Sie sind auf Seite 1von 180

DIN 1045-1

Aus der Praxis für die Praxis

Seminar
am 02. Juli 2004
in Karlsruhe

Schriftenreihe des
Instituts für Massivbau und Baustofftechnologie
Prof. Dr.-Ing. Harald S. Müller und Prof. Dr.-Ing. Lothar Stempniewski
2004
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Vorwort
an der Universität Karlsruhe (TH)

Vorwort

Seit Juli 2001 liegt die neue DIN 1045-1 als Weißdruck vor. Neben der Anwendung
eines Bemessungskonzeptes nach Grenzzuständen der Tragfähigkeit und Ge-
brauchstauglichkeit mit entsprechenden Teilsicherheitsbeiwerten auf der Einwir-
kungs- und Widerstandsseite haben sich gegenüber DIN 1045 und DIN 4227 aus
dem Jahre 1988 in vielen weiteren Bereichen grundlegende Änderungen ergeben.
Die Übergangsfrist für eine zulässige alternative Anwendung der alten Normen endet
am 31.12.2004.

Aus der Baupraxis wurde vielfach der Wunsch nach einer Einführungsveranstaltung
zur neuen Norm geäußert. Das Institut für Massivbau und Baustofftechnologie der
Universität Karlsruhe (TH) hat sich daher entschlossen, gemeinsam mit dem Inge-
nieurbüro Krebs und Kiefer und der Ingenieurgruppe Bauen aus Karlsruhe sowie
dem Innenministerium Baden-Württemberg das am 2. Juli 2004 stattfindende Se-
minar zur neuen DIN 1045-1 zu veranstalten. Wir möchten hiermit allen Teilnehmern
in entsprechenden Vorträgen die neue Norm vorstellen und auf verschiedene Kapitel
näher eingehen. Zunächst soll die neue Bezeichnung der Betone erläutert werden,
wobei hier unter anderem auf Materialkennwerte und Überwachungsklassen einge-
gangen wird. Es schließen sich zwei Vorträge an, die sich mit den Grenzzuständen
der Tragfähigkeit beschäftigen. Es werden hier das Modellstützenverfahren und der
Querkraft- und Durchstanznachweis vorgestellt. In einem weiteren Vortrag wird auf
die in der neuen Norm recht umfangreich behandelten Grenzzustände der Ge-
brauchstauglichkeit eingegangen. Den Abschluss bildet ein Vortrag von Seiten der
Bauaufsicht, mit dem der Übergang von der alten zur neuen DIN 1045 erläutert wer-
den soll.

Aufgrund des Umfangs von DIN 1045-1 kann hier nur ein erster Einblick in die neue
Norm gegeben werden. Jeder Ingenieur ist dazu angehalten, sich durch intensives
Studium mit allen Bereichen der DIN 1045-1 vertraut zu machen. Wir hoffen, dass
dieses Seminar mit dem vorliegenden Tagungsband hierfür eine Hilfestellung bietet.

Karlsruhe, im Juni 2004 H. S. Müller, L. Stempniewski

i
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Inhaltsverzeichnis
an der Universität Karlsruhe (TH)

Inhaltsverzeichnis

Vorwort .........................................................................................................................i

Inhaltsverzeichnis ....................................................................................................... iii

1 Neue Betone - Materialkennwerte, Klassifizierungen und


Überwachungsklassen ....................................................................................... 1
1.1 Einführung.................................................................................................... 1
1.2 Materialkennwerte des Betons ..................................................................... 3
1.2.1 Vorbemerkungen ................................................................................... 3
1.2.2 Festigkeitskennwerte............................................................................. 4
1.2.3 Definition der Verformungen.................................................................. 4
1.2.4 Elastische Verformungen ...................................................................... 6
1.2.5 Schwinden............................................................................................. 7
1.2.6 Kriechen .............................................................................................. 15
1.3 Klassifizierungen ........................................................................................ 23
1.3.1 Allgemeines......................................................................................... 23
1.3.2 Konsistenzklassen............................................................................... 24
1.3.3 Druckfestigkeitsklassen ....................................................................... 25
1.3.4 Rohdichteklassen für Leichtbeton ....................................................... 27
1.3.5 Expositionsklassen .............................................................................. 27
1.4 Überwachungsklassen ............................................................................... 31
1.5 Weitere Neuerungen .................................................................................. 32
1.5.1 Festlegung des Betons........................................................................ 32
1.5.2 Anrechnung von Zusatzstoffen............................................................ 33
1.5.3 Konformitätsnachweis und Produktionskontrolle ................................. 33
1.6 Zusammenfassung..................................................................................... 34
1.7 Literaturverzeichnis .................................................................................... 35

2 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck, Anwendung des


Modellstützenverfahrens .................................................................................. 37
2.1 Theoretische Grundlagen........................................................................... 37
2.1.1 Momenten-Krümmungs-Beziehungen ................................................. 37
2.1.2 Einfluss einer Normalkraft ................................................................... 39

iii
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Inhaltsverzeichnis
an der Universität Karlsruhe (TH)

2.1.3 Einfluss des Bewehrungsgrades ......................................................... 41


2.2 Modellstützenverfahren .............................................................................. 42
2.2.1 Unterscheidung zwischen horizontal verschieblichen und
unverschieblichen Tragwerken ............................................................ 45
2.2.2 Anteile der Gesamtausmitte etot........................................................... 47
2.2.3 Knicklängenermittlung nach DAfStb Heft 525...................................... 53
2.2.4 Schlankheiten und Grenzschlankheiten .............................................. 57
2.2.5 Mindestwerte für die Bemessung ........................................................ 59
2.2.6 Auswirkungen des Kriechens .............................................................. 59
2.2.7 Anschauliche Darstellung des Einflusses der Verformungen nach
Theorie II. Ordnung für die Bemessung............................................... 60
2.3 Nachweisführung nach DIN 1045-1 für stabförmige Bauteile unter
Längsdruck ................................................................................................ 63
2.3.1 Bemessungshilfen ............................................................................... 63
2.3.2 Nachweisschema für die Bemessung eines Einzeldruckglieds ........... 69
2.3.3 Druckglieder mit zweiachsiger Lastausmitte........................................ 70
2.4 Konstruktive Hinweise nach DIN 1045-1 .................................................... 74
2.4.1 Zulässige Stützenabmessungen ......................................................... 74
2.4.2 Mindest- und Höchstbewehrungsgrade ............................................... 74
2.4.3 Hinweise zur Längsbewehrung ........................................................... 74
2.4.4 Hinweise zur Querbewehrung ............................................................. 75
2.5 Rechenbeispiele......................................................................................... 76
2.5.1 Beispiel 1: Ersatzängenermittlung nach DAfStb Heft 525.................... 76
2.5.2 Beispiel 2: Kragstütze mit einachsiger Biegung und Normalkraft ........ 81
2.5.3 Beispiel 3: Kragstütze mit zweiachsiger Biegung und Normalkraft...... 90
2.6 Literaturverzeichnis .................................................................................... 98

3 Querkraft- und Durchstanznachweise .............................................................. 99


3.1 Querkraft .................................................................................................... 99
3.1.1 Einleitung............................................................................................. 99
3.1.2 Definitionen ....................................................................................... 100
3.1.3 Bauteile ohne Querkraftbewehrung ................................................... 104
3.1.4 Bauteile mit Querkraftbewehrung ...................................................... 106
3.1.5 Querkraftübertragung in Fugen ......................................................... 107

iv
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Inhaltsverzeichnis
an der Universität Karlsruhe (TH)

3.1.6 Vergleich mit DIN 1045 (88) .............................................................. 110


3.2 Durchstanzen ........................................................................................... 111
3.2.1 Einleitung........................................................................................... 111
3.2.2 Definitionen ....................................................................................... 112
3.2.3 Platten ohne Durchstanzbewehrung.................................................. 116
3.2.4 Platten mit Durchstanzbewehrung..................................................... 117
3.2.5 Besonderheiten / Hinweise................................................................ 119
3.2.6 Zusammenfassung / Schlussfolgerungen.......................................... 120
3.3 Literaturverzeichnis .................................................................................. 122

4 Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten ......................... 123


4.1 Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit .............................................. 123
4.1.1 Spannungsbegrenzung ..................................................................... 126
4.1.2 Rissbreitenbegrenzung...................................................................... 131
4.1.3 Begrenzung der Verformungen ......................................................... 142
4.1.4 Schwingungen ................................................................................... 150
4.2 Rahmenknoten ......................................................................................... 151
4.2.1 Rahmenecken ................................................................................... 151
4.2.2 Rahmeninnen- und Rahmenendknoten............................................. 153
4.3 Zusammenfassung................................................................................... 155
4.4 Literaturverzeichnis .................................................................................. 156

5 Übergang von DIN 1045-alt zu DIN 1045-neu ............................................... 159


5.1 Vorbemerkungen...................................................................................... 159
5.2 Altes und neues Normenwerk im Betonbau ............................................. 159
5.3 Bauaufsichtliche Einführung des neuen Normenwerkes .......................... 160
5.3.1 Allgemeines....................................................................................... 160
5.3.2 Liste der Technischen Baubestimmungen......................................... 161
5.3.3 Bauregelliste A Teil 1......................................................................... 161
5.3.4 Übergangsfrist ................................................................................... 162
5.4 Umgang mit der Übergangsfrist ............................................................... 163
5.4.1 Ende der Übergangsfrist für Planverfasser........................................ 163
5.4.2 Ende der Übergangsfrist für Betonhersteller und Bauausführende ... 164
5.5 Weitere Hinweise ..................................................................................... 164
5.5.1 Umgang mit normativen Verweisen................................................... 164

v
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Inhaltsverzeichnis
an der Universität Karlsruhe (TH)

5.5.2 Umstellung der Zulassungen im Betonbau........................................ 165


5.5.3 Umstellung der DAfStb-Richtlinien .................................................... 165
5.5.4 Nachweis für den Brandfall................................................................ 166
5.5.5 Gemeinsame Anwendung von DIN 1045-1 und DIN 4149-1 ............. 166
5.5.6 Hilfsmittel........................................................................................... 167
5.5.7 Auslegungsfragen.............................................................................. 167
5.5.8 Privatrechtliche Aspekte der Übergangsfrist...................................... 168
5.6 Umstellung im Brücken- und Ingenieurbau .............................................. 168
5.7 Fazit ......................................................................................................... 169
5.8 Verzeichnis der zitierten technischen Regeln........................................... 170
5.9 Literaturverzeichnis .................................................................................. 173

vi
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

1 Neue Betone - Materialkennwerte, Klassifizierungen und


Überwachungsklassen

Prof. Dr.-Ing. Harald S. Müller,


Institut für Massivbau und Baustofftechnologie, Universität Karlsruhe (TH)

1.1 Einführung

Die neue DIN 1045 [1] ist in vier Teile untergliedert:

- DIN 1045-1: Bemessung und Konstruktion


- DIN 1045-2: Beton – Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität
- DIN 1045-3: Bauausführung
- DIN 1045-4: Ergänzende Richtlinien für Herstellung und Überwachung von Fertig-
teilen

Betrachtet man in dieser Norm zunächst einmal nur die werkstoffbezogenen Festle-
gungen, so ist festzustellen, dass ähnlich wie bei der Bemessung eine grundlegende
Neukonzeption vorgenommen wurde. Besonders ins Auge fallen neue Material-
modelle, neue Klassifizierungen und die Erweiterung des Gültigkeitsbereichs gegen-
über der alten Norm auf hochfeste und leichte Betone. Vor allem die Klassifizierun-
gen beruhen auf Vorgaben in europäischen Richtlinien.

Der Bezug zu europäischen Normen wird besonders deutlich, wenn man die
DIN 1045-2 betrachtet, die untrennbar mit der DIN EN 206-1 verknüpft ist. Grund
hierfür ist, dass im März 2000 die europäische Norm EN 206-1 – sie behandelt die-
selben Inhalte wie der damalige Entwurf zur DIN 1045-2 – durch die CEN-Mitglieder,
zu denen auch Deutschland gehört, verbindlich angenommen wurde. Somit konnte
die Herausgabe der DIN 1045-2 nicht in der ursprünglich vorgesehenen Form erfol-
gen. Daher beschloss man, die DIN EN 206-1 als deutsche Norm in Verbindung mit
einer entsprechend angepassten DIN 1045-2, die nur die deutschen Anwendungs-
regeln enthält, zu veröffentlichen. Dies war auch erforderlich, da die EN 206 in be-
stimmten Bereichen nur einen Rahmen vorgibt, der durch nationale Regeln näher zu
bestimmen ist. Die genannten Normen sind gemeinsam im Juli 2001 als Weißdruck

1
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

erschienen. Der DIN-Fachbericht 100 [10] fasst die DIN 1045-2 und die DIN EN 206-
1 in der Form eines durchgehenden und damit leichter zu lesenden Textes zusam-
men.

Die DIN 1045-2 bzw. DIN EN 206-1, Ausgabe Juli 2001, enthält gegenüber den bis-
herigen Normen eine Reihe neuer bzw. grundlegend überarbeiteter Punkte. Die
wichtigsten sind:

- Erweiterung des Systems der Klasseneinteilung des Betons, insbesondere unter


Berücksichtigung der Umgebungsbedingungen
- Erweiterung der Festigkeitsklassen auch auf hochfeste Betone
- Erweiterung des Anwendungsbereiches auf gefügedichten, normalfesten und
hochfesten Leichtbeton
- Anforderungen an die Dauerhaftigkeit der Betone
- Regelung der Anrechnung von Zusatzstoffen auf den Wasserzementwert und den
Zementgehalt
- Regeln zur Festlegung des Betons im Sinne einer Leistungsbeschreibung
- Abgrenzung der Verantwortlichkeit zwischen Hersteller und Verwender des Betons
- Regeln für die Produktionslenkung und den Konformitätsnachweis („Betonfamilien“)
- Regeln für die Bewertung der Konformität und die Konformitätsbescheinigung

In den Abschnitten 1.3 bis 1.5 werden einige wichtige Inhalte dieser Norm näher vor-
gestellt.

Kennwerte der Betonzusammensetzung und des Frischbetons sind in DIN 1045-2


bzw. DIN EN 206-1 festgelegt. Die für die Bemessung bzw. für die Gebrauchstaug-
lichkeitsnachweise von Betonkonstruktionen relevanten Festbetonkennwerte enthält
DIN 1045-1. Sie werden im folgenden Abschnitt 1.2 dieses Beitrags behandelt.

2
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

1.2 Materialkennwerte des Betons

1.2.1 Vorbemerkungen
In der DIN 1045-1 finden sich Angaben zur Rohdichte, den Festigkeitskennwerten,
den elastischen Verformungseigenschaften, der Wärmedehnung sowie zum Krie-
chen und Schwinden von Beton. Die gegebenen Materialkennwerte gehen für nor-
malfeste Betone im Wesentlichen auf Angaben im Eurocode 2 [4] bzw. im CEB-
FIP Model Code 1990 [11] zurück. Die Festlegungen für hochfesten Beton wurden
teilweise aus der DAfStb-Richtlinie Hochfester Beton übernommen, teilweise aber
auch völlig neu formuliert. Dies gilt insbesondere für das Modell zur Vorhersage des
Kriechens und Schwindens von Beton. Dieser Themenbereich wird neben den Fes-
tigkeitskennwerten in den Abschnitten 1.2.5 und 1.2.6 näher behandelt.

Die Angaben in Abschnitt 9.1.4 der DIN 1045 erlauben eine Abschätzung der End-
werte des Kriechens und Schwindens für trockene (Innenräume) und feuchte (Au-
ßenluft) Umgebungsbedingungen. Die jeweiligen Endwerte sind den gegebenen
Nomogrammen zu entnehmen. Diese wurden auf der Grundlage analytischer Bezie-
hungen entwickelt, die in diesem Beitrag in Übereinstimmung mit den Angaben im
Heft 525 des Deutschen Ausschuss für Stahlbeton [7] angegeben werden. Die An-
gaben im Heft 525 gehen in vollem Umfang auf die Arbeiten in [3] zurück. Sie er-
lauben eine Berechnung des Kriechens und Schwindens für beliebige Zeitpunkte und
Umgebungsbedingungen. Zusätzlich werden im vorliegenden Beitrag Definitionen
und Erläuterungen gegeben, die das Verständnis und damit die richtige Anwendung
der neuen Vorhersageverfahren sicherstellen sollen.

Da der Verfasser des vorliegenden Beitrags auch die entsprechenden Textteile des
Heftes 525 des DAfStb zum Kriechen, Schwinden und teils auch zum E-Modul ver-
fasst hat, sind verschiedene Textpassagen wörtlich mit dem Text in Heft 525 iden-
tisch.

3
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

1.2.2 Festigkeitskennwerte
Die Referenzfestigkeit eines Betons wird in DIN 1045 als charakteristische Festigkeit
bezeichnet. Sie ist als Druckfestigkeit fck (teilweise auch als fck,cyl) von Probe-
zylindern, h/D = 30/15 cm, im Alter von 28 Tagen definiert. Die charakteristische Fes-
tigkeit entspricht der Nennfestigkeit der alten DIN 1045, Ausgabe 1988. Sie dient der
Klassifizierung der Betone, d. h. ihrer Einteilung in einzelne Festigkeitsklassen (siehe
Abschnitt 1.3.3).

Die mittlere Betonfestigkeit fcm ergibt sich nach DIN 1045 zu fcm = fck + 8 N/mm². Aus
der charakteristischen Festigkeit bzw. der mittleren Festigkeit können mittels ein-
facher Beziehungen die mittlere und charakteristische Zugfestigkeit fctm bzw. fctk so-
wie der E-Modul des Betons Ecm berechnet werden. Die entsprechenden Angaben
finden sich in Tabelle 9 der DIN 1045-1 [1]. Auf deren Wiedergabe wird hier verzich-
tet.

1.2.3 Definition der Verformungen


Den Angaben zum Kriechen und Schwinden in Abschnitt 9.1.4 der DIN 1045 [1] liegt
die in Gl. (1.1) gegebene Definition bzw. Aufspaltung der Verformungskomponenten
von Beton zugrunde:

εc (t) = εcs (t,t s ) + εci (t 0 ) + εcc (t,t 0 ) (1.1)

Darin bezeichnet εc(t) die zum Zeitpunkt t vorhandene Gesamtdehnung eines Beton-
körpers unter zeitlich konstanter Spannung σc(t0). Diese Dehnung ergibt sich aus der
Summe von Schwinddehnung εcs(t,ts), elastischer Dehnung εci(t0) und Kriech-
dehnung εcc(t,t0). Gl. (1.1) gilt für konstante Umgebungsbedingungen, d. h. eine kon-
stante relative Luftfeuchte und Temperatur. In DIN 1045 [1] wird unterstellt, dass
Gl. (1.1) auch für mittlere konstante Umgebungsbedingungen gilt. Die Zeitpunkte ts
und t0 bezeichnen das Betonalter zu Beginn der Trocknung bzw. das Belastungsalter
des Betons. Abbildung 1.1 veranschaulicht den zeitlichen Verlauf der Gesamt-

4
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

verformung von Beton, die gemäß DIN 1045 einem rechnerischen Endwert entge-
genstrebt.
Die Kriechzahl ϕ(t,t 0 ) nach DIN 1045 ist wie folgt definiert:

εcc (t,t 0 ) Ec0


ϕ(t,t 0 ) = = εcc (t,t 0 ) ⋅ (1.2)
εci, 28 σc (t 0 )

In Gl. (1.2) stellt εci, 28 die elastische Dehnung eines Betons im Alter von 28 Tagen
dar, Ec0 ist der entsprechende E-Modul (Tangentenmodul im Ursprung der Span-
nungsdehnungslinie) des Betons, und σc(t0) bezeichnet die kriecherzeugende kon-
stante Spannung, die zum Zeitpunkt t0 aufgebracht wird. Die Kriechzahl gibt damit
das Verhältnis aus Kriechdehnung unter Dauerlast und elastischer Dehnung dessel-
ben Betons im Alter von 28 Tagen bei gleicher Belastungshöhe an. Sie ist in Gl. (1.2)
für beliebige Zeitpunkte t angegeben und gilt dementsprechend auch für t = ∞ (siehe
Gl. 60 in DIN 1045 [1]).

σc(t)

σc(t0)

t0 t
εc(t)

εcc∞

εcc(t,t0

εci(t0)
εci(t0)

εcs(ts) εcs∞

ts t0 t

Abbildung 1.1: Definition der Verformungskomponenten von Beton unter konstanter


Dauerlast

5
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

1.2.4 Elastische Verformungen


Die Größe des Elastizitätsmoduls Ec0 [N/mm²] des Betons (Tangentenmodul) im Alter
von 28 Tagen kann nach Gl. (1.3) aus der mittleren Betondruckfestigkeit berechnet
werden:

1 1
Ec0 = ⋅ Ecm = ⋅ 9500 ⋅ 3 fcm
αi f (1.3)
0,8 + 0,2 ⋅ cm
88

mit fcm = mittlere zylindrische Druckfestigkeit des Betons [N/mm²] im Alter von 28 Ta-
gen und Ecm = mittlerer Sekantenmodul. Bei Anwendung von Gl. (1.3) ist zu be-
achten, dass αi = 0,8 + 0,2 ⋅ (fcm / 88) ≤ 1,0 gilt.

Der Elastizitätsmodul des Betons Ec(t) im Alter t ≠ 28 Tage kann nach Gl. (1.4) er-
mittelt werden:

s 28  
Ec (t) = Ec0 ⋅ exp  1 −  (1.4)
2 t / t1  
 

In Gl. (1.4) stellt die Zeitkonstante t1 = 1 Tag den Bezugwert dar. Der Beiwert s hängt
vom verwendeten Zementtyp und der Druckfestigkeit des Betons ab und kann Tabelle
1.1 entnommen werden.

Tabelle 1.1: Beiwert s (Gl. 1.4) zur Berücksichtigung des Einflusses des Zementtyps
auf die zeitliche Entwicklung des E-Moduls

Betonfestigkeit Zementtyp Festigkeitsklassen


s
fcm [N/mm²] nach EC 2 nach DIN EN 197-1
SL 32,5 N 0,38
≤ 60 N, R 32,5 R; 42,5 N 0,25
RS 42,5 R; 52,5 N; 52,5 R 0,20
> 60 - - 0,20

6
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

Gl. (1.3) gilt für die Verwendung von quarzitischem Zuschlag. Bei Verwendung an-
derer Zuschläge ist der nach Gl. (1.3) ermittelte E-Modul Ec0 mit dem Faktor αE (sie-
he Tabelle 1.2) zu multiplizieren. Wenn keine näheren Angaben verfügbar sind, sollte
bei verformungsempfindlichen Konstruktionen mit dem pessimalen Wert, ansonsten
mit dem Mittelwert der jeweiligen Spanne für die αE-Werte gerechnet werden.

Tabelle 1.2: Beiwert αE zur Berücksichtigung des Einflusses der Zuschlagart auf
den E-Modul von Beton nach Gl. (1.3)

Zuschlagart Korrekturbeiwert αE nach [7]


Basalt, dichter Kalkstein 1,05 … 1,45
Quarz, Quarzite 0,80 … 1,20
Kalkstein 0,70 … 1,10
Sandstein 0,55 … 0,85

Soweit keine genaueren Angaben vorhanden sind, wird vom Verfasser zusätzlich
empfohlen, den Korrekturbeiwert αE nach Tabelle 1.2 für Betone der Festigkeits-
klassen ≥ C 60/75 mit Basalt- und Kalksteinzuschlag auf αE = 1,0 abzumindern.

1.2.5 Schwinden

1.2.5.1 Komponenten und Einflussparameter


Die Schwinddehnung von Beton wird nach DIN 1045 aus der Summe der Dehnungs-
anteile Schrumpfen und Trocknungsschwinden errechnet.

Das Schrumpfen (besserer Begriff: Grundschwinden) ist eine lastunabhängige Deh-


nung, die sich im Zuge der chemischen Reaktion des Zementes und der Ausbildung
der Zementgelstruktur vollzieht. Es beinhaltet das chemische Schwinden (Volu-
menabnahme infolge der Reaktion von Wasser und Zement) und das autogene
Schwinden (Volumenabnahme durch innere Austrocknung). Das Trocknungsschwin-

7
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

den ist ebenfalls eine lastunabhängige Dehnung, die jedoch durch einen Feuchtig-
keitsverlust, d. h. durch eine Wasserabgabe an die Umgebung, hervorgerufen wird.

Bei normalfestem Konstruktionsbeton liefert das Schrumpfen einen gegenüber dem


Trocknungsschwinden vergleichsweise kleinen Verformungsbeitrag, der in früheren
Vorhersageansätzen vernachlässigt bzw. nicht als eigene Schwindkomponente dar-
gestellt wurde. Mit zunehmender Betonfestigkeit, d. h. mit den damit einhergehen-
den Veränderungen der Mikrostruktur des Betons, wächst das Schrumpfen, während
das Trocknungsschwinden abnimmt. Daher kann bei hochfestem Beton die Größe
des Schrumpfens deutlich über der des Trocknungsschwindens angesiedelt sein.
Abbildung 1.2 veranschaulicht die Unterschiede des Schwindverhaltens normal-
fester und hochfester Betone, die sich auch im Ansatz der DIN 1045 wiederfinden.

RH = 65% Einflussparameter auf das Grundschwinden


normalfest • Zusammensetzung von Beton
hochfest
RH = 65% - Zementgehalt
Schwindverformung εcs

Trocknungs- - Wasserzementwert
schwinden - Zementart, Blaine-Wert
versiegelt
- Steifigkeit der Zuschläge

Einflussparameter auf das Trocknungsschwinden


Grundschwinden
• Parameter wie beim Grundschwinden
versiegelt
darüber hinaus:
• Umgebungsbedingungen (relative
Feuchte und Temperatur)
ts Betonalter t
Trocknungsdauer t-ts • wirksame Bauteildicke

Abbildung 1.2: Zeitlicher Verlauf von Schrumpfen und Trocknungsschwinden bei


normalfesten und hochfesten Betonen in trockener Umgebung (RH =
65 %) bzw. bei versiegelter Lagerung (versiegelt = verhinderte
Feuchteabgabe)

8
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

Da sich das Schrumpfen parallel zum Erhärtungsvorgang von Beton entwickelt, tritt
es stets auf. Anders als das Trocknungsschwinden hängt das Schrumpfen nicht von
Bauteilabmessungen und der Umgebungsfeuchte ab.

Bei normalfestem Beton stellt sich das Trocknungsschwinden ein, wenn die Umge-
bungsfeuchte am Ende der Nachbehandlung Werte kleiner ca. 99 % besitzt. Andern-
falls, d. h. bei fortgesetzter Feucht- oder Wasserlagerung, treten Quellverformungen
auf. Da bei hochfestem Beton mit sinkendem Wasserzementwert die innere relative
Feuchte infolge der Selbstaustrocknung auf Werte weit unter 100 % absinkt, können
bei einer Lagerung von hochfesten Betonbauteilen auch bei Umgebungsfeuchten
von z. B. 100 % > RH > 85 % bereits Quellverformungen auftreten. Dieses Verhalten
findet sich auch in den nachfolgenden Beziehungen (Gln. (1.11) und (1.13)) wieder.

Das Trocknungsschwinden ist bei einer Wiederbefeuchtung des Betons teilweise re-
versibel. Beachtet werden muss, dass die nachfolgend bzw. in DIN 1045 angege-
benen Quellmaße für Betonbauteile mittlere Werte darstellen, die nur dann gelten,
wenn der Beton am Ende der Nachbehandlung einer Feuchtlagerung unterworfen
wird. Bei lang andauernder Vortrocknung und anschließender Feuchtlagerung wer-
den daher deutlich größere Quellmaße als hier angegeben erreicht.

1.2.5.2 Ermittlung von Schwinddehnungen

Zur Wahl des Ansatzes

Der Ansatz der DIN 1045 ist an das entsprechende Konzept und die Beziehungen
der Schwindvorhersage im EC 2 [4] angelehnt. Wesentliche Änderungen bzw. eine
Weiterentwicklung dieses Ansatzes erwiesen sich jedoch als notwendig, weil der
Gültigkeitsbereich der DIN 1045, anders als jener des EC 2, auch den hochfesten
Beton mit einschließt. Wie aus den Ausführungen im Abschnitt 1.2.5.1 hervorgeht,
muss damit die Verformungskomponente Schrumpfen im Ansatz berücksichtigt wer-
den. Das Gesamtschwinden wird daher aus der Summe von Schrumpfen und Trock-
nungsschwinden berechnet.

9
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

In Übereinstimmung mit dem Konzept des EC 2 werden im Schwindansatz der


DIN 1045 die aus der Zusammensetzung eines Konstruktionsbetons resultierenden
Einflüsse in grober Näherung allein durch den Einflussparameter der Betondruck-
festigkeit erfasst. Die aus der alten DIN 4227 bekannte Berücksichtigung der Kon-
sistenz des Frischbetons entfällt.

Die nachfolgend angegebenen Beziehungen erlauben eine rechnerische Ab-


schätzung der mittleren Schwinddehnungen über einen Querschnitt. Zur Bestimmung
lokaler Deformationen bzw. von Eigenspannungen, die in Folge des Trocknungs-
schwindens über einen Querschnitt ungleichförmig verteilt sind, müssen numerische
Rechenverfahren angewandt werden. Dabei werden Materialgesetze benötigt, die
aus den hier angegebenen Beziehungen abgeleitet werden können.

Berechnung mittlerer Schwindverformungen

Die mittlere Schwindverformung εcs(t) eines Betonbauteils berechnet sich nach


Gl. (1.5) aus der Summe der Verformungskomponenten Schrumpfen und Trock-
nungsschwinden wie folgt:

ε cs(t) = ε cas(t) + ε cds(t,t s ) (1.5)

mit
εcas ( t ) = εcas0 ( fcm ) ⋅ βas ( t ) (1.6)

und

ε cds ( t,t s ) = ε cdso ( f cm ) ⋅ βRH ⋅ β ds ( t − t s ) (1.7)

Darin stellt εcs(t) die Gesamtschwindverformung des Betons, εcas(t) das Schrumpfen
und εcds(t,ts) das Trocknungsschwinden dar. Die Zeitpunkte t und ts geben das Alter
des Betons in Tagen zum Beobachtungszeitpunkt bzw. bei Beginn der Austrocknung
an. Die Grundwerte des Schrumpfens und Trocknungsschwindens εcas0(fcm) bzw.
εcds0(fcm) sowie die Funktionen βas(t), βRH und βds(t-ts) werden aus den Gln. (1.8) bis
(1.13) bestimmt.

10
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

Die Schrumpfverformung εcas(t) nach Gl. (1.6) wird unter Verwendung der Gln. (1.8)
und (1.9) ermittelt:

2,5
 f f 
εcas0 ( fcm ) = −α as  cm cm0  ⋅ 1 0 −6 (1.8)
 6 + fcm fcm0 

und
 t 
0,5

βas ( t ) = 1 - exp  -0,2 ⋅    (1.9)


  t1  

wobei
fcm mittlere zylindrische Druckfestigkeit des Betons im Alter von 28 Tagen
[N/mm²]; es gilt: fcm = fck + 8 N/mm², wobei fck die charakteristische Zylinder-
druckfestigkeit des Betons ist, siehe [1] bzw. Abschnitt 1.2.2;
fcm0 10 N/mm²;
t1 1 Tag;
αas Beiwert, siehe Tabelle 1.3

Tabelle 1.3: Beiwerte nach Gl. (1.8) und Gl. (1.10) in Abhängigkeit vom Zementtyp
des verwendeten Betons. Für die Zuordnung der Zementtypen nach
EC 2 zu DIN EN 197-1, siehe Tabelle 1.4

Zementtyp nach EC 2 Merkmal αas αds1 αds2


SL langsam erhärtend 800 3 0,13

N, R normal oder schnell erhärtend 700 4 0,12

RS schnell erhärtend und hochfest 600 6 0,12

Beim hier gewählten Ansatz stellt der Grundwert des Schrumpfens εcas0(fcm) gleich-
zeitig den Endwert des Schrumpfens εcas∞ dar.

11
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

Die Größen fcm0 und t1 in den Gln. (1.8) und (1.9) sind als Bezugsgrößen eingeführt,
um eine dimensionsreine Darstellung zu ermöglichen. Dieser Grundsatz wird hier
durchgängig beibehalten (siehe Gln. (1.10) bis (1.13) sowie (1.16) bis (1.22)).

Für die Zuordnung der Zementtypen SL, N, R, RS (entsprechend EC 2) zu den


Normzementen nach DIN EN 197-1 kann Tabelle 1.4 herangezogen werden.

In Abbildung 1.3 sind die Endwerte des Schrumpfens in Abhängigkeit von der Beton-
festigkeit für die verschiedenen Zementtypen entsprechend Gl. (1.8) dargestellt. Der
zeitliche Verlauf der Schrumpfverformung ist in Abbildung 1.5 wiedergegeben. Da-
nach entwickelt sich das Schrumpfen gegenüber dem Trocknungsschwinden ver-
gleichsweise schnell.

Tabelle 1.4: Zuordnung der Zementtypen nach EC 2 zu den Zementarten nach


DIN EN 197-1

Festigkeitsklassen nach
Zementtyp nach EC 2 Merkmal
DIN EN 197-1

SL langsam erhärtend 32,5 N

N, R normal oder schnell erhärtend 32,5 R; 42,5 N

RS schnell erhärtend und hochfest 42,5 R; 52,5 N; 52,5 R

12
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

Zur Bestimmung des Trocknungsschwindens εcds(t,ts) nach Gl. (1.7) werden die Gln.
(1.10) bis (1.13) herangezogen:

ε cdso( f cm) = [(220 + 110 ⋅ α ds1) ⋅ exp (-α ds2 ⋅ f cm / fcm0 )] ⋅ 10


-6
(1.10)

   RH  
3

-1,55 ⋅  1-    für 40 ≤ RH < 99 % ⋅ β s1


βRH =   RH0   (1.11)

 0,25 für RH ≥ 99 % ⋅ βs1

0,5
 ( t - t s ) t1 
β ds ( t - t s ) =   (1.12)
 350 ⋅ ( h h )2 + ( t - t ) t 
 0 1 s 1

0,1
 3,5 ⋅ fcm0 
βs1 =   ≤ 1,0 (1.13)
 f cm 

wobei
αds1 Beiwert zur Berücksichtigung der Zementart, siehe Tabelle 1.3;
αds2 Beiwert zur Berücksichtigung der Zementart, siehe Tabelle 1.3;
βs1 Beiwert zur Berücksichtigung der inneren Austrocknung des Betons;
RH relative Luftfeuchte der Umgebung [%];
RH0 100 %;
h0 2Ac/u = wirksame Bauteildicke [mm], mit Ac = Querschnittsfläche [mm2] und
u = Umfang des Querschnitts, welcher der Trocknung ausgesetzt ist [mm];
h1 100 mm;
fcm0 10 N/mm².

Der Endwert des Trocknungsschwindens εcds∞ ergibt sich aus dem Produkt des
Grundwertes des Trocknungsschwindens εcds0(fcm) nach Gl. (1.10) und dem Beiwert
für den Einfluss der Umgebungsfeuchte βRH nach Gl. (1.11).

13
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

In Abbildung 1.4 sind die Endwerte des Trocknungsschwindens für Betone in Abhän-
gigkeit von der Betonfestigkeit für die verschiedenen Zementtypen und die Umge-
bungsfeuchten RH = 50 % (im Innenraum) und RH = 80 % (im Freien) entsprechend
den Gln. (1.10) und (1.11) dargestellt. Der zeitliche Verlauf des Trocknungs-
schwindens für ein dünnes (h0 = 50 mm) und ein dickes (h0 = 300 mm) Bauteil ist in
Abbildung 1.5 wiedergegeben.

-300 -1200
Endwerte des Schrumpfens, εcas∞ [µm/m]

Endwerte des Trocknungsschwindens,


SL-Zemente RH = 50 %
-250 -1000 RS-Zemente RH = 80 %
N-, R-Zemente N-, R-Zemente
-800
-200
SL-Zemente

εcds∞ [µm/m]
-600
-150 RS-Zemente

-400
-100
-200
-50
0
0 0 20 40 60 80 100 120
0 20 40 60 80 100 120 Betondruckfestigkeit, fcm [N/mm²]
Betondruckfestigkeit, fcm [N/mm²]

Abbildung 1.3: Abbildung 1.4:


Endwerte des Schrumpfens in Abhängig- Endwerte des Trocknungsschwindens in
keit von der Betonfestigkeit für verschie- Abhängigkeit von der Betonfestigkeit bei
dene Zementtypen verschiedenen Umgebungsfeuchten RH
und Zementtypen

Abbildung 1.5 veranschaulicht in Verbindung mit Gl. (1.7), dass sich die Bauteildicke
nur auf den zeitlichen Verlauf, nicht jedoch auf den Endwert des Trocknungs-
schwindens auswirkt. Dies steht im Einklang mit der Diffusionstheorie, die den
Trocknungsprozess zutreffend beschreibt. Vereinfachend wurde hier unterstellt, dass
der Einfluss der Betonfestigkeit auf den Verlauf des Trocknungsschwindens ohne
Genauigkeitseinbußen vernachlässigt werden kann. Die Zeitfunktion des Schrump-
fens ist von der Bauteildicke unabhängig.

