenschaften wird be-
sonders deutlich durch den Vergleich zwischen den Hartmetallen ohne Inhibitorzugabe
und den entsprechenden Hartmetallen mit Inhibitor. Zurückzuführen ist der positive
Einfluß der Inhibitoren auf ihre kornwachstumshemmende Wirkung bezüglich der
WC-Körner.
• Hartmetalle mit 10 Gew.% Binderinhalt zeigen trotz gleichen Binderinhaltes eine gro-
ße Spannweite in ihren Verschleißwiderständen (Hartmetall 74: ( W& )-1 = 84 m / mm³;
Hartmetall 54: ( W& )-1 = 434 m / mm³). Dies ist ein erster Hinweis, daß neben Binderin-
halt und WC-Korngröße, auch Binderzusammensetzung, WC-Ausgangspulver und In-
hibitordotierung die Verschleißeigenschaften stark beeinflussen.
• Die Reibkraft fällt prinzipiell mit höherem Verschleißwiderstand ab, da die Intensität
der Wechselwirkungen zwischen Abrasivkorn und Probenoberfläche mit steigendem
Verschleißwiderstand abnimmt.
32
Maß für die Größe und Verteilung der abrasiven Partikel aufgrund einer Siebung: FEPA-Norm Nr.:60
bedeutet, daß das Abrasivum durch ein Sieb mit 60 Siebmaschen pro (Inch)² gesiebt wurde (Kap. 5.2.3).
5 Ergebnisse 71
48 10 Co 163 21,0
80 10 Co 227 24,1
84 2,5 Co 2567 19,6
85 2 Co 3610 21,6
56 4 Fe/Co/Ni 997 19,7
53 10 Fe/Co/Ni 91 21,2
74 10 Fe/Co/Ni 84 25,6
54 10 Fe/Co 434 19,4
61 10 Fe/Ni 115 23,4
52 (ohne Inhibitor) 10 Fe/Co/Ni 142 23,3
81 10 Fe/Co/Ni 276 22,4
Labormaßstab
Neben den in Kap. 5.2.1 dargestellten tribologischen Untersuchungen wurden weitere Ver-
schleißexperimente mit Normalkräften von 10 N bis 140 N und unterschiedlichen Abrasiva
an Hartmetallen mit identischer Komplexbinderzusammensetzung (Hartmetalle: 66, 68, 69,
70, 71 und 72) von [Colle01] durchgeführt (Tab. 13). Die Abrasiva unterschieden sich hin-
sichtlich ihrer Härte (SiO2, Al2O3, SiC) sowie ihrer Partikelgröße (∅) (Al2O3-60 (212 µm <
∅ < 355 µm), Al2O3-90 (125 µm < ∅ < 180 µm)) (vgl. Kap. 5.2.3).
Aus Tab. 13 sind folgende Punkte, die in weiteren Verlauf dieser Arbeit diskutiert wer-
den sollen, ersichtlich:
• Eine Erhöhung der Normalkraft äußert sich in einem deutlichen Abfall des Ver-
schleißwiderstandes und einer Erhöhung der Reibkraft, wie aus den Versuchen an den
Hartmetallen 70 und 72 mit Al2O3-60 als Abrasivum hervorgeht (siehe dazu [Colle01]).
• Die Verschleißversuche mit 100 N bzw. 140 N und verschiedenen Abrasiva mit glei-
cher Abrasiv-Korngröße (Nr.:60) haben gezeigt, daß die Art des Abrasivums entschei-
dend für den Verschleißwiderstand ist. Dabei zeigen Versuche mit SiO2 als Abrasivum
die größten, und Versuche mit SiC als Abrasivum die geringsten Verschleißwiderstän-
de. Weiterhin fällt auf, daß die Versuche mit Al2O3 als Abrasivum die größte Streu-
breite hinsichtlich der Verschleißwiderstände zeigen. Mit Hilfe dieser Versuchsreihe
kann im weiteren Verlauf die Verschleiß-Hochlage / Tieflage-Charakteristik nachge-
wiesen werden.
• Der Einfluß der Korngröße des Abrasivums auf das Verschleißverhalten wurde durch
die Versuche mit Al2O3-90 als Abrasivum bei einer Normalkraft von 100 N charakteri-
siert. Der Vergleich mit Verschleißversuchen mit Al2O3-60 und FN = 100 N zeigt, daß
die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführte Änderung der Abrasiv-Korngröße nur ei-
nen geringen Einfluß auf das Verschleißverhalten der betrachteten Hartmetalle hat.
5 Ergebnisse 73
Tab. 13: Ergebnisse der tribologische Untersuchungen mit verschiedenen Abrasiva und
Normalkräften von 10 N bis 140 N an Hartmetallen mit identischer Komplex-
binderzusammensetzung.
Im Rahmen dieser Arbeit kamen 3 unterschiedliche Arten von Abrasiva (SiO2-60, Al2O3-
60, SiC-60 (Abb. 37, Abb. 38)) mit identischer Abrasiv-Korngröße zum Einsatz, um den
Einfluß der Härte (Tab. 14) des jeweiligen Abrasivums auf die Verschleißeigenschaften zu
charakterisieren. Des weiteren kam ein Abrasivum (Al2O3-90) mit kleinerer Korngröße
zum Einsatz (Abb. 38). Die Zahl hinter der chemischen Formel des Abrasivums charakteri-
siert (nach der sogenannten FEPA-Norm) die Korngröße und -verteilung des betrachteten
Abrasivums. Beispielsweise bedeutet Al2O3-90, daß dieses Abrasivum durch ein Sieb mit
90 Siebmaschen pro (Inch)² gesiebt wurde. So kennzeichnet die FEPA-Norm Nr.:60 eine
Partikelgröße (∅) von 212 µm < ∅ < 355 µm, und die FEPA-Norm Nr.:90 von 125 µm <
∅ < 180 µm.
Abrasivum Härte HV
SiO2 (Siliziumoxid) 975
Al2O3 (Aluminiumoxid) 1900
SiC (Siliziumkarbid) 2350
Die Kornform, -größe und -verteilung eines Abrasivums beeinflußt die Intensität der
tribologischen Beanspruchung (Kap. 3.3.2). Hinsichtlich der Kornform zeigen alle Abrasi-
va nach Abb. 37 und Abb. 38 eine gebrochene, nicht verrundete Form. Die Vergleichbar-
keit von Verschleißversuchen, die mit den Abrasiva nach FEPA-Norm Nr.:60 durchgeführt
wurden, konnte nur gewährleistet werden, wenn die Abrasiva neben gleicher Kornform
auch eine identische Korngröße und Kornverteilung aufweisen. Diese Forderung wurde
mittels Siebanalyse (DIN ISO 4497) überprüft (Abb. 39, Abb. 40), denn die Angabe der
FEPA-Norm dient nur zur groben Abschätzung hinsichtlich Größe und Verteilung der Ab-
rasivpartikel.
Im Rahmen der Siebanalyse wird das jeweilige Abrasivum durch einen Siebturm ge-
siebt. Dieser Turm bestand aus Sieben mit den Maschengrößen 355 µm, 212 µm, 180 µm,
125 µm, 90 µm und 63 µm. Die Siebanalysen zeigen, daß die Abrasiva nach FEPA-Norm
Nr.:60 die angesprochne Forderung nach gleicher Abrasiv-Korngröße weitgehendst erfül-
len. Al2O3-90 zeigt, wie erwartet, ein Maximum in der Verteilung der Abrasiv-Korngröße
zwischen 125 µm und 180 µm.
5 Ergebnisse 75
Abb. 37: Eingesetzte Abrasiva: SiO2-60 (links), Al2O3-60 (rechts); LM, Dunkelfeld [Col-
le01].
Abb. 38: Eingesetzte Abrasiva: SiC-60 (links), Al2O3-90 (rechts); LM, Dunkelfeld [Col-
le01].
100
80
Gewichtsanteil [%]
Ausgangszustand
nach Verschleißversuch
60
40
SiO2-60
Al2O3-60
20
0
0
< 63 63 90 125 180 212 355
Siebmaschengröße [µm]
Abb. 39: Siebanalyse (DIN ISO 4497) der Abrasiva SiO2-60 und Al2O3-60.
76 6 Diskussion
100
80
Gewichtsanteil [%] Ausgangszustand
60
nach Verschleißversuch
40
Al2O3-90
SiC-60
20
0
<063 63 90 125 180 212 355
Siebmaschengröße [µm]
Abb. 40: Siebanalyse (DIN ISO 4497) der Abrasiva SiC-60 und Al2O3-90.
Des weiteren wurden Siebanalysen an Abrasiva durchgeführt, mit welchen zuvor ein Ver-
schleißversuch durchgeführt wurde (Abb. 39, Abb. 40). Vor der Siebanalyse mußten die
benutzten Abrasiva allerdings getrocknet werden. Der Vergleich der Siebanalyse eines
Abrasivums im Ausgangszustand und nach Benutzung gibt Auskunft über die Zerkleine-
rung des Abrasivums aufgrund der tribologischen Beanspruchung. Dabei zeigt sich, daß
alle gröberen Abrasiva während eines Verschleißversuches zerkleinert werden. Insbeson-
dere wird SiO2 bis < 63 µm (Staubanteil) zerkleinert. Hingegen wird das geringfügig feine-
re Al203-90 im Vergleich zu den übrigen Abrasiva kaum zerkleinert.
5.2.4 Reproduzierbarkeit
Im Hinblick auf die Forderungen an einen Verschleißversuch (Zielsetzung, Punkt 1.)), die
Reproduzierbarkeit der Verschleißergebnisse an einer Hartmetallsorte zu gewährleisten,
wurden 3 Verschleißexperimente mit identischen Parametern (Kap. 4.1.1) zu unterschiedli-
chen Zeiten (nicht in Folge) am Hartmetall 72 durchgeführt (Abb. 42).
Auffällig sind die unterschiedlichen Einlaufbereiche (Abb. 42), bis es zu einem meßba-
ren Volumenverlust kommt. Zurückzuführen ist dies auf die Ausbildung eines Abrasiv- /
Wasser-Films zwischen dem Rad und der Probe. Erst wenn sich dort ein stationärer Film
mit konstanter Dicke eingestellt hat, kommt es zu einem meßbaren Anstieg der Ver-
schleißtiefe. Die Einlaufbereiche werden beim Anlegen der Geraden zur Ermittlung der
Verschleißrate jedoch nicht berücksichtigt.
Aus den Steigungen der Geradengleichungen in Abb. 42 ergeben sich nach Kap. 4.1.3
die Verschleißwiderstände der einzelnen Versuche (Tab. 15).
5 Ergebnisse 77
Aus Tab. 15 ist die gute Reproduzierbarkeit der 3 durchgeführten Verschleißversuche er-
sichtlich. Der maximale Fehler zwischen Versuch 1 und Versuch 2 in bezug auf ( W& )-1
beträgt weniger als 4 %. Diese Tatsache spricht für die Konstanz der Komponenten des
betrachteten Tribosystems (Kap. 3.3), d.h. Konstanz der eingestellten Versuchsparameter
(Kap. 4.1.1, Tab. 3).
14
y = 0,0712x - 0,6321
[mm³]
12
10
V
Volumenverlust V
8 y = 0,0685x - 0,7724
6 y = 0,0691x - 1,9103
0
0 50 100 150 200
Verschleißweg s [m]
Es wurden Schneidversuche mit identischen Schneidparametern (Tab. 16) mit Hilfe einer
kommerziellen Holzzerspanungsapparatur33 an Hartmetallschneidmessern mit 6 verschie-
denen Zusammensetzungen und einer einheitlichen Geometrie (Tab. 16) durchgeführt. Die
Zusammensetzungen der Schneidmesser entsprechen den Zusammensetzungen der Hart-
metalle T04 F, T03 SMG, 84, 85, 78 und 75 (Kap. 4.1.4) aus denen außerdem Verschleiß-
proben hergestellt wurden. Die Schneidmesser wurden von der Firma TIGRA hergestellt.
Das Abbruchkriterium der Schneidversuche war eine Ausbruchgröße > 0,1 mm an der
Schneidkante und eine maximale Ausbruchdichte von einem Ausbruch auf 200 mm. Bei
der Erfüllung dieser Kriterien wurde der Schneidversuch abgebrochen, und die bis zu die-
sem Zeitpunkt geschnittene Länge an Spanplatte wurde als Gesamtschnittweg erfaßt. Als
Gesamtschnittweg wird nach ISO 3002 der Schnittweg bezeichnet, den alle Schneiden ei-
nes Werkzeugs während einer bestimmten Schnittzeit gemeinsam schneidend im Werk-
stück zurücklegen. Der Standweg hingegen bezeichnet die Summe aller Schnittwege, die
eine Einzelschneide bis zum Erliegungspunkt (Nutzungsende der Schneide) im Werkstück
zurücklegt. [Maie00]
Geometriedaten
Abmessungen 30x12x1,5 mm³
Spanwinkel 20°
Freiwinkel 15°
Achswinkel 0°
Versuchparameter
Drehzahl 18000 UpM
Messerkopfdurchmesser 16 mm
Vorschub 5 m / min
Anzahl der Schneiden 2
Tab. 17 zeigt die Ergebnisse der Schneidversuche an Hartmetallen mit < 5 Gew.% Binde-
rinhalt, welche im Rahmen dieser Arbeit hergestellt wurden. Die vergleichbaren Stan-
dardmaterialien (T04 F, T03 SMG) zeigen einen deutlich geringeren Gesamtschnittweg
(bis zu Faktor 4,5). Des weiteren wurde in Tab. 17 das Ergebnis eines Schneidversuchs an
einem diamant beschichteten Hartmetall eingetragen. Die Beschichtung erfolgte durch ein
33
Gerät vom Typ CNC-Oberfräse, Firma Reichenbacher
5 Ergebnisse 79
Tab. 18 zeigt die Ergebnisse bezüglich Härte, Bruchzähigkeit (KIc), gemittelter Rautiefe
(RZ) , Koerzitivfeldstärke (HC) und spezifische Sättigungsmagnetisierung (MS) am Pro-
benmaterial von Tab. 5 (Kap. 4.1.4). Hartmetalle mit identischer Komplexbinderzusam-
mensetzung wurden grau unterlegt. Generell zeigt sich im Vergleich mit Tab. 12, daß der
Verschleißwiderstand ansteigt, wenn die Härte und Hc, ansteigen und gleichzeitig KIc, RZ
und MS abfallen.
Aus Tab. 13 sind folgende Punkte, die in weiteren Verlauf dieser Arbeit diskutiert wer-
den sollen, ersichtlich:
• Bruchzähigkeit und Härte zeigen prinzipiell ein gegenläufiges Verhalten, was charakte-
ristisch für harte, spröde Materialien ist. Allerdings zeigt sich nach Abb. 42 das für
feinkörnige Hartmetalle typische Verhalten: Eine Härtesteigerung ist aufgrund der
Feinkörnigkeit nur mit einem geringen Abfall der Bruchzähigkeit verbunden (Kap.
3.1.1) [Daub95, Kola93, Rich99].
