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Inhalt
1 Vorwort................................................................................................................... 4
2 Die DNA .................................................................................................................. 4
2.1 Einleitung .......................................................................................................... 4
2.2 Bausteine .......................................................................................................... 4
2.3 Genauer Aufbau.................................................................................................. 4
2.4 Doppelhelix........................................................................................................ 5
2.5 Verpackung der DNA im Zellkern (betrifft nicht die mitochondriale DNA!) .................... 6
3 Die RNA................................................................................................................... 6
4 DNA-Replikation ..................................................................................................... 7
4.1 Einleitung .......................................................................................................... 7
4.2 Prinzip............................................................................................................... 7
4.3 Ablauf ............................................................................................................... 7
4.4 Für Interessierte: Das Problem mit den Telomeren .................................................. 8
5 Vom Gen zum Protein – das Prinzip ........................................................................ 9
5.1 Das Gen ............................................................................................................ 9
5.2 Der genetische Code ........................................................................................... 9
5.3 Open-reading-frame.......................................................................................... 10
6 Die Transkription .................................................................................................. 10
6.1 Einleitung ........................................................................................................ 10
6.2 Prinzip............................................................................................................. 10
6.3 Initiation ......................................................................................................... 10
6.4 Elongation ....................................................................................................... 11
6.5 Termination ..................................................................................................... 11
6.6 Co- und posttranskriptionale Prozessierung .......................................................... 11
6.7 Regulation ....................................................................................................... 12
7 Die Translation...................................................................................................... 12
7.1 Einleitung ........................................................................................................ 12
7.2 Die Ribosomen ................................................................................................. 12
7.3 Die tRNA (= transfer RNA) ................................................................................. 12
7.4 Die Amino-Acyl-tRNA-Synthetase ........................................................................ 12
7.5 Initiation ......................................................................................................... 13
7.6 Elongation ....................................................................................................... 13
7.7 Termination ..................................................................................................... 13
7.8 Posttranslationale Modifikation............................................................................ 14
8 Versuch 1 – Präparation und Amplifikation genomischer DNA (PCR) .................... 14
8.1 Einleitung ........................................................................................................ 14
8.2 Extraktion der DNA ........................................................................................... 14
8.3 Ansetzen der PCR ............................................................................................. 14
8.4 Ablauf der PCR ................................................................................................. 15
8.5 VNTR .............................................................................................................. 16
8.6 Agarosegelelektrophorese .................................................................................. 16
8.7 Bedeutung der PCR ........................................................................................... 17
8.8 Ein Beispiel ...................................................................................................... 17
9 Mutationen............................................................................................................ 19
9.1 Auslöser .......................................................................................................... 19
9.2 Genommutationen ............................................................................................ 19
9.3 Chromosomenmutationen .................................................................................. 19
9.4 Genmutationen................................................................................................. 20
9.5 Auswirkungen .................................................................................................. 20
10 Versuch 2 - Identifizierung und Charakterisierung von E. coli-Mangelmutanten. 20
10.1 Einleitung ...................................................................................................... 20
10.2 Prinzip ........................................................................................................... 21
10.3 Identifizierung ................................................................................................ 21
10.4 Charakterisierung............................................................................................ 21
11 Resistenzen ........................................................................................................ 22
2
1 Vorwort
Liebe Studenten! Dieses Skript ist darauf ausgelegt, nicht nur eine Hilfe für den Genetik-Teil
der Bioklausur zu sein, sondern auch zum Verständnis der wichtigsten Grundlagen beizutra-
gen und damit eine Basis für Euer weiteres Studium zu legen. Wir wünschen Euch viel
Erfolg!
2 Die DNA
2.1 Einleitung
Ein Nukleotid.
Beim Wort „Genetik“ denkt man vermutlich zuerst an die
DNA (Desoxyribonukleinsäure), den Träger der Erbinfor-
mation. Was die DNA so alles kann, werden wir in den
nächsten Kapiteln behandeln, doch zunächst müssen wir
uns diesen Alleskönner einmal genauer ansehen.
5’
2.2 Bausteine
Die DNA ist im Grunde ein riesiges Molekül (= ein Poly- 4’ 1’
mer), das aus lauter kleinen Bausteinen zusammenge-
setzt ist. Diese Bausteine heißen Nukleotide und beste- 3’ 2’
hen aus einem Zucker (bei DNA ist der Zucker die sog.
Desoxyribose – wie der Name DNA schon sagt), an dem
ein Phosphatrest und eine Base hängen.
2.5 Verpackung der DNA im Zellkern (betrifft nicht die mitochondriale DNA!)
Unsere DNA ist im Ganzen stolze 2 m lang. Unser Zellkern, in dem sie sich bekanntermaßen
(bis auf die DNA der Mitochondrien) befindet, hat jedoch nur einen Durchmesser von etwa 5
μm. Hätten wir die DNA also einfach nur „rumliegen“, würde sie gar nicht in den Kern passen.
Deshalb müssen wir die DNA weiter verpa-
cken. Hierfür haben wir bestimmte Protei-
ne, die sog. Histone, welche sich an die
DNA anlagern. Histone sind basische, posi-
tiv geladene Proteine und können sich
deshalb sehr leicht an die negativ geladene
DNA anlagern. Dabei wickeln sie die DNA
quasi auf sich auf und bilden Komplexe aus
insgesamt 8 Histonmolekülen, was man
dann als Histonoktamer bezeichnet (je-
weils zwei Mal Histon H2A, H2B, H3 und
H4). So entstehen sehr viele solcher per-
lenförmigen Gebilde pro DNA-
Doppelstrang. Die Teile des DNA-Stranges,
die zwischen den einzelnen „Perlen“ liegen,
nennt man Linker-DNA. Diese Stücke der
DNA sind mit einem bestimmten Histon,
dem H1, assoziiert. Den Komplex aus ei-
nem Histonoktamer, Histon H1 und der
zugehörigen DNA bezeichnet man als
Nukleosom. Die DNA im Gesamten mit
ihren Proteinen (also vor allem den Histo-
nen) nennt man Chromatin. Bis jetzt ist die
DNA also in Form einer langen „Perlenket-
te“ verpackt. Wenn sich diese Kette nun Verpackung der DNA.
durch komplexe Mechanismen weiter in
Schleifen und Ähnlichem organisiert, ist sie irgendwann so stark komprimiert, dass wir die
DNA mit ihren Proteinen (also das Chromatin) als Chromosomen wahrnehmen können. Die
DNA kann aber weiterhin zwischen ihren „Verpackungsgraden“ wechseln. Wenn sie abgelesen
oder verdoppelt wird, können wir die starke Verpackung nicht gebrauchen und die Chromo-
somen sind deshalb in dieser Phase (Interphase) auch nicht
als solche sichtbar. Während der Mitose (Kernteilung)
entsteht hingegen in der Metaphase das Bild der typischen
Nukleolus Chromosomen (die man auch verwenden kann, um ein Ka-
ryogramm herzustellen). Hier ist die DNA maximal spiralisiert
(was man auch als maximal kondensiert bezeichnet).
Auch im Interphasekern kann man (im Licht- oder
Elektronenmikroskop) jedoch Bereiche im Kern erkennen, die
Heterochromatin sehr dicht sind, sowie andere Bereiche, die im Gegensatz
dazu nicht so stark gefärbt sind. Die helleren Bereiche nennt
man Euchromatin – es handelt sich hierbei um nur locker auf
Nukleosomen aufgewickelte („entspiralisierte“) DNA, die
potenziell transkriptionell aktiv ist (also unter Umständen
gerade abgelesen wird). Im Gegensatz dazu bestehen die
Euchromatin
dichteren Bereiche, das Heterochromatin, aus eng auf
Nukleosomen aufgewickelter („spiralisierter“) und damit
Zellkern im Elektronenmikroskop. überwiegend inaktiver DNA.