14
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

1,2
εcas (t)
Zeitfunktionen für das Schrumpfen

1,0 εcds (t-ts); h0 = 50 mm


und Trocknungsschwinden

εcds (t-ts); h0 = 300 mm


0,8

0,6

0,4

0,2

1 5 10 50 100 Jahre
0
0,1 1 10 100 1000 10000 100000
Alter t bzw. Trocknungsdauer (t-ts) des Betons [Tage]

Abbildung 1.5: Zeitfunktionen des Schrumpfens (Gl. (1.9)) und des Trocknungs-
schwindens (Gl. (1.12)) für verschiedene Bauteildicken (halb-
logarithmischer Maßstab)

Die vorangehenden Beziehungen gelten für Bauteile aus normalschwerem Konstruk-


tionsbeton mit einer mittleren Betondruckfestigkeit von 15 N/mm² ≤ fcm ≤ 120 N/mm²,
die nicht länger als 14 Tage feucht nachbehandelt und üblichen klimatischen Umge-
bungsbedingungen mit mittleren relativen Luftfeuchten von 40 % bis 100 % und
Temperaturen von 10 °C bis 30 °C ausgesetzt werden, siehe [1].

1.2.6 Kriechen

1.2.6.1 Einflussparameter
Das Kriechen wird neben der Spannungshöhe, den Umgebungsbedingungen und
Bauteilabmessungen sowie dem Belastungsalter, ähnlich wie das Schwinden, von
zahlreichen betontechnologischen Parametern wie Wasserzementwert, Zementart
und Zementgehalt sowie Zuschlagart etc. beeinflusst. Die genannten betontechno-
logischen Parameter bestimmen ebenfalls die Höhe der Betonfestigkeit, so dass die-

15
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

se wichtige Kenngröße eines Betons auch zur Abschätzung der Größe des Krie-
chens in der DIN 1045 herangezogen wurde.

Betonfestigkeit
normal RH = 65 %
hoch
Kriechzahl, ϕ

Trocknungs- Grund-
kriechen kriechen

versiegelt

RH = 65 %
versiegelt

Belastungsdauer, (t-t0)

Abbildung 1.6: Zeitlicher Verlauf des Kriechens von normalfestem und hochfestem
Beton in trockener Umgebung (RH = 65 %) bzw. bei versiegelter La-
gerung (versiegelt = verhinderte Feuchteabgabe)

Abbildung 1.6 veranschaulicht den Einfluss der Betonfestigkeit (normalfest, hochfest)


auf die Größe der Kriechzahl. Darin ist die Kriechverformung in die Komponenten
Grund- und Trocknungskriechen aufgespaltet. Das Grundkriechen beschreibt die
sich unter Dauerlast bei verhindertem Feuchteaustausch mit der Umgebung (z. B.
bei sehr hoher Umgebungsfeuchte oder sehr massigem Bauteil) einstellende Kriech-
dehnung. Das Trocknungskriechen erfasst die infolge einer Austrocknung zusätzlich
entstehende Kriechdehnung.

Man erkennt aus Abbildung 1.6, dass sich mit der Betonfestigkeit nicht nur die Grö-
ße, sondern auch das Verhältnis von Grund- und Trocknungskriechen ändert. Diese
Zusammenhänge finden sich im Ansatz der DIN 1045 bzw. in den folgenden analyti-
schen Beziehungen zur Verformungsvorhersage wieder.

16
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

Bei üblichen Konstruktionsbetonen besteht bis zu einer Spannungshöhe von etwa


40 % der Betonfestigkeit zum Belastungszeitpunkt, also im Bereich der Gebrauchs-
spannungen, ein annähernd linearer Zusammenhang zwischen kriecherzeugender
Spannung und Kriechdehnung. Die Grenze des Übergangs vom linearen zum nicht-
linearen Kriechen hängt ausgeprägt von der Festigkeit des Betons ab und liegt bei
hochfesten Betonen deutlich höher. Angaben zur Nichtlinearität des Kriechens finden
sich in [2] und [11].

Da das Maß des Feuchteverlustes während der Wirkung einer Dauerlast die Größe
der Kriechverformung beeinflusst, ergibt sich bei vorhandenen Feuchtegradienten
eine ungleichförmige Verteilung der Kriechneigung über dem Querschnitt eines Bau-
teils. Für die Belange der Praxis, d. h. bei Betrachtung des mittleren Verhaltens eines
Querschnittes, können die hieraus resultierenden Effekte vernachlässigt werden. Be-
rücksichtigt werden muss das ungleichförmige Austrocknen und Kriechen bei einer
genaueren, punktweisen Analyse von Spannungen und Verformungen in einem
Querschnitt.

1.2.6.2 Ermittlung von Kriechzahlen

Zur Wahl des Ansatzes

Der Typ des Ansatzes bestimmt nicht nur die erzielbare Genauigkeit bei der Vorher-
sage von Kriechverformungen unter konstanter Last, sondern wirkt sich auch maß-
geblich auf die Möglichkeiten und die Genauigkeit einer rechnerischen Behandlung
des Einflusses aus variablen Lasten aus. Näheres hierzu ist dem einschlägigen
Schrifttum zu entnehmen [2], [3].

In der DIN 1045 wurde zur Ermittlung von Kriechzahlen ein so genannter Produkt-
ansatz gewählt, der eng an den Ansatz im Anhang 1 des EC 2 [4] angelehnt ist. Der
Ansatz im EC 2 gilt jedoch nur für Betone bis zur Festigkeitsklasse C 50/60. Da sich
der Gültigkeitsbereich der DIN 1045 bis zur Festigkeitsklasse C 100/115 erstreckt [1],
wurde der im EC 2 gegebene Berechnungsansatz für die Kriechzahl entsprechend
erweitert. Der Ansatz in DIN 4227, Ausgabe 1988, („Summationsansatz“) wurde we-

17
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

gen stoffmechanischer Schwächen und irreparablen Mängeln hinsichtlich der Vorher-


sagegenauigkeit aufgegeben [3].

Berechnung der Kriechzahl

Die Kriechzahl wird aus folgender Beziehung ermittelt:

ϕ ( t,t 0 ) = ϕ0 ⋅ β c ( t,t 0 ) (1.14)

In Gl. (1.14) stellt ϕ0 die Grundzahl des Kriechens dar, und βc(t,t0) beschreibt die zeitli-
che Entwicklung der Kriechverformung. Die Beiwerte ϕ0 und βc(t,t0) ergeben sich aus
den Gln. (1.15) bis (1.22):

ϕ0 = ϕRH ⋅ β(fcm ) ⋅ β(t 0 ) (1.15)


mit
 1 − RH / RH0 
ϕRH = 1 + ⋅ α1  ⋅ α 2 (1.16)
3 0,1⋅ h / h
 0 

5,3
β ( fcm ) = (1.17)
fcm / fcm0

1
β ( t0 ) = (1.18)
0,1 + ( t 0 / t1 )
0,2

wobei
α
 9 
t 0 = t 0,T ⋅  + 1 ≥ 0,5 Tage (1.19)
 2 + ( t 0,T / t1,T )
1,2

 
und

 ( t − t 0 ) / t1 
0,3

βc (t,t 0 ) =   (1.20)
 βH + ( t − t 0 ) / t1 
mit

18
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

  RH   h0
18

βH = 150 ⋅ 1 +  1,2 ⋅   ⋅ + 250 ⋅ α 3 ≤ 1500 ⋅ α 3 (1.21)


  RH0   h1

und
0,7 0,2 0,5
 3,5 ⋅ fcm0   3,5 ⋅ fcm0   3,5 ⋅ fcm0 
α1 =   α2 =   α3 =   (1.22)
 f cm   f cm   f cm 

In den Gln. (1.15) bis (1.22) sind die verwendeten Parameter wie folgt definiert:
t Betonalter zum betrachteten Zeitpunkt [Tage];
t0 Betonalter bei Belastungsbeginn [Tage];
t0,T wirksames Betonalter bei Belastungsbeginn unter Berücksichtigung des Tempe-
ratureinflusses [Tage]; für T = 20 °C gilt t0,T = t0; für andere Fälle siehe [11];
t1,T 1 Tag;
RH relative Luftfeuchte der Umgebung [%];
RH0 100 %;
h0 2Ac/u = wirksame Bauteildicke [mm], mit Ac = Querschnittsfläche [mm2] und
u = Umfang des Querschnitts, welcher der Trocknung ausgesetzt ist [mm];
h1 100 mm;
fcm mittlere zylindrische Druckfestigkeit des Betons [N/mm²]; es gilt:
fcm = fck + 8 N/mm², wobei fck die charakteristische Zylinderdruckfestigkeit des
Betons ist, siehe [1] bzw. Abschnitt 1.2.2;
fcm0 10 N/mm²;
α Beiwert zur Berücksichtigung des Einflusses der Zementart; α = -1 für SL-
Zemente; α = 0 für N-, R-Zemente; α = 1 für RS-Zemente; siehe hierzu auch
Tabelle 1.4;
αi Beiwerte zur Berücksichtigung des Einflusses der Betonfestigkeit nach Gl. (1.22)

Es sei hier darauf hingewiesen, dass der Einfluss des wirksamen Alters t0,T in [1] bzw.
[7] vernachlässigt wird. Dort wird also stets t0,T = t0 gesetzt. Dies kann insbesondere
bei geringen Umgebungs- bzw. Betontemperaturen (T < 20 °C) zu einer deutlichen
Unterschätzung des Kriechens, bei höheren Temperaturen zu einer Überschätzung
führen. Daher wird empfohlen, ggf. eine Berücksichtigung dieses Einflusses ent-
sprechend den Angaben in [11] vorzunehmen.

19
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

6
wirks. Bauteildicke h0 = 50 mm C 30/37; fcm = 38 N/mm²
Endkriechzahl, ϕ∞ 5 C 70/85; fcm = 78 N/mm²

4
RH = 50 %
3 RH = 80 %

0
1 3 10 30 100 300 1000
Belastungsalter, t0 [Tage]

Abbildung 1.7: Endkriechzahlen in Abhängigkeit vom Belastungsalter bei verschie-


denen Umgebungsfeuchten RH und Betonfestigkeitsklassen

1,0
C 30/37; RH = 50 %
C 70/85; RH = 50 %
Zeitfunktion für das Kriechen

0,8

0,6

h0 = 50 mm
0,4
h0 = 300 mm

0,2

1 5 10 50 100 Jahre
0,0
1 10 100 1000 10000 100000
Belastungsdauer, (t-t0) [Tage]

Abbildung 1.8: Zeitlicher Verlauf des Betonkriechens für zwei verschieden dicke
Bauteile bei normalfestem und hochfestem Beton (halblogarithmi-
scher Maßstab)

Der rechnerische Endwert des Kriechens, d. h. die Endkriechzahl ϕ∞, entspricht dem
Wert der Grundzahl des Kriechens nach Gl. (1.15). In Abbildung 1.7 sind Endkriech-
zahlen in Abhängigkeit vom Belastungsalter für einen normalfesten Beton C 30/37 (alt:
B 35) und einen hochfesten Beton C 70/85 (alt: B 85) bei Betrachtung eines dünnen
Bauteils (ho = 50 mm) in trockener (RH = 50 %, Innenraum) und feuchter (RH = 80 %,

20
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

im Freien) Umgebung graphisch dargestellt. Dabei wurde unterstellt, dass die Betone
jeweils mit einem Zement CEM I 32,5 R (Zementtyp R) hergestellt wurden.

Der zeitliche Verlauf des Kriechens wird durch die hyperbolische Funktion nach
Gl. (1.20) beschrieben, die für hohe Belastungsdauern (t-t0 → ∞) den Grenzwert
βc(t,t0) = 1,0 besitzt. Abbildung 1.8 zeigt Kriechverläufe für ein dünnes (h0 = 50 mm)
und ein dickes (h0 = 300 mm) Bauteil, die aus einem normalfesten Beton (C 30/37
bzw. B 35) und einem hochfesten Beton (C 70/85 bzw. B 85) hergestellt wurden und
in trockener Umgebung (RH = 50 %) einer Dauerlast unterworfen sind.

Analog den Beziehungen für das Schwinden gelten die obigen Gleichungen zur Vor-
hersage der Kriechzahl für Bauteile aus normalschwerem Konstruktionsbeton mit
einer mittleren Betondruckfestigkeit von 15 N/mm² ≤ fcm ≤ 120 N/mm², die nicht län-
ger als 14 Tage feucht nachbehandelt und üblichen klimatischen Umgebungsbedin-
gungen mit mittleren relativen Luftfeuchten von 40 % bis 100 % und Temperaturen
von 10 °C bis 30 °C ausgesetzt werden. Im Weiteren gilt, dass das Belastungsalter
t0 ≥ 1 Tag und der Beanspruchungsgrad σc/fcm (t0) ≤ 0,4 sein müssen.

1.2.6.3 Kriechen bei veränderlicher Spannung


Wegen des linearen Zusammenhangs zwischen der Kriechverformung und der sie
erzeugenden Spannung im Bereich der Gebrauchsspannungen gilt für Beton das
Prinzip der linearen Superposition. Die gebräuchlichste Formulierung dieses Prinzips
ist in Gl. (1.23) wiedergegeben:

t
∂σc ( τ)
εcσ (t,t 0 ) = J(t,t 0 ) ⋅ σc (t 0 ) + ∫ J(t, τ)
t0

∂τ
⋅ dτ (1.23)

Dabei stellt εcσ(t,t0) die gesamte lastabhängige Dehnung des Betons zum Zeitpunkt t
dar, die durch den Spannungsverlauf σc(t), der zum Zeitpunkt t0 mit der Spannungs-
höhe σc(t0) seinen Ausgang nimmt, ausgelöst wird. Die Funktion J(t,t0) wird als
Kriechfunktion bezeichnet. Sie ist eine charakteristische Materialeigenschaft und gibt

21
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

die Summe aus elastischer Dehnung und Kriechdehnung unter der Wirkung einer
konstanten Einheitslast an.

Die Kriechfunktion kann unter Verwendung der Kriechzahl ϕ(t,t0) nach Gl. (1.2) bzw.
Gl. (1.14) wie folgt ausgedrückt werden:

1
J(t,t 0 ) = ⋅ [n(t 0 ) + ϕ(t,t 0 )] (1.24)
Ec0

In Gl. (1.24) bezeichnet Ec0 den E-Modul des Betons (Tangentenmodul) im Alter von
28 Tagen, während n(t0) = Ec0/Ec(t0) den Kehrwert der Alterungsfunktion für die elas-
tische Verformung bzw. den E-Modul darstellt (siehe hierzu Gl. (1.4)). Der E-Modul
(Tangentenmodul) ergibt sich aus Ec0 = σc(t0)/εci(t0), wobei εci(t0) die elastische An-
fangsdehnung des Betons bei Erstbelastung darstellt. Die rechnerische Abschätzung
der Größe des E-Moduls ist in Abschnitt 1.2.4 angegeben.

Exakte Berechnungen zum Kriech- oder Relaxationsverhalten nach Gl. (1.23) oder
einer hierzu analogen Differentialgleichung sind in der Regel schwierig und aufwän-
dig. Eine für die praktische Berechnung von Kriech- und Relaxationsproblemen hilf-
reiche Approximation für Gl. (1.23) stellt Gl. (1.25) dar:

σc (t 0 ) σ (t) − σc (t 0 )
εcσ (t,t 0 ) = ⋅ [1 + ϕ(t,t 0 )] + c ⋅ [1 + ρ(t,t 0 ) ⋅ ϕ(t,t 0 )] (1.25)
Ec0 Ec0

In Gl. (1.25) stellt ρ(t,t0) den Relaxationskennwert dar. Sein Zahlenwert kann aus der
Spannungsgeschichte und dem Kriechverhalten des Betons exakt berechnet werden.
Er variiert in den Grenzen 0,5 ≤ ρ ≤ 1,0 und darf für zahlreiche praktische Fälle mit
hinreichender Genauigkeit als konstant mit ρ = 0,8 angenommen werden. Nähere
Angaben zum Relaxationskennwert (auch Alterungsbeiwert bzw. aging coefficient
genannt) findet man z. B. in [6].

Gl. (1.25) enthält im zweiten Summand den so genannten wirksamen E-Modul Ec0,eff,
der eine einfache Berücksichtigung des Einflusses des Kriechens ermöglicht:

22
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

Ec0
Ec0,eff = (1.26)
1 + ρ(t,t 0 ) ⋅ ϕ(t,t 0 )

Unter Verwendung von Gl. (1.26) werden Berechnungen zum Einfluss des Kriechens
bei variablen mechanischen Beanspruchungen auf die Lösung eines rein elastischen
Problems reduziert. Trotz dieser erheblichen Vereinfachung gegenüber der präzisen
Beschreibung des Betonverhaltens anhand Gl. (1.23) werden bei Anwendung von
Gl. (1.26) in den meisten praktischen Anwendungsfällen hinreichend genaue Ergeb-
nisse erzielt.

Da die Kriechzahl in der DIN 1045 als Produktansatz formuliert ist, können bei An-
wendung von Gl. (1.23) unter bestimmten Randbedingungen inkonsistente Ergeb-
nisse entstehen. Diesbezüglich sei auf das einschlägige Schrifttum verwiesen [2], [3],
[5]. Die hier angedeuteten Probleme treten jedoch nicht auf, wenn die Gln. (1.25) und
(1.26) herangezogen werden, deren Anwendung in Verbindung mit dem vorstehend
beschriebenen Ansatz für das Kriechen empfohlen wird.

Abschließend sei angemerkt, dass jede Art eines spannungslinearen Kriechansatzes


– charakteristische Repräsentanten sind in DIN 4227:1988 und DIN 1045:2001 gege-
ben – mit typischen Vor- und Nachteilen verbunden ist. Diese sind beispielsweise in
[2] näher beleuchtet.

1.3 Klassifizierungen

1.3.1 Allgemeines
Die Festlegung eines Betons erfolgt nach neuem europäischem Regelwerk durch die
Angabe von Klassen, die Einwirkungen auf den Beton und die Betoneigenschaften
wiedergeben. Hierzu gehören insbesondere die Umweltbedingungen bzw. Expositi-
onsklassen, die Druckfestigkeitsklassen und die Konsistenzklassen.

23
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

1.3.2 Konsistenzklassen
Zu den wichtigsten Frischbetoneigenschaften gehört die Konsistenz. Der Begriff
Konsistenz beschreibt in der Betontechnologie die Verarbeitbarkeit des Betons. Der
Frischbeton kann über verschiedene Prüfverfahren einer Konsistenzklasse zugeord-
net werden. Die Konsistenzklassen werden mit einem jeweils eindeutigen Buch-
staben, z. B. „F“ für „flow table test“ (Ausbreitmaß) und „C“ für „compaction test“
(Verdichtungsmaß), und einer Klassennummer (F1 bis F6 bzw. C0 bis C3) gekenn-
zeichnet. Die bisher üblichen Konsistenzbereiche (KS, KP, KR, KF) werden durch die
Konsistenzklassen abgelöst. Die Konsistenzklasse F6 ( ≥ 630 mm) wurde in die
Norm neu aufgenommen. Bei Ausbreitmaßen über 700 mm ist jedoch die DAfStb-
Richtlinie „Selbstverdichtender Beton“ (Ausgabe Nov. 2003) zu beachten.

Zusätzlich zu den in Deutschland gebräuchlichen Prüfungen des Ausbreitmaßes und


des Verdichtungsmaßes wurde in DIN 1045-2 das Setzmaß und die Setzzeit nach
Vébé aufgenommen.

Ergänzend zur Klasseneinteilung gibt es in Deutschland weiterhin eine Konsistenz-


beschreibung durch Begriffe wie steif, plastisch, weich, fließfähig etc. (Tabelle 1.5).

Tabelle 1.5: Ausbreitmaß- und Verdichtungsmaßklassen nach DIN 1045-2

Klasse Ausbreitmaß Klasse Verdichtungs- Konsistenzbeschreibung


[mm] maß
C0 ≥ 1,46 sehr steif

F1 ≤ 340 C1 1,45 bis 1,26 steif

F2 350 bis 410 C2 1,25 bis 1,11 plastisch

F3 420 bis 480 C3 1,10 bis 1,04 weich

F4 490 bis 550 sehr weich

F5 560 bis 620 fließfähig

F6 ≥ 630 sehr fließfähig

24
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

1.3.3 Druckfestigkeitsklassen
Bei den Betondruckfestigkeitsklassen unterscheidet die Norm zwischen:
- Normal- und Schwerbeton C 8/10 bis C 100/115
- Leichtbeton LC 8/9 bis LC 80/88

Die erste Zahl hinter den Buchstaben C bzw. LC bezeichnet die charakteristische
Festigkeit (Nennfestigkeit) gemessen am Betonzylinder (h/D = 30/15 cm) im Alter von
28 Tagen, während die zweite Zahl den entsprechenden Kennwert für die Versuchs-
durchführung am Würfel (15 cm) angibt. Damit entspricht ein Beton C 20/25 einem
Beton B 25 nach der alten DIN 1045 (DIN 1045:1988). Nach neuer Norm gibt es eine
größere Anzahl von Festigkeitsklassen (siehe Tabelle 1.6). Mit in die Norm aufge-
nommen wurden auch die Festigkeitsklassen für hochfesten Beton von C 55/67 bis
C 100/115 (Tabelle 1.6), für Leichtbeton und hochfesten Leichtbeton in den Klassen
LC 55/60 bis LC 80/88 (Tabelle 1.7).

Tabelle 1.6: Normalschwerer Beton - Zuordnung der Festigkeitsklassen von altem


und neuem Regelwerk gemäß DIBt [8]

Druckfestigkeitsklasse Druckfestigkeitsklasse
Betonart
nach DIN 1045:1988 nach DIN 1045:2001
B5 C 8/10
B 10
B 15 C 12/15
C 16/20
B 25 C 20/25
normalfester
C 25/30
Konstruktionsbeton
B 35 C 30/37
B 45 C 35/45
C 40/50
B 55 C 45/55
C 50/60
B 65 C 55/67
hochfester B 75 C 60/75
Konstruktionsbeton B 85 C 70/85
B 95 C 80/95
B 105 C 90/105
B 115 C 100/115

25
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

Zu beachten sind die geänderten Prüf- und Lagerungsbedingungen zur Bestimmung


der Druckfestigkeit. Als „Referenzlagerung“ der Probekörper ist eine 28-tägige Was-
serlagerung vorgesehen. Die derzeit in Deutschland übliche Probekörperlagerung (7
Tage Wasser, 21 Tage Luft) ist jedoch weiterhin möglich, da die Ergebnisse umge-
rechnet werden können.

Tabelle 1.7: Leichtbeton - Zuordnung der Festigkeitsklassen von altem und neuem
Regelwerk gemäß DIBt [8]

Druckfestigkeitsklasse Druckfestigkeitsklasse
Betonart
nach DIN 1045:1988 nach DIN 1045:2001
LB 8 LC 8/9
LB 10 LC 12/13
LB 15 LC 16/18
LC 20/22
normalfester LB 25 LC 25/28
Konstruktionsleichtbeton LC 30/33
LB 35 LC 35/38
LC 40/44
LB 45 LC 45/50
LB 55 LC 50/55
hochfester LC 55/60
Konstruktionsleichtbeton LC 60/66
LC 70/77
LC 80/88

Die Umrechnung erfolgt für Normalbeton bis einschließlich C 50/67 nach folgender
Formel (Gl. 1.27):

fc,cube = 0,92 x fc,dry (1.27)

wobei fc,cube = Druckfestigkeit an Probewürfeln mit einer Kantenlänge von 150 mm bei
Referenzlagerung (Wasser) und fc,dry = analoge Druckfestigkeit bei üblicher Lage-
rung.

26
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

1.3.4 Rohdichteklassen für Leichtbeton


Die Rohdichtebereiche aus den früheren Normen für Leichtbeton wurden unver-
ändert in die neue Norm aufgenommen. Bei der Bezeichnung der Rohdichteklassen
wurde der Kennzahl lediglich der Buchstabe „D“ vorangestellt (Bsp.: D 1,2 bedeutet
Trockenrohdichte > 1000 und ≤ 1200 kg/m³, vgl. Tabelle 8 in [1]).

1.3.5 Expositionsklassen
Die Expositionsklassen präzisieren die Umgebungsbedingungen, denen ein Beton
ausgesetzt ist, und berücksichtigen gleichzeitig den hierdurch gegebenen Beton-
angriff. Eine Übersicht über die Bezeichnung der Expositionsklassen enthält Tabel-
le 1.8.

Tabelle 1.8: Erläuterung der Bezeichnungen der Expositionsklassen nach DIN 1045

Bewehrungs-Korrosion Beton-Korrosion
ohne Korrosi-
Karbonatisierung Frost
on oder An-
XC = Carbonation XF = Freezing
griffsgefahr
Chloride chemischer Angriff
XD = Deicing XA = Chemical Attack
X0
Meerwasser Verschleiß
XS = Seawater XM = Mechanical Attack

Man unterscheidet dabei zwischen Bewehrungskorrosion, d. h. Bedingungen und


Angriffen, die zur Korrosion des Bewehrungsstahls im Beton führen können, und der
Betonkorrosion, d. h. Angriffen, die eine Betonzerstörung bewirken können. Liegt
kein Angriff vor, dann wird von der Expositionsklasse X0 ausgegangen, z. B. bei
Bauteilen in Innenräumen, sofern kein Verschleiß oder chemischer Angriff vorhanden
ist.

27
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

Jede Angriffsart wird je nach Stärke des Angriffs in einzelne Stufen, die mit Nummern
gekennzeichnet werden, unterteilt (siehe Tabelle 1.9, Beispiel Frostangriff).

Tabelle 1.9: Bezeichnung der Expositionsklassen bei Frostangriff mit und ohne
Taumittel nach DIN 1045

Klassen- Beschreibung der Umge- Beispiele für die Zuordnung von


bezeichnung bung Expositionsklassen (informativ)

mäßige Wassersättigung,
XF1 - Außenbauteile
ohne Taumittel

- Bauteile im Sprühnebel- oder


mäßige Wassersättigung
XF2 Spritzwasserbereich von taumittel-
mit Taumittel
behandelten Verkehrsflächen

- offene Wasserbehälter
hohe Wassersättigung,
XF3 - Bauteile in Wasserwechselzonen
ohne Taumittel
von Süßwasser

- Verkehrsflächen, mit Taumittel


hohe Wassersättigung
XF4 behandelt
mit Taumittel
- Räumerlaufbahn Kläranlage

Mit der Einteilung in Expositionsklassen werden Anforderungen im Hinblick auf die


Dauerhaftigkeit der Betone verknüpft. Daher sind mit den Expositionsklassen so ge-
nannte „Grenzwerte der Betonzusammensetzung“ verbunden. Diese beziehen sich
auf die Mindestfestigkeitsklasse des Betons und den maximalen Wasserzementwert,
den Mindestzementgehalt sowie fallweise auf besondere Anforderungen an die Aus-
gangsstoffe oder den Luftporengehalt (auszugsweise in Tabelle 1.10 dargestellt).
Hierbei handelt es sich um ein deskriptives Konzept zur „Bemessung“ auf Dauer-
haftigkeit.

28
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

Tabelle 1.10: Expositionsklassen und Anforderungen (auszugsweise)

Klasse Umgebung max mind. Festig- min z


w/z keitsklasse [kg/m3]
XO Kein Korrosions- oder Angriffsrisiko - C 8/10 -
XC Bewehrungskorrosion,
ausgelöst durch Karbonatisierung
XC 1 trocken oder ständig nass
0,75 C 16/20 240
XC 2 nass, selten trocken
XC 3 mäßige Feuchte 0,65 C 20/25 260
XC 4 wechselnd nass und trocken 0,60 C 25/30 280
XD Bewehrungskorrosion,
verursacht durch Chloride, ausgenommen Meerwasser
XD 1 mäßige Feuchte 0,55 C 30/37 300
XD 2 nass, selten trocken 0,50 C 35/45 320
XD 3 wechselnd nass und trocken 0,45 C 35/45 320
XS Bewehrungskorrosion,
verursacht durch Chloride aus Meerwasser
XS 1 salzhaltige Luft 0,55 C 30/37 300
XS 2 unter Wasser 0,50 C 35/45 320
XS 3 Tide, Spritzwasserbereiche 0,45 C 35/45 320
XF Frostangriff mit und ohne Taumittel
XF 1 mäßige Wassersättigung, ohne Taumittel 0,60 C 25/30 280
XF 2 mäßige Wassersättigung, mit Taumittel 0,551) C 25/30 300
0,50 C 35/45 320
XF 3 hohe Wassersättigung, ohne Taumittel 0,551) C 25/30 300
0,50 C 35/45 320
XF 4 hohe Wassersättigung, mit Taumittel 0,501) C 30/37 320
XA Betonkorrosion
durch chemischen Angriff
XA 1 chemisch schwach angreifend 0,60 C 25/30 280
XA 2 chemisch mäßig angreifend 0,50 C 35/45 320
XA 3 chemisch stark angreifend 0,45 C 35/45 320
XM Betonkorrosion
durch Verschleißbeanspruchung
XM 1 mäßiger Verschleiß 0,55 C 30/37 300
XM 2 starker Verschleiß 0,55 C 30/37 300
0,452) C 35/45 320
XM 3 sehr starker Verschleiß 0,45 C 35/45 320
1) 2)
Mindestluftgehalt-Anforderung ohne Oberflächenbehandlung

29
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

Beton für ein Bauteil / Bauwerk ist nach den jeweils maßgebenden Expositions-
klassen unter Beachtung der damit verbundenen Grenzwerte zu entwerfen.

Bei der Bemessung wird die erforderliche Betondeckung ebenfalls in Abhängigkeit


der Expositionsklassen festgelegt (siehe Tabelle 1.11).

Tabelle 1.11: Abhängigkeit der Betondeckung von der Expositionsklasse nach


DIN 1045

Expositions- Stabdurch- cmin Vorhaltemaß cnom


klasse messer [mm] [mm] ∆c [mm] [mm]
bis 10 10 20
12, 14 15 25
XC1 16, 20 20 10 30
25 25 35
28 30 40
bis 20 20 35
XC2, XC3 25 25 15 40
28 30 45
bis 25 25 15 40
XC4
28 30 15 45
XD bis 28 40 15 55

Zur Berücksichtigung von unplanmäßigen Abweichungen ist die erforderliche Min-


destbetondeckung cmin durch Addition eines Verhaltemaßes ∆c zu vergrößern. Da-
raus ergibt sich das Nennmaß der Betondeckung cnom, das für jedes Bewehrungs-
element einzuhalten ist.

Im Bereich des Baus von Verkehrswegen wurden im Mai 2003 die Zusätzlichen
Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten (ZTV-ING)
eingeführt [9]. Im Teil 3, Massivbau, Abschnitt 1, werden z. T. andere Anforderungen
in Abhängigkeit von Expositionsklassen gestellt. So wird z. B. bei der Ausführung von

30
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

Kappen in den Expositionsklassen XF4 und XD3 die Mindestdruckfestigkeit auf


C 25/30 reduziert und der Wasserzementwert mit ≤ 0,50 festgelegt.

1.4 Überwachungsklassen

Für die Überprüfung der maßgebenden Frisch- und Festbetoneigenschaften wird der
Beton bei der Verwendung auf der Baustelle in drei Überwachungsklassen eingeteilt.
Für die Einordnung eines Betons bei mehreren zutreffenden Überwachungsklassen
ist die höchste maßgebend.

Tabelle 1.12: Überwachungsklassen für den Beton nach DIN 1045

Überwachungsklasse Druckfestigkeitsklasse Expositionsklasse

Standardbeton
Überwachungsklasse 1
≤ C 25/30 X0, XC, XF1

≤ C 25/30 als Spannbeton

≤ C 25/30
XS, XD, XA, XM,

≥ C 30/37
≤ C 50/60 XF2, XF3, XF4

Überwachungsklasse 2 Betone mit besonderen Eigenschaften


- wasserundurchlässige Baukörper
z.B. weiße Wanne
- Unterwasserbeton
- verzögerter Beton
- Betonbau im Umgang mit wasser-
gefährdenden Stoffen

Überwachungsklasse 3 ≥ C 50/60 -

31
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

Beton der Überwachungsklasse 1 kann mit dem Beton BI nach DIN 1045:1988
gleichgesetzt werden. Der Einbau von Beton der Überwachungsklassen 2 und 3 ist
durch eine anerkannte Überwachungsstelle für jede Baustelle mindestens einmal zu
überprüfen. Angaben zu den Prüfungen enthält DIN 1045:2001 (siehe auch Abschnitt
1.5.3). Bei länger andauernden Baustellen sind weitere Überprüfungen in ange-
messenen Zeitabständen durchzuführen. Der Überwachungsbericht ist auf Ver-
langen der zuständigen Baubehörde vorzulegen. Dies entspricht der Vorgehens-
weise bei BII-Baustellen nach alter Norm.

1.5 Weitere Neuerungen

1.5.1 Festlegung des Betons


In der neuen DIN 1045 wird die Festlegung des Betons unterschieden nach:
• Standardbeton,
• Beton nach Eigenschaften,
• Beton nach Zusammensetzung.
Grundlage dieser Unterscheidungen ist die Abgrenzung der Verantwortlichkeit für
den Beton bzw. seine Eigenschaften, wobei zwischen dem Verfasser der Leistungs-
beschreibung, dem Hersteller und dem Verwender unterschieden wird.

Beim Beton nach Eigenschaften ist der Verfasser der Leistungsbeschreibung dafür
verantwortlich, dass dem Hersteller alle maßgebenden Anforderungen an den Beton
genannt werden, die bei der Zusammensetzung und Herstellung wesentlich sind, wie
z. B. die Druckfestigkeitsklasse, die Expositionsklasse, das Größtkorn des Zuschlags
etc. Der Hersteller trägt dafür Verantwortung, dass die spezifizierten Anforderungen
eingehalten werden.

Beim Beton nach Zusammensetzung spezifiziert der Verfasser gegenüber dem Her-
steller lediglich die Zusammensetzung des Betons. Der Verfasser der Leistungs-
beschreibung ist dafür verantwortlich, dass mit der von ihm gewählten Zusammen-
setzung die Anforderungen an den Beton erreicht werden. Der Betonhersteller ist
lediglich für die korrekte Zusammensetzung des Betons und nicht etwa für dessen
Eigenschaften verantwortlich.

32
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

Der Standardbeton ist nach dem Kriterium der Verantwortlichkeit ein Beton nach Zu-
sammensetzung. Er entspricht damit in etwa dem bisherigen Rezeptbeton in der al-
ten DIN 1045:1988. Für ihn werden im nationalen Anwendungsdokument relativ ho-
he Mindestzementgehalte festgelegt. Außerdem wird seine Einsatzmöglichkeit einge-
schränkt. Sein Vorteil liegt darin, dass man den Überwachungsaufwand bei Verwen-
dung dieses Betons erheblich reduzieren kann.

1.5.2 Anrechnung von Zusatzstoffen


Die deutschen Anwendungsregeln für die ebenfalls gültige europäische Norm, also
die neue DIN 1045-2 [1], enthält das so genannte k-Wert-Konzept und bietet damit
die Möglichkeit, Zusatzstoffe des Typs II – sie besitzen latent-hydraulische oder puz-
zolanische Eigenschaften – auf den Wasserzementwert anzurechnen. Dies gilt so-
wohl für die ausschließliche Verwendung von Flugasche oder Silicastaub als auch für
deren gemeinsame Anrechnung. Selbstverständlich sind dort auch die Anrechen-
barkeitsgrenzen benannt. Die Anrechnung von Zusatzstoffen ist für Betone, die in
Bauteilen mit Frost-Taumittel-Beanspruchung eingesetzt werden sollen, ausge-
schlossen.

