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DISSERTATION
von
Holger Grote
Bochum
2003
Doktorarbeit eingereicht am: 07. Februar 2003
Berichter:
Vorwort
Die vorliegende Arbeit entstand in den Jahren 1998 – 2003 während meiner Tätigkeit
als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Konstruktiven Ingenieurbau der
Ruhr-Universität Bochum. Sie wurde von der Fakultät für Bauingenieurwesen als
Dissertation angenommen.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr.-Ing. R. Kindmann für die Unterstützung
meiner Arbeit und die Übernahme des Referates.
Herrn Prof. Dr.-Ing. H.-J. Niemann danke ich herzlich für die Übernahme des
Koreferates.
Meiner Frau Alexia und meinen Eltern danke ich für die außerordentliche Unter-
stützung während der Erstellung dieser Arbeit.
Weiterhin gilt mein Dank allen Kollegen für die schöne gemeinsame Zeit am Lehr-
stuhl für Stahl- und Verbundbau.
1 Übersicht ....................................................................................................... 1
1.1 Einleitung ........................................................................................................ 1
1.2 Problemstellung und Zielsetzung .................................................................... 4
1.3 Werkstoff....................................................................................................... 10
1.3.1 Hochfester Stahl ........................................................................................ 10
1.3.2 Gestaltänderungsenergiehypothese.......................................................... 11
1.4 Bezeichnungen ............................................................................................. 12
2 Beultheorie und Tragverhalten .................................................................. 14
2.1 Vorbemerkungen .......................................................................................... 14
2.2 Linearisierte Beultheorie ............................................................................... 14
2.2.1 Grundlagen................................................................................................ 14
2.2.2 Allseitig gelagerte Platte ............................................................................ 15
2.2.3 Dreiseitig gelagerte Platte ......................................................................... 19
2.3 Nichtlineare Beultheorie ................................................................................ 20
2.4 Tragverhalten................................................................................................ 21
2.4.1 Überkritische Tragreserven allseitig gelagerter Platten ............................. 21
2.4.2 Blechbiegung............................................................................................. 23
2.4.3 Plastische Reserven.................................................................................. 28
2.4.4 Überkritische Tragreserven dreiseitig gelagerter Platten........................... 29
2.4.5 Last-Stauchungskurven allseitig und dreiseitig gelagerter Platten ............ 30
2.4.6 Versagensmechanismen ........................................................................... 31
2.5 Zugfeldwirkung schubbeanspruchter Platten ................................................ 32
2.6 Beultragverhalten von I– und U–Profilen....................................................... 33
3 Berechnungsmethoden und Übersicht ..................................................... 36
3.1 Übersicht....................................................................................................... 36
3.2 Beulnachweis................................................................................................ 37
3.3 Grenzwerte b/t .............................................................................................. 45
3.4 Methode der wirksamen Breiten ................................................................... 47
3.5 Beispiele ....................................................................................................... 50
3.6 Zusammenfassung und Fazit........................................................................ 54
4 Grenzschnittgrößen beulgefährdeter Teilflächen .................................... 56
4.1 Vorbemerkungen .......................................................................................... 56
VI Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis............................................................................................. 147
Kurzfassung
In der vorliegenden Arbeit wird der Einfluss des Beulens auf die Tragfähigkeit von
Walzprofilen aus hochfestem Stahl erforscht. Eine Gliederung erfolgt in zwei The-
menschwerpunkte. Diese werden zum einen durch die Untersuchung einzelner
beulgefährdeter Bleche und zum anderen durch die Übertragung der am Einzelblech
gewonnen Erkenntnisse auf Walzprofile gebildet.
Wesentliche Berechnungsverfahren werden vorgestellt, und deren Vor- und Nachteile
analysiert. Zur Berücksichtigung der Ausrundungsradien von Walzprofilen erfolgt die
Entwicklung eines Hohlkastenmodells. Eine anschließende Untersuchung mit FE –
Programmsystemen zeigt, dass die hohe Torsionssteifigkeit der Ausrundungsradien zu
einer Einspannung beulgefährdeter Profilteile führt. Für beulgefährdete U– und I–
Profile wird ein schnittgrößenorientiertes Nachweisverfahren hergeleitet. Die Ent-
wicklung einer Näherungslösung ermöglicht hierbei die Erfassung von Tragfähig-
keiten zwischen der elastischen und plastischen Tragfähigkeit.
1 Übersicht
1.1 Einleitung
Walzprofile haben für den Stahlbau eine herausragende Bedeutung. Der Wunsch nach
immer filigraneren Konstruktionen führt zur Verwendung hochfester Stahlsorten.
Stabilitätsprobleme oder Gebrauchstauglichkeitsanforderungen ergeben Grenzen für
eine wirtschaftliche Erhöhung der Materialgüte. Neben den üblichen Biegeknick– und
Biegedrillknickproblemen nimmt für hochfeste Walzprofile die Bedeutung des
Beulens zu. Einen ersten Überblick zur Beulgefahr genormter I–Profile zeigt Bild 1.1.
Bild 1.1 Steg– und Gurtbeulgefahr genormter I–Profile aus hochfestem Stahl unter
konstanter Druckbeanspruchung nach DIN 18800 T1 Verfahren Elastisch-
Elastisch
2 1 Übersicht
IPE– und HEA–Profile sind in einer großen Anzahl und HEB– und HEM–Profile in
einer nennenswerten Anzahl stegbeulgefährdet. Eine Gurtbeulgefahr ist nur für
wenige HEA–Profile der Materialgüte S690 feststellbar. Grundlage der Diagramme
sind die in Bild 1.2 dargestellten Grenzschlankheiten grenz (b/t) der DIN 18800 T1
Elastisch–Elastisch.
Bild 1.2 Grenzwerte grenz (b/t) nach DIN 18800 T1 Verfahren Elastisch–Elastisch,
Druckspannungen schraffiert
Ist die vorhandene Schlankheit b/t größer als die Grenzschlankheit grenz (b/t) muss
der Einfluss des Beulens auf die Tragfähigkeit berücksichtigt werden. Ergänzend zur
Untersuchung genormter I–Profile zeigt Tabelle 1.1 eine komplette Übersicht zur
Beulgefahr genormter und nicht genormter Walzprofile aus hochfestem Stahl mit I–
oder U–Querschnitt. Eine große Anzahl der Profile sind stegbeulgefährdet. HP–
Profile sind häufig gurtbeulgefährdet und etliche HEAA– und HD–Profile sind steg-
und gurtbeulgefährdet. Die Häufigkeit einer Beulgefahr und die große Bedeutung von
Walzprofilen als Konstruktionselement im Stahlbau begründen die nachfolgende
Forschungsarbeit zum Einfluss des Beulens auf die Tragfähigkeit von Walzprofilen
aus hochfestem Stahl.
1.1 Einleitung 3
Tabelle 1.1 Beulgefahr von I– und U– Profilen aus hochfestem Stahl, DIN 18800 T1
1.3 Werkstoff
Erste Regelungen für hochfeste Feinkornbaustähle StE47 und StE70 waren Gegen-
stand der 1974 eingeführten DASt – Richtlinie 011. Mittlerweile erfolgte eine Ablö-
sung durch Zulassungsregelungen. Im Wesentlichen sind hier die Zulassungen Z-
30.1-1 vom 29. Juni 1999 und Z-30.2-2 vom 10. März 1999 zu nennen. Die Bezeich-
nungen haben sich in den Liefernormen in S460 und S690 geändert. Die zugehörigen
Werkstoffeigenschaften und rechnerischen Idealisierungen zeigt Bild 1.10.
1.3.2 Gestaltänderungsenergiehypothese
σ = σ2 + σ2 − σ ⋅ σ σ
V 1 2 1 2 2
2
⋅ fy
3
fy
0,58⋅fy σ
1
fy
2
⋅ fy
3
1.4 Bezeichnungen
Grundlage für die Bezeichnungen sind DIN 1080 und DIN 18800.
Schnittgrößen
Nx, Ny Längskräfte, Normalkräfte
Vy, Vz Querkräfte
My, Mz Biegemomente
Mx Torsionsmoment
Mxp, Mxs primäres und sekundäres Torsionsmoment
Mω Wölbbimoment
Index el: Grenzschnittgrößen nach der Elastizitätstheorie
Index pl: Grenzschnittgrößen nach der Plastizitätstheorie
Index d: Bemessungswert (design) der Schnittgrößen
Spannungen
σx, σy, σz Normalspannungen
τxy, τxz, τyz Schubspannungen
σv Vergleichsspannung
Werkstoffkennwerte
E Elastizitätsmodul
G Schubmodul
ν Querkontraktion, Poissonsche Zahl
fy Streckgrenze (Index d: Bemessungswert)
fu Zugfestigkeit
εu Bruchdehnung
1.4 Bezeichnungen 13
Teilsicherheitsbeiwerte
γM Beiwert für die Widerstandsgrößen (material)
γF Beiwert für die Einwirkungen (force)
Querschnittskennwerte
A Fläche
Iy, Iz Hauptträgheitsmomente
Iω Wölbwiderstand
IT Torsionsträgheitsmoment
Wy, Wz Widerstandsmomente
Sy, Sz Statische Momente
Plattenkennwerte
x Achse in Plattenlängsrichtung
y Achse in Plattenquerrichtung
Ψ Randspannungsverhältnis im untersuchten
Beulfeld bezogen auf die größte Druckspannung
a Länge des untersuchten Beulfeldes
b Breite des untersuchten Beulfeldes
α = a/b Seitenverhältnis
t Plattendicke
σe Bezugsspannung
k σ, k τ Beulwerte des untersuchten Beulfeldes bei
alleiniger Wirkung von Randspannungen
σx und τ
σPi Ideale Beulspannung bei alleiniger Wirkung
von Randspannungen σx
τPi Ideale Beulspannung bei alleiniger Wirkung
von Randspannungen τ
κ Abminderungsfaktor für das Plattenbeulen
(bezogene Tragbeulspannung)
Gelenkig gelagerter Rand
Eingespannter Rand
Freier Rand
2.1 Vorbemerkungen
2.2.1 Grundlagen
Die linearisierte Beultheorie ist die einfachste aller Beultheorien. Sie wird zur Lösung
von Verzweigungsproblemen verwendet und wird auch heute noch als Hilfsmittel zur
Tragfähigkeitsberechnung verwendet. Ein Verzweigungsproblem liegt vor, wenn für
ein verformbares System neben der idealisierten Ursprungslage eine benachbarte
Gleichgewichtslage möglich ist. Das Gleichgewicht wird indifferent. Wichtige
Idealisierungen sind:
• ideal ebene Platte
• ideal mittige Lasteinleitung
• ideal elastischer, isotroper Werkstoff
• kleine Verformungen
• keine Eigenspannungen
Die am infinitesimalen Plattenelement hergeleitete Differentialgleichung lautet:
B ⋅ ( w //// + 2 ⋅ w // •• + w •••• ) + t ⋅ ( σ x ⋅ w // + 2 ⋅ τ xy ⋅ w / • + σ y ⋅ w •• ) = qz (x, y) (2.1)
E ⋅ t3
mit: B= = Plattensteifigkeit
12 ⋅ (1 − ν 2 )
ν = Querkontraktion, Poissonsche Zahl
/ ∂ • ∂
= =
∂x ∂y
Für die wichtigsten in der Praxis auftretenden Fälle enthält Tabelle 2.1 Beulwerte kσ
und kτ als Hilfsmittel zur Berechnung idealer Beulspannungen allseitig gelenkig
gelagerter Platten.
Tabelle 2.1 Beulwerte allseitig gelenkig gelagerter Platten [118]
Beanspruchung ideale Gültig- Beulwert
Beulspan- keitsbe-
nung reich
Geradlinig verteilte σ1,Pi α≥1 kσ = 8,2 / (ψ +1,05)
Druckspannungen = kσ σe
0≤ψ≤1
2 2
π2 ⋅ E t t kN
σe = 2
= 18.980 ⋅ 2
12 ⋅ (1 − ν ) b b cm
16 2 Beultheorie und Tragverhalten
Zum besseren Verständnis der Beulwertformeln zeigt Tabelle 2.2 einige Beulfiguren,
die den Einfluss der Plattengeometrie und der Beanspruchungsart auf die ideale
Beulspannung verdeutlichen. Eine konstante Druckbeanspruchung σx stimmt mit der
Richtung der Hauptdruckspannung σ1 überein. Die sich ausbildenden Beulen sind
längsorientiert. Für max τ ist die Lage der Hauptspannungen um 45° gedreht. Zusätz-
lich zu den Hauptdruckspannungen σ1 sind positiv wirkende Hauptzugspannungen σ2
vorhanden, die den Beulwert und die ideale Beulspannung über den Wert bei reiner
Druckbeanspruchung anheben. Beulen infolge Schubbeanspruchung verlaufen
diagonal zu den Längsrändern.
Tabelle 2.2 Beulfiguren und ideale Beulspannungen druck- oder schubbeanspruchter
allseitig gelenkig gelagerter Platten
Konstante Druckbeanspruchung Konstante Schubbeanspruchung
Anders als ein Knickstab beulen Platten unter konstanter Druckbeanspruchung und
bei Seitenverhältnissen a/b > 2 nicht einwellig, sondern mehrwellig. Dieses
Phänomen ist im unteren Teil der Tabelle 2.2 dargestellt. Je größer das Verhältnis
zwischen Beulfeldlänge und Beulfeldbreite ist, umso größer wird die Anzahl der
Beulwellen. Dies hat zur Folge, dass die ideale Beulspannung mit steigender Beul-
feldlänge nicht abnimmt, sondern gegen den Beulwert kσ = 4 konvergiert. Es entsteht
eine so genannte Girlandenkurve, Bild 2.1.
Für konstant umlaufende Schubbeanspruchungen ist im unteren Teil der Tabelle 2.2
ein ähnlicher Effekt erkennbar. Anders als bei einer konstanten Druckbeanspruchung
konvergiert der Wert jedoch erst bei größeren Verhältnissen a/b gegen den Beulwert
kτ = 5,34, so dass eine Berechnung kürzerer Beulfelder in Abhängigkeit vom Verhält-
nis Plattenlänge zu Plattenbreite erfolgen sollte. Maximale Beulwerte von Platten
enthält Tabelle 2.3.
Tabelle 2.3 Maximale Beulwerte druckbeanspruchter Platten
α=a/b 2 6 12 20 30
kσx 4,50 4,16 4,08 4,05 4,03
Eine Einspannung der Längsränder bewirkt eine weitere Erhöhung der Beulwellenan-
zahl und eine daraus resultierende Verkürzung der Halbwellenlänge. Die ideale
Beulspannung wächst an, Tabelle 2.4.
18 2 Beultheorie und Tragverhalten
Für die wichtigsten in der Praxis auftretenden Fälle enthält Tabelle 2.5 Beulwerte kσ
zur Berechnung idealer Beulspannungen dreiseitig gelenkig gelagerter Platten.
Tabelle 2.5 Beulwerte dreiseitig gelenkig gelagerter Platten [118]
Beanspruchung Beul- Gül- Beulwert
spannung tigkeit
Größte Druckspannung am gelagerten Rand
Geradlinig verteilte σx,Pi α≥1 kσ = 0,578/ (ψ + 0,34)
Druckspannungen = kσ σe
0≤ψ≤1
9,00
8,00
7,00
6,00
k τ 5,00
4,00
3,00
2,00
x = Programm RUB-Beulen
1,00
0,00
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
α
Bild 2.2 Beulwert kτ in Abhängigkeit von der Randlagerung
Die Anwendung der nichtlinearen Beultheorie ist aufgrund des hohen Aufwands nicht
im Bereich von Handrechnungen sondern als Grundlage für FE–Programme zu sehen.
Aus diesem Grund wird an dieser Stelle nur auf die grundlegenden Arbeiten in [37],
[57], [58], [60], [113], [114] und [130] hingewiesen.
2.4 Tragverhalten 21
2.4 Tragverhalten
Versuche zeigen, dass das Versagen allseitig gelagerter Platten nicht unmittelbar nach
einer ersten Beulenbildung erfolgt. Eine weitere Laststeigerung ist häufig möglich.
Zur Verdeutlichung dieses Phänomens ist mit dem Programmsystem Abaqus ein
Versuch aus [47] an einer druckbeanspruchten, spannungsarm geglühten Platte mit
Vorverformung aus hochfestem Stahl S460 nachgerechnet worden. Bild 2.3 zeigt den
Versuchskörper, die Versuchsdaten, den 1. Eigenwert und die zugehörige Eigenform.
Abmessungen:
a = 2x380 = 760 mm
b = 380 mm
t = 8,15 mm
Streckgrenze:
fy = 54,5 kN/cm2
Vorverformung:
wo = 1,3 mm
Bild 2.3 Versuch Nr. 59 aus [47], Versuchskörper, Versuchsdaten, 1. Eigenwert und
zugehörige Eigenform
22 2 Beultheorie und Tragverhalten
2.4.2 Blechbiegung
SF1 = Kraft pro cm Blechdicke (44,20 [kN/cm] / 0,815 [cm] = 54,23 kN/cm2)
2.4 Tragverhalten 25
Die Oberfläche in einem Beulental wird zweiachsig auf Druck beansprucht. Die
resultierende Spannung beträgt in x-Richtung aufgrund der Gestaltänderungsenergie-
hypothese ca. σ x ≈ − 2 3 ⋅ 54,5 = −62,93 kN / cm 2 und ist damit größer als die
Streckgrenze. Auf einem Beulenberg besteht der zweiachsige Spannungszustand aus
einer Druckspannung in x-Richtung und einer Zugspannung in y-Richtung. Die
zulässige Spannung der einzelnen Hauptspannungen liegt unterhalb der Streckgrenze.
In der Mittelfaser, Section Point 3, ist sehr gut zu erkennen, dass über die gesamte
Plattenbreite die Blechbiegung nie so groß wird, dass eine Zugbeanspruchung
entsteht. Der Spannungsverlauf in der Mittelfläche stimmt mit dem Ergebnis der
Integration über die Blechdicke, Tabelle 2.7 unten, bereits sehr gut überein. Der
endgültige Verlauf der Beanspruchungen zeigt in den beulenden Bereichen sehr
deutlich die Spannungsumlagerung zum gelagerten Längsrand. Außerhalb der
maximalen Beulverformungen nähern sich die Spannungswerte in Feldmitte und am
Längsrand wieder an.
Zur weiteren Verdeutlichung der Blechbiegung sind σx-Spannungen (lokal S11) für
die Elemente 637 bis 646, Tabelle 2.8, und σy-Spannungen (lokal S22) für die
Elemente 466 bis 646 (Inkrement 20), Tabelle 2.9, optisch und zahlenmäßig ausge-
wertet worden. Die Lage der Elemente im Bezug zur Gesamtplatte zeigt Bild 2.7. Des
weiteren soll durch die detaillierte Untersuchung der Zusammenhang zwischen
Spannungen an den Section Points und den von Abaqus ausgegebenen Section Forces
und Section Moments geklärt werden. Bei der Auswertung sind die Spannungen an
den Section Points linear verbunden worden.