3 Die RNA
Die RNA (Ribonukleinsäure) ist der DNA sehr ähnlich. Die RNA ist nämlich auch aus Nukleoti-
den aufgebaut, ist allerdings im Regelfall einzelsträngig und enthält anstelle der Base Thymin
7
die Base Uracil (U). Außerdem hat sie als Zucker – wie ihr Name schon sagt die Ribose und
nicht die Desoxyribose. (Das bedeutet einfach nur, dass das 2. C-Atom im Zucker-Ring einer
RNA eine OH-Gruppe gebunden hat – bei der DNA ist es statt dieser Gruppe nur ein
H-Atom, sie ist also „desoxygeniert“.)
Es gibt verschiedene RNA-Arten, die wir aber bei den entsprechenden Kapiteln besprechen
werden.
4 DNA-Replikation
4.1 Einleitung
Unter der DNA-Replikation versteht man die Verdoppelung der DNA. (Verwechselt dies bitte
nicht mit der DNA-Transkription, die wir später behandeln werden.) Wer sich in Kunst ein
bisschen auskennt, weiß, dass ein Replikat eine originalgetreue Nachbildung eines Kunstwer-
kes ist, und genau so ist es auch bei der DNA: Wir machen aus einem Doppelstrang zwei
identische Doppelstränge und vervielfältigen somit unsere DNA. Dieser Prozess ist z.B. not-
wendig, um eine anständige Zellteilung zu gewährleisten (eine Zelle ohne oder nur mit
halber DNA bringt uns reichlich wenig…) – und genau deshalb findet vor jeder Mitose (Kerntei-
lung) genau diese DNA-Replikation statt (nämlich in der S-Phase).
4.2 Prinzip
Das Praktische an der DNA ist bekanntlich, dass sie aus zwei komplementären Strängen be-
steht. Wir brauchen uns also nur einen von den beiden Strängen anzusehen und wissen so-
fort, wie der zugehörige andere (in seiner Basenanordnung) aussehen muss. Und genau so
macht das unser Körper. Er benutzt die beiden Stränge des Doppelstranges als Vorlage (Ma-
trize) für jeweils einen der beiden neuen Stränge. Die alten Stränge heißen deshalb
„Elternstränge“, die neu synthetisierten „Tochterstränge“. So entstehen zwei Doppelstränge,
die jeweils einen neuen und einen alten Strang beinhalten und wir haben unsere DNA verdop-
pelt. Dieses Prinzip bezeichnet man als „semikonservativ“ (also halb-bewahrend – die neuen
Doppelstränge bestehen aus einem alten Strang und einem neu synthetisierten).
4.3 Ablauf
Wollen wir unsere DNA vervielfältigen, stoßen wir sofort auf das erste Problem: Wir haben
einen Doppelstrang, brauchen aber zwei Einzelstränge als Matrizen.
An dieser Stelle kommt schon das erste Enzym, die Helikase, ins Spiel. Sie sucht sich eine
bestimmte Stelle auf der DNA (also eine bestimmte Basenkombination, den sog. Replika-
tionsursprung oder Origin), greift genau dort an und biegt an dieser Stelle die Stränge aus-
einander. So entsteht mitten im DNA-Doppelstrang eine Replikationsblase mit zwei Replikati-
onsgabeln. Bei Bakterien gibt es nur einen solchen Replikationsursprung, beim Menschen gibt
es insgesamt etwa 50 000 an unterschiedlichen Stellen der DNA, da die Vervielfältigung sonst
viel zu lange dauern würde.
Replikationsursprung
Replikationsblasen Replikationsgabeln
8
Außerdem wird die DNA von diesen Replikationsursprüngen aus in beide Richtungen syntheti-
siert (bidirektional). Hat die Helikase nun die Stränge an einer bestimmten Stelle voneinander
getrennt, setzen sich dort sofort Einzelstrangbindungsproteine dran (ssb-proteins = single
strand binding proteins) und verhindern so, dass sich die beiden Stränge sofort wieder anei-
nanderlagern. Und schon stoßen wir auf ein weiteres Problem: Stellt Euch zwei Schnüre vor,
die ineinander verdrillt sind (Doppelhelix). Wenn Ihr nun die Schnüre mittendrin etwas ausei-
nanderzieht (Helikase-Aktivität), werden sich die Schnüre zum Ende hin immer weiter verdre-
hen. Deshalb gibt es das Enzym Topoisomerase, das solche „Superhelices“ erkennt und einen
der Stränge oder gleich beide kurz auseinanderschneidet, etwas entwindet und wieder zu-
sammenfügt.
Wir haben nun also immer noch einen langen DNA-(Doppel-)Strang mit einigen Replika-
tionsblasen – jetzt geht es an die eigentliche Vervielfältigung. Dies sollte die DNA-Polymerase
durchführen, wenn da nicht das kleine Problem bestünde, dass sie nur an schon neu syntheti-
sierte freie 3’OH-Enden neue Nukleotide anbauen kann. Deshalb muss ihr das Enzym Primase
zu Hilfe kommen. Sie kann auch
ohne freies 3’OH-Ende, allerdings
nur RNA synthetisieren. Das tut
sie dann auch und bildet eine zum
jeweiligen Strang passende RNA-
Startsequenz, den Primer. So lie-
fert sie der DNA-Polymerase das
benötigte freie 3’OH-Ende und die
DNA-Polymerase kann ihre Arbeit
aufnehmen. Hierfür fährt sie quasi
über den alten Strang (Eltern-
strang) und synthetisiert den neu-
en Strang (Tochterstrang) Nukleo-
tid für Nukleotid. Für die Synthese
werden (desoxy-) Nukleo-
sidtriphosphate (dNTPs) benötigt,
Prinzip der DNA-Replikation.
die Energie wird aus der Abspal-
tung von zwei Phosphatgruppen (= Pyrophosphat) erhalten. Die Polymerase arbeitet an bei-
den Strängen gleichzeitig. Sie sitzt also als Enzymkomplex auf beiden Elternsträngen und syn-
thetisiert gleichzeitig die zwei Tochterstränge. Hierbei stoßen wir auf ein neues Problem, denn
die DNA-Polymerase kann nur in 5’-3’-Richtung synthetisieren. Das ist an einem der beiden
Matrizenstränge kein Problem. Hier kann der Tochterstrang kontinuierlich verlängert werden
und man braucht daher pro Replikationsursprung auch nur einen RNA-Primer. Den zugehöri-
gen Tochterstrang nennt man Leitstrang (leading strand). Am anderen Matrizenstrang müsste
die DNA-Polymerase eigentlich in die andere Richtung synthetisieren – das kann sie aber
nicht. Deshalb wird dieser Strang entgegen der Wanderungsrichtung der Replikationsgabel
„stückchenweise“ (diskontinuierlich) synthetisiert. Die DNA-Polymerase benötigt allerdings für
jedes Stück einen neuen Primer (den die Primase für sie synthetisiert). Dieser neu entstehen-
de Tochterstrang heißt Folgestrang (lagging strand), die einzelnen neu synthetisierten RNA-
und DNA-Stückchen werden Okazaki-Fragmente genannt.
Gleichzeitig passt die DNA-Polymerase übrigens auf, dass sie keine falschen Nukleotide ein-
baut (also z.B. C mit T paart). Dafür besitzt sie eine Exonukleaseaktivität, mit der sie ein ge-
rade falsch eingebautes Nukleotid einfach wieder herausschneidet und dann durch das pas-
sende ersetzt. Diese Funktion wird als „Korrekturlesefunktion“ der DNA-Polymerase bezeich-
net.
Nun werden nur noch die kurzen RNA-Stücke (Primer) entfernt, die DNA-Polymerase syntheti-
siert DNA in die Lücken und das Enzym Ligase verbindet die einzelnen DNA-Fragmente mit-
einander – zwei komplett identische (halb-neue) DNA-Doppelstränge sind entstanden.
Enden jedes Doppelstranges Basenfolgen, die wir nicht für ein Protein benötigen, sie sind also
nicht kodierend (sondern hauptsächlich repetitive Sequenzen = sich wiederholende Abschnit-
te). Diese DNA-Abschnitte an den Enden der Doppelstränge nennt man Telomere. Nach etwa
50 Zellteilungen sind diese Telomere jedoch „aufgebraucht“ und es werden Sequenzen „ange-
fressen“, die wir z.B. für ein Protein bräuchten. Die Zelle wird damit unbrauchbar und stirbt.