80 6 Diskussion
14
12
]
-3/2 10
8
KIC [MNm
6
Co-Binder
4
Fe/Ni/Co-Binder
2 Standardmaterial
0
1400 1600 1800 2000 2200 2400
Härte HV10
Abb. 42: Korrelation zwischen Bruchzähigkeit und Härte bei feinkörnigen Hartmetallen.
• Mittels Messung der Oberflächenrauheit sollte das Maß der plastischen Verformung
der Hartmetalloberfläche nach der tribologischen Beanspruchung charakterisiert wer-
den (Kap. 4.3). Beim Vergleich mit der Härte fällt auf, daß die härteren Hartmetalle ei-
nen deutlich geringeren RZ-Wert zeigen. Dies ist ein erster Hinweis, daß die in Kap.
Kap. 4.3 beschriebene Korrelation bezüglich des RZ-Wertes und des Verschleißwider-
standes zutrifft. Das bedeutet: Je intensiver die tribologische Beanspruchung, desto hö-
her ist die Furchungstiefe (charakterisiert durch RZ), und desto höher ist die resultieren-
de Rauheit der Verschleißmarke.
• Die Interpretationen von magnetischen Kennwerten in Bezug auf Hartmetalle (Kap.
4.4) wird durch die Ergebnisse in Tab. 18 bestätigt. Entsprechend zeigen Hartmetalle
mit hohen Binderkonzentrationen (59, 66, 72) auch die höchsten MS-Werte. Hartme-
talle mit kleinen Binderweglängen (gegeben durch kleine WC-Körner und geringe
Binderkonzentration, z. B.: 76, 77,87) zeigen die höchsten HC-Werte. Allerdings wer-
den sowohl die HC-Werte als auch die MS-Werte durch die unterschiedlichen Kom-
plexbinderzusammensetzungen beeinflußt. Es ist daher schwierig, aufgrund der Kennt-
nis der magnetischen Kennwerte, detaillierte Aussagen hinsichtlich des Verschleißver-
haltens zu treffen.
5 Ergebnisse 81
Tab. 19 zeigt die Ergebnisse der quantitativen Gefügeanalyse mit deren Standardabwei-
chungen bezüglich gemessener WC-Korngröße (LWC) und gemessener mittlerer freier Bin-
derweglänge (LBi) am Probenmaterial von Tab. 5 (Kap. 4.1.4). Die Vorgehensweise hin-
sichtlich der Gefügeanalysen wurde in Kap. 4.5.2.1 beschrieben. Hartmetalle mit identi-
scher Komplexbinderzusammensetzung wurden grau unterlegt (Tab. 19). Des weiteren
enthält Tab. 19 grau unterlegte Werte für LWC. Bei diesen Werten handelt es sich um sinn-
volle Abschätzungen von LWC, wobei beispielsweise beachtet wurde, daß Hartmetalle mit
geringem Binderanteil (< 5 Gew.%) höhere Werte für LWC zeigen. Zusätzlich wurde in
Tab. 19 der theoretische Binderanteil (Vol.%Bi) und eine berechnete freie Binderweglänge
eingetragen.
Aufgrund der in Kap. 4.5.2 dargestellten Problematik in Bezug auf REM-
Untersuchungen zeigt die quantitative Gefügeanalyse hinsichtlich LBi die größten Meßun-
genauigkeiten, da es sich um die kleinste und am inhomogensten verteilte mikrostruktu-
relle Meßgröße im Rahmen der Gefügeanalyse handelt. Dies gilt insbesondere für Hart-
metalle mit geringen Binderanteil (< 5 Gew.%) und kleinen WC-Korngrößen (um 0,3 µm).
REM-Bilder derartiger Hartmetalle erlaubten häufig nur eine Auswertung der WC-
Korngröße. Um LBi trotzdem zugänglich zu machen wurde eine berechnete freie Binder-
weglänge (LBi(berechnet)) eingeführt. Die Weglänge wurde aus LWC (gemessen), Vol.%Bi
und aus Vol.%WC berechnet (Gl. 23) (A = Fitparameter), wobei die theoretischen Volumen-
prozente aus den Pulvereinwagen nach [Sche88] berechnet wurden.
LWC ⋅ Vol.% Bi
LBi (berechnet ) = 2 ⋅ mit A = 1,148 (Gl. 23)
A ⋅ Vol.%WC
Bei Hartmetallen mit < 5 Gew.% Binderanteil wurde der Inhibitorinhalt in den Volumen-
prozentanteil des Binders miteinbezogen. Für die Berechnung vom LBi nach Gl. 23 ist die
Kenntnis von LBi (gemessen) also nicht notwendig.
Der Fitparameter A wurde anhand eines Hartmetalles34 (G40) mit einer WC-Korngröße
um 1,7 µm und einem Binderinhalt von 20 Gew.% ermittelt. Aufgrund dieser Gefüge be-
34
Das Hartmetall wurde von Fa. Tigra zusätzlich zur Verfügung gestellt.
5 Ergebnisse 83
stimmenden Parameter stellt sich eine Mikrostruktur ein, die eine wesentlich genauere
Messung von LBi erlaubt. Abb. 43 zeigt einen Vergleich zwischen gemessener und berech-
neter Binderweglänge. Die Winkelhalbierende (Ideallinie) verläuft entsprechend durch das
angesprochene Hartmetall G40.
Gl. 23 wurde aus theoretischen Überlegungen hinsichtlich Gefügegeometrien von
Hartmetallen (Anhang 9.1) abgeleitet. Ähnliche Gleichungen sind aus der Literatur [Un-
de70] bekannt. Ein Vergleich der gemessenen und berechneten Binderweglängen zeigt,
daß die berechneten Werte innerhalb der Standardabweichung der gemessenen Werte lie-
gen und oft den gemessenen arithmetischen Mittelwert treffen (Tab. 19). Diese Tatsache
rechtfertigt den Einsatz von Gl. 23. Außerdem zeigt sich bei Hartmetallen (z. B. 77, 76, 84,
85, 56) mit kleinen LBi, daß der errechnete Wert von LBi kleiner ist als der gemessene
(Abb. 43, Tab. 19). Es ist anzunehmen, daß sehr kleine Binderweglängen im Rahmen der
Gefügeanalyse mittels REM aufgrund von zu geringer Auflösung nicht in die Gefügeaus-
wertung einbezogen wurden, und sich somit LBi zu größeren Werten verschoben hat. Nach
Abb. 43 liegen diese Weglängen in einer Größenordnung um 0,1 µm. Gl. 23 stellt also eine
sinnvolle Korrektur der freien Binderweglänge, insbesondere für Hartmetall mit Weglän-
gen LBi < 0,1 µm, dar.
Fe/Ni/Co-Binder
0,3
1,5 Co-Binder
Standardmaterial
LBi (berechnet) [µm]
G30 / G40
LBi (berechnet) [µm]
0,2
1
0,1
0,5
0
0 0,1 0,2 0,3
0
0 0,5 1 1,5 2 2,5 LBi (gemessen) [µm]
Aus Tab. 19 sind folgende Punkte in bezug auf die Korrelation zwischen Hartmetallzu-
sammensetzung und Ergebnissen der Gefügeanalyse ersichtlich.
• Hartmetalle ohne Inhibitordotierung (52, 69) zeigen größere WC-Körner im Vergleich
zu den äquivalent zusammengesetzten Hartmetallen (81, 68).
84 6 Diskussion
85 2 0,25 0,019
56 4 0,23 ± 0,12 0,06 ± 0,04 0,047
53 10 0,27 ± 0,16 0,08 ± 0,06 0,100
74 10 0,25 ± 0,13 0,12 ± 0,08 0,092
54 10 0,20 ± 0,11 0,07 ± 0,04 0,075
61 10 0,17 ± 0,11 0,10 ± 0,07 0,064
52 (ohne Inhibitor) 10 0,30 ± 0,25 0,13 ± 0,12 0,112
81 10 0,2 0,074
Labormaßstab
Aus der Gefügefeinheit der untersuchten Hartmetalle ergibt sich die Forderung nach einer
möglichst hohen Auflösung hinsichtlich der REM-Untersuchungen, um Bilder mit hinrei-
chender Qualität für die quantitative Gefügeanalyse zu erhalten. Wie aus Kap. 4.5.2 her-
vorgeht ist diese Forderung nicht ganz einfach zu erfüllen. Um die Genauigkeit von Gefü-
geanalysen mittels REM (am Beispiel vom Standardmaterial T10 SMG) sicherzustellen,
wurde wie in Kap. 4.5.2.1 beschrieben, eine zusätzliche Gefügeanalyse mittels TEM
durchgeführt. Abb. 44 zeigt eine Auftragung von Fi,kum (Gl. 21) gegen die gemessen Ein-
zelsehnenlängen (Li,WC) in einem halblogarithmischen nach der Gaußverteilung skalierten
Wahrscheinlichkeitsnetz. Aus Abb. 44 ergeben sich der Medianwert (D50) und die Varianz
(bei D15,9 % ,bzw. D84,1 % ) der Verteilung (Tab. 20).
99,9
99
95
80
60
F i,kum [%]
50
40
20
REM
5
TEM
1
0,1
0,01 0,1 1
L W C [µm ]
Abb. 44: Quantitative Gefügeanalyse am Standardmaterial T10 SMG mittels REM und
TEM im Vergleich; Wahrscheinlichkeitsnetz.
REM TEM
LWC (arithmetisch) [µm] 0,265 0,271
D50 [µm] 0,244 0,246
D15,9 [µm] 0,144 0,121
D84,1 [µm] 0,390 0,415
5 Ergebnisse 87
In diesem Kapitel soll der Zustand der Mikrostruktur im Ausgangszustand und nach tribo-
logischer Beanspruchung35 mittels REM, TEM und AFM charakterisiert werden. Die Un-
tersuchungen wurden an den Hartmetallen 53, 59, und 75 durchgeführt, wobei Hartmetall
59 den geringsten Verschleißwiderstand und Hartmetall 75 den höchsten Verschleißwider-
stand der drei betrachteten Hartmetalle zeigt.
Abb. 45 bis Abb. 47 zeigen den polierten Ausgangszustand und den Zustand nach tribolo-
gischer Beanspruchung der Hartmetalle 59, 53 und 57. Der Vergleich der Ausgangszustän-
de zeigt deutlich den Einfluß der Binderkonzentration auf die eingestellte Mikrostruktur.
Hartmetall 59 besitzt aufgrund der höchsten Binderkonzentration von 17,5 Gew.% die
größte freie Binderweglänge (Tab. 19) und somit den geringsten Verschleißwiderstand
(Tab. 12) der betrachteten Hartmetalle. Des weiteren zeigt dieses Hartmetall, daß sich die
WC-Kristallite bei der vorliegenden freien Binderweglänge, die durch Binderkonzentration
und WC-Korngröße bestimmt wird, teilweise nicht mehr berühren. Die Kontiguität des
Karbidskelettes ist also an mehreren Stellen unterbrochen.
Hartmetall 53 (Abb. 46, links) besitzt eine Binderkonzentration von 10 Gew.% und
somit eine im Vergleich zu Hartmetall 59 kleinere freie Binderweglänge (Tab. 19), die sich
in der stärker ausgeprägten Kontiguität äußert.
Hartmetall 75 (Abb. 47, links) besitzt die geringste Binderkonzentration von 2 Gew.%.
Das Hartmetall besteht nahezu ausschließlich aus der harten, verschleißbeständigen Hart-
stoffphase. Daher besitzt dieses Hartmetall die höchste Härte (Tab. 18) und den höchsten
Verschleißwiderstand (Tab. 12). Aufgrund des geringen Binderanteils und der geringen
WC-Korngröße sind die resultierenden Weglängen extrem klein. Die Folge ist, daß derar-
tige Weglängen mittels quantitativer Gefügeanalyse in Verbindung mit dem REM nicht,
bzw. nur ungenau ausgewertet werden konnten (vgl. Abb. 47). Dieses Problem konnte
mittels Gl. 23 (Kap. 5.5.1) umgangen werden.
Hinsichtlich der verschlissenen Oberflächen (Abb. 45 bis Abb. 47, rechts) ist im Ver-
gleich zum jeweiligen Ausgangszustand zu erkennen, daß es scheinbar zum Bruch von
einzelnen WC-Körnern aufgrund tribologischer Belastung kommt. Des weiteren zeigen die
REM-Bilder, insbesondere bei Hartmetall 59, eine diffuse Schicht auf den verschlissenen
Oberflächen. Es war nicht möglich, wie im polierten Ausgangszustand, einzelne
35
Die hier betrachtete tribologische Beanspruchung wurde mittels Tab. 3 (Kap. 4.1.1) beschrieben: Al2O3-60;
FN = 100 N, 100 UpM.
5 Ergebnisse 89
Abb. 45: Aufsicht auf polierte Probe (Ausgangszustand, links) und auf verschlissene Probe
(rechts) von Hartmetall 59, REM.
Abb. 46: Aufsicht auf polierte Probe (Ausgangszustand, links) und auf verschlissene Probe
(rechts) von Hartmetall 53, REM.
Abb. 47: Aufsicht auf polierte Probe (Ausgangszustand, links) und auf verschlissene Probe
(rechts) von Hartmetall 75, REM.
90 6 Diskussion
WC-Körner scharf darzustellen. Diese Tatsache ist wahrscheinlich auf einen Tribofilm
zurückzuführen, wie er insbesondere im Querschliff der verschlissenen Oberfläche von
Hartmetall 59 sichtbar ist (Abb. 49).
Eine geringere Vergrößerung der tribologisch beanspruchten Oberflächen zeigt makro-
skopische Verschleißfurchen, hervorgerufen durch den Prozeß des Mikropflügens (Kap.
3.3.2). Derartige Furchen (Abb. 48) waren am Hartmetall 59 am stärksten ausgeprägt, was
durch die vergleichsweise hohe Oberflächenrauhigkeit von Hartmetall 59 in Tab. 18 bestä-
tigt wird. Auf der verschlissenen Oberfläche von Hartmetall 75 konnten vergleichbare Fur-
chen nicht beobachtet werden.
Abb. 48: Aufsicht auf verschlissene Oberfläche von Hartmetall 59, REM.
Abb. 49 zeigt den angesprochenen Tribofilm auf der tribologisch beanspruchten Oberflä-
che von Hartmetall 59. Der Tribofilm ist ca. 2 µm dick. Es scheint, daß der Film sowohl
aus unmittelbar gebrochenen größeren WC-Körnern (Abb. 49, links), sowie aus nanokri-
stallinen Körnern (Abb. 49, rechts), die scheinbar verrundet sind, besteht. Der Film besitzt
eine vergleichsweise glatte äußere Oberfläche und zeigt einen abrupten Übergang zum
Grundmaterial. Ein ähnlicher Tribofilm wurde von [Engq00] gefunden. Allerdings wurde
dieser Film unter anderen tribologischen Bedingungen (trockene 2-Körper-Abrasion) und
an wesentlich gröberen Hartmetallen mit WC-Körnern von 7 µm und 1,5-2 µm Größe ge-
funden.