1.5.3 Konformitätsnachweis und Produktionskontrolle


Die neue DIN 1045:2001 enthält weiterhin Regelungen zur werkseigenen Produkti-
onskontrolle und zum Konformitätsnachweis. Dabei wird auch das Konzept der Be-
tonfamilie eingeführt, welches in den alten Richtlinien nicht existierte.

Der Konformitätsnachweis ist Bestandteil der Produktionskontrolle und dient als Be-
stätigung dafür, dass die festgelegten Anforderungen an einen Beton erfüllt werden.
Dabei werden in der Norm Angaben zum Prüfumfang, zur Prüfhäufigkeit und Probe-
nahme etc. gemacht.

33
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

Für den Verwender des Betons sind die näher beschriebenen „Identitätsprüfungen“
auf der Baustelle von besonderem Interesse. In den deutschen Anwendungsregeln
(DIN 1045-2) finden sich hierzu Festlegungen, die entgegen der DIN EN 206-1 eine
Überwachung der Eigenschaften, wie sie nach alter Norm für Betone B I und B II ge-
geben ist, auch in Zukunft durch die Eingruppierung in Überwachungsklassen (siehe
Abschnitt 1.4) sicherstellen.

Nach DIN EN 206-1 ist eine Betonfamilie definiert als „eine Gruppe von Zusammen-
setzungen, für die ein verlässlicher Zusammenhang zwischen maßgebenden Eigen-
schaften festgelegt und dokumentiert ist“. Für den Betonhersteller ist entscheidend,
dass im Zuge der Produktionskontrolle nicht die Druckfestigkeiten einzelner Beton-
sorten, sondern der gesamten Familie (Referenzbeton) bewertet werden können.
Damit reduziert sich die Anzahl der Prüfkörper zur Bestimmung der Betondruckfestig-
keit insbesondere dann ausgeprägt, wenn ein Hersteller viele Betonsorten mit gerin-
ger Produktionsmenge herstellt.

1.6 Zusammenfassung

Die neue DIN 1045:2001 enthält auch hinsichtlich der auf den Baustoff Beton bezo-
genen Festlegungen zahlreiche Neuerungen und Erweiterungen im Vergleich zur
alten Ausgabe DIN 1045:1988. Neben neuen Materialmodellen werden umfang-
reiche neue Regelungen zu Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität
von Beton eingeführt. Sie beinhalten auch eindeutige Verantwortlichkeiten an den
Schnittstellen zwischen dem Verfasser der Festlegung, dem Hersteller und dem Ver-
wender des Betons. Das Sicherheitsniveau bleibt unverändert. Die sehr lange Über-
gangsphase von fast drei Jahren endet am 31. Dezember 2004.

34
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

1.7 Literaturverzeichnis

[1] DIN 1045: Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton. Teile 1 – 4, Aus-
gabe Juli 2001
[2] Comité Euro-International du Béton (CEB): Evaluation of the time dependent
behavior of concrete. CEB Bulletin d’Information, No. 199, Lausanne, Schweiz,
1990
[3] Müller, H. S., Kvitsel, V.: Grundlagen der neuen Vorhersagemodelle für das
Kriechen und Schwinden von Beton nach DIN 1045. Deutscher Ausschuss für
Stahlbeton, in Vorbereitung; siehe auch: Kriechen und Schwinden von Beton –
Grundlagen der neuen DIN 1045 und Ansätze für die Praxis. Beton- und Stahl-
betonbau, Bd. 97, Heft 1, 2002
[4] Eurocode No. 2 (EC 2): ENV 1992-1, Design of Concrete Structures. Part 1:
General rules and rules for buildings, European Committee for Standardization
(CEN), 1991
[5] Bažant, Z. P.: Mathematical Modelling of Creep and Shrinkage of Concrete.
John Wiley & Sons Ltd., Chichester, England, 1988
[6] Comité Euro-International du Béton (CEB): Structural effects of time-dependent
behaviour of concrete. CEB Bulletin d’Information, No. 215, Lausanne, Schweiz,
1993
[7] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton: Erläuterungen zu DIN 1045-1. DAfStb
Heft 525, 1. Auflage, Berlin, 2003
[8] DIBt – Mitteilungen 1/2002: Neues Normenwerk im Betonbau. Bauaufsichtliche
Einführung beschlossen – Festlegungen + Konsequenzen, Dr.-Ing. U. Hartz,
Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt), Berlin, 2002
[9] ZTV-ING, Teil 3 Massivbau. Bundesanstalt für Straßenwesen bzw. Bundes-
minister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Berlin, 2003
[10] DIN-Fachbericht 100 Beton: Zusammenstellung von DIN EN 206-1 Beton, Teil
1: Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität und DIN 1045-2
Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton, Teil 2: Beton - Festlegung,
Eigenschaften, Herstellung und Konformität – Anwendungsregeln zu
DIN EN 206-1, Ausgabe 2001

35
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Neue Betone
an der Universität Karlsruhe (TH)

[11] CEB-FIP Model Code 1990. CEB Bulletin d'Information, No. 213/214, Comité
Euro-International du Béton, Lausanne, Schweiz, 1993

36
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

2 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck, Anwendung des


Modellstützenverfahrens

Prof. Dr.-Ing. Lothar Stempniewski, Dipl.-Ing. Niklas Puttendörfer,


Institut für Massivbau und Baustofftechnologie, Universität Karlsruhe (TH)

2.1 Theoretische Grundlagen

2.1.1 Momenten-Krümmungs-Beziehungen
Die Schnittgrößen stabförmiger Bauteile dürfen nach DIN 1045-1 unter Ansatz rech-
nerisch ermittelter Momenten-Krümmungs-Beziehungen berechnet werden, wobei
das Ebenbleiben der Querschnitte (Bernoulli Hypothese) vorausgesetzt wird. Zur
Vereinfachung darf eine linearisierte Momenten-Krümmungs-Beziehung verwendet
werden, wie in Abbildung 2.1 dargestellt.

Abbildung 2.1: Vereinfachte Momenten-Krümmungs-Beziehung für eine konstan-


te Normalkraft

37
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Die bekannten Zusammenhänge zwischen Krümmung und Rotation können folgen-


dermaßen dargestellt werden:

tan θ ≅ θ
∆x
=
r (2.1)
= ∆x ⋅ κ
ε1 − ε 2
= ∆x ⋅
h

mit der Krümmung:

M
κ =
EI
1
= (2.2)
r
ε1 − ε 2
=
h

M r
w(x)
x Θ ε2 • ∆x
Biegelinie
h
h/2
Stabelement
∆x ε1 • ∆ x
mit der Länge ∆x

Abbildung 2.2: Beziehung zwischen Krümmung und Rotation

38
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

2.1.2 Einfluss einer Normalkraft


Mit wachsender Normaldruckkraft nimmt die Steifigkeit des Bauteils zunächst zu, da
der Querschnitt stärker überdrückt wird. Das vom Querschnitt aufnehmbare Moment
steigt an. Die Krümmung hat den Wert Null, wenn der Bauteilwiderstand NRd = Nud
erreicht ist. In diesem Fall kann vom Querschnitt keinerlei Biegemoment aufge-
nommen werden. Die größte Krümmung tritt beim maximalen Biegemoment auf. Für
einen Rechteckquerschnitt besitzt die Krümmung bzw. das aufnehmbare Moment ein
Maximum, wenn in der Druckzone die maximale Betonstauchung vorliegt und gleich-
zeitig die Zugbewehrung (As1) zum Fließen kommt. Die dazugehörige Normalkraft
wird als Nbal bezeichnet (bal = balance point). Die folgende Abbildung stellt den Zu-
sammenhang zwischen Moment und Normalkraft dar.

N
Nud

MEd, max

Nbal

Abbildung 2.3: Zusammenhang zwischen Moment und Normalkraft

Bei Vorhandensein einer Druckbewehrung (As2) wird diese bei Nbal und üblichen
Randabständen der Bewehrung auf Grund der Dehnungsverteilung ebenfalls zum
Fließen kommen. Über ein Kräftegleichgewicht am Querschnitt lässt sich dann Nbal
aus folgender Gleichung ermitteln:

Nbal = A s1 ⋅ fyd − A s2 ⋅ fyd − αR ⋅ b ⋅ x ⋅ fcd (2.3)

In der Gleichung kennzeichnet αR den Völligkeitsbeiwert, b die Querschnittsbreite


und x die Höhe der Druckzone. Für Normalbeton bis einschließlich der Festigkeits-

39
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

klasse C 50/60 und Betonstahl BSt 500 ergeben sich für εc2u = -3,5‰ und
εyd = 2,174‰ die Werte zu:
αR = 0,81
x = 0,617⋅d (mit d = statische Nutzhöhe = h-d1)

d2
εc2 = εc2u
Fs2 = As2 fyd
εs
Fc = x αR b fcd
x

d Schwerachse Nbal MEd


h
Nullachse
Fs2 = As2 | εs2 | Es ≤ As ftd
εs1 = εyd = 2,174‰ Fs1 = As1 fyd

d1

Abbildung 2.4: Spannungs- und Dehnungsverteilung eines Rechteckquerschnitts


mit Zug- und Druckbewehrung

Bei Vorliegen eines symmetrisch bewehrten Rechteckquerschnitts mit As1 = As2 und
d1 = d2 folgt daraus:

Nbal = − 0,81 ⋅ b ⋅ 0,617 ⋅ d ⋅ f cd

≅ − 0,5 ⋅ b ⋅ d ⋅ fcd (2.4)


 d 
= − 0,5 ⋅ 1 − 1  ⋅ A c ⋅ f cd
 h

Je nach gewähltem Randabstand der Bewehrung (d1) lässt sich daraus Nbal einfach
ermitteln. Im Falle einer kombinierten Beanspruchung aus Biegung mit Längsdruck
gilt der folgende Zusammenhang:

Nvorh > Nbal ⇒ Druckbewehrung fließt

N vorh < Nbal ⇒ Zugbewehrung fließt

40
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Liegt eine von Nbal abweichende Normaldruckkraft vor, kommt es im Bauteil zu einer
Steifigkeitsabnahme, da der Träger weiter aufreißt. Das aufnehmbare Biegemoment
fällt wieder ab.

2.1.3 Einfluss des Bewehrungsgrades


Eine Erhöhung des Bewehrungsgrades führt automatisch zu einer Erhöhung der
Steifigkeit im Zustand II und einer Vergrößerung des aufnehmbaren Biegemomentes.
Diejenige Krümmung, bei der es zum Fließen der eingelegten Bewehrung kommt, ist
allerdings unabhängig vom vorhandenen Bewehrungsgrad, sie zeichnet sich jedoch
bei einer konstanten Normalkraft je nach Bewehrungsgrad durch eine unterschied-
liche Größe des aufnehmbaren Biegemomentes aus. Dieser Zusammenhang kann
der nachfolgenden Abbildung 2.5 entnommen werden.

Für einen Rechteckquerschnitt mit der Breite b, der Querschnittshöhe h und der stati-
schen Nutzhöhe d lassen sich die in Abbildung 2.5 angegebenen dimensionslosen
Beiwerte folgendermaßen berechnen:

M
bezogenes Biegemoment: µ= (2.5)
b ⋅ h 2 ⋅ f cd

h
= ε1 − ε 2
bezogene Krümmung: r
2 ⋅ ε yd
(2.6)
≅ ⋅h
0,9 ⋅ d

Hierbei wird davon ausgegangen, dass sich die Lagen der Zug- und Druckbe-
wehrung im Abstand 0,9⋅d voneinander befinden.

41
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

1,0
ω = 2,0
ω = 1,5
ω = 1,0
0,8 ω = 0,5
bezogenes Moment µ

ω = 0,1

0,6

0,4

0,2

0
0 0,005 0,010 0,015
bezogene Krümmung h/r

Abbildung 2.5: Momenten-Krümmungs-Beziehung für unterschiedliche Beweh-


rungsgrade

2.2 Modellstützenverfahren

Das Modellstützenverfahren überführt den Nachweis nach Theorie II. Ordnung eines
Einzeldruckglieds in eine Querschnittsbemessung für Biegung mit Längskraft. Es ist
als einfaches Hilfsmittel zu verstehen, um beispielsweise die mit einem Computer-
programm durchgeführte statische Berechnung eines Druckgliedes von Hand nach-
rechnen, kontrollieren und auf Plausibilität prüfen zu können. Die alte Norm fasste
die Tragfähigkeitsnachweise von Stahlbetonstützen unter dem Begriff „Nachweis der
Knicksicherheit“ zusammen (vgl. [7]). Da es sich aber beim Nachweis von Stahl-
betonstützen in den allermeisten Fällen um Spannungsprobleme handelt (vgl. hierzu
die folgende Abbildung 2.6), wird der Begriff „Knicksicherheitsnachweis“ in der neuen
Norm folgerichtig nicht mehr verwendet (vgl. [8]).

42
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Abbildung 2.6: Versagensmöglichkeiten von Stahlbeton-Druckgliedern, dargestellt


im Interaktionsdiagramm für Biegung mit Normalkraft (nach [6])

Bei Einzeldruckgliedern handelt es sich nach [8] dabei entweder um ein einzelnes
Druckglied, oder aber um ein Druckglied als Teil eines Gesamttragwerkes, welches
zum Zwecke der Bemessung als Einzeldruckglied mit der Ersatzlänge l0 betrachtet
werden kann. Beispiele für Einzeldruckglieder sind demnach:

• einzeln stehende Stützen


• gelenkig angeschlossene Druckglieder in einem verschieblichen oder unver-
schieblich ausgesteiften Tragwerk
• schlankes aussteifendes Bauteil eines verschieblichen Tragwerks
• biegesteif angeschlossene Druckglieder in einem verschieblichen oder unver-
schieblich ausgesteiften Tragwerk

Das Modellstützenverfahren verwendet vereinfachte Ansätze für die Berechnung der-


jenigen Anteile der Stützenverformung, die den Grenzzustand der Tragfähigkeit maß-

43
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

geblich beeinflussen. Es ist nach [8] anwendbar für Stützen mit rechteckigem und
rundem Querschnitt, liefert aber auch für andere Querschnittsformen mit annähernd
symmetrisch angeordneter Bewehrung As1 = As2 annehmbare Ergebnisse (vgl. [3]).
Eine Modellstütze ist eine Kragstütze mit der Länge l = l0/2, wobei l0 die Knicklänge
(= Ersatzlänge) kennzeichnet (siehe Kapitel 2.2.3). Sie ist am Stützenfuß einge-
spannt und am Stützenkopf frei verschieblich, vgl. hierzu die folgende Abbildung 2.7.
Das maximale Moment tritt am Stützenfuß auf.

Abbildung 2.7: Modellstütze (nach [8])

Gemäß DIN 1045-1 wird der Nachweis des Gleichgewichtes dadurch erbracht, dass
die Bemessung im kritischen Querschnitt am Fuß der Modellstütze erfolgt. Es ist da-
bei die Krümmung (1/r) des Querschnitts unter der maximalen Auslenkung der Stütze
nach Theorie II. Ordnung anzusetzen.

Im am stärksten beanspruchten Querschnitt setzt sich die Gesamtauslenkung etot der


Modellstütze mit konstantem Querschnitt aus den folgenden Anteilen zusammen
(vgl. Abbildung 2.7):

e tot = e1 + e 2 (2.7)

44
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

mit:

e1 = e 0 + e a (2.8)

Dabei ist:
e0 die planmäßige Lastausmitte nach Theorie I. Ordnung
ea die zusätzliche ungewollte Lastausmitte infolge geometrischer Imperfektionen
e2 die zusätzliche Lastausmitte infolge Auswirkungen nach Theorie II. Ordnung

Die einzelnen Anteile werden im Folgenden näher erläutert, wobei zunächst auf die
Verschieblichkeit von Tragsystemen eingegangen wird.

Hinweis:
Das Modellstützenverfahren liefert für planmäßige Lastausmitten e0 < 0,1·h und Län-
gen l0 > 15·h zunehmend unwirtschaftliche Ergebnisse. In diesen Fällen sollte die
Bemessung mit Hilfe eines Computerprogramms durchgeführt werden (vgl. [3]).

2.2.1 Unterscheidung zwischen horizontal verschieblichen und unverschieblichen


Tragwerken

Bauwerke mit aussteifenden Bauteilen


Ausgesteifte Bauteile können als horizontal unverschieblich eingestuft werden, wenn
das nachstehende Kriterium erfüllt ist.

1. Fall: Lotrechte aussteifende Bauteile sind annähernd symmetrisch angeordnet:

 1
 für m ≤ 3
1 Ecm ⋅ Ic  0,2 + 0,1⋅ m
⋅ ≥ (2.9)
hges FEd  1 für m ≥ 4
 0,6

45
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

2. Fall: Lotrechte aussteifende Bauteile sind nicht annähernd symmetrisch ange-


ordnet:

 1
 0,2 + 0,1 ⋅ m für m ≤ 3
1 E cm ⋅ Ic 1 G cm ⋅ IT
⋅ + ⋅ ≥
∑ (FEd, j ⋅ r j2 ) ∑ (FEd, j ⋅ r j2 )
(2.10)
h ges 2,28  1 für m ≥ 4
j j  0,6

Die angegebenen Formeln entsprechen den Gleichungen (25) und (26) aus
DIN 1045-1. Die genauen Bezeichnungen der Bestandteile können dort nachgelesen
werden.

Sollte das Tragwerk nach dieser Berechnung nicht als unverschieblich eingestuft
werden können, so muss es als Gesamtsystem unter Berücksichtigung der Einflüsse
nach Theorie II. Ordnung nachgewiesen werden, wenn so die Tragfähigkeit um mehr
als 10 % verringert wird. Sollte das Tragwerk dagegen als unverschieblich betrachtet
werden können, dürfen die Bauteile als Einzeldruckglieder nachgewiesen werden.

Bauwerke ohne aussteifende Bauteile


Bei solchen Tragwerken ist entscheidend, ob bei einer Berechnung nach Theorie
II. Ordnung die Tragfähigkeit um ≥ 10% verringert wird. Falls dieser Grenzwert nicht
überschritten wird, kann das Tragwerk als unverschieblich angesehen werden, die
Auswirkungen nach Theorie II. Ordnung am Gesamtsystem werden vernachlässigt.
Ein Nachweis der Einzeldruckglieder ist aber auch hier noch erforderlich.

Vereinfachend und auf der sicheren Seite liegend können aber grundsätzlich alle
unausgesteiften Bauteile als horizontal verschieblich angenommen werden.

46
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Bemerkung:
In [8] werden ausführliche Hinweise dafür gegeben, wie der Tragfähigkeitsnachweis
für ein Einzeldruckglied zu erfolgen hat. Nachweise am Gesamtsystem werden dort
leider nicht geregelt. Hier sei z. B. auf [3] und [4] verwiesen.

2.2.2 Anteile der Gesamtausmitte etot

planmäßige Lastausmitte e0
Sie errechnet sich nach der bekannten Formel:

MEd
e0 = (2.11)
NEd

Nach [8] darf für Druckglieder in unverschieblichen Rahmentragwerken, die einen


konstanten Querschnitt aufweisen und durch Momente beansprucht werden, deren
Verlauf über die Stützenlänge linear veränderlich ist, vereinfachend die wirksame
Lastausmitte e0 im kritischen Querschnitt nach der folgenden Gleichung angesetzt
werden:

 0,6 ⋅ e 02 + 0,4 ⋅ e 01 
e 0 = max   (2.12)
 0,4 ⋅ e 02 

wobei gilt:

e 02 ≥ e 01 (2.13)

Die planmäßige Ausmitte e01 bzw. e02 der Längskraft nach Theorie I. Ordnung an den
beiden Stützenenden ist jeweils mit Vorzeichen einzusetzen. Je nach Biegemomen-
tenverlauf sind folgende Fälle denkbar (vgl. Abbildung 2.8):

47
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Abbildung 2.8: Bemessungsmodell zur Berechnung der wirksamen Lastausmitte


(nach [8])

Hiermit soll gewährleistet werden, dass der Nachweis im mittleren Drittel der Knick-
biegelinie erfolgt. Es ist in jedem Fall sicherzustellen, dass beim späteren Nachweis
im maßgebenden Querschnitt für ein größeres Moment bemessen wird als dies
planmäßig nach Theorie I. Ordnung am jeweiligen Stützenende erfolgen würde.

zusätzliche Lastausmitte ea
Wegen der beim Bau zu berücksichtigenden üblichen Toleranzen (vgl. z. B.
DIN 18202) wird eine so genannte „ungewollte Schiefstellung“ der Stütze durch eine
zusätzliche Lastausmitte ea berücksichtigt, die in ungünstiger Richtung anzusetzen
ist. Es gilt nach [8]:

ea = α a1 ⋅ l0 2 (2.14)

l0 ist dabei die Ersatzlänge der Stütze. αa1 berücksichtigt die Schiefstellung gegen die
Sollachse nach folgender Gleichung:

1 1
α a1 = ≤ (2.15)
100 ⋅ hges 200

48
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

hges ist dabei die Gesamthöhe des Tragwerkes in [m] und nicht die Ersatzlänge!

Sind mehrere lastabtragende Bauteile (= mehrere Stützen) nebeneinander vorhan-


den, darf αa1 nach folgender Gleichung mit dem Faktor αn abgemindert werden, wo-
bei für n die Anzahl der lotrechten, lastabtragenden, in einem Geschoss nebeneinan-
der liegenden Bauteile einzusetzen ist:

1+ 1 n
αn = (2.16)
2

zusätzliche Lastausmitte e2 infolge Auswirkungen nach Theorie II. Ordnung


Die horizontale Verschiebung e2 des Stützenkopfes aufgrund von Verformungen
nach Theorie II. Ordnung kann aus der Krümmung mit Hilfe des Kraftgrößenver-
fahrens ermittelt werden.

V=N
1
H
Zustand I
ungerissen

l = l0/2

Zustand II
gerissen
x

1• l 1/r = f (tot M) M2 M1 e2 e1
M (x) (1/r) (x)
tot M tot e
Krümmung

Abbildung 2.9: Verformungszusammenhänge für die Modellstütze

49
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Es folgt:

__
1
e2 = ∫ M ⋅ dx (2.17)
r( x )

Im ungerissenen Zustand gilt näherungsweise die Elastizitätstheorie:

1 Mtot ( x )
= mit EI = konst. (2.18)
r( x ) EI

Im gerissenen Zustand II gilt dieser Zusammenhang nicht mehr. Es stellt sich ein
nichtlinearer Krümmungsverlauf ein, der durch die Momenten-Krümmungs-Be-
ziehung definiert wird. Mit Integraltafeln lässt sich e2 in Abhängigkeit vom Krüm-
mungsverlauf ermitteln. Geht man für die Modellstütze (= Kragstütze der Länge l0/2)
davon aus, dass an der Einspannung die maximale Krümmung (1/r)max vorliegt und
nimmt unterschiedliche Krümmungsverläufe an, so ergeben sich für e2 die folgenden
Werte:

Tabelle 2.1: Werte für e2 in Abhängigkeit vom Krümmungsverlauf

Krümmungsverlauf Lösung des Integrals Faktor K3


 1
(mit e 2 = K 3 ⋅   ⋅ l 02 )
 r  max

5  1 l l 5  1 5
parabelförmig e2 = ⋅  ⋅ 0 ⋅ 0= ⋅  ⋅ l 02 K3 =
12  r  max 2 2 48  r  max 48

1  1 l l 1  1 1
konstant e2 = ⋅  ⋅ 0 ⋅ 0 = ⋅  ⋅ l 02 K3 =
2  r  max 2 2 8  r  max 8

1  1 l l 1  1 1
linear ansteigend e2 = ⋅  ⋅ 0 ⋅ 0= ⋅  ⋅ l 02 K3 =
3  r  max 2 2 12  r  max 12

Da für die Stütze der tatsächliche Krümmungsverlauf aufgrund der Rissbildung unbe-
kannt ist, wird die sich einstellende Krümmung zwischen den Grenzwerten „kon-
stante Krümmung“ und „linear ansteigende Krümmung“ liegen. In [8] wird für K3 ein

50
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Wert von 0,1 = 1/10 angegeben. Dies entspricht in etwa der Annahme eines parabel-
förmigen Krümmungsverlaufes (5/48 = 0,1042 ≅ 0,10).

Zur Berücksichtigung der vorhandenen Stützenschlankheit λ wird ein weiterer Faktor


K1 eingeführt, der für gedrungene Stützen aufgrund der geringeren Knickgefahr zu ei-
ner Abminderung der anzusetzenden Lastausmitte e2 führt. Es ergibt sich schließlich
nach [8] folgende Berechnungsvorschrift für e2:

1 1
e 2 = K 1 ⋅ ⋅ l02 ⋅ (2.19)
r 10

Für den Faktor K1 gilt:

λ
 − 2,5 für 25 ≤ λ ≤ 35
K 1 = 10 (2.20)
1 für λ > 35

Mit der Schlankheit λ:

l0
λ= (2.21)
i

l0 bezeichnet wiederum die Ersatzlänge der Stütze und i den Trägheitsradius des
Stützenquerschnitts in der betrachteten Richtung.

Für die Krümmung (1/r) darf näherungsweise die auf der sicheren Seite liegende An-
nahme getroffen werden, dass im betrachteten Querschnitt sowohl die Zugbeweh-
rung als auch die Druckbewehrung gleichzeitig ins Fließen kommen (Fließdehnung
εyd).

Hinweis:
Es sei darauf hingewiesen, dass es im Falle einer Bewehrungsstaffelung durchaus
auch in anderen Stützenquerschnitten zum Fließen der Bewehrung kommen kann.
Der Krümmungsverlauf nähert sich dann eher der Rechteckform an. In diesem Fall

51
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

sollte in Gl. (2.19) der Faktor 1/10 durch 1/8 ersetzt werden (vgl. hierzu Tab. 2.1 und
[3]).

Für größere einwirkende Druckkräfte NEd ≥ Nbal (Druckbewehrung fließt) darf auf-

grund des zunehmenden Drucks auf der Zugseite des Querschnitts der Krümmungs-
wert mit dem Faktor K2 abgemindert werden:

1 ε yd
= 2 ⋅ K2 ⋅ (2.22)
r 0,9 ⋅ d

Für den Faktor K2 gilt die folgende Berechnungsvorschrift:

Nud − NEd
K2 = ≤1 (2.23)
Nud − Nbal

D. h. für den Bereich zwischen Nud und Nbal wird von einem linearen Anwachsen der
Krümmung ausgegangen, vgl. Abbildung 2.10:

N
Nud

Näherung

Nbal

1 1
( –r )max ( –r )

Abbildung 2.10: Berechnungsvorschrift für den Faktor K2 grafisch dargestellt

52
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Der Bemessungswert der Fließdehnung errechnet sich für Betonstahl BSt 500 zu:

f yd
ε yd =
Es
(2.24)
500 1,15
= ≅ 2,174 ⋅ 10 −3
200000

Die vom Querschnitt maximal aufnehmbare Druckkraft Nud berechnet sich aus fol-
gender Formel:

(
Nud = − f cd ⋅ A c + f yd ⋅ A s ) (2.25)

Die aufnehmbare Längsdruckkraft Nbal bei größter Momententragfähigkeit des Quer-


schnitts kann bei symmetrisch bewehrtem Rechteckquerschnitt näherungsweise fol-
gendermaßen ermittelt werden (vgl. hierzu auch Gleichungen 2.3 und 2.4):

Nbal = − (0,4 ⋅ fcd ⋅ A c ) (2.26)

Da vor der Bemessung die vorhandene Stahlmenge As unbekannt ist, kann im


Druckbereich für NEd > Nbal die Ermittlung von K2 nur iterativ erfolgen: Es ist zu Be-

ginn eine Stahlfläche As zu schätzen. Die Annahme K2 = 1,0 liegt allerdings stets auf
der sicheren Seite.

2.2.3 Knicklängenermittlung nach DAfStb Heft 525


In [3] werden Näherungsformeln für die Ermittlung der Ersatzlänge l0 angegeben. Es
wird hierbei jeweils die nachgiebige Einspannung der Stützenenden in sich anschlie-
ßende Tragwerksteile berücksichtigt. Der Beiwert k1 bezieht sich dabei auf das Stüt-
zenende 1, der Beiwert k2 auf das Stützenende 2.
Für Druckglieder in unverschieblichen Rahmen gilt:

 k1   k2 
l0 = 0,5 ⋅ lcol ⋅ 1 +  ⋅ 1 +  (2.27)
 0,45 + k 1   0,45 + k 2 

53
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Für Druckglieder in verschieblichen Rahmen berechnet sich die Ersatzlänge zu:

 10 ⋅ k 1 ⋅ k 2 
 1+ 
 k1 + k 2 
l0 = lcol ⋅ max   (2.28)
 k1  
 
k 2 

1 + 1 + k  ⋅ 1 + 1 + k 
 1  2 

Für die Beiwerte k1 und k2 gilt:

ϕ EI
ki = ⋅ ∑ col (2.29)
∑M lcol

In Gleichung (2.29) ist:


ϕ Knotenverdrehung
∑M Momente aller einspannenden Stäbe oder Tragwerksteile am Knoten
infolge der Knotenverdrehung ϕ
∑ (EIcol/lcol) Stabsteifigkeit aller an einem Knoten elastisch eingespannten oder an-
geschlossenen Druckglieder, wobei lcol die jeweilige Stützenlänge kenn-
zeichnet

Der Zusammenhang zwischen Knotenverdrehung ϕ und Einspannmoment M ent-


spricht der Definition im Drehwinkelverfahren (vgl. Starreinspannmomente).

54
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Beispiele für unverschiebliche Einzeldruckglieder

1. Lagerung der Stabenden gelenkig - gelenkig:


Beliebige Stabendverdrehungen ϕ bewirken keinerlei Momente in der Stütze.
Mi → 0 ⇒ ki → ∞
Es folgt:

 ∞   ∞ 
l0 = 0,5 ⋅ l col ⋅ 1 +  ⋅ 1 + 
 0,45 + ∞   0,45 + ∞ 

= 0,5 ⋅ l col ⋅ (1 + 1) ⋅ (1 + 1)

= 0,5 ⋅ l col ⋅ 4

= l col

2. Lagerung der Stabenden eingespannt - eingespannt:


ϕi = 0 ⇒ ki = 0
Es folgt:

 0   0 
l0 = 0,5 ⋅ l col ⋅ 1 +  ⋅ 1 + 
 0,45 + 0   0,45 + 0 

= 0,5 ⋅ l col ⋅ 1⋅ 1

= 0,5 ⋅ l col

3. Lagerung der Stabenden gelenkig - eingespannt:


k1 = ∞, k2 = 0
Es folgt:

 ∞   0 
l0 = 0,5 ⋅ l col ⋅ 1 +  ⋅ 1 + 
 0,45 + ∞   0,45 + 0 

= 0,5 ⋅ l col ⋅ (1 + 1) ⋅ (1 + 0)

= 0,5 ⋅ l col ⋅ 2

≅ 0,71 ⋅ l col

55
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Bei rahmenartigen Tragwerken wird gemäß des oberen Vorgehens an allen Knoten
in direkter Nachbarschaft zum jeweils betrachteten Knoten des Druckgliedes eine
Verdrehung ϕ = 1 in ungünstiger Richtung wirkend angesetzt.
„In ungünstiger Richtung“ heißt in diesem Fall:

1. Für unverschiebliche Tragwerke:


Die benachbarten Knoten verdrehen sich gegensinnig.
2. Für verschiebliche Tragwerke:
Die benachbarten Knoten verdrehen sich gleichsinnig.

In [3] wird empfohlen, für die Druckglieder die Steifigkeit des ungerissenen Beton-
querschnittes anzusetzen, für die einspannenden Stäbe (= Riegel) dagegen nur die
Hälfte der Steifigkeiten des ungerissenen Betonquerschnittes. Des Weiteren wird
empfohlen, für die Beiwerte ki keine kleineren Werte als 0,1 zu verwenden, da die
Realisierung von starren Einspannungen im Stahlbetonbau praktisch unmöglich ist.
Daraus ergeben sich für die Ersatzlängen der Druckglieder folgende untere Schran-
ken:

• unverschiebliche Rahmen: l0 ≥ 0,59⋅lcol


• verschiebliche Rahmen: l0 ≥ 1,22⋅lcol

Die vorne dargelegte Regelung löst damit die bisherige Vorgehensweise ab, nach
welcher die Ersatzlänge der Stützen mit Nomogrammen aus den so genannten Bei-
werten kA und kB ermittelt wurde (siehe z. B. in [2] und [9]). Von Ehrigsen und Quast
wurden allerdings für die Ermittlung der Ersatzlänge mit den Beiwerten k1 und k2
neue Nomogramme entwickelt, die nachfolgend aufgeführt werden.

56
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Abbildung 2.11: Nomogramm für die Ersatzlängenermittlung unverschieblicher


Druckglieder (nach [4])

Abbildung 2.12: Nomogramm für die Ersatzlängenermittlung verschieblicher


Druckglieder (nach [4])

2.2.4 Schlankheiten und Grenzschlankheiten


Die Einteilung von Tragwerken in horizontal verschiebliche und unverschiebliche
Systeme wurde in Kap. 2.2.1 vorgenommen. Anschließend muss noch eine Unter-
suchung aller Druckglieder erfolgen. Über die Schlankheit kann ermittelt werden, ob
für ein Einzeldruckglied die Auswirkungen nach Theorie II. Ordnung zu berücksich-
tigen sind. Die vorhandene Schlankheit wird dabei mit einer so genannten Grenz-
schlankheit verglichen. Unverschiebliche und verschiebliche Einzeldruckglieder gel-
ten als schlank, wenn folgende Grenzschlankheit überschritten wird:

57
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

25 für ν Ed ≥ 0,41



λ max =  16 (2.30)
für ν Ed < 0,41
 ν
 Ed

Die bezogene Normalkraft νEd berechnet sich bei einem Rechteckquerschnitt zu:

NEd
ν Ed = (2.31)
b ⋅ h ⋅ fcd

Für λ ≤ λmax handelt es sich um ein nicht schlankes Einzeldruckglied, bei welchem
eine Bemessung nach Theorie I. Ordnung ausreicht. Bei schlanken Einzeldruck-
gliedern muss zunächst die Verschieblichkeit des Tragwerkes untersucht werden. In
horizontal verschieblichen Tragwerken muss ein schlankes Einzeldruckglied in jedem
Fall nach Theorie II. Ordnung bemessen werden. Handelt es sich dagegen um ein
unverschiebliches Tragwerk und stellt die betrachtete Stütze eine schlanke Stütze
dar, so ist eine Untersuchung nach Theorie II. Ordnung entbehrlich, wenn die vor-
handene Schlankheit die kritische Schlankheit gemäß folgender Formel nicht über-
schreitet:

 e 
λ crit = 25 ⋅  2 − 01  (2.32)
 e 02 

Für e01 und e02 sind dabei die planmäßigen Lastausmitten nach Theorie I. Ordnung
an den jeweiligen Stützenenden mit ihren Vorzeichen einzusetzen, wobei
e 01 ≤ e 02 gilt. Da für den Sonderfall einer beidseitig gelenkig gelagerten Stütze beide

Lastausmitten gleich groß sind, ergibt sich hier λcrit = 25.

Hinweis:
In DIN 1045-1 wird für bewehrte Stützen keine Obergrenze für die zulässige
Schlankheit angegeben. Nach der alten Norm galt hier bekanntlich eine Obergrenze
von λ = 200 (vgl. [7]).

58
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

2.2.5 Mindestwerte für die Bemessung


Sollte ein schlankes Einzeldruckglied in einem unverschieblichen Tragwerk die kri-
tische Schlankheit nach Gleichung (2.32) nicht überschreiten, so muss in jedem Fall
sichergestellt werden, dass an beiden Stützenenden eine Bemessung für folgende
Mindestwerte der Einwirkungen erfolgt:

h
MRd ≥ NEd ⋅
20 (2.33)
NRd ≥ NEd

h kennzeichnet darin die Abmessung des Stützenquerschnitts in der betrachteten


Richtung und NEd den Bemessungswert der einwirkenden Normaldruckkraft.

2.2.6 Auswirkungen des Kriechens


Nach [8] dürfen Kriechauswirkungen in der Regel vernachlässigt werden, wenn die
Stütze an beiden Enden monolithisch mit lastabtragenden Bauteilen verbunden ist
oder wenn bei verschieblichen Tragwerken die Schlankheit des Druckgliedes λ < 50
und gleichzeitig die bezogene Lastausmitte e0/h > 2 ist.