So können Zellen nur ein bestimmtes Alter erreichen und sterben dann ab. Abhilfe kann
grundsätzlich nur das Enzym Telomerase schaffen, das aber nur sehr spezielle Zellen besitzen
(z.B. Keimbahnzellen, Tumorzellen, embryonale Stammzellen). Die Telomerase ist eine rever-
se Transkriptase, sie kann aus einer in ihr enthaltenen RNA eine DNA-Kopie anfertigen und
damit die Chromosomenenden wieder verlängern. Unsere „normalen“ (somatischen) Zellen
besitzen dieses Enzym jedoch nicht und gehen irgendwann – spätestens aufgrund dieses Pro-
zesses – zugrunde.
zwei Codons, die beide für die Aminosäure Histidin (His) codieren: Die Nukleotidsequenz CAC
und die Sequenz CAU. Auffällig ist nicht nur bei dieser Aminosäure, dass es oftmals die letzte
Base eines Nukleotid-Tripletts ist, die man ohne Probleme austauschen kann. (Sie „wackelt“
quasi – „Wobble-Theorie“.)
Auch merken sollte man sich, dass der genetische Code universell ist, also sämtliche Lebewe-
sen mit diesem Muster arbeiten (Ausnahme z.B. Mitochondrien).
5.3 Open-reading-frame
Der sog. „Leserahmen“, also die Nukleotidsequenz, die die Ribosomen zu einem Protein um-
schreiben sollen, wird dabei durch ein Start- und ein Stoppcodon bestimmt. Das Startcodon
ist immer die Basensequenz AUG (also Adenin, Uracil, Guanin), Stoppcodons sind die Se-
quenzen UAA, UAG und UGA, die auch als ochre, amber und opal bezeichnet werden.
Innerhalb dieses „Rahmens“ liegt der sog. open-reading-frame, also der Abschnitt des Gens,
der von den Ribosomen in eine Aminosäuresequenz übersetzt wird.
6 Die Transkription
6.1 Einleitung
Beginnen wir nun mit dem ersten Schritt auf
unserem Weg von der DNA zum Protein, der
Transkription. Die Transkription ist der Vor-
gang der Umschreibung von Teilen der DNA in
RNA im Zellkern – nämlich nur von den soge-
nannten „kodierenden“ Teilen der DNA. In
diesem Kontext ist es grundsätzlich verwun-
derlich, dass fast alle Zellen unseres Körpers
die gleiche DNA haben, aber trotzdem völlig
verschieden aussehen und die unterschied-
lichsten Funktionen ausführen können (man
denke nur an Nerven- oder Muskelzellen).
Dies liegt daran, dass in den verschiedenen
Zellarten unterschiedliche Gene (mit ihren
kodierenden DNA-Abschnitten) unterschiedlich
stark exprimiert, also unterschiedlich oft abge-
lesen und in ein Protein umgeschrieben wer-
den. Die Folge ist eine völlig unterschiedliche
Proteinausstattung – trotz identischer DNA-
Sequenz! Die Elemente, die dieses „Genex-
pressionsmuster“ bedingen, werden Transkrip-
tionsfaktoren genannt und in einem der fol-
genden Kapitel noch einmal vorgestellt.
6.2 Prinzip
Eigentlich ist es ganz einfach: Eine RNA-Polymerase bin-
det an den Doppelstrang, windet ihn teilweise auf, liest
den Matrizenstrang und synthetisiert die RNA in 5’-3’-
Richtung. Leider ist es in der Praxis doch etwas kom-
plexer. Alles beginnt damit, dass die RNA-Polymerase
irgendwie den Ort finden muss, den sie ablesen soll und
die Transkription initiiert.
6.3 Initiation
Hierfür sucht die RNA-Polymerase den Doppelstrang nach
einem sog. Promotor ab. Ein Promotor ist eine spezielle
Nukleotidsequenz, die aus einer Initiationsregion und
11
häufig einer TATA-Box (Thymin- und Adenin-reiche Sequenz) besteht. An die Initiationsregi-
on lagert sich die Polymerase an. An die TATA-Box können spezielle Proteine binden, die sog.
Transkriptionsfaktoren, über die die Transkription reguliert wird.
6.4 Elongation
Nun kann es mit der Herstellung des RNA-Stranges losgehen. Die RNA-Polymerase syntheti-
siert einfach einen zu einem der beiden DNA-Stränge komplementären RNA-Strang (mit
Uracil statt Thymin). „Hinter“ der Polymerase schließt sich die DNA wieder zu einem Doppel-
strang.
6.5 Termination
An einer bestimmten Stelle, über die noch wenig bekannt ist, wird die Transkription beendet.
Die damit entstandene RNA wird als prä-mRNA oder hnRNA (= „heterogenous nuclear RNA“)
bezeichnet. Es handelt sich also noch nicht um die fertige mRNA (= „messenger RNA“ =
Boten-RNA), denn die Vorläufer müssen dafür erst noch verändert werden. Dies geschieht in
der teilweise co-, teilweise posttranskriptional stattfindenden Prozessierung.
Hat die hnRNA die Prozessierung hinter sich, wird sie als mRNA bezeichnet und kann den Zell-
kern durch die Kernporen in Richtung Ribosomen verlassen.
12
6.7 Regulation
Die gesamte Proteinbiosynthese wird hauptsächlich an der Stelle der Transkription reguliert,
da sie den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt in der Synthese darstellt. Die Moleküle, die
die Transkription regulieren können und damit das „Genexpressionsmuster“ einer Zelle auf-
rechterhalten, werden Transkriptionsfaktoren genannt. Um diese Funktion ausführen zu kön-
nen, binden diese Faktoren an regulatorische Sequenzen auf der DNA, welche da wären:
• Promotoren (s.o.)
• Enhancer (Hieran binden positive Transkriptionsfaktoren, die die Transkription voran-
treiben sollen.)
• Silencer (Hieran binden Repressoren, also Transkriptionsfaktoren, die die Transkrip-
tion hemmen sollen.)
Auch Steroidhormone können als Transkriptionsfaktoren wirken, indem sie als Hormon-
Rezeptor-Komplexe an die DNA binden.
In der Promotorregion kann zudem das Gen über genomisches Imprinting inaktiviert werden,
aber dazu später mehr.
7 Die Translation
7.1 Einleitung
Die Translation findet im Zytosol an den Ribosomen statt. Nachdem wir unsere DNA-Sequenz
im letzten Schritt in eine mRNA umgeschrieben haben, wird diese mRNA nun in der Translati-
on in eine Aminosäuresequenz, also ein Protein, umgeschrieben. Grob funktioniert das so: Die
tRNAs werden von der Amino-Acyl-tRNA-Synthetase mit jeweils einer Aminosäure beladen.
Daraufhin wandern die tRNAs mit ihren Aminosäuren zum Ribosom und dieses baut die Ami-
nosäuren in der von der mRNA vorgegebenen Reihenfolge aneinander.
Ziemlich viele Begriffe auf einmal, die wir im Folgenden kurz erklären werden…
So. Nun haben sich unsere mit Aminosäuren beladenen tRNAs und die umzuschreibende
mRNA auf den Weg zu den Ribosomen gemacht. Hier findet nun die eigentliche Translation
statt mit folgenden Schritten:
7.5 Initiation
Zu Beginn bindet die kleine Untereinheit des Ribosoms an die mRNA und zwar an eine Se-
quenz kurz vor (also Richtung 5’-Ende) dem Startcodon AUG. An das Startcodon selbst
lagert sich die erste tRNA an. Diese sog. Initiations-tRNA hat logischer Weise immer Methionin
als Aminosäure gebunden (weil AUG für Methionin kodiert). Nun assoziiert nur noch die kleine
Untereinheit mit der großen des Ribosoms, einige Inititiationsfaktoren binden daran und der
sog. Initiationskomplex ist perfekt…
Translation.