Tabelle 2.8 σx-Spannungen (lokal S11) für die Elemente 637 bis 646 und resultierende
Elementkräfte
5 El S. P. S11[kN/cm2] N(S11)[kN] M(S11)[kNcm] SF1[kN] SM2[kNcm]
4 637 1 -57,38 -84,02 0,71 -84,06 0,71
3 2 -56,01
2 3 -54,42
1 4 -52,62
-70 -60 -50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40
5 -50,61
5 El S. P. S11[kN/cm2] N(S11)[kN] M(S11)[kNcm] SF1[kN] SM2[kNcm]
4 638 1 -61,12 -82,50 2,05 -82,69 2,05
3 2 -58,53
2 3 -54,41
1 4 -48,74
-70 -60 -50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40
5 -41,73
5 El S. P. S11[kN/cm2] N(S11)[kN] M(S11)[kNcm] SF1[kN] SM2[kNcm]
4 639 1 -62,63 -74,07 4,25 -74,58 4,36
3 2 -60,13
2 3 -49,87
1 4 -37,48
-70 -60 -50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40
5 -25,09
5 El S. P. S11[kN/cm2] N(S11)[kN] M(S11)[kNcm] SF1[kN] SM2[kNcm]
4 640 1 -62,71 -64,16 6,04 -65,02 6,21
3 2 -59,49
2 3 -43,08
1 4 -26,67
-70 -60 -50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40
5 -10,26
5 El S. P. S11[kN/cm2] N(S11)[kN] M(S11)[kNcm] SF1[kN] SM2[kNcm]
4 641 1 -62,21 -55,21 7,43 -56,22 7,64
3 2 -57,70
2 3 -37,60
1 4 -17,50
-70 -60 -50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40
5 2,60
5 El S. P. S11[kN/cm2] N(S11)[kN] M(S11)[kNcm] SF1[kN] SM2[kNcm]
4 642 1 -61,67 -47,55 8,63 -48,70 8,87
3 2 -56,26
2 3 -32,95
1 4 -9,63
-70 -60 -50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40
5 13,68
5 El S. P. S11[kN/cm2] N(S11)[kN] M(S11)[kNcm] SF1[kN] SM2[kNcm]
4 643 1 -61,34 -40,90 9,63 -42,14 9,89
3 2 -54,75
2 3 -28,82
1 4 -2,90
-70 -60 -50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30
5 23,00
5 El S. P. S11[kN/cm2] N(S11)[kN] M(S11)[kNcm] SF1[kN] SM2[kNcm]
4 644 1 -61,15 -35,64 10,42 -36,92 10,70
3 2 -53,58
2 3 -25,50
1 4 2,59
-70 -60 -50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40
5 30,01
5 El S. P. S11[kN/cm2] N(S11)[kN] M(S11)[kNcm] SF1[kN] SM2[kNcm]
4 645 1 -61,12 -31,91 10,94 -33,17 11,24
3 2 -52,56
2 3 -23,05
1 4 6,47
-70 -60 -50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40
5 34,53
5 El S. P. S11[kN/cm2] N(S11)[kN] M(S11)[kNcm] SF1[kN] SM2[kNcm]
4 646 1 -61,12 -30,03 11,21 -31,27 11,51
3 2 -52,05
2 3 -21,80
1 4 8,45
-70 -60 -50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40
5 36,75
2.4 Tragverhalten 27
Tabelle 2.9 σy-Spannungen (lokal S22) für die Elemente 466 bis 646 (Inkrement 20) und
resultierende Elementkräfte
5 El S. P. S22[kN/cm2] N(S22)[kN] M(S22)[kNcm] SF2[kN] SM1[kNcm]
4 466 1 -13,14 -12,25 1,10 -12,25 1,10
3 2 -10,53
2 3 -7,91
1
4 -5,29
-50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40 50 60 70
5 -2,68
5 El S. P. S22[kN/cm2] N(S22)[kN] M(S22)[kNcm] SF2[kN] SM1[kNcm]
4 486 1 -22,86 -12,52 3,11 -12,52 3,11
3 2 -15,47
2 3 -8,08
1 4 -0,69
-50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40 50 60 70
5 6,70
5 El S. P. S22[kN/cm2] N(S22)[kN] M(S22)[kNcm] SF2[kN] SM1[kNcm]
4 506 1 -30,83 -10,72 5,03 -10,72 5,03
3 2 -18,87
2 3 -6,92
1 4 5,03
-50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40 50 60 70
5 16,98
5 El S. P. S22[kN/cm2] N(S22)[kN] M(S22)[kNcm] SF2[kN] SM1[kNcm]
4 526 1 -36,99 -7,45 6,77 -7,45 6,77
3 2 -20,90
2 3 -4,81
1 4 11,28
-50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40 50 60 70
5 27,37
5 El S. P. S22[kN/cm2] N(S22)[kN] M(S22)[kNcm] SF2[kN] SM1[kNcm]
4 546 1 -38,87 -3,04 8,20 -3,28 8,25
3 2 -22,51
2 3 -2,43
1 4 17,65
-50 -30 -10 10 30 50 70
5 37,73
5 El S. P. S22[kN/cm2] N(S22)[kN] M(S22)[kNcm] SF2[kN] SM1[kNcm]
4 566 1 -40,08 1,52 9,44 1,08 9,53
3 2 -23,38
2 3 0,13
1 4 23,64
-50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40 50 60 70
5 47,15
5 El S. P. S22[kN/cm2] N(S22)[kN] M(S22)[kNcm] SF2[kN] SM1[kNcm]
4 586 1 -41,27 5,72 10,47 5,17 10,58
3 2 -23,60
2 3 2,63
1 4 28,85
-50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40 50 60 70
5 55,08
5 El S. P. S22[kN/cm2] N(S22)[kN] M(S22)[kNcm] SF2[kN] SM1[kNcm]
4 606 1 -42,34 9,22 11,26 8,61 11,38
3 2 -23,43
2 3 4,79
1 4 33,01
-50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40 50 60 70
5 61,23
5 El S. P. S22[kN/cm2] N(S22)[kN] M(S22)[kNcm] SF2[kN] SM1[kNcm]
4 626 1 -43,11 11,22 11,61 10,79 11,78
3 2 -23,15
2 3 6,42
1 4 35,99
-50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40 50 60 70
5 62,55
5 El S. P. S22[kN/cm2] N(S22)[kN] M(S22)[kNcm] SF2[kN] SM1[kNcm]
4 646 1 -43,53 12,18 11,75 11,89 11,94
3 2 -22,94
2 3 7,31
1 4 37,55
-50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40 50 60 70
5 62,61
28 2 Beultheorie und Tragverhalten
Tabelle 2.8 und Tabelle 2.9 zeigen die Veränderung der Blechbiegung vom gelagerten
Rand zur Plattenmitte. Während das Randelement überwiegend auf Druck bean-
sprucht wird, ist in Plattenmitte eine erhebliche Biegebeanspruchung vorhanden. Bei
der Überprüfung der Zusammenhänge zwischen den aus Spannungen in den Section
Points berechneten Elementkräften und den Section Forces der Abaqusausgabe ist mit
zunehmender Biegebeanspruchung ein Unterschied feststellbar. Offensichtlich
berücksichtigt Abaqus Plastizierungen genauer. Weitere Auswertungen erfolgen aus
diesem Grund in Abhängigkeit von den Section Forces.
Für eine allseitig gelagerte Platte mit einer linear veränderlichen Randspannung,
Randspannungsverhältnis ψ = 0, zeigt Bild 2.8 den im Versuch gemessenen Span-
nungsverlauf σx.
Die maximale Dehnung ε ist am stärker gedrückten Rand größer als εy. Im Versuch
gemessene Traglasten biegebeanspruchter Platten enthalten unabhängig davon ob das
Ergebnis durch eine Beulenbildung oberhalb oder unterhalb einer rechnerischen,
linearelastischen Tragfähigkeit liegt, Plastizierungen. Eine auf Versuchen basierende
Bemessung biegebeanspruchter, beulgefährdeter Platten nutzt somit in jedem Fall
plastische Reserven aus. Für den hier dargestellten Versuch liegt z.B. die Tragfähig-
keit zwischen der linearelastischen und der vollplastischen Tragfähigkeit.
2.4 Tragverhalten 29
2.4.6 Versagensmechanismen
Die Ausbildung von Fließlinien beginnt, wenn an einem Punkt der Platte unter
wachsender Beanspruchung die Fließspannung fy erreicht wird. Ausgehend von
diesem Punkt breitet sich der Fließvorgang aus, so dass je nach Lagerungsbedingun-
gen durch eine Ausbildung von Fließlinien eine Kinematik entsteht, die zum Versagen
einer Platte führt. Die grundlegenden Zusammenhänge in der Fließlinie sind in Bild
2.13 dargestellt. Da sich nur im einfachsten Fall senkrechte Fließlinien ausbilden,
muss auch der Fall einer schräg liegenden Gelenklinie erfasst werden.
Bild 2.13 Fließlinie mit β = 0° und β ≠ 0°, Mp''' = MP' ⋅ 1/cos β [11]
My < Mel,y
Spannungsverteilungen biegebeanspruchter, beulgefährdeter I– und U–Profile zeigt
Tabelle 2.13. Im Vergleich zu I–Profilen ist das Tragverhalten beulgefährdeter U–
Profile wesentlich komplizierter. Beult der Steg eines U–Profils unter einer Biegebe-
anspruchung My, wird durch die unsymmetrische Beulenbildung nur der druckbean-
spruchte Steg „weicher“. Zum Ausgleich erfährt der gedrückte Rand eine größere
Dehnung als der gezogene Rand. In den Gurten entstehen unterschiedlich große
Normalkräfte. Aus Gleichgewichtsgründen muss in diesem Fall im Steg ebenfalls eine
Normalkraft vorhanden sein und daraus folgend eine resultierende Biegebeanspru-
chung in den Gurten. Beulen die Gurte unter einer Biegebeanspruchung Mz, wird die
Spannungsaufnahme am beulenden, freien Rand durch Verformungen senkrecht zur
Plattenebene reduziert. Die Spannungsnulllinie verlagert sich vom Gurt zum Steg. Der
Querschnitt verdreht sich um die z–Achse.
3 Berechnungsmethoden und Übersicht
3.1 Übersicht
Für den Nachweis beulgefährdeter Konstruktionen zeigt Tabelle 3.1 aus [50] eine
Übersicht über Vorschriften, Richtlinien und Berechnungsmethoden. Größte Bedeu-
tung haben:
• Tragbeulspannungen
• Grenzwerte b/t
• Wirksame Breiten
• Zugfeldtheorie
Weniger bekannte und verwendete Verfahren sind die Methode der wirksamen
Schnittgrößen [36] und die Methode der wirksamen Steifigkeiten [103]. Aufgrund der
eher geringen Bedeutung soll an dieser Stelle der Hinweis auf die zugehörige Literatur
genügen.
Tabelle 3.1 Vorschriften und Methoden für den Nachweis beulgefährdeter Konstruktionen
[50]
Vorschrift Methode Bemerkungen
1 DIN 18800 Teil 1 Beulnachweis Grenzwerte b/t für Einzelbleche oder auch max.
Tabellen 12, 13, mit b/t-Verhältnissen Druckspannungen, nach DIN 18800 Teil 3 können
und 14 sich höhere Beanspruchbarkeiten ergeben
2 DIN 18800 Teil 3 Beulnachweis Ausgesteifte und unausgesteifte Rechteckplatten
unter Druck- und Schubbeanspruchungen
3 DIN 18800 Teil 2 wirksame Einfluss des Beulens auf das Knicken; Ermittlung
Abschnitt 7 Breiten wirksamer Breiten bei Druckbeanspruchungen
(Einzelbleche)
4 EC 3 Teil 1 – 1 Beulnachweis maximale b/t-Verhältnisse für druckbeanspruchte
Tabelle 5.3.1 mit b/t-Verhältnissen Querschnitte; vergleichbar mit DIN 18800 Teil 1
5 EC 3 Teil 1 – 1 wirksame Quer- wirksame Breiten druckbeanspruchter Quer-
Abschnitt 5.3.5 schnitte schnittsteile (Einzelbleche)
6 EC 3 Teil 1 – 1 Zugfeldmethode Nachweise gegen Schubbeulen (Stegbleche)
Abschnitt 5.6.4
7 EC 3 Teil 1 – 5 wirksame Quer- Druckbeanspruchte Querschnitte mit und ohne
Abschnitt 4 schnitte Längssteifen; Schubbeulen
8 DASt-Ri 012 Beulnachweis wie DIN 18800 Teil 3, aber auf Gebrauchs-
lastniveau
9 DASt-Ri 015 Zugfeldtheorie für Träger mit schlanken Stegen
wirksame Quer-
schnitte
10 DASt-Ri 016 wirksame Quer- für dünnwandige kaltgeformte Bauteile
schnitte
3.2 Beulnachweis 37
3.2 Beulnachweis
Ein Beulnachweis nach DIN 18800 T3 basiert auf Beulkurven und der linearisierten
Beultheorie. Die einwirkende Beanspruchung wird nach der linearen Elastizitätstheo-
rie ermittelt. Für jedes druckbeanspruchte Querschnittsteil muss nachgewiesen
werden, dass die vorhandene Spannung geringer als die zulässige ist. Ein Nachweis
für Normalspannungen σx erfolgt in den Schritten:
• Normalspannungen σx nach der linearen Elastizitätstheorie berechnen
2
π2 ⋅ E t
• ideale Beulspannung σxPi = k σ x ⋅ σe ermitteln; σe = 2
⋅
12 ⋅ (1 − µ ) b
Beulkurven
Die geometrischen und physikalischen Nichtlinearitäten inklusive Vorverformungen,
Eigenspannungen und gegebenenfalls Streckgrenzenstreuungen sind beim Beulprob-
lem theoretisch nahezu nicht erfassbar. Aus diesem Grund enthält Tabelle 1 der DIN
18800 Teil 3 für unterschiedliche Beanspruchungsarten, Normalspannungen und
Schubspannungen, sowie unterschiedliche Lagerungsbedingungen, allseitig und
dreiseitig gelagerte Platten, Beulkurven zur Ermittlung von Abminderungsfaktoren κ.
Eine Auswertung der Beulkurven zeigt Bild 3.1. Dargestellt sind folgende Fälle:
c allseitige Lagerung , Normalspannung , ψ = 1
d " , " ,ψ≤0
e dreiseitige Lagerung, "
f " , " , konstante Randverschiebung u
g allseitige Lagerung , ohne Längssteifen , Schubspannungen
h " , mit " , "
i Euler-Hyperbel
38 3 Berechnungsmethoden und Übersicht
Bild 3.1 Abminderungsfaktoren κ nach DIN 18800 Teil 3 für Teil- und Gesamtfelder
Der Imperfektionseinfluss gedrungener Platten ist größer als die ohnehin geringe
überkritische Reserve, d.h. die reale Tragfähigkeit liegt unterhalb der Verzweigungs-
spannung. Die verwendete Beulkurve entspricht der Winterkurve. Für Randspan-
nungsverhältnisse Ψ < 1 wird die Winterkurve durch den Faktor c modifiziert, um in
Versuchen gemessene höhere Tragfähigkeiten auszunutzen. Dieser Effekt ist bereits in
der DASt–Richtlinie 012 durch unterschiedliche Sicherheiten berücksichtigt worden.
12(1 − ν 2 ) 2 b
λ= (3.2)
kσ t
Eπ 2
σ Pi = (3.3)
λ2
Mit dem auf die Streckgrenze bezogenen Bezugschlankheitsgrad λa, Gleichung (3.4),
wird der Schlankheitsgrad λ als bezogener Schlankheitsgrad λ P ausgedrückt, Glei-
chung (3.5).
E
λa = π (3.4)
fy
σ Pi 1 λ fy
= 2 => λ p = = (3.5)
fy λp λa σ Pi
3 ⋅ τ Pi 1 fy
= 2 => λ p = (3.6)
fy λp 3 ⋅ τ Pi
Versuchsaufbau
Zentrische Lasteinleitung Exzentrische Lasteinleitung
e=0 =>Ψ = 1 e=b/6 => Ψ = 0
fy fy fy fy
λp = =
k σ ⋅ σe 4σ e k σ ⋅ σe 7,81σ e
Versuchsergebnis
Traglast (gemessen) Nexp (e=0) Nexp (e=b/6)
Versuchsauswertung
Fiktive lineare N exp (e = 0) 1 b/6
Spannungsverteilung σ grenz = σ grenz = N exp (e = b / 6) +
A A w
σ grenz (e = 0) σ grenz (e = b / 6)
κ(λ p )
fy fy
Nishino-Okumura
(starr)
0,8 Höglund (starr)
Frey-Anslijn (starr)
Carskaddan (weich)
κ
Granholm (weich)
0,4
Höglund (weich)
Frei-Anslijn (weich)
0,2
DIN 18800 T3 Zeile 6
Euler-Hyperbel
0,0
0,0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 λ p
Im Bild 3.6 ist sehr gut zu erkennen, dass die verwendete Beulkurve an Versuchser-
gebnisse angepasst worden ist. Im Bereich höherer Schlankheiten sind Tragfähigkei-
ten oberhalb der idealen Beulspannungen zulässig. Dies liegt an der bereits beschrie-
benen Zugfeldwirkung. Die Beulkurve nach DIN 18800 T3 ist über den gesamten
Schlankheitsbereich nur anwendbar, wenn zweifelsfrei die Zugkraft aus einer Zug-
feldwirkung am Endauflager verankert werden kann. Ist dies nicht der Fall, sollte für
Schlankheitsgrade λ P > 1 0,84 = 1,19 auf die Ausnutzung von Tragfähigkeiten
oberhalb der Euler-Hyperbel verzichtet werden.
2 σ 2 σ
σ x + y − σ x ⋅ y + 3 τ ≤ f y, d
κ *x κ *y κ *x κ *y κ *
τ
(3.15)
f y, k
mit: κ * λ P =
σ VPi
Eine auf der sicheren Seite liegende Interaktion ist immer durch eine Addition der
Einzelwirkungen möglich. Es entsteht die so genannte Dunkerley−Gerade nach
Gleichung (3.16), Bild 3.7.
σ τ
+ ≤1 (3.16)
σ P, R , D τ P, R , D
1,00
Vergleichs-
0,80 spannung
0,60
τ/τP,R,d
Dunkerleygerade
0,40
0,20
0,00
0,00 0,20 0,40 0,60 0,80 1,00
σ/σP,R,d
In der Bemessungspraxis kann durch die Begrenzung der Schlankheit (b/t) einzelner
Bleche ein vereinfachter Beulnachweis geführt werden. Die Herleitung erfolgt z.B.
aus den Beulkurven für den Fall κ = 1,0. Grenzwerte grenz (b/t) zum Tragsicherheits-
nachweis Elastisch−Elastisch haben somit prinzipiell keine eigenständige Bedeutung.
Sie dienen lediglich zur Vereinfachung der Bemessung. Grenzwerte b/t zum Tragsi-
cherheitsnachweis Elastisch−Plastisch und Plastisch−Plastisch basieren auf Versuchs-
ergebnissen.
46 3 Berechnungsmethoden und Übersicht
Eine Auswertung der Grenzwerte grenz (b/t) nach DIN 18800 T1 ist in Abhängigkeit
von der Lage der plastischen Nulllinie α in Bild 3.8 und Bild 3.9 dargestellt. Eine
Bemessung nach dem Verfahren Plastisch–Plastisch erfordert große Rotationen in den
Fließgelenken. Grenzwerte grenz (b/t) für das Nachweisverfahren Plastisch–Plastisch
müssen aus diesem Grund strenger als Grenzwerte grenz (b/t) für das Nachweisver-
fahren Elastisch–Plastisch formuliert werden. Für die Materialgüte S690 ist auf eine
Auswertung verzichtet worden, da eine Gültigkeit der Regelungen noch nicht zwei-
felsfrei bewiesen ist.
60 60
50 50
S460
40 40 S460
grenz (b/t)
30 30
20 20
10 10
0 0
0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1
α α
Bild 3.8 Grenzwerte grenz (b/t) allseitig gelagerter Platten nach DIN 18800 T1
30 30
25 25
S460 Druck am
20 gelagerten Rand 20 S460 Druck am
grenz (b/t)
gelagerten Rand
15 15
10 10
Bild 3.9 Grenzwerte grenz (b/t) dreiseitig gelagerter Platten nach DIN 18800 T1
3.4 Methode der wirksamen Breiten 47
Eine Übersicht über wirksame Breiten zeigt Bild 3.11. Die genauen Regelungen
können den angegebenen Literaturstellen entnommen werden. Eine ausführliche
Untersuchung wirksamer Breiten ist z.B. in [90] zu finden. Darüber hinaus enthält die
Fachliteratur insbesondere für dreiseitig gelagerte Platten unter Biegebeanspruchung
([15], [21]) und für das Ausnutzen plastischer Reserven ([16], [19], [20], [97], [99])
neue Entwicklungen wirksamer Breiten.