Wenn allerdings die Kriechauswirkungen berücksichtigt werden sollen, so ist dies


nach [5] entweder über eine Erhöhung der Ersatzlänge l0 oder aber durch eine Ver-
größerung der zusätzlichen Ausmitte e2 möglich. Für die Bemessung gilt dann:

e 2,c = K c ⋅ e 2 (2.34)

bzw.:

l0,c = K c ⋅ l0 (2.35)

Der Faktor Kc (Index c steht für creep = engl. kriechen) berücksichtigt die Kriechver-
formungen aufgrund der quasi-ständigen (Dauer-) Lasten. Er berechnet sich nach [5]
aus folgender Formel:

59
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

MEd,c
Kc = 1+
MEd
MGd,0
= 1+ (2.36)
M (G+Q )d,0 +a
MGd,0
= 1+
MEd,1

In Gleichung (2.36) ist:


MGd,0 Bemessungswert des Momentes infolge ständiger Einwirkungen
MEd,1 Bemessungswert des Momentes infolge ständiger und veränderlicher Einwir-
kungen unter Berücksichtigung der Einwirkungen von Imperfektionen (berech-
net aus ea)

2.2.7 Anschauliche Darstellung des Einflusses der Verformungen nach Theorie


II. Ordnung für die Bemessung
Mit den Ausführungen der vorangegangenen Abschnitte lässt sich für ein Druckglied
das Bemessungsmoment Mtot nach Theorie II. Ordnung folgendermaßen schreiben:

M tot = M1 + N ⋅ e 2
(2.37)
M tot = M(e1 + e a ) + N ⋅ e 2

Mit der Bestimmungsgleichung für e2 (Gleichung 2.19) folgt daraus:

1 l2
Mtot = M1 + N ⋅ K 1 ⋅ ⋅ 0 (2.38)
r 10

Division durch (b⋅h2⋅fcd) liefert:

2
Mtot M1 N h l 
= + ⋅ 0,1 ⋅ K 1 ⋅ ⋅  0  (2.39)
b ⋅ h ⋅ fcd b ⋅ h ⋅ fcd b ⋅ h ⋅ fcd
2 2
r h

Mit den dimensionslosen bezogenen Schnittgrößen µ und ν (Gleichungen (2.5) und

60
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

(2.31)) und für K1 = 1,0 (sichere Seite) lässt sich dies auch schreiben als:

2
h  l0 
µEd,tot = µEd,1 + ν Ed ⋅ 0,1⋅ ⋅  (2.40)
r h

Trägt man in einem Diagramm das bezogene Moment µEd über der bezogenen
Krümmung (h/r) auf, so lässt sich der Einfluss der Theorie II. Ordnung anschaulich
als Steigung der Geraden deuten, vgl. Abbildung 2.13. Die Steigung der Geraden ist
umso größer, je schlanker die Stütze ist. Der Abszissenwert entspricht dem Moment
µEd,1 nach Theorie I. Ordnung. Diese Gerade kennzeichnet die äußere Einwirkung.

bezogenes 1
Moment µEd
2
Fließmoment
3

Moment nach Theorie I.Ordnung


µEd,1

Rissmoment

bezogene Verkrümmung h–r

Abbildung 2.13: Zusammenhang zwischen Einwirkung und Widerstand

Wenn man die vereinfachte Momenten-Krümmungs-Beziehung als Widerstand des


Querschnitts für eine vorher festgelegte Bewehrung ebenfalls in dieses Diagramm
einträgt (vgl. Abbildung 2.13), so sind folgende Fälle denkbar:

1. Fall: Die Gerade schneidet die M-κ-Linie nicht (Gerade 1):


Die oberhalb der M-κ-Linie verlaufende Gerade deutet an, dass es bereits
zum Fließen der Bewehrung kommt, bevor der Querschnittswiderstand er-

61
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

reicht ist. Es kann zwischen Einwirkung und Widerstand kein Gleichge-


wichtszustand gefunden werden. Der Querschnitt kann mit der gewählten
Bewehrung folglich die Einwirkung nicht aufnehmen, er ist zu schwach.
2. Fall: Die Gerade berührt die M-κ-Linie in einem Punkt (Gerade 2):
Der Berührungspunkt beider Kurven bzw. Geraden liegt für große Bereiche
von µEd,1 am Knickpunkt der M-κ-Linie, der das Fließmoment des Trägers
kennzeichnet. D. h. für die Aufnahme des einwirkenden Momentes nach
Theorie II. Ordnung kommt die eingelegte Bewehrung zum Fließen. Im Ideal-
fall fällt der Punkt mit dem Abszissenwert µEd,tot mit dem Punkt, der das Flie-
ßen der eingelegten Bewehrung kennzeichnet, zusammen. Dann würde gel-
ten: As,erf = As,vorh.
3. Fall: Die Gerade schneidet die M-κ-Linie (Gerade 3):
In diesem Fall wird ein Gleichgewichtszustand bereits vor Erreichen der
Fließgrenze in der eingelegten Bewehrung gefunden. Der Querschnitt ist
überbemessen.

Sollte die Stütze lediglich zentrisch gedrückt werden und „ideal“ betoniert worden
sein, also keinerlei geometrische Imperfektionen aufweisen, so ist M1 = 0. Für das
Gesamtmoment nach Theorie II. Ordnung folgt aus Gleichung (2.38) mit K1 = 1:

1 l2
M = M tot = N ⋅ ⋅ 0 (2.41)
r 10

Die Gerade würde im Diagramm durch den Ursprung verlaufen.


Löst man diese Gleichung nach N auf, folgt:

10 M 10 π2
N=M ⋅ r ⋅ = ⋅ ≅ EI ⋅ (2.42)
l02 κ l02 l02

Dies entspricht der Eulerschen Knicklast mit EI = konstant. Hieraus kann die
Schlussfolgerung gezogen werden, dass die vereinfachte Eulersche Knick-Theorie
als ein Sonderfall der allgemeineren Stabilitätstheorie mit nichtlinearer Momenten-
Krümmungs-Beziehung aufgefasst werden kann (vgl. [5]).

62
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

2.3 Nachweisführung nach DIN 1045-1 für stabförmige Bauteile unter


Längsdruck

2.3.1 Bemessungshilfen

M-N-Interaktionsdiagramm
Das M-N-Interaktionsdiagramm eignet sich als Bemessungshilfsmittel bei An-
wendung des Modellstützenverfahrens mit Ermittlung der Ausmitte nach Theorie
II. Ordnung. Wie vorher beschrieben, wird hiermit der Stabilitätsnachweis der Einzel-
stütze in eine Querschnittsbemessung überführt.

Eingangswerte für die Bemessung sind:

• bezogenes Moment µEd,tot unter Berücksichtigung von e0, ea und e2


• bezogene Normalkraft νEd
• eventuell Berücksichtigung des Kriechens über Vergrößerung von e2 mit Hilfe
des Faktors Kc (vgl. Kapitel 2.2.6)

Die Abbildung auf der folgenden Seite zeigt beispielhaft ein M-N-Interaktions-
diagramm für einen symmetrisch bewehrten Rechteckquerschnitt. Gut zu erkennen
ist auch hier das vom Bewehrungsgrad ωtot nahezu unabhängige, maximal aufnehm-
bare Biegemoment bei einer bezogenen Normalkraft von νEd ≅ -0,4 bis -0,45 (vgl.
Ausführungen in Kapitel 2.1.2 und 2.1.3).

Für den Bemessungswert der Betondruckfestigkeit fcd gilt für die ständige und vorü-
bergehende Bemessungssituation:

fck f
fcd = α ⋅ = 0,85 ⋅ ck (2.43)
γc 1,5

Der Faktor α berücksichtigt dabei die Langzeitwirkungen auf die Druckfestigkeit (vgl.
[8]).

63
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Abbildung 2.14: M-N-Interaktionsdiagramm für einen symmetrisch bewehrten


Rechteckquerschnitt (nach [10])

64
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

µ-Nomogramm
Es existieren verschiedene Nomogramme für unterschiedliche Stützenquerschnitte
(rechteckig oder rund), Bewehrungsanordnungen (2 Seiten oder 4 Seiten) und Rand-
abstände der Bewehrung.

Eingangswerte für die Bemessung sind:

• bezogenes Moment µEd unter Berücksichtigung von e1 = e0 + ea (ohne e2!)


• bezogene Normalkraft νEd
• bezogene Stützenlänge l0/h
• eventuell Berücksichtigung des Kriechens über Vergrößerung der bezogenen
Stützenlänge l0/h mit Hilfe des Faktors K c (vgl. Kapitel 2.2.6)

Im Druckbruchbereich mit kleinen bezogenen Lastausmitten e1/h und großen Druck-


normalkräften ist keine Ablesung möglich. In diesem Fall sollte das nachfolgend be-
schriebene e/h-Diagramm angewendet werden. Mit Hilfe des µ-Nomogrammes kann
für l0/h = 0 außerdem noch µEd,tot ermittelt werden, welches sich für die Gesamtaus-
mitte etot = e1+e2 ergibt. Dieses Gesamtmoment ist für die Bemessung von einspan-
nenden Bauteilen maßgebend (vgl. [5]).

Die Abbildung auf der folgenden Seite zeigt beispielhaft ein µ-Nomogramm für eine
symmetrisch bewehrte Rechteckstütze. Weitere Nomogramme sind z. B. in [1] und
[5] zu finden.

Hinweise:
Bei der Anwendung dieser µ-Nomogramme und ebenfalls der nachfolgend beschrie-
benen e/h-Diagramme wird der Bemessungswert der Betondruckfestigkeit fcd ohne
Berücksichtigung des Faktors α ermittelt. Diese Nomogramme wurden für die An-
wendung des Eurocode 2 entwickelt. Hier wurde der Faktor α bereits in die Diagram-
me eingearbeitet.

Sollte die Bewehrung gestaffelt werden, so kann die Bemessung vereinfachend für
eine um 10% vergrößerte bezogene Stützenlänge 1,1⋅l0/h erfolgen (vgl. [5]).

65
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Abbildung 2.15: µ-Nomogramm für eine symmetrisch bewehrte Rechteckstütze


(aus [1])

66
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

e/h-Diagramm
Es existieren verschiedene Diagramme für unterschiedliche Stützenquerschnitte
(rechteckig oder rund), Bewehrungsanordnungen (2 Seiten oder 4 Seiten) und Rand-
abstände der Bewehrung.

Eingangswerte für die Bemessung sind:

• bezogene Lastausmitte e1/h = (e0 + ea)/h (ohne e2!)


• bezogene Normalkraft νEd
• bezogene Stützenlänge l0/h
• eventuell Berücksichtigung des Kriechens über Vergrößerung der bezogenen
Stützenlänge l0/h mit Hilfe des Faktors K c (vgl. Kapitel 2.2.6)

Die Abbildung auf der folgenden Seite zeigt beispielhaft ein e/h-Diagramm für eine
symmetrisch bewehrte Rechteckstütze. Weitere Diagramme sind z. B. in [1] und [5]
zu finden.

67
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Abbildung 2.16: e/h-Diagramm für eine symmetrisch bewehrte Rechteckstütze


(aus [1])

68
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

2.3.2 Nachweisschema für die Bemessung eines Einzeldruckglieds

Einzeldruckglied mit Rechteckquerschnitt und einachsiger Biegung


M Ed
mit: lcol, b, h, d, NEd, MEd, e0 = –––– bzw. e01 e02, und |e02| ≥ |e01|
NEd

Ersatzlänge l0 mit Beiwerten k1, k2 aus DAfStb Heft 525

l
0
Schlankheit λ = –– Rechteckquerschnitt: i ~
= 0,289 • h
i

 25 für |νEd| ≥ 0,41 N


–––––
Ed
λmax = 16 bezogene Normalkraft νEd = –––––––
für |νEd| < 0,41 b • h • fcd
√ |ν | Ed

ja
λ < λmax Regelbemessung nach Th. I. Ord.

nein M - N - Interaktionsdiagramme

System nein e |0,6 • e02 + 0,4 • e01|


verschieblich λcrit = 25 • (2 - –––
01
),e0 = max
e02
|0,4 • e02|
ja
Mindestbemessungswerte
Auswirkungen nach nein ja h
λ < λcrit MR,d ≥ |NEd| • ––
Th. II. Ord. zu berücksichtigen 20
NR,d ≥ |NEd|

l0 > 15 h
veränderlicher Querschnitt ja genauere Berechnung erforderlich,
abgestufte Bewehrung Computerprogramme
l0
–– < 0,1
h

nein

1+ 1n
––
1 l0 1
ea = ––– • ––––––– • –– ≤ –––
2 100 √lcol 2 200

e - Diagramme
Modellstützenverfahren µ - Nomogramme ––
h

1 2 1 1
e2 = K1 • – • l 0 • –– mit K1, K2, –r l0,c = √ Kc • l0
r 10

MGd,0
M - N - Interaktionsdiagramme e2,c = Kc • e2 ––––
Kc = 1+ M
Ed,1

falls Berücksichtigung
des Kriechens

Abbildung 2.17: Nachweisschema für ein Einzeldruckglied

69
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

2.3.3 Druckglieder mit zweiachsiger Lastausmitte


Das Tragverhalten der Stütze muss in jeder der beiden Hauptachsen betrachtet wer-
den. Je nach Lagerungsbedingungen können sich in den beiden Richtungen unter-
schiedliche Ersatzlängen ergeben. Dies ist bei der Bemessung zu berücksichtigen.

Getrennte Nachweise in Richtung der beiden Hauptachsen


Sollte die Stütze neben dem Längsdruck vorwiegend in einer der beiden Richtungen
auf Biegung beansprucht werden, dürfen getrennte Nachweise für jede Haupt-
achsenrichtung durchgeführt werden. DIN 1045-1 gibt hierfür Grenzwerte der bezo-
genen Lastausmitten an:

e0 z h
≤ 0,2
e0 y b
oder (2.44)
e0 y b
≤ 0,2
e0 z h

Mit:
e0y Lastausmitte nach Theorie I. Ordnung parallel zur Querschnittseite b
e0z Lastausmitte nach Theorie I. Ordnung parallel zur Querschnittseite h
h die größere der beiden Querschnittsseiten

Die y-Achse verläuft demnach parallel zur Querschnittsseite b, die z-Achse parallel
zur Querschnittsseite h, vgl. Abbildung 2.18 auf der folgenden Seite. Der Lastan-
griffspunkt muss sich für einen getrennten Nachweis im schraffierten Bereich befin-
den.

70
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Abbildung 2.18: Grenzen für getrennte Nachweise in Richtung der beiden Haupt-
achsen (nach [8])

Ist ein getrennter Nachweis nach Gleichung (2.44) in beiden Hauptrichtungen zuläs-
sig, so ist für e0z > 0,2⋅h der Nachweis für Biegung um die schwächere Hauptachse
(= z-Achse) auf der Grundlage einer reduzierten Querschnittsdicke zu führen. Hiermit
soll berücksichtigt werden, dass der Querschnitt infolge Biegemomente um die stär-
kere Achse in der Zugzone gerissen ist und dieser gerissene Bereich bei Biegung um
die schwächere Achse nicht mitträgt. Nach [8] darf die reduzierte Querschnittsdicke
hred unter Annahme einer linearen Spannungsverteilung nach folgender Gleichung
ermittelt werden (vgl. auch folgende Abbildung 2.19):

h  h 
hred = ⋅ 1 + ≤h (2.45)
2  6 ⋅ (e 0 z + e az ) 

eaz ist darin die Zusatzausmitte zur Berücksichtigung geometrischer Ersatzimperfekti-


onen in z-Richtung.

71
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Abbildung 2.19: Reduzierte Querschnittsdicke hred für den getrennten Nachweis in


y-Richtung bei e0z > 0,2⋅h (nach [8])

Der getrennte Nachweis kann wie vorher ausführlich beschrieben in beiden Rich-
tungen mit dem Modellstützenverfahren und den angegebenen Hilfsmitteln durchge-
führt werden.

Nachweis für schiefe Biegung mit Normalkraft


Sollte das Kriterium aus Gleichung (2.44) nicht eingehalten werden, so ist ein Nach-
weis für schiefe Biegung mit Normalkraft erforderlich. Dies kann nach [5] unter An-
wendung des Modellstützenverfahrens in beiden Hauptachsenrichtungen (unter Be-
rücksichtigung der eventuell unterschiedlichen Lagerungsbedingungen und damit
unterschiedlichen Ersatzlängen) erfolgen. Im Anschluss an die Ermittlung der Zu-
satzausmitten e2y und e2z, die genauso wie die ungewollten Ausmitten eay und eaz für
beide Richtungen getrennt ermittelt werden, kann mit den vergrößerten Gesamtmo-
menten Mtot,y und Mtot,z eine auf der sicheren Seite liegende Querschnittsbemessung
für zweiachsige Biegung mit Normalkraft erfolgen. Hierfür existieren ebenfalls Inter-
aktionsdiagramme, wie auf der folgenden Seite dargestellt.

72
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Da die Zahl der vorhandenen Interaktionsdiagramme für schiefe Biegung beschränkt


ist, sollte eine computergesteuerte Bemessung vorgezogen werden.

Abbildung 2.20: Interaktionsdiagramm für schiefe Biegung mit Normalkraft für ei-
nen symmetrisch bewehrten Rechteckquerschnitt (nach [1])

73
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

2.4 Konstruktive Hinweise nach DIN 1045-1

2.4.1 Zulässige Stützenabmessungen


Eine vor Ort (senkrecht) betonierte Stütze muss eine Mindestbreite von 20 cm auf-
weisen, bei einer Fertigteilstütze, die liegend betoniert wird, sind es mindestens
12 cm. Bisher galt für Fertigteilstützen abweichend eine Mindestkantenlänge von
14 cm (vgl. [7]).

2.4.2 Mindest- und Höchstbewehrungsgrade


Es muss sichergestellt werden, dass mindestens 15 % der einwirkenden Normalkraft
NEd durch die Längsbewehrung aufgenommen wird. Es gilt demnach:

NEd
A s,min = 0,15 ⋅ (2.46)
fyd

Auch im Bereich von Übergreifungsstößen darf der Längsbewehrungsgrad den ma-


ximalen Wert von 9 % des Betonquerschnitts nicht übersteigen:

A s,max = 0,09 ⋅ A c (2.47)

Daraus folgt, dass Vollstöße nur bis zu einem Bewehrungsgrad von maximal 4,5 %
möglich sind.

2.4.3 Hinweise zur Längsbewehrung


Bei einem polygonalen Stützenquerschnitt muss je Querschnittsecke mindestens ein
Längsstab angeordnet werden. Der Abstand der Längsstäbe darf 30 cm nicht über-
steigen. Eine Ausnahme bilden rechteckige Stützen mit Kantenlängen ≤ 40 cm. Hier
ist ebenfalls ein Längsstab je Ecke ausreichend. Bei runden Stützen müssen mindes-
tens 6 Längsstäbe über den Stützenumfang angeordnet werden.
Für den Durchmesser der Längsbewehrungsstäbe gilt:

74
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

d s,l ≥ 12 mm (2.48)

Es ergeben sich für die Längsbewehrungsstäbe demnach keine Änderungen gegen-


über der alten Norm (vgl. [7]).

2.4.4 Hinweise zur Querbewehrung


Die Querbewehrung verhindert das Ausknicken der Längsbewehrungsstäbe. Sie
muss die Längsbewehrung umschließen und ist in Form von Bügeln, Schlaufen oder
Wendeln auszuführen. Für den erf. Durchmesser der Querbewehrungsstäbe gilt:

1 
 ⋅d 
ds,bü ≥ max  4 s,l,max  (2.49)
6 mm 
 

Sollten Betonstahlmatten als Bügelbewehrung verwendet werden, so muss der Stab-


durchmesser mindestens 5 mm betragen.

Für die maximalen Bügelabstände gilt folgende Obergrenze:

12 ⋅ ds,l,min 
 
sbü,max ≤ min kleinste Seitenlänge bzw. Stützendurchmesser  (2.50)
30 cm 
 

Die Bedingung, dass der Bügelabstand höchstens 30 cm betragen darf, greift erst ab
einem Längsstabdurchmesser von > 25 mm (sofern die Stütze dicker ist als 30 cm),
sie tauchte in der alten Norm nicht auf (vgl. [7]).

Die so ermittelten Bügelabstände sind in folgenden Bereichen mit dem Faktor 0,6 zu
reduzieren:
• unmittelbar über und unter Balken und Platten über eine Höhe gleich der größe-
ren Abmessung des Stützenquerschnitts
• bei Übergreifungsstößen der Längsstäbe, wenn ds,l,max > 14 mm

Je Ecke können durch die Querbewehrung maximal 5 Längsstäbe gegen Ausknicken


gesichert werden, wenn deren Abstand vom Eckbereich kleiner oder gleich 15⋅ds,bü

75
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

ist. Weitere Längsbewehrungsstäbe sind durch Zusatzbügel zu sichern, deren Ab-


stand höchstens doppelt so groß ist wie der Abstand der Querbewehrung nach Glei-
chung (2.50).

2.5 Rechenbeispiele

2.5.1 Beispiel 1: Ersatzängenermittlung nach DAfStb Heft 525

Aufgabenstellung
Bei dem dargestellten System sollen von allen 4 Stützen die Ersatzlängen ermittelt
werden. Für das ges. System wird die gleiche Betonsorte verwendet (⇒ E = const.).

Statisches System:

G H

4 5m

E F

3 5m

C D

2 5m

A B

1 5m

6m 6m

Abbildung 2.21: Statisches System für Rechenbeispiel 1

76
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Querschnittswerte:
40 4
• Stützen 1 und 2: b / h = 40 cm / 40 cm ⇒ I= = 213333 cm 4
12

30 4
• Stützen 3 und 4: b / h = 30 cm / 30 cm ⇒ I= = 67500 cm 4
12

40 ⋅ 50 3
• Riegel A und B: b / h = 40 cm / 50 cm ⇒ I= = 416667 cm 4
12

40 ⋅ 60 3
• Riegel C und D: b / h = 40 cm / 60 cm ⇒ I= = 720000 cm 4
12

30 ⋅ 50 3
• Riegel E und F: b / h = 30 cm / 50 cm ⇒ I= = 312500 cm 4
12

30 ⋅ 40 3
• Riegel G und H: b / h = 30 cm / 40 cm ⇒ I= = 160000 cm 4
12
lcol = 5,0 m (einheitlich), lR = 6,0 m (einheitlich)

Lösung
Es handelt sich um ein unverschiebliches Tragwerk. Die Ersatzlänge für ein Druck-
glied berechnet sich daher nach folgender Gleichung:

 k1   k2 
l 0 = 0,5 ⋅ l col ⋅ 1 +  ⋅ 1 + 
 0,45 + k 1   0,45 + k 2 

mit:
ϕ EI
ki = ⋅ ∑ col
∑M l col

Die Biegemomente ergeben sich aus der Definition des Drehwinkelverfahrens, wobei
ϕ = 1 ist und für die Riegel nur die Hälfte der Biegesteifigkeit nach Zustand I ange-
setzt werden sollte.

a) Stütze 1 im Erdgeschoss:

Einspannung am Stützenfuß: k1 = 0,1

4 ⋅ EI A
• Riegel A: eingespannt - eingespannt ⇒ MA = ⋅1
lR

77
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

4 ⋅ EIB
• Riegel B: eingespannt - eingespannt ⇒ MB = ⋅1
lR

1  EI EI  1 I +I 
k2 = ⋅  1 + 2  = ⋅  1 2 
 4 ⋅ EI A 4 ⋅ EIB   l col l col   4 ⋅ I A + 4 ⋅ IB   l col 
0,5 ⋅  +  0,5 ⋅  
 lR lR   lR 
1  213333 + 213333 
= ⋅  = 0,3072
 4 ⋅ 416667 + 4 ⋅ 416667   5,0 
0,5 ⋅  
 6,0 

 0,1   0,3072 
l 0,Stütze 1 = 0,5 ⋅ 5,0 m ⋅ 1 +  ⋅ 1 +  = 0,5 ⋅ 5,0 m ⋅ 1,289 ≅ 3,22 m
 0,45 + 0,1  0,45 + 0,3072 

b) Stütze 2 im 1. Obergeschoss:

k1 = siehe Teil a) = 0,3072

4 ⋅ EIC
• Riegel C: eingespannt - eingespannt ⇒ MC = ⋅1
lR

3 ⋅ EID
• Riegel D: eingespannt - gelenkig ⇒ MD = ⋅1
lR

1  EI EI  1 I +I 
k2 = ⋅  2 + 3  = ⋅  2 3 
 4 ⋅ EIC 3 ⋅ EID   col l l col   4 ⋅ IC + 3 ⋅ ID   l col 
0,5 ⋅  +  0,5 ⋅  
 lR lR   lR 
1  213333 + 67500 
= ⋅  = 0,1337
 4 ⋅ 720000 + 3 ⋅ 720000   5,0 
0,5 ⋅  
 6,0 

 0,3072   0,1337 
l 0,Stütze 2 = 0,5 ⋅ 5,0 m ⋅ 1 +  ⋅ 1 +  = 0,5 ⋅ 5,0 m ⋅ 1,314 ≅ 3,29 m
 0,45 + 0,3072   0,45 + 0,1337 

c) Stütze 3 im 2. Obergeschoss:

k1 = siehe Teil b) = 0,1337

78
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

3 ⋅ EIE
• Riegel E: gelenkig - eingespannt ⇒ ME = ⋅1
lR

3 ⋅ EIF
• Riegel F: eingespannt - gelenkig ⇒ MF = ⋅1
lR

1  EI EI  1 I +I 
k2 = ⋅  3 + 4  = ⋅  3 4 
 3 ⋅ EIE 3 ⋅ EIF   l col l col   3 ⋅ IE + 3 ⋅ IF   l col 
0,5 ⋅  +  0,5 ⋅  
 lR lR   lR 
1  67500 + 67500 
= ⋅  = 0,1728
 3 ⋅ 312500 + 3 ⋅ 312500   5,0 
0,5 ⋅  
 6,0 

 0,1337   0,1728 
l 0,Stütze 3 = 0,5 ⋅ 5,0 m ⋅ 1 +  ⋅ 1 +  = 0,5 ⋅ 5,0 m ⋅ 1,253 ≅ 3,13 m
 0,45 + 0,1337   0,45 + 0,1728 

d) Stütze 4 im 3. Obergeschoss:

k1 = siehe Teil c) = 0,1728

• Riegel G: frei - eingespannt ⇒ MG = 0

3 ⋅ EIH
• Riegel H: eingespannt - gelenkig ⇒ MH = ⋅1
lR

1  EI  1 I 
k2 = ⋅  4  = ⋅  4 
 3 ⋅ EIH   l col   3 ⋅ IH   l col 
0,5 ⋅  0 +  0,5 ⋅  
 lR   lR 
1  67500 
= ⋅  = 0,3375
 3 ⋅ 160000   5,0 
0,5 ⋅  
 6,0 

 0,1728   0,3375 
l 0,Stütze 4 = 0,5 ⋅ 5,0 m ⋅ 1 +  ⋅ 1 +  = 0,5 ⋅ 5,0 m ⋅ 1,351 ≅ 3,38 m
 0,45 + 0,1728   0,45 + 0,3375 

79
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

In der nachfolgenden Tabelle sind die Ergebnisse der Beiwerte k1 und k2 sowie die
sich daraus ergebenden Ersatzlängen l0 der Stützen 1 bis 4 zusammengestellt, wenn
die variablen Stützen- und Riegelquerschnitte wie vorne angegeben verwendet wer-
den:

Tabelle 2.2: Ersatzlängen für die vorne angegebenen variablen Stützen- und
Riegelquerschnitte

Stütze k1 k2 l0
1 0,1000 0,3072 3,22 m
2 0,3072 0,1337 3,29 m
3 0,1337 0,1728 3,13 m
4 0,1728 0,3375 3,38 m

Im Vergleich dazu ergeben sich die Ersatzlängen der Stützen 1 bis 4 bei einheit-
lichen Stützenquerschnitten von b / h = 40 cm / 40 cm und Riegelquerschnitten von
jeweils b / h = 40 cm / 50 cm zu den folgenden Werten:

Tabelle 2.3: Ersatzlängen für einheitliche Stützenquerschnitte von


b / h = 40 cm / 40 cm und Riegelquerschnitte von jeweils
b / h = 40 cm / 50 cm

Stütze k1 k2 l0
1 0,1000 0,3072 3,22 m
2 0,3072 0,3511 3,55 m
3 0,3511 0,4096 3,64 m
4 0,4096 0,4096 3,69 m

80
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

2.5.2 Beispiel 2: Kragstütze mit einachsiger Biegung und Normalkraft

Aufgabenstellung

• Bemessung der Stütze unter Berücksichtigung der Verformungen nach Theorie


II. Ordnung
• 1. Fall: Kriechen wird vernachlässigt
• 2. Fall: Kriechen wird berücksichtigt
• Bemessung in beiden Fällen mit dem Modellstützenverfahren, e/h-Diagramm
und µ-Nomogramm
• Überprüfung der konstruktiven Regelungen für die Längs- und Querbewehrung

Statisches System und Belastung:

Querschnitt

NEd d1 d1
y
MEd

As As
b = 45 cm

––– –––
z 2 NEd 2 z
lcol = 6,0 m

MEd

y
h = 45 cm

Abbildung 2.22: Statisches System und Belastung für Rechenbeispiel 2

Es wird ein Beton C 25/30 und Betonstahl BSt 500 verwendet. Die Betondeckung be-
trägt cnom = 2,5 cm. Die Stütze wird senkrecht zur Zeichenebene gehalten.

81
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Schnittgrößen:
• MEd = 200 kNm
• MEd (quasi-ständig) = 80 kNm
• NEd = 700 kN (Längsdruck)

Lösung
1. Fall: Kriechen wird vernachlässigt

Querschnittswerte:

b = 45 cm

h = 45 cm

A = 45 ⋅ 45 = 2025 cm 2

45 4
I = = 341718,75 cm 4
12
341718,75
i = = 12,99 cm
2025

Ersatzlängenermittlung nach DAfStb Heft 525:

Es handelt sich um ein verschiebliches System, die Ersatzlänge berechnet sich da-
her zu:

 10 ⋅ k 1 ⋅ k 2 
 1+ 
 k1 + k 2 
l 0 = max  
 k1   k2 
1 + 1 + k  ⋅ 1 + 1 + k 
 1  2 

unteres Ende eingespannt ⇒ k1 = 0,1


oberes Ende frei ⇒ k2 = ∞

82
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

damit:
 10 ⋅ 0,1 ⋅ ∞ 
 1+   1+ 1 
 0,1 + ∞   
l0 = 6,0 m ⋅ max   = 6,0 m ⋅ max  0,1 
1 + 0,1  ⋅ 1 + ∞  1 +  ⋅ (1 + 1)
 1 + 0,1  1 + ∞   1,1  
 

 2 = 1,4142 
= 6,0 m ⋅ max   = 6,0 m ⋅ 2,1818 ≅ 13,09 m
(1,0909 ) ⋅ (2) = 2,1818 

Beton C 25/30: f ck = 25 N / mm 2

f ck 25
f cd = α ⋅ = 0,85 ⋅ = 14,17 N / mm 2
γc 1,5

(für Modellstützenverfahren, DIN 1045-1)


f ck 25
f cd = = = 16,67 N / mm 2
γ c 1,5

(für e/h-Diagramm und µ-Nomogramm, EC 2)

Annahme für Bügeldurchmesser: d s,bü = 10 mm

Annahme für Längsstäbe: d s,l = 25 mm

1 1
daraus folgt für d1: d1 = c nom + d s,bü + ⋅ d s,l = 25 + 10 + ⋅ 25 = 47,5 mm
2 2
statische Nutzhöhe d: d = h − d1 = 45 − 4,75 = 40,25 cm

d1 4,75
= = 0,106 ≅ 0,10
h 45

l0 13,09
Schlankheit: λ= = = 100,8
i 12,99 ⋅ 10 −2

NEd − 700 ⋅ 10 −3
bezogene Normalkraft: ν Ed = = = − 0,244
b ⋅ h ⋅ f cd 0,45 ⋅ 0,45 ⋅ 14,17

Grenzschlankheit: ν Ed = 0,244 < 0,41

16 16
λ max = = = 32,4
ν Ed − 0,244

λ max = 32,4 < 100,8 = λ vorh ⇒ schlanke Stütze!

83
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Dies gilt ebenfalls unter Ansatz von fcd ohne den Beiwert α (also nach EC 2)!

Die Auswirkungen nach Theorie II. Ordnung sind demnach zu berücksichtigen.

planmäßige Lastausmitte nach Theorie I. Ordnung:


MEd 200
e0 = = ⋅ 10 2 = 28,6 cm
NEd 700

zusätzliche ungewollte Lastausmitte infolge geometrischer Imperfektionen:


1 1 1 1
α a1 = = = ≤
100 ⋅ h ges 100 ⋅ 6,0 244,95 200
l 1 13,09
ea = α a1 ⋅ 0 = ⋅ = 0,027 m = 2,7 cm
2 244,95 2

a) Anwendung des Modellstützenverfahrens:

zusätzliche Lastausmitte infolge Auswirkungen nach Theorie II. Ordnung:


1 l2
e2 =K1 ⋅ ⋅ 0
r 10
mit:
λ
 − 2,5 für 25 ≤ λ ≤ 35
K1 = 10
1 für λ > 35

1 ε yd
= 2 ⋅K2 ⋅
r 0,9 ⋅ d

Nud − NEd
K2 = ≤1
Nud − Nbal

f yd
ε yd =
Es

Nud (
= − fcd ⋅ A c + f yd ⋅ A s )

Nbal = − (0,4 ⋅ fcd ⋅ A c )

84
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Schätzwert für die eingelegte Bewehrung: je Seite 4 ∅ 25 mit As,ges = 39,27cm2


Betonstahl BSt 500: fyd = 434,8 N/mm2 und εyd = 2,174 ‰
damit:

Nbal = − (0,4 ⋅ 14,17 ⋅ 2025 ) ⋅ 10 −1 = − 1147,77 kN

Nud = − (14,17 ⋅ 2025 + 434,8 ⋅ 39,27 ) ⋅ 10 −1 = − 4576,88 kN

− 4576,88 − − 700
K2 = = 1,13 > 1,0 ⇒ K 2 = 1,0
− 4576,88 − − 1147,77

Hinweis:
Dieses Ergebnis hätte man auch schneller über den Vergleich von Nbal mit NEd erhal-
ten können: NEd = 700 kN < 1147,77 kN = Nbal ⇒ K 2 = 1,0

1 2,174 ⋅ 10 −3 1
= 2 ⋅ 1,0 ⋅ = 12,00 ⋅ 10 −3
r 0,9 ⋅ 0,4025 m
λ = 100,8 > 35 ⇒ K 1 = 1,0

13,09 2
e2 = 1,0 ⋅ 12,00 ⋅ 10 −3 ⋅ = 0,2056 m ≅ 20,6 cm
10

Gesamtausmitte:
e tot = e 0 + e a + e 2 = 28,6 + 2,7 + 20,6 = 51,9 cm

Überführung in einen Nachweis für Biegung mit Längskraft:


MEd,tot = e tot ⋅ NEd = 0,519 ⋅ − 700 = 363,3 kNm
NEd = siehe vorne = − 700 kN

Anwendung eines geeigneten M-N-Interaktionsdiagrammes (siehe z. B. in [10]):


MEd,tot 363,3 ⋅ 10 −3
µ Ed,tot = = = 0,281
b ⋅ h 2 ⋅ f cd 0,45 ⋅ 0,45 2 ⋅ 14,17
ν Ed = siehe vorne = − 0,244

Ablesung aus Diagramm:


A s,tot f yd
ω tot = ⋅ ≅ 0,47
b ⋅ h f cd
f cd 14,17
A s,tot = ω tot ⋅ b ⋅ h ⋅ = 0,47 ⋅ 45 ⋅ 45 ⋅ = 31,02 cm 2
f yd 434,8

85
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

b) Anwendung eines geeigneten e/h-Diagrammes (siehe z. B. in [1] und [5]):

f cd = siehe vorne = 16,67 N / mm 2


e0 + ea 28,6 + 2,7
= ≅ 0,70
h 45
l0 13,09 ⋅ 10 2
= ≅ 29,1
h 45
− 700 ⋅ 10 −3
ν Ed = ≅ − 0,207
0,45 ⋅ 0,45 ⋅ 16,67
Ablesung aus Diagramm:

ω ≅ 0,40
16,67
As = 0,40 ⋅ 45 ⋅ 45 ⋅ = 31,05 cm 2
434,8

c) Anwendung eines geeigneten µ-Nomogrammes (siehe z. B. in [1] und [5]):

f cd = siehe vorne = 16,67 N / mm 2

l0
= siehe vorne ≅ 29,1
h
e0 + ea = 28,6 + 2,7 = 31,3 cm

MEd,1 = (e 0 + e a ) ⋅ NEd = 0,313 ⋅ − 700 = 219,1kNm

219,1⋅ 10 −3
µ Ed,1 = ≅ 0,144
0,45 ⋅ 0,45 2 ⋅ 16,67
ν Ed = siehe vorne = − 0,207

Ablesung aus Nomogramm:

ω ≅ 0,40
16,67
As = 0,40 ⋅ 45 ⋅ 45 ⋅ = 31,05 cm 2
434,8

86
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

2. Fall: Kriechen wird berücksichtigt

a) Anwendung des Modellstützenverfahrens:

MGd,0 80
K c =1+ =1+ = 1,365
MEd,1 219,1

damit:

e 2,c = K c ⋅ e2 = 1,365 ⋅ 20,6 = 28,1cm

e tot = e 0 + e a + e 2,c = 28,6 + 2,7 + 28,1 = 59,4 cm

MEd,tot = e tot ⋅ NEd = 0,594 ⋅ − 700 = 415,8 kNm

MEd,tot 415,8 ⋅ 10 −3
µ Ed,tot = = ≅ 0,322
b ⋅ h 2 ⋅ fcd 0,45 ⋅ 0,45 2 ⋅ 14,17
ν Ed = siehe vorne = − 0,244

Ablesung aus Diagramm:


A s,tot f yd
ω tot = ⋅ ≅ 0,57
b ⋅ h f cd
fcd 14,17
A s,tot = ω tot ⋅ b ⋅ h ⋅ = 0,57 ⋅ 45 ⋅ 45 ⋅ = 37,62 cm 2
f yd 434,8

b) Anwendung eines geeigneten e/h-Diagrammes (siehe z. B. in [1] und [5]):

l 0,c = K c ⋅ l0 = 1,365 ⋅ 13,09 = 15,29 m


l 0,c 15,29
= ≅ 34,0
h 0,45

Rest unverändert!
Ablesung aus Diagramm:

ω ≅ 0,49
16,67
As = 0,49 ⋅ 45 ⋅ 45 ⋅ = 38,04 cm 2
434,8

87
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

c) Anwendung eines geeigneten µ-Nomogrammes (siehe z. B. in [1] und [5]):

l0,c von vorher, Rest unverändert!