Am Querschliff von Hartmetall 59 (Abb. 49) wurden quantitative röntgenographische
Messungen im REM mittels EDX-Zusatz durchgeführt. Dabei zeigte sich, daß der Film
eine geringere Konzentration an Bindemetallen als des Grundmaterial enthält [Herr02]. Im
Bereich des Grundmaterials konnten die eingewogenen Bindemetalle Fe, Co und Ni nach-
gewiesen werden, wobei der Ni-Peak sehr dicht am W-Peak liegt (Abb. 50). Im Bereich
des Tribofilms konnte neben WC als Hauptbestandteil nur Fe nachgewiesen wiesen (Abb.
50), was mit der Tatsache korreliert, daß es sich um einen Fe-reichen Binder handelt. Auf-
5 Ergebnisse 91
grund dieser Untersuchungen kann davon ausgegangen werden, daß sich in Bezug auf
Hartmetall 59 während der tribologischen Beanspruchung ein Tribofilm bildet, aus dem die
Binderphase bevorzugt abgetragen wird. Des weiteren zeigt das Spektrum des Tribofilms
höhere Intensitäten bei den charakteristischen Energien von Sauerstoff und Kohlenstoff
Abb. 50.
Abb. 49: Tribofilm auf der verschlissenen Oberfläche von Hartmetall 59, Querschliff,
REM.
Abb. 52: Aufsicht auf verschlissene Oberfläche von Hartmetall 59, Phasen-Kontrast, NCM
+ LFM, AFM.
5 Ergebnisse 95
Abb. 53: Aufsicht auf polierte Oberfläche (Ausgangszustand, links) und auf verschlissene
Oberfläche (rechts) von Hartmetall 59, Topographie-Kontrast, NCM, AFM.
Abb. 54: Aufsicht auf polierte Oberfläche (Ausgangszustand, links, CM) und auf verschlis-
sene Oberfläche (rechts, NCM) von Hartmetall 53, Topographie-Kontrast, AFM.
Abb. 55: Aufsicht auf polierte Oberfläche (Ausgangszustand, links) und auf verschlissene
Oberfläche (rechts) von Hartmetall 75, Topographie-Kontrast, NCM, AFM.
96 6 Diskussion
120
W Fe
100 Co Ni
Anteil [Gew.%]
80
60
40
20
0
0 100 200 300 400 500
Position x [nm]
Abb. 56: STEM (Scanning-TEM) Aufnahme mit EDX-Linscan der Elemte W, Fe, Co, Ni am
Hartmetall 59 im Ausgangszustand.
5 Ergebnisse 97
Der Linescan innerhalb der Fe-reichen Binderinseln bestätigt die Gewichtsanteile der
eingewogenen Bindemetalle. Die Binderinseln scheinen aus einem homogenen Mischkri-
stall zu bestehen. Es kommt also nicht zur Ausscheidungen einzelner intermetallischer
Bindephasen (dritte Phasen), was auch von [Prak79] beobachtet wurde. Zurückzuführen ist
dies auf die Diffussionskoeffizienten von Co und Ni im Fe. Laut [Vign67] liegen sie im
Bereich des Selbstdiffusionskoeffizieten von Fe. Es ist daher unwahrscheinlich, daß es zur
Ausscheidung dritter Phasen kommt. Allerdings ist eine leichte Konzentrationschwankung
der Bindeelemente festzustellen. Diese ist wahrscheinlich auf die Zwillingsbildung in der
Binderphase, wie in Abb. 57 (rechts) gut zu erkennen ist, zurückzuführen. Die angespro-
chene Zwillingsbildung wurde in Bezug auf den Ausgangszustand von Hartmetall 59 mit-
tels Doppelreflexen in Beugungsbildern eindeutig nachgewiesen. Weitere Ausführungen
zur dieser Zwillingsbildung finden sich in [Sail01].
Nach Abb. 56 zeigt sich eine Randlöslichkeit von Wolfram in der Bindephase von ma-
ximal 10 Gew.%. Diese Randlöslichkeit wird allerdings nur an den Stellen erreicht, bei
denen die Fe-Konzentration minimal im Vergleich zu der restlichen Fe-Konzentration in
der Bindephase ist. Innerhalb der Binderinseln fällt die W-Konzentration auf null ab. Die
geringe Löslichkeit von Wolfram in Fe-reichen Binderlegierungen ist auf die geringe Lös-
lichkeit von Wolfram in Eisen zurückzuführen [Flur62]. Im Vergleich dazu wurde von
[Sail01] an einem ultra-feinkörnigen WC/Co-Hartmetall (ähnlich Hartmetall 48) eine hohe
Löslichkeit von 28 Gew.% Wolfram in der Co-Binderphase gefunden. Dieser Befund zeigt
deutlich die Abhängigkeit der W-Löslichkeit von der Binderart. Des weiteren ist die Lös-
lichkeit des Wolframs stark abhängig von der WC-Korngröße (Kap. 3.1.2, Punkt 6.)) und
von der Kohlenstoffaktivität in der Binderphase (Löslichkeitsprodukt zwischen W und C).
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß mittels Abb. 56 die Forderungen an die opti-
male Binderphase (Kap. 3.2) hinsichtlich der Ausscheidung dritter Phasen und der Lös-
lichkeit von Wolfram in der Binderphase positiv bestätigt werden konnten.
Abb. 57 (links) zeigt Hartmetall 59 im Ausgangszustand mit den typischen vereinzel-
ten Versetzungslinien im WC. Die Versetzungen sind auf thermische Eigenspannungen
aufgrund unterschiedlicher Ausdehnungskoeffizienten von WC und der Matrix zurückzu-
führen. Nach der Abkühlung steht WC unter Druckeigenspannungen, die Binderphase un-
ter Zugeigenspannungen [Sche88]. Abb. 57 (rechts) zeigt die oben angesprochene Zwil-
lingsstruktur in der Binderphase. Nach [Sail01] zeigt die Binderphasenzusammensetzung
dieses Hartmetalles eine krz-Struktur, wie auch von [Prak79] gefunden wurde.
Abb. 58 und Abb. 59 zeigen Hartmetall 59 im beanspruchten Zustand, wie er in Kap.
4.1.1 mittels Tab. 3 definiert wurde, nach der ersten Ionendünnung und nach der zweiten
Ionendünnung. Die erste Dünnung wurde einseitig und ausschließlich in der vorgeschrie-
benen Präparationsrichtung (Kap. 4.5.5.1) durchgeführt. Die zweite Ionendünnung wurde
beidseitig durchgeführt.
98 6 Diskussion
Nach der ersten Dünnung (Abb. 58) war die typische Mikrostruktur eines Hartmetalles
nicht zu beobachten. Statt dessen waren nicht durchstrahlbare verrundete Strukturen zu
erkennen, welche eine ähnliche Form und Größenordnung wie die sog. „nanokristallinen
Körner“ bzw. „Konturen“, wie sie im Rahmen der AFM-Untersuchungen (Kap. 5.5.2.3)
gefunden und definiert wurden.
Nach der zweiten Dünnung (Abb. 59) konnte die typische Mikrostruktur eines Hart-
metalles in Form von Binderinseln und WC-Körner wieder identifiziert werden. Im Ver-
gleich zum Ausgangszustand (Abb. 57) zeigte sich eine deutlich erhöhte Versetzungsdichte
in den WC-Körnern. Insbesondere größere WC-Körner (um 0,2 µm) zeigten eine stark
erhöhte Versetzungsdichte (Abb. 59, links). Es ist davon auszugehen, daß die hohe Verset-
zungsdichte auf die tribologische Beanspruchung zurückgeführt werden kann. Bei weiterer
Einbringung von Versetzungen ist mit Brüchen dieser WC-Körner zu rechnen. In Bezug
auf die Binderphase konnte eine weniger definiert ausgebildete Zwillingsstruktur (Abb. 59,
rechts) im Vergleich zum Ausgangszustand festgestellt werden. Diese Veränderung der
Zwillingsstruktur kann wahrscheinlich, wie die Erhöhung der Versetzungsdichte in den
WC-Körnern, auf die plastische Verformung (Kap. 6.5) während der tribologischen Bean-
spruchung zurückgeführt werden.
Aus den vorgestellten TEM-Untersuchungen am Hartmetall 59 ergibt sich eine Konsi-
stenz in Bezug auf den Tribofilm sowie bezüglich gebrochener WC-Körner in Verbindung
mit den Untersuchungen mittels REM und AFM.
5 Ergebnisse 99
6 Diskussion
Im Folgenden werden die Ergebnisse dieser Arbeit in Bezug auf die tribologischen Eigen-
schaften der untersuchten Hartmetalle (Kap. 4.1.4) diskutiert. Dazu wird auf die vorange-
gangenen Kapitel zurückgegriffen. Im Laufe der Diskussion wird ein Gesamtbild hinsicht-
lich möglicher Verschleißmechanismen erarbeitet.
Im Hinblick auf die Forderungen an einen Verschleißversuch (Zielsetzung, Punkt 3.)), eine
Korrelation zwischen Verschleißverhalten in der Praxis und im Laborexperiment zu er-
möglichen, wurden neben Verschleißversuchen an den Hartmetallen T04F, T03SMG, 84,
85, 78 und 75 zusätzlich Schneidversuche an Spanplatten durchgeführt. Um die Schneid-
versuche zu ermöglichen, wurden entsprechende Schneidmesser von der Fa. Tigra herge-
stellt. Die Geometrien der Schneidmesser, die verwendeten Schnittparameter und alle
weiteren Definitionen (nach ISO 3002) in Bezug auf einen Schneidversuch finden sich in
Kap. 5.3.
Abb. 60 zeigt einen Vergleich zwischen den Schneidversuchen in der Praxis und Ver-
schleißexperimenten im Labormaßstab an Hartmetallen mit einem Binderinhalt < 5 Gew.%
und unterschiedlichen WC-Korngrößen. Die Zusammensetzung der aufgeführten Hartme-
talle findet sich in Kap. 4.1.4, wobei mechanische und mikrostrukturelle Parameter in den
Tabellen von Kap. 5 aufgeführt sind. Bei der Interpretation von Abb. 60 ist es wichtig,
nicht die Absolutwerte von Gesamtschnittwegen und Verschleißwiderständen miteinander
zu vergleichen, da es sich um unterschiedliche tribologische Systeme (Kap. 3.3) handelt.
Abb. 60 läßt erkennen, daß eine Übereinstimmung der Gütefolgen im Praxistest und in
den Laborversuchen existiert. Das bedeutet, daß aus Laborversuchen, die in dem vorge-
stellten tribologischen System durchgeführt wurden, Gütefolgen für Hartmetallwerkzeuge
im praktischen Einsatz abgeleitet werden können.
Damit wurde Punkt 3.) der Zielsetzung hinsichtlich der Korrelation zwischen Praxistest
und Laborexperiment erfüllt.
Wenn es bei den ersten Werkzeugeingriffen zu kleinen Ausbrüchen (Scharten) an der
Schneidkante aufgrund von Überschärfe kommt, wirkt sich das negativ auf den Gesamt-
schnittweg aus. Grundsätzlich neigen härtere Hartmetalle zu einer geringeren Bruchzähig-
keit, was sie empfindlicher für Ausbrüche an der Schneidkante macht. Dieser Effekt wird
6 Diskussion 101
allerdings durch den Einsatz von Hartmetallen mit feinen Gefügen (= feinkörnige Hartme-
talle) verringert (Kap. 3.1.1). So könnte der relativ geringe Unterschied der Gesamt-
schnittwege von Hartmetall 84 und Hartmetall 85, aber der vergleichsweise große Unter-
schied hinsichtlich der Laborergebnisse erklärt werden (Abb. 60):
Bei Hartmetall 85 kam es aufgrund der hohen Härte und der geringeren Bruchzähigkeit
zu Ausbrüchen an der Schneidkante, was den Gesamtschnittweg auf das Niveau von Hart-
metall 84 erniedrigt hat. Die Verschleißversuche wurden nicht an Schneidkanten durchge-
führt, daher wurden sie auch nicht durch Schneidkantenausbrüche beeinflußt. Es zeigt sich
daher ein höherer Verschleißwiderstand von Hartmetall 85, aufgrund seiner höheren Härte
(siehe auch Abb. 61).
Abhilfe gegen die Schartenbildung kann durch den Jointing-Prozeß [Maie00] geschaf-
fen werden. Unter diesem Prozeß wird ein Anphasen der Schneidkante vor dem ersten
Eingriff verstanden.
800 4000
Verschleißwiderstand [m/mm³
Gesamtschnittweg
3500
(Praxistest)
Gesamtschnittweg [m]
Nach Untersuchungen von [Shei99] ist eine Härtesteigerung des eingesetzten Hartme-
tallschneidwerkzeuges mit einer Steigerung des Gesamtschnittwegs beim Schneiden von
Spanplatten verbunden. Diese Untersuchungen können anhand von Abb. 61 bestätigt wer-
den. Im Rahmen dieser Arbeit wurde eine Härtesteigerung über des ultra-feinkörnige Ge-
füge der hergestellten Hartmetalle erzielt (dazu Kap. 3.1.1). Des weiteren läßt sich anhand
von Abb. 61 der oben diskutierte Unterschied zwischen Laborergebnissen und Praxistests
an den Hartmetallen 84 und 85 gut erkennen.
Gegenüber den marktüblichen Referenzsorten (Standardmaterialien: T04F, T03SMG)
zum Schneiden von Spanplatten, wurde bezüglich der Sorte mit 3% Co-Binder (T03SMG)
ein 2-3-facher Standweg, bezüglich der Sorte mit 4% Co-Binder (T04F; gängigste Sorte
102 6 Diskussion
am Markt) ein 5-6-facher Standweg mit den Hartmetallen, die im Rahmen dieser Arbeit
hergestellt wurden, erreicht (Abb. 60).
Zum Vergleich wurden Schneidversuche an diamant beschichteten Hartmetallschneid-
messern (Abb. 60) durchgeführt. Die Beschichtung erfolgte über ein CVD-Verfahren
[Bhat94]. Bezüglich des Gesamtschnittwegs zeigt sich, daß einige Schneidmesser, die un-
ter Laborbedingungen hergestellten wurden und nicht über eine derartige Beschichtung
verfügen, im Bereich der diamant beschichteten Schneidmesser liegen. Dies zeigt deutlich
die hohe Güte der hergestellten Hartmetallschneidstoffe. Zurückzuführen ist diese Tatsache
auf die angesprochene Härtesteigerung, die primär durch die ultra-feinkörnige Gefü-
gestruktur der hergestellten Hartmetalle hervorgerufen wurde. Die feinkörnige Gefü-
gestruktur begründet sich in den eingesetzten nanokristallinen WC-Ausgangspulvern und
in der gewählten Herstellungsroute (Kap. 3.1.2). Zu den Besonderheiten der Herstellungs-
route zählen das Wirbelschichtgranulierverfahren und das Nachverdichten im HIP Ofen. In
Kap. 6.3.2 wird sich zeigen, daß eine entsprechende Pulveraufbereitung im größeren Maß-
stab, also nicht unter Laborbedingungen, eine weitere Verbesserung des Gesamtschnitt-
wegs erwarten läßt.
800 4000
Gesamtschnittweg
3500
(Praxistest)
Gesamtschnittweg [m]
Verschleißwiderstand
600 Verschleißwiderstand 3000
(Laborexperiment) 85
2500
[m/mm³]
400 84 2000
1500
200 1000
500
0 0
1500 1700 1900 2100 2300 2500 2700
Härte HV10
Abb. 61: Korrelation zwischen Härte und Praxistest (Gesamtschnittweg), sowie Ver-
schleißversuchen im Labormaßstab (Verschleißwiderstand).