48 3 Berechnungsmethoden und Übersicht
b⋅t b2 b2 b2 b2
( σ Lx , o + σ Lx , u ) = σ x , o b m1 − m1 + m 2 t + σ x , u b m 2 − m 2 + m1 t (3.17)
2 2b b 2b b
b⋅t
( σ Lx , o − σ Lx , u ) = [σ x , o ⋅ b m1 ( b − b m,1 ) − σ x , u ⋅ b m 2 ⋅ ( b − b m 2 ) −
1
12 2
(3.18)
b2 b 2
2
b b 2
( σ x , o − σ x , u ) ⋅ m1 − b m1 + m 2 − b m 2
2 2 3 2 2 3
Zur Ermittlung wirksamer Breiten müssen somit die Randspannungen σx,o, σx,u, die
zugehörige Resultierende Druckkraft R und die Exzentrizität e bekannt sein. Ist eine
ausreichende Anzahl an Daten vorhanden, kann versucht werden einfache Rechenvor-
schriften für bm1 und bm2 herzuleiten.
2 ⋅ 18,5
grenz (b/t) = ⋅ 240 f y, k
α
Bild 3.13 Wirksame Breiten für das Verfahren Elastisch–Plastisch DIN 18800 T2
In [20] wird eine dehnungsorientierte Vorgehensweise zur Herleitung wirksamer
Breiten für ein Nachweisverfahren Elastisch−Plastisch gewählt. Parameterstudien in
[20] ergeben, dass die Beanspruchbarkeit in einem Bereich von 4εy bis 10εy nur noch
geringfügig abnimmt. Als Randdehnung wird aus diesem Grund 4εy auf einer Seite
vorgegeben und für unterschiedliche Randdehnungsverhältnisse mit einem unveröf-
fentlichten Programm NIPL zugehörige Schnittgrößen nach der nichtlinearen Beul-
theorie berechnet. Wie oben beschrieben sind hiermit alle erforderlichen Parameter
50 3 Berechnungsmethoden und Übersicht
3.5 Beispiele
Tabelle 3.6 Ngr,min mit Beuleinfluss für ein druckbeanspruchtes HEB 800
Material: S460
Nel = 15.364 kN
Eurocode 3:
Gurte: Keine Beulgefahr
46
λp = = 0,95
Steg: 4 ⋅ 12,8
1 0,22
ρ= − = 0,81
0,95 0,952
hS,eff = 0,81 ⋅ 674 = 546 mm
= − 14.333,6 kN
52 3 Berechnungsmethoden und Übersicht
Tabelle 3.7 Mgr,y mit Beuleinfluss für ein biegebeanspruchtes HEA 1000 (modifiziert)
Querschnitt: tg = 31 mm / b = 300 mm / ts = 8 mm / hs = 928 mm / ag = 959 mm
Material: S460 / Mel = 461.372 kNcm / Mpl = 489.489 kNcm
DIN 18800 T3:
Eurocode 3:
Schritt 1: ψ = -1
Wo,eff = -9.670,5 cm3
Wu,eff = 10.229,3 cm3
Wo,eff/wu,eff = -0,945
Schritt 2: ψ = -0,945
Wo,eff = -9.648,5 cm3
Wu,eff = 10.238,3 cm3
Wo,eff/wu,eff = -0,942
Mgr,y = 443.831 kNcm
240
b1// = 18,5 ⋅ 0,8 = 10,7 cm
Steg: 460
240
b 2// = 18,5 ⋅ 0,8 = 10,7 cm
460
b 3// = 2 ⋅ 10,7 = 21,4 cm
362,52 8
M gr , y = 46 ⋅ 30 ⋅ 3,1 ⋅ 95,9 + ⋅ ⋅ 79.229
46 928
= 446.767 kNcm
3.5 Beispiele 53
N gr , min = κ ⋅ f y ⋅ A 1 e
N gr , min = f y / + N
A eff Weff , z
eN = Schwerpunktverschiebung für den
effektiven Querschnitt
M gr , y = κ ⋅ f y ⋅ A f y ⋅ Weff
M gr , y =
cos α
α = Hauptachsendrehwinkel
54 3 Berechnungsmethoden und Übersicht
Zum Nachweis beulgefährdeter Stäbe stehen prinzipiell zwei Verfahren zur Verfü-
gung:
• Beulnachweis
• Methode der wirksamen Breiten
Der grundlegende Unterschied liegt in der Verteilung einwirkender Beanspruchungen
auf die einzelnen Teilflächen. Ein Tragbeulspannungsnachweis verteilt Schnittgrößen
nach der linearen Elastizitätstheorie am Vollquerschnitt, während die Methode der
wirksamen Breiten eine Verteilung in Abhängigkeit von der Beulgefahr der Einzel-
bleche am wirksamen Querschnitt vornimmt, d.h. beulgefährdete Bleche werden
entlastet und Bleche mit Tragreserven stärker belastet. Die Methode der wirksamen
Breiten ermöglicht somit eine Ausnutzung höherer Tragfähigkeiten. Definitionen für
wirksame Breiten liegen in unterschiedlicher Form vor:
• Linearelastische Spannungsverteilung am wirksamen Querschnitt
• Plastische Spannungsverteilung am wirksamen Querschnitt
3.6 Zusammenfassung und Fazit 55
Eine Differenzierung ist nur für überwiegend auf Biegung beanspruchte Bauteile
sinnvoll. In Tabelle 3.7 zeigt sich, dass der Unterschied zwischen Mgr,y beider Verfah-
ren gering sein kann. Dies gilt auch für eine Berechnung nach [20]. Anders als für
Querschnitte ohne Beulgefahr ergibt eine Berechnung mit „plastischen“ wirksamen
Breiten nicht zwangsläufig höhere Beanspruchbarkeiten als eine Berechnung mit
„elastischen“ wirksamen Breiten. Dies ist auf eine stärkere Querschnittsreduzierung
der wirksamen Breiten im plastischen Bereich zurückzuführen. Aufgrund größerer
Querschnittsrotationen wird die Möglichkeit berücksichtigt, dass einzelne Bleche den
Scheitelpunkt der Last–Verformungskurve überschreiten und sich bereits auf dem
abfallenden Ast befinden. Wirksame Breiten die eine plastische Spannungsverteilung
am wirksamen Querschnitt zulassen, zwingen den Querschnitt rechnerisch in einen
Zustand, der die maximal aufnehmbare Beanspruchung häufig bereits überschritten
hat. Für Beulnachweise ist eine starre Einteilung in Nachweisverfahren Elastisch–
Elastisch und Elastisch–Plastisch offensichtlich nicht zweckmäßig. Wünschenswert ist
ein Verfahren, das durchgängig für alle Schnittgrößenkombinationen Traglasten
berechnet. Ebenso stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit einer aufwändigen
iterativen Verteilung der einwirkenden Schnittgrößen auf effektive Querschnitte. Für
stegbeulgefährdete, biegebeanspruchte U−Profile muss sogar eine Drehung der
Hauptachsen berücksichtigt werden. Angesichts der vielen vereinfachenden Annah-
men, die Berechnung des Randspannungsverhältnis ψ wird z.B. nicht im Sinne der
Beulkurven am Vollquerschnitt des Einzelblechs durchgeführt, steht die Genauigkeit
der Ergebnisse in keinem Verhältnis zum Arbeitsaufwand, der zusätzlich noch eine
nicht vorhandene Genauigkeit suggeriert.
Die folgenden Abschnitte liefern einen der ersten Beiträge zu einem schnittgrößen-
orientierten Bemessungskonzept beulgefährdeter Stäbe. Durch die Ausbildung
nichtlinearer Spannungsverteilungen ist eine exakte Aufteilung der einwirkenden
Schnittgrößen auf die Einzelbleche wie bei der linearelastischen oder idealplastischen
Theorie nahezu unmöglich. Die bisherigen Versuche mit wirksamen Breiten können
nur als grobe Näherung bezeichnet werden. Zur Nachweisführung ist die genaue
Kenntnis der Verteilung jedoch nicht notwendig. Es reicht aus, den Nachweis zu
führen, dass der Querschnitt die einwirkenden Schnittgrößen aufnehmen kann. Hierzu
wird die Annahme getroffen, dass die Querschnittstragfähigkeit nicht überschrit-
ten wird, wenn alle Einzelbleche ihre Grenztragfähigkeit einhalten. Unabhängig
von der realen Spannungsverteilung ist eine Optimierungsaufgabe durch Variationen
von Grenzzuständen zu lösen. Mit dieser Vorgehensweise werden zwar die realen
Spannungsverteilungen nicht erfasst, grundsätzlich sollte jedoch durch Umlagerungen
aufgrund der großen Duktilität des Materials automatisch eine zulässige Verteilung im
Querschnitt entstehen.
4 Grenzschnittgrößen beulgefährdeter Teilflächen
4.1 Vorbemerkungen
Aufbauend auf den Erkenntnissen aus Kapitel 2 und 3 werden nachfolgend Grenz-
schnittgrößen beulgefährdeter, rechteckiger Teilflächen hergeleitet. Eine Unterschei-
dung erfolgt in allseitig und dreiseitig gelagerte Platten. Grundlage sind Beulkurven,
Grenzwerte b/t und wirksame Breiten. Die hier zusammengestellten Beziehungen sind
Ausgangspunkt für ein teilschnittgrößenorientiertes Verfahren zur Berechnung von
Grenztragfähigkeiten beulgefährdeter Querschnitte.
4.2 Grundlagen
N gr M gr
σu = + ⋅ z u = −ψ ⋅ κ ⋅ f y, d (4.2)
A Iy
N gr 1
= − ⋅ (1 + ψ) ⋅ κ ≤ 1 mit N el = t ⋅ b ⋅ f y, d (4.3)
N el 2
M gr 1 t ⋅ b2
= ⋅ (1 − ψ) ⋅ κ ≤ 1 mit M el = ⋅ f y, d (4.4)
M el 2 6
N gr σ D b1 b b b
= 2 − 1 (1 − ψ ) + 2 2ψ + 2 (1 − ψ) ≤ 1 (4.5)
N el 2f y b b b b
b1 3b1 b12
− 6 − (3 − ψ) + 4 2 (1 − ψ)
M gr σ b b b
= D ≤1 (4.6)
M el 2f y b 3 b 4 b 2
+ 2 6ψ + 2 (1 − 3ψ) − 2 (1 − ψ )
b b b2
4.3 Druck- und Biegebeanspruchung 59
2
N gr | M gr |
+ ≤1 (4.7)
N pl M
pl
N gr
= (1 − 2α) ≤ 1 mit N pl = t ⋅ b ⋅ f y, d (4.8)
N pl
M gr t ⋅ b2
= 4 ⋅ α ⋅ (1 − α) ≤ 1 mit M pl = ⋅ f y,d (4.9)
M pl 4
N gr b1 + b 2
= 2(1 − α) − ≤ 1 mit N pl = t ⋅ b ⋅ f y, d (4.10)
N pl b
M gr 2b1 b1 2 b 2 b 2 t ⋅ b2
= 4(1 − α)α + 1 − − 1 − ≤ 1 mit M pl = ⋅ f y,d (4.11)
M pl b b b b 4
2
t
18.980 ⋅ k σ ⋅
N gr , min b
=− 2
≤1
N el t
f y, k + 9.679,8 ⋅ k σ ⋅
b (4.13)
N el = t ⋅ b ⋅ f y, d
kN
f y in 2
cm
Bild 4.7 Grenzbiegemoment Mgr beulgefährdeter, allseitig gelagerter Platten nach DIN
18800 T3
62 4 Grenzschnittgrößen beulgefährdeter Teilflächen
Bild 4.8 Grenzbiegemomente allseitig gelagerter Platten nach DIN 18800 T2 EL-PL
Klassische Verfahren, Tragbeulspannungen und die Methode der wirksamen Breiten
Elastisch−Elastisch, orientieren sich an dem früher üblichen Spannungsnachweis. Die
Tragfähigkeit einer beulgefährdeten Platte wird durch die elastische Grenztragfähig-
keit ohne Beuleinfluss nach oben begrenzt. Moderne Bemessungsverfahren verwen-
den Grenzschnittgrößen und Tragfähigkeiten die auch oberhalb der elastischen
Grenztragfähigkeit liegen können. Im Vergleich zu klassischen Verfahren ist ausge-
hend von Gleichung (4.11) und den Regelungen der DIN 18800 T2 eine Berechnung
von Mgr mit wirksamen Breiten für das Verfahren Elastisch–Plastisch, Gleichung
(4.15), oder nach [20] möglich. Einen Vergleich der unterschiedlichen Methoden zeigt
Bild 4.9.
1,0
DIN 18800 T2 EL-PL
[20]
0,8
0,6
Mgr/Mpl
DIN 18800 T3
0,4
0,2 M
0,0
0,0 25,0 50,0 75,0 100,0 125,0
b/t
Bild 4.9 Mgr allseitig gelenkig gelagerter Platten nach DIN 18800 T2 Elas-
tisch−Plastisch, DIN 18800 T 3 und [20], Materialgüte S460
4.3 Druck- und Biegebeanspruchung 63
∑ N = 0 ⇒ ψε
Bild 4.12 Grenzbiegemomente dreiseitig gelagerter Platten nach [15] und [20]
4.3 Druck- und Biegebeanspruchung 65
Bild 4.13 Mgr nach DIN 18800 T2 Elastisch−Plastisch, DIN 18800 T 3, Eurocode 3, [15]
und [20], Materialgüte S460, Druck am freien Rand
Einen Vergleich der Verfahren für die Materialgüte S460 zeigt Bild 4.13. Auffällig ist
erneut der große Unterschied zwischen dem Beginn der Kurven nach DIN 18800 T2
Elastisch−Plastisch und [20]. Die genauen Grenzwerte zeigt Tabelle 4.2. Ebenso ist es
sehr überraschend, dass die Grenzwerte b/t nach DIN 18800 T1 Elastisch−Elastisch
für ψ=−1 geringere Werte ergeben als die Grenzwerte b/t nach DIN 18800 T1
Elastisch–Plastisch für α= 0,5.
Tabelle 4.2 grenz (b/t) biegebeanspruchter, dreiseitig gelagerter Bleche, Druckbeanspru-
chung am freien Rand
Werkstoff DIN 18800 T1 ψ= -1 DIN 18800 T1 α= 0,5 [20]
Elastisch−Elastisch Elastisch−Plastisch
S 460 13,1 15,9 6,4
Bei der Überprüfung der Grenzwerte b/t in [100] sind keine Untersuchungen für α =
0,5 durchgeführt worden. Eine Aussage über die Richtigkeit der Lösungen ist somit
abschließend nicht möglich. In diesem Fall erscheint es sinnvoller auf konservativere
Lösungen zurückzugreifen, d.h. entweder auf die Ausnutzung von Tragfähigkeiten
zwischen der elastischen und plastischen Grenztragfähigkeit zu verzichten oder
Lösungen nach [20] anzuwenden.
66 4 Grenzschnittgrößen beulgefährdeter Teilflächen
Bild 4.16 Näherung für eine N–M–Interaktion allseitig gelagerter Platten, S460
Zwischen den Kurven gleicher Schlankheit ist an der Grenze zur elastischen Tragfä-
higkeit ein deutlicher Versatz zwischen den einzelnen Methoden zu erkennen. Dies ist
kein befriedigendes Ergebnis. Für die Zukunft wäre eine durch Versuche abgesicherte,
durchgängige N–M–Interaktionskurve wünschenswert. Eine erste mögliche Näherung
kann durch eine lineare Erweiterung zwischen der elastischen und der plastischen
Tragfähigkeit erfolgen, Bild 4.16.
Bild 4.17 Vergleich DIN 18800 T3 und [20], größte Druckbeanspruchung am freien
Rand, Materialgüte S460
Bereits für die geringe Schlankheit b/t = 10 wird deutlich, dass die wirksamen Breiten
nach [20] nur für eine überwiegende Biegebeanspruchung geringfügig höhere Tragfä-
higkeiten als die Beulkurve nach DIN 18800 T3 ergeben. Ebenso ist nach [20] bereits
für eine Schlankheit b/t = 8 eine Abminderung der Tragfähigkeit infolge Beuleinfluss
notwendig. Dies steht im Widerspruch zu den nach [100] abgesicherten Grenzwerten
b/t der DIN 18800 T1, grenz b/t (α = 1) = 7,95 (Elastisch–Plastisch). Die Festlegun-
gen nach [20] sind offensichtlich sehr konservativ gewählt worden.
Da ein Vergleich von [20] und der Beulkurve nach DIN 18800 T3 kaum nennenswert
neue Erkenntnisse ergeben hat, wird ergänzend ein Vergleich mit den Regelungen im
Eurocode 3 und [15] durchgeführt, Bild 4.18. Der Einmündungspunkt in die elastische
Gerade beträgt nach DIN 18800 T3 λ P = 0,7 und nach Eurocode 3 und [15]
λ P = 0,673 .
70 4 Grenzschnittgrößen beulgefährdeter Teilflächen
Bild 4.18 Vergleich DIN 18800 T3, Eurocode 3 und [15], Materialgüte S460, größte
Druckbeanspruchung am freien Rand
Zwei Effekte sind erkennbar. Für Mgr/Mel > 0 ergeben DIN 18800 T3 und [15]
vergleichbare und der EC 3 bereichsweise niedrigere Ergebnisse. Eine Steigerung der
Druckbeanspruchung bei gleichzeitiger Beachtung der bereits diskutierten Span-
nungsumlagerung zum gelagerten Rand wird nur durch den EC 3 und [15] berücksich-
tigt. Es ist gut zu sehen, dass die aufnehmbare Druckkraft in diesem Fall nur durch ein
gleichzeitig wirkendes Biegemoment ansteigen kann. Für b/t = 13,15 (S460) beträgt
der Unterschied zwischen der maximal aufnehmbaren Druckkraft zwischen [15] und
DIN 18800 T3 bereits ca. 15 % mit steigender Tendenz bei höheren Schlankheiten.
Eine Erweiterung von Bild 4.18 zeigt für den Fall einer größeren Druckbeanspru-
chung am gelagerten Rand Bild 4.19. Durch einen höheren Beulwert wird das Niveau
λ P = 0,7 oder λ P = 0,673 erheblich früher erreicht. Besonders interessant ist der
Verlauf der Kurven nach EC 3 und [15]. Es stellt sich die Frage inwiefern die höheren
Druckbeanspruchbarkeiten im Vergleich zur Kurve nach DIN 18800 T3 in einer
Bemessung berücksichtigt werden dürfen. Exemplarisch wird für ψ = 1 das Berech-
nungsergebnis nach EC 3 diskutiert. Die aufnehmbare Normalkraft ist Ngr/Nel = -0,79
und das zugehörige Biegemoment Mgr/Mel = - 0,5.
4.3 Druck- und Biegebeanspruchung 71
Bild 4.19 Vergleich DIN 18800 T3 mit Eurocode 3 und [15], Materialgüte S460
Wie bereits optisch zu erkennen ist, liegen die Schnittgrößen deutlich oberhalb der
elastischen Grenztragfähigkeit. Für ein Einzelblech ist dies unbedeutend, da dem
Anwender bereits vor einer Berechnung wirksamer Breiten die Überschreitung
auffallen muss. Schwieriger ist der Fall bei zusammengesetzten Querschnitten. Eine
Berechnung am Vollquerschnitt ergibt möglicherweise Spannungen unterhalb der
Streckgrenze. Erst durch eine weitere Querschnittsreduktion kommt es zum Grenzfall.
Für ein gurtbeulgefährdetes U–Profil verdeutlicht Tabelle 4.4 diesen Effekt. Als
Beanspruchung wirken eine Druckkraft N und ein positives Biegemoment Mz, d.h. der
gelagerte Rand der dreiseitig gelagerten Gurtplatte wird stärker auf Druck beansprucht
als der freie Rand. Nach einer Querschnittsreduktion wirken die Biegebeanspruchung
Mz und das Zusatzmoment infolge Schwerpunktverschiebung N ⋅ eNy entgegengesetzt.
Schlimmstenfalls heben sich beide Anteile auf, so dass die Tragfähigkeit für ψ = 1
ermittelt wird.