Ablesung aus Nomogramm:

ω ≅ 0,48
16,67
As = 0,48 ⋅ 45 ⋅ 45 ⋅ = 37,27 cm 2
434,8

In der nachfolgenden Tabelle sind die ermittelten Stahlmengen für die untersuchten
Fälle und angewendeten Bemessungsverfahren zusammengefasst:

Tabelle 2.4: Zusammenstellung der ermittelten Stahlmengen (BSt 500) für Re-
chenbeispiel 2

Bemessungsverfahren ohne Kriechen mit Kriechen

Modellstützenverfahren
31,02 cm2 37,62 cm2
(M-N-Interaktionsdiagramm)

e/h-Diagramm 31,05 cm2 38,04 cm2

µ-Nomogramm 31,05 cm2 37,27 cm2

hierfür ausreichende Stahl- 2⋅4 = 8 ∅ 25 2⋅4 = 8 ∅ 25


menge (∅ 25 mm) (39,27 cm2) (39,27 cm2)

Überprüfung der konstruktiven Regelungen für die Längs- und Querbewehrung:

Höchstabstände der Längsstäbe:


b = 45 cm > 40 cm
Entlang der Querschnittsbreite b ist jeweils noch ein zusätzlicher Längsstab anzuord-
nen!
insgesamt eingelegt: 8 ∅ 25 + 2 ∅ 25 = 10 ∅ 25 = 49,09 cm2

88
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Mindest- und Höchstbewehrungsgrade:


NEd − 700
A s,min = 0,15 ⋅ = 0,15 ⋅ = 2,41cm 2 < 49,09 cm 2 = A s,vorh
f yd 43,48

A s,max = 0,09 ⋅ A c = 0,09 ⋅ 2025 = 182,25 cm 2 > 49,09 cm 2 = A s,vorh

Überprüfung, ob ein Vollstoß der Längsbewehrungsstäbe möglich ist:


A s,vorh 49,09
ρ vorh = = ⋅ 10 2 = 2,42 % < 4,5 %
Ac 2025

Ein Vollstoß ist möglich!

Überprüfung der Stabdurchmesser:

d s,l = 25 mm > 12 mm = d s,l,min

1 
 ⋅d 
d s,bü = 10 mm ≥ max  4 s,l,max  = 6,25 mm
6 

Die vorgesehenen Stabdurchmesser sind zulässig!

Überprüfung der Bügelabstände:


12 ⋅ d s,l,min 
 
s bü,max = min kleinste Seitenläng e = 30 cm
30 cm 
 
gewählt: sbü = 25 cm

ds,l = 25 mm > 14 mm
im Übergreifungsbereich gewählt: sbü = 0,6⋅25 = 15 cm

15⋅ds,bü = 15⋅1,0 = 15 cm
Anordnung von Zwischenbügeln zur Sicherung der außerhalb von 15⋅ds,bü = 15 cm
angeordneten Längsstäbe mit Bügelabstand:
sbü’ = 2⋅25 cm = 50 cm bzw. sbü’ = 2⋅15 cm = 30 cm im Übergreifungsbereich

89
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

2.5.3 Beispiel 3: Kragstütze mit zweiachsiger Biegung und Normalkraft

Aufgabenstellung

• Bemessung der Stütze unter Berücksichtigung der Verformungen nach Theorie


II. Ordnung
• Überprüfung, ob ein getrennter Nachweis in Richtung der beiden Hauptachsen
zulässig ist
• Durchführung eines getrennten Nachweises in beiden Hauptrichtungen
• Bemessung für schiefe Biegung mit Längsdruck

Statisches System und Belastung:

Querschnitt

NEd
MEdz d1y d1y

MEdy y

d1z
Asz
–––
Asy 2 Asy
b = 40 cm

––– MEdz NEd –––


z 2 2 z
lcol = 6,0 m

Asz MEdy
–––
2
d1z

y
h = 50 cm

Abbildung 2.23: Statisches System und Belastung für Rechenbeispiel 3

Es wird ein Beton C 25/30 und Betonstahl BSt 500 verwendet. Die Betondeckung be-
trägt cnom = 2,5 cm. Die Lagerung der Stütze ist in beiden Richtungen identisch (ein-
gespannte Kragstütze).

90
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Schnittgrößen:
• MEdy = 200 kNm
• MEdz = 30 kNm
• NEd = 700 kN (Längsdruck)

Lösung
Die Bezeichnungen wurden gemäß DIN 1045-1 so vorgenommen, dass die y-Achse
parallel zur kleineren Querschnittsseite b verläuft (⇒ „starke Achse“) und die z-Achse
parallel zur größeren Querschnittsseite h (⇒ „schwache Achse“).

Die weiteren Bezeichnungen werden wie folgt vorgenommen:


MEdy ⇔ e0z, eaz, e2z, l0z, λz = l0z/iy, d1y, dy
MEdz ⇔ e0y, eay, e2y, l0y, λy = l0y/iz, d1z, dz

Querschnittswerte:

b = 40 cm

h = 50 cm

A = 40 ⋅ 50 = 2000 cm

40 ⋅ 50 3
Iy = = 416666,67 cm 4
12
50 ⋅ 40 3
Iz = = 266666,67 cm 4
12
416666,67
iy = = 14,43 cm
2000
266666,67
iz = = 11,55 cm
2000

Ersatzlängenermittlung nach DAfStb Heft 525:

Lagerung und Stützenlänge entsprechen Rechenbeispiel 2. Die Ersatzlänge kann


daher von dort übernommen werden. Es folgt:

l0y = l0z = 13,09 m

91
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

Beton C 25/30: f ck = 25 N / mm 2

f ck 25
f cd = α ⋅ = 0,85 ⋅ = 14,17 N / mm 2
γc 1,5

(M-N-Interaktionsdiagramm, DIN 1045-1)


f ck 25
f cd = = = 16,67 N / mm 2
γ c 1,5

(Interaktionsdiagramm für schiefe Biegung, EC 2)

Annahme für Bügeldurchmesser: d s,bü = 10 mm

Annahme für Längsstäbe: d s,l = 25 mm

1 1
daraus folgt für d1: d1y = d1z = c nom + d s,bü + ⋅ d s,l = 25 + 10 + ⋅ 25 = 47,5 mm
2 2
dy = h − d1y = 50 − 4,75 = 45,25 mm
statische Nutzhöhen:
dz = b − d1z = 40 − 4,75 = 35,25 mm

d1y 4,75
= = 0,095 ≅ 0,10
h 50
d1z 4,75
= = 0,119 ≅ 0,10
b 40
l0 y 13,09
λy = = = 113,3
iz 11,55 ⋅ 10 −2
Schlankheiten:
l 13,09
λz = 0z = = 90,7
iy 14,43 ⋅ 10 −2

NEd − 700 ⋅ 10 −3
bezogene Normalkraft: ν Ed = = = − 0,247
b ⋅ h ⋅ f cd 0,40 ⋅ 0,50 ⋅ 14,17

Grenzschlankheit: ν Ed = 0,247 < 0,41

16 16
λ max = = = 32,2
ν Ed − 0,247

113,3 = λ y
λ max = 32,2 <  ⇒ schlanke Stütze!
90,7 = λ z

Dies gilt ebenfalls unter Ansatz von fcd ohne den Beiwert α (also nach EC 2)!

Die Auswirkungen nach Theorie II. Ordnung sind demnach in beiden Richtungen zu
berücksichtigen.

92
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

1. Überprüfung, ob ein getrennter Nachweis in Richtung der beiden Hauptachsen


zulässig ist:

planmäßige Lastausmitten nach Theorie I. Ordnung:

MEdz 30
e 0y = = ⋅ 10 2 = 4,3 cm
NEd 700
MEdy 200
e 0z = = ⋅ 10 2 = 28,6 cm
NEd 700
e 0z h 28,6 50
= = 5,32 > 0,2
e0y b 4,3 40
e0y b 4,3 40
= = 0,19 < 0,2
e 0z h 28,6 50

Ein getrennter Nachweis ist auf Grund der letzten Bedingung zulässig!

e0z = 28,6 cm > 10,0 cm = 0,2⋅50 cm = 0,2⋅h

Für den Nachweis um die schwächere Achse ist eine reduzierte Querschnittsdicke
anzusetzen!
zusätzliche ungewollte Lastausmitten infolge geometrischer Imperfektionen:

Da hges und l0y bzw. l0z jeweils den Werten aus Rechenbeispiel 2 entsprechen, kön-
nen eay bzw. eaz auch von dort übernommen werden:

eay = 2,7 cm

eaz = 2,7 cm

2. Getrennter Nachweis in Richtung der beiden Hauptachsen:

Ermittlung der reduzierten Querschnittsbreite (unter der Annahme einer linearen


Spannungsverteilung):

h  h 
h red = ⋅ 1 +  ≤ h
2  6 ⋅ (e 0 z + e az ) 
50  50 
= ⋅ 1 +  = 31,7 cm ≤ 50 cm = h
2  6 ⋅ (28,6 + 2,7 ) 

93
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

a) Biegung um starke Achse (= y-Achse):

zusätzliche Ausmitte infolge Auswirkungen nach Theorie II. Ordnung:

(Vorgehen analog zu Rechenbeispiel 2)

Nbal,y = − (0,4 ⋅ 2000 ⋅ 14,17 ) ⋅ 10 −1 = − 1133,6 kN

NEd = 700 kN < 1133,6 kN = Nbal,y ⇒ K 2 = 1,0

 1 2,174 ⋅ 10 −3 1
  = 2 ⋅ 1,0 ⋅ = 10,68 ⋅ 10 −3
 r z 0,9 ⋅ 0,4525 m

λz = 90,7 > 35 ⇒ K 1 = 1,0

13,09 2
e 2z = 1,0 ⋅ 10,68 ⋅ 10 −3 ⋅ = 0,1830 m = 18,3 cm
10

Gesamtausmitte:

e tot,z = e 0 z + e az + e 2 z = 28,6 + 2,7 + 18,3 = 49,6 cm

Überführung in einen Nachweis für Biegung mit Längskraft:


MEd,tot,y = e tot,z ⋅ NEd = 0,496 ⋅ − 700 = 347,2 kNm
NEd = siehe vorne = − 700 kN

Anwendung eines geeigneten M-N-Interaktionsdiagrammes (siehe z. B. in [10]):


MEd,tot,y 347,2 ⋅ 10 −3
µ Ed,tot,y = = = 0,245
b ⋅ h 2 ⋅ f cd 0,40 ⋅ 0,50 2 ⋅ 14,17

ν Ed = siehe vorne = − 0,247

Ablesung aus Diagramm:

A s,tot,y f yd
ω tot,y = ⋅ ≅ 0,39
b ⋅ h f cd
f cd 14,17
A s,tot,y = ω tot,y ⋅ b ⋅ h ⋅ = 0,39 ⋅ 40 ⋅ 50 ⋅ = 25,42 cm 2
f yd 434,8

je Seite erforderlich: As,tot,y/2 = 12,71 cm2

94
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

b) Biegung um schwache Achse (= z-Achse):

zusätzliche Ausmitte infolge Auswirkungen nach Theorie II. Ordnung:

Nbal,z = − (0,4 ⋅ fcd ⋅ b ⋅ h red ) = − (0,4 ⋅ 14,17 ⋅ 40 ⋅ 31,7 ) ⋅ 10 −1 = − 718,7 kN

NEd = 700 kN < 718,7 kN = Nbal,z ⇒ K 2 = 1,0

 1 2,174 ⋅ 10 −3 1
  = 2 ⋅ 1,0 ⋅ = 13,71 ⋅ 10 −3
 r y 0,9 ⋅ 0,3525 m

λz = 113,3 > 35 ⇒ K 1 = 1,0

13,09 2
e 2y = 1,0 ⋅ 13,71 ⋅ 10 −3 ⋅ = 0,2349 m ≅ 23,5 cm
10

Gesamtausmitte:

e tot,y = e 0 y + e ay + e 2 y = 4,3 + 2,7 + 23,5 = 30,5 cm

Überführung in einen Nachweis für Biegung mit Längskraft:


MEd,tot,z = e tot,y ⋅ NEd = 0,305 ⋅ − 700 = 213,5 kNm
NEd = siehe vorne = − 700 kN

Anwendung eines geeigneten M-N-Interaktionsdiagrammes (siehe z. B. in [10]):


MEd,tot,z 213,5 ⋅ 10 −3
µ Ed,tot,z = = = 0,297
h red ⋅ b 2 ⋅ fcd 0,317 ⋅ 0,40 2 ⋅ 14,17
NEd − 700 ⋅ 10 −3
ν Ed = = = − 0,390
h red ⋅ b ⋅ f cd 0,317 ⋅ 0,40 ⋅ 14,17

Ablesung aus Diagramm:

A s,tot,z f yd
ω tot,z = ⋅ ≅ 0,46
h red ⋅ b fcd
f cd 14,17
A s,tot,z = ω tot,z ⋅ h red ⋅ b ⋅ = 0,46 ⋅ 31,7 ⋅ 40 ⋅ = 19,01cm 2
f yd 434,8

je Seite erforderlich: As,tot,z/2 = 9,50 cm2

95
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

3. Nachweis für schiefe Biegung mit Normalkraft:

Einzige Abweichung im Vergleich zum getrennten Nachweis in Richtung der beiden


Hauptachsen:

Nbal,y = Nbal,z = − (0,4 ⋅ 16,67 ⋅ 2000 ) ⋅ 10 −1 = − 1333,6 kN

(NEd = -700 kN ⇒ K2 = 1,0 für beide Richtungen)

Alle anderen Werte können von vorne übernommen werden. Es ergeben sich:

e0z = 28,6 cm, eaz = 2,7 cm, e2z = 18,3 cm, etot,z = 49,6 cm, MEd,tot,y = 347,2 kNm

e0y = 4,3 cm, eay = 2,7 cm, e2y = 23,5 cm, etot,y = 30,5 cm, MEd,tot,z = 213,5 kNm

Die bezogenen Schnittgrößen müssen unter Ansatz des nach EC 2 ermittelten Be-
messungswertes der Betondruckfestigkeit berechnet werden, da das verwendete In-
teraktionsdiagramm für schiefe Biegung mit Normalkraft aus DAfStb Heft 425 ent-
nommen wurde. Es folgt:
MEd,tot,y 347,2 ⋅ 10 −3
µ Ed,tot,y = = = 0,208 ≡ µ1
b ⋅ h 2 ⋅ f cd 0,40 ⋅ 0,50 2 ⋅ 16,67
MEd,tot,z 213,5 ⋅ 10 −3
µ Ed,tot,z = = = 0,160 ≡ µ2
h ⋅ b 2 ⋅ f cd 0,50 ⋅ 0,40 2 ⋅ 16,67
NEd − 700 ⋅ 10 −3
ν Ed = = = − 0,210
b ⋅ h ⋅ f cd 0,40 ⋅ 0,50 ⋅ 16,67

Ablesung aus Diagramm (für νEd = -0,20):

A s,tot f yd
ω tot = ⋅ ≅ 0,74
b ⋅ h f cd
fcd 16,67
A s,tot = ω tot ⋅ b ⋅ h ⋅ = 0,74 ⋅ 40 ⋅ 50 ⋅ = 56,74 cm 2
f yd 434,8

je Seite erforderlich: As,tot/4 = 14,19 cm2

an gegenüberliegenden Seiten zusammen: As,tot/2 = 28,37 cm2

96
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

In der nachfolgenden Tabelle sind die ermittelten Stahlmengen für die untersuchten
Fälle und angewendeten Bemessungsverfahren zusammengefasst:

Tabelle 2.5: Zusammenstellung der ermittelten Stahlmengen (BSt 500) für Re-
chenbeispiel 3

erforderliche Beweh- getrennter Nachweis in Nachweis für schiefe


rungsmenge beiden Richtungen Biegung mit Normalkraft

As,tot,y 25,42 cm2 28,37 cm2

je Seite 12,71 cm2 14,19 cm2

As,tot,z 19,01 cm2 28,37 cm2

je Seite 9,50 cm2 14,19 cm2

As,tot = As,tot,y + As,tot,z 44,43 cm2 56,74 cm2

Bei der Bemessung mit dem Interaktionsdiagramm für schiefe Biegung mit Nor-
malkraft wird davon ausgegangen, dass bei dem Rechteckquerschnitt je Quer-
schnittsseite ¼ der Gesamtbewehrung eingelegt wird. Aufgrund der recht starken
Unterscheidung der Biegemomente um die beiden Hauptachsen ergeben sich da-
raus für den betrachteten Querschnitt folgerichtig im Nachweis für schiefe Biegung
mit Normalkraft insgesamt deutlich größere Bewehrungsmengen als beim getrennten
Nachweis in Richtung der beiden Hauptachsen. Weitere Gründe für Ungenauigkeiten
können in der tatsächlichen Geometrie der eingelegten Bewehrung liegen:

d1y/h = 0,095 ≠ 0,10 und d1z/b = 0,119 ≠ 0,10

97
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Stabförmige Bauteile unter Längsdruck
an der Universität Karlsruhe (TH)

2.6 Literaturverzeichnis

[1] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton: Bemessungshilfsmittel zu Eurocode 2,


Teil 1, Planung von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken. Heft 425, Beuth
Verlag, Berlin, 1992

[2] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton: Bemessung von Stahlbeton- und


Spannbetonbauteilen nach DIN 1045, Ausgabe Dezember 1978. Heft 220,
Verlag Ernst & Sohn, 2. überarbeitete Auflage, Berlin, 1979

[3] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton: Erläuterungen zu DIN 1045-1.


Heft 525, Beuth Verlag, 1. Auflage, Berlin, 2003

[4] Ehrigsen, O.; Quast, U.: Knicklängen, Ersatzlängen und Modellstützen. Be-
ton- und Stahlbetonbau 98, Heft 5, S. 249-257, 2003

[5] Kordina, K.; Quast, U.: Bemessung von schlanken Bauteilen für den durch
Tragwerksverformungen beeinflussten Grenzzustand der Tragfähigkeit - Sta-
bilitätsnachweis. Betonkalender 2002, Verlag Ernst & Sohn, BK 1, S. 361-
434, Berlin, 2002

[6] Leonhardt, F.; Mönnig, E.: Vorlesungen über Massivbau. Teil 1: Grundlagen
zur Bemessung im Stahlbetonbau. Springer-Verlag, 3., völlig neu bearbeitete
und erweiterte Auflage, Berlin, 1984

[7] Norm DIN 1045: Beton- und Stahlbeton, Bemessung und Ausführung. Beuth
Verlag, Berlin, Juli 1988

[8] Norm DIN 1045-1: Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton. Teil 1:
Bemessung und Konstruktion. Beuth Verlag, Berlin, Juli 2001

[9] Vornorm DIN V ENV 1992 Teil 1-1: Eurocode 2: Planung von Stahlbeton-
und Spannbetontragwerken. Teil 1 Grundlagen und Anwendungsregeln für
den Hochbau. Beuth Verlag, Berlin, Juni 1992

[10] Zilch, K.; Rogge, A.: Grundlagen der Bemessung von Beton-, Stahlbeton-
und Spannbetonbauteilen nach DIN 1045-1. Betonkalender 2002, Verlag
Ernst & Sohn, BK 1, S. 217-359, Berlin, 2002

98
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

3 Querkraft- und Durchstanznachweise

Dipl.-Ing. (FH) Frank Deuchler, Ingenieurgruppe Bauen, Karlsruhe

3.1 Querkraft

3.1.1 Einleitung
In DIN 1045-1 werden unter Abschnitt 10.3 die Nachweise der Querkrafttragfähigkeit
von Stahlbeton- und Spannbetonbauteilen aus Normalbeton und Leichtbeton im
Grenzzustand der Tragfähigkeit geregelt. Das Querkraftbemessungskonzept beruht
auf durchgängigen Ansätzen für alle Betonarten, mit und ohne Vorspannung, mit
gleitendem Übergang zu anderen Querkraftproblemen (Beanspruchung in Fugen,
Druck- und Zuggurtanschlüsse) durch die Verwendung eines einheitlichen mechani-
schen Grundmodells.

Gleichlast

Schubrisse Biegerisse

Abbildung 3.1: Typisches Riss- bzw. Bruchbild eines Biegeträgers

In Abbildung 3.1 ist das charakteristische Rissbild eines Biegeträgers dargestellt,


welcher durch eine Gleichlast beansprucht wird. Während in Feldmitte die Risse na-
hezu senkrecht vom gezogenen Rand ausgehen und bis in die Gegend der Nulllinie
reichen, werden sie im Bereich anwachsender Querkräfte zunehmend flacher. Aus-
gehend von dieser Rissbildung entwickelten Ritter bzw. Mörsch bereits um 1900
Tragfähigkeitskonzepte auf Basis eines parallelgurtigen Fachwerks, dessen Obergurt
die Betondruckzone und dessen Untergurt die Biegezugbewehrung bildet. Im Steg
des Fachwerks werden unter 45° geneigte Betondruckstreben und vertikale Zugstre-

99
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

ben angenommen. Basierend auf umfangreichen Versuchen, die u. a. von Kupfer


und Leonhardt durchgeführt wurden, wurde das Konzept verfeinert (u. a. wurde die
Neigung der Druckstreben genauer untersucht und variiert).

In DIN 1045-1 wird das Fachwerkmodell mit veränderlicher Druckstrebenneigung als


Bemessungsgrundlage für die Bestimmung der Querkraftbewehrung beibehalten. Die
Modelle für Bauteile ohne rechnerisch erforderliche Querkraftbewehrung reichen von
Zahnmodellen bis hin zu Bogen-Zugband-Modellen. Das der DIN 1045-1 zugrunde-
liegende Zahnmodell für Bauteile ohne Querkraftbewehrung stammt von Reineck
(vgl. [7]). In diesem Modell werden die Traganteile Rissreibung, Dübeltragwirkung
der Biegezugbewehrung und Biegeeinspannung der Betonzähne berücksichtigt. Er-
gänzt werden diese mechanischen Modelle durch empirische Ansätze.

3.1.2 Definitionen

Nachweiskonzept
Allgemein gilt, dass die Einwirkungen kleiner sein müssen als die Bauteilwiderstän-
de. Bezogen auf den Nachweis der Querkräfte (Gleichung (3.1)) bedeutet dies:

VEd ≤ VRd (3.1)

Die Widerstände gliedern sich wie folgt in:

• VRd,ct ist die Querkrafttragfähigkeit des Betonquerschnitts ohne Querkraftbe-


wehrung,
• VRd,sy ist die Querkrafttragfähigkeit des Querschnitts mit Querkraftbewehrung,
• VRd,max ist die maximale Querkrafttragfähigkeit des Querschnitts, die durch
die Druckstrebentragfähigkeit bestimmt wird.

Solange die einwirkenden Querkräfte kleiner oder gleich dem Wert VRd,ct sind, ist
rechnerisch keine Querkraftbewehrung erforderlich (da für Biegeträger prinzipiell eine
Mindestquerkraftbewehrung vorzusehen ist, sind definitionsgemäß nur plattenartige
Bauteile von diesem Nachweis betroffen).

100
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

Wenn rechnerisch der Wert VRd,ct überschritten wird, ist eine Querkraftbewehrung
erforderlich. Der Wert VRd,max darf in keinem Querschnitt des Bauteils durch die ein-
wirkende Querkraft überschritten werden.

Einwirkende Querkraft
Bei einer direkten Auflagerung gemäß Abbildung 3.2 wird ein Teil der Belastung über
ein fächerartiges Druckfeld direkt in das Auflager abgetragen.

Abbildung 3.2: Direkte Auflagerung

Demzufolge darf für die Berechnung der Querkraftbewehrung, nicht jedoch für die
Bemessung des maximalen Querkraftwiderstands, die Beanspruchung im Abstand d
vom Auflagerrand ermittelt werden.

101
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

Abbildung 3.3: Indirekte Auflagerung

Bei einer indirekten Lagerung, vgl. Abbildung 3.3, stellt sich der beschriebene Druck-
fächer nicht ein. Sämtliche Nachweise sind deshalb mit der Bemessungsquerkraft
am Auflagerrand zu führen.

Abbildung 3.4: Auflagernahe Lasteinleitung nach [10]

Auflagernahe Einzellasten, vgl. Abbildung 3.4, dürfen gemäß DIN 1045-1 mit einem
Faktor β (siehe Gleichung (3.2)) abgemindert werden.

102
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

x
β= (3.2)
2,5 ⋅ d

Bei veränderlicher Bauteilhöhe werden die Bemessungswerte der einwirkenden


Querkraft durch die senkrecht zur Bauteilachse wirkenden Komponenten der Biege-
druckkraft und ggf. der Stahlzugkraft beeinflusst. In Abbildung 3.5 sind die entspre-
chenden Regelungen dokumentiert (nach [10]).

Abbildung 3.5: Querkraft bei veränderlicher Bauteilhöhe

103
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

3.1.3 Bauteile ohne Querkraftbewehrung


Ausgehend vom bereits genannten Zahnmodell nach Reineck wird die Querkrafttrag-
fähigkeit ohne Querkraftbewehrung durch die Rissreibung, die Dübeltragwirkung der
Längszugbewehrung sowie durch die Biegeeinspannung der Betonzähne in die
Druckzone charakterisiert. In Abbildung 3.6 sind die Kräfte exemplarisch an einem
gedanklich aus einem Biegeträger herausgeschnittenen Betonzahn dargestellt.

Abbildung 3.6: Zahnmodell

Die Rissufer der Betonzähne sind infolge der Betonkörnung rau und miteinander ver-
zahnt. An den Rissufern können somit Querkräfte FK übertragen werden. Eine Ver-
dübelung FDü erfolgt durch die Zugbewehrung. Die Biegetragfähigkeit des Beton-
zahns ist erschöpft, wenn hier die Betonzugfestigkeit fct erreicht ist. Mit zunehmender
Beanspruchung vergrößern sich die Rissbreiten, die Dübelkräfte am Betonzahn ver-
lieren an Bedeutung und das Tragverhalten nähert sich einem Bogen-Zugband-

104
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

Modell an. Das Bauteilversagen ohne Querkraftbewehrung tritt durch Überschreiten


der Zugfestigkeit, verbunden mit einem Ausfall der Rissverzahnung, ein.

Der teilweise empirisch bestimmte Bemessungswert VRd,ct ist in DIN 1045-1 (vgl. [2])
gemäß Gleichung (3.3) angegeben.

[
VRd,ct = 0,10 ⋅ κ ⋅ η1 ⋅ (100 ⋅ ρ l ⋅ f ck )
1/ 3
]
− 0,12 ⋅ σ cd ⋅ b w ⋅ d (3.3)

Hierin bedeuten:

• κ = 1 + (200/d)1/2 ≤ 2,0; Faktor für den „Maßstabseffekt“,


• η1 = 1,0 für Normalbeton, η1 ≤ 1,0 für Leichtbeton,
• ρl = Längsbewehrungsgrad der Biegezugbewehrung,
• fck = charakteristische Betondruckfestigkeit,
• σcd = Bemessungswert der Betonlängsspannung,
• bw = Querschnittsbreite,
• d = statische Nutzhöhe der Biegebewehrung.

Der Vorfaktor 0,10 wurde empirisch gewählt und hängt sehr stark vom Sicherheits-
konzept ab. Es wird empfohlen, bei Bauteilen, bei denen Arbeitsfugen in Längsrich-
tung unumgänglich sind, eine Abminderung entsprechend der Rauigkeit der Fuge mit
βct / 2,4 (βct nach DIN 1045 Teil 1, Tabelle 13) vorzunehmen. Fugen bei nacheinan-
der betonierten Bauteilen werden in Abschnitt 3.1.5 erläutert.

Normgemäß ist das Tragmodell für VRd,ct nur für plattenförmige Bauteile anzuwen-
den, da hier keine wesentlichen Zugspannungen senkrecht zur Plattenebene auftre-
ten (z. B. aus abfließender Hydratationswärme oder Schwinden), welche sich mit der
Einspannung der Betonzähne überlagern können. Für stabförmige Bauteile ist prinzi-
piell eine Mindestquerkraftbewehrung vorzusehen, um ein Schubversagen ohne Vor-
ankündigung zu vermeiden.

105
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

3.1.4 Bauteile mit Querkraftbewehrung


Nach Überschreiten der Betonzugfestigkeit werden die Zugkräfte von der im Verbund
liegenden Querkraftbewehrung aufgenommen. Die Lastabtragung erfolgt gedanklich
über ein Fachwerkmodell aus geneigten Betondruckstreben und meist vertikalen
Zugstreben, welche durch Bewehrung abgedeckt werden. Als Gurte des Fachwerks
fungieren die Betondruckzone und die Biegezugzone (Längsbewehrung).

Die Neigung θ der Druckstreben ist für dieses Modell in gewissen Grenzen frei wähl-
bar. In Abhängigkeit der übertragbaren Rissreibungskraft und einer evtl. einwirken-
den Längskraft ist die Neigung nach Gleichung (3.4) frei wählbar:

1,2 − 1,4 ⋅ σ cd fcd ≤ 3,0 für Normalbeto n


0,58 ≤ cot θ ≤  (3.4)
1 − VRd,c VEd ≤ 2,0 für Leichtbeto n

Die Neigung der Druckstreben kann wegen der Rissverzahnungskräfte flacher wer-
den als die Neigung der Schrägrisse im Steg. Sie wird noch flacher, wenn Längs-
druckkräfte oder Vorspannung wirken. Dagegen wird die Neigung steiler, wenn
Längszugkräfte wirken. Zur Vereinfachung können für die Bemessung der Bügel
auch Allgemeinwerte zwischen 40° (cot θ = 1,2) und 45° (cot θ = 1,0) angenommen
werden. Entsprechende Hinweise liefert Abbildung 3.7 (aus [8]).

Abbildung 3.7: Verschiedene Druckstrebenneigungen nach [8]

106
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

Die Querkraftbewehrung wird mit Hilfe von Gleichung (3.5) ermittelt (Bügel senkrecht
zur Bauteilachse):

A sw
VRd,sy = ⋅ fyd ⋅ z ⋅ cot θ (3.5)
sw

Der Hebelarm der inneren Kräfte darf i. d. R. mit z = 0,9·d angenommen werden. In
der Praxis wird man sich Gleichung (3.5) nach der erforderlichen Bewehrung umstel-
len, indem VRd,sy durch VEd ersetzt wird:

A sw VEd
= (3.6)
sw fyd ⋅ z ⋅ cot θ

Die Tragfähigkeit der Druckstrebe VRd,max ergibt sich mit demselben Fachwerkmodell
nach Gleichung (3.7):

b w ⋅ z ⋅ α c ⋅ fcd
VRd,max = (3.7)
cot θ + tan θ

Der Wirksamkeitsfaktor αc berücksichtigt die Abminderung der Betondruckfestigkeit


infolge gleichzeitig wirkender Querzugspannungen und der Störung der Druckstrebe
durch die Bewehrung. Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass die gesamte ein-
wirkende Querkraft über die Druckstrebe in das Auflager geführt werden muss, wes-
halb eine Abminderung (z. B. für eine auflagernahe Einzellast nach Abbildung 3.4)
für den Nachweis der Druckstrebe unzulässig ist.

3.1.5 Querkraftübertragung in Fugen


Nach DIN 1045-1 gelten für nebeneinander liegende Fertigteile, vorgefertigte Bautei-
le mit Ortbetonergänzung (z. B. Großflächenplatten) oder nacheinander betonierte
Betonbauteile (z. B. Überzüge) die nachfolgenden Regelungen.

107
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

Abbildung 3.8: Ausbildung einer Verzahnung

Die Tragfähigkeit der Fuge ist wesentlich von der Rauigkeit der Fuge und von der
Größe der die Fuge kreuzenden Bewehrung abhängig. Die Betonoberfläche im Riss
wird durch den Rauigkeitsbeiwert βct beschrieben.

Tabelle 3.1: Rauigkeits- und Reibungsbeiwerte nach [2]

Oberflächenbeschaffenheit βct µ
verzahnt (Bild 3.8) 2,4 1,0
rau 2,0 0,7
glatt 1,4 0,6
sehr glatt 0 0,5

108
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

Die Rauigkeit der Fuge kann wie folgt klassifiziert werden:

• sehr glatt: die Oberfläche wurde gegen eine Stahl- oder glatte Holzschalung
betoniert,
• glatt: die Oberfläche wurde abgezogen, im Extruderverfahren hergestellt oder
blieb nach dem Betonieren ohne weitere Behandlung,
• rau: die Oberfläche weist ein definiertes Rauigkeitskriterium auf; vgl. [3],
• verzahnt: die Geometrie der Verzahnung entspricht den Angaben in
DIN 1045-1, Bild 35a, oder das Korngerüst wurde freigelegt.

Der Bemessungswert der Einwirkung errechnet sich aus dem über die Fuge zu über-
tragenden Längskraftanteil Fcdj (i. A. ist das der Anteil der Biegedruckkraft). Dieser
wird mit der Gesamtdruckkraft Fcd ins Verhältnis gesetzt:

Fcdj VEd
v Ed = ⋅ (3.8)
Fcd z

Man kann erkennen, dass z. B. bei Überzügen im Regelfall die gesamte Druckkraft
Fcd = MEd/z in der Fuge zu übertragen ist.