7.6 Elongation
Nun hängt das Ribosom (genauer: das Enzym Peptidyltransferase) nacheinander immer wie-
der eine (zur mRNA passende und von der tRNA antransportierte) Aminosäure an die entste-
hende Kette an. Der genaue Mechanismus ist sehr komplex.
7.7 Termination
Für die Codons UAA, UGA und UAG gibt es bekanntlich keine passende Aminosäure, sie sind
Stop-Codons. Erscheint jetzt eines dieser drei Codons am Ribosom, wird folglich keine pas-
sende tRNA gefunden. Daraufhin hydrolysiert (spaltet) die Peptidyltransferase die Bindung
zwischen dem entstandenen Polypeptid (Protein) und der letzten tRNA. Damit wird das Protein
frei und die Ribosomen-Untereinheiten trennen sich wieder voneinander.
Soweit also zum Ablauf der Translation. Tatsächlich finden diese Schritte an mehreren Stellen
einer mRNA statt, da mehrere Ribosomen gleichzeitig an sie binden. Ein mRNA-Strang wird
also mehrmals zur gleichen Zeit translatiert, womit man eine Steigerung der Proteinsynthese-
rate erreicht. Solch eine „Häufung“ von Ribosomen an einer mRNA wird als „Polysom“ be-
zeichnet.
Ein Polysom.
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Im Folgenden werden wir Euch die Praktikumsversuche Schritt für Schritt vorstellen.
• Taq-Polymerase und Puffer (Achtung, hier sind u.a. Mg2+-Ionen drin – die sind ein Co-
faktor für die Taq-Polymerase.)
All diese Dinge werden in einem kleinen Reaktionsgefäß miteinander vermischt und in die
PCR-Maschine gegeben.
Denaturierung
Primer annealing
Elongation
Diese drei Schritte werden nun immer und immer wieder durchlaufen, meistens 20 bis 35 Mal
(20 bis 35 Zyklen). Das erste wirkliche PCR-Produkt (also ein kompletter Doppelstrang mit der
richtigen Länge) entsteht dabei erst im 3. Zyklus. Die Länge dieses PCR-Produktes beträgt
logischer Weise die Länge der beiden Primer plus des dazwischen synthetisierten DNA-
Abschnittes, wie Ihr in der Abbildung nachvollziehen könnt (also, vom 5`Ende des
einen Primers bis zum 5`Ende des anderen Primers). Bei Berechnungen sollte man bedenken,
dass man das erste bzw. letzte Basenpaar auch noch mitzählen muss! Ein solcher vollständi-
ger Doppelstrang des gewünschten Bereiches entsteht – wie erwähnt – erst im 3.
Zyklus. Alle vorher synthetisierten DNA-Stränge sind nicht komplett doppelsträngig (siehe
Abbildung)!
8.5 VNTR
Wie oben schon angesprochen vermehren wir im Praktikum nur ganz bestimmte Bereiche der
DNA. Diese Bereiche sind sog. VNTRs (variable number tandem repeats), also Be-
reiche, in denen eine bestimmte Sequenz immer wieder wiederholt wird (z.B.
CGA|CGA|CGA|CGA…). Die Anzahl der Wiederholungen kann von Mensch zu Mensch sehr un-
terschiedlich sein (sog. Polymorphismus, also Sequenzunterschiede auf der DNA; der Grund
kann unterschiedliches Crossing-over in der Meiose sein). Wenn wir die Primer nun quasi an
bekannte Sequenzen am Rand dieser repetitiven Sequenzen (VNTRs) setzen, werden wir bei
verschiedenen Menschen unterschiedlich lange PCR-Produkte erhalten. Und genau das ma-
chen wir. Wir verwenden Primer, die zu den „Rändern“ der VNTRs passen. Diese Stellen sind
konserviert, also im Normalfall bei jedem Menschen gleich und ihre Sequenz ist natürlich be-
kannt (sonst könnten wir keinen Primer synthetisieren).
Doch woher wissen wir nun, wie lang die PCR-Produkte geworden sind und damit, welche DNA
zu wem gehört (genetischer Fingerabdruck!)? Die Antwort liefert uns die Agarosegel-
elektrophorese.
8.6 Agarosegelelektrophorese
Bei diesem Verfahren verwenden wir im
Grunde einen großen Kasten, worin sich
das (Agarose-) Gel in einem Puffer be-
findet. Das Gel ist typischerweise eine
Substanz mit Netzstruktur, die Moleküle
also nicht so gut durchlässt wie bei-
spielsweise Wasser. An diesen Kasten
legen wir eine Spannung an, sodass ein
positiv und ein negativ geladener Pol
entstehen. Die PCR-Produkte werden in
jeweils eine Geltasche auf der negativ
geladenen Seite (Kathode) gegeben.
Man gibt den DNA-Proben zudem einen
Ladepuffer hinzu, in dem – neben einem
Farbstoff – auch Glycerin enthalten ist.
Glycerin besitzt hier lediglich die Funk-
tion, die DNA-Proben besser in die Taschen sinken zu lassen. Nun beginnt die negativ gelade-
ne DNA in Richtung des positiven Pols (Anode) zu wandern. Dabei wandern die großen Stücke
nicht so schnell wie die kleinen, weil sie einfach schlechter durch das „Netz“ passen. (Die Ge-
schwindigkeit der DNA-Stücke ist also umgekehrt proportional zu ihrer Länge.) Stellt man die
Spannung nach einer gewissen Zeit wieder ab, sind die unterschiedlich langen DNA-Stücke
demnach unterschiedlich weit gewandert und bilden an der Stelle, an der sie durch Abschalten
der Spannung stehen bleiben, spezifische Banden – jede Bande steht also letztlich für eine
bestimmte DNA-Länge. Diese Banden sind eigentlich nicht sichtbar. Um sie zumindest unter
UV-Licht sichtbar zu machen, hat man zuvor Ethidiumbromid ins Agarosegel gegeben. Ethidi-
umbromid ist ein Fluoreszens, das sich in die DNA einlagert („interkaliert“) und außerdem
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Wie Ihr sehen könnt, ist es sehr wichtig zu wissen, was bei einer PCR passiert und auch, wie
man die Gelelektrophorese „lesen“ muss. Um dies besser nachvollziehen zu können, möchten
wir Euch die Möglichkeit geben, die ganze Geschichte noch einmal an einem vereinfachten (!)
Beispiel durchzugehen.
Wiederholungen ist hier unterschiedlich (siehe Abbildung 1). Natürlich wissen die vier Studen-
ten noch nicht, wer von ihnen wie viele Wiederholungen besitzt - wir nehmen nun aber der
Einfachheit halber an, wir könnten einfach in ihr Erbgut schauen. Wie wir feststellen, hat jeder
der Studenten jeweils zwei Allele – eines vom Vater, eines von der Mutter. Während Lisa bei-
spielsweise ein Allel mit drei Wiederholungen und eines mit zwei Wiederholungen trägt, hat
Stefan auf beiden Allelen das CAG-Motiv nur einfach vorliegen.
Allel 1 CGA
Miriam
Allel 2 CGA CGA CGA CGA
Allel 1 CGA
Stefan
Allel 2 CGA Ein Beispiel – Abbildung 1
Die Studenten isolieren nun ihre DNA wie oben beschrieben und setzen für jeden Studenten
einzeln die PCR an. Als Primer verwenden sie die in Abbildung 1 grün und rot markierten Stel-
len, d.h. DNA-Abschnitte am Rand der VNTRs, deren Sequenz bei ihnen allen identisch („kon-
serviert“) sind. Sie verwenden also alle dieselben Primer!