72 4 Grenzschnittgrößen beulgefährdeter Teilflächen
Bild 4.20 Vergleich DIN 18800 T3 Zeile 5 mit [15], Materialgüte S460
Größere Abweichungen zwischen beiden Verfahren beginnen, wenn eine überwie-
gende Druckbeanspruchung ein Beulen beider Platten hervorruft. Nach [15] wird
offensichtlich eine wesentlich stärkere Spannungsumlagerung infolge Beulen berück-
sichtigt als nach DIN 18800 T3. An der Größenordnung der Tragfähigkeiten nach [15]
für überwiegende Druckbeanspruchung gibt es aufgrund einer Vielzahl von Versu-
chen keinen Zweifel. Die Beulkurve nach DIN 18800 T3 ist offensichtlich nicht nur
an Traglasten, sondern auch an Gebrauchstauglichkeitsanforderungen orientiert
worden.
Während für eine überwiegende Druckbeanspruchung nach [15] eine Tragfähigkeits-
steigerung im Vergleich zur Beulkurve nach DIN 18800 T3 festgestellt werden kann,
wird ergänzend eine überwiegende Biegebeanspruchung im Vergleich zu [20]
untersucht. Für symmetrisch angeordnete, dreiseitig gelagerte Platten ist offensichtlich
eine deutlich höhere Biegebeanspruchung möglich, Bild 4.21. Da sich in diesem Fall
jedoch eine Spannungsumlagerung nur für eine Platte ergibt, stellt sich eine resultie-
rende Zugkraft ein. Wirkt gleichzeitig eine äußere Druckkraft, sinken die Tragfähig-
keiten nach [20] sehr schnell unter die Tragfähigkeiten nach DIN 18800 T3.
74 4 Grenzschnittgrößen beulgefährdeter Teilflächen
Bild 4.21 Vergleich DIN 18800 T3 Zeile 5 mit [20], Materialgüte S460
Wie diese kurze Diskussion gezeigt hat, ist zur Anwendung bekannter Verfahren
erhebliche Sorgfalt notwendig. Dies gilt insbesondere für den Eurocode 3. Die
kompletteste und sicherste Lösung über den gesamten Tragfähigkeitsbereich bietet für
einzelne Platten eindeutig die DIN 18800 T3, wenn die Beulwerte für Randspan-
nungsverhältnisse 1 ≤ ψ ≤ -1 berechnet werden. Nennenswerte Tragfähigkeitssteige-
rungen gegenüber dieser Beulkurve sind nur in Einzelfällen möglich. Dies erfordert
jedoch einen sehr hohen Kenntnisstand der Beulproblematik, d.h. diese Bereiche
sollten dem Fachmann vorbehalten bleiben, der die Anwendbarkeit im Einzelfall
genau prüfen kann. In diesem Sinne wird für allgemeine Lösungen nachfolgend auf
die Beulkurve der DIN 18800 T3 zurückgegriffen. Ein Teilschnittgrößenverfahren ist
jedoch unabhängig von einer Beulkurve anwendbar, so dass der versierte Anwender
selbstverständlich auch Lösungen nach [15] und [20] problemlos ergänzen kann.
Hierfür sind jedoch häufig sehr aufwändige und fehleranfällige Iterationen notwendig.
4.3 Druck- und Biegebeanspruchung 75
Die Grenzschnittgrößen Nel,M und Mel,N sind abhängig von dem Randspannungsver-
hältnis Ψ. Grenzwerte b/t nach DIN 18800 T1 berücksichtigen keine eingespannten
Einzelbleche. Aus diesem Grund erfolgt die Herleitung direkt aus den Beulkurven
nach DIN 18800 T3 mit der Bedingung κ = 1, Gleichung (4.20).
1 0,22 f y, k b
κ = 1 = c ⋅ − mit c=1,25−0,25⋅Ψ≤1,25 und λ p = ⋅ (4.20)
λp λp k σ ⋅ 18.980 t
Einsetzen von c und λ p und auflösen nach b/t ergibt Gleichung (4.21).
k σ ⋅ 18.980
grenz ( b / t ) = (c / 2 + 0,25 ⋅ c − 0,22 ⋅ c ) ⋅ (4.21)
f y, k
Die zugehörigen Beulwerte kσ sind in Tabelle 4.6 zusammengefasst.
Tabelle 4.6 Beulwerte kσ allseitig gelagerter Platten
Gelenkig gelagert: Eingespannte Längsränder:
8,2 14,3
0≤Ψ≤1 kσ = kσ =
ψ + 1,05 ψ + 1,05
-1 ≤ Ψ ≤ 0 k σ = 7,81 − 6,29 ⋅ ψ + 9,78 ⋅ ψ 2 k σ = 13,56 − 12,0 ⋅ ψ + 14,0 ⋅ ψ 2
Einsetzen von kσ nach Tabelle 4.6 in die Gleichung (4.21) ergibt eine nach Ψ nicht
auflösbare Formel. Aus diesem Grund ist die Entwicklung ausreichend genauer
Näherungslösungen erforderlich. In Tabelle 4.7 und Tabelle 4.8 erfolgt eine grafische
Auswertung von Gleichung (4.21) für fy,k = 24 kN/cm2. Gleichzeitig sind am Verlauf
der Kurven entwickelte Näherungslösungen eingezeichnet. Die Übereinstimmung der
Kurven ist nahezu exakt. Nur im Bereich zwischen 0 ≤ ψ ≤ 0,05 sind geringe Abwei-
chungen feststellbar. Eine Zusammenfassung der Näherungslösungen erfolgt in
Tabelle 4.9.
Tabelle 4.7 Näherungslösungen zur Berechnung von Ψ (grenz b/t) allseitig gelenkig
gelagerter Platten
1,00 0,00
0,80 -0,20
0,60 -0,40
0,40 -0,60
0,20 -0,80
ψ = −1,4581 ⋅ ln( b / t ) + 6,3013 ψ = −1,7482 ⋅ ln( b / t ) + 7,5485
0,00 -1,00
0 15 30 45 60 75 90 60 75 90 105 120 135
grenz (b/t) grenz (b/t)
4.3 Druck- und Biegebeanspruchung 77
Tabelle 4.8 Näherungslösungen zur Berechnung von Ψ (grenz b/t) allseitig gelagerter
Platten mit eingespannten Längsrändern
1,00 0,00
0,80 -0,20
0,60 -0,40
0,40 -0,60
0,20 -0,80
ψ = −1,4581 ⋅ ln( b / t ) + 6,7107 ψ = −1,8285 ⋅ ln( b / t ) + 8,405
0,00 -1,00
30 45 60 75 90 105 80 100 120 140 160 180
grenz (b/t) grenz (b/t)
Tabelle 4.9 Nel,M und Mel,N allseitig gelagerter Platten für den Fall b/t = grenz(b/t) Elas-
tisch–Elastisch
N el, M 1 M 1 t ⋅ b2 kN
= − (1 + ψ), el , N = (1 − ψ ) , mit N el = b ⋅ t ⋅ f y, d , M el = ⋅ f y, d , f y in 2
N el 2 M el 2 6 cm
b 24 b 24
≤ 37,8 ⋅ => ψ = 1 ≤ 50 ⋅ => ψ = 1
t f y, k t f y, k
24 b 24 24 b 24
37,8 ⋅ < < 75,8 50 ⋅ < < 100
f y, k t f y, k f y ,k t f y ,k
b f y, k b f y, k
ψ = −1,4581 ⋅ ln ⋅ + 6,3013 ψ = −1,4581 ⋅ ln ⋅ + 6,7107
t 24 t 24
24 b 24 24 b 24
75,8 ⋅ ≤ ≤ 133 100 ⋅ ≤ ≤ 170
f y, k t f y, k f y, k t f y, k
b f y, k b f y, k
ψ = −1,7482 ⋅ ln ⋅ + 7,5485 ψ = −1,8285 ⋅ ln ⋅ + 8,405
t 24 t 24
78 4 Grenzschnittgrößen beulgefährdeter Teilflächen
Tabelle 4.10 Nel,M und Mel,N dreiseitig gelagerter Platten, b/t = grenz(b/t) Elastisch–Elastisch
N el, M 1 M 1 t ⋅ b2 kN
= − (1 + ψ ), el , N = (1 − ψ ) , mit N el = b ⋅ t ⋅ f y, d , M el = f y, d , f y in 2
N el 2 M el 2 6 cm
bG 24 bG 24
≤ 12,9 ⋅ => ψ = 1 ≤ 22,3 ⋅ => ψ = 1
t f y, k t f y, k
24 b G 24 24 b G 24
12,9 ⋅ < ≤ 18,2 ⋅ 22,3 ⋅ < ≤ 28,8 ⋅
f y, k t f y, k f y, k t f y, k
b 5384 t b 15242 t
2 2
ψ = 1− 1,340 − ⋅ ψ = 1− 1,278 − ⋅
bG f y, k b G bG f y, k b G
4.3 Druck- und Biegebeanspruchung 79
Die Herleitung zur Berechnung von Nel,M und Mel,N dreiseitig gelagerter Platten
erfolgt analog zur allseitig gelagerten Platte. Die Grundgleichung ist:
κ = 1 = 0,7 / λ p mit λ p = f y, k /( k σ ⋅ 18980) ⋅ b / t (4.22)
Einsetzen der Beulwerte kσ nach Tabelle 4.11 ergibt die gesuchten Lösungen, Tabelle
4.10.
Tabelle 4.11 Beulwerte kσ dreiseitig gelagerter Platten
Gelenkig gelagert: Eingespannte Längsränder:
maximale Druckbeanspruchung am freien Rand
-1 ≤ Ψ ≤ 1 0,57 − 0,21 ⋅ ψ + 0,07 ⋅ ψ 2 1,64 − 0,43 ⋅ ψ + 0,07 ⋅ ψ 2
maximale Druckbeanspruchung am gelagerten Rand
1≤Ψ≤0 0,578 /(ψ + 0,34) 5,9 /(1 + 3,6 ⋅ ψ )
0 < Ψ ≤ -10 1,7 − 5 ⋅ ψ + 17,1 ⋅ ψ 2 5,9 − 19,2 ⋅ ψ + 14,6 ⋅ ψ 2
Zur Vervollständigung der elementaren Grenzschnittgrößen werden nachfolgend
Beziehungen zur Berechnung von Ngr und Mgr mit Beuleinfluss hergeleitet. Der
typische Verlauf der Interaktionskurve ist in Bild 4.22 dargestellt. Grundlage sind die
im vorhergehenden Abschnitt hergeleiteten Grundbedingungen:
N gr 1
= − ⋅ (1 + ψ ) ⋅ κ (4.23)
N el 2
Mgr 1
= ⋅ (1 − ψ) ⋅ κ (4.24)
Mel 2
M el, N ≤ M gr ,ψ =0 M gr ,ψ =0 < M el, N ≤ M gr ,ψ = −1
1,00
0,80
max Mgr/Mel
0,60
Lineare
0,40 Näherung
0,20
Abweichung
0,00
-1,00 -0,80 -0,60 -0,40 -0,20 0,00
Ngr/Npl
Bild 4.22 Lineare Näherung zur Berechnung von Ngr und Mgr mit Beuleinfluss allseitig
gelagerter Platten
80 4 Grenzschnittgrößen beulgefährdeter Teilflächen
Prinzipiell erfolgt eine Unterscheidung in drei Bereiche. Für Mel,N ≤ Mgr,Ψ=0 ist die
Kurve mit Beuleinfluss in etwa eine Gerade. Ist Mgr,Ψ=0 < Mel,N ≤ Mgr,Ψ=-1 ergeben sich
zwei näherungsweise lineare Abschnitte mit einem Knickpunkt an der Stelle ψ = 0
und einem Schnittpunkt mit der Geraden der elastischen Genztragfähigkeit. Für den
Fall, dass M gr , ψ = −1 < M el ist, bleibt der qualitative Verlauf erhalten, es gibt jedoch
keinen Schnittpunkt mit der Geraden der elastischen Grenztragfähigkeit. Zur exakten
Berechnung der N–M–Interaktionskurve müsste eine direkte Berechnung von ψ
hergeleitet werden. Ausreichend genau ist bereits eine lineare Näherung. Zusammen-
fassend zeigt Tabelle 4.12 die Berechnungsmethodik. Die N–M–Interaktionskurve
beulgefährdeter, dreiseitig gelagerte Platten, Bild 4.23, weist keinen Knick auf. Der
Verlauf ist über den gesamten Bereich nahezu linear. Aus diesem Grund vereinfacht
sich die empfohlene Näherung zu einer Geradengleichung. Eine Zusammenfassung
zeigt Tabelle 4.13.
Tabelle 4.12 Ngr und Mgr beulgefährdeter, allseitig gelagerter Platten
N gr 1 M gr 1 t ⋅ b2 kN
= − (1 + ψ ) κ, = (1 − ψ ) κ , mit N el = b ⋅ t ⋅ f y, d , M el = f y, d , f y in 2
N el 2 M el 2 6 cm
Allseitig gelagerte Platte k t
2
kσ t
κ = c ⋅ 137,8 ⋅ ⋅ − 4175,6 ⋅ σ ⋅ ≤ 1
f y, k b f y, k b
mit c = 1,25 − 0,25 ⋅ ψ ≤ 1,25
Näherung inklusive Interpolation zwischen Nel,M und Npl,M
N − N gr ,1
M gr = M gr ,1 + ( M gr ,2 − M gr ,1 ) ⋅
N gr ,2 − N gr ,1
M − M gr ,1
N gr = N gr ,1 + ( N gr ,2 − N gr ,1 ) ⋅ (Bei der Einstufung N durch M ersetzen)
M gr ,2 − M gr ,1
Einstufung Mgr,1 Ngr,1 Mgr,2 Ngr,2
N < Nel,M 0 Ngr,min Mel,N Nel,M
Nel,M < Ngr,ψ=0
Nel,M ≤ N ≤ Npl,M Mel,N Nel,M Mpl,N Npl,M
N < Ngr,ψ=0 0 Ngr,min Mgr,ψ=0 Ngr,ψ=0
Ngr,ψ=0 ≤ N < Nel,M Mgr,ψ=0
Ngr,ψ=0 Mel,N Nel,M
Nel,M ≥ Ngr,ψ=0 Nel,M ≤ N < Npl,M Mel,N Nel,M Mpl,N Npl,M
Mgr = (−fy – N/Nel) ⋅ Mel
N ≥ Npl,M und Npl,M > 0
Ngr = (−fy + M/Mel) ⋅ Nel
Rechenwerte: Mpl,N und Npl,M nach Tabelle 4.5, Mel,N und Nel,M nach Tabelle 4.9
N gr , min N gr , ψ = 0 M gr , ψ = 0
= κ (ψ = 1) , = − 0,5 ⋅ κ(ψ = 0) , = 0,5 ⋅ κ (ψ = 0)
N el N el M el
Beulwerte kσ ψ=1 ψ=0 ψ=-1
Gelenkige Lagerung 4 7,81 23,9
Eingespannte Längsränder 6,97 13,56 39,6
4.3 Druck- und Biegebeanspruchung 81
1,0
0,8
0,6
max Mgr/Mel
0,4
Lineare
Näherung
0,2
Abweichung
0,0 Ngr/Nel
-1,00 -0,80 -0,60 -0,40 -0,20 0,00
-0,2
Bild 4.23 Lineare Näherung zur Berechnung von Ngr und Mgr mit Beuleinfluss dreiseitig
gelagerter Platten
4.4 Schubbeanspruchung
4.4.1 Allgemein
Grenzquerkräfte Vgr allseitig gelagerter Platten können bis zum Schnittpunkt mit der
Euler−Hyperbel auf einfache Art und Weise aus der Beulkurve nach DIN 18800 T3
berechnet werden. Nach einer kurzen Umformung ergibt sich Gleichung (4.25).
b 498,6 Vgr kτ t kN
≤ = 152,3 ≤ 1 f y in 2 (4.25)
t f y, k Vpl f y, k b cm
2
b 498,6 Vgr k t kN
> = 32874,3 τ ≤ 1 f y in 2 (4.26)
t f y, k Vpl f y, k b cm
-60 x/l
-40
-20 0,0 0,5 1,0
0
20 Mxp Mxs
40
60
Aus den grundlegenden Beziehungen ergeben sich nach [50] Gleichung (4.27) und
Gleichung (4.28).
2
V M xp
+ ≤1 (4.27)
Vpl M
pl , xp
2 2
τ | M xp | M xp V
= + + (4.28)
τ R 2 ⋅ M pl,xp 2⋅M V
pl , xp pl
1 fy
Mit: M pl, xp = ⋅ τ R ⋅ b 2 ⋅ ( 2 ⋅ b − t ) , Vpl = τ R ⋅ b ⋅ t und τ R =
4 3
V M xp
+ ≤1 (4.29)
Vgr M pl, xp
5.1 Allgemeines
Einen Überblick zur Beulgefahr hochfester Walzprofile zeigt Tabelle 1.1 in Kapitel 1.
Der Untersuchung hat die in Normen, [1] und [7], und Richtlinien, [4], [5] und [6],
übliche Annahme gelenkig gelagerter Einzelbleche zu Grunde gelegen. Im Folgenden
wird gezeigt, dass durch die Berücksichtigung der hohen Torsionssteifigkeit der
Ausrundungsradien eine wesentlich geringere Anzahl an Walzprofilen beulgefährdet
ist. Hierzu erfolgen Berechnungen mit dem Programmsystem Abaqus an zusammen-
gesetzten Querschnitten und vergleichende Untersuchungen mit dem Programm
RUB–Beulen an Einzelblechen mit Randaussteifungen.
Beulwerte allseitig und dreiseitig gelagerter Platten sind abhängig von der Geometrie,
Randlagerung und Beanspruchungsart. Die wesentlichen Zusammenhänge sind in
Kapitel 2 verdeutlicht worden. Für zusammengesetzte Profile wird in der Berechnung
vereinfachend von einer gelenkigen Lagerung der Einzelteile ausgegangen. Bild 5.1
und Bild 5.2 zeigen beispielhaft ideale Beulspannungsberechnungen mit dem Pro-
grammsystem Abaqus [29] für ein druckbeanspruchtes I–Profil mit gelenkig gelager-
ten Einzelblechen. Zur Simulation einer gelenkigen Lagerung sind zwischen den
Schalenelementen der Einzelbleche Volumenelemente in Form eines Ausrundungsra-
dius diskretisiert worden. Die Volumenelemente sind mit den Schalenelementen in
den Verschiebungsfreiheitsgraden fest verbunden, während die Rotationsfreiheitsgra-
de frei bleiben. In Bild 5.1 sind die Querschnittsabmessungen so gewählt worden,
dass die ideale Beulspannung für den Steg geringer als die ideale Beulspannung der
Gurte ist. Bild 5.2 zeigt den umgekehrten Fall. Die Beanspruchung ist mit 1 kN/cm2
vorgegeben, so dass der 1. Eigenwert der idealen Beulspannung entspricht. Die
Eigenformen entsprechen exakt den Erwartungen. Für den Steg entsteht eine mehr-
wellige Beulfigur und die Gurte beulen einwellig. Die ideale Beulspannung für den
Steg, σPi = 7,69 kN/cm2, und für die Gurte, σPi = 13,10 kN/cm2, stimmen sehr gut mit
den theoretischen Werten allseitig gelenkig gelagerter Platten, σPi = 7,59 kN/cm2, und
dreiseitig gelenkig gelagerter Platten, σPi = 13,04 kN/cm2, überein.
5.2 Einfluss der Ausrundungsradien 87
Bild 5.1 Eigenform und Eigenwert für ein druckbeanspruchtes I–Profil mit „gelenkig“
gelagerten Einzelblechen, σPi,Steg < σPi,Gurt, L=4,0 m
Bild 5.2 Eigenform und Eigenwert für ein druckbeanspruchtes I–Profil mit „gelenkig“
gelagerten Einzelblechen, σPi,Steg > σPi,Gurt, L=4,0 m
88 5 Zur Beulgefahr hochfester Walzprofile
Bild 5.3 Eigenform und Eigenwert für ein druckbeanspruchtes, monolithisches I–Profil,
σPi,Steg < σPi,Gurt, L = 4,0 m
Im Vergleich zur gelenkigen Lagerung der Einzelbleche zeigt Bild 5.3 den ersten
Eigenwert und die zugehörige Eigenform für ein monolithisches I–Profil unter
konstanter Druckbeanspruchung. Die Schlankheiten der Einzelbleche sind überein-
stimmend nach Bild 5.1 gewählt worden. Im Vergleich zur gelenkigen Lagerung
wächst die ideale Beulspannung von σPi = 7,69 kN/cm2 auf σPi = 9,14 kN/cm2 an.