10000
Verschleißwiderstand [m/mm³]
1000
100
Fe/Co/Ni-Binder
10
Co-Binder
Standardmaterial
1
1000 1500 2000 2500
Härte HV10
36
Eigenschaften, die nicht durch die Oberfläche, sondern durch die Gefügestruktur innerhalb des Materials
geprägt sind.
104 6 Diskussion
Mit linear ansteigender Härte findet sich ein logarithmischer Anstieg des Verschleiß-
widerstandes (Abb. 62). Diese Tatsache zeigt, daß das benutzte tribologische System opti-
mal war, um Hartmetalle hinsichtlich ihres Verschleißwiderstands zu differenzieren, auch
wenn sie sich nur geringfügig in ihren Zusammensetzungen und ihren mikrostrukturellen
Parametern unterscheiden.
Damit wurde Punkt 2.) der Zielsetzung hinsichtlich der Differenzierbarkeit von Ver-
schleißversuchen erfüllt.
Die breite Verteilung des Verschleißwiderstands (über 3 Dekaden; Abb. 62) ist primär
auf das benutzte Abrasivum (Al2O3) zurückzuführen, da durch den Einsatz von Al2O3 in
Verbindung mit den gewählten Versuchsparametern (Kap. 4.1.1, Tab. 3) die Verschleiß-
versuche in einem sogenannten „Übergangsbereich“ durchgeführt wurden.
Nach Literaturangaben [Feld76/2, Hutc92, Uetz69, Wahl51, Well55] zeigt der Abra-
sivverschleiß in jedem tribologischen System eine Verschleiß-Hochlage (starker Ver-
schleiß), ein Übergangsbereich und eine Verschleiß-Tieflage (geringer Verschleiß) in Ab-
hängigkeit von dem Verhältnis aus der Härte des Abrasivums (Ha) zur Härte des verschlis-
senen Materials (Hm). Um diese Verschleißstadien zu zeigen (Abb. 63) wurden folgende
Abrasiva eingesetzt:
• Siliziumoxid (SiO2; Quarzsand), Härte: 975 HV
• Aluminiumoxid (Al2O3; Korund(braun)), Härte: 1900 HV
• Siliziumkarbid (SiC), Härte: 2350 HV
Die Mineralhärtewerte der Abrasiva wurden aus [Hutc92] entnommen. Siebanalysen haben
gezeigt, daß die durchschnittliche Korngröße aller Abrasiva ca. 250 µm bei annähernd
gleicher Kornverteilung, beträgt. Weitere Ausführungen zu den Abrasiva finden sich in
Kap. 5.2.3.
1000000
Tieflage Siliziumoxid
spez. Verschleißwiderstand
Alumiumoxid
100000
Siliziumkarbid
[Nm/mm³]
10000
Übergangsbereich
1000
Hochlage
100
0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 1,6 1,8 2
Ha / Hm
Die untersuchten Hartmetalle 56, 66, 68, 69, 70, 71 und 72 in Abb. 63 besitzen die gleiche
Binderzusammensetzung, außer Hartmetall 56, dessen Binderzusammensetzung annähernd
mit den restlichen angesprochenen Hartmetallen übereinstimmt. Außerdem haben die an-
gesprochenen Ansätze nahezu die gleiche WC-Korngröße und unterscheiden sich nur in
ihren Binderinhalten (4 Gew.% bis 17,5 Gew.%). Aufgrund dieser Tatsachen konnte eine
Beeinflussung des Verschleißwiderstands durch die Binderzusammensetzung und durch
die WC-Korngröße, was zu einer stärkeren Streuung geführt hätte, ausgeschlossen werden.
Die Versuche mit SiO2 als Abrasivum wurden mit einer Anpreßkraft von 140 N durchge-
führt, um eine meßbare Verschleißrate zu erhalten. Die Verschleißwiderstände in Abb. 63
wurden mit der Normalkraft normiert (Kap. 3.3.1, Verschleiß). Die so ermittelte spezifi-
sche Verschleißrate (Abb. 63) erlaubt einen Vergleich, der Verschleißwiderstände bei un-
terschiedlichen Anpreßdrücken (140 N bei SiO2, 100 N bei Al2O3 und SiC).
Der Verschleißwiderstand bei gleicher Härte von Abrasivum und Hartmetall (Ha / Hm =
1) liegt im Übergangsbereich, was typisch für mehrphasige Materialien ist (Abb. 63). Ein-
phasige Materialien hingegen zeigen bei Ha / Hm = 1 den Übergang von der Verschleiß-
Tieflage in den Übergangsbereich [Zumg87]. Nach Literaturangaben [Hutc92, Lars83,
Zumg87] kommt es bei Ha / Hm = 1,2 zu einer Änderung des dominanten Verschleißme-
chanismus (dazu Kap. 6.6.1), da ab diesem Wert die Eindringhärte der Hartmetalloberflä-
che überschritten wird. Die Grundlagen zur Verschleiß Hoch- / Tieflage-Charakteristik und
die dabei auftretenden Verschleißmechanismen finden sich in Kap. 3.3.2.
Anhand von Abb. 63 zeigt sich, daß die Verschleißversuche mit Al2O3 als Abrasivum
im Übergangsbereich durchgeführt wurden. Die Folge ist eine gute Differenzierbarkeit der
Verschleißeigenschaften der untersuchten Hartmetalle. Diese Tatsache äußert sich in der
Verteilung der Verschleißwiderstände über 3 Dekaden in Abb. 62.
Hartmetalle mit Härten > 2200 HV10 zeigen Verschleißwiderstände im Bereich der
Verschleiß-Tieflage, was eine Verschlechterung der Differenzierbarkeit bedeutet. Es ist
daher zu überlegen für Verschleißversuche an derartigen Hartmetallen SiC als Abrasivum
einzusetzen. Die Folge wäre eine Erhöhung der Ha / Hm-Werte sowie ein Abfall der Ver-
schleißwiderstände, wodurch die Verschleißversuche wieder im Übergangsbereich, der wie
gezeigt die beste Differenzierbarkeit gestattet, durchgeführt werden könnten.
Die Verschleiß Hoch- / Tieflage-Charakteristik ist auch in Abb. 62 ansatzweise zu er-
kennen und äußert sich bei hohen Härten (> 2200 HV) und kleineren Härten (< 1700 HV)
in einem Abflachen der Meßwertkurve. Die Charakteristik in Bezug auf die Verschleißver-
suche aus Abb. 62 ist deutlicher in Abb. 67 (Kap. 6.3.2) zu erkennen.
106 6 Diskussion
Im folgenden wird auf die Forderung der Zielsetzung, mikrostrukturelle Parameter von
Hartmetallen mit deren Verschleißeigenschaften zu korrelieren, eingegangen. Hartmetall-
zusammensetzungen finden sich in Kap. 4.1.4, Daten bezüglich mikrostruktureller Para-
meter und Verschleißeigenschaften finden sich in den Tabellen von Kap. 5.
Mechanische Eigenschaften wie Härte, Festigkeit und Ermüdungsempfindlichkeit,
physikalische Eigenschaften, wie magnetische Kennwerte und Dichte, sowie Verschleißei-
genschaften werden durch mikrostrukturelle Parameter bestimmt. Die entscheidenden Pa-
rameter bezüglich Hartmetalle sind, bei gegebener Zusammensetzung der Binderphase, der
Bindergehalt bzw. der Volumenanteil an WC (Vol.%WC) und die WC-Korngröße (LWC).
Die weiteren Parameter eines Hartmetalls wie Kontiguität (Vernetzungsgrad zwischen den
WC-Körnern) und die freie Binderweglänge (LBi) werden durch die Angabe des Binderge-
halts und der WC-Korngröße bestimmt, unter der Voraussetzung, daß es sich um ein ho-
mogen verteiltes Gefüge handelt. Das bedeutet, aufgrund der Kenntnis der WC-Korngröße
und des Binderanteils bzw. des WC-Anteils ist LBi eindeutig definiert (Gl. 23). Es ist daher
sinnvoll Hartmetalleigenschaften mit LBi in Beziehung zu setzen, um gleichzeitig den Ein-
fluß der WC-Korngröße und des Binderanteils bzw. des WC-Anteils darzustellen.
In diesem Kapitel soll die Beeinflussung der tribologischen Eigenschaften durch die mi-
krostrukturellen Parameter Vol.%WC und LWC diskutiert werden, wobei insbesondere der
Einfluß ultra-feinkörniger Hartmetalle gezeigt wird.
Abb. 64 zeigt die Korrelation zwischen Verschleißwiderstand und dem theoretischen
Volumenanteil der WC-Hartstoffphase (Vol.%WC), der aus dem Anteil der WC-
Ausgangspulvereinwaage nach [Sche88] errechnet wurde. Aus folgendem Grund wurde für
die Auftragung der Volumenanteil und nicht der Gewichtsanteil gewählt: Der Volumen-
anteil einer Phase entspricht in der Regel auch ihrem Flächenanteil [Unde70], und gerade
auf diesen wirkt der flächenhafte Verschleißprozeß.
Ähnlich wie bei der Korrelation mit der Härte (Abb. 62) zeigt sich ein logarithmischer An-
stieg des Verschleißwiderstands mit linear ansteigendem Vol.%WC. Eine geringe Änderung
des Hartstoffphasenanteils bewirkt also eine starke Änderung im Verschleißverhalten. Dies
gilt allerdings nur in gewissen Grenzen (70 - 95 Vol.%WC), die den Übergangsbereich, der
zwischen Verschleiß-Tieflage und Verschleiß-Hochlage liegt, charakterisieren (Kap.:6.2,
6.3.2). Deutlich wird dies bei der Betrachtung der Verbindungslinie in Abb. 64, die Hart-
metalle mit ähnlichen WC-Korngrößen (0,18 µm - 0,3 µm) verbindet. Die Kurve flacht
über die angesprochenen Grenzen hinaus ab. Es ist davon auszugehen, daß im Bereich der
Verschleiß-Hochlage (Vol.%WC < 40 %) die Kurve nur geringfügig abfallen wird. Der
6 Diskussion 107
Grund hierfür liegt darin, daß die Verschleißeigenschaften in diesem Bereich durch die
Binderphase bestimmt werden, da die Hartstoffphase keine Kontiguität mehr zeigt, bzw. da
die WC-Körner aufgrund der hohen Binderweglängen nicht mehr miteinander wechselwir-
ken können, ähnlich einem duktilen einphasigen Werkstoff der vereinzelte harte Partikel
enthält. Ein umgekehrtes Verhalten ist im Bereich von Vol.%WC > 95 % (Bereich der Ver-
schleiß-Tieflage) anzunehmen, da hier die Eigenschaften der Hartstoffphase bzw. die Fe-
stigkeit der Phasengrenzen das Verschleißverhalten bestimmen.
10000
Verschleißwiderstand [m/mm³]
Fe/Ni/Co-Binder
Co-Binder
1000
Standardmaterialien
100
10
1
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Vol.% WC
Abb. 65 zeigt nochmals deutlich, daß der Verschleißwiderstand durch eine Erhöhung von
Vol.%WC als auch durch kleinere LWC gesteigert werden kann. Dies wurde auch von [Al-
le01, Jia96] beobachtet.
Eine Vergleich des Datenmaterials von Verschleißversuchen die im Übergangsbereich
durchgeführt wurden, zeigt:
• Hartmetalle mit gleichem Vol.%WC (T06MG, Hartmetall 56) und einem Unterschied
bezüglich LWC von Faktor 2,3 zeigen einen Unterschied in ihren Verschleißwiderstän-
den von Faktor 9,5.
• Hartmetalle mit gleichen Werten für LWC (Hartmetalle 56, 66) und einem Unterschied
bezüglich Vol.%WC von Faktor 1,6 zeigen einen Unterschied in ihren Verschleißwider-
ständen von Faktor 250.
Dieser Vergleich bedeutet, daß der Volumenanteil der Hartstoffphase bzw. der Binderpha-
se für die Verschleißeigenschaften in diesem Tribosystem erheblich bedeutender ist als die
WC-Korngröße. Der Grund liegt in der freien Binderweglänge (LBi), die insbesondere bei
kleinen WC-Korngrößen (wie sie bei den Hartmetallen 56 und 66 vorliegen) stärker durch
die Volumenanteile der Hartstoffphase beeinflußt wird. Deutlich wird diese Tatsache an-
6 Diskussion 109
hand von Abb. 81 (Kap. 8). Diese zeigt berechnete Linien, die die Änderung von LBi-1/2 in
Abhängigkeit vom Volumenanteil der Hartstoffphase bei einer konstanten WC-Korngröße
charakterisieren. Ab einem kritischen Hartstoffphasenanteil reagieren Hartmetalle sehr
empfindlich auf eine geringe Änderung des Hartstoffphasenanteils, indem sich LBi-1/2 stark
ändert (starke Krümmung der Linien). Je kleiner die WC-Korngröße, desto kleiner ist der
Wert für den kritischen Hartstoffphasenanteil.
Die Hall-Petch Beziehung beschreibt eine Zunahme der Härte mit abnehmender Korngrö-
ße. Die Zunahme der Härte ist proportional zur inversen Wurzel der Korngröße und beruht
auf Behinderung der Versetzungsbewegung in kleineren Körnern. Im Rahmen dieser Ar-
beit wurde die Beziehung auf die Binderphase bezogen, da hier mit der höchsten Verset-
zungsaktivität im Hartmetall zu rechnen ist (dazu: Kap. 3.1.1). Binderinseln werden also
als Körner betrachtet, die aufgrund von Versetzungsbewegung plastisch verformt werden
können und einem Hall-Petch Mechanismus unterliegen.
Die Hall-Petch Beziehung auf die WC-Körner anzuwenden erscheint als nicht sehr
sinnvoll, da es sich um eine metallische Phase handelt, die kaum bzw. nur bei hohen Tem-
peraturen Versetzungsbewegung, die zur makroskopischen plastischen Verformung bei-
trägt, zuläßt. Weiterhin wurde von [Roeb95, Lars85] bestätigt, daß der Hauptteil der plasti-
schen Verformung eines Hartmetalles von der Binderphase getragen wird.
Abb. 66 zeigt die Anwendung der Hall-Petch Beziehung bezüglich der inversen Wur-
zel aus freier Binderweglänge (LBi-1/2). Aufgrund der in Kap. 5.5.1 aufgeführten Sachver-
halte bezüglich kleiner Binderweglängen wurde die berechnete freie Weglänge (LBi (be-
rechnet) (Gl. 23)) in Abb. 66 eingesetzt. Hartmetalle 62 und 65 wurden aus [Sail01] ent-
nommen, die Standardmaterialien G30 und G40 (Co-Binder: 15 bzw. 20 Gew.%) wurden
von Firma Tigra zu Verfügung gestellt. Zunächst fällt auf, daß sich keine eindeutige linea-
re Beziehung zwischen der Härte und LBi ,wie es der Theorie entspräche, ergibt. Diese Tat-
sache ist wahrscheinlich auf die Rißbildung an Härteeindrücken von Hartmetallen > 1400
HV zurückzuführen (Abb. 66). An den Rändern der Härteeindrücke wird also die Festig-
keit des Verbundwerkstoffes Hartmetall überschritten. Aufgrund der Rißbildung wird die
Härte scheinbar zu gering angegeben, was zum Abknicken der linearen Hall-Petch Bezie-
hung bei 1400 HV führt.