Nach Ablauf der PCR liegen die amplifizierten DNA Stücke (also bei jeder Person die Stücke
vom grünen bis zum roten Primer) jeweils in großer Menge vor. Jeder Student trägt sein PCR-
Produkt nun in eine Geltasche des Agarosegels auf (siehe Abbildung 2). Zusätzlich verwenden
die Studenten einen Marker, den sie in die erste Geltasche geben. Nun legen sie eine elektri-
sche Spannung an das Gel an. Daraufhin wandern Marker und PCR-Produkte zum positiv ge-
ladenen Pol und ergeben das Bild, das in Abbildung 2 gezeigt wird. Der Marker
besitzt hier die Eigenschaft, für jede Wiederholung eine Bande zu geben, wenn er sich auf-
trennt. Er zeigt also an, auf welcher Höhe welche Anzahl von Wiederholungen läuft. Die 4
steht also für vier CGA-Wiederholungen, die 3 für drei CGA-Wiederholungen. (Im echten Le-
ben zeigt ein Marker nicht die Anzahl an Wiederholungen, sondern z.B., wo ein DNA-Stück mit
1000, 2000 oder 5000 Basenpaaren läuft. Das Prinzip ist aber dasselbe: Er zeigt an, auf wel-
19
cher Höhe bestimmte DNA-Längen im Gel wandern.) Bitte beachtet noch einmal, dass die
kleinsten DNA-Stücke (d.h. hier die mit den wenigsten CGA-Wiederholungen) am weitesten in
Richtung des positiv geladenen Poles wandern!
Wie Ihr sehen könnt, erscheint in der Gelelektrophorese für jedes Allel eine Bande auf der
richtigen Höhe. (Lisa erhält beispielsweise eine Bande auf der Höhe „3 Wiederholungen“ für
Allel 1 und eine Bande auf der Höhe „2 Wiederholungen“ für Allel 2.) Nur bei Stefan sieht das
Ganze etwas merkwürdig aus: Es gibt nur eine Bande, die dafür in der Regel etwas dicker ist
als die der anderen. Dies ist dadurch zu erklären, dass bei Stefan – wie oben erwähnt –
beide Allele das CGA-Motiv genau ein Mal tragen. In dieser Bande sind also beide Allele ent-
halten!
Wie Ihr auch sehen könnt, erscheint bei Lisa und Tobias dasselbe Muster – sie besitzen beide
ein Allel mit drei Wiederholungen und ein Allel mit zwei Wiederholungen. Lisa und Tobias
müssten also noch mindestens eine andere VNTR für die PCR benutzen, um z.B. bei einer un-
bekannten DNA-Probe sagen zu können, ob diese von Lisa oder von Tobias stammt.
Nun wollen die Studenten noch etwas über die Häufigkeit ihrer Allele aussagen. Das hier größ-
te Allel (also das, das dem negativ geladenen Pol am nächsten ist!) besitzt Miriam
(4 Wiederholungen). Dieses Allel existiert in einer Häufigkeit von 1/8 (12,5 %) - was bedeu-
tet: 1 Allel unter insgesamt (!) 8 Allelen ist genau so lang. Das kleinste Allel hingegen liegt
mit einer Häufigkeit von 3/8 (37,5 %) vor. Hier muss man daran denken, dass eine einzige
dicke Bande in der Elektrophorese in der Regel bedeutet, dass hierin beide Allele enthalten
sind (wie es bei Stefan der Fall ist).
Bei den nächsten Versuchen muss man sich immer wieder mit Mutationen beschäftigen, des-
halb zunächst das entsprechende Kapitel:
9 Mutationen
9.1 Auslöser
Mutationen können entweder spontan (z.B. durch Ablesefehler) entstehen oder aber durch
sog. Mutagene induziert werden. Zu den Mutagenen gehören bestimmte Chemikalien, ionisie-
rende Strahlung (z.B. Röntgen-Strahlung – sie verursacht Radikale, die die DNA schädigen
können) und UV-Strahlung (die die sehr bekannten Thymindimere entstehen lässt).
9.2 Genommutationen
Hierunter werden alle Mutationen zusammengefasst, die die Anzahl der Chromosomen betref-
fen (sog. numerische Chromosomenabberationen).
• Euploidie bezeichnet das Phänomen eines vielfachen Chromosomensatzes (1n, 2n,
3n,…). So gibt es die Haploidie (1n, also einfacher Chromosomensatz, wie in unseren
Geschlechtszellen), die Diploidie (2n, also doppelter Chromosomensatz, wie in unseren
Körperzellen) und die Polyploidie (>2n, also ein dreifacher, vierfacher… Chromosomen-
satz, wie ihn z.B. die Erdbeere hat…). Die Allopolyploidie ist eine Untergruppe der Po-
lyploidie und besteht dann, wenn ein Organismus Chromosomensätze zweier verschie-
dener Arten enthält (z.B. Maultier).
• Von Aneuploidie spricht man dann, wenn „nur“ ein oder zwei Chromosomen zu viel
oder zu wenig vorhanden sind (2n+1, 2n-1,…). Der Grund hierfür ist oft eine Non-
Disjunction (also ein Nichtauseinanderweichen) der homologen Chromosomen in der
Meiose. In die Gruppe der Aneuploidien gehört beispielsweise die Trisomie 21 (Down-
Syndrom).
9.3 Chromosomenmutationen
Diese Mutationen betreffen ganze Abschnitte auf den Chromosomen und werden zusammen
mit den später folgenden Genmutationen unter den sog. strukturellen Chromosomenabberati-
onen zusammengefasst.
• Deletion = Verlust eines Chromosomenabschnitts.
20
9.4 Genmutationen.
Unter Genmutationen versteht man Mutationen innerhalb eines
Gens.
• Insertion = Einfügen eines oder mehrerer Nukleotide.
• Deletion = Verlust eines oder mehrerer Nukleotide.
• Thymin-Dimere = durch UV-Strahlung entstehende Ver-
knüpfung von zwei Thymin-Basen ein und desselben DNA-
Thymin-Dimer (im oberen
Stranges. Strang).
Spezielle Genmutationen, bei denen nur eine einzelne Base be-
troffen ist, und die deshalb noch verhältnismäßig leicht wieder rückmutieren können (siehe
Versuch 6), nennt man Punktmutationen:
• Transition = Austausch eines Purins mit einem Purin oder eines Pyrimidins mit einem
Pyrimidin.
• Transversion = Austausch eines Purins mit einem Pyrimidin oder umgekehrt.
9.5 Auswirkungen
Mutationen können – bezogen auf das Ablesen der DNA – vier verschieden Folgen haben und
werden dementsprechend in vier Gruppen eingeteilt.
• Stille Mutation: Hier passiert gar nichts, da der genetische Code degeneriert ist (s.o.)
und daher nicht jeder Basenaustausch mit einem Aminosäureaustausch einhergeht.
Findet eine Mutation in einem nicht-kodierenden Bereich statt, kann es sich ebenfalls
um eine stille Mutation handeln, sie kann aber auch gravierende Auswirkungen haben
(z.B. dann, wenn die Mutation einen Promotor, Silencer oder Enhancer betrifft).
• Missense-Mutation: Die Degeneration hilft natürlich nicht immer und so wird bei
dieser Mutation leider eine falsche Aminosäure eingebaut.
• Nonsense-Mutation: Ein eigentlich für eine Aminosäure kodierendes Codon wird so un-
günstig verändert, dass es zu einem Stopp-
Codon wird und die Translation deshalb an
dieser Stelle abbricht.
intaktes Gen
• Rasterschubmutation: Eine solche Mutation intaktes Gen
entsteht immer dann, wenn man eine Zahl
von Nukleotiden, die nicht ein Vielfaches
Insertion
von 3 ist, einfügt oder entfernt. Dann wer- Insertion
den nämlich quasi ab diesem Punkt drei
Basen als Codon erkannt, die eigentlich gar
nicht als zusammengehörig gedacht waren,
das Leseraster verschiebt sich und es Deletion
kommt ein komplett verändertes Protein
dabei heraus.
ist das kein Problem, denn sie können die fehlenden Stoffe selbst herstellen. Sie werden we-
gen dieser Eigenschaft auch als prototroph bezeichnet. Es gibt allerdings auch Bakterien, die
durch eine Mutation z.B. die Eigenschaft verloren haben, eine bestimmte Aminosäure herzu-
stellen. Diese Bakterien werden als Mangelmutanten oder auxotrophe Bakterien bezeichnet
und können nur auf Vollmedium oder einem Minimalmedium wachsen, dem der entsprechen-
de Stoff zugegeben wird (sog. Supplementierung).