Dies ist damit zu erklären, dass der beulgefährdete Steg in die Gurte elastisch einge-
spannt wird. Der Grad der Einspannung und die daraus resultierende Verdrehung der
Gurte sind im Wesentlichen abhängig von der Torsionssteifigkeit der Gurte. Im
Plattenprogramm RUB–Beulen können Steifen unter Berücksichtigung der jeweiligen
Torsionssteifigkeit IT eingegeben werden. Durch eine Idealisierung der Gurte als
Randsteifen kann die ideale Beulspannung für das Profil aus Bild 5.3 prinzipiell auch
mit dem Programm RUB–Beulen berechnet werden. Das Ergebnis lautet σPi = 10,70
kN/cm2. Im Vergleich zu Abaqus, σPi = 9,14 kN/cm2, ist die ideale Beulspannung um
ca. 17 % größer. Weitere Untersuchungen zeigen, dass die Abweichungen für größere
Torsionsträgheitsmomente IT geringer werden. Beide Programme konvergieren gegen
den Wert für eine Volleinspannung der Längsränder, σPi = 13,25 kN/cm2. Die Unter-
schiede sind offensichtlich darauf zurückzuführen, dass die positiv wirkende Stegein-
spannung gleichzeitig eine Zusatzbeanspruchung der Gurte hervorruft. Im Gegensatz
zu Abaqus berücksichtigen Programme wie RUB–Beulen, die „Steifen“ als Stabele-
mente diskretisieren, diesen Effekt nicht. Andererseits kann mit RUB–Beulen eine
Optimierung der Steifen / Gurtabmessungen vorgenommen werden, so dass für den
Steg eine Volleinspannung der Längsränder angesetzt werden darf. In diesem Fall ist
RUB–Beulen zur Berechnung völlig ausreichend und aufgrund seiner einfachen
Handhabung anderen Programmen vorzuziehen.
5.2 Einfluss der Ausrundungsradien 89
1
I Tg = ⋅ t 3gA ⋅ ( t s + 2 ⋅ r )
3
I T = I TA
g
I TA
=> t gA = 3 3 ⋅
ts + 2 ⋅ r
Ist die ideale Beulspannung σPi für den Gurt geringer als für den Steg, wird die
Schlankheit der Gurte im Falle einer Idealisierung durch eine Stegverstärkung
ungünstig hoch. In diesem Fall ist es sinnvoller eine Gurtverstärkung anzuordnen,
Bild 5.5. Eine Vorgehensweise, die beide Fälle direkt erfasst, ist die Idealisierung
durch einen dreieckigen Hohlkasten, Bild 5.6.
bH = 2⋅r + ts
hH = r + tg/2
si (bH ⋅ h H )2 ⋅ t H
I TH = 4 ⋅ A 2m / ∑ =
i t i b H + 2 ⋅ ( b H / 2) 2 + h H 2
I TH = I TA
I TA ⋅ b H + 2 ⋅ ( b H / 2) 2 + h H 2
=> t H =
2
(bH ⋅ h H )
Bild 5.7 Eigenform und Eigenwert für ein konstant druckbeanspruchtes I–Profil,
Idealisierung der Ausrundungsradien durch eine Stegverstärkung, σPi,Steg <
σPi,Gurt, L= 4,0 m
Bild 5.8 Eigenform und Eigenwert für ein konstant druckbeanspruchtes I–Profil,
Idealisierung der Ausrundungradien durch einen dreieckigen Hohlkasten,
σPi,Steg < σPi,Gurt, L= 4,0 m
92 5 Zur Beulgefahr hochfester Walzprofile
Bild 5.9 Eigenform und Eigenwert für ein biegebeanspruchtes (Mz) I–Profil, Idealisie-
rung der Ausrundungsradien durch eine Gurtverstärkung, L= 4,0 m
Bild 5.10 Eigenform und Eigenwert für ein biegebeanspruchtes (Mz) I–Profil, Idealisie-
rung der Ausrundungradien durch einen dreieckigen Hohlkasten, L= 4,0 m
94 5 Zur Beulgefahr hochfester Walzprofile
Zum Vergleich ist der druckbeanspruchte Gurtteil als Einzelplatte mit dem Programm
RUB–Beulen untersucht worden. Die Querrandlagerung ist gelenkig und am Längs-
rand wird eine Steife angeordnet. Die Querschnittswerte der Steife berechnen sich aus
einem Ausrundungsradius und dem halben Steg. Das Randspannungsverhältnis ist
durch den Ausrundungsradius nicht ψ = 0 sondern ψ = 0,125. Während am Gesamt-
profil Abaqus σPi = 45,32 bzw. 46,47 kN/cm2 ermittelt, ist das Ergebnis mit RUB–
Beulen σPi = 45,83 kN/cm2. Zum Vergleich beträgt die theoretische Lösung einer
gelenkigen Längsrandlagerung σPi = 17,48 kN/cm2 und die einer eingespannten
Längsrandlagerung σPi = 47,67 kN/cm2. Eine Berechnung ohne idealisierten Ausrun-
dungsradius ergibt für ein monolithisches I-Profil mit Abaqus σPi = 41,48 kN/cm2 und
für eine Einzelplatte mit RUB–Beulen σPi = 41,22 kN/cm2. Eine Zusammenfassung
der Berechnungsergebnisse für eine Biegebeanspruchung Mz zeigt Tabelle 5.3.
Tabelle 5.3 Ideale Beulspannungen σPi für eine Biegebeanspruchung Mz
Gesamtprofil (Berechnung mit Abaqus) Einzelplatte (Berechnung mit RUB–Beulen)
Beschreibung σPi [kN/cm2] Beschreibung σPi [kN/cm2]
Monolithisch Dreiseitig gelenkig gelagert, 17,48
Steg h/t = 100/1 (b/2)/t = 25/1, ψ = 0
Gurt (b/2)/t = 25/1 41,48 Querränder gelenkig, h/t = 100/1 41,22
4
1 Längsrandsteife IT = 16,7 cm ,
ψ =0
Monolithisch mit
Ausrundungsradius
als Gurtverbreiterung
45,32 Querränder gelenkig,
Steg h/t = 100/1
1 Längsrandsteife, IT = 79,9 cm4 45,83
Gurt (b/2)/t = 25/1
2 ⋅ r + t s /tsA=7,65/2,92 (b/2)/t = 25/1, ψ = 0,125
Monolithisch mit Querränder gelenkig,
Ausrundungsradius Längsrand eingespannt, 47,68
als Hohlkasten (b/2)/t = 25/1, ψ = 0,125
46,47
Steg h/t = 100/1
Gurt (b/2)/t = 25/1
bD/hD/tD = 7,6/4,5/1
Untersuchungen monolithischer I–Profile mit dem Programmsystem Abaqus und
einzelner Platten mit dem Programm RUB–Beulen zeigen, dass die rechnerische
Annahme gelenkig gelagerter Ränder zur Berechnung idealer Beulspannungen
erheblich unter den Werten elastisch eingespannter Querschnittsteile liegen. Insbe-
sondere für Walzprofile erscheint es ratsam, die hohe Torsionssteifigkeit der Ausrun-
dungsradien auszunutzen. Bei der Anwendung von Programmen für Einzelplatten ist
zu beachten, dass die Interaktionen zwischen einspannenden und elastisch einge-
spannten Elementen ideale Beulspannungen reduzieren. Eine sichere Anwendung ist
somit nur bei einer annähernden Volleinspannung oder für Lastfälle bei denen keine
nennenswerte Interaktion auftritt, z.B. Biegebeanspruchung Mz, möglich.
5.3 Auswirkungen einer Stegeinspannung auf die Gurte 95
Wie die vorherigen Untersuchungen gezeigt haben, ist es bei der Bemessung von
Walzprofilen mit schlanken Stegen ratsam, eine Stegeinspannung zu berücksichtigen.
Für den einspannenden Gurt entsteht in diesem Fall für die Länge einer Beulwelle
eine Torsionsbeanspruchung mT, Bild 5.11.
30
Mxp,g
Die Beulwellenlänge lBW ist abhängig von dem Randspannungsverhältnis ψ und von
der Plattengeometrie. Der ungünstigste Fall ist eine druckbeanspruchte Platte, ψ = 1.
Mit eingespannten Längsrändern ist die Beulwellenlänge lBW ca. das 0,65 – fache der
Plattenbreite. Unter Berücksichtigung vorhergehender Annahmen wird für den
ungünstigsten Fall eine Vorgehensweise zur Berechnung und zum Nachweis einer
Zusatzbeanspruchung für nicht beulgefährdete, einspannende Gurte hergeleitet,
Tabelle 5.4. Die Berechung einer reduzierten Spannung red fy wird aus [50] über-
nommen. Eine Darstellung erfolgt in Bild 5.14.
Tabelle 5.4 Zusatzbeanspruchung nicht beulgefährdeter, einspannender Gurte
t s2
c mT = ⋅ f y
4
d lBW = 0,65 ⋅ [h – 2 ⋅ (tg + r)]
2
l BW 13 ⋅ t s ⋅ [ h − 2 ⋅ ( t g + r )]
e M T = M xp, g = mT ⋅ = ⋅ fy
2 160
fy
f M pl, xp, g = ⋅ t 2g ⋅ ( 2 ⋅ b − t g ) / 4 [50]
3
g [
red f y = f y ⋅ 1 − ( τ g / τ R ) 2 = f y ⋅ 1 − M xp, g /( 4 ⋅ M pl, xp, g ) ] [50]
13 ⋅ 3 ⋅ t s2 ⋅ [ h − 2 ⋅ ( t g + r )]
h red f y = f y ⋅ 1 − e und f in g
160 ⋅ t 2g ⋅ ( 2 ⋅ b − t g )
Beispiel:
Profil: HEA 1000
Geometrie: h = 990 mm, b = 300 mm, ts = 16,5 mm, tg = 31 mm, r = 30 mm
τ
red f y ( HEA 1000) = 0,97 ⋅ f y < 0,25 τ vernachlässigbar Bild 5.14
τR
5.3 Auswirkungen einer Stegeinspannung auf die Gurte 97
0,6
0,4
0,2
SM2/mT
0,0
0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0
-0,2
x/l
-0,4
-0,6
-0,8
-1,0
σy – Spannungen Gesamtansicht
σy – Spannungen Seitenansicht
5.4 Auswertung
In den vorhergehenden Abschnitten konnte gezeigt werden, dass die hohe Torsions-
steifigkeit der Ausrundungsradien die ideale Beulspannung von Walzprofilen durch
eine einspannende Wirkung beulgefährdeter Profilteile positiv beeinflusst. Eine
Untersuchung aller stegbeulgefährdeten Profile mit dem Programm RUB–Beulen
belegt, das die maximale Abweichung zur idealen Beulspannung einer Volleinspan-
nung 4,5 % beträgt. Ausnahmen sind die Profile HEAA 600 bis 1000 und UPE 300 –
400 mit einer Abweichung von 6 – 10 % zur Volleinspannung. Aufgrund der auf
einfache Art und Weise nicht abschätzbaren Auswirkungen auf die Gurttragfähigkeit
sollte für diese Profile auf den Ansatz einer Stegeinspannung verzichtet werden.
Profile mit beulgefährdeten Gurten sind ebenfalls mit dem Programm RUB–Beulen
und mit dem Programmsystem Abaqus unter Ansatz des Hohlkastenmodells unter-
sucht worden. Anders als bei beulgefährdeten Stegen liegt der Einspanngrad nur bei
ca. 70 – 90 %. Aufgrund der geringen Anzahl gurtbeulgefährdeter Profile und der in
diesem Fall nicht zu vernachlässigenden Interaktion zwischen Gurt und Steg sollte auf
den Ansatz einer Einspannung verzichtet werden.
Die Berücksichtigung einer Stegeinspannung reduziert die Anzahl stegbeulgefährdeter
Walzprofile. Nachfolgend sollen die Fragen beantwortet werden:
• Welche Walzprofile aus hochfestem Stahl sind nach Berücksichtigung einer
Stegeinspannung stegbeulgefährdet?
• Für welches Randspannungsverhältnis ψ muss der Einfluss des Beulens auf die
Tragfähigkeit stegbeulgefährdeter Walzprofile berücksichtigt werden?
Hierzu zeigt Bild 5.16 die Querschnittsgeometrie und den qualitativen Verlauf einer
linearen Spannungsverteilung im Steg von Walzprofilen mit I− oder U−Querschnitt.
Eine Spannung σ(z) kann in jedem Punkt des Steges nach Gleichung (5-3) berechnet
werden.
1 − ψ
σ( z ) = f y , d ⋅ ⋅ z − 1 mit z = 0 OK Obergurt (5-3)
h
100 5 Zur Beulgefahr hochfester Walzprofile
Für einen Beulnachweis müssen die Spannungen σo nach Gleichung (5-4) und σu nach
Gleichung (5-5) bekannt sein.
1 − ψ
σ o = σ( z = c ) = f y , d ⋅ ⋅ c − 1 (5-4)
h
1 − ψ
σ u = σ( z = h − c ) = f y , d ⋅ ⋅ ( h − c) − 1 (5-5)
h
Gleichung (5-4) verdeutlicht, dass die Spannung σo nur für ein Randspannungsver-
hältnis ψ = 1 gleich –fy,d ist. In allen anderen Fällen ist der Betrag der Druckspannung
geringer. Zur Ausnutzung der vollen elastischen Tragfähigkeit muss also nicht die
Bedingung κ = 1 gelten, sondern es ist ausreichend die Bedingung (5-6) zu erfüllen.
1− ψ σu
− ⋅ c − 1 ≤ κ ( ψ * ) ≤ 1 mit ψ* = (5-6)
h σo
Der Zusammenhang zwischen ψ und ψ* kann durch einsetzen von σo und σu und
auflösen nach ψ durch Gleichung (5-7) berechnet werden.
c ⋅ (1 + ψ* ) − ψ ⋅ h
ψ= (5-7)
c ⋅ (1 + ψ* ) − h
Eine Auswertung der Bedingung (5-6) und Gleichung (5-7) unter Berücksichtigung
einer möglichen Stegeinspannung ergibt als Resultat eine Übersicht der stegbeulge-
fährdeten Walzprofile, Tabelle 5.6.
Tabelle 5.6 Stegbeulgefährdete Walzprofile unter Berücksichtigung einer Stegeinspan-
nung
Werkstoff S460, Steg beulgefährdet Werkstoff S690, Steg beulgefährdet
IPE 330 – 600 IPE 220 – 600
IPEa 240 – 600 IPEa 140 – 600
HEA 600 – 1000 IPEo 300 – 600
HEAA 500 – 1000 (* IPEv 450 – 500
HEB 800 – 1000 HEA 450 - 1000
HL 1000 A – 1000M HEAA 400 – 1000 (*
1100 A – 1100 R HEB 600 - 1000
HEM 900 – 1000 HL 1000 A – 1000x477
1100 A – 1100 R
HEM 800 – 1000
UPE 300 – 400 (*
(* Bei den Profilen HEAA 600 bis 1000 und UPE 300 – 400 erfolgte keine Berücksichti-
gung einer Stegeinspannung
Für die Profile nach Tabelle 5.6 muss der Einfluss des Beulens auf die Tragfähigkeit
berücksichtigt werden. Ab welchem Randspannungsverhältnis Ψ eine Reduktion der
Tragfähigkeit erfolgen muss, zeigt Tabelle 5.7.
5.4 Auswertung 101
Tabelle 5.7 Randspannungsverhältnis Ψ für das keine Reduktion der elatischen Grenz-
schnittgrößen notwendig ist
HEA HEAA (* HEB HEM
Mgr/Mel
Mgr/Mel
Mgr/Mel
Mgr/Mel
Ngr/Nel
Ngr/Nel
Ngr/Nel
Ngr/Nel
Profil Material ψ
ψ
S460 - - - 0,69 -0,85 0,15 - - - - - -
450
S690 0,99 -0,99 0,01 0,41 -0,71 0,29 - - - - - -
S460 - - - 0,58 -0,79 0,21 - - - - - -
500
S690 0,87 -0,94 0,06 0,30 -0,65 0,35 - - - - - -
S460 - - - 0,54 -0,77 0,23 - - - - - -
550
S690 0,77 -0,89 0,11 0,27 -0,64 0,36 - - - - - -
S460 0,95 -0,98 0,02 0,46 -0,73 0,27 - - - - - -
600
S690 0,68 -0,84 0,16 0,18 -0,59 0,41 0,92 -0,96 0,04 - - -
S460 0,88 -0,94 0,06 0,38 -0,69 0,31 - - - - - -
650
S690 0,60 -0,80 0,20 0,11 -0,56 0,44 0,83 -0,92 0,08 - - -
S460 0,86 -0,93 0,07 0,31 -0,66 0,34 - - - - - -
700
S690 0,57 -0,79 0,21 0,05 -0,53 0,47 0,80 -0,90 0,10 - - -
S460 0,70 -0,85 0,15 0,21 -0,61 0,39 0,91 -0,96 0,04 - - -
800
S690 0,42 -0,71 0,29 -0,04 -0,48 0,52 0,63 -0,82 0,18 0,88 -0,94 0,06
S460 0,60 -0,80 0,20 0,13 -0,57 0,46 0,80 -0,90 0,10 0,98 -0,99 0,01
900
S690 0,32 -0,66 0,34 -0,16 -0,42 0,58 0,52 -0,76 0,24 0,70 -0,85 0,15
S460 0,47 -0,74 0,26 0,00 -0,50 0,50 0,67 -0,84 0,16 0,80 -0,90 0,10
1000
S690 0,20 -0,60 0,40 -0,26 -0,37 0,63 0,39 -0,70 0,30 0,53 -0,77 0,23
IPE IPEa IPEo IPEv
Mgr/Mel
Mgr/Mel
Mgr/Mel
Mgr/Mel
Ngr/Nel
Ngr/Nel
Ngr/Nel
Ngr/Nel
Profil Material
ψ
S460 - - - - - - - - - - - -
220
S690 0,97 -0,99 0,01 0,75 -0,88 0,12 - - - - - -
S460 - - - 0,98 -0,99 0,01 - - - - - -
240
S690 0,94 -0,97 0,03 0,71 -0,86 0,14 - - - - - -
S460 - - - 0,86 -0,93 0,07 - - - - - -
270
S690 0,84 -0,92 0,08 0,58 -0,79 0,22 - - - - - -
S460 - - - 0,83 -0,92 0,08 - - - - - -
300
S690 0,77 -0,89 0,11 0,55 -0,78 0,22 0,93 -0,97 0,03 - - -
S460 - - - 0,80 -0,90 0,10 - - -
330
S690 0,72 -0,86 0,14 0,52 -0,76 0,24 0,89 -0,95 0,05 - - -
S460 0,95 -0,98 0,02 0,69 -0,85 0,15 - - - - - -
360
S690 0,68 -0,84 0,16 0,41 -0,71 0,29 0,87 -0,94 0,06 - - -
S460 0,91 -0,96 0,04 0,63 -0,82 0,20 - - - - - -
400
S690 0,63 -0,82 0,18 0,35 -0,68 0,35 0,80 -0,90 0,10 - - -
S460 0,85 -0,93 0,07 0,55 -0,78 0,22 - - - - - -
450
S690 0,57 -0,79 0,21 0,28 -0,64 0,39 0,79 -0,90 0,10 0,95 -0,98 0,02
S460 0,80 -0,90 0,10 0,53 -0,77 0,23 - - - - -
500
S690 0,52 -0,76 0,24 0,25 -0,63 0,37 0,75 -0,88 0,12 0,97 -0,99 0,01
S460 0,79 -0,90 0,10 0,50 -0,75 0,25 0,97 0,99 0,11 - - -
550
S690 0,51 -0,76 0,24 0,22 -0,61 0,39 0,69 -0,85 0,15 - - -
S460 0,76 -0,88 0,12 0,48 -0,74 0,26 - - - - -
600
S690 0,48 -0,74 0,26 0,20 -0,60 0,40 0,79 -0,90 0,10 - - -
(*Gelenkige Steglagerung
6 Teilschnittgrößenoptimierung für beulgefährdete I–
und U–Profile
6.1 Übersicht
6.2 I-Profile
Eine Unterteilung erfolgt in drei Bleche, Obergurt, Steg und Untergurt. Aufgrund der
Dünnwandigkeit ist eine näherungsweise Erfassung durch ein Linienmodell mit
Überlappung möglich.