Im Gegensatz zur DIN 1045 (88) berücksichtigt die aktuelle Norm einen Betontrag-
anteil für die Kraftübertragung zwischen Ortbeton und Fertigteil, so dass bei geringen
Beanspruchungen grundsätzlich auch die Ausführung einer unbewehrten Fuge mög-
lich ist (gilt z. B. für Großflächenplatten oder für Fugen zwischen Wand- und Decken-
fertigteilen; bei Überzügen ist stets eine Mindestquerkraftbewehrung anzuordnen).
Ohne Anordnung einer Verbundbewehrung ergibt sich der Bauteilwiderstand zu:

[
v Rd,ct = 0,042 ⋅ η1 ⋅ β ct ⋅ f ck
1/ 3
]
− µ ⋅ σ Nd ⋅ b (3.9)

Eine erforderliche Verbundbewehrung errechnet sich unter Zuhilfenahme der For-


meln (3.10) und (3.11) in Analogie zur Querkraftbewehrung:

109
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

v Rd,sy = a s ⋅ fyd ⋅ (cot θ + cot α ) ⋅ sin α − µ ⋅ σNd ⋅ b (3.10)

1,2 ⋅ µ − 1,4 ⋅ σ cd f cd ≤ 3,0 für Normalbeto n


1,0 ≤ cot θ ≤  (3.11)
1 − v Rd,ct v Ed ≤ 2,0 für Leichtbeto n

3.1.6 Vergleich mit DIN 1045 (88)


Gegenüber der nach DIN 1045 (88) zu führenden Schubspannungsnachweise mit
der Einteilung in Schubbereiche sind die Bemessungsmodelle nach DIN 1045-1 für
Bauteile mit und ohne rechnerische Querkraftbewehrung mechanisch gut nachvoll-
ziehbar und damit besser verständlich. Darüber hinaus können in diesem Verfahren
für die Ermittlung der aufnehmbaren Querkraft verschiedene Parameter (z. B. Wir-
kung einer Vorspannung) zusätzlich berücksichtigt werden. Es fällt allerdings auf,
dass die Querkrafttragfähigkeit ohne Querkraftbewehrung nach DIN 1045-1 teilweise
zu ungünstigeren Ergebnissen führt (vgl. Abbildung 3.9). Mit Querkraftbewehrung
werden allerdings die Bauteile nach DIN 1045-1 wirtschaftlicher bemessen.

Abbildung 3.9: Vergleich Platte ohne Querkraft-Bewehrung (C 20/25 bzw. B 25)

110
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

3.2 Durchstanzen

3.2.1 Einleitung
Die punktgestützte Platte erfreut sich in der heutigen Bauweise des Hoch- und In-
dustriebaus zunehmender Beliebtheit. Der wegfallende Schalungsaufwand für Unter-
züge sowie die hindernisfreie Führung von Installationsleitungen und eine glatte Un-
tersicht werden hierbei als maßgebliche Gründe genannt.

Bei punktgestützten Platten treten allerdings im Bereich von Stütze zu Platte kon-
zentrierte Beanspruchungen auf, die zum sogenannten „Durchstanzversagen“ der
Konstruktion führen können. Der sich einstellende Spannungs- und Verformungszu-
stand stellt eine Kombination aus Momenten- und Querkraftbeanspruchung dar. Das
Durchstanzversagen kann also als Sonderfall der Querkraftbeanspruchung von plat-
tenförmigen Bauteilen gedeutet werden. Nach [6] entstehen bei geringer Beanspru-
chung zunächst Biegerisse in radialer Richtung. Erst bei höherer Belastung beobach-
tet man Tangentialrisse (vgl. Abbildung 3.10), von deren Äußerstem sich ein unter
ca. 30° bis 35° geneigter Stanzkegel entwickelt. An der Druckseite der Platte ist ein
umlaufender Druckring erkennbar, welcher im Gleichgewicht mit der einwirkenden
Querkraftkomponente steht (Abbildung 3.11).

Abbildung 3.10: Rissbild im Grenzzustand der Tragfähigkeit nach [1]

111
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

Abbildung 3.11: Statisches Modell

Derzeit gibt es keine allgemein gültige theoretische Lösung für das Durchstanzprob-
lem. Alle Bemessungsregeln, auch die der DIN 1045-1, basieren auf halbempirischen
bzw. empirischen Ansätzen. Rechnerische Modelle in Form von räumlichen Fach-
werken (vgl. [9]) weisen teilweise gute Übereinstimmung mit Versuchsergebnissen
auf, beschreiben aber die maßgebenden Einflüsse nur unbefriedigend. Aus diesem
Grund wurde in der Neufassung der DIN 1045 eine Kombination aus mechanischem
Modell und Versuchsergebnissen berücksichtigt.

3.2.2 Definitionen
Ähnlich dem Nachweis bei Querkraftbeanspruchung ist auch hier nachzuweisen,
dass die bezogene einwirkende Querkraft vEd kleiner oder gleich dem bezogenen
Bauteilwiderstand zu sein hat.

Als Bauteilwiderstand wurde definiert:

• vRd,ct: die aufnehmbare Querkraft ohne Bewehrung (Nachweis im kritischen


Rundschnitt),
• vRd,sy: die Tragfähigkeit der Querkraftbewehrung (Nachweis längs innerer
Nachweisschnitte),

112
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

• vRd,max: die maximal aufnehmbare Querkraft (Tragfähigkeit der Betondruck-


zone im kritischen Rundschnitt),
• vRd,ct,a: die aufnehmbare Querkraft außerhalb des durchstanzbewehrten Be-
reiches (Übergang zum Querkraftnachweis).

Die einwirkende Querkraft vEd = VEd · β / u wird hierbei den zuvor genannten Wider-
ständen gegenübergestellt. Der Beiwert β berücksichtigt die Auswirkung von Momen-
ten bzw. einer nicht rotationssymmetrischen Lasteintragung. Nach DIN 1045-1
(vgl. [2]), Bild 44, dürfen für die Erhöhungsfaktoren β näherungsweise folgende Wer-
te gesetzt werden:

• β = 1,05 bei Innenstützen,


• β = 1,40 bei Randstützen,
• β = 1,50 bei Eckstützen.

Abbildung 3.12: Lasteinzugsflächen

113
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

Die zuvor genannten Werte gelten für unverschiebliche Systeme, wenn die Spann-
weiten eines Feldes senkrecht zueinander (lx zu ly) um nicht mehr als 33 % und die
Stützweitenunterschiede um nicht mehr als 25 % voneinander abweichen (vgl. [3]).
Prinzipiell können die β-Faktoren auch über Lasteinzugsflächen gemäß Ab-
bildung 3.12 ermittelt werden (vgl. [6], [9]). Dieses Verfahren der Lasteinleitungs-
sektoren ist seit langem bekannt und fand auch in der bisherigen Norm
DIN 1045 (88) seine Anwendung. Weitere Möglichkeiten zur Bestimmung der β-
Faktoren sind in [1] dargestellt.

Der kritische Rundschnitt ist für Lasteinleitungsflächen, die sich nicht in der Nähe von
freien Rändern befinden, in einem Abstand von 1,5·d vom Rand der Stütze anzuset-
zen. Weitere Rundschnitte innerhalb und außerhalb des kritischen Rundschnitts sind
affin zum kritischen Rundschnitt zu führen. Mögliche Formen des kritischen Rund-
schnitts sind in Abbildung 3.13 dargestellt.

Abbildung 3.13: Kritischer Rundschnitt bei Innenstützen

Aus Versuchen wurde ersichtlich, dass bei rechteckigen Stützen der Umfang der
Lasteinleitungsfläche uc nicht größer als 11·d und das Verhältnis von Länge zu Breite
nicht größer als 2,0 sein darf (Abbildung 3.14).

114
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

uc

Abbildung 3.14: Begrenzung des wirksamen Stützenumfangs

Die Erfordernis von Nachweisen in einer gegenüber der alten DIN 1045 erhöhten
Anzahl von Bemessungsschnitten liegt in den Ergebnissen neuerer Durchstanzver-
suche begründet. Aus diesen Ergebnissen wurde deutlich, dass es trotz einer Be-
schränkung der Durchstanzbewehrung auf den Bereich innerhalb des kritischen
Rundschnitts zu einem Versagen außerhalb der Durchstanzbewehrung kommen
kann. Dies bedeutet, dass auch außerhalb des Durchstanzbereiches ein Querkraft-
nachweis berücksichtigt werden muss. In allen Schnitten muss die Durchstanz-
bewehrung ausreichend dimensioniert sein, um die einwirkende Beanspruchung an
die zugbeanspruchte Oberfläche zu führen („Hochhängung“). Der gegenüber
DIN 1045 (88) flacher angesetzte Durchstanzkegel mit einer Neigung von 33,7° ge-
genüber der Horizontalen wurde in Anlehnung an Versuchsbeobachtungen festgelegt
(vgl. [4]).

115
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

3.2.3 Platten ohne Durchstanzbewehrung


Der Bemessungswiderstand vRd,ct für Platten ohne Durchstanzbewehrung ergibt sich
zu:

[
v Rd,ct = 0,14 ⋅ η1 ⋅ κ ⋅ (100 ⋅ ρ l ⋅ f ck )
1/ 3
]
− 0,12 ⋅ σ cd ⋅ d (3.12)

Hierin bedeuten:

• κ = Faktor für den „Maßstabseffekt“, vgl. Gleichung (3.3)


• η1 = 1,0 für Normalbeton, η1 ≤ 1,0 für Leichtbeton,
• ρl = mittlerer Längsbewehrungsgrad innerhalb des betrachteten Rund-
schnitts,
• fck = charakteristische Betondruckfestigkeit,
• σcd = Bemessungswert der Betonlängsspannung innerhalb des betrachteten
Rundschnitts,
• d = mittlere statische Nutzhöhe der Biegebewehrung innerhalb des betrach-
teten Rundschnitts.

Der Bemessungswert vRd,ct ist entlang des kritischen Rundschnittes, also im Abstand
1,5·d von der Stütze nachzuweisen. Für Platten mit vEd ≤ vRd,ct ist keine Durchstanz-
bewehrung erforderlich. Aufgrund des mehrachsigen Spannungszustandes im
Durchstanzbereich konnte der Vorfaktor gegenüber dem Nachweis der Querkraft-
tragfähigkeit von 0,10 auf 0,14 erhöht werden. Für den gemittelten Biegebeweh-
rungsgrad ρl darf nur die Bewehrung angerechnet werden, die im betrachteten Rund-
schnitt auf der Zugseite im Verbund liegt und außerhalb dieses Rundschnittes aus-
reichend verankert ist.

116
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

3.2.4 Platten mit Durchstanzbewehrung


Der Nachweis einer ausreichenden Tragfähigkeit der ringförmig verlaufenden Druck-
zone wird in Abhängigkeit von vRd,ct im kritischen Rundschnitt geführt:

v Rd,max = 1,5 ⋅ v Rd,ct (3.13)

In Versuchen wurde festgestellt, dass vRd,max proportional zu vRd,ct ist (Übereinstim-


mung der wesentlichen Einflussparameter); der Vorfaktor wurde empirisch ermittelt.
Die Festlegung in Gleichung (3.13) führt dazu, dass für Bauteile unter einer Längs-
druckspannung, z. B. aus Vorspannung, die Tragfähigkeit der Druckzone beim Nach-
weis gegen Durchstanzen rechnerisch erhöht wird. Da dies mechanisch nicht nach-
vollziehbar ist, wird dringend empfohlen, auf den Ansatz einer Längsdruckbeanspru-
chung für den Nachweis vRd,max zu verzichten ([10], [11]). Die Abhängigkeit von vRd,ct
hat für den Planer den Vorteil, dass er nach der Bestimmung dieses Wertes sofort
entscheiden kann, welche Maßnahmen für die Durchstanztragfähigkeit erforderlich
sind bzw. werden.

Bei der Verwendung von bauaufsichtlich zugelassenen Dübelleisten erhöht sich der
Vorfaktor in Gleichung (3.13) auf 1,9.

Die Tragfähigkeit der Zugstreben des Durchstanzmodells ist beginnend im Abstand


0,5·d vom Stützenrand in mehreren inneren Rundschnitten mit dem jeweiligen Radi-
us ri nachzuweisen. Der Bemessungswert vRd,sy,i setzt sich hierbei aus einem Tragan-
teil des Betons und der Tragfähigkeit der Durchstanzbewehrung zusammen (siehe
Gleichung (3.14)). Für die weiteren Rundschnitte ist ein Abstand ≤ 0,75·d zu wählen.

κ s ⋅ A sw ⋅ fyd ⋅ d
v Rd,sy = v Rd,c + (3.14)
u ⋅ sw

117
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

Abbildung 3.15: Nachweisschnitte zur Bemessung der Durchstanzbewehrung

Aus Versuchen wurde festgestellt, dass der zu berücksichtigende Betontraganteil


ziemlich genau mit dem Bemessungswert vRd,ct übereinstimmt, weshalb dieser ver-
einfachend in die Gleichung eingeht, obwohl der Wert vRd,ct mit dem Wert vRd,c nichts
zu tun hat. Mit dem Beiwert κs in Gleichung (3.14) wird die verringerte Wirksamkeit
einer Durchstanzbewehrung in dünnen Platten aufgrund der schlechteren Ver-
ankerung berücksichtigt. Für Platten mit d ≤ 40 cm ist der Beiwert auf 0,7 zu redu-
zieren.

d − 400 ≥ 0,7
κ s = 0,7 + 0,3 ⋅  mit d in [mm] (3.15)
400 ≤ 1,0

Schrägstäbe als Durchstanzbewehrung müssen einen Winkel zwischen 45° und 60°
mit der Bauteilachse aufweisen. Werden ausschließlich Schrägstäbe verwendet, dür-
fen diese höchstens in zwei Reihen angeordnet werden. Weitere Hinweise sind in
[10] und [11] zu finden.

118
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

Der letzte nachzuweisende innere Rundschnitt ergibt sich an der Stelle, an der rech-
nerisch keine Durchstanzbewehrung mehr erforderlich wird. Hier ist der Übergang
zur Querkraftbewehrung mit der folgenden Formel (3.16) zu führen:

v Rd,ct,a = κ a ⋅ v Rd,ct (3.16)

Mit:

0,29 ⋅ l w
κa = 1 − ≥ 0,71 (3.17)
3,5 ⋅ d

lw = der Abstand der äußersten Bewehrungsreihe vom Stützenrand

Die in Gleichung (3.17) verwendeten Bezeichnungen sind in Abbildung 3.15 darge-


stellt.

3.2.5 Besonderheiten / Hinweise


Mit steigender Nutzhöhe d nimmt die Tragsicherheit der Durchstanzbewehrung zu,
da ein Teil der Bügelkraft über Verbund in den Beton geleitet wird. Daher wurde die
Mindestplattendicke mit Bügeln und Schrägstäben in DIN 1045-1 auf 200 mm festge-
legt, um eine ausreichend zuverlässige Verankerung sicherzustellen.

Der Grenzdurchmesser für die Durchstanzbewehrung wurde auf 0,05·d festgelegt; es


ist eine gleichmäßig verteilte Durchstanzbewehrung mit kleinen Bügeldurchmessern
im Durchstanzbereich anzustreben.

Das Nachweiskonzept nach DIN 1045-1 geht davon aus, dass die Biegezugbeweh-
rung gleichmäßig im gesamten Nachweisschnitt vorhanden ist. Baupraktisch ist es
jedoch erforderlich, teilweise die Biegezugbewehrung nicht durch die Stütze zu füh-
ren, sondern neben der Stütze auszulagern. Infolge der Auslagerung der Längsbe-
wehrung wird in [1] berichtet, dass rechnerisch nur noch 90 % der Bruchlast erreicht
werden. Aus diesem Grund sollte bei der Bestimmung des Wertes vRd,ct eine Reduk-
tion gemäß Gleichung (3.18) vorgenommen werden. In Gleichung (3.18) wird der

119
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

ausgelagerte Bewehrungsanteil mit As,aus definiert. Der Stützendurchmesser geht mit


dem Wert lc ein.

 A 
v Rd,ct,red = v Rd,ct ⋅ 1 − 0,1⋅ s,aus  (3.18)
 ρ l ⋅ lc ⋅ d 

Bei Fundamenten darf die einwirkende Querkraft vEd um die günstige Wirkung der
Bodenpressung in der kritischen Fläche abgemindert werden. Die resultierenden Bo-
denreaktionskräfte dürfen zu 50 % in der kritischen Fläche in Ansatz gebracht wer-
den. Ausführliche Hinweise zur praktischen Durchführbarkeit werden in [1] und [10]
dargestellt.

3.2.6 Zusammenfassung / Schlussfolgerungen


Die vorgestellten Bemessungsansätze nach DIN 1045 Teil 1 beheben die Sicher-
heitsdefizite im alten Regelwerk durch neue Überlegungen, welche die in [4] vorge-
stellten Versuchsergebnisse gut abdecken. Es war notwendig, die erforderliche
Durchstanzbewehrung gegenüber DIN 1045 (88) zu erhöhen. Ein Teil dieser erhöh-
ten Bewehrungsmenge resultiert aus dem größeren Bereich mit Durchstanzbeweh-
rung, der sich aus dem Übergang vom Querkraftwiderstand liniengelagerter Platten
zum Durchstanzen ergibt. Nach DIN 1045-1 werden die Tragfähigkeitsunterschiede
zwischen einer Bügelbewehrung und Doppelkopfankern bzw. Dübelleisten geringer
als nach DIN 1045 (88).

In Abbildung 3.16 ist eine Gegenüberstellung der rechnerischen Versagensorte mit


den Versagensorten im Versuch dargestellt. Die Werte, welche freundlicherweise
von Herrn Dr.-Ing. R. Beutel, Aachen, überlassen wurden, sprechen nach Ansicht
des Verfassers für sich.

120
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

Gegenüberstellung der experimentellen und rechnerischen


Versagensorte

100%

90% 86% DIN 1045(88)

80% EC2, Teil1


70%
70% Versuche
Anzahl in %

60%

50%
38% 40%
40%
28%
30%
22%
20% 14%
10%
0% 2%
0%
Versagen der Versagen der Versagen außerhalb der
Lasteinleitungszone Durchstanzbewehrung Durchstanzbewehrung

Abbildung 3.16: Vergleich DIN 1045 (88) zu Versuchen

121
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Querkraft- und Durchstanznachweise
an der Universität Karlsruhe (TH)

3.3 Literaturverzeichnis

[1] Beutel: Nachweise gegen Durchstanzen nach DIN 1045-1. Stahlbetonbau


Aktuell 2003, Abschn. G.3

[2] DIN 1045-1 (07/2001): Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton,
Teil 1: Bemessung und Konstruktion.

[3] Heft 525 DAfStb

[4] Hegger; Beutel: Hintergründe und Anwendungshinweise zur Durchstanzbe-


messung nach DIN 1045-1. Bauingenieur (2002), S. 535-549

[5] Hegger; Görtz: Querkraftbemessung nach DIN 1045-1. Beton- und Stahlbe-
tonbau (2002), H. 9, S. 460ff

[6] Leonhardt: Vorlesungen über Massivbau. Springer Verlag

[7] Reineck: Ein mechanisches Modell für Stahlbetonbauteile ohne Stegbeweh-


rung. Bauingenieur (1991), S. 157-165 und S. 323-322

[8] Schlaich; Schäfer: Konstruieren im Stahlbetonbau. Betonkalender 2001,


Teil II, S. 311 ff

[9] Stiglat; Bauer; Andrä: Zum Tragverhalten, Konstruieren und Bemessen von
Flachdecken. Beton- und Stahlbetonbau (1984), S. 258-263

[10] Wommelsdorff: Stahlbetonbau. Werner Verlag

[11] Zilch; Rogge: Bemessung von Stahl- und Spannbetonbauteilen im Brücken-


und Hochbau. Betonkalender 2004, S. 223ff

122
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

4 Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten

Dr.-Ing. Jan Akkermann, Krebs und Kiefer, Karlsruhe

4.1 Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit

Neben den Grenzzuständen der Tragfähigkeit (GZT) wird in DIN 1045-1 der Ge-
brauchstauglichkeit, insbesondere vor dem Hintergrund der Dauerhaftigkeit, eine hö-
here Bedeutung beigemessen. Vornehmlich durch die Nachweise der Spannungs-
begrenzungen und der Rissbreiten gilt es Langzeitschäden an Stahlbetontragwerken
zu vermeiden. Die Vorgaben des Abschnitts 11 sind somit als Ergänzung der Vorga-
ben des Abschnitts 6 (Expositionsklassen, Betondeckung) zu sehen, um der im
BMVBW-Leitfaden „Nachhaltiges Bauen“ (vgl. [3]) für übliche Hochbauten gefor-
derten durchschnittlichen Nutzungsdauer von 120 Jahren (Innenbauteile) bzw. 70
Jahren (Außenbauteile) gerecht zu werden.

Darüber hinaus gilt es die Funktionalität und das Erscheinungsbild des Gebäudes zu
sichern, d. h. Maschinen und Installationen müssen einwandfrei funktionieren, es
dürfen keine Schäden oder optische Beeinträchtigungen an Ausbauelementen ent-
stehen.

Die Nachweise im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit (GZG) nach DIN 1045-1


umfassen die

• Begrenzung der Spannungen nach Abs. 11.1,


• Begrenzung der Rissbreiten nach Abs. 11.2,
• Begrenzung der Verformungen nach Abs. 11.3.

Die Wasserundurchlässigkeit von Betonbauteilen spielt ebenfalls eine große Rolle im


Zusammenhang mit Dauerhaftigkeit und Gebrauchstauglichkeit, wird aber explizit in
DIN 1045-1 nicht behandelt. Hierzu existiert mittlerweile eine DAfStb-Richtlinie
(vgl. [5]), auf die im Folgenden noch eingegangen wird. Einen weiteren, wesentlichen
GZG stellt, insbesondere vor dem Hintergrund immer schlanker werdender Konstruk-

123
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

tionen, der Nachweis der Schwingungsempfindlichkeit dar, welcher ebenfalls durch


DIN 1045-1 nicht geregelt wird.

Die maßgebenden Einwirkungskombinationen nach DIN 1055-100 (2001) für die


Gebrauchstauglichkeitsnachweise werden in den einzelnen Abschnitten festgelegt.
Für (nicht vorgespannte) Hochbauten sind dies im Wesentlichen die

Seltene Einwirkungskombination

E d,rare = ∑ G k, j ⊕ Q k,1 ⊕ ∑ ψ 0,i ⋅ Q k,i


j≥1 i>1
(4.1)
= ∑ G k, j ⊕ ∑ ψ 0,i ⋅ Q k,i ⊕ (1 − ψ 0,1 ) ⋅ Q k,1
j≥1 i≥1

für die Spannungsnachweise von Beton und Bewehrung, bzw. die

Quasi-ständige Einwirkungskombination

E d,perm = ∑ G k, j ⊕ ∑ ψ 2,i ⋅ Q k,i


j≥1 i≥1
(4.2)

für die Rissbreiten- und Verformungsnachweise.

Der Operand ⊕ bedeutet hierbei „in Kombination mit“, d. h. nur ungünstig wirkende
Veränderliche Qi sind zu berücksichtigen. Die Umformung in Gl. (4.1) erleichtert die
Identifikation der maßgebenden führenden, veränderlichen Einwirkung Q1. So
braucht nur einmal die Kombination errechnet zu werden, um anschließend anhand
der Einzellastfallergebnisse auf Q1 zu schließen. Die Kombinationsbeiwerte ψ erge-
ben sich hierbei aus DIN 1055-100 (2001), Tab. A.2. In Tabelle 4.1 sind beispiels-
weise die maßgebenden Kombinationsbeiwerte für ein übliches Bürogebäude aufge-
zeigt.

Im Vergleich zur DIN 1045 (1988), Abs. 17.6, wird das Gebrauchslastniveau nicht
mehr pauschaliert zu „ständige Last, jedoch mindestens 70% der Gesamtlast“.

124
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

Beispiel 1
Bürogebäude mit Flachdecken d = 24 cm, 2,5 kN/m² Ausbau / Installation so-
wie 3,5 kN/m² Nutzlasten
0,24 m⋅ 25 kN/m ² + 2,5 kN/m ² + 0,3 ⋅ 3,5 kN/m ²
quasi − ständiger Anteil = = 80%
0,24 m⋅ 25 kN/m ² + 2,5 kN/m ² + 3,5 kN/m ²

Bei Versammlungs- oder Lagerräumen wird der ständige Anteil noch größer. Eben-
falls zu beachten ist, dass Zwang aus Temperatur in der quasi-ständigen Kombi-
nation nicht, dagegen Zwang aus Setzungen voll zu berücksichtigen ist.

Tabelle 4.1: Auszug aus DIN 1055-100 (2001), Tab. A.2, für Bürobauten

Ψ0 Ψ2
Einwirkung
selten quasi-ständig

Nutzlasten Kategorie B – Büros 0,7 0,3

Verkehrslasten Kategorie H – Dächer 0 0

Schnee- und Eislasten 0,5 0

Windlasten 0,6 0

Temperatur (nicht Brand) 0,6 0

Baugrundsetzungen 1,0 1,0

125
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

4.1.1 Spannungsbegrenzung
Die Nachweise zur Spannungsbegrenzung können i. A. (für nicht vorgespannte, nach
Abschnitt 10 bemessene Tragwerke des üblichen Hochbaus) entfallen, wenn

• die Schnittgrößen nach E-Theorie ermittelt und nicht mehr als 15 %


(δ = 0,85) umgelagert werden und
• die bauliche Durchbildung – insbesondere bzgl. der Mindestbewehrung –
nach Abs. 13 erfolgt.

Dies wird für Standardkonstruktionen i. d. R. der Fall sein.

DIN 1045-1 lässt jedoch in Abschnitt 8 weitaus größere Schnittgrößenumlagerungen


als 15 % zu. So können ohne direkten Nachweis der plastischen Verformungs-
fähigkeit (Rotation) bis zu 30 % (δ = 0,7) umgelagert werden, mit Nachweis sogar
noch größer. In diesen Fällen sind neben dem GZT auch die Spannungen in Beton
und Bewehrung im GZG nachzuweisen, welche oftmals für die Bemessung maßge-
bend werden (Zilch, Rogge [13]).

Für die Betondruckzone sind nachzuweisen:

1. Für die seltene Einwirkungskombination und korrosionfördernde Umgebung


(Expositionsklassen XD, XF):

σ c,rare ≤ 0,6 f ck (4.3)

Schon bei kurzzeitigem Überschreiten einer Druckspannung von 60 % der


Festigkeit kann es zu Längsrissen durch Überschreitung der Querzug-
spannungen kommen. Dies ist insbesondere für Druckglieder von Bedeutung.
Die in der Norm erwähnten Gegenmaßnahmen, Erhöhung der Betondeckung
bzw. Umschnürung durch Verbügelung, sind nach [13] nicht zur Vermeidung
dieser Risse geeignet.

126
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

2. Für die quasi-ständige Einwirkungskombination:

σ c,perm ≤ 0,45 fck (4.4)

Bei dauerhafter Beanspruchung über 40 % von fcm setzt im Betongefüge eine


Mikrorissbildung ein, die zu einem überproportionalen Anstieg der Kriechver-
formungen führt. Bei Nichteinhaltung dieser Grenze sind die Auswirkungen der
zusätzlichen Kriechverformungen zu verfolgen, d. h. es ist zu überprüfen, ob
durch die sich aus der Kriechverformung ergebenen Änderungen (z. B. der
Schnittgrößen) maßgebliche Beeinflussungen (Anhaltswert: größer 10 %) auf-
treten.

Da bei einem Überschreiten der Streckgrenze irreversible Stahldehnungen und Ver-


bundschädigungen zu verbleibenden Rissen führen, ist für Bewehrung unter der sel-
tenen Einwirkungskombination nachzuweisen:

σ s,rare ≤ 0,8 f yk (4.5)

Nur bei ausschließlicher Zwangeinwirkung sind Spannungen von bis zu 1,0 fyk zu-
lässig, da durch die Rissbildung die Zwangeinwirkung i. d. R. wieder abgebaut wird.

Für die Nachweise im GZG dürfen vereinfachend linear-elastische Stoffgesetze für


Beton und Bewehrung verwendet werden. Hierbei spielt das Betonalter einen ent-
scheidenden Einfluss. Während im frühen Betonalter Ecm nach DIN 1045-1, Tab. 9,
verwendet wird, sind Langzeiteinflüsse durch eine Abminderung des E-Moduls zu be-
rücksichtigen. Hierbei kann man den vereinfachten Ansatz verwenden:

1,1 E cm 1
E c,eff (t = ∞ ) = ≈ E cm (4.6)
1,1 + ϕ ( ∞, t 0 ) 3

127
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

45

40 C 30/37

35

30
Spannung [N/mm²]

25

20

15
GZG, Abs. 9.1.5
10 GZG, t=0, linear
GZG t=oo, phi=2,2, linear
5 GZT, Abs. 9.1.6
0,45 fck
0
0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4
Dehnung [o/oo]

Abbildung 4.1: Spannungs-Dehnungs-Beziehungen für Beton C 30/37

In Abbildung 4.1 sind verschiedene Spannungs-Dehnungs-Linien für einen C 30/37


dargestellt. Die nichtlinearen Kurven für GZG und GZT gemäß Abschnitt 9 der Norm
wiesen große Unterschiede in Ihren Anfangssteifigkeiten auf. Die linearisierten Be-
ziehungen mit und ohne Einfluss des Kriechens ebenfalls. Zilch, Rogge (vgl. [13])
zeigen ein Verfahren für Querschnitte unter reiner Biegung auf, nach dem leicht zu
entscheiden ist, ob der GZT oder der Spannungsnachweis im GZG für die Be-
messung maßgebend wird. In Abbildung 4.2 werden für einen C 30/37 die bezo-
genen Maximalmomente

MEd
µ Ed = , (4.7)
bd 2 f cd

die sich aus dem GZT ergeben, verglichen mit den maximal nach Gl. 4.3 bis 4.5
möglichen bez. Momenten. Eine evtl. Momentenumlagerung wird durch einen Faktor
δ < 1,0 berücksichtigt. Zum Vergleich wird zwischen Belastung in jungem und im fort-
geschrittenen Betonalter unterschieden. Da die Betonspannungsbegrenzung gerade

128
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

übermäßiges Kriechen verhindern soll, ist auf der sicheren Seite die Verwendung
von Ecm in jungem Alter zu empfehlen. Für die Begrenzung der Stahlspannungen ist
hingegen von fortgeschrittenem Alter und somit von Ec,eff auszugehen.

1
C 30/37
0.94
(bez. Moment µ GZG) / (δ * bez. Moment µ GZT) [-]

0.9

0.84
0.82
GZG maßgebend
0.8

0.73
0.7
0.65

0.6 GZT maßgebend


0.57

0.5
sigma c < 0,45 fck, t=0
sigma c < 0,45 fck, t=oo
sigma c < 0,6 fck, t=0
sigma s < 0,8 fyk, t=oo
0.4 Beispiel 2, delta = 1,0
Beispiel 2, delta = 0,78
Beispiel 2, delta = 0,7
0.3 0.13
0 0.05 0.1 0.15 0.2 0.25 0.3
δ * bez. Moment µ im GZT [-]

Abbildung 4.2: Grenzkurven für die Spannungsbegrenzung

Beispiel 2
Querschnitt: b / h / d = 30 cm / 40 cm / 37 cm
Beton: C 30/37
Bewehrung: BSt 500 S (B), 3 Ø 16, As = 6,03 cm², ρ = 0,55 %
Aus Nebenrechnung: MRd = 90 kNm => µRd = 0,13
Belastung: wie Beispiel 1 =>
µ Ed,perm 0,24 ⋅ 25 + 2,5 + 0,3 ⋅ 3,5
= = 0,57
δ ⋅ µ Rd 1,35 ⋅ (0,24 ⋅ 25 + 2,5 ) + 1,5 ⋅ 3,5
µ Ed,rare 0,24 ⋅ 25 + 2,5 + 0,7 ⋅ 3,5
= = 0,65
δ ⋅ µ Rd 1,35 ⋅ (0,24 ⋅ 25 + 2,5 ) + 1,5 ⋅ 3,5

Fall 1: keine Umlagerung (δ = 1,0)


gemäß Abbildung 4.2: Kriterien Gl. 4.3 bis 4.5 erfüllt.

129
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

Fall 2: Umlagerung ohne Nachweis der Rotationsfähigkeit


aus Nebenrechnung: xd/d = 0,17 => max. mögliche Umlagerung (DIN 1045-1,
Gl. 12)
max δ = 0,64 + 0,8 ⋅ 0,17 = 0,78

Annahme: Querschnittswiderstand bleibt konstant => nur das Verhältnis zu


den Einwirkungskombinationen im GZG ändert sich.
µ Ed,perm 0,57
= = 0,73
δ ⋅ µ Rd 0,78
µ Ed,rare 0,65
= = 0,82
δ ⋅ µ Rd 0,78

gemäß Abbildung 4.2: Kriterium Gl. 4.3 wird für junges Betonalter verletzt,
sonst Gl. 4.3 bis 4.5 erfüllt.

Fall 3: Umlagerung mit Nachweis der Rotationsfähigkeit


Annahme: δ = 0,7 möglich (Rotationsfähigkeit ist gesondert nachzuweisen.)
µ Ed,perm 0,57
= = 0,82
δ ⋅ µ Rd 0,70
µ Ed,rare 0,65
= = 0,94
δ ⋅ µ Rd 0,70

gemäß Abbildung 4.2: Kriterien Gl. 4.3 bis 4.5 werden verletzt => Umlagerung
nicht möglich.

Die vorangehenden Ausführungen sollen verdeutlichen, dass – obgleich die Span-


nungsnachweise im Regelfall vernachlässigt werden dürfen – bereits bei mittlerer
Ausnutzung der Betondruckzone eine nicht unerhebliche Schädigung entstehen
kann. Die Inanspruchnahme größerer Momentenumlagerungen scheitert oftmals am
GZG.

130
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

4.1.2 Rissbreitenbegrenzung
Im Unterschied zur DIN 1045 (1988), welche die Rissbreitenbeschränkung nur im-
plizit behandelte, werden in DIN 1045-1 Rissbreiten wk direkt berechnet. Es wird ex-
plizit darauf hingewiesen, dass es sich bei der Rissbreite wk nicht um einen exakten
Wert handelt. Dies sollte – nicht zuletzt vor dem Hintergrund juristischer Auseinan-
dersetzungen – stets allen Planungsbeteiligten verdeutlicht werden. Rissbreiten un-
terliegen statistischen Schwankungen und sind selbst über ihre Tiefe nicht konstant.
So verstehen sich die rechnerischen Rissbreiten der Norm als in Lage der Beweh-
rung definiert (Abbildung 4.3). Biegerisse können daher an der Betonoberfläche grö-
ßere Werte annehmen.

Abbildung 4.3: Definitionsort der Rissbreite wk (nach [4])

Die Anforderungen an die rechnerischen Rissbreiten werden in Abhängigkeit von den


Expositionsklassen definiert. Für nicht vorgespannte Stahlbetonbauteile sind dies die
in Tabelle 4.2 angegebenen Werte.

131
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

Tabelle 4.2: Anforderungen an die Rissbreite in Abhängigkeit von der Expositi-


onsklasse

Expositionsklasse Mindestanfor- Einwirkungskombination Rechenwert der


derungsklasse für den Nachweis Rissbreite wk
XC2, XC3, XC4
XD1, XD2, XD3 E 0,3 mm
quasi-ständig
XS1, XS2, XS3
XC1 F 0,4 mm

Im Vergleich zu den Werten nach alter Norm stellen die Anforderungskategorie E


Außenbauteile und die Kategorie F Innenbauteile dar, wobei für Außenbauteile ge-
ringfügig größere Rissbreiten (0,3 mm statt früher 0,25 mm) zugelassen werden. I. A.
ist für im Bauzustand bewitterte Innenbauteile keine höhere Anforderungsklasse zu
wählen, da der Karbonatisierungsprozess nur langsam voranschreitet. Ist jedoch eine
korrosionsförderne Einwirkung (z. B. Tausalz) zu befürchten, so ist die Anforderungs-
klasse im Bauzustand zu erhöhen. Es können für einzelne Bauteile auch unter-
schiedliche Anforderungsklassen an den Oberflächen maßgebend werden (z. B. bei
Bodenplatten).

Mit den Werten in Tabelle 4.2 gelten die Anforderungen an die Dauerhaftigkeit und
das Erscheinungsbild i. A. als erfüllt. Unabhängig davon kann der Bauherr eine hö-
here Anforderungsklasse und damit geringere Rissbreiten fordern. Es empfiehlt sich
daher eine frühzeitige Abstimmung mit den Planungsbeteiligten. Für wasserun-
durchlässigen Beton werden darüber hinaus durch die WU-Richtlinie (vgl. [5]) zuläs-
sige Rissbreiten unter der häufigen (!) Einwirkungskombination definiert, bei denen
man von einer sukzessiven Selbstheilung des Betons ausgehen kann (Tabelle 4.3).