10.2 Prinzip
Wir haben im Versuch nun zwischen lauter Wildtypzellen einen Typ von Mangelmutante vor-
liegen, der eine bestimmte unbekannte Aminosäure nicht mehr herstellen kann. Nun wollen
wir zunächst die Wildtypzellen von den Mangelmutanten unterscheiden (Identifizierung der
Mangelmutanten) und dann auch noch in Erfahrung bringen, welche Aminosäure von den
Mangelmutanten nicht mehr hergestellt werden kann (Charakterisierung der Mangelmutan-
ten).
10.3 Identifizierung
Zur Identifizierung der Mangelmutanten verwenden wir zunächst eine Vollmediumplatte mit
einigen Kolonien (darunter sowohl Wildtyp- als auch Mangelmutantenzellen). Diese Platte
„stempeln“ wir sanft auf eine Minimalmediumplatte und bebrüten beide Platten über Nacht.
Durch Vergleich der beiden Platten am nächsten Morgen können wir die normalen Bakterien
von denen mit der Mutation unterscheiden. Die Mangelmutanten sind nämlich genau die
Kolonien, die man nun beim Vergleich nur auf der Vollmedium- und nicht auf der Minimalme-
diumplatte finden kann. Von diesen Kolonien nehmen wir eine von der Platte herunter, um sie
für die Charakterisierung zu verwenden.
10.4 Charakterisierung
Wir lösen die eben gewonnenen Mangelmutanten in einer Verdünnungsflüssigkeit und vertei-
len diese Suspension auf einer Minimalmediumplatte. Hier würden diese Bakterien eigentlich
nicht wachsen können. Deshalb legen wir an fünf verschiedenen Stellen auf der Platte
jeweils ein kleines Plättchen mit einer bestimmten und uns bekannten Aminosäure auf.
Die Aminosäure diffundiert dann in das Medium im Umkreis des Plättchens und die Mangel-
mutanten werden nach Bebrütung über Nacht um das Plättchen mit der Aminosäure wachsen,
die sie nicht mehr herstellen können. Somit haben wir die Mangelmutanten identifiziert und
charakterisiert.
Da wir für Versuch 3 den Begriff der Resistenzen benötigen, sollte man dieses Thema zuerst
verstanden haben:
22
11 Resistenzen
11.1 Einleitung
Bakterien können Resistenzen gegen Antibiotika entwickeln, was mittlerweile ein relativ
großes Problem darstellt, vor allem, wenn sich die Bakterien Multiresistenzen aneignen.
11.2 Ursachen
Zunächst stellt sich die Frage, wie die Bakterien diese Resistenzen überhaupt entwickeln kön-
nen. Eine Ursache ist die sehr schnelle Generationsfolge verbunden mit einer hohen Mutati-
onsrate (10-3 bis 10-9 Mutationen pro Gen und E. coli-Genom). Bakterien können Resistenzen
allerdings auch über sog. R-Plasmide (Resistenz-Plasmide) erwerben. Plasmide (oder Episo-
men) sind meist (nicht immer!) ringförmige, doppelsträngige DNA-Stücke, die sich unabhän-
gig vom Hauptchromosom replizieren. Handelt es sich bei dem Plasmid nun um ein
R-Plasmid, so ist darauf z.B. ein bestimmtes Protein kodiert, das zur Resistenz des Bakte-
riums gegen bestimmte Antibiotika beiträgt. Diese R-Plasmide können Bakterien unterein-
ander sogar austauschen (über Konjugation, also über eine Plasmabrücke). Es existieren übri-
gens auch R-Plasmide mit Resistenzgenen für mehre-
re Antibiotika, wodurch Multiresistenzen entstehen
(also Resistenzen gegen mehrere Antibiotika, wie z.B.
bei MRSA = Methicillin- oder auch Multi- resistenter
Staphylokokkus aureus).
Die Resistenzen entstehen dann über verschiedene
Mechanismen:
11.3 Resistenz-mechanismen.
Das Bakterium kann
• die Aufnahme des Antibiotikums hemmen.
• den Abbau des Antibiotikums herbeiführen.
• den Umbau des Antibiotikums bewirken.
• die Ausschleusung des Antibiotikums indu-
zieren.
• die Zielstruktur (an die das Antibiotikum Resistenzmechanismen.
eigentlich angreifen will) verändern.
Agarplatte mit einem höheren Streptomycin-Gradienten (von 0 bis 25 μg/ml). Auch auf dieser
Platte lesen wir nach Bebrütung über Nacht am nächsten Tag die Wachstums-
grenze und damit die MHK der Mutante ab.
13.2 Durchführung
Für den Versuch benötigen wir vier Agarplatten, auf die wir jeweils Bakterien und einen der
vier bekannten Phagen geben. Bis jetzt passiert gar nichts und die Bakterien könnten unge-
hindert wachsen. Jede dieser Agarplatten teilen wir nun in insgesamt sechs Felder und in je-
des der Felder geben wir einen Tropfen mit einem der sechs (also auch der vier bekannten)
Phagen. Da nun immer zwei Phagen „zusammenarbeiten“, können drei unterschiedliche Dinge
mit dem Bakterienrasen (an diesen einzelnen „Coexistenzpunkten“) passieren, mit Hilfe derer
wir die beiden Phagenarten miteinander „vergleichen“ können:
• Wird der Bakterienrasen an dieser Stelle nur teilweise aufgelöst (einzelne Plaques),
deutet dies auf ein nicht immer stattfindendes genetisches Ereignis hin. Die Deletionen
liegen dann zwar im selben Gen, überlappen aber nicht und die Phagen sind theore-
tisch in der Lage, diese „Genstücke“ so miteinander auszutauschen, dass ein Phage
beide Deletionen und der andere gar keine mehr trägt. Dieses relativ seltene Ereignis
bezeichnet man als Rekombination. Finden sich viele Einzelplaques (gibt es also ge-
häufte Rekombination), deutet das darauf hin, dass die Genorte nicht so dicht, son-
dern eher etwas weiter auseinanderliegen, weil die Rekombinationsfrequenz mit ihrem
Abstand steigt.
24
Aufgrund dieser Informationen kann man nun die Lokalisation der Deletionen in den unbe-
kannten Phagen einigermaßen genau bestimmen.
Wie Ihr weiter unten nachlesen könnt, besitzen wir 23 Chromosomenpaare – jeweils ein
Chromosom eines Paares stammt von der Mutter, eines vom Vater. Unsere Chromosomen
sind demnach jeweils doppelt vorhanden (mit Ausnahme des X- und Y-Chromosoms bei Män-
nern). Aus diesem Grund besitzen wir auch von fast jedem Gen zwei „Allele“ – was bedeutet,
dass wir fast jeden Genort doppelt vorliegen haben. Nun kommt die Komplementation ins
Spiel: Besitzt z.B. das mütterliche Chromosom in einem seiner Gene eine Mutation und das
väterliche Chromosom hat in diesem Gen keine Mutation (liegt also unmutiert, sprich als
„Wildtyp“ vor), spricht man davon, dass die Mutation heterozygot vorliegt (weitere Erklärung
siehe unten). Handelt es sich bei der Mutation auf dem mütterlichen Chromosom nun um eine
rezessive (also nicht dominante) Mutation, ist das väterliche Chromosom in der Lage, den
Schaden durch Komplementation auszugleichen. Dies geschieht wie oben erwähnt nicht, in-
dem die Mutation tatsächlich auf DNA-Ebene repariert wird. Stattdessen produziert das väter-
liche Chromosom einfach das Genprodukt (Protein) und die Mutation im mütterlichen Chromo-
som fällt lediglich nicht auf. Man spricht auch davon, dass sie „phänotypisch nicht zur Ausprä-
gung“ kommt. (Genotyp = „Erbbild“ eines Organismus, Phänotyp = „Erscheinungsbild“ eines
Organismus.) Es handelt sich also „nur“ um eine „funktionelle Ergänzung“, nicht um eine Än-
derung auf Genomebene. Dieser „funktionelle Ergänzung“ ist nur dann möglich, wenn wir tat-
sächlich von dem entsprechenden mutierten Allel ein zweites (unmutiertes) vorliegen haben,
das den Effekt kompensieren kann. Dies ist bei Männern beim X- und beim Y-Chromosom
nicht der Fall, da hier einige Gene nur einfach vorliegen. Ebenso ist eine Komplementation
selbstverständlich nicht möglich, wenn beide Allele mutiert sind, es sich also um einen homo-
zygoten Zustand handelt.