Bei LBi = 40 nm (LBi-1/2 = 5) kommt es zu einem weiteren Abknicken des linearen Ver-
laufes. Dies ist wahrscheinlich auf das Einsetzen eines inversen Hall-Petch Effektes (Kap.
3.1.1) zurückzuführen. Phasengrenzen werden nun Träger der plastischen Verformung,
was mit einem weiteren Verlust an Härte verbunden ist [Nieh91, Rich97]. Die Bindungs-
kräfte zwischen den Phasen bestimmen also die Härte. Das könnte auch der Grund sein,
110 6 Diskussion
warum ein Hartmetall mit Co-Binder die höchste Härte zeigt, obwohl dieses Hartmetall
nicht die geringste Binderweglänge besitzt, da Co u. a. aufgrund seiner hervorragenden
Benetzung mit WC in den meisten Hartmetallen als Binderphase verwendet (Kap. 3.2).
Einen weitere Erklärung für des Abknicken der Härte bei LBi = 40 nm könnte folgende
Tatsache sein: Laut [Sigl86] wird 80 - 95 % der Bruchenergie mittels plastischer Verfor-
mung der Binderphase dissipiert. Die Hartmetalle mit LBi < 40 nm besitzen allerdings nur
einen Binderanteil von < 3 Gew.%. Das bedeutet, daß das energiedissipierende Potential
der Binderphase sehr klein ist, und daß sich daher die Phasengrenzen zwangsläufig als
Träger der plastischen Verformung anbieten (dazu auch Kap. 3.1.1).
3000
2000
Abb. 66: Hall-Petch Beziehung in Bezug auf die freie Binderweglänge (LBi [µm]).
Hinsichtlich des Verschleißeigenschaften von Hartmetallen geht [Lars85] davon aus, daß
die plastischer Verformung, die sich während eines Abrasiv-Verschleißprozesses ergibt,
durch die Binderphase getragen wird. Daher liegt es nahe, die Korrelation des Verschleiß-
widerstandes mit LBi-1/2 näher zu betrachten. Weiterhin gehen [Feld76/2, Hutc92, Lars90,
Shei99] davon aus, daß beim Abrasivverschleiß in Laborversuchen, aber auch während der
praktischen Anwendung, die Binderphase zwischen den Karbiden ausgewaschen bzw. ab-
getragen würde.
Abb. 67 zeigt die angesprochene Korrelation zwischen LBi-1/2 und dem Verschleißwi-
derstand. LBi-1/2 wurde aus den berechneten Werte (Kap. 5.5.1) für LBi, die zur besseren
Orientierung zusätzlich auf der oberen x-Achse eingetragen wurden, bestimmt. Eine Ver-
schleiß-Hoch- / Tieflage und ein Übergangsbereich, wie in Kap. 6.2, Abb. 63 beschrieben,
können auch in Abb. 67 beobachtet werden. Allerdings wurde anhand von Abb. 67 gezeigt,
6 Diskussion 111
daß es möglich ist, die Verschleißbereiche mit Hilfe des mikrostrukturellen Parameters LBi-
1/2
darzustellen.
L Bi [µm]
∞
-- 1 0,25 0,111 0,063 0,04 0,028 0,02 -- 0
Verschleißwiderstand [m /m m ³]
1000
Tieflage
Übergangsbereich
100
10 Co-Binder
Hochlage
Fe/Ni/Co-Binder
Standardmaterial
1
0 1 2 3 4 5 6 7 8
-1/2 -1/2
L Bi [µm ]
Abb. 67: Korrelation zwischen Verschleißwiderstand und inverser Wurzel aus freier Bin-
derweglänge (LBi-1/2).
Der Bereich der Verschleiß-Hochlage ist im Vergleich zu Abb. 63 nicht so deutlich ausge-
prägt, weil für die dargestellten Versuche Al2O3 als Abrasivum eingesetzt wurde, welches
besser geeignet ist, um im vorliegenden Tribosystem mit den gewählten Versuchsparame-
tern (Kap. 4.1.1, Tab. 3) den Übergangsbereich zu charakterisieren. Diese Tatsache wurde
deutlich anhand von Abb. 63 dargestellt. Der Übergangsbereich zeigt einen logarithmi-
schen Anstieg des Verschleißwiderstands mit linear ansteigendem LBi-1/2 bzw. fallendem
LBi. Der Bereich der Verschleiß-Tieflage wird bei LBi-1/2 = 5 bzw. LBi = 40 nm erreicht.
Das bedeutet, daß Hartmetalle mit einer freien Binderweglänge < 40 nm in dem be-
trachteten Tribosystem einen maximalen Verschleißwiderstand zeigen. Kleinere Weglän-
gen, realisierbar durch kleinere WC-Korngrößen und / oder geringere Binderinhalte, wür-
den also nicht zu einem signifikanten Anstieg des Verschleißwiderstands führen.
Dieses Ergebnis ist konsistent mit [Rich97, Rich99], wo in Bezug auf Hartmetalle eine
Änderung der Versetzungsbewegung bei einem kritischen Wert von < 40 nm, hinsichtlich
der Größe der Bereiche in denen Versetzungsbewegung vonstatten geht, postuliert wird.
Weiterhin findet [Cudd91] bei Verschleißversuchen an Kohleaschekonditionierern mit
Hartmetallbeschlägen eine ähnliche Abhängigkeit zwischen Verschleißwiderstand und LBi.
In der Arbeit von [Cudd91] liegt der Übergangsbereich ebenfalls zwischen LBi ≈ 1 µm
(Start des Übergangsbereiches) und LBi ≈ 40 nm (Beginn der Verschleiß-Tieflage). Aus
112 6 Diskussion
diesen Übereinstimmungen könnte gefolgert werden, daß die Abgrenzungen des Über-
gangsbereiches nicht nur für das betrachtete Tribosystem gilt, sondern eine Materialeigen-
schaft darstellen. Die Unstetigkeit der Härte (Abb. 66) bei LBi ≈ 40 nm (inverser Hall-Petch
Effekt) und bei LBi ≈ 250 nm (Rißbildung) spricht ebenfalls dafür, daß die Grenzen des
Übergangsbereiches als Materialkennwerte angesehen werden könnten.
Weiterhin ist aus Abb. 67 zu erkennen, daß die untersuchten Standardmaterialien, die
mit ihren Verschleißwiderstände im Übergangsbereich liegen, im oberen Streubereich der
übrigen Hartmetalle liegen. Die Korrelation zwischen Verschleißwiderstand und Härte
zeigt dies ebenso (Abb. 62). Der Grund hierfür liegt wahrscheinlich in der industriellen
Herstellung der Standardmaterialien, was eine bessere Gefügequalität hinsichtlich Homo-
genität und Defekten nach sich zieht. Die Binderphase der Standardmaterialien besteht aus
Co (Kap. 4.1.4). Andere, im Labormaßstab hergestellte Hartmetalle mit Co-Binder (Ansät-
ze 45, 46, 48, 80), reihen sich in die Verschleißgütefolge der Hartmetalle mit Fe/Ni/Co-
Binderphase, die ebenfalls im Labormaßstab hergestellt wurden, ein. Die Co-Binderphase
der Standardmaterialien scheint also nicht der Grund für die vergleichsweise höheren Ver-
schleißwiderstände zu sein.
Wie sich in Kap. 6.4.1 zeigen wird, ist im Übergangsbereich die Struktur der Binder-
phase entscheidend für den Verschleißwiderstand. In Abhängigkeit von der Binderstruktur
der Fe/Co/Ni-gebundenen Hartmetalle kann ihr Verschleißwiderstand höher liegen als der
von vergleichbaren Co-gebundenen Hartmetallen (Abb. 67).
Es ist davon auszugehen, daß die Verschleißeigenschaften von Hartmetallen mit einem
hohen Anteil an WC-Phase (> 95 Gew.%) stark durch die Beschaffenheit der Hartstoffpha-
se beeinflußt werden. Die Beschaffenheit WC-Phase ist geprägt durch die Herkunft des
WC-Ausgangspulvers (Pulverhersteller) sowie durch die Sinterbedingungen (Druck, Tem-
peratur, Dauer) und den Inhibitorgehalt, der eine Wachstumsbremse für das WC während
der Sinterung darstellt (Kap. 3.1.2). Des weiteren scheint die Festigkeit der Phasengrenzen,
wie sich in Kap. 6.6.1 zeigen wird, bedeutsam für das Verschleißverhalten zu sein. Für
Hartmetalle mit einem höheren Binderanteil (> 9 Gew.%) sollte die Binderphase, hinsicht-
lich der Verschleißeigenschaften zu einem wichtigen Gefügebestandteil avancieren. Die
Eigenschaften der Binderphase (Zusammensetzung, Verteilung und Verbindungsstärke mit
WC) werden also den Verschleißwiderstand mit zunehmendem Binderanteil stärker beein-
flussen.
6 Diskussion 113
LBi eines Hartmetalls ist definiert durch die WC-Korngröße und durch den Binderinhalt
(Kap. 6.3). Die Linie in Abb. 67 (Kap. 6.3.2) verbindet Hartmetalle mit nahezu gleicher
Binderzusammensetzung. Die Streuung der Meßwerte um diese Linie ist also insbesondere
auf Abweichungen von dieser Binderzusammensetzungen, unterschiedliche WC Aus-
gangspulver sowie verschiedene Inhibitordotierungen zurückzuführen, die nicht in den
Wert für LBi-1/2 bzw. LBi einbezogen werden können.
Abb. 68 zeigt den Verschleißwiderstand von 5 Hartmetallen aus Abb. 67 (Ansätze 53,
54, 61, 68, 81) mit ähnlichen Werten für LBi-1/2 (LBi-1/2 = 3,4 - 3,9), aufgetragen gegen den
Anteil [Gew.%] von Co und Ni in der Komplexbinderphase. Die angesprochenen Hartme-
talle besitzen den gleichen Binderanteil von 10 Gew.%, die gleiche Inhibitordotierung von
0,2 Gew.% VC bei einer WC-Korngröße um 0,2 µm. Des weiteren wurden für die ange-
sprochenen Hartmetalle identisches WC-Ausgangspulver (Kap. 4.1.4) verwendet. Es ist
daher davon auszugehen, daß die Streuung dieser Hartmetalle um die angesprochene Linie
in Abb. 67 primär auf unterschiedliche Binderzusammensetzungen zurückzuführen ist. Zur
besseren Visualisierung sind die gemessenen Verschleißwiderstände als Stützpfeiler eines
berechneten Oberflächengraphen eingetragen. Zusätzlich wurde in Abb. 68 die Struktur,
die sich aufgrund der Binderphasenzusammensetzung einstellt, angegeben. Die Strukturen
wurden mittels Abb. 9 in Kap. 3.2 ermittelt, indem die Binderzusammensetzungen dieser
Arbeit anhand von Abb. 9 mit Komplexbinderzusammensetzungen, deren Strukturen be-
kannt sind, verglichen wurden.
Nach Abb. 68 fällt der Verschleißwiderstand mit steigendem Ni-Anteil in der Binder-
phase ab, eine weitere Erhöhung des Ni-Anteils sollte allerdings wieder zu einer Erhöhung
des Verschleißwiderstands führen [Prak79]. In Übereinstimmung mit [Prak79] wurde bei
einem Ni-Gehalt von ca. 20 Gew.% in der Binderphase und unterschiedlichen Co-Gehalten
ein Maximum des Verschleißwiderstands bei einem Co-Gehalt von ca. 10 Gew.% gefun-
den (Abb. 68).
Zusammenfassend läßt sich bezüglich Abb. 68 sagen, daß im Rahmen der durchge-
führten Verschleißuntersuchungen der Verschleißwiderstand von Hartmetallen mit
Fe/Ni/Co-Bindern durch eine Erniedrigung des Ni-Anteils im Binder bei gleichzeitiger
Erhöhung des Co-Anteiles, gesteigert werden kann. Diese Aussage deckt sich mit Erosi-
onsstrahlverschleißversuchen37 an Reinstoffen unter flachen Einstrahlwinkeln [ZumG87].
Die Erosionsversuche bestätigen den negativen Einfluß von Ni, durch den um Faktor zwei
höheren Erosionswiderstand von reinem Co im Vergleich zu reinem Ni [ZumG87].
37
Nach [Alle01] zeigen Erosionsstrahlverschleißversuchen unter flachen Einstrahlwinkeln oft identische
Verschleißgütefolgen wie Abrasivverschleißversuche. Beide Versuchsarten können also bedingt miteinander
verglichen werden.
114 6 Diskussion
Abb. 68: Verschleißwiderstand von Hartmetallen mit 10 Gew.% Binder und einer WC
Korngröße um 0,2 µm gegen den Gehalt [Gew.%] an Co und Ni im der
Fe/Co/Ni-Binderphase.
• Es liegen jeweils drei Gleitebenen ({110}, {112}, {123}) nahezu parallel, so daß sie
auch gleichzeitig aktiviert werden können („pencil glide“), womit sich die Anzahl der
unabhängigen Gleitsysteme weiter reduziert [Gott98].
Für die Verschleißeigenschaften von Hartmetallen mit einer kfz-Binderstruktur bedeutet
die leichtere plastische Verformbarkeit von Materialien mit einer kfz-Struktur, daß sie
während der tribologischen Beanspruchung einer stärkeren makroskopischen plastischen
Verformung unterliegen. Die plastische Verformung wird dabei primär durch die Binder-
phase getragen (Kap. 3.2). Die Konsequenz ist ein Abfall des Verschleißwiderstandes, weil
sich aufgrund der erhöhten plastischen Verformung des Grundkörpers die effektive Kon-
taktfläche zwischen Grundkörper und abrasiven Partikeln erhöht. Aus dem Anstieg der
Kontaktfläche ergibt sich außerdem ein Anstieg der Reibkraft (FF) (Abb. 69), die aus der
Intensität der Wechselwirkungen zwischen abrasiven Partikeln und Grundkörper resultiert
(Kap. 3.3.1). Als Maß für die plastische Verformung nach einer tribologischen Beanspru-
chung wird die gemessene gemittelte Rauheit (Rz) (Kap. 4.3) herangezogen (Abb. 69).
3,5
21
Rz [µm]
FF [N]
3
19
2,5
17
2
1,5 15
54 krz 81 krz 68 53 61 kfz
krz>50% kfz>50%
Abb. 69: Mittlere Rauheit (Rz) und Reibkraft (FF) in Abhängigkeit von der Kristallstruktur
der Binderlegierung.
Abb. 69 bestätigt die Aussagen hinsichtlich der plastischen Verformung von Hartmetallen
mit unterschiedlichen Strukturen der Binderphase. Es ist ein deutlicher Anstieg der Rauheit
mit ansteigendem kfz-Anteil der Binderstruktur zu erkennen. Gleichzeitig zeigt sich auch
eine Tendenz zu höheren Reibkräften aufgrund stärkerer Wechselwirkungen zwischen ab-
rasivem Partikel und stärker plastisch verformter Hartmetalloberfläche.