∑ Vz = 0 : Vz = Vs (6.2)
b) σ−Schnittgrößen
∑N = 0: N = Nu + Ns + No (6.5)
∑ Mz = 0 : Mz = Mu + Mo (6.7)
Mit der Anzahl unabhängig wirkender Schnittgrößen erhöht sich der Schwierigkeits-
grad. Umso wichtiger ist eine einfache und systematische Vorgehensweise bei der
Berechnung. Nachfolgend werden die einzelnen Schritte einer Teilschnittgrößenopti-
mierung mit Beuleinfluss beschrieben. Dabei ist folgende Schreibweise definiert:
• min Ngr => zusätzlich zur Biegebeanspruchung zulässige Druckkraft
• Ngr,min => maximal zulässige Druckkraft (M = 0)
Schritt 1
Die Gleichgewichtsbedingungen ∑ Mz = 0 und ∑ Mω = 0 ergeben eine Aufteilung
der einwirkenden Schnittgrößen Mz und Mω auf die Biegeteilschnittgrößen der Gurte,
Gleichung (6.9) und (6.10).
Mo = Mz/2 – Mω/ag (6.9)
Mu = Mz/2 + Mω/ag. (6.10)
Der stärker auf Druck beanspruchte Gurt erreicht im Grenzzustand der Tragfähigkeit
in jedem Fall seine Grenztragfähigkeit. Ist My ≥ 0, gilt für den Obergurt Gleichung
(6.11).
My ≥ 0 => No = min Ngr,o (6.11)
Dieser Fall wird nachfolgend weiterentwickelt. Für den Fall My < 0 ist aufgrund der
Symmetrie die Vorgehensweise identisch. Eine Berechnung von min Ngr,o erfolgt aus
der N−M−Interaktionsbeziehung für den Gurt nach Tabelle 4.5 oder Tabelle 4.13.
Schritt 2
Ist der zulässige Betrag der Gurtdruckkräfte berechnet, kann die zusätzlich zu Mz und
Mω aufnehmbare Druckkraft min Ngr ermittelt und mit der einwirkenden Normalkraft
verglichen werden.
N ≤ min N gr = 2 ⋅ min N gr , o + N gr , s, min (6.12)
Ist die Bedingung (6.12) erfüllt, erfolgt eine weitere Berechnung mit Schritt 3.
Schritt 3
Weiterhin unbekannt sind die drei Teilschnittgrößen Ns, Ms und Nu. Zur Verfügung
stehen jedoch nur die beiden Gleichgewichtsbedingungen ∑ N = 0 und ∑ M y = 0 .
Die Lösung des Problems erfolgt durch eine Variation möglicher Grenzzustände.
Prinzipiell wird das zusätzlich zu den Beanspruchungen Mz, Mω und N maximal
106 6 Teilschnittgrößenoptimierung für beulgefährdete I– und U–Profile
Fall 1: Grenzzustand Gurt min N gr, o + N gr, s, min + max N gr, u < N ≤ 0
Der Grenzzustand Steg wird bei größeren Druckkräften maßgebend. Anders als beim
Grenzzustand Gurt kann keine der beiden Teilschnittgrößen Ns und Ms direkt vorge-
geben werden. Durch eine Optimierung sollen nachfolgend Ns und Ms so bestimmt
werden, dass die einwirkenden Schnittgrößen einen maximalen Wert annehmen.
Hierzu werden die Gleichgewichtsbedingungen c ∑ N = 0 und d ∑ M y = 0
verwendet.
c N = Nu + Ns + No => Nu = N – Ns – No
d My = Nu ⋅ ag/2 + Ms – No ⋅ ag/2
c in d einsetzen => e
e My – N ⋅ ag/2 = Ms – Ns ⋅ ag/2 – No ⋅ ag
=> My = Ms – Ns ⋅ ag/2 – No ⋅ ag + N ⋅ ag/2
6.2 I-Profile 107
Die Teilschnittgröße No = min Ngr,o ist bekannt und für N kann die einwirkende
Normalkraft eingesetzt werden. In diesem Fall wird My maximal, wenn die Bedin-
gung Ms – Ns ⋅ ag/2 maximal wird.
f max (Ms – Ns ⋅ ag/2) => max My
Mit der N–M−Interaktionskurve für den Steg kann die gesuchte Schnittgrößenkombi-
nation Ms und Ns ermittelt werden.
1
g N gr ,s = − ⋅ (1 + ψ ) ⋅ κ ⋅ N el
2
1
M gr ,s = ⋅ (1 − ψ) ⋅ κ ⋅ M el
2
Einsetzen von g in f => h
1 1 ag
h max ⋅ (1 − ψ) ⋅ κ ⋅ M el + ⋅ (1 + ψ) ⋅ κ ⋅ N el ⋅
2 2 2
6
N el ≈ M el ⋅ => i
ag
1 3
i max ⋅ (1 − ψ ) ⋅ κ ⋅ M el + ⋅ (1 + ψ) ⋅ κ ⋅ M el = max [ κ ⋅ M el ⋅ ( 2 + ψ)]
2 2
Für Bleche, die nicht beulgefährdet sind, ist die Lösung ψ = 1 und daraus folgend
Ms=0 und Ns = Ngr,s,min sofort erkennbar. Für beulgefährdete Bleche ist an i sehr gut
eine gegenläufige Entwicklung zu erkennen. κ wird mit ansteigendem ψ kleiner. Bild
6.5 zeigt eine Funktionsauswertung für den veränderlichen Teil κ ⋅ ( 2 + ψ ) von i.
3,0
κ ⋅ (2 + ψ)
2,5
b/t =40
2,0
κ =1
b/t =60
1,5
0,5
0,0
-1,0 -0,8 -0,6 -0,4 -0,2 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
ψ
Bild 6.5 Auswertung der Funktion κ ⋅ ( 2 + ψ ) für unterschiedliche Schlankheiten,
Materialgüte S460
108 6 Teilschnittgrößenoptimierung für beulgefährdete I– und U–Profile
Für geringe Schlankheiten, d.h. κ (-1 ≤ ψ ≤ 1) = 1, ist die Funktion eine monoton
ansteigende Gerade. Eine Vergrößerung der Schlankheit zeigt, dass das Maximum der
Funktion für κ (ψ=0) < 1 bei ψ = 0 oder, wenn keine Beulgefahr für ψ=0 vorliegt, am
Schnittpunkt mit der Geraden für κ = 1 liegt. Die Neigung der Kurven ist sehr flach,
so dass im Sinne einer zum Teilschnittgrößenverfahren nach [50] kompatiblen Lösung
die Abweichung zur Annahme Ns = Ngr,s,min für beulgefährdete Bleche untersucht
worden ist. Die Differenz zwischen der vereinfachenden Annahme ψ = 1 und den
Maximalwerten ist sehr gering. Bei einer Schlankheit b/t = 90 beträgt der Unterschied
ca. 10 %. Wird zusätzlich berücksichtigt, dass der Anteil beulgefährdeter Stege an der
Gesamttragfähigkeit mit zunehmender Schlankheit abnimmt, ist die Annahme Ns =
Ngr,s,min und Ms = 0 zur Maximierung der Bedingung max (Ms – Ns ⋅ ag/2) auch für
beulgefährdete Bleche völlig ausreichend. Durch diese Vereinfachung ist das in [50]
entwickelte Teilschnittgrößenverfahren auf I−Profile mit beulgefährdeten Stegen
prinzipiell übertragbar. Die fehlende Teilschnittgröße Nu kann nun aus der Gleichge-
wichtsbedingung ∑ N = 0 berechnet werden, Gleichung (6.17).
Stegbeulgefährdete I–Profile
Walzprofile aus hochfestem Stahl sind häufig stegbeulgefährdet. Für das Profil mit
der größten Stegschlankheit, HEA 1000, sind in Bild 6.6 N–My–Interaktionskurven
6.2 I-Profile 109
Teilschnittgrößen-
optimierung mit
0,80
Beuleinfluss
0,60 Plastisch
Mgr/Mpl
Elastisch
0,40
0,00
-1,00 -0,80 -0,60 -0,40 -0,20 0,0
Ngr/Npl
DIN 18800 T2 Elastisch−Plastisch auf der anderen Seite weichen deutlich voneinan-
der ab. Ein Grund für diese Abweichung liegt in den starren Vorgaben der DIN 18800
T2. Es kann weder eine Einspannung der Längsränder berücksichtigt werden, noch ist
eine wirkliche Anpassung an die Beanspruchung erkennbar. Die Größe der wirksamen
Breiten im Druckbereich ist unabhängig von der Lage der plastischen Nulllinie. Der
Übergang von einer reinen Biegebeanspruchung zu einer reinen Druckbeanspruchung
wird nur durch eine Verkleinerung der Zugzone erreicht, Bild 6.7.
fy 46 24
λp = = = 1,295 b1// = b 2// = 18,5 ⋅ t ⋅
σ Pi 4 ⋅ 18.980 ⋅ (1,65 / 86,8) 2 fy
1 0,22 1 0,22 24
κ= − 2 = − = 0,64 = 18,5 ⋅ 1,65 ⋅ = 22,05 cm
λ λ 1,295 1,2952 46
wird klar, dass die aktuellen Methoden beulgefährdeter Querschnitte eher „Insellö-
sungen“ entsprechen. Während der Eurocode 3 für eine überwiegende Druckbean-
spruchung gute Ergebnisse liefert, erweist sich die DIN 18800 T2 Elastisch– Plastisch
für eine überwiegende Biegebeanspruchung günstiger. Noch extremer sind die
Lösungen nach [20]. Die maximale Randdehnung ist unabhängig von der Beanspru-
chung mit ε = 4 ⋅ εy vorgegeben. Für allseitig gelagerte Platten unter konstanter
Druckbeanspruchung bedeutet dies, dass der üblicherweise an der Stelle ε ≈ εy
liegende Scheitelpunkt der Last−Verformungskurve bereits deutlich überschritten ist.
Dieser Fall wäre für beulgefährdete Gurte biegebeanspruchter Kastenträgern denkbar.
Große Druckgurtdehnungen sind nur dann zum Erreichen der Traglast notwendig,
wenn der Steg nicht beulgefährdet ist. Ein hochbeanspruchter Biegeträger mit beulge-
fährdetem Druckgurt und nicht beulgefährdetem Steg ist jedoch eher akademisch.
Erneut wird deutlich, dass die starre Einteilung in Nachweisverfahren Elastisch–
Elastisch und Elastisch–Plastisch für beulgefährdete Querschnitte ungeeignet ist.
Abgesehen von der einfachen Systematik ergibt eine Teilschnittgrößenoptimierung
eine über den gesamten N–M–Interaktionsbereich sinnvolle Lösung. Dies wird
deutlich an der Übereinstimmung mit den jeweiligen „Insellösungen“ am Anfang und
am Ende, sowie im Abstand der Kurve zur plastischen Grenztragfähigkeit. Da eine
reine Druckbeanspruchung der ungünstigste Beanspruchungsfall ist, sollte an diesem
Punkt die Differenz zwischen der Grenztragfähigkeit mit Beuleinfluss und der
Grenztragfähigkeit ohne Beuleinfluss maximal sein. Mit zunehmender Biegebean-
spruchung ist eine Annäherung der Kurven bis zum Schnittpunkt zu erwarten. Wie
Bild 6.6 zeigt, ist die Teilschnittgrößenoptimierung offensichtlich noch auf der
sicheren Seite. Dies liegt an der fehlenden Interaktionskurve für Stegbleche zwischen
der elastischen und plastischen Grenztragfähigkeit. Die Entwicklung der Winterkurve
erfolgte für überwiegend auf Druck beanspruchte Bleche, während andere Lösungen
für überwiegende Biegebeanspruchungen entwickelt worden sind. Wünschenswert
und an moderne, schnittgrößenorientierte Bemessungsverfahren angepasst, wäre ein
Aufbau nach (6.19).
N gr
= (1 − 2α) ⋅ κ
N pl
(6.19)
M gr
= 4 ⋅ α ⋅ (1 − α) ⋅ κ mit κ in Abhängigkeit von α
M pl
Null. Dieser Zustand ist unabhängig von einer Stegbeulgefahr in jedem Fall möglich.
Als Ergebnis kann somit für stegbeulgefährdete I−Profile mit nicht beulgefährdeten
Gurten eine Teilschnittgrößenoptimierung ohne Einschränkungen angewendet
werden.
Gurtbeulgefährdete I–Profile
Eine Untersuchung im Kapitel 4 zur Anwendung von Beulkurven und wirksamen
Breiten auf beulgefährdete Gurte von I–Profilen hat gezeigt, dass die Beulkurven nach
DIN 18800 T3 unter Vernachlässigung der Beschränkung ψ = 1 sehr einfache, sichere
und im Vergleich zu anderen Methoden ausreichend wirtschaftliche Lösungen
ergeben. Da durch die Anwendung der Beulkurve nach DIN 18800 T3 die Tragfähig-
keit durch die elastische Grenztragfähigkeit nach oben beschränkt wird, ist diese
Lösung trotzdem insgesamt eher unbefriedigend. Tragfähigkeiten zwischen der
elastischen und der plastischen Grenztragfähigkeit können in Ermangelung geeigneter
Regelungen nicht oder nur für Grenzfälle ermittelt werden.
Während der Grenzzustand einer reinen Druckbeanspruchung eindeutig ist, müssen
mögliche Biegegrenzzustände genauer untersucht werden. Eine Biegetragfähigkeit
Mgr,z setzt sich nur aus den Tragfähigkeiten der beiden beulgefährdeten Gurte zusam-
men. Dieser Zustand ist ohne jeden Zweifel möglich. Eine zusätzlich wirkende
Normalkraft, die kleiner oder gleich der zulässigen Stegdruckkraft ist, verändert die
zulässige Biegebeanspruchung Mgr,z nicht. Dieser Grenzzustand ist fraglich, da dies
nur unter Berücksichtigung von Plastizierungen möglich ist. Für b/t ≤ 15 und eine
Materialgüte S460 hat die Untersuchung in Kapitel 4 gezeigt, dass die Tragfähigkeiten
mit Beuleinfluss plastischer wirksamer Breiten nach [20] und nach DIN 18800 T3 für
eine reine Biegebeanspruchung in etwa übereinstimmen. Damit kann durch die
Beschränkung auf baupraktisch übliche Schlankheiten auch dieser Grenzzustand als
ausreichend abgesichert angesehen werden.
Im Fall einer reinen Biegebeanspruchung My sind zur Ausnutzung der vollen plasti-
schen Stegtragfähigkeit Randdehnungen ε > εy notwendig. Große Stauchungen am
Druckgurt können eine Reduktion der zulässigen Beanspruchbarkeit bewirken.
Schlimmstenfalls entsteht am Druckgurt eine Fließlinienkinematik bevor der Steg und
der Untergurt die Grenztragfähigkeit erreicht haben. Zur Vermeidung dieser Effekte
sollte die Ausnutzung des Restquerschnitts auf der Zugseite beschränkt werden.
Ebenso sollte für den Steg nur die elastische N–M–Interaktionsbeziehung verwendet
werden. Im Folgenden wird ein Kriterium zur Begrenzung der Untergurtkraft Ngr,u,max
hergeleitet. Unter Voraussetzung einer elastischen Spannungsverteilung im Steg
ergibt sich nachfolgend Bedingung d. Die größten Querschnittsrotationen treten für
Mgr,y auf, d.h. es gilt N = 0. Daraus folgen die Bedingungen c und e. Alle weiteren
Herleitungsschritte sind selbsterklärend.
c N s = − N gr , o, min − N u
6.2 I-Profile 113
Ns Ms
d − = −1
N el, s M el ,s
Ns Ms Nu
e + =
N el ,s M el,s N el, u
N gr , o, min
f N gr , o, min = κ o ⋅ N el, u mit κ o =
N el , o
c, d und f in e einsetzen => g
N el , u
g N u = (2 ⋅ κ o ⋅ N el, u + N el,s ) ⋅
( 2 ⋅ N el , u + N el,s )
h N el, u = A Gurt ⋅ f y
i N el,s = ASteg ⋅ f y
A Steg A Steg
j δ= =
A ges 2 ⋅ A Gurt + A Steg
h, i und j in g einsetzen => k
k N u = N gr , u, max = −( κ o ⋅ δ − κ o − δ) ⋅ N el, u
Bild 6.8 zeigt eine Auswertung der Funktion zur Beschränkung der Untergurttragfä-
higkeit. Für δ = 0 liegt ein Sandwichquerschnitt vor, d.h. Ngr,u,max ist gleich Ngr,o,min. Je
größer der Anteil der Stegfläche an der Gesamtfläche ist, umso geringer fällt die
Beschränkung der Untergurttragfähigkeit aus. Dies liegt an der zunehmenden Bedeu-
tung der Stegbiegetragfähigkeit.
κ =1
1
κ = 0,8
0,8
κ = 0,6
− (κ ⋅ δ − κ − δ)
0,6
0,4
0,2
0
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6
δ
Bild 6.8 Auswertung zur Beschränkung der Zuggurtkraft
114 6 Teilschnittgrößenoptimierung für beulgefährdete I– und U–Profile
Elastisch
max Mgr,y/Mel,y
0,6
Teilschnittgrößen-
optimierung mit
Beuleinfluss
0,4 Dehnungs-
beschränkung IPE 400
0,2 Gurtdicke:
red tg = 0,8 cm
0
-1 -0,8 -0,6 -0,4 -0,2 0
Ngr/Npl
Bild 6.9 Auswertung der N–My Interaktionsbeziehung für ein IPE 400 mit reduzierten
Gurtabmessungen b x tg = 24 x 0,8, Material S460
Im Vergleich zur N–My Interaktion nach DIN 18800 T2 Verfahren Elastisch–Plastisch
ergibt eine Teilschnittgrößenoptimierung größere zulässige Druckbeanspruchungen
und geringere zulässige Biegebeanspruchungen. Dies ist auf die unterschiedliche
Ermittlung der aufnehmbaren Druckbeanspruchung dreiseitig gelagerter Platten und
die Beschränkung der zulässigen Untergurtkraft bei der Teilschnittgrößenoptimierung
zurückzuführen. Ziel der vorgeschlagenen Teilschnittgrößenoptimierung ist es, eine
sichere und einfache Bemessung für sämtliche Schnittgrößenkombinationen zu
ermöglichen. Wie bereits erläutert, sind in Grenzfällen höhere Tragfähigkeiten
vorhanden. Die daraus resultierenden zusätzlichen Fallunterscheidungen würden ein
Verfahren jedoch unnötig erschweren.