Auch bei dominanten Mutationen ist die Sachlage etwas anders: Hier produziert zwar meist
ebenfalls das andere Allel sein Genprodukt, die Mutation kommt aber dennoch (also selbst im
heterozygoten Zustand) zur Ausprägung. Eine solche Mutation kann also nicht durch Komple-
mentation ausgeglichen werden. In anderen Worten: Bei einer dominanten Mutation reicht es
aus, dass ein Allel mutiert ist (und das andere nicht), damit diese Mutation im Phänotyp auf-
fällt („phänotypisch zur Ausprägung kommt“)!
25
Für Euch als Mediziner ist es später sehr wichtig, den Erbgang bestimmter Krankheiten zu
kennen. Beispielhaft wird dies hier an zwei Erbkrankheiten gezeigt – der Phenylketonurie und
der Chorea Huntington.
Bei der häufigsten angeborenen Stoffwechselstörung, der Phenylketonurie (PKU), liegt eine
Mutation im Gen für die sog. Phenylalanin-Hydroxylase vor, was zu einer verminderten Aktivi-
tät dieses Enzyms führt. (Die Phenylalanin-Hydroxylase ist für den Abbau der Aminosäure
Phenylalanin zuständig.) Man sagt auch, es handelt sich um eine sog. „loss-of-function-
Mutation“ (Funtionsverlust-Mutation). Diese Mutationen sind fast immer rezessiv (wie auch in
diesem Fall) und können im heterozygoten Zustand durch Komplementation ausgeglichen
werden. Konkret bedeutet das in diesem Fall, dass – vorausgesetzt, es liegt ein heterozy-
goter Zustand vor - die Phenylalanin-Hydroxylase quasi vom anderen (gesunden) Allel „pro-
duziert“ werden kann. Während unbehandelte Kinder mit zwei mutierten Allelen (homozy-
goter Zustand) oft unter einer schweren Beeinträchtigung der Hirnentwicklung mit Epilepsie
und geistiger Behinderung leiden, fällt der Defekt im heterozygoten Zustand phänotypisch
deshalb in der Regel nicht auf. Heutzutage wird diese Erkrankung im Neugeborenenscreening
erfasst und mit einer lebenslangen phenylalaninfreien bzw. phenylalaninarmen Diät kann auch
Kindern mit einem homozygoten Defekt geholfen werden.
Etwas anders präsentiert sich der Fall beispielsweise bei der Chorea Huntington – einer
Krankheit, der eine Mutation im Gen für das sog. Huntington-Protein zugrunde liegt. Die Mu-
tation führt dazu, dass sich das Protein abnorm verlängert und somit vermutlich auch toxische
Eigenschaften erhält. Solch eine Mutation bezeichnet man auch als „gain-of-function-
Mutation“ (Funktionsgewinn-Mutation). Dass ein Funktionsgewinn nicht durch Komplementati-
on ausgeglichen werden kann, erscheint logisch. In der Regel handelt es sich deshalb bei
„gain-of-function-Mutationen“ (wie auch hier) um dominante Mutationen. Für den Ausbruch
der Krankheit reicht also ein mutiertes Allel, da das zweite (gesunde) Allel den „Funktionsge-
winn“ des anderen nicht ausgleichen kann. Nicht nur im homozygoten, sondern auch im hete-
rozygoten Zustand führt dieser Defekt folglich zu den bekannten psychischen Symptomen und
Bewegungsstörungen. Zur Zeit existiert noch keine kausale Therapie.
Noch ein Wort zu den Begriffen „heterozygot“ und „homozygot“: Bei einem doppelten Chro-
mosomensatz (wie wir ihn haben), spricht man von „heterozygot“, wenn ein bestimmtes Gen
in zwei verschiedenen Varianten vorliegt – sich also die zwei Allele unterscheiden. Von „homo-
zygot“ ist dann die Rede, wenn die beiden Allele gleich sind, d.h. zwei identische Kopien die-
ses Gens vorhanden sind.
Ein Beispiel aus der Praxis: Nehmen wir an, es gäbe für das Gen „Augenfarbe“ die beiden Va-
rianten „blau“ und „grün“. Besitzt man nun in seinem Genom auf beiden Allelen die Informati-
on für blaue Augen, bezeichnet man diesen Zustand als „homozygot“. Trägt man allerdings
auf dem einen Allel die Information „blau“ und auf dem anderen Allel die Information „grün“,
so nennt man dies „heterozygot“ und bei der Ausprägung im Phänotyp (also für die Frage, ob
man nun blaue oder grüne Augen hat) ist entscheidend, welche Information sich durchsetzt
(dominant ist).
14.2 Durchführung
Um dies zu erreichen geben wir die (argininbedürftige) Mangelmutante auf zwei Minimal-
mediumplatten. Die eine Platte bestrahlen wir mit UV-Licht, die andere nicht. Zählt man nun
die auf den Platten gewachsenen Kolonien (also die Rückmutanten) und vergleicht sie mitein-
ander, so fällt auf, dass die mit UV-Licht bestrahlten Platten aufgrund der Mutagenität der
Strahlung mehr Rückmutanten aufweisen kann.
In diesem Zusammenhang wird im Praktikum oft der Ames-Test besprochen, der auch gerne
in der Klausur gefragt wird:
15 Ames-Test
15.1 Einleitung
Mit Hilfe des Ames-Tests kann man die Mutagenität von Substanzen (z.B. neuen Medikamen-
ten) abschätzen.
15.2 Durchführung
Für diesen Versuch verwendet man eine Minimalme-
diumplatte mit einer bekannten Mangelmutante.
Eine Mangelmutante oder auxotrophe Mutante ist in
diesem Fall ein Bakterium, das eine bestimmte
(überlebenswichtige) Aminosäure nicht selbst her-
stellen kann. Sie ist damit auf die Zufuhr dieser
Aminosäure angewiesen. Da einer Minimalmedium-
platte aber keinerlei Aminosäuren zugegeben wer-
den (siehe oben), dürfte die Mangelmutante hier
eigentlich nicht wachsen. Im nächsten Schritt gibt
man jedoch eine kleine Menge der zu testenden
Substanz (beispielsweise ein neues Medikament) in
die Mitte der Platte. Die Substanz diffundiert darauf-
hin langsam durch den Agar.
Positiver Ames-Test.
15.3 Auswertung
Nun stellt sich folgende Frage: Wachsen nach Inkubation Bakterien auf der Platte? Ist dies der
Fall, bedeutet das, dass die eigentlich auxotrophen Mutanten rückmutieren konnten zu sog.
prototrophen Bakterien (d.h. Bakterien, die wieder alle Aminosäuren selbst herstellen und
damit auch auf einer Minimalmediumplatte wachsen können). Solche Rückmutationen können
spontan geschehen – sie können aber auch durch die Substanz ausgelöst sein, die wir in die
Mitte der Agarplatte gegeben haben. Aus diesem Grund vergleicht man nun die Platte des
Tests (mit Substanz) mit einer zweiten Platte (= Kontrollplatte), der man die entsprechende
Substanz nicht zugesetzt hat. Wachsen auf der Testplatte mehr Kolonien als auf der Kontroll-
platte, ist die Rückmutation zu prototrophen Bakterien nicht mehr nur durch spontane Mutati-
onen zu erklären, sondern muss auch (oder vorwiegend) durch die Substanz bedingt sein.