[Habi69] hat im Rahmen von Gleitreibungsuntersuchungen an Kobalt einen Anstieg
der Reibkraft bei der Umwandlung des Kobalts von der hdp-Struktur in die kfz-Struktur
gefunden (zur Umwandlung: Kap. 3.1.2, Punkt 6.)). Die hdp-Struktur stellt die geringste
116 6 Diskussion
Anzahl an Gleitsystemen zu Verfügung. Dieses Ergebnis bestätigt den Einfluß der Dukti-
lität der Kontaktpartner auf die Reibkraft.
Die Aufgabe eines Inhibitors im Hartmetall ist, die Tendenz zum Kornwachstum der WC-
Kristallite während aller Sinterphasen zu unterdrücken bzw. zu reduzieren. Weitere Aus-
führungen hinsichtlich Inhibitoren finden sich in Kap. 3.1.2 unter Punkt 6.). Im Rahmen
dieser Arbeit wurden Vanadinkarbid (VC) und Chromkarbid (Cr3C2) als Inhibitoren einge-
setzt (ca. 1 Gew.% bezogen auf die gesamte Pulvereinwaage, Kap. 4.1.4).
Durch Zugabe von Cr3C2 kann zusätzlich die Festigkeit gesteigert werden. Das Korn-
wachstum wird allerdings durch VC, das eine Steigerung der Härte bewirken soll, besser
unterdrückt [Bock92, Rich97]. Für Hartmetalle mit Co-Bindern zeigt eine Kombination
aus beiden Inhibitoren die besten Eigenschaften [Rich97]. Die Hartmetalle mit Fe-reichen
Komplexbindersystemen wurden ausschließlich mit VC dotiert, um eine Reaktion von
Cr3C2 mit dem Fe im Binder auszuschließen. Diese Reaktion würde zu einer starken Ver-
sprödung der Binderphase führen. Außerdem wurde für diese Hartmetalle weniger Inhibi-
tor zudotiert, weil vom Fe im Binder schon eine kornwachstumshemmende Wirkung aus-
geht (dazu Kap. 3.2, Tab. 5).
Die Zugabe des Inhibitors erfolgte bei Ansätzen, die aus nicht vordotiertem WC-
Ausgangspulver (TT WC02 NR) hergestellt wurden, zum Zeitpunkt der Pulvereinwaage.
Hartmetalle, die aus vordotiertem WC-Ausgangspulver (Dotierung erfolgte durch den Pul-
verhersteller) hergestellt wurden, wurden teilweise zum Zeitpunkt der Pulvereinwaage be-
züglich ihrem Inhibitorgehalt verändert.
Hartmetalle mit fehlender Inhibitordotierung (52, 69) zeigen einen um ca. Faktor 2
geringeren Verschleißwiderstand als der entsprechende Ansatz mit Inhibitor (81, 68) (Abb.
70).
Aufgrund von fehlender Inhibitordotierung kommt es zur Ausbildung eines globalen
Wachstums der WC-Phase während der Sinterung (Abb. 71). Die Ergebnisse der quantita-
tiven Gefügeanalyse (Tab. 19) bestätigen diese Aussage. In Bezug auf Kap. 6.3.1 bewirkt
eine Zunahme der WC-Korngröße neben einem Abfall der Härte und einem Anstieg der
freien Binderweglänge, daß der Verschleißwiderstand abfällt (Abb. 70). Bei Hartmetall 76
wurde auf die Zugabe von Cr3C2 verzichtet, was ebenfalls zu einem Abfall des Ver-
schleißwiderstandes um Faktor 2 im Vergleich zu Hartmetall 77 führte. Diese Tatsache
zeigt deutlich die Effektivität der Kombination aus beiden Inhibitoren bezüglich der korn-
wachstumshemmenden Wirkung der WC-Körner (Abb. 72). Des weiteren soll, wie Ein-
gangs erwähnt, mittels Cr3C2 die Festigkeit gesteigert werden, was ein weiterer Grund für
den höheren Verschleißwiderstand von Hartmetall 77 sein könnte. Denn laut Tab. 19 in
Kap. 5.5.1 unterscheiden sich Hartmetalle 76 und 77 nur geringfügig hinsichtlich LWC und
LBi.
6 Diskussion 117
1500
1200
Verschleißwiderstand [m/mm³]
900
300
/Inhibitor:
250 52 (10-Fe/Co/Ni) /o. I.
81 (10-Fe/Co/Ni) /0,2 VC
200 69 (10-Fe/Ni/Co) /o. I.
68 (10-Fe/Ni/Co) /0,2 VC
150 77 (2,35-Co/Ni) /0,2VC; 0,3Cr3C2
76 (2,35-Co/Ni) /0,2VC
100
1800 1900 2000 2100 2200 2300
Härte HV10
Abb. 70: Einfluß der Inhibitordotierung auf den Verschleißwiderstand (o. I. = ohne Inhi-
bitor).
Abb. 71: Hartmetalle 68 (0,2 VC) und 69 (ohne Inhibitor); REM, SE-Kontrast.
Abb. 72: Hartmetalle 76 (0,2 VC) und 77 (0,2 VC, 0,3 Cr3C2) ); REM, SE-Kontrast.
118 6 Diskussion
3200
2800
Verschleißwiderstand [m/mm³]
2400
2000
1600
1200
45 (10-Co) WBH WC05D
300 46 (10-Co) DOW WC02
48 (10-Co) TT WC02 N
250 80 (10-Co) TT WC02 NR
75 (2-Co/Ni) TT WC02 NR
200 78 (2-Co/Ni) DOW WC02
150
100
1800 1900 2000 2100 2200 2300
Härte HV10
Weiterhin ergibt sich aus den beiden Paarungen eine Gütefolge hinsichtlich der Ver-
schleißwiderstände der Hartmetalle, die aus verschiedenen WC-Ausgangspulvern herge-
stellt wurden:
1. Hartmetall 75; Hersteller des WC-Ausgangspulvers: Tokyo Tungsten
2. Hartmetall 78/46; Hersteller des WC-Ausgangspulvers: Dow Chemical (OMG)
3. Hartmetall 45; Hersteller des WC-Ausgangspulvers: Wolfram-Bergbau-Hütten
Abb. 73 zeigt außerdem die Hartmetalle 48 und 80, welche identische Zusammenset-
zungen besitzen. Die Hartmetalle unterscheiden sich nur hinsichtlich des Zeitpunktes der
Inhibitordotierung. Hartmetall 48 wurde aus vordotiertem WC-Pulver (WC02 N) herge-
stellt, während beim Hartmetall 80 die Dotierung zum Zeitpunkt der Pulvereinwaage vor-
genommen wurde. Der Unterschied hinsichtlich der Verschleißeigenschaften ist also auf
den Zeitpunkt der Inhibitorzugabe zurückzuführen. Es ist offenbar günstiger im Hinblick
auf Verschleißeigenschaften den Inhibitor erst vor dem Mahlprozess im Attritor zuzugeben
(Hartmetall 80), als bei der direkten Carburierung des WC-Pulvers (Hartmetall 48).
Die Hartmetalle 48 und 80 sind nur unter Vorbehalt mit den Hartmetallen 45 und 46 zu
vergleichen (Abb. 73), da sich die Paarungen hinsichtlich ihrer Inhibitordotierungen unter-
scheiden (Kap. 4.1.4). Wenn beide Paarungen in den Vergleich hinsichtlich verschiedener
WC-Ausgangspulver einbezogen würden, wäre zu bemerken, daß Hartmetall 46 für die
relativ hohe Härte aufgrund des feineren Gefüges einen zu geringen Verschleißwiderstand
zeigt. Hinsichtlich Hartmetall 46 kann die größere Kornfeinheit offenbar nicht positiv auf
den Verschleißwiderstand übertragen werden, denn wie schon erwähnt, sind neben der
WC-Korngröße im gesinterten Zustand auch andere Eigenschaften der Hartstoffphase,
welche durch das WC-Ausgangspulver geprägt werden, entscheidend für das Verschleiß-
verhalten.
Abb. 74 zeigt den Einfluß verschiedener Sinterungen auf die Hartmetalle 53 und 74,
die exakt identische Zusammensetzungen besitzen.
150 2000
Verschleißwiderstand [m/mm³]
Verschleißwiderstand
Härte
1500
100
Härte HV10
1000
50
500
0 0
Hartmetall 53 Hartmetall 74
Sintercharge 1 Sintercharge 2
Wie beabsichtigt zeigt sich hinsichtlich des Verschleißwiderstands nur ein geringer bzw.
kein Unterschied zwischen den Hartmetallen. Das bedeutet, daß es möglich ist Hartmetalle
mit Komplexbindersystemen hinsichtlich ihrer Verschleißeigenschaften reproduzierbar zu
sintern. Des weiteren bestätigt Abb. 74, daß die Härte nur zur groben Abschätzung des
Verschleißverhaltens herangezogen werden kann, da mittels der Härte die Wechselwirkun-
gen zwischen abrasiven Partikeln und der Grundkörperoberfläche nicht ausreichend cha-
rakterisiert werden können [ZumG98] (Kap 3.3.2).
In Kap. 6.4.1 wurde die geringere plastische Verformbarkeit von Hartmetallen mit krz-
Bindersystemen anhand der vergleichsweise niedrigen Rauheit der tribologisch bean-
spruchten Oberfläche bestätigt. Damit wurden die Annahmen hinsichtlich der Rauheit
(Kap 4.3) nachgewiesen.
Die gemittelte Rauheit (Rz) ist also ein Maß für die makroskopische plastische Verfor-
mung der Hartmetalloberfläche aufgrund tribologischer Beanspruchung. Die Intensität
einer tribologischen Beanspruchung durch Teilchenfurchung wird bestimmt durch die
Furchungstiefe, die mittels Rz charakterisiert wird. Mit steigender Furchungstiefe erhöht
sich die effektive Kontaktoberfläche und die Intensität der Wechselwirkungen zwischen
abrasivem Partikel und Hartmetalloberfläche. Die Konsequenz ist eine Abfall des Ver-
schleißwiderstandes (Abb. 75) und ein Anstieg der Reibkraft.
10000
Verschleißwiderstand [m/mm³]
1000
Fe/Co/Ni-Binder
Co-Binder
Standardmaterial
100
10
1
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18
Rz [µm]
Abb. 75 zeigt, daß die Hartmetalle, die nach Kap. 6.3.2, Abb. 67 der Verschleiß-Tieflage
zugeordnet werden können, eine nahezu identische Rauheit von Rz < 2 µm zeigen. Die pla-
6 Diskussion 121
2700 WC-Körner
Hartmetall 75 2700 Binderlängen
10
z [µm]
5 27 WC-Körner
27 Binderlängen
0
0 1 2 3
x [mm]
2700 WC-Körner
2700 Binderlängen
Hartmetall 53
Hartmetall 81
10
z [µm]
27 WC-Körner
5
27 Binderlängen
0 1 2 3
250 µm
x [mm]
10
z [µm]
18 WC-Körner
5
18 Binderlängen
0
0 1 2 3
x [mm]
6.6 Verschleißmechanismen
Die Detailprozesse der Abrasion sollen als Grundlage für die Entwicklung eines Ver-
schleißmechanismus auf makroskopischer Basis bezüglich des im Rahmen dieser Arbeit
eingesetzten Tribosystems, betrachtet werden.
Es ist aufgrund der Größenverhältnisse zwischen Mikrostruktur und Abrasivum sinn-
voll von einem makroskopischen Verschleißmechanismus auszugehen. Ein „Auswaschen“
der Binderphase zwischen den WC-Körnern ist bei den vorliegenden Größenverhältnissen
wahrscheinlich nicht der dominierende Verschleißmechanismus, der den Materialabtrag
bestimmt. Die Korrelation zwischen Verschleißwiderstand und Härte als Bulkeigenschaft
in Kap. 6.2 bestätigt, daß ein makroskopischer Verschleißmechanismus angesetzt werden
sollte. Des weiteren zeigt die Abschätzung der Größenverhältnisse in Abb. 76 deutlich eine
makroskopische plastische Verformung der Hartmetalloberfläche, über eine hohe Anzahl
von WC-Körnern und Binderweglängen.
Die Diagramme in Abb. 78 wurden in den Kap. 6.3.2 und 6.5 im einzelnen erläutert.
Eine gleichzeitige Betrachtung der Diagramme scheint sinnvoll, um Verschleißmechanis-
men abzuleiten. Laut [ZumG87, Hutc92] sind Verschleißmechanismen an den Verlauf der
Verschleiß-Hoch- / Tieflage-Charakteristik gebunden (Kap. 3.3.2). Daher sollte an den
Grenzen der einzelnen Bereiche eine Änderung der Verschleißmechanismen stattfinden.
124 6 Diskussion
Die Grenzen wurden mittels des grauen Bereiches und der gestrichelten Linie in Abb. 78
definiert.
Im Bereich der Verschleiß-Hochlage ist ein starker Anstieg der Oberflächenrauheit und
ein geringer Abfall der Verschleißwiderstände zu beobachten (Abb. 78, unten). Abrasive
Partikel können effektiv in die Hartmetalloberfläche eindringen, da das Verhältnis Ha / Hm
≥ 1,2 ist (Kap. 3.3.2, 6.2). Die Folge ist, daß die Hartmetalloberfläche während der tribolo-
gischen Beanspruchung einer massiven plastischen Verformung ausgesetzt wird und die
Furchungstiefe maximal wird. Wie schon in Kap. 6.5 geschrieben ist die Fähigkeit zu einer
derart starken Verformung auf die fehlende Stützwirkung der WC-Karbidskelettes zurück-
zuführen. Als Detailprozeß der Abrasion ist für die Verschleiß-Hochlage das Mikropflügen
(bei maximaler Furchungstiefe (T)) mit überlagertem Mikroermüden anzusetzen (Abb. 77).
Die Duktilität der Hartmetalloberfläche, welche mit Hilfe der gemittelten Rauheit (RZ)
charakterisiert wurde, bestimmt im Übergangsbereich im hohen Maße den Verschleißwi-
derstand (Abb. 78, unten). Getragen wird die Duktilität von der Binderphase. Daher ist die
Fähigkeit der Binderphase zur plastischen Verformung entscheidend für den Verschleiß-
widerstand (Kap. 6.5). Als Detailprozeß der Abrasion wird neben dem Mikropflügen und
dem Mikroermüden das Mikrobrechen auftreten. Aufgrund der verminderten Furchungstie-
fe ist davon auszugehen, daß das Mikropflügen durch den Prozeß des Mikrobrechens abge-
schwächt wird (Abb. 77). Das Mikrobrechen ist auf die höhere Härte und Sprödigkeit der
Hartmetall im Übergangsbereich zurückzuführen. Mikrobrechen bedeutet, daß die Festig-
keit der Hartmetalloberfläche lokal überschritten wird. Hinsichtlich der Härtemessung an
Hartmetallen mit LBi-1/2 > 2 wurden Rissen an den Ecken der Härteeindrücke gefunden
(Kap. 6.3.2). Diese Tatsache bestätigt, daß es bei einem bestimmten Verhältnis zwischen
der Härte des Hartmetalles (> 1400 HV) und der Belastung (HV 10) zum lokalen Über-
schreiten der Festigkeit kommt (Abb. 78, oben). Allerdings ist anzumerken, daß wenn die
Härtemessung mit z. B. Prüflast HV 30 durchgeführt worden wäre, sich auch Risse an
Hartmetallen mit < 1400 HV 30 gezeigt hätten. Denn im Gegensatz zur Härte steigt die
Rißlänge an den Härteeidrücken mit steigender Prüflast [Shet85] an.