In den Endbereichen der N-M-Interaktionskurve ist die Teilschnittgrößenoptimierung
durch anerkannte Verfahren ausreichend abgesichert. Ebenso ist der Verlauf der
Kurve plausibel. Mit einer ansteigenden Biegebeanspruchung entfällt eine Berück-
sichtigung von Beuleinflüssen am Untergurt. Die Kurve nähert sich der elastischen
Grenztragfähigkeit abzüglich der Beuleinflüsse am Obergurt. Für große Biegebean-
spruchungen treten immer stärkere Druckgurtstauchungen auf. Die Beanspruchbarkeit
6.2 I-Profile 115
für den Druckgurt fällt infolge Beulen ab, und der Kurvenverlauf wird flacher. Der
Punkt, an dem die Kurve flacher wird, ist in Ermangelung an Versuchsergebnissen
fraglich. Eine Dehnungsiteration für das vorgeführte Beispiel ergibt Druckgurtdeh-
nungen, die deutlich oberhalb von εy liegen, so dass eine weitere Abflachung der
Kurve notwendig ist. Um die abgesicherten Endpunkte der Kurve zu erhalten, wird
eine variable Reduktion von Ngr,u,max in Abhängigkeit von der einwirkenden Druck-
kraft eingeführt. Dem Zuggurt wird mindestens der Anteil der Druckkraft zugewiesen,
der sich nach der linearen Elastizitätstheorie ergibt. Daraus folgt Gleichung (6.20).
A Steg
max N gr , u = −( κ o ⋅ δ − κ o − δ) ⋅ N el, u + N ⋅ (1 − δ) δ= (6.20)
A ges
Für N = 0 oder für große Druckkräfte ändert sich dadurch nichts an der Interaktions-
kurve. Im Mittelbereich wird die Grenztragfähigkeit reduziert, so dass über den
gesamten Tragfähigkeitsbereich keine zu großen Dehnungen am Druckgurt hervorge-
rufen werden und die Teilschnittgrößenoptimierung auf der sicheren Seite liegt.
Bild 6.10 zeigt die N–My–Mz–Interaktion. Eine einwirkende Biegebeanspruchung Mz
wird zu gleichen Teilen auf die Gurte aufgeteilt. Aus der N–M Interaktionsbeziehung
der Gurte können die zulässigen Gurtnormalkräfte ermittelt werden. Zur Berechnung
von Ngr,u,max ist eine Fallunterscheidung notwendig. Entweder wird die Dehnungsbe-
schränkung maßgebend, oder die Biegebeanspruchung infolge Mz ist so groß, dass die
zulässige Zugkraft bereits geringer ist.
1
0,8
max Mgr,y/Mel,y
0,6
Mz/Mgr,z = 0,3
0,4
IPE 400
Mz/Mgr,z = 0
0,2 Gurtdicke:
red tg = 0,8 cm
Mz/Mgr,z = 0,6
0
-1 -0,8 -0,6 -0,4 -0,2 0
Ngr/Npl
Bild 6.10 Auswertung der N–My–Interaktionsbeziehung für ein IPE 400 mit reduzierten
Gurtabmessungen b x tg = 24 x 0,8, Material S460
116 6 Teilschnittgrößenoptimierung für beulgefährdete I– und U–Profile
1
Mgr,y Versuchs-
ergebnis [119]
0,8 Elastisch
max Mgr,y/Mel,y
0,6
0,4 Lineare
Verbindung
0,2
Teilschnittgrößen-
Ngr,min EC3 optimierung mit
Beuleinfluss
0
-1 -0,8 -0,6 -0,4 -0,2 0
Ngr/Npl
Bild 6.11 Auswertung der N–My Interaktionsbeziehung, steg- und gurtbeulgefährdetes
I−Profil, Versuchsquerschnitt aus [26]
bG 24 Minimum von:
> 11 ⋅ In Abhängigkeit
EL t f y, k von Mo nach a) − ( κ o ⋅ δ − κ o − δ) ⋅ N el,u + N ⋅ (1 − δ)
Tabelle 4.13
b) In Abhängigkeit von Mu nach Tabelle 4.13
Grenzdruckkraft min N gr
Grenzbiegemoment max M y
ag
(max N gr , u − min N gr , o ) ⋅ + M gr ,s
N ≥ min N gr , o + N gr , s, min + max N gr , u 2
2
N≤0
mit : N s = N − min N gr , o − max N gr , u
6.3 U-Profile
6.3.1 Einleitung
In der Baupraxis haben U–Profile große Bedeutung. Eine Idealisierung erfolgt durch
drei Bleche, Obergurt, Steg und Untergurt, Bild 6.12. Aufgrund der Dünnwandigkeit
ist eine näherungsweise Erfassung durch ein Linienmodell möglich. Die erforderli-
chen Angaben zur Geometrie müssen durch as, Lage des Gesamtschwerpunktes, und
aM, Lage des Schubmittelpunktes, ergänzt werden.
6.3.2 Grundgleichungen
a) τ-Schnittgrößen
∑ Vy = 0 : Vy = Vo + Vu (6.21)
∑ Vz = 0 : Vz = Vs (6.22)
b) σ-Schnittgrößen
∑N = 0: N = No + Ns + Nu (6.25)
∑ Mω = 0 : Mω= (Nu – No) ⋅ (b/2 – aM) ⋅ ag/2 + (Mu – Mo) ⋅ ag/2 – Ms ⋅ aM (6.28)
Nachfolgend werden für die Biegemomente My und Mz und für die Normalkraft N
Grundbedingungen für ein Teilschnittgrößenverfahren hergeleitet. Vorraussetzungs-
gemäß soll Mω = 0 sein. Aus den Gleichgewichtsbedingungen (6.25) und (6.26)
werden durch Auflösen nach Ns und Ms die Gleichungen (6.29) und (6.30) ermittelt.
Ns = N − Nu − No (6.29)
Ms = My − (Nu – No)⋅ag/2 (6.30)
Einsetzen von (6.29) und (6.30) in (6.27) und (6.28) ergibt nach einigen Umformun-
gen die Gleichungen (6.31) und (6.32).
Mz + N ⋅ as = Nu ⋅ b/2 + Mu + No ⋅ b/2 + Mo (6.31)
2 ⋅My ⋅ aM / ag = Nu ⋅ b/2 + Mu − (No ⋅ b/2 + Mo) (6.32)
Aus den Gleichungen (6.31) und (6.32) können je nach Auflösung die Gleichungen
(6.33) und (6.34) ermittelt werden.
No ⋅ b/2 + Mo = Mz/2 + N ⋅ as/2 − My ⋅ aM/ag (6.33)
Nu ⋅ b/2 + Mu = Mz/2 + N ⋅ as/2 + My ⋅ aM/ag (6.34)
Da im weiteren Verlauf zur Berücksichtigung einer Beulgefahr die Beulkurve nach
DIN 18800 T3 verwendet wird, erzeugen die Schnittgrößen My und N keine Gurtbie-
gemomente Mo oder Mu. Wie an den Gleichungen (6.33) und (6.34) zu erkennen ist,
gilt in diesem Fall:
Mu = Mo =Mg (6.35)
Mit dieser Bedingung vereinfacht sich die (6.28) zu Gleichung (6.36).
6.3 U-Profile 121
My
Für den Steg kann aus der einwirkenden Biegebeanspruchung My die Teilschnittgröße
Ms direkt berechnet werden. Ein Nachweis erfolgt nun durch den Vergleich mit der
maximal zulässigen Teilschnittgröße Mgr,s,max, Gleichung (6.39).
Ms = My ⋅ (1 – 2 ⋅ aM/b) ≤ Mgr,s,max (6.39)
Die Beschränkung von Mgr,s,max auf Mel,s resultiert aus der Forderung Mω = 0.
Für nicht gurtbeulgefährdete U−Profile ist der Nachweis mit der Bedingung (6.39)
erbracht. Andernfalls muss noch eine Überprüfung der Gurttragfähigkeit erfolgen. Die
Differenz der Gurtkräfte No und Nu wird nach Gleichung (6.38) ermittelt. Die Ober-
gurtdruckkraft beträgt für eine Biegebeanspruchung My genau die Hälfte von Nu-o.
Daraus resultiert die Bedingung (6.40).
Nu-o = My ⋅ 4⋅aM/(b⋅ag) ≤ 2 ⋅ N gr , o, min (6.40)
Sind die Bedingungen (6.39) und (6.40) erfüllt, kann die Beanspruchung My von dem
Querschnitt aufgenommen werden.
122 6 Teilschnittgrößenoptimierung für beulgefährdete I– und U–Profile
N
Die zulässige Druckkraft N wird entweder durch eine Steg- oder Gurtbeulgefahr
beschränkt. Eine zusätzlich zur Biegebeanspruchung Ms aufnehmbare Stegdruckkraft
min Ngr,s kann aus der N−M−Interaktionsbeziehung für den Steg nach Tabelle 4.12
ermittelt werden. Dem gegenüber steht die maximal zulässige Druckgurtkraft Ngr,o,min
nach Tabelle 4.13. Aus der Gleichgewichtsbedingung (6.27) mit Mz = 0 ergibt sich
nun eine Bedingung welches Querschnittsteil die Tragfähigkeit massgebend be-
schränkt, Bedingung (6.41).
b
min N gr ,s ≥ ( 2 ⋅ N gr , o, min + N u − o ) ⋅ − 1 => Gurtbeulgefahr
2 ⋅ as
(6.41)
b
min N gr ,s < ( 2 ⋅ N gr , o, min + N u−o ) ⋅ − 1 => Stegbeulgefahr
2 ⋅ as
Eine Verdeutlichung der Fallunterscheidung erfolgt für eine reine Druckbeanspru-
chung in Tabelle 6.4.
Tabelle 6.4 Druckkraft Ngr,min in Abhängigkeit von einer Steg- oder Gurtbeulgefahr
Gurtbeulgefahr Stegbeulgefahr
Fall 1: Gurtbeulgefahr
Ist eine Gutbeulgefahr massgebend, gilt für die Teilschnittgrößen No und Mg (6.42).
N o = N gr , o, min und M g = 0 (6.42)
Einsetzen in die Gleichgewichtsbedingungen (6.25) und (6.27) ergibt für Mz = 0 die
Nachweisbedingung (6.43).
N b
N gr, o, min + u − o ⋅ ≤ N ≤ 0 (6.43)
2 as
6.3 U-Profile 123
Fall 2: Stegbeulgefahr
Ist eine Stegbeulgefahr massgebend, gilt für die Teilschnittgröße Ns (6.44).
Ns = min Ngr,s (6.44)
Die Gurtteilschnittgrößen No und Nu können dann nach (6.45) berechnet werden.
N o = 0,5 ⋅ ( N − min N gr ,s − N u − o )
(6.45)
N u = 0,5 ⋅ ( N − min N gr ,s + N u − o )
max Mz
Ein Biegemoment Mz > 0 reduziert die Druckbeanspruchung und damit die Beulge-
fahr der Gurte. Da die Querschnittstragfähigkeit für N−My bereits nachgewiesen ist
und No = Ngr,g,max und Ns < min Ngr,s nur für N > 0 auftreten kann, gilt zur Berechnung
von max Mz in jedem Fall:
N s = min N gr ,s (6.46)
Einsetzen in die Gleichgewichtsbedingungen (6.25) und (6.27) ergibt die Nachweis-
bedingung (6.47).
b b
max M z = N ⋅ − a s − min N gr, s ⋅ + 2 ⋅ max M g (6.47)
2 2
min Mz
Ist der Nachweis für N−My erfüllt, wird die Biegebeanspruchung min Mz nicht mehr
durch eine Stegbeulgefahr begrenzt. Maßgebend ist in jedem Fall die Tragfähigkeit
der gedrückten Gurte. Aus diesem Grund wird die Nachweisbedingung für min Mz in
Abhängigkeit von den Gurtteilschnittgrößen ermittelt, (6.48).
b
min M z = − N ⋅ a s + N u − o ⋅ + min N gr, o ⋅ b + 2 ⋅ min M g (6.48)
2
In Gleichung (6.48) sind die einzigen unbekannten Größen min Ngr,o und min Mg.
Vergleichbar mit der für I−Profile beschriebenen Vorgehensweise ergibt die Lösung
der Optimierungsbedingung min (No ⋅ b + 2 ⋅ Mg) die gesuchten Teilschnittgrößen.
Für nicht beulgefährdete Gurte ist das Ergebnis min ( N o ⋅ b + 2 ⋅ M g ) = Ngr,o,min sofort
erkennbar. Die Tragfähigkeit beulgefährdeter Gurte wird für eine Druckkraft stärker
reduziert als für eine Biegebeanspruchung. Aus diesem Grund ist eine weitergehende
Untersuchung notwendig.
124 6 Teilschnittgrößenoptimierung für beulgefährdete I– und U–Profile
Die Auswertung der Funktion - κ(1+2ψ) zeigt Bild 6.14. Der minimale Wert wird
immer für ψ = 1 erreicht. Es gilt somit:
min (No ⋅ b + 2 ⋅ Mg) = Ngr,o,min.
3,0
− κ ⋅ (1 + 2 ⋅ ψ)
2,5
2,0
1,5
1,0
0,5
0,0 ψ
-1,0 -0,8 -0,6 -0,4 -0,2
-0,5 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
-1,0
-1,5 b/t =15
-2,0
-2,5 b/t =12,5
-3,0 b/t =grenz (b/t)
-3,5
6.3.3 Anwendungsgrenzen
Analog zur Untersuchung beulgefährdeter I−Profile müssen auch für U−Profile die
Anwendungsgrenzen eines Teilschnittgrößenverfahrens geprüft werden. Hierzu
erfolgt eine Betrachtung steg- und gurtbeulgefährdeter U−Profile.
6.3 U-Profile 125
Stegbeulgefährdete U-Profile
Stegbeulgefährdete U–Profile werden besonders ungünstig durch ein Biegemoment
max Mz beansprucht. Abgesehen von der konstanten Stegdruckbeanspruchung sind
zur Ausnutzung plastischer Gurttragreserven große Querschnittsrotationen erforder-
lich. In Bild 6.15 wird ausgehend von dem Zustand c, reine Zugkraft, die Auswir-
kung einer anwachsenden Biegebeanspruchung abgebildet. In d wird die Grenze der
elastischen Tragfähigkeit erreicht, in e erreicht die Druckseite ebenfalls die Streck-
grenze und im Zustand f ist sowohl die Zug- wie auch die Druckseite teilplastiziert.
Nach der Plastizitätstheorie müssen theoretisch die Randdehnungen der Gurte gegen
unendlich tendieren. In Wirklichkeit wird bereits bei relativ geringen Randdehnungen,
ε = 2 ⋅ εy, M = 1,375 ⋅ Mel erreicht. Ausführliche Erläuterungen zur plastischen
Grenztragfähigkeit rechteckiger Teilquerschnitte sind in [50] zu finden. Die in Kapitel
2 dargestellte Last−Stauchungskurve beulgefährdeter, allseitig gelagerter Platten
verdeutlicht, dass die Tragfähigkeit mit zunehmender Stauchungen abnimmt, d.h. die
Ausnutzung plastischer Gurttragreserven ist für stegbeulgefährdete U−Profile nur
beschränkt möglich. Nach einer Überprüfung der Last-Stauchungskurven beulgefähr-
deter, allseitig gelagerter Platten ist bis ca. εD = − 1,5 εy kein nennenswerter Trag-
kraftverlust infolge Beulen feststellbar. Werden die Dehnungen im Steg auf εD = − 1,5
εy beschränkt, ist eine Modifizierung der N–M−Interaktionsbeziehung der angrenzen-
den Gurte notwendig.
Durch die Vorgabe einer Randdehnung und einer Normalkraft N kann aus der
Geometrie das zugehörige Biegemoment berechnet werden, Gleichung (6.49) bis
(6.51). Der Quotient ∆M / M pl , Gleichung (6.51), gibt die Differenz zur plastischen
N–M−Interaktionsbeziehung, Gleichung (6.52), an. Die Auswirkungen einer Deh-
nungsbeschränkung εD = − 1,5 εy zeigt Tabelle 6.5.
εZ = εD ⋅
(1 + N / N pl )
(1 − N / N pl ) (6.49)
b el ε y N
= ⋅ 1 − (6.50)
b εD N pl
∆M
=
( )
t ⋅ b el2 / 4 − t ⋅ b el2 / 6 ⋅ f y 1 b
= ⋅ el
2
(6.51)
M pl M pl 3 b
2
M N
= 1− (6.52)
M pl N pl
Tabelle 6.5 Auswirkungen einer Dehnungsbeschränkung auf der Druckseite
Abweichung zur plasti- N–M−Interaktion ohne
N b el schen N–M−Interaktion Dehnungsbeschränkung
N pl εD εZ ∆M M
b
M pl M pl
-0,2 - 1,5 εy 1,0 εy 0,8 0,21 0,96
-0,1 - 1,5 εy 1,23 εy 0,73 0,18 0,99
0 - 1,5 εy 1,5 εy 0,67 0,15 1
0,1 - 1,5 εy 1,83 εy 0,60 0,12 0,99
0,2 - 1,5 εy 2,25 εy 0,53 0,09 0,96
0,3 - 1,5 εy 2,79 εy 0,47 0,07 0,91
0,4 - 1,5 εy 3,5 εy 0,40 0,05 0,84
6.3 U-Profile 127
0,80 0,80
Dehnungs-
beschränkt
0,60 0,60
M/Mpl
M/Mpl
0,40 0,40
0,00 0,00
-1 -0,8 -0,6 -0,4 -0,2 0 0,2 0,4 -1 -0,8 -0,6 -0,4 -0,2 0 0,2 0,4
N/Npl N/Npl
In Bild 6.16 rechts ist die vereinfachte Interaktionskurve und ein Vergleich mit der
dehnungsbeschränkten Interaktionskurve dargestellt. Die Näherung ist ausreichend
genau.
Gurtbeulgefährdete U-Profile
Gurte von UPE− und UAP−Profilen aus hochfestem Stahl sind nicht beulgefährdet.
Zur möglichen Modifizierung von Walzprofilquerschnitten und einer problemlosen
Übertragung einer Teilschnittgrößenoptimierung auf gekantete und geschweißte
Profile wird dieser Fall dennoch untersucht. Gurtbeulgefährdete U–Profile werden
128 6 Teilschnittgrößenoptimierung für beulgefährdete I– und U–Profile
2 ⋅aM
mit N N − My = (1 − δ) ⋅ N − M y ⋅
b ⋅ ag
β = 6 ⋅ M gr , g,1 ⋅ (b − 2a s )
6.3.4 Nachweisbedingungen
max Mg
Die Gurtteilschnittgrößen No und Nu sind bekannt, (6.54).
N o = 0,5 ⋅ ( N − min N gr ,s − N u − o )
(6.54)
N u = 0,5 ⋅ ( N − min N gr ,s + N u − o )
Ist min Ngr,s ≥ Npl,M,s und N o ≥ N pl, M , o ist weder der Steg noch der Gurt beulgefähr-
det. Ein Nachweis kann nach dem Teilschnittgrößenverfahren nach [50] erfolgen.
130 6 Teilschnittgrößenoptimierung für beulgefährdete I– und U–Profile
min Mg
Hier ist eine Unterscheidung in zwei Fälle notwendig. Eine Berechnung der Teil-
schnittgröße No erfolgt nach Gleichung (6.55).
N o = 0,5 ⋅ ( N − max N gr ,s − N u − o ) (6.55)
Für N o ≥ N pl, M , o ist die plastische N−M−Interaktionsbeziehung anwendbar. Andern-
falls muss die im vorhergehenden Kapitel hergeleitete Beschränkung für beulgefähr-
dete Gurte angewendet werden. In diesem Fall ist Ns < Ngr,s,max.