132
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

Tabelle 4.3: Anforderungen an die Rissbreite bei WU-Beton mit Selbstheilung


(nach [5])

Druckgefälle hw/hb1) Zulässige Rissbreite w (Rechenwert)


≤ 10 0,20 mm
> 10 ≤ 15 0,15 mm
> 15 ≤ 25 0,10 mm
1
hw = Druckhöhe Wasser in m; hb = Bauteildicke in m

Ermittlung der rechnerischen Rissbreite


Im ungerissenen Zustand werden Stahl- und Betondehnung üblicherweise in einer
Bezugsfaser als gleich angenommen. Die Rissbreite stellt daher die über den Ab-
stand der Risse sr,max integrierte Differenz aus Stahl- und Betondehnung dar. Die Dif-
ferenz hängt hierbei maßgeblich vom Verbund zwischen Beton und Bewehrung ab,
welcher seinerseits durch die Verbundspannung (Materialeigenschaft) sowie die
Verbundoberfläche (Geometrieeigenschaft = f(Stabdurchmesser)) beeinflusst wird.
Nimmt man über den Rissabstand konstante, mittlere Dehnungen εsm und εcm an, so
ergibt sich die rechnerische Rissbreite zu

w k = s r,max ⋅ (ε sm − ε cm ) (4.8)

Die Differenz zwischen Stahl- und Betondehnung ergibt sich aus

fct,eff
σ s − 0,4 ⋅ (1 + α e ⋅ eff ρ )
eff ρ σ (4.9)
ε sm − ε cm = ≥ 0,6 s
Es Es

mit:
αe = E s E cm
eff ρ = A s A c,eff
f ct,eff = f ctm ≥ 3,0 N / mm 2

133
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

Hierbei sind Verbundabnahmen bei Dauerlast (Verbundkriechen, Lastwechsel) be-


reits berücksichtigt. Die Randbedingung 0,6⋅σs/Es stellt die maximale, rechnerische
Dehnungsdifferenz für diesen Fall dar. Wenn sichergestellt ist, dass die Rissbildung
in jungem Alter stattfindet, z. B. durch Zwang aus abfließender Hydratationswärme,
darf fct,eff auf 50 % fctm reduziert werden. Ferner fällt die Dehnungsdifferenz bei kurz-
zeitiger Belastung geringer aus und ergibt sich gemäß [4] zu

f ct,eff
σ s − 0,6 ⋅ (1 + α e ⋅ eff ρ )
eff ρ σ (4.10)
ε sm − ε cm = ≥ 0,4 s
Es Es

Der Wirkungsbereich der Bewehrung Ac,eff ist in DIN 1045-1, Bild 53, definiert. Es sei
darauf hingewiesen, dass die in Abbildung 4.4 dargestellten Bereiche nur bei dünnen
Bauteilen mit am Rand konzentrierter Bewehrung gültig sind und bei dicken Bau-
teilen gemäß Abbildung 4.5 anwachsen können.

Abbildung 4.4: Wirkungsbereich Ac,eff nach DIN 1045-1, Bild 53

134
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

heff /d1 4

Zentrischer Zwang
2 Biegung

0
0 10 20 30 40 50 60 70
h/d1

Abbildung 4.5: Wirkungsbereich Ac,eff nach [10]

Der rechnerische Rissabstand ergibt sich aus

ds σ s ⋅ ds
s r,max = ≤ (4.11)
3,6 ⋅ eff ρ 3,6 ⋅ f ct,eff

Die obere Grenze des Rissabstandes wird hierbei durch die doppelte Einlei-
tungslänge der Stahlzugkraft in den Beton und den damit minimalen Abstand zwi-
schen zwei Einzelrissen definiert.

Beispiel 3
System und Belastung wie Beispiel 2
Anforderungsklasse E => wk = 0,3 mm unter quasi-ständiger Einwirkungskom.
fct,eff = 3,0 N/mm² (C 30/37: fctm = 2,9 N/mm², nicht maßgebend)
αe = 200000/31900 = 6,2; Ac,eff = 30 cm ⋅ 2,5 ⋅ 3 cm = 225 cm²
As = 6,03 cm² => eff ρ = 0,027
µ Ed,perm
= 0,57
µ Rd
⇒ MEd,perm = 0,57 ⋅ 90 kNm = 51,3 kNm

135
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

MEd,perm 0,0513 MNm


⇒ σs ≈ = = 255 MN / m²
0,9 d A s 0,9 ⋅ 0,37 ⋅ 0,000603

3 MN / m²
255 MN / m² − 0,4 ⋅ (1 + 6,2 ⋅ 0,027 )
0,027
ε sm − ε cm = = 0,001
200000 MN / m²

255 MN / m²
≥ 0,6 ⋅ = 0,00077
200000 MN / m²

16 mm 255MN/m² ⋅ 16 mm
sr,max = = 165mm ≤ = 378mm
3,6 ⋅ 0,027 3,6 ⋅ 3MN/m²

w k = 165mm ⋅ 0,001 = 0,17mm < zul w k = 0,3 mm

Indirekter Nachweis der Rissbreite


Aus Umformung von Gl. 4.8 in Verbindung mit Gl. 4.9 und 4.11 kann man auch direkt
den für eine bestimmte Rissbreite zulässigen Stabdurchmesser ableiten.

3,6 ⋅ w k ⋅ E s ⋅ A 2s
zul. d s ≤ (4.12)
f ct,eff ⋅ A c,eff ⋅ (σ s ⋅ A s − 0,4 ⋅ f ct,eff ⋅ A c,eff ⋅ (1 + α e ⋅ eff ρ ))

Für DIN 1045-1 wurde das aus DIN 1045 (1988) bewährte, indirekte Nachweis-
verfahren der in Abhängigkeit von der Stahlspannung zulässigen Stabdurchmesser
in Tabellenform übernommen. Hierfür wurde vereinfachend fct,eff · Ac,eff = σs · As (un-
günstigster Fall), fct,eff = fct,0 = 3,0 N/mm² und (1 + αe ⋅ eff ρ) = 1,0 angenommen, so
dass sich Gl. 4.12 vereinfacht zu:

3,6 ⋅ w k ⋅ f ct,eff ⋅ E s
zul. d s ≤ (4.13)
0,6 ⋅ σ 2s

In Abbildung 4.6 werden die zulässigen Stabdurchmesser in Abhängigkeit von der


Rissbreite und dem effektiven Bewehrungsgrad für eine konstante Stahlspannung
aufgezeigt. Mit zunehmendem effektivem Bewehrungsgrad steigt der zulässige Stab-
durchmesser, da sich der Rissabstand verringert. Die Werte der DIN 1045-1,
Tab. 20, liegen demnach auf der sicheren Seite, d. h. es lohnt sich bei höherem Be-
wehrungsgrad oftmals, eine genauere Berechnung zum Nachweis des gewählten

136
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

Stabdurchmessers durchzuführen. Ferner ist Abbildung 4.6 zu entnehmen, dass mit


abnehmendem effektivem Bewehrungsgrad bei konstantem Stabdurchmesser die
Rissbreite ansteigt. Dies ist insbesondere bei dicken Bauteilen von Bedeutung, bei
denen nach Abbildung 4.5 Ac,eff stark zunimmt.

50

45
σ s = 240 N/mm²
zul. Stabdurchmesser ds [mm]

40
α e = 6,2
35

30

25

20

15
DIN 1045-1, Tab. 20
10 rho = 0,01
rho = 0,02
5
rho = 0,03
0
0.05 0.1 0.15 0.2 0.25 0.3 0.35 0.4 0.45
rechnerische Rissbreite wk [mm]

Abbildung 4.6: zul. Stabdurchmesser in Abhängigkeit von rechnerischer Rissbrei-


te und effektivem Bewehrungsgrad eff ρ

Tabelle 4.4: Erweiterte Tab. 20, DIN 1045-1

Stahlspannung Grenzdurchmesser ds* in mm


σs N/mm² wk = 0,4 mm wk = 0,3 mm wk = 0,2 mm wk = 0,15 mm wk = 0,1 mm
160 56 42 28 21 14
200 36 28 18 14 9
240 25 19 13 9 6
280 18 14 9 7 5
320 14 11 7 5 4
360 11 8 6 4 -
400 9 7 5 - -
450 7 5 4 - -

137
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

Beispiel 3 (Fortsetzung)
Indirekter Nachweis der Rissbreite:
σs = 255 N/mm² => DIN 1045-1, Tab. 20, zul. ds* ≈ 17 mm > vorh. ds = 16 mm

Der Grenzdurchmesser nach Tabelle 4.4 ist in Abhängigkeit von der Bauteilhöhe und
der effektiven Betonzugfestigkeit (z. B. bei hoher Zugfestigkeit) zu modifizieren:

σs ⋅ A s f ct,eff
d s = d *s ≥ d *s (4.14)
4 ⋅ (h − d) ⋅ b ⋅ f ct,0 f ct,0

Alternativ darf bei überwiegender Lastbeanspruchung auch der Nachweis über die
Einhaltung der Stababstände nach DIN 1045-1, Tab. 21, geführt werden. Im Falle
einer mehrlagigen oder verteilten Bewehrung sollte jedoch immer ein Nachweis mit-
tels der Grenzdurchmesser gewählt werden.

Mindestbewehrung
Neben der Mindestbewehrung der einzelnen Bauteilarten (z. B. die Mindest-
verbügelung bei Balken), welche vornehmlich zur Sicherung des GZT anzuordnen
ist, wird in DIN 1045-1 auch eine Mindestbewehrung zur Begrenzung der Rissbreiten
verlangt. Diese soll die Dauerhaftigkeit und das Erscheinungsbild bei nicht be-
rücksichtigter Zwangeinwirkung oder Eigenspannungen gewährleisten und ist stets
anzuordnen, wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass eine Zwangs-
beanspruchung durch konstruktive Maßnahmen weitgehend ausgeschlossen wird.

Der erforderliche Mindestbewehrungsquerschnitt in der Zugzone ergibt sich hierbei


nach einem DIN 1045 (1988) ähnlichen Ansatz:

A s = k c ⋅ k ⋅ f ct,eff ⋅ A ct / σ s (4.15)

138
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

Der Beiwert kc berücksichtigt die Form der Spannungsverteilung im vor der Riss-
bildung unter Zugspannung stehenden Betonquerschnitt Act. Vereinfachend kann an-
genommen werden:

• Bauteile unter Biegung: kc = 0,4


• Bauteil unter zentr. Zug: kc = 1,0

Der Beiwert k berücksichtigt die Nichtlinearität der Spannungsverteilung über die


Bauteilhöhe in Abhängigkeit von derselben (vgl. Abbildung 4.7). Hierbei ist zwischen
innerem Zwang (z. B. Hydratation) und äußerem Zwang (z. B. Setzungen) zu unter-
scheiden. Da im ersten Fall durch die mit größerer Bauteildicke zunehmenden, nicht-
linearen Eigenspannungen die Rissschnittgröße deutlich herabgesetzt wird, darf
auch die Mindestbewehrung verringert werden.

1.1
Beiwert k [-], DIN 1045-1, Gl.127

1
äußerer Zwang
0.9

0.8
innerer Zwang
0.7

0.6

0.5

0.4
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Bauteilhöhe [cm]

Abbildung 4.7: Beiwert k

σs bezeichnet die für den Nachweis der jeweiligen Rissbreite maximal zulässige
Spannung in der Bewehrung gemäß Tabelle 4.4.

Wenn gezeigt werden kann, dass die Zwangsschnittgrößen die Schnittgrößen, wel-
che zum Reißen des Bauteils führen würden, nicht überschreiten (σc < fct,eff), so ist

139
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

zwar dennoch eine Mindestbewehrung vorzusehen. Diese darf aber dann auf Basis
der tatsächlich auftretenden Zwangsschnittgröße ermittelt werden.
Die Begrenzung der Rissbreite kann hierbei auch über den Stabdurchmesser nach-
gewiesen werden, wobei ht die Höhe der Zugzone im ungerissenen Querschnitt ist:

k c ⋅ k ⋅ ht fct,eff
d s = d *s ≥ d *s (4.16)
4 ⋅ (h − d) ⋅ fct,0 fct,0

Beispiel 4
Mindestbewehrung für Querschnitt Beispiel 2
Äußerer Biegezwang (z. B. Temperatur) im mittleren Betonalter
=> fctm = 3,0 N/mm²
kc = 0,4; k = 0,74; ds = 16 mm => σs ≈ 260 MN/m² (wk = 0,3 mm)

erf A s = 0,4 ⋅ 0,74 ⋅ 3,0 MN / m² ⋅ 0,5 ⋅ 0,4 m ⋅ 0,3 m / 260 MN / m² = 2,05 cm²
< vorh A s = 6,03 cm²

In Abbildung 4.8 werden für die Randbedingungen des Beispiels 4 die Werte nach
alter und neuer DIN 1045 für unterschiedliche Bauteilhöhen verglichen. In der neuen
Norm wird insbesondere für hohe Querschnitte deutlich weniger Mindestbewehrung
gefordert.

7 C30/37 (B35)
b = 30 cm
Mindestbewehrung [cm²]

6 ds = 16 mm
Außenbauteil
Biegezwang
5

2
DIN 1045-1(2001)

1
DIN 1045(1988)

0
0 20 40 60 80 100 120
Bauteilhöhe [m]

Abbildung 4.8: Vergleich Mindestbewehrung DIN 1045 alt und neu

140
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

Abbildung 4.9: Kostenbestandteile und Zusatzkosten bei zentrischer Zwangbe-


lastung (Abfließende Hydratationswärme in Bodenplatte) nach [9]

Abbildung 4.10: Kostenbestandteile und Zusatzkosten bei zentrischer Zwangbe-


lastung (Abfließende Hydratationswärme in Wand) nach [9]

141
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

Von Kempf, Graubner (vgl. [9]) wurden in diesem Zusammenhang interessante Un-
tersuchungen unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit durchgeführt. Erwartungsge-
mäß entstehen bei weißen Wannen mit kleinen zulässigen Rissbreiten große Zusatz-
kosten (Abbildung 4.9) bezogen auf die Gesamtkosten. Diese sind jedoch vornehm-
lich durch den nahezu kompletten Wegfall der Schalungskosten bedingt. Anders
sieht es daher bei Wänden aus, bei denen die Schalung einen sehr hohen Anteil an
den Gesamtkosten hat (Abbildung 4.10). Bei Bodenplatten lohnt demnach oftmals
eine genauere Betrachtung der tatsächlichen Zwangsbeanspruchung.

4.1.3 Begrenzung der Verformungen


Mit den neuen Verformungsvorgaben wurden die normativen Regelungen erheblich
gegenüber der alten Norm erweitert. Die in der Norm getroffenen Aussagen zur Ver-
formungsbegrenzung sind zwar als „Anwendungsregeln“ und nicht als „Prinzipien“ im
Sinne der Normenterminologie zu verstehen, d. h. über die Größe der Verformungen
ist im Einzelfall zu entscheiden. Dennoch werden in Zukunft noch mehr Auseinan-
dersetzungen um diesen Punkt geführt werden, da die Norm erstmals explizite Werte
vorgibt, auf die sich der Bauherr im Zweifel – evtl. mangels besserer Beratung – be-
rufen wird. Auch hier sei daher dringend empfohlen, möglichst frühzeitig mit den Pla-
nungsbeteiligten eine Abstimmung durchzuführen. Dies betrifft im Wesentlichen zu-
nächst die Auswirkungen der Verformungen auf den Ausbau (z. B. nichttragende
Mauerwerkswände, Installation). Aber auch die optische Qualität ist in der gegen-
wärtigen Renaissance des Sichtbetons nicht zu vernachlässigen.

142
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

Bei den Verformungsvorgaben unterscheidet die Norm zwei Zustände (Abbil-


dung 4.11):

Durchhang
+ Überhöhung
= Durchbiegung

Abbildung 4.11: Definition von Durchhang und Durchbiegung

1. Durchhang

Der Durchhang des Tragwerks (z. B. Unterzug oder Decke) im Endzustand sollte
1/250 der Stützweite nicht überschreiten. Dann kann der GZG als erfüllt angese-
hen werden. Sollten die zu erwartenden Verformungen größer werden, so sind
Überhöhungen bis zu 1/250 der Stützweite zulässig.

2. Durchbiegung

Bei verformungsempfindlichen Einbauten (z. B. Mauerwerkswände) sollte die


Durchbiegung (= Überhöhung + Durchhang) lediglich 1/500 der Stützweite betra-
gen. Ansonsten ist die Empfindlichkeit des Ausbaus gesondert nachzuweisen.

Wie auch in der alten Norm besteht die Möglichkeit, diese Verformungen durch eine
Begrenzung der Biegeschlankheit indirekt nachzuweisen. Üblicherweise kann das
Kriterium

li / d ≤ 35 (4.17)

143
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

herangezogen werden, wobei li die Ersatzstützweite nach DIN 1045-1, Tab. 22, (Ta-
belle 4.5) darstellt. Für erhöhte Anforderungen gilt das Kriterium:

li / d ≤ 150 / li mit li in m (4.18)

Diese Kriterien sind jedoch mittlerweile umstritten (vgl. [4], [7]), da sie auf älteren Un-
tersuchungen basieren. Heutzutage werden Bewehrung und Querschnitte weitaus
höher ausgenutzt, so dass geringere Bewehrungsgrade verbunden mit größeren Ver-
formungen im Zustand II vorliegen. Es ist daher zu empfehlen, bei verformungs-
empfindlichen Baukonstruktionen (z. B. Flachdecken mit KS-Innenausbau) genauere
Betrachtungen der zu erwartenden Verformungen vorzunehmen.

Tabelle 4.5: Tab. 22, DIN 1045-1, zur Bestimmung der Ersatzstützweite

144
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

In DIN 1045-1 wird kein explizites Verfahren zur rechnerischen Verformungs-


ermittlung vorgegeben. Es stehen jedoch mehr oder weniger aufwändige Rechen-
verfahren und mittlerweile immer mehr EDV-Programme zur Verfügung, mit deren
Hilfe relativ gute Abschätzungen durchgeführt werden können (vgl. [4], [7], [11]).

Überschlägige Berechnung
Bei jeder „genaueren“ Berechnung der Verformungen von Stahlbauteilen sollte man
sich stets die statistischen Schwankungen der Einflussparameter (Materialeigen-
schaften, statische Randbedingungen usw.) bei der Beurteilung der Ergebnisse in Er-
innerung rufen. Auch bei den Verformungen handelt es sich um „Rechenwerte“. Dies
ist den Planungsbeteiligten entsprechend zu vermitteln.

Zur qualitativen Abschätzung soll im Folgenden ein Ansatz (einer von vielen an-
deren) in Anlehnung an das Verfahren von Eurocode 2, Anhang 4, für reine Biegung
vorgestellt werden. Da statische Berechnungen in der Baupraxis heutzutage über-
wiegend mit EDV-Programmen durchgeführt werden, stellt die Ermittlung der linear-
elastischen Verformungen sowohl für Stabwerke als auch Flächentragwerke i. A.
kein Problem dar. Die darüber hinaus maßgebenden Einflüsse aus Langzeit-
wirkungen (Kriechen und Schwinden) sowie den nichtlinearen Materialeigenschaften
(Zustand II) werden hingegen noch längst nicht von allen Programmen berück-
sichtigt. Als eine gute Vorgehensweise zur Abschätzung der Verformungen hat sich
in den letzten Jahren die Methode der affinen Verläufe bewährt (vgl. [11]):

1. Ermittlung der linear elastischen Verformung unter der maßgebenden Ein-


wirkungskombination => fI,0
2. Zusatzverformung aus Kriechen und Schwinden wird als fiktive Steifigkeits-
abnahme bewertet => fI,∞
3. Ermittlung der Steifigkeit im Zustand II => fII,∞
4. Abschätzung der Gewichtung der Bereiche in Zustand I und II aufgrund des
Beanspruchungsverlaufes => fII,∞,eff

145
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

Schritt 1 wird i. d. R. vom EDV-Programm übernommen, für Schritt 2 kann verein-


fachend Gl. 4.6 verwendet werden. Bei Annahme eines linear-elastischen Material-
verhaltens der Betondruckzone ergibt sich die Steifigkeit des gerissenen Quer-
schnitts zu

( )
EIII = A s ⋅ Es,eff ⋅ d − x (Ec,eff ) ⋅ z (Ec,eff ) . (4.19)

Druckzonenhöhe und innerer Hebelarm ergeben sich hierbei nach [13] zu

 2 
A s ⋅ E s,eff  A s ⋅ E s,eff  A ⋅E
x II = d ⋅ − +   + 2 ⋅ s s,eff  , (4.20)
 A c ⋅ E c,eff  A ⋅E  A c ⋅ E c,eff 
 c c,eff 
 
z II = d − x / 3 . (4.21)

Bei der Stahlsteifigkeit Es,eff kann der begünstigende Einfluss der Mitwirkung des Be-
tons zwischen den Rissen (tension stiffening) nach [4], Abb. H8-4, berücksichtigt
werden. Nimmt man vereinfachend an

Mriss f ctm ⋅ h 2
σ sr = = , (4.22)
0,9 ⋅ d ⋅ A s 6 ⋅ 0,9 ⋅ d ⋅ A s

MEd,perm
σ s,perm = , (4.23)
0,9 ⋅ d ⋅ A s

so ergibt sich der effektive Stahl-Elastizitätsmodul zu

β t ⋅ σ sr + σ s β t ⋅ Mriss + MEd,perm
E s,eff = Es = Es (4.24)
σs MEd,perm

mit βt = 0,25 für Dauerbelastung. Die Abschätzung der Aufteilung in gerissene und
ungerissene Bereiche erfolgt nach Eurocode 2

2
 Mriss 
ζ = 1 − β1 ⋅ β2   (4.25)
 MEd,perm 
 

146
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

mit β1 = 1,0 für Rippenstahl und β2 = 0,5 für Dauerlast. Setzt man nun einen zur elas-
tischen Biegelinie affinen Verlauf der Verformung an, so ergibt sich der rechnerisch
zu erwartende Verformungswert aus

fII,∞,eff = ζ ⋅ fII,∞ + (1 − ζ ) ⋅ fI,∞ (4.26)


mit
E cm ⋅ I
fI,∞ = ⋅ fI,0 , (4.27)
E c,eff ⋅ I

E cm ⋅ I
fII,∞ = ⋅ fI,0 . (4.28)
EIII

Beispiel 5
Einachsig gespannte Einfeldplatte, L = 4,0 m
Belastung: g1 = 1,0 kN/m², q = 5,0 kN/m² (Versammlungsstätte, ψ2 = 0,6)
Querschnitt: b / h / d = (100 cm) / 15 cm / 12,7 cm
Beton: C 20/25
Aus Bemessung: Bewehrung BSt 500 S (B), as = 5,9 cm²/m, ρ = 0,4 %
Überprüfung der Schlankheitskriterien:
li d = 400 12,7 = 31,5 ≤ 35 OK
li2 d = 4 0,1272
= 126 ≤ 150 OK

„Genauere“ Berechnung:
(
m Ed,perm = 0,15 m ⋅ 25 kN / m 3 + 1,0 kN / m 2 + 0,6 ⋅ 5,0 kN / m 2 ⋅ ( 4 m) 2 / 8)
= 15,5 kNm / m

= 2,2MN / m2 ⋅ ( 0,15 m ) / 6
2
mriss = 8,25kNm / m

Ec,eff = 28800MN / m2 / 3 = 9600MN / m2

0,0155MNm / m
σs,perm = = 230MN / m2 / m
0,9 ⋅ 0,127m ⋅ 0,00059m2
0,00825MNm / m
σsr = = 122MN / m2 / m
0,9 ⋅ 0,127m ⋅ 0,00059m2
0,25 ⋅ 8,25 + 15,5
Es,eff = ⋅ 200000MN / m2 = 226613MN / m2
15,5
A s ⋅ Es,eff 5,9 cm2 ⋅ 226613MN / m2
= = 0,093
A c ⋅ Ec,eff 100 cm ⋅ 15 cm ⋅ 9600MN / m2

147
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

x II = 12,7 cm ⋅ − 0,093 + 0,093 2 + 2 ⋅ 0,093  = 4,4 cm


 
z II = 12,7 cm − 4,4 cm / 3 = 11,2 cm

EIII = 0,00059 m2 ⋅ 226613MN / m2 ⋅ (12,7 cm − 4, 4 cm ) ⋅ 11,2 cm ⋅ 10 −4

= 1,243MN / m2

5 q ⋅ L4
fI,0 = ⋅
384 Ecm ⋅ I

=
5

( )
0,15 m ⋅ 25kN / m3 + 1,0kN / m2 + 0,6 ⋅ 5,0kN / m2 ⋅ (4 m)4
384 28800000kN / m2 ⋅ 1,0 m ⋅ (0,15m)3 /12

= 0,0032m

fI,∞ = 3 ⋅ 0,0032m = 0,0096 m

28800MN / m2 ⋅ 1,0m ⋅ (0,15m)3 / 12


fII,∞ = ⋅ 0,0032 = 0,0208 m
1,243MN / m2
2
 8,25 
ζ = 1 − 1,0 ⋅ 0,5 ⋅   = 0,86
 15,5 

fII,∞,eff = 0,86 ⋅ 0,0208 + (1 − 0,86 ) ⋅ 0,0096 = 0,0192m

Die Verformung entspricht 0,0192/4 = 1/208 L und erfüllt somit beide Kriterien
nicht!
Zur Einhaltung von L/500 wäre eine Dimensionierung von z. B. h = 18 cm und
As = 12 cm²/m notwendig.
Zum Vergleich wurde mit einem EDV-Programm (vgl. [12]) eine nichtlineare
Berechnung unter Berücksichtigung von Kriechen, Zugfestigkeit des Betons
und tension stiffening durchgeführt. Mit fII,∞,eff = 0,022 m liegt das Ergebnis na-
he an der Handrechnung und ebenfalls über den zulässigen Werten.

Anhand des Beispiels wurde verdeutlicht, dass die Verlässlichkeit der Schlankheits-
kriterien begrenzt ist. Insbesondere bei verformungsempfindlichen Einbauten sollten
weitere Überlegungen angestellt werden.

148
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

Eine sehr grobe Verformungsabschätzung auf Basis der linear-elastischen Ergeb-


nisse kann auch mit folgender Berechnung getroffen werden:

fII,∞,eff = α ⋅ (1 + ϕ) ⋅ (fI,G + ψ 2 ⋅ fI,Q ) ≈ α ⋅ 3 ⋅ (fI,G + ψ 2 ⋅ fI,Q ) (4.29)

Wesentlicher Einflussparameter für den Beiwert α, der den Zustand II berücksichtigt,


ist der Bewehrungsgrad ρ. Überschlägig kann angenommen werden:

α ≈ −1,3 ⋅ ρ [%] + 2,5 ≥ 1,0 (4.30)

Da i. d. R. die Bewehrung bei der linear-elastischen Verformungsermittlung nicht be-


rücksichtigt wird, d. h. nur der Betonquerschnitt trägt zur Steifigkeit bei, werden die
elastischen Verformungen bei hohen Bewehrungsgraden (ρ > 1,5 %) überschätzt.
Diese Überschätzung wird durch die Rissbildung ausgeglichen, so dass α = 1,0.

Die Thematik wird ausführlich von Fricke (vgl. [7]) behandelt, der für die Vordimen-
sionierung Diagramme entwickelt hat (Abbildung 4.12).

Abbildung 4.12: Vordimensionierung nach Durchbiegungskriterien nach [7]

149
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

4.1.4 Schwingungen
Anders als oftmals angenommen sind nicht die Eigenfrequenzen des Bauwerks, son-
dern die auftretenden Beschleunigungen für die Behaglichkeit bei Deckenschwin-
gungen maßgebend. Je nach Nutzung werden Schwingungen mehr oder weniger to-
leriert. Die Ansprüche an Bürobauten oder Krankenhäuser sind entsprechend anders
als an Einkaufszentren. Da die Schwingungsamplituden – und somit die Beschleu-
nigungen – bei Resonanz mit der Schwingungserregung zunehmen, versucht man
Bauwerke möglichst nicht mit Eigenfrequenzen im Bereich der Erregungsfrequenzen
zu konzipieren. Hieraus resultiert dann der üblicherweise geforderte Frequenzbereich
des Tragwerks.

Häufigste Erregungsform von Deckenschwingungen sind gehende oder laufende


Personen. Die verschiedensten Formen des Gehens sind hinlänglich untersucht
worden, so dass für verschiedene Bauwerke möglichst zu vermeidende Eigenfre-
quenzen angegeben werden können (vgl. [2]). Auf die genaue Ermittlung von Trag-
werks-Eigenfrequenzen wird in [6] näher eingegangen. Mittlerweile werden die Ei-
genfrequenzen aber von vielen EDV-Programmen mitgeliefert. Werden die ermittel-
ten Frequenzen mit den Werten in Tabelle 4.6 abgestimmt, so sind i. A. keine Beein-
trächtigungen zu erwarten.

Tabelle 4.6: Abstimmung der Eigenfrequenzen für Stahlbetontragwerke nach


[2]

Bauwerksart Frequenzbereich
vertikal: 1,6 bis 2,4 Hz und 3,5 bis 4,5 Hz vermeiden
Fußgängerbauwerke
horizontal: > 3,4 Hz
Bürogebäude etc. > 4,8 Hz (ζ > 5 %) bzw. > 7,2 Hz (ζ < 5 %)
Turn- und Sporthallen > 7,5 Hz
Tanzlokale und Konzertsäle ohne feste
> 6,5 Hz
Bestuhlung
Konzertsäle und Theater mit fester Be-
vertikal: > 6,5 Hz
stuhlung sowie Tribünen (bei Popkon-
horizontal: > 2,5 Hz
zerten)

150
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

4.2 Rahmenknoten

Rahmenknoten aus Stahlbeton stellen komplexe Diskontinuitätsbereiche dar, in de-


nen aufgrund von Geometrie und Bewehrungsführung starke Abweichungen von der
üblichen Biegebemessung vorliegen können (vgl. [1], [8]).

Aus diesem Grund werden bei unverschieblichen Rahmen nur maximal 10 % und in
verschieblichen Rahmen gar keine Momentenumlagerungen zugelassen.

4.2.1 Rahmenecken
Bei Rahmenecken nimmt das innere Moment bis zum Schnittpunkt der Systemlinien
wieder leicht ab. Daher ist als Bemessungspunkt ein Abstand von 0,2 d vom An-
schnitt ausreichend.

Unter negativer (schließender) Momentenbelastung wird der rechnerische Bauteil-


widerstand des Bemessungspunktes erreicht, wenn die Mindestbiegerollen-
durchmesser nach DIN 1045-1, Tab. 23, eingehalten werden und eine horizontale
wie vertikale Steckverbügelung im Eckbereich vorhanden ist. Beide konstruktiven
Maßnahmen dienen der Vermeidung von Spaltzugversagen als Folge der Beweh-
rungsumlenkung. Die Stoßausbildung bei Arbeitsfugen kann in der in Abbildung 4.13
dargestellten Form erfolgen.

151
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

Abbildung 4.13: Stoßausbildung bei Rahmenecken mit negativer Momentenbean-


spruchung nach [4]

Alternativ kann die Bewehrung – insbesondere bei Wand-Decke-Anschlüssen – in


der in Abbildung 4.14 gezeigten Form mittels Schlaufen gestoßen werden. Hier soll-
ten vier parallel zur Wand verlaufende Eckstäbe und an den Bauteilrändern Steckbü-
gel zur Vermeidung von Abspaltungen angeordnet werden.

Abbildung 4.14: Stoßausbildung bei Wand-Decke-Anschlüssen mit negativer Mo-


mentenbeanspruchung nach [4]

152
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

Bei positiver (öffnender) Momentenbeanspruchung kann die bislang nach


DIN 1045 (1988) bei ρ > 0,4 % anzuordnende Diagonalbewehrung durch Zulagen bei
der Biegebewehrung ersetzt werden. Unerlässlich ist auch hier eine ausreichende
Steckverbügelung im Eckbereich, vgl. Abbildung 4.15.

Abbildung 4.15: Bewehrungsführung bei Rahmenecken mit positiver Momentenbe-


anspruchung nach [4]

4.2.2 Rahmeninnen- und Rahmenendknoten


Bei Rahmeninnen- und Rahmenendknoten ist neben den Anschnitten die Schub-
tragfähigkeit (Diagonaldruckstrebe) des Eckbereichs nachzuweisen (vgl. [8]). Der
einwirkenden Knotenquerkraft ist die Querkrafttragfähigkeit der Diagonaldruckstrebe
gegenüber zu stellen. Dabei haben die Stützennormalkraft und die Knotenschlank-

153
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

heit einen Einfluss. Bei großer Normalkraft sinkt die Querkraftbeanspruchbarkeit. Bei
im Vergleich zur Stützendicke abnehmender Riegelhöhe steigt die Beanspruchbar-
keit. In Abbildung 4.16 ist die empfohlene Durchbildung dargestellt. Die Stützbeweh-
rung ist wegen des Momentenwechsels im Eckbereich zu verankern, ggf. ist eine Zu-
lagebewehrung vorzusehen. Die Riegelbewehrung sollte als Schlaufe mit dbr ≥ 10 ds
verankert werden. Alternativ kann die Riegelbewehrung mit Ankerplatten ausgebildet
werden. Die Steckbügel sollten einen Abstand s ≤ 10 cm haben.

Abbildung 4.16: Bewehrungsführung bei Rahmenendknoten nach [4]

Bei Rahmeninnenknoten können aus feldweiser Belastung und durch die Aussteifung
von Horizontalkräften antimetrische Momente entstehen. Daher ist auch hier die Kno-
tenquerkraft und die Verankerung im Knotenbereich nachzuweisen.

Stützen- und Riegelbewehrung sind gerade durch den Knoten hindurchzuführen


(Abbildung 4.17). Kann die Verankerung im Knoten nicht nachgewiesen werden, so
ist eine gerade Zulagebewehrung hinzuzufügen.

Im Wesentlichen kann gemäß [4] bei allen Rahmenknoten durch Biegezulagen auf
die früher oftmals anzuordnende Diagonalbewehrung verzichtet werden.

154
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

Abbildung 4.17: Bewehrungsführung bei Rahmeninnenknoten nach [4]

4.3 Zusammenfassung

Der Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit hat in der neuen DIN 1045-1 den nor-
mativen Stellenwert erlangt, den er in der Baupraxis (Weiße Wannen, Durchbie-
gungsprobleme) bereits hatte. Hierdurch wird den Anforderungen an die Dauer-
haftigkeit und die Funktionalität Rechnung getragen.

Das auf den ersten Blick sperrige - da ungewohnte - Thema der Rissbreiten- und
Durchbiegungsberechnungen sollte auch dem praxisnahen Ingenieur genauso ver-
traut werden wie Schub- und Biegebemessung. Eine benutzerfreundliche Aufar-
beitung in Form von Diagrammen und Tabellen steht noch aus, aber eine Vielzahl
von EDV-Programmen haben sich bereits der Thematik angenommen.

Obgleich Rahmenknoten im Zeitalter der Flachdecken zu den seltener werdenden


Konstruktionsformen gehören, wurden in den letzten Jahren weitere, auch kon-
struktive Fortschritte auf diesem Gebiet erzielt.

155
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

4.4 Literaturverzeichnis

[1] Akkermann, J.; Eibl, J.: Rotationsfähigkeit von Rahmenecken. DAfStb-Heft


535, Beuth, Berlin

[2] Bachmann, H.: Wenn Bauwerke schwingen – Eine lockere Betrachtung an-
hand von 10 Thesen. Bauingenieur 75 (2002), Heft 11, S. 683-693

[3] Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW): Leit-


faden Nachhaltiges Bauen. Januar 2001

[4] DAfStb: Erläuterungen zu DIN 1045-1. DAfStb-Heft 525, 1. Auflage 2003,


Beuth, Berlin

[5] DAfStb-Richlinie: Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton (WU-


Richtlinie). Schlussentwurf 10/2003

[6] Eibl, J.; Häußler-Combe, U.: Baudynamik. Betonkalender 1997, Ernst & Sohn

[7] Fricke, K.-L.: Baustatik- und Baudynamik-Praxis. Bauwerkverlag, Berlin,


2002

[8] Hegger, J.; Roeser, W.: Die Bemessung und Konstruktion von Rahmen-
knoten. Grundlagen und Beispiele gemäß DIN 1045-1. DAfStb-Heft 525,
Beuth, Berlin

[9] Kempf, S.; Graubner, C.-A.: Wirtschaftliche Bewertung der Mindestbeweh-


rungsregeln für Stahlbetonbauteile. Beton- und Stahlbetonbau 97, 2002, Heft
5, S. 250-259

[10] König, G.; Tue, V.N.: Grundlagen und Bemessungshilfen für die Rissbreiten-
beschränkung im Stahlbeton und Spannbeton …. DAfStb-Heft 466, Beuth,
Berlin, 1996

[11] Litzner, H.-U.: Grundlagen der Bemessung nach DIN 1045-1 in Beispielen. In
Beton-Kalender 2002, T. 1, Ernst & Sohn

[12] SOFISTIK AG; ASE – Allgemeine Statik Finiter Element Strukturen. V. 10-62,
Oberschleißheim, 2003

156
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Gebrauchstauglichkeit / Rahmenknoten
an der Universität Karlsruhe (TH)

[13] Zilch, K.; Rogge, A.: Grundlagen der Bemessung von Beton-, Stahlbeton-
und Spannbetonbauteilen nach DIN 1045-1. In Beton-Kalender 2002, T. 1,
Ernst & Sohn

157
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Übergang von DIN 1045-alt zu DIN 1045-neu
an der Universität Karlsruhe (TH)

5 Übergang von DIN 1045-alt zu DIN 1045-neu

Dr.-Ing. Heiko Lünser, Innenministerium Baden-Württemberg

5.1 Vorbemerkungen

Im Juli 2001 hat der Normenausschuss Bauwesen (NABau) im DIN ein neues Nor-
menwerk für den Betonbau herausgebracht. Dieses Normenwerk wurde Mitte des
Jahres 2002 im Geltungsbereich der Landesbauordnungen bauaufsichtlich einge-
führt. Alternativ darf bis zum 31.12.2004 das alte Normenwerk angewendet werden.
Der folgende Text beschäftigt sich mit bauordnungsrechtlichen Fragen, die im Zu-
sammenhang mit dem Übergang vom alten zum neuen Normenwerk, d. h. von
DIN 1045-alt zu DIN 1045-neu auftreten.