Im Bereich der Verschleiß-Tieflage LBi-1/2 > 5 ist die makroskopische plastische Ver-
formung der Hartmetalloberfläche stark eingeschränkt (Abb. 76, Abb. 78 (unten)). Diese
Tatsache ist auf die optimal ausgeprägte Stützwirkung des WC-Skelettes zurückzuführen,
denn die angesprochenen Hartmetalle bestehen zu ca. 95 Vol.% aus WC. Aufgrund des
hohen Hartstoffphasenanteils können sich die nunmehr spröden Hartmetalle nur geringfü-
gig plastisch verformen. Des weiteren zeigen diese Hartmetalle hinsichtlich der ertragenen
plastischen Verformung (charakterisiert mittels Rz) einen nahezu konstanten Wert von Rz =
2 µm. Das bedeutet, daß die plastische Verformbarkeit der Hartmetalloberflächen im Ge-
gensatz zu den Hartmetallen, die dem Übergangsbereich zugeordnet wurden, den Ver-
schleißwiderstand nicht primär bestimmt. Vielmehr scheint die Festigkeit der Phasengren-
zen das Kriterium für die hohe Verschleißbeständigkeit dieser Hartmetalle darzustellen.
6 Diskussion 125
A1 A2
Verschleiß-Hochlage
Übergangsbereich
Rz abhängig von
Binderzusammensetzung
Detailprozesse:
Mikropflügen, Mikrobrechen,
Mikroermüden
Verschleiß-Tieflage
Rz = const.(minimale Furchungstiefe)
Detailprozesse:
Mikrobrechen, Mikroermüden
LBi [µm]
∞ 1 0,25 0,111 0,063 0,04 0,028 0,02 0
2500
2000
Härte HV10
1500
Versagen der Phasengrenzen
1000
1000 Tieflage
100 Fe/Co/Ni-Binder
Übergangsbereich Co-Binder
Standardmaterial
10 Standardmat. G30 / G40
Hochlage
Hartmetalle 62 / 65
16
12
Rz [µm]
1 2 3 4 5 6 7
-1/2 -1/2
LBi [µm ]
1000000
Fe/Co/Ni-Binder
Standardmaterial
100000 EW-Mode
10000
1000
EP-Mode
100
Vol.% W C
38
Die Konstanz von µ äußert sich in einer konstanten Reibkraft (FF), wie in Kap. 4.1.1, Abb. 22 zu sehen ist.
Die Reibkraft ändert sich nur um ca. 5 %, die Änderung wird allerdings nur deutlich, wenn Abb. 22 von 20 N
bis 30 N skaliert würde. Der Verlauf der Reibkraft wäre dann identisch mit µ in Abb. 80.
6 Diskussion 129
[Czic92] können den Bereichen 1, 2 und 3 (Abb. 80) verschiedene Prozesse, die die Reib-
kraft und somit µ bestimmen, zugeordnet werden.
• Bereich 1: Entfernen von Oberflächenverunreinigungen und Abscheren oder Einebnen
von Rauheitshügeln mittels plastischer Deformation. Die eigentliche Kontaktgeometrie
wird ausgebildet. Dieser Bereich ist mit einem vernachlässigbaren Materialabtrag ver-
bunden (Abb. 80).
10 0,24
9 Bereich 0,238
Volumenverlust [mm³]
1 2 3
Volumenverlust VV [mm³]
8 0,236
Reibkoeffizient
7 0,234
Reibkoeffizient µ
6 0,232
5 0,23
4 0,228
3 0,226
2 0,224
1 0,222
0 0,22
0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800
Verschleißweg S [m]
7 Zusammenfassung
Die Forderungen konnten im Rahmen des eindeutig definierten tribologischen Systems der
aufgebauten Verschleißapparatur erfüllt werden.
Die Einhaltung der Forderung 1.) wurde anhand von mehreren Verschleißversuchen an
einer Hartmetallsorte bestätigt (Kap. 5.2.4).
Im Hinblick auf Forderung 2.) zeigten sich identische Gütefolgen der Verschleißeigen-
schaften im Praxistest und in den Laborversuchen (Kap. 6.1). Mit Hilfe der Verschleißver-
suche, die in dem beschriebenen Tribosystem (Kap. 4.1.1) durchgeführt wurden, können
also Gütefolgen für Hartmetallwerkzeuge im praktischen Einsatz39 abgeleitet werden. Es
zeigte sich, daß mit ansteigender Härte der untersuchten Hartmetalle sowohl der Ver-
39
Der praktische Einsatz bezieht sich im Rahmen dieser Arbeit auf das Technologiefeld der Holzzerspanung.
7 Zusammenfassung 131
von < 40 nm postuliert wird. Der kritische Wert von 40 nm bezieht sich auf die Größe der
Bereiche, in denen Versetzungsbewegung vonstatten geht. Demnach wird die nunmehr
geringe Duktilität nicht mehr durch die Verfestigung der Binderphase, sondern durch die
Festigkeit der Phasengrenzen bestimmt.
40
Verhältnis aus der Mineralhärte des Abrasivums (Ha) und der Härte des tribologisch beanspruchten Materi-
als (Hm).
7 Zusammenfassung 133
Die aufgestellten mikrostrukturellen Mechanismen (Kap. 6.6.2) beziehen sich auf die
bekannten Mechanismen der bevorzugten Abtragung der weicheren Binderphase [Hutc92]
und auf die Binderextrusion [Lars85]. Die bevorzugte Abtragung der Binderphase wurde
über die Anwendung eines Verschleißmodells (Kap. 3.3.3) nach [Axén94] charakterisiert.
Des weiteren wird die Entstehung einer Prozeßzone (Tribofilm) auf den tribologisch bean-
spruchten Oberflächen mit den angesprochenen Mechanismen in Verbindung gebracht.
Dazu wurde ein derartiger Tribofilm mittels REM (EDX), TEM, AES und AFM unter-
sucht.
8 Ausblick
Der Ausblick soll Perspektiven für Hartmetalle mit WC-Körnern um 0,1 µm aufzeigen.
Für die Hartmetalle im Rahmen dieser Arbeit bedeutet das eine Reduzierung der Korngrö-
ße um Faktor 2 - 3.
Für eine weitere Verringerung der WC-Korngröße in gesinterten Hartmetallen er-
scheint die alleinige Verkleinerung der Korngröße in den WC-Ausgangspulvern nur sinn-
voll, wenn es gleichzeitig gelingt, das Kornwachstum während der Sinterung stärker zu
unterdrücken und die Defektgröße und Defektverteilung (Porosität) einzuschränken. Dafür
ergeben sich zwei Ansatzpunkte:
• Modifikation des Mahlprozesses. Anstatt der üblichen Naßmahlung mittels Attritor,
Kugelmühle oder Vibrationsmühle wird von [Grie00] ein alternatives „Verfahren zur
Herstellung von Hartmetallmischungen“ vorgeschlagen. Das Verfahren beruht auf ei-
ner trockenen Durchmischung der Hartmetallpulverkomponenten ohne Zuhilfenahme
von Mahlhilfsmitteln. Die Durchmischung erfolgt über Scherkräfte auf die Pulverteil-
chen bei gleichzeitiger Umwälzung des Mahlguts. Dieses Verfahren soll die gegensei-
tige Vermengung der Pulverkomponenten verbessern. Die Konsequenz wäre eine ho-
mogenere Sinterung mit einer geringeren Restporosität im gesinterten Hartmetallkör-
per. Eine geringe Restporosität ist insbesondere für die Festigkeit von feinkörnigen
Hartmetallen entscheidend (Kap. 3.1.1).
• Modifikation des Sinterprozesses. Während der klassischen Sinterprozesse (Kap.
3.1.2) kommt es zum ungewollten Kornwachstum der WC-Phase. Mittels neuartiger
Formen der Energieübertragung wie z. B. dem Mikrowellenheizung [Roed97] kann die
Sinterdauer verkürzt und die Sintertemperatur weiter abgesenkt werden. Dies würde
eine Verringerung der Triebkraft zum Kornwachstum der WC-Phase darstellen. Aller-
dings scheint ein Einsatz der Mikrowellenheizung im industriellen Maßstab noch nicht
ausgereift zu sein.
Unter der Voraussetzung, daß es mit Hilfe der angesprochenen Modifikationen der Her-
stellungsroute möglich wäre, Hartmetalle mit WC-Körnern um 0,1 µm im industriellen
Maßstab herzustellen, soll im Folgenden die Effizienz derartiger Hartmetalle prognostiziert
werden:
Es scheint möglich aufgrund der Verringerung der WC-Korngröße einen höheren Bin-
dergehalt einsetzen zu können, ohne einen Abfall der Härte und des Verschleißwiderstands
tolerieren zu müssen. Begründet wird diese Aussage durch folgende Betrachtung:
8 Ausblick 135
Wie in Kap. 6.3 beschrieben, ist die freie Binderweglänge (LBi) durch die WC-
Korngröße (LWC) und den Volumenanteil der Hartstoffphase (Vol.%WC) eindeutig definiert.
Die Korrelation zwischen LBi-1/2, LWC und Vol.%WC wird in Abb. 81 dargestellt. WC-
Korngrößen von 0,1 µm, 0,2 µm und 0,5 µm in Abb. 81 werden durch berechnete Linien
(Gl. 23) charakterisiert. Die gestrichelte Linie ist die Schwelle zur Verschleiß-Tieflage für
Hartmetalle mit LBi < 40 nm (LBi-1/2 < 5), wie in Abb. 67 (Kap. 6.3.2) gezeigt wurde. Das
bedeutet, Hartmetall mit kleineren Werten für LBi zeigen keinen signifikanten Anstieg in
ihrem Verschleißwiderstand (Verschleiß-Tieflage). Die meisten Ansätze zeigen WC-
Korngrößen um 0,2 µm und streuen dementsprechend um die Linie für 0,2 µm. Hartme-
talle mit niedrigen Binderanteil zeigen WC-Korngrößen um 0,3 µm (Kap. 5.5.1) und liegen
entsprechend neben der Linie für 0,2 µm. Für diese Hartmetalle wird die Schwelle zur
Verschleiß-Tieflage bei einem Binderinhalt < 3 Gew.%Bi (ca. 90 Vol.%WC) überschritten.
8
Fe/Ni/Co-Binder
7 Co-Binder Verschleiß-Tieflage
6 Standardmaterial
Hartmetalle 62, 65 [Sail01]
]
5
-1/2
[µm
4
-1/2
0,1 µm
3
LBi
2 0,2 µm
0,5 µm
1
0
40 50 60 70 80 90 100
Vol.% WC
Abb. 81: Korrelation zwischen inverser Wurzel aus freier Binderweglänge (LBi-1/2) mit
Volumenprozentanteil an WC (Vol.%WC) und WC-Korngröße (berechnete Kurven
für 0,1 µm; 0,2 µm; 0,5 µm).
Eine weitere Verkleinerung der WC-Korngröße von 0,2 µm bzw. 0,3 µm auf 0,1 µm hätte
zur Folge, daß Hartmetalle mit einem Binderinhalt von ca. 10 Gew.%Bi (ca. 80 Vol.%WC)
die Schwelle zur Verschleiß-Tieflage überschreiten würden (Abb. 81). Die Konsequenz
aus dieser Gefügeverfeinerung wären Vorteile hinsichtlich Festigkeit und Zähigkeit auf-
grund des höheren Binderanteils [Gurl55] und Vorteile hinsichtlich der Sinterbedingungen
[Sche88], bei annähernd gleichen Verschleißeigenschaften im betrachteten Tribosystem.
Für den praktischen Einsatz auf dem Technologiesektor der Holzzerspanung bedeutet eine
Steigerung der Festigkeit und Zähigkeit, daß eine schärfere Schneidkantengeometrien ein-
136 9 Anhang
gesetzt werden könnte, welche die Schnittkräfte reduzieren und die Güte der bearbeiteten
Holzoberflächen verbessern würde.
9 Anhang
9.1 Anhang A
VBi L ⋅ Vol % Bi
= WC Gl. 24
AWC 6 ⋅ Vol %WC
Mit Beispielswerten für LWC = 0,5 µm, für Vol.%Bi = 10 % und für Vol.%WC = 90 % ergibt
Gl. 24 einen Wert von 0,00926. Das bedeutet, daß ein Bindervolumen von 0,00926 µm³
auf eine WC-Fläche von 1 µm² zu verteilen ist. Die Dicke der Binderschicht beträgt also
0,00926 µm. Für das betrachtete WC-Korn mit AWC = 1,5 µm² ergibt sich eine umschlie-
ßendes Bindervolumen von VBi = 1,5 µm² * 0,00926 µm = 0,01389 µm³ bei der Schichtdik-
ke von 0,00926 µm.
Die freie Binderweglänge ist definiert als der mittlere Abstand zwischen zwei WC-
Körnern. Daher muß Gl. 24 mit Faktor 2 multipliziert werden da bisher nur die Binder-
schicht auf einem WC-Korn betrachtet wurde. Mit Hilfe Fitparameters ergibt sich Gl. 23
zur Berechnung der freien Binderweglänge (LBi).
138 9 Anhang
9.2 Anhang B
REM HAUPTPROGRAMM
#DEFINE norm-Verschleißtiefe 2009
#DEFINE NULLABGLEICH 2006
#DEFINE START 100
#DEFINE STOP 104
#DEfINE EXPORT 2005
#DEFINE QUIT 101
GLOBAL n w z t1 t0 dt d2 d3 d4 d5 ZEIT Setpoint
Global Bgröße tiefe
GLOBAL Sum
Bgröße = 4
OPEN -i "trocken3.IOD"
spider8.Setup "trocken3.sp8"
OPEN -o "trocken3.OPG"
call Nullabgleich
DO 0
SELECT CASE
CASE Event = START
Event = 0
CALL Runlogger
Case Event = NULLABGLEICH
Event = 0
CALL Nullabgleich
Case Event = EXPORT
Event = 0
Dialog 5
Case Event = QUIT
Event = 0
EXIT
41
CATMAN Version 2.1, Rel.2, Fa. HBM
9 Anhang 139
END SELECT
LOOP
------------------------------------------------
REM MEßWERTERFASSUNG
ACQTimeReset
ACQStart 0 2 REM Meßwerte/s =2
APP.Scrollbars = 0
DO 0
ACQRead Bgröße
REM Zeiterfassung
sum = 0
z=1
DO BGröße
w = IOChan[1].Row[z].value
sum = sum + w + Zeit
inc z
LOOP
sum = sum / BGröße
DBChan[13].Row[n].Value = sum
verzeit.value = sum
140 9 Anhang
SELECT CASE
CASE Event = STOP
Event = 0
BREAK
END SELECT
REM Setpointaktivierung
SELECT CASE
CASE Event = norm-Verschleißtiefe
Event = 0
Setpoint = d5
END SELECT
norm-vertiefe.value = abs(d5-setpoint)
inc n
update -p
LOOP
ACQStop
Zeit = sum
-------------------------------------------------------------
REM NULLABGLEICH
DBCLEAR ALL
ACQInit All
ACQTar 1 19
n=1
w=0
sum = 0
ZEIT = 0
verzeit.value = sum
onlinezeit.value = sum
reikr.value = 0
update -p
setpoint = 0
chartredraw
9 Anhang 141
9.3 Anhang C
Als alternatives Granulierverfahren (Kap. 3.1.2; Punkt 4.)) wurde im Rahmen dieser Arbeit
u. a. die Wirbelschichtgranulierung nach [Nish99] eingesetzt. Abb. 82 zeigt die dazu ver-
wendete Apparatur42, welche die Aufgabe hatte getrocknete Hartmetallpulvermischungen
in rieselfähige Granulate zu überführen.