6.3 U-Profile 131
max Mz
Fall Beulgefahr Gurtbiegemoment Mg
min N gr ,s ≥ N pl, M ,s
1-max Teilschnittgrößenverfahren nach [50]
0,5 ⋅ ( N − min N gr ,s − N u − o ) ≥ N pl, M , o
N − min N gr ,s ≤ 0 :
max M g N − min N gr ,s − N u − o
= 1 − ≤ 0,8
min N gr ,s < N pl, M ,s M pl, g 2 ⋅ N pl, g
2-max 0,5 ⋅ ( N − min N − N ) ≥ N
gr , s u−o pl , M , o
N − min N gr ,s > 0 :
max M g N − min N gr ,s + N u − o
= 1 − ≤ 0,8
M pl, g 2 ⋅ N pl, g
N − min N gr ,s ≤ 0
N o = 0,5 ⋅ ( N − min N gr ,s − N u − o )
min N gr ,s < N pl, M ,s
max Mg (No) nach Tabelle 4.13
3-max 0,5 ⋅ ( N − min N − N ) < N
gr , s u−o pl , M , o
N − min N gr ,s > 0
N u = 0,5 ⋅ ( N − min N gr ,s + N u − o )
max Mg (Nu) nach Tabelle 4.13
min M z
Fall Beulgefahr Gurtbiegemoment Mg
1-min 0,5 ⋅ ( N − max N gr , s − N u − o ) ≥ N gr , o, pl Teilschnittgrößenverfahren nach [50]
b2 ⋅ N N − M y + β
min N gr , o = N gr , o, min ⋅
2-min 0,5 ⋅ ( N − max N gr ,s − N u − o ) < N gr , o, pl b 2 ⋅ N gr , o, min + β
6.3.5 Interaktionskurven
Zur Verdeutlichung des Beuleinflusses auf die Tragfähigkeit von U−Profilen werden
nachfolgend Interaktionskurven ausgewählter Querschnitte und Schnittgrößenkombi-
nationen visualisiert. Zu Beginn erfolgt eine Auswertung für ein stegbeulgefährdetes
UPE 400 Profil der Materialgüte S460. Zur Betonung der auftretenden Effekte wird
der Steg zusätzlich auf ts = 0,8 cm reduziert. Das Ergebnis zeigt Bild 6.18.
N − min N gr ,s
max M z = − N ⋅ a s + (N − min N gr,s ) ⋅ b/2 + 2 ⋅ 1 − ⋅M
pl , g
2 ⋅ N pl, g
1,00 Plastisch
Beschränkung
Teilschnittgrößen- Mg = 0,8 Mpl,g
optimierung mit
0,80 Beuleinfluss
max Mgr,z/Mpl
0,60
0,40
Bild 6.18 Auswertung der N-max Mz-Interaktionsbeziehung für ein UPE 400 mit
reduzierter Stegdicke ts = 0,8 cm, N o ≥ N pl, M , o
Am oberen Rand von Bild 6.18 ist unter Verwendung der vereinfachten Interaktions-
beziehung, Gleichung (6.53), die Grundgleichung zur Berechnung von max Mgr,z mit
Beuleinfluss angeführt. Die Abflachung der Interaktionskurve resultiert aus der
Beschränkung Mg ≤ 0,8 Mpl,g. Im Vergleich zur Kurve mit Beuleinfluss sind die
plastische und die elastische N–M−Interaktionsbeziehung ohne Beuleinfluss einge-
zeichnet. Die plastische Interaktionskurve ergibt sich, wenn anstatt der vereinfachten
Gurtinteraktion die plastische Interaktionsbeziehung (1 − N − N gr , s, min / N pl, g )
2
verwendet wird.
6.3 U-Profile 133
b
min N gr ,s < ( 2 ⋅ N gr , o, min + N u − o ) ⋅ − 1 , N o ≥ N pl, M , o
2 ⋅ as
N − min N gr ,s − N u − o
N = 4 ⋅ 1 − ⋅M
pl , g − min N gr , s ⋅ b /( b − 2 ⋅ a s )
2 ⋅ N pl, g
1
0,8
max Mgr,y/Mel,y
0,6
0,4
Elastisch
Bild 6.19 Auswertung der N-My-Interaktionsbeziehung für ein UPE 400 mit reduzierter
Stegdicke ts = 0,8 cm,
Die Biegetragfähigkeit Mgr,y wird bereits für nicht beulgefährdete U–Profile durch die
Forderung Mω = 0 auf die elastische Grenztragfähigkeit Mel,y beschränkt. Bild 6.19
zeigt die N–My−Interaktion, die zugehörigen Grundgleichungen und eine Auswertung
für das modifizierte, stegbeulgefährdete UPE 400 Profil. Bei der Herleitung der
Gleichungen ist ebenfalls die vereinfachte N–M−Gurtinteraktionsbeziehung verwen-
det worden.
Zum Abschluss der Untersuchungen wird die N–My–max Mz−Interaktion betrachtet.
In Abhängigkeit vom Verhältnis der einwirkenden Beanspruchungen wird zusätzlich
zum Grenzzustand Steg min Ngr,s entweder am Druckgurt oder am Zuggurt die
Grenztragfähigkeit erreicht. Überwiegt im Vergleich zur Biegebeanspruchung My eine
Druckbeanspruchung N, wird der Grenzzustand Druckgurt maßgebend. Im umgekehr-
ten Fall der Zuggurt. Mit der vereinfachten Gurtinteraktionsbeziehung ergeben sich je
nach Grenzzustand zwei Gleichungen zur Berechnung von max Mgr,z. Die Grundglei-
chungen und eine Auswertung für das modifizierte, stegbeulgefährdete UPE 400
Profil zeigt Bild 6.20. Für My = 0,3 Mel,y ist sehr gut zu erkennen, dass keine Be-
schränkung des Gurtmomentes notwendig ist.
134 6 Teilschnittgrößenoptimierung für beulgefährdete I– und U–Profile
b b N − min N gr,s − N u − o
max M z = N ⋅ − a s − min N gr,s ⋅ + 2 ⋅ M pl, g ⋅ 1 +
2 2 2 ⋅ N
pl, g
N − min N gr ,s > 0 , M g ≤ 0,8 ⋅ M pl, g und N o ≥ N pl, M , o
b b N − min N gr,s + N u − o
max M z = N ⋅ − a s − min N gr,s ⋅ + 2 ⋅ M pl, g ⋅ 1 −
2 2 2 ⋅ N
pl, g
1
Beschränkung
Mg = 0,8 Mpl,g
0,8
max Mgr,z/Mpl
0,6
0,4
Gurtbeulgefährdete U–Profile
Walzprofile aus hochfestem Stahl sind nicht gurtbeulgefährdet. Aus diesem Grund
erfolgen an dieser Stelle nur einige Erläuterungen zur Teilschnittgrößenoptimierung
gurtbeulgefährdeter U−Profile. Für die N−My−Interaktion und die N−My−min
Mz−Interaktion entspricht das Ergebnis der Teilschnittgrößenoptimierung exakt einem
Nachweis nach DIN 18800 T3. Durch eine Reduktion der Gurtdruckbeanspruchung
infolge Mz > 0 ist die N−My−max Mz−Interaktion auf jeden Fall auf der sicheren
Seite, wenn vorab nachgewiesen worden ist, dass die Schnittgrößen N und My
aufgenommen werden können.
6.4 Beispiele 135
6.5 Beispiele
Um den Nachweis zu führen, dass die Druckkraft N aufgenommen werden kann, ist
eine Berechnung der zulässigen Stegdruckkraft Ngr,s,min notwendig. Aufgrund der
hohen Stegschlankheit ist die Beachtung einer Beulgefahr notwendig. Der Abminde-
rungsfaktor κ wird unter Ansatz einer Stegeinspannung nach Tabelle 4.12 berechnet.
Die verwendete Beulkurve basiert auf den Regelungen der DIN 18800 T3. Die
Berücksichtigung der Ausrundungsradien erfolgt durch eine Berechnung von κ mit
der verringerten Steghöhe b* nach Kapitel 6.4.
6.5 Beispiele 137
• Ngr,s,min
kσ t k t
2
κ = c ⋅ 137,8 ⋅ ⋅ − 4175,6 ⋅ σ ⋅
f y, k b f y, k b
2
6,97 1,65 6,97 1,65
= 137,8 ⋅ ⋅ − 4.175,6 ⋅ ⋅ = 0,791 ≤ 1 (Tabelle 4.12)
46 86,8 46 86,8
mit c = 1,25 − 0,25 ⋅ ψ = 1 und b = b* = 95,9 − 3,1 − 2 ⋅ 3 = 86,8
1 46
N gr , s, min = − (1 + ψ) ⋅ κ ⋅ N el ,s = −0,791 ⋅ 1,65 ⋅ 95,9 ⋅ = −5.234 kN
2 1,1
Mit min Ngr,o und Ngr,s,min sind die Grenzdruckkräfte der Einzelbleche bekannt. Eine
Addition der Einzeltragfähigkeiten ergibt die Grenzdruckkraft für den Querschnitt.
• Grenzdruckkraft min N gr
min N gr = 2 ⋅ min N gr , o + N gr ,s, min ≤ N ≤ 0
2 ⋅ ( −3.889) − 5.234 = −13.012 kN < −1.000 < 0
Nachdem eine ausreichende Normalkrafttragfähigkeit nachgewiesen werden konnte,
erfolgt die Berechnung eines zusätzlich aufnehmbaren Biegemomentes My. Hierzu ist
eine Fallunterscheidung notwendig.
• Grenzbiegemoment My
min N gr , o + N gr ,s, min + max N gr , u ≤ N ≤ 0
− 5.234 ≤ −1.000 ≤ 0 => Fall 2 ist maßgebend
Die Druckkraft ist so gering, dass der Untergurt die Untergurttragfähigkeit max Ngr,u
erreichen kann und der beulgefährdete Steg in der Lage ist einen Gleichgewichtszu-
stand herzustellen. Damit ergibt sich die Stegdruckkraft Ns.
N s = N − min N gr , o − max N gr , u
N s = −1.000 kN + 3.889 − 3.889 = −1.000 kN
Nachfolgend muss das zusätzlich zu Ns maximal aufnehmbare Biegemoment Ms
ermittelt werden. Die Berechnung erfolgt aus der N-M-Interaktionsbeziehung für den
Steg. Aufgrund einer möglichen Beulgefahr ist vorab eine Überprüfung der Zulässig-
keit notwendig. Nach Tabelle 4.5 kann die Schnittgröße Npl,M,s ermittelt werden, so
dass die plastische Interaktionsbeziehung gerade noch anwendbar ist.
24 t 24
b * / t = 52,6 > 37 ⋅ = 26,7 => α* = 37 ⋅ ⋅ = 0,51 (Tabelle 4.5)
46 b * 46
N *pl, M ,s = (1 − 2 ⋅ α*) ⋅ N *pl ,s = −119,8 kN > N s = −1.000 kN
Nach Tabelle 5.7 ist für ein HEA 1000 die Elastizitätstheorie ohne Beuleinfluss
anwendbar, wenn das Randspannungsverhältnis ψ ≤ 0,47 ist. Damit ergeben sich für
ψ = 0,47 die Grenzschnittgrößen Nel,M,s und Mel,N,s.
N el , M ,s = −0,5 ⋅ (1 + ψ ) ⋅ N el,s = −4.863,6 kN < N s = −1.000 kN
M el , N ,s = 0,5 ⋅ (1 − ψ ) ⋅ M el,s = 28.027 kNcm
N s − N el , M ,s
max M gr , s = M el , N ,s + ( M pl , N ,s − M el , N ,s ) ⋅ = 134.358 kNcm
N pl, M , s − N el, M , s
Mit den Teilschnittgrößen kann das zusätzlich zur Druckkraft N maximal aufnehmba-
re Biegemoment My berechnet werden.
ag
max M y = (max N gr , u − min N gr , o ) ⋅ + M gr ,s = 507.313 kNcm
2
Nach DIN 18800 T1 ist aufgrund der hohen Stegschlankheit ein Nachweisverfahren
Elastisch−Plastisch nicht zulässig. Ebenso muss der Querschnitt nach Eurocode 3 in
die Querschnittsklasse 3 eingestuft werden. Das zulässige Biegemoment
max M y = 435.640 kNcm muss nach der Elastizitätstheorie berechnet werden. Die
Teilschnittgrößenoptimierung ergibt ein um ca. 16,5 % größeres max My.
Aufgrund der hohen Stegschlankheit muss für den Steg eine Beulgefahr berücksichtigt
werden. Der Abminderungsfaktor κ wird nach Tabelle 4.12 berechnet. Die verwende-
te Beulkurve basiert auf den Regelungen der DIN 18800 T3. Bei der Ermittlung von
kσ wird keine Stegeinspannung berücksichtigt. Aufgrund der Ausrundungsradien
erfolgt eine Berechnung von κ mit der verringerten Steghöhe b* nach Kapitel 6.4.
• min Ngr,s
b* = 38,2 − 1,8 − 2 ⋅ 1,8 = 32,8 cm
κ = 137,8 ⋅ 4 / 46 ⋅ 0,8 / 32,8 − 4.175,6 ⋅ 4 / 46 ⋅ (0,8 / 32,8) 2 = 0,775 (Tab. 4.12)
min N gr ,s = −0,775 ⋅ 0,8 ⋅ 38,2 ⋅ 46 / 1,1 = −990 kN
• Gurtbiegemoment Mg:
N − min N gr ,s − N u − o
max M g = M pl, g ⋅ 1 − ≤ 0,8 ⋅ M
pl , g (Tabelle 6.7)
2 ⋅ N pl, g
− 100 + 990 − 0
max M g = 2.471 ⋅ 1 − = 1.197 kNcm ≤ 1.977 kNcm
2 ⋅ 863
Zum Schluss wird aus den bekannten Teilschnittgrößen das zusätzlich zur Beanspru-
chung N aufnehmbare Biegemoment max Mz ermittelt.
• max Mz
b b
max M z = N ⋅ − a s − min N gr ,s ⋅ + 2 ⋅ max M g
2 2
11,46 11,46
max M z = −100 ⋅ − 3,29 + 990 ⋅ + 2 ⋅ 1.197 = 7.823 kNcm
2 2
Durch den beulgefährdeten Steg ist nach DIN 18800 T3 ein Verfahren Elastisch-
Plastisch nicht zulässig. Ebenso muss der Querschnitt nach Eurocode 3 in die Quer-
schnittsklasse 4 eingeteilt werden. Bei einem Nachweis stellt sich heraus, dass die
Querschnittstragfähigkeit durch Erreichen der Streckgrenze auf der Zugseite be-
schränkt wird. Das zusätzlich zur Normalkraft N aufnehmbare Biegemoment beträgt
max Mz = 5.262 kNcm. Die Teilschnittgrößenoptimierung ergibt ein um ca. 48,7 %
größeres max Mz.
DIN 18800 T2
Zum Abschluss erfolgt ein Vergleich der Teilschnittgrößenoptimierung mit einer
Berechnung nach DIN 18800 T2 Verfahren Elastisch−Plastisch (mit Beuleinfluss):
• Beispiel 1: max My = 485.619 kNcm (mod. TSV 507.313 kNcm)
• Beispiel 2: max Mz = 73.459 kNcm (mod. TSV 178.566 kNcm)
• Beispiel 3: max Mz = 8.169 kNcm (mod. TSV 7.823 kNcm)
In Beispiel 1 und Beispiel 2 ergibt die Teilschnittgrößenoptimierung höhere Tragfä-
higkeiten. Dies ist auf die bereits beschriebene ungünstige Ermittlung der Stegtragfä-
higkeit nach DIN 18800 T2 zurückzuführen. Da der Steg in Beispiel 2 konstant auf
Druck beansprucht wird, ist hier der Unterschied besonders groß. In Beispiel 3 ist die
Beanspruchbarkeit nach DIN 18800 T2 geringfügig größer. Der Unterschied resultiert
aus der Verwendung einer linearisierten N−M−Interaktionsbeziehung bei der Teil-
schnittgrößenoptimierung. Die aus einer Dehnungsbeschränkung auf der Druckseite
resultierende Linearisierung ist in Abschnitt 6.3.3 ausführlich erläutert worden.
Aktuell muss der in der Praxis tätige Ingenieur aus mehreren möglichen Verfahren das
für den jeweiligen Querschnitt und Beanspruchung beste Verfahren herausfinden.
Durch eine Teilschnittgrößenoptimierung ist eine Unterscheidung in Nachweisverfah-
ren oder Querschnittsklassen nicht mehr notwendig. Bei der Bemessung wird automa-
tisch die rechnerisch größte Tragfähigkeit ermittelt.
7 Zusammenfassung
In der vorliegenden Arbeit wird der Einfluss des Beulens auf die Tragfähigkeit
hochfester Walzprofile erforscht. Eine Gliederung erfolgt in zwei Themenschwer-
punkte. Diese werden zum einen durch die Untersuchung beulgefährdeter Einzelble-
che und zum anderen durch die Übertragung der am Einzelblech gewonnen Erkennt-
nisse auf hochfeste Walzprofile gebildet.
Die linearisierte Beultheorie ist auch heute noch eine unverzichtbare Hilfe zur
Berechnung realer Tragfähigkeiten beulgefährdeter Platten. Hierzu erfolgt eine
Übersicht zur Ermittlung idealer Beulspannungen und eine Zusammenstellung,
Visualisierung und Erläuterung maßgebender Phänomene. Im Einzelnen werden die
Form der Beulen in Abhängigkeit von der Beanspruchung, – Druck oder Schub – , der
Einfluss der Geometrie, die Auswirkung einer Einspannung im Vergleich zu einer
gelenkigen Längsrandlagerung und der Unterschied zwischen dreiseitig und vierseitig
gelagerten Platten veranschaulicht.
Versuche belegen, dass das Versagen schlanker Platten nicht unmittelbar nach einer
ersten Beulenbildung erfolgt. Trotz zunehmender Verformungen ist häufig eine
weitere erhebliche Laststeigerung möglich. Dieses Phänomen wird durch eine
Versuchsnachrechnung mit dem FE–Programmsystem Abaqus untersucht. Eine
Darstellung der Spannungsverteilungen im Traglastzustand demonstriert die Aus-
bildung eines zweiachsigen Spannungszustands und erklärt eine daraus resultierende
Tragfähigkeitssteigerung. Ebenso wird der zugehörige Verlauf der Blechbiegung in
Plattenlängs- und in Plattenquerrichtung visualisiert und erläutert. Weitere Untersu-
chungen folgen für dreiseitig gelagerte Bleche. Eine Zusammenstellung der
Versagensmechanismen unterschiedlich gelagerter Bleche schließt die Analyse
maßgebender Beulphänomene ab.
Beulkurven sind ein wichtiges Hilfsmittel zur Berechnung realer Tragfähigkeiten
beulgefährdeter Bleche. Nach einer Sichtung bekannter Versuchs- und Forschungser-
gebnisse wird durch eine neue schnittgrößenorientierte Darstellungsform ein Beitrag
zum besseren Verständnis geleistet, Widersprüche an Übergängen einzelner Regelun-
gen aufgedeckt und missverständliche Bestimmungen erläutert. Eine einfache Nähe-
rung erweitert die Berechnungsmöglichkeiten allseitig gelagerter Platten bis zur
plastischen Tragfähigkeit. Für dreiseitig gelagerte Platten wird gezeigt, dass die in der
DIN 18800 T1, Tabelle 1, Zeile 4 und 5 vorgegebene Beschränkung auf ein Rand-
spannungsverhältnis ψ = 1 nicht notwendig ist und eine Diskussion der Regelungen
im Eurocode 3 deckt Probleme beim Ansatz wirksamer Breiten auf. Die fundamenta-
len Erkenntnisse bilden die Grundlage zur Herleitung elementarer Gleichungen zur
Grenzschnittgrößenberechnung mit Beuleinfluss rechteckiger Bleche.
Eine Beulgefahr zusammengesetzter Querschnitte wird nach DIN 18800 T1 durch
einen Vergleich der vorhandenen Schlankheit (b/t) mit dem Grenzwert der Schlank-
heit grenz (b/t) überprüft. Grenzwerte grenz (b/t) werden unter der Annahme gelenkig
7. Zusammenfassung 143
Nachweisbedingungen:
2 2
τo Mxp,g Mxp,g
= + + Vo ≤ 1
τR 2 ⋅ Mpl,xp,g 2 ⋅ Mpl,xp,g Vpl,g
2 2
τs Mxp,s Mxp,s
= + + Vs ≤ 1
τR 2 ⋅ Mpl,xp,s
2 ⋅ Mpl,xp,s Vpl,s
2 2
τu Mxp,g Mxp,g
= + + Vu ≤ 1
τR 2 ⋅ Mpl,xp,g 2 ⋅ Mpl,xp,g Vpl,g
Tabelle A.2 Ermittlung von Mpl,o,τ, Mpl,u,τ, Ngr,o und Ngr,u nach [50]
mit: Mo = Mz / 2 - Mω / ag
mit: Mu = Mz / 2 + Mω / ag
Mittelfläche
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