5.2 Altes und neues Normenwerk im Betonbau

Das alte Normenwerk (hier vereinfacht mit DIN 1045-alt umschrieben) umfasste die
Beton- und Stahlbetonnorm DIN 1045:1988-07, die Leichtbeton- und Stahlleichtbe-
tonnormen DIN 4219-1 und -2 (jeweils: 1979-12), die Spannbetonnormen DIN 4227-
1:1988-07, DIN 4227-2:1984-05 und DIN 4227-4:1986-02, sowie die Normen
DIN 1084-1 bis -3 (jeweils: 1978-12), in denen die Güteüberwachung geregelt war. In
Bezug auf Eigenschaften, Herstellung, Verarbeitung und Gütenachweis von Beton
konnte alternativ die europäische Vornorm DIN V ENV 206:1990-10 angewendet
werden.

Die genannten Normen wurden durch das neue Normenwerk ersetzt, welches hier
vereinfacht mit DIN 1045-neu umschrieben wird. Das neue Normenwerk besteht aus
den Normen DIN 1045-1 bis -4 sowie DIN EN 206-1 (jeweils: 2001-07). DIN 1045-1
regelt die Bemessung und Konstruktion von Tragwerken aus Beton, Stahlbeton und
Spannbeton, DIN 1045-3 deren Bauausführung. Die DIN 1045-4 enthält ergänzende
Regeln für die Herstellung und die Konformität von Fertigteilen. Die Anforderungen
an den Baustoff Beton ergeben sich aus der nicht harmonisierten europäischen
Norm DIN EN 206-1 und den zugehörigen nationalen Anwendungsregeln in
DIN 1045-2. Bei der Anwendung der neuen Normen sind die im Juni 2002 erschie-
nenen Berichtigungen zu DIN 1045-1 bis -3 zu beachten.

159
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Übergang von DIN 1045-alt zu DIN 1045-neu
an der Universität Karlsruhe (TH)

5.3 Bauaufsichtliche Einführung des neuen Normenwerkes

5.3.1 Allgemeines
Regeln der Technik, die dazu dienen, die Anforderungen der Landesbauordnungen
(LBO) zu erfüllen, werden von der Bauaufsicht als technische Baubestimmungen be-
kannt gemacht und damit bauaufsichtlich eingeführt. Die technischen Baubestim-
mungen sind einzuhalten und müssen von allen am Bau Beteiligten bei der Planung,
Berechnung, Ausführung und baurechtlichen Überprüfung von baulichen Anlagen
beachtet werden (§ 3 LBO).
Eine technische Regel kann entweder über die Liste der Technischen Baube-
stimmungen (LTB) oder über die Bauregelliste A bauaufsichtlich eingeführt werden:

• Die LTB umfasst Regeln zur Standsicherheit von Gebäuden sowie zum
Brand-, Wärme-, Schall-, Erschütterungs- und Gesundheitsschutz. Im An-
hang zur LTB können bestimmte Normenteile von der Einführung ausgenom-
men, zusätzliche Anforderungen erhoben, Erleichterungen festgelegt und
Druckfehler korrigiert werden. Die LTB wird auf der Basis einer länder-
übergreifend abgestimmten Musterliste (MTB) von jedem Bundesland geson-
dert bekannt gemacht. Daher sind geringfügige inhaltliche Abweichungen
zwischen den Listen der einzelnen Bundesländer möglich. Die einzelnen Lis-
ten erscheinen auch nicht zeitgleich. Eine technische Baubestimmung gilt
aber bereits dann als „allgemein“ bauaufsichtlich eingeführt, wenn sie in we-
nigstens einem Bundesland bekannt gemacht wurde. In Baden-Württemberg
erfolgt die Bekanntmachung der LTB im Gemeinsamen Amtsblatt (GABl.).
Eine aktuelle Fassung der jährlich neu herausgegebenen Liste findet sich auf
der Homepage des Innenministeriums (www.im.baden-wuerttemberg.de).
• Die Bauregelliste A wird zusammen mit der Bauregelliste B und der Liste C
vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) im Einvernehmen mit den Län-
dern bekannt gemacht. Sie erscheint in den Mitteilungen des DIBt. Die Bau-
regelliste A Teil 1 (BRL A 1) enthält nationale technische Regeln für Baupro-
dukte, an die aus bauordnungsrechtlicher Sicht Anforderungen bezüglich der
Verwendbarkeit gestellt werden. Auch hier gibt es einen Anhang, der die
gleichen Funktionen wie der Anhang zur LTB erfüllt.

160
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Übergang von DIN 1045-alt zu DIN 1045-neu
an der Universität Karlsruhe (TH)

5.3.2 Liste der Technischen Baubestimmungen


Die Bauministerkonferenz (ARGEBAU) hat unmittelbar nach Erscheinen des neuen
Normenwerkes dessen bauaufsichtliche Einführung beschlossen. Hierzu wurden
DIN 1045-1 bis -4 sowie DIN EN 206-1 in die Musterliste der Technischen Baube-
stimmungen (MTB), Ausgabe Dezember 2001, aufgenommen. Ebenfalls aufgenom-
men wurde die DIN 1055-100:2001-03, welche grundlegende bauartübergreifende
Regelungen für die Tragwerksplanung von Bauwerken enthält und auf die in Kapitel
5 (Sicherheitskonzept) der DIN 1045-1 verwiesen wird.

Im Zusammenhang mit der Einführung des neuen Normenwerkes wurden die euro-
päischen Vornormen DIN V ENV 206:1990-10 sowie DIN V ENV 1992-1-1, -1-3, -1-4,
-1-5 und -1-6 aus der LTB gestrichen. Die erstgenannte Vornorm wurde durch
DIN EN 206-1 ersetzt. Bei den anderen Vornormen handelt es sich um Vornormen
zum Eurocode 2. Sie wurden gestrichen, weil man nicht drei alternative Normen-
werke für Beton in der LTB haben wollte und weil die europäischen Vornormen zum
EC 2 in der Praxis kaum angewendet wurden.

Nach der notwendigen Notifizierung der MTB durch die EU-Kommission im April
2002 konnte die MTB von den Ländern umgesetzt werden. In Baden-Württemberg
wurde das neue Normenwerk mit der LTB 2002 vom 1. September 2002 eingeführt
(GABl., S. 591).

5.3.3 Bauregelliste A Teil 1


Über die Bauregelliste A Teil 1, Ausgabe 2001/1, wurden als neue Bauprodukte ein-
geführt:

• Standardbeton (lfd. Nr. 1.5.8),


• Beton nach Eigenschaften / Beton nach Zusammensetzung (lfd. Nr. 1.5.9),
• Tragende Fertigteile aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton (lfd. Nr. 1.6.23).

Standardbeton und Beton nach Eigenschaften / Beton nach Zusammensetzung un-


terscheiden sich hinsichtlich der Anforderungen an den Übereinstimmungsnachweis.
Während für Standardbeton (Normalbeton bis zur Festigkeitsklasse C 16/20 in den
Expositionsklassen X0, XC1 und XC2) eine Übereinstimmungserklärung des Herstel-

161
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Übergang von DIN 1045-alt zu DIN 1045-neu
an der Universität Karlsruhe (TH)

lers (ÜH) ausreicht (wie bei BI nach DIN 1045:1988-07), ist für höherwertige Betone
ein Übereinstimmungszertifikat (ÜZ) erforderlich.

Gestrichen und durch Standardbeton (lfd. Nr. 1.5.8) ersetzt wurden die Baustellen-
betone der Festigkeitsklassen ≤ C 20/25 (lfd. Nrn. 1.5.8.1 bis 1.5.8.4). Ebenfalls ge-
strichen wurden die Verweise auf DIN V EN 206 bzw. DIN V ENV 1992-1-3 bei
Transportbeton (lfd. Nr. 1.5.3), Trockenbeton (lfd. Nrn. 1.5.4 und 1.5.5) sowie bei den
Fertigteilen (lfd. Nrn. 1.6.1 und 1.6.2).

5.3.4 Übergangsfrist
Bei der Einführung von DIN 1045-neu hat die Bauaufsicht beschlossen, das alte Nor-
menwerk nicht sofort zurückzuziehen, sondern innerhalb einer Übergangsfrist bis
zum 31.12.2004 beide Normenwerke parallel gelten zu lassen. Einerseits wollte man
damit der Praxis einen genügend langen Zeitraum lassen, sich auf die neuen Nor-
men einzustellen. Andererseits waren und sind diverse technische Regeln sowie eine
Vielzahl von Zulassungen an das neue Normenwerk anzupassen.

Verankert ist die Übergangsfrist sowohl in der LTB als auch in der BRL A Teil 1:

• In der LTB ist in Anlage 2.3/14 festgelegt, dass DIN 1045-alt bis zum
31.12.2004 alternativ zu DIN 1045-neu angewendet werden darf. Dabei ist
ein Mischungsverbot zu beachten, d. h. altes und neues Normenwerk dürfen
nicht mit einander kombiniert werden. Bei der Bemessung von Fertigteilen
und vergleichbaren Bauteilen gilt das Mischungsverbot nicht, wenn die
betreffenden Bauteile mit dem Gesamttragwerk nicht monolithisch verbunden
sind und die Übertragung der Schnittgrößen innerhalb des Gesamttragwerks
sowie die Gesamtstabilität nicht berührt werden.
• In der BRL A 1 wird in Anlage 1.24 bestimmt, dass die Bauprodukte nach
dem alten Normwerk bis zum 31.12.2004 alternativ zu den Bauprodukten
nach dem neuen Normenwerk hergestellt werden dürfen.

162
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Übergang von DIN 1045-alt zu DIN 1045-neu
an der Universität Karlsruhe (TH)

5.4 Umgang mit der Übergangsfrist

5.4.1 Ende der Übergangsfrist für Planverfasser


Die in der LTB enthaltene und oben erläuterte Erlaubnis, das alte Normenwerk bis
zum 31.12.2004 anwenden zu dürfen, bezieht sich auf die Bemessung und Konstruk-
tion von Bauwerken aus Stahl- und Spannbeton. Dabei ist die Stichtagregelung für
genehmigungspflichtige Bauvorhaben anders auszulegen als für verfahrensfreie und
kenntnisgabepflichtige Bauvorhaben:

• Maßgebend für genehmigungspflichtige Bauvorhaben ist der Zeitpunkt der


Baugenehmigung, da die genehmigende Baurechtsbehörde zu prüfen hat,
ob das Bauvorhaben den geltenden Rechtsvorschriften entspricht und dabei
die technischen Baubestimmungen beachten muss. Ob ein genehmigungs-
pflichtiges Bauvorhaben noch nach alter Norm geplant werden kann, hängt
somit vom Zeitraum zwischen dem Einreichen der Bauvorlagen und dem Er-
teilen der Baugenehmigung ab. Dieser Zeitraum kann durchaus bis zu vier
Monaten betragen, bspw. dann, wenn neben der Baurechtsbehörde andere
Fachbehörden zu beteiligen sind. In Zweifelsfällen sollten Planverfasser, die
noch nach dem alten Normenwerk planen, rechtzeitig Kontakt mit der ge-
nehmigenden Baurechtsbehörde aufnehmen.
• Verfahrensfreie und kenntnisgabepflichtige Bauvorhaben müssen ebenso
wie genehmigungspflichtige Vorhaben den öffentlich-rechtlichen Vorschriften
entsprechen (§ 50 Abs. 5, bzw. § 51 Abs. 4 LBO). Da es bei diesen Vor-
haben den Verwaltungsakt der Baugenehmigung nicht gibt, ist hier der Zeit-
punkt des Baubeginns für die Zulässigkeit einer Planung nach altem Nor-
menwerk entscheidend. Wenn nicht sicher gewährleistet werden kann, dass
das Bauvorhaben noch im Jahr 2004 begonnen wird, muss also die Planung
bereits nach dem neuen Normenwerk erfolgen.

163
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Übergang von DIN 1045-alt zu DIN 1045-neu
an der Universität Karlsruhe (TH)

5.4.2 Ende der Übergangsfrist für Betonhersteller und Bauausführende


Bauvorhaben, die nach dem alten Normenwerk geplant und vor dem 31.12.2004 ge-
nehmigt bzw. begonnen wurden, dürfen nach dem alten Normenwerk zu Ende ge-
führt werden. Das heißt, entgegen der Formulierung in Anlage 1.24 der BRL A 1 darf
bei solchen Bauvorhaben auch noch nach dem 31.12.2004 Beton nach dem alten
Normenwerk hergestellt, geliefert, eingebaut und überwacht werden.

Bauvorhaben, die nach dem neuen Normenwerk geplant wurden, müssen jedoch
jetzt schon und erst recht nach Ende der Übergangsfrist nach dem neuen Normen-
werk ausgeführt werden. Das Verwenden von Betonen nach altem Normenwerk ist
für solche Bauvorhaben nicht zulässig. Transportbetonwerke, die keinen Beton nach
neuer Norm liefern können, kommen somit als Lieferanten nicht in Frage. Für die
Transportbetonwerke folgt daraus, dass sie möglichst schnell, zumindest aber recht-
zeitig vor dem kommenden Jahreswechsel, ihre Produktion umstellen müssen, um
Wettbewerbsnachteile zu vermeiden.

Dabei ist es nicht zwingend erforderlich, dass die Betonhersteller neben Beton nach
neuem Regelwerk weiterhin Beton nach altem Regelwerk anbieten müssen, da der
Fall „Planung-alt“ + „Beton-neu“ über zwei Äquivalenzlisten abgedeckt ist, die vom
DIBt veröffentlich wurden (vgl. [5]). Mit den Listen können Betoneigenschaften und
Festigkeitsklassen der alten Betone denen der neuen Betone zugeordnet werden.

5.5 Weitere Hinweise

5.5.1 Umgang mit normativen Verweisen


Innerhalb der Übergangsfrist ist es nicht möglich, sämtliche normative Verweise, die
im technischen Regelwerk enthalten sind, von alt auf neu umzustellen. Bei undatier-
ten Verweisen ist das auch nicht nötig, da immer die letzte Ausgabe der in Bezug
genommenen Norm gilt. Unkritisch sind nicht umgestellte normative Verweise auch
dann, wenn die Bezugnahme lediglich redaktioneller Art ist.

Bei datierten Verweisen und bei Verweisen auf technische Inhalte ist dagegen zu
prüfen, ob die neue Norm sinngemäß anwendbar ist. In Zweifelsfällen muss das
Normungsgremium um eine Auslegung gebeten werden.

164
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Übergang von DIN 1045-alt zu DIN 1045-neu
an der Universität Karlsruhe (TH)

5.5.2 Umstellung der Zulassungen im Betonbau


Mit Ende der Übergangsfrist dürfen die auf dem alten Normenwerk basierenden all-
gemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen im Bereich des Beton-, Stahlbeton- und
Spannbetonbaus auf Grund des Mischungsverbots nicht mehr angewendet werden.
Hiervon sind eine Vielzahl von Bauprodukten, insbesondere aus den Bereichen Be-
wehrung, Spannverfahren, Betonfertigteile und Schalungselemente betroffen.

Das DIBt stellt auf Antrag der Zulassungsinhaber die Zulassungen auf DIN 1045-neu
um. Dennoch kann es vorkommen, dass die neuen Zulassungen in der Praxis nicht
rechtzeitig vorliegen. In [6] wird der Umstellungsprozess aus Sicht des DIBt erläutert.
Außerdem werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie in der Übergangszeit weiterhin mit
den alten Zulassungen gearbeitet werden kann.

5.5.3 Umstellung der DAfStb-Richtlinien


Die Richtlinien des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (DAfStb) werden wie folgt
umgestellt:

• Die DAfStb-Richtlinien „Nachbehandlung“, „Hochfester Beton“, „Fließbeton“


sowie „Verwendung von Flugasche“ werden zurückgezogen, weil ihr Inhalt
durch das neue Normenwerk abgedeckt ist.
• Ebenfalls zurückgezogen wird die DAfStb-Richtlinie „Restwasser“, weil sie in
DIN EN 1008:2002-10 Zugabewasser für Beton aufgegangen ist
• Die DAfStb-Richtlinie „Wärmebehandlung“ braucht nach Auffassung des
DAfStb nicht überarbeitet zu werden, weil sie nicht direkt Bezug auf
DIN 1045 nimmt.
• Die DAfStb-Richtlinien „Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen“ und
„Selbstverdichtender Beton“ (November 2003) sind bereits auf das neue
Normenwerk abgestimmt.
• Von den DAfStb-Richtlinien „Beton mit rezykliertem Zuschlag“ und „Umgang
mit wassergefährdenden Stoffen“ werden noch im Jahre 2004 überarbeitete
Fassungen erscheinen.

165
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Übergang von DIN 1045-alt zu DIN 1045-neu
an der Universität Karlsruhe (TH)

• Ebenfalls überarbeitet wird die DAfStb-Richtlinie „Trockenbeton und Tro-


ckenmörtel“. Die Neufassung dieser Richtlinie wird voraussichtlich erst im
Jahre 2005 erscheinen.
• Ob die DAfStb-Richtlinie „Beton mit verlängerter Verarbeitungszeit“ überar-
beitet wird, ist noch offen.

5.5.4 Nachweis für den Brandfall


Bisher ist es nicht möglich, den Feuerwiderstand von Bauteilen und Tragwerken, die
nach DIN 1045-neu für Normaltemperatur bemessen wurden, mittels der in
DIN 4102-4:1994-03 enthaltenen Tabellenwerte nachzuweisen. Diese Lücke wird
erst durch DIN 4102-22 (Anwendungsnorm zu DIN 4102-4) geschlossen werden, die
noch in diesem Jahr erscheinen soll.

Zurzeit ist der Nachweis für den Brandfall mittels DIN V ENV 1992-1-2:1997-05 und
der „DIBt-Richtlinie zur Anwendung von DIN V ENV 1992-1-2 in Verbindung mit
DIN 1045-1“ zu führen (vgl. [4]).

5.5.5 Gemeinsame Anwendung von DIN 1045-1 und DIN 4149-1


Wenn DIN 1045-1 zusammen mit der Erdbebennorm DIN 4149-1:1981-04 angewen-
det werden soll, ist wie folgt vorzugehen:
„Die nach DIN 4149-1:1981-04 ermittelten Erdbebenbeanspruchungen sind als Be-
messungswert AEd einzusetzen. Der Wichtungsfaktor beträgt γ1 = 1,0. Die Kombina-
tionsbeiwerte Ψ2,i sind den Regelungen von DIN 4149-1:1981-04, Kapitel 7, anzu-
passen, sofern sich hiernach größere Einwirkungsgrößen ergeben. Der Bemes-
sungswert des Tragwiderstandes Rd ist auf der sicheren Seite liegend mit den Teil-
sicherheitsbeiwerten nach DIN 1045-1:2001-07, Tab. 2, für die ständige und vorüber-
gehende Bemessungssituation, also mit γc = 1,50 und γs = 1,15 zu ermitteln. Ver-
fahren zur Ermittlung der Schnittgrößen nach der Plastizitätstheorie sowie nicht-
lineare Verfahren nach DIN 1045-1:2001-07, Abschnitt 8.4 und 8.5, dürfen für Erd-
bebenbemessungssituationen nicht auf Bauteile angewandt werden, die primär zur
Abtragung der horizontalen Belastungen aus Erdbeben herangezogen werden. Die
konstruktiven Regelungen nach DIN 4149-1:1981-04 zur Gewährleistung der Zähig-
keit sowie zur Mindestbewehrung sind einzuhalten.“

166
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Übergang von DIN 1045-alt zu DIN 1045-neu
an der Universität Karlsruhe (TH)

Anmerkung:
Es ist geplant, den in Anführungszeichen gesetzten Text als Anlage 2.3/15 in die LTB
aufzunehmen.

5.5.6 Hilfsmittel
Vom Deutschen Ausschuss für Stahlbeton (DAfStb) wurden folgende Erläuterungen
zum neuen Normenwerk herausgegeben, die in der bekannten „grünen Reihe“ des
Beuth-Verlags erschienen sind:

• Heft 525: Erläuterungen zu DIN 1045-1, 1. Auflage, September 2003


• Heft 526: Erläuterungen zu den Normen DIN EN 206-1, DIN 1045-2,
DIN 1045-3, DIN 1045-4 und DIN 4226, 1. Auflage, Mai 2003

Außerdem wird hier auf zwei weitere Hilfsmittel verwiesen, die die Arbeit mit den
neuen Normen erleichtern können:

• Der DIN-Fachbericht 100, Ausgabe 2001, fasst die Regelungen von


DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 zusammen.
• Eine kommentierte Kurzfassung der DIN 1045-1 beschränkt sich auf die
neuen Regelungen für normalfeste Beton- und Stahlbetonbauteile des Hoch-
baus bis C 50/60 und konzentriert sich damit auf die bei üblichen Tragwerken
relevanten Nachweise (vgl. [2]).

5.5.7 Auslegungsfragen
Anfragen zur Auslegung des neuen Normenwerkes sind an den Normenausschuss
Bauwesen (NABau) im DIN zu richten. Hierzu ist ein Formblatt zu verwenden, dass
unter http://www2.nabau.din.de/ zu finden ist. Die Anfrage wird an den für die jeweili-
ge Norm zuständigen NABau-Arbeitsausschuss weitergeleitet und von diesem be-
handelt. Soweit bauaufsichtliche Aspekte betroffen sind, wird die Auslegung mit den
bauaufsichtlichen Gremien abgestimmt.

167
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Übergang von DIN 1045-alt zu DIN 1045-neu
an der Universität Karlsruhe (TH)

5.5.8 Privatrechtliche Aspekte der Übergangsfrist


Auf mögliche privatrechtliche Konsequenzen einer Planung nach altem Normenwerk
innerhalb der Übergangsfrist wird in [7] und [3] hingewiesen. Die Autoren verweisen
auf die höheren Anforderungen, die das neue Normenwerk an die Dauerhaftigkeit
von Betonbauwerken stellt, insbesondere an Betonqualität und Betondeckung. Sie
machen deutlich, dass ein Bauherr Ansprüche auf den Stand der Technik geltend
machen kann und empfehlen Auftragnehmern, Bedenken gegenüber einer Bauaus-
führung nach alter Norm anzumelden, auch wenn die Ausführung bauordnungsrecht-
lich noch zulässig ist.

5.6 Umstellung im Brücken- und Ingenieurbau

Für den Brücken- und Ingenieurbau an den Bundesfernstraßen ist der Bund zustän-
dig. Das Bundesministerium für Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen macht den o-
bersten Straßenbaubehörden der Länder, die im Auftrag des Bundes Verkehrsbau-
ten erstellen, über Allgemeine Rundschreiben Straßenbau (ARS) die technischen
Regeln bekannt, die beim Bau von Bundesfernstraßen zu beachten sind. Die Länder
werden gebeten, in ihrem Zuständigkeitsbereich (in Baden-Württemberg: Landes-
und Kreisstraßen) entsprechend zu verfahren.

Für die Verwendung von Beton bei Brücken- und Ingenieurbauwerken wurde vom
Bund der DIN-Fachbericht 100 (Ausgabe 2001) im ARS Nr. 9/2003 bekannt gemacht
(vgl. [1]). Die Bekanntmachung erfolgte im Zuge der Umstellung auf das europäische
Normenwerk für den Brückenbau (vgl. [8]). Gleichzeitig wurden die DIN-
Fachberichte 101: Einwirkungen auf Brücken, 102: Betonbrücken, 103: Stahlbrücken
und 104: Verbundbrücken sowie die Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen
und Richtlinien für Ingenieurbauten (ZTV-ING), jeweils in der Ausgabe März 2003,
bekannt gemacht (ARS 10/2003 bis 14/2003) (vgl. [1]).

Die Umstellung auf die neuen technischen Regeln für den Brücken- und Ingenieur-
bau erfolgte mittels Stichtagregelung. Als Stichtag wurde der 01.05.2003 festgelegt.
Maßgebend war der Tag der Absendung der Vergabe-Bekanntmachung
(ARS 8/2003) (vgl. [1]).

168
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Übergang von DIN 1045-alt zu DIN 1045-neu
an der Universität Karlsruhe (TH)

In Baden-Württemberg wurden die ARS 08/2003 bis 14/2003 durch mehrere Verwal-
tungsvorschriften des Ministeriums für Umwelt und Verkehr (UVM) für Bundesfern-,
Landes- und Kreisstraßen eingeführt (GABl. 2003, S. 441 und 442). Den Gemeinden
wurde empfohlen, entsprechend zu verfahren.

Inzwischen ist mehr als ein Jahr seit dem Stichtag vergangen und sowohl das
BMVBW als auch das UVM Baden-Württemberg haben auf Anfrage mitgeteilt, dass
es bei der Umstellung keine nennenswerten Probleme gegeben hat, weder bei der
Planung noch bei der Ausführung.

5.7 Fazit

Das alte und das neue Normenwerk im Betonbau dürfen bis zum Ende der Über-
gangsfrist am 31.12.2004 alternativ angewendet werden. Da inzwischen die wesent-
lichen Voraussetzungen für eine allgemeine Anwendung der DIN 1045-neu vorhan-
den sind, sollten Planverfasser jedoch nicht mehr länger zögern und auf das neue
Normenwerk umstellen, zumal es in Hinblick auf die Dauerhaftigkeit privatrechtliche
Probleme bei der Anwendung von DIN 1045-alt geben kann.

Die Erfahrungen im Brücken- und Ingenieurbau zeigen, dass die Umstellung ohne
größere Schwierigkeiten erfolgen kann. Auch im Hochbau wurden diverse große
Bauvorhaben bereits erfolgreich nach neuer Norm geplant, z. B. das Zwischenlager
Philippsburg, das Landratsamt Tübingen und das Parkhaus Neue Messe Stuttgart.

Die Umstellung auf das neue Normenwerk lässt sich auch durch Unterschriften-
aktionen im Internet (www.normenflut.de) nicht mehr aufhalten. Den Initiatoren dieser
Aktion sei entgegengehalten, dass seit 1925, als die erste Ausgabe der DIN 1045 er-
schien, im Schnitt alle 8 bis 9 Jahre eine Neufassung dieser Norm herausgegeben
wurde. Das Umstellen auf neue Normen hat die Ingenieure also schon immer bei
ihrer Tätigkeit begleitet und sollte auch jetzt bewältigt werden.

169
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Übergang von DIN 1045-alt zu DIN 1045-neu
an der Universität Karlsruhe (TH)

5.8 Verzeichnis der zitierten technischen Regeln

• DAfStb-Richtlinie Beton beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen; Aus-


gabe: September 1996
• DAfStb-Richtlinie Beton mit rezykliertem Zuschlag; Ausgabe: August 1998
• DAfStb-Richtlinie für Beton mit verlängerte Verarbeitungszeit (Verzögerter
Beton); Eignungsprüfung, Herstellung, Verarbeitung und Nachbehandlung;
Ausgabe: August 1995
• DAfStb-Richtlinie für die Herstellung und Verwendung von Trockenbeton und
Trockenmörtel; Ausgabe: Dezember 2000
• DAfStb-Richtlinie für die Herstellung von Beton unter Verwendung von Rest-
wasser, Restbeton und Restmörtel; Ausgabe: August 1995
• DAfStb-Richtlinie für Fließbeton; Herstellung, Verarbeitung und Prüfung;
Ausgabe: August 1995
• DAfStb-Richtlinie für hochfesten Beton; Ergänzung zu DIN 1045/07.88 für die
Festigkeitsklassen B 65 bis B 115; Ausgabe: August 1995
• DAfStb-Richtlinie für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen; Ausga-
be: Oktober 2001
• DAfStb-Richtlinie Selbstverdichtender Beton; Ausgabe: November 2003
• DAfStb-Richtlinie Verwendung von Flugasche nach DIN EN 450 im Beton-
bau; Ausgabe: September 1996
• DAfStb-Richtlinie zur Nachbehandlung von Beton; Ausgabe: Februar 1984
• DAfStb-Richtlinie zur Wärmebehandlung von Beton; Ausgabe: September
1989
• DIBt-Richtlinie zur Anwendung von DIN V ENV 1992-1-2 in Verbindung mit
DIN 1045-1. DIBt Mitteilungen 2/2002, S. 49 ff.
• DIN 1045:1988-07: Beton und Stahlbeton; Bemessung und Ausführung
• DIN 1045-1:2001-07 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton -
Teil 1: Bemessung und Konstruktion
• DIN 1045-2:2001-07 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton -
Teil 2: Beton - Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität; An-
wendungsregeln zu DIN EN 206-1

170
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Übergang von DIN 1045-alt zu DIN 1045-neu
an der Universität Karlsruhe (TH)

• DIN 1045-3:2001-07 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton -


Teil 3: Bauausführung
• DIN 1045-4:2001-07 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton -
Teil 4: Ergänzende Regeln für die Herstellung und die Konformität von Fertig-
teilen
• DIN 1055-100:2001-03 Einwirkungen auf Tragwerke, Teil 100: Grundlagen
der Tragwerksplanung, Sicherheitskonzept und Bemessungsregeln
• DIN 1084-1:1978-12 Überwachung (Güteüberwachung) im Beton- und Stahl-
betonbau - Beton BII auf Baustellen
• DIN 1084-2:1978-12 Überwachung (Güteüberwachung) im Beton- und Stahl-
betonbau - Fertigteile
• DIN 1084-3:1978-12 Überwachung (Güteüberwachung) im Beton- und Stahl-
betonbau - Transportbeton
• DIN 4102-4:1994-03 Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen; Zusam-
menstellung und Anwendung klassifizierter Baustoffe, Bauteile und Sonder-
bauteile
• DIN 4102-22:2003-11 Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen - Teil 22:
Anwendungsnorm zu DIN 4102-4 (Normentwurf)
• DIN 4149-1:1981-04 Bauten in deutschen Erdbebengebieten; Lastannah-
men, Bemessung und Ausführung üblicher Hochbauten
• DIN 4219-1:1979-12 Leichtbeton und Stahlleichtbeton mit geschlossenem
Gefüge; Anforderungen an den Beton, Herstellung und Überwachung
• DIN 4219-2:1979-12 Leichtbeton und Stahlleichtbeton mit geschlossenem
Gefüge; Bemessung und Ausführung
• DIN 4227-1:1988-07 Spannbeton; Bauteile aus Normalbeton mit beschränk-
ter oder voller Vorspannung
• DIN 4227-2:1984-05 Spannbeton; Bauteile mit teilweiser Vorspannung
• DIN 4227-4:1986-02 Spannbeton; Bauteile aus Spannleichtbeton
• DIN EN 1008:2002-10 Zugabewasser für Beton - Festlegung für die Probe-
nahme, Prüfung und Beurteilung der Eignung von Wasser, einschließlich bei
der Betonherstellung anfallendem Wasser, als Zugabewasser für Beton;
Deutsche Fassung EN 1008:2002

171
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Übergang von DIN 1045-alt zu DIN 1045-neu
an der Universität Karlsruhe (TH)

• DIN EN 206-1:2001-07 Beton - Teil 1: Festlegung, Eigenschaften, Herstel-


lung und Konformität, Deutsche Fassung EN 206-1:2000
• DIN V ENV 1992-1-1:1992-06 Eurocode 2: Planung von Stahlbeton- und
Spannbetontragwerken - Teil 1-1: Grundlagen und Anwendungsregeln für
den Hochbau; Deutsche Fassung ENV 1992-1-1:1991
• DIN V ENV 1992-1-2:1997-05 Eurocode 2: Planung von Stahlbeton- und
Spannbetontragwerken - Teil 1-2: Allgemeine Regeln; Tragwerksbemessung
für den Brandfall; Deutsche Fassung ENV 992-1-2:1995
• DIN V ENV 1992-1-3:1994-12 Eurocode 2: Planung von Stahlbeton- und
Spannbetontragwerken - Teil 1-3: Allgemeine Regeln; Bauteile und Tragwer-
ke aus Fertigteilen; Deutsche Fassung ENV 1992-1-3:1994
• DIN V ENV 1992-1-4:1994-12 Eurocode 2: Planung von Stahlbeton- und
Spannbetontragwerken - Teil 1-4: Allgemeine Regeln; Leichtbeton mit ge-
schlossenem Gefüge; Deutsche Fassung ENV 1992-1-4:1994
• DIN V ENV 1992-1-5:1994-12 Eurocode 2: Planung von Stahlbeton- und
Spannbetontragwerken - Teil 1-5: Allgemeine Regeln; Tragwerke mit Spann-
gliedern ohne Verbund; Deutsche Fassung ENV 1992-1-5:1994
• DIN V ENV 1992-1-6:1994-12 Eurocode 2: Planung von Stahlbeton- und
Spannbetontragwerken - Teil 1-6: Allgemeine Regeln; Tragwerke aus unbe-
wehrtem Beton; Deutsche Fassung ENV 1992-1-6:1994
• DIN V ENV 206:1990-10 Beton - Eigenschaften, Herstellung, Verarbeitung
und Gütenachweis
• DIN-Fachbericht 100: Beton. Zusammenstellung von DIN EN 206-1 und
DIN 1045-2
• DIN-Fachbericht 101: Einwirkungen auf Brücken
• DIN-Fachbericht 102: Betonbrücken
• DIN-Fachbericht 103: Stahlbrücken
• DIN-Fachbericht 104: Verbundbrücken
• Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingeni-
eurbauten (ZTV-ING); Allgemeines Rundschreiben Straßenbau Nr. 14/2003

172
Seminar zu DIN 1045-1 am 2. Juli 2004 Übergang von DIN 1045-alt zu DIN 1045-neu
an der Universität Karlsruhe (TH)

5.9 Literaturverzeichnis

[1] Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (Hrsg.): Ver-


kehrsblatt 57. Jahrgang 2003, Heft 6, S. 121-176, Verkehrsblatt-Verlag Bonn

[2] Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein et al. (Hrsg.): DIN 1045 Tragwerke
aus Beton und Stahlbeton. Teil 1. Bemessung und Konstruktion. Kommen-
tierte Kurzfassung, Fraunhofer IRB Verlag 2004, ISBN 3-8167-6459-2

[3] Franke, H.: Der technische Standard - Betrachtung mit Blick auf die Neufas-
sung der DIN 1045. beton 11/2003, S. 546-550

[4] Hartz, U.: Erläuterungen zur „DIBt-Richtlinie zur Anwendung von


DIN V ENV 1992-1-2 in Verbindung mit DIN 1045-1“. DIBt-Mitteilungen
2/2002, S. 48-49

[5] Hartz, U.: Neues Normenwerk im Betonbau. DIBt-Mitteilungen 1/2002, S. 2-6

[6] Hartz, U.: Umstellung der Zulassungen im Betonbau auf DIN 1045-1 - ein
Kraftakt. Beton und Stahlbetonbau 98, Heft 6, S. 351-359

[7] Motzke, G.; Litzner, H.-U., Meyer, L.: Planung und Ausführung von Beton-
bauwerken - nach alter oder neuer Norm? beton 7+8/2002, S. 368-372

[8] Naumann, J.; Großmann, F.: Umstellung der bautechnischen Bestimmungen


im Brücken- und Ingenieurbau auf europäische Regelungen - Abschluss der
Erprobungsphase und Einführung der neuen Regelwerke. Beton- und Stahl-
betonbau 98, 2003, Heft 6, S. A20-A25

173

Das könnte Ihnen auch gefallen