Abb. 82: Pressure Swing Granulator (PSG) mit Fachkraft (M. Herr).
42
Gerät vom Typ DQ-LABO, Fa. Fuji Paudal
142 10 Literaturverzeichnis
10 Literaturverzeichnis
[Alle01] Allen, C.; Sheen, M.; Williams, J.; Pugsley, V. A.: The wear of ultrafine
WC-Co hard metals. In: Wear, zur Veröffentlichung angenommen, 2001.
[Attw81] Attwood, D. G.: Hot isostatic pressing of hardmetals and high temperature
resistant material. In: Proceedings of the 10th Plansee Seminar 3, 113 - 125,
1981.
[Axén94] Axén, N.; Jacobson, S.: A model for abrasive wear resistance of multiphase
materials. In: Wear 174, 187 - 199, 1994.
[Bock92] Bock, A.; Schubert, W. D.; Lux, B.: Inhibition of Grain Growth on Cemen-
ted Carbides. In: J. of Powder Metallurgy 24, Nr. 1, 20 - 26, 1992.
[Brig90] Briggs, D.; Seah, M.P.: Practical Surface Analysis by Auger and X-ray
Photoelectron Spectroskopy. 2. Aufl., J. Wiley and Sons, Chichester, 1990.
[Broo96] Brookes, K. J .A.: World Directory and Handbook Hardmetals and Hard
Materials, International Carbide Data,1996.
[Burw57] Burwell, J. T.: Survey of possible wear mechanisms. In: Wear 1, 119 f.,
1957.
[Carl01] Carlo-Erba-Instruments: Product Information. Internet-Hompage,
http://www.ceinstruments.it, 2001.
[Chok89] Chokshi, A. H.; Rosen, A.; Karch, J; Gleitner, H.: On the validity of the
Hall-Petch relationship in Nanocrystalline Materials. In: Scripta Metallurgi-
ca 23, 1679 - 1684, 1989.
[Colle01] Collenz, A.: Wear properties of ultrafine Hardmetals with complex Fe-Ni-
Co Binder, Diplomarbeit, Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, 2001.
[Cudd92] Cuddon, A.; Allen, C.: The wear of tungsten carbide-cobalt cemented carbi-
des in a coal ash conditioner. In: Wear 153, 375 - 385, 1992.
[Czic92] Czichos, H.; Habig, K. H.: Tribologie Handbuch; Systemanalyse, Prüftech-
nik, Werkstoffe und Konstruktionselemente. Wiesbaden, Vieweg Verlag,
1992.
[Daub95] Daub, H. W.; Dreyer K.; Happe, A.; Holzhauer H.; Kassel, D.: Leistungs-
potentiale von Feinst- und Ultrafeistkorn-Hartmetallen und ihre Herstellung.
Pulvermetallurgie in Wissenschaft und Praxis 11, 285 ff, 1995.
[Bhat94] Bhat, D. G.: Diamond-coated cutting tools - a status report. In: (Materials
Industry Analysis) Mat. Tech. 9 (11/12), 253 - 261, 1994.
10 Literaturverzeichnis 143
[Egam89] Egami, A.; Kusaka, T.; Machida, M.; Kobayashi, K.: Ultra submicron
hardmetals for miniature drills. In: Proceedings of the 12th International
Plansee Seminar 2, 53 - 70, 1989.
[Engq00] Engqvist, H.: Microstructural aspects on wear of cemented carbides. Dis-
sertation, Universität Uppsala, Schweden, 2000.
[Exne64] Exner, H. E.: Struktur und Eigenschaften der Hartlegierung WC 10%Co.
Dissertation, Hochschule Loeben, 1964.
[Exne66] Exner, H. E.; Fischmeister, H.: Gefügeausbildung von gesinterten Wolfram-
karbid-Kobalt-Hartlegierungen. In: Archiv für das Eisenhüttenwesen 37,
417 - 426, 1966.
[Exne69] Exner, H. E.: The influence of sample preparation on Palmqvist´s method
for toughness testing of cemented carbides. In: Transactions of the Metall-
urgical Society of Aime 245, 677 - 683, 1969.
[Feld76/1] Walter, P.; Feld, H.: Bestimmung der Abriebfestigkeit von Hartmetall mit
dem Schleifrad. In: Planseeberichte für Pulvermetallurgie 24, 100 - 107,
1976.
[Feld76/2] Feld, H.; Walter, P.: Beitrag zur Kenntnis des Mineral-Hartmetall-
Verschleißes. In: J. of Materials Technology 7, 300 - 303, 1976.
[Feld88] Feld, H.: Hartmetall-Schneidstoffe: höhere Biegefestigkeit und längere
Standwege. In: Die Holzbearbeitung 35, A.G.T.-Verlag Thum GmbH, 56 -
64, 1988.
[Feld93] Feld, H.: Schneidstoffe unter besonderer Berücksichtigung der Holzbear-
beitung. In: Die Holzbearbeitung 11, A.G.T.-Verlag Thum GmbH, 153 -
157, 1993.
[Flur62] Flurschütz, W.: Löslichkeit von Carbiden in Legierungen. In: 2. Int. Pul-
vermet. Tagung, Eisenach 1961, Akademie Verlag, Berlin, 385 - 389, 1962.
[Fuka91] Fukatsu, T.; Kobori, K.; Ueki, M.: Micro-Grained Cemented Carbides with
High Strength. In: Int. J. of Refractory Metals & Hard Materials 10, 57 - 60,
1991.
[Gill00] Gille, G.; Szesny, B.; Dreyer, K.: Neue und erweiterte Anwendungen von
Hartmetallen durch neue verbesserte Vorstoffe. In: Pulvermetallurgie in
Wissenschaft und Praxis 16, 85 - 113, 2000.
[Gill97] Gille, G.; Szesny, B.; Leitner, G.: A new 0.4 µm WC powder as well as
powder-related properties and sintering behaviour of 0.6 to 30 µm WC-Co
hardmetal. In: Proceedings of the 14th International Plansee Seminar 2, 139 -
167, 1997.
[Gott98] Gottstein, G.: Physikalische Grundlagen der Materialkunde. Spriger Verlag,
Heidelberg, 1998.
144 10 Literaturverzeichnis
[Schu95] Schubert, W.D.; Bock, A.; Lux, B.: General aspects and limits of conven-
tional ultrafine WC Powder manufracture and hard metal production. In: Int.
J. of Refractory Metals & Hard Materials 13, 281 - 296, 1995.
[Shei99] Sheik-Ahmad, J. Y.; Bailey, J. A.: The wear characteristics of some cemen-
ted tungsten carbides in machining particleboard. In: Wear 225 - 229, S. 256
- 266, 1999.
[Shet85] Shetty, D. K.; Wright, G.; Mincer, P. N.; Clauer, A. H.: Indentation fracture
of WC-Co cermets. In: J. of Materials Science 20, 1873 - 1882, 1985.
[Sigl86] Sigl, L. S.; Exner, H. E.; Fischmeister, H. F.: Charakterisation of fracture
processes and fracture relevant parameters in WC-Co hardmetals. In: Insti-
tute of Physics Conference Series 75, 631 - 643, 1986.
[Simm89] Simm, W.; Freti, S.: Abrasive wear of multiphase materials. In: Wear 129,
105 - 121, 1989.
[Spri95] Spriggs, G. E.: A History of fine grained hardmetal. Int. J. of Refractory
Metals & Hard Materials 13, 241 - 255, 1995.
[Toky] Tokyo Tungsten Co., LTD.: Technical information for ultrafine tungsten
carbinde powder by direct carburization. Engineering Department, Refinary
& Hardmetal Devision 2, Iwasekoshimashi Toyamashi, 931, Japan.
[Uetz69] Uetz, H.; Föhl, J.: Gleitverschleißuntersuchungen an Metallen und nicht-
metallischen Hartstoffen unter Wirkung körniger Stoffe. In: Wärme und
Energie 21, 10 - 18, 1969.
[Unde70] Underwood, E. E.: Quantitative stereology. Addison-Wesly series in metall-
urgie and materials, 1970.
[Vign67] Vignes, A.; Sabatier, J.P.: Ternary Diffusion in Fe/Co/Ni-alloys. In: Trans.
Met. Soc. AIME 245, 1795 - 2034, 1967.
[Wahl51] Wahl, H.: Verschleißprobleme im Braunkohlenbergbau. In: Braunkohle,
Wärme und Energie 5/7, 75 - 87, 1951.
[Well55] Wellinger, K.; Uetz, H.: Gleitverschleiß, Spülverschleiß Strahlverschleiß
unter der Wirkung von körnigen Stoffen. VDI-Forschungsheft 449B, Bd.21,
1951.
[Wirm83] Wirmark, G.; Dunlop, G. L.: Phase transformations in the binder phase of
Co-W-C cemented carbides. In: Proceedings of the 1st international confe-
rence on 'Science of Hard Materials' (Jackson, Wyoming 1981), Plenum,
New York, 1983.
[Yama93] Yamamoto, Y; Matsumoto, A.; Honkawa, S.: A morphological study of
ultrafine grain formation on reduction and direct carburizing process of
tungsten oxide. In: Proceedings of Powder Metallurgy World Congress,
1993.
148 10 Literaturverzeichnis
[ZumG85] Zum Gahr, K. H.: Einfluß des Makroaufbaus von Stahl / Polymerfaserver-
bund-Werkstoffen auf den Abrasivverschleiß. In Wear 157, 296 - 305, 1985.
[ZumG85] Zum Gahr, K. H.: Tribologie: Reibung - Verschleiß - Schmierung. Natur-
wissenschaften 72, 260 - 267, 1985.
[ZumG87] Zum Gahr, K. H.: Microstructure and wear of materials. Elsevier, amster-
dam, 1987.
[ZumG90] Zum Gahr, K. H.: Modelling of Microstructural effects on abrasive wear. In:
Microstructure and Mechanical Properties of Materials. DGM Informations-
gesellschaft, Oberursel, 171 - 186, 1990.
[ZumG98] Zum Gahr, K. H.: Wear by hard particles. In: Tribology International 31,
No.:10, 587 - 596, 1998.
[Zwis00] Zwischenbericht an die Bayrische Forschungsstiftung 233/97, Projektbe-
zeichnung: „Erforschung und Entwicklung eines Schneidstoffs auf der Basis
feiner und extrem feiner Vormaterialien für die Holz und Kunststoffbear-
beitung“. Erlangen, 2000.
LEBENSLAUF
PERSÖNLICHE DATEN:
Michael Herr
Geb. 5. Oktober 1971, Werdohl
ledig, 1 Kind
SCHULBILDUNG:
1978 - 1982 Grundschule in Werdohl
1982 - 1991 Gymnasium in Altena
Abschluß: Allg. Hochschulreife
BERUFSAUSBILDUNG:
1991 - 1992 Werkzeugmechaniker der Stanz-
und Umformtechnik in Werdohl (abgebrochen)
HOCHSCHULSTUDIUM:
1992 - 1998 Studium der Werkstoffwissenschaften
an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg
Hauptfach: Allgemeine Werkstoffeigenschaften
1. Nebenfach: Oberflächentechnik und Korrosion
2. Nebenfach: Informatik
Diplomarbeit: „Ermüdung von Schneidstoffen bei
hohen Temperaturen“
18. Mai 1998 Abschluß: Dipl.-Ing. der Werkstoffwissenschaften
BERUFSPRAXIS:
seit Juni 1998 Wissenschaftlicher Angestellter an der Universität
Erlangen-Nürnberg am Lehrstuhl für „Allgemeine
Werkstoffeigenschaften“ (Prof. Dr. H. Mughrabi)
Danksagung
Ich möchte mich bei all jenen bedanken, die zum Gelingen meiner Dissertation beigetragen
haben, denn ohne diese Menschen wäre diese Arbeit nicht vollendet worden!
Meinen besonderen Dank richte ich dabei an folgende Personen:
Herr Prof. Dr. H.G. Sockel, für das in mich gesetzte Vertauen bezüglich der selbständigen Projekt-
bearbeitung, weiterhin für seine fachliche Unterstützung in Verbindung mit einem sehr menschli-
chen Arbeitsklima.
Meine Eltern und meine Freundin Lorena, für ihre moralische Unterstützung und ihr Verständnis
während meines Studiums bzw. meiner Promotionszeit.
Mein Freund und Mitstreiter Herr T. Sailer (Dony), für die reibungslose und unkomplizierte Zu-
sammenarbeit im Rahmen des „Tigra-Projektes“, weiterhin für seine Beiträge zur Lösung experi-
menteller und wissenschaftlicher Probleme.
Hartstoff GmbH TIGRA, für die Produktion des Probenmaterials, insbesondere sind hier Herr Dr.
R. Schulte, Herr Dr. W. Feld und Herr Dr. L.J. Prakash für ihre fachliche Beratung zu nennen.
Herr W. Langner, der stets bereit war, mir bei den Modifikationen an der Verschleißapparatur mit
Rat und Tat zur Seite zu stehen. Weiterhin danke ich an dieser Stelle Herrn Ossege und Herrn Mil-
ler aus der Zentralwerkstadt für die Mithilfe bei der Planung der Apparatur und Herren Prof. C.
Allen für seine Verbesserungsvorschläge bezüglich der Abrasivzuführung.
Herr A. Collenz, für seinen intensiven Einsatz während seiner Diplomarbeit, die wichtige Erkennt-
nisse für meine Dissertationsschrift geliefert hat.
Herr S. Schrivastava, für die Betreuung der AFM-Messungen und Firma ATOS, wo ein Großteil
der Messungen durchgeführt wurde.
Herr D. Puppel, für seine Unterstützung bei den REM/TEM-Untersuchungen, sowie bei der metal-
lographischen Präparation der Hartmetalle und für sein offenes Ohr auch für nicht-fachliche Dinge.
Weiterhin danke ich allen übrigen Mitarbeitern am Lehrstuhl „WWI“ und meinen direkten
Arbeitskollegen / innen: Frau I. Lutz, Frau V. Pugsley, Frau N. Sachs, Frau I. Topic, Herr
G. Korn, Herr P. Bellendorf, Herr M. Tollazi, Herr Dr. S. Kursawe, Herr Dr. P. Pott.