Eine solche rückmutierte Mangelmutante (Revertante) trägt in der Regel eine ganze Reihe von
Mutationen! Man spricht auch davon, dass die Substanz in diesem Fall ein „mutagenes
27
Potential“ besitzt. Da ein mutagenes Potential in der Regel höchst unerwünscht und gefährlich
ist, bedeutet ein positiver Ames-Test oft das Aus für die entsprechende Substanz.
Bei einem Ames-Test gibt es allerdings nicht nur „positiv“ und „negativ“, sondern er erlaubt
auch noch eine erste Einschätzung darüber, wie stark mutagen die zu testende Substanz ist:
Schaut man sich nämlich die Platte mit einer mutagenen Substanz (positiver Ames-Test) in
der Mitte ganz genau an, so erkennt man, dass die Bakterien in einem relativ klar definierten
Ring und mit einem gewissen Abstand zu der Substanz wachsen. Der Abstand kommt
dadurch zustande, dass die Substanz offensichtlich in höheren Konzentrationen das Bakte-
rium tötet – was zunächst nichts mit der Mutagenität der Substanz zu tun hat (sondern
lediglich etwas über ihre Toxizität aussagt). Je weiter der Bakterienrasen sich allerdings nach
außen erstreckt, desto größer ist das mutagene Potential der Substanz – denn das bedeutet,
dass die Substanz auch in geringen Mengen noch die Rückmutation auslösen kann. (Wenn
dies nicht klar ist, einfach noch einmal vergegenwärtigen: Die Substanz wird in die Mitte der
Agarplatte gegeben. De Konzentration ist dort also am höchsten und nimmt nach außen hin
immer weiter ab!)
Zusammenfassend lässt sich sagen: Soll man die Mutagenität einzelner Substanzen mit Hilfe
dieses Tests abschätzen, geht das zum einen über die Anzahl der entstanden Kolonien (vergli-
chen mit einer Platte ohne Substanz), zum anderen über die Ausbreitung des Ringes - je „wei-
ter weg“ von der Substanz noch Bakterien wachsen, desto höher ist das mutagene
Potential der Substanz.
Um den nächsten Versuch interpretieren zu können, muss man sich zunächst mit den Repara-
turmechanismen für die DNA beschäftigen:
16 DNA-Reparaturmechanismen
Im Biologiepraktikum werden insgesamt drei Reparaturmechanismen vorgestellt:
16.1 Photoreparatur
Bei der Photoreparatur geht es darum, durch UV-Strahlung entstandene Thymindimere
wieder zu entfernen. Dies nimmt das Enzym Photolyase vor, das durch Licht aktiviert wird und
nahezu fehlerfrei arbeitet. Dieses Enzym gibt es beim Menschen nicht.
28
16.2 Excisionsreparatur
Bei der Excisionsreparatur sollen einzelne Nukleotide oder Basen wieder entfernt werden, die
mutiert sind oder falsch eingebaut wurden. Durch eine Endonuklease werden entweder eine
einzelne Base, oder einige Nukleotide um ein „falsches“ Nukleotid herum herausgeschnitten
(inklusive des „falschen“ Nukleotids natürlich). Währenddessen öffnet die Helikase die Was-
serstoffbrückenbindungen zwischen den Doppelsträngen an dieser Stelle und eine Polyme-
rase synthetisiert die entfernten Nukleotide neu, indem sie den anderen nicht veränderten
Strang als Matrize benutzt. (Diese Form der Reparatur kann also nur funktionieren, wenn ein
Strang noch intakt ist!) Verschlossen werden die entstehenden kleineren Lücken durch die
Ligase. Diese Art der Reparatur ist im Gegensatz zur SOS-Reparatur relativ fehlerfrei und so-
wohl bei Pro- als auch beim Eukaryonten vorhanden.
16.3 SOS-Reparatur
Die SOS-Reparatur gibt es nur bei Bakterien und ist quasi deren letzter Ausweg, um das Ab-
sterben der Zelle zu verhindern. Dafür nehmen sie aber eine sehr, sehr hohe Fehlerquote in
Kauf. Stolpert die Polymerase bei der Replikation plötzlich über z.B. ein Thymindimer, so wird
ein Komplex aus dem Protein recA und einzelsträngiger DNA (die bei DNA-Schäden fast immer
entsteht) gebildet. Die-
ser Komplex spaltet das
Protein lexA, das ei-
gentlich die SOS-
Reparatur verhindern
soll. Das sog. SOS-
Regulon wird nun abge-
lesen und die entste-
henden SOS-Produkte
führen dazu, dass die
Polymerase zwar über
das Thymin-Dimer hin-
wegkommt, danach
allerdings wahllos ir-
gendwelche Nukleotide
einbaut (ohne proofrea-
ding“, also ohne Kon-
trolle, ob auch das rich-
tige eingebaut wurde).
29
17.2 Durchführung
Aus diesem Grund muss man die DNA der Bakterien erst einmal schädigen. Dies nehmen wir
vor, indem wir verschiedene Platten mit Bakterien unterschiedlich lange unter UV-Licht legen
( Bestrahlungsdauer). Dabei betrachten wir zwei unterschiedliche Bakterienstämme getrennt
– zum einen den „normalen“ E. coli B–Stamm, zum anderen den E. coli B/r-Stamm, der eine
effizientere Excisionsreparatur als der normale Stamm hat. Nach der Bestrahlung lagern wir
die Platten entweder im Dunkeln oder unter Weißlichtbestrahlung (im Hellen).
17.3 Ergebnis
Trägt man nun die Strahlendosis gegen die nach einer gewissen Zeit übrig gebliebenen
Kolonien pro Platte auf, erhält man vier verschiedene Kurven (eine für E. coli B/r hell, eine für
E. coli B/r dunkel, eine für E. coli B hell und eine für E. coli B dunkel). Man kann dabei erken-
nen, dass E. coli B/r hell grundsätzlich die meisten Kolonien hervorbringt, denn hier funktio-
nieren alle drei Reparaturmechanismen und die Excisionsreparatur ist besonders effizient. E.
coli B/r dunkel folgt auf E. coli
B/r hell, da hier auch die
Excisionsreparatur gut ar-
beitet, die Photorepara-tur
jedoch wegen des Licht-
mangels ausgeschlossen ist.
Im unteren Bereich schneidet
aus diesem Grund E. coli B hell
ebenfalls noch besser ab als E.
coli B dunkel. Bei jeder der
vier Kurven könnt Ihr im
Normalfall noch einen „Hügel“
erkennen, bevor sie bei zu-
nehmender Strahlendosis
rapide abfallen. Dieser Hügel
steht für die dort auftretende
SOS-Reparatur, also für die
allerletzte Möglichkeit, für das
Bakterium irgendwie noch am
Leben zu bleiben.
18 DNA-Klonierung
18.1 Einleitung
Die DNA-Klonierung ist ein wichtiges Verfahren der Gentechnologie, das man unbedingt ken-
nen sollte. Man baut dabei ein bestimmtes DNA-Molekül in Vektoren (im Grunde „DNA-
Transporter“) ein, schleust diese in eine Zelle ein und lässt die Zelle das gewünschte Genpro-
dukt herstellen (z.B. Insulin).
18.2 Ablauf
Hierfür muss zunächst die DNA des Spenderorganismus geschnitten werden, denn man möch-
te nur einen bestimmten Teil der DNA später in den Vektor einbauen (sog. Insert). Das
Schneiden der DNA übernehmen Restriktionsendonukleasen, Enzyme, die meistens an sog.
Palindromen schneiden.
30
Das gleiche geschieht mit dem Vektor, in den wir die DNA einbauen wollen. Der Vektor ist
meistens ein Plasmid, hier ein ringförmiges, doppelsträngiges DNA-Stück, das man in
Bakterien einschleusen kann.
Sind nun sowohl Fremd-/Spender-DNA als auch Plasmid geschnitten, fügt eine DNA-Ligase
das Insert in die Lücke im Plasmid ein.
Als nächstes erfolgt die Transformation, also die Aufnahme des Plasmids in die Bakterien-
zelle, wodurch eine sog. transformierte Zelle entsteht.
31
Um nun die transformierten Zellen von den nicht transformierten Zellen unterscheiden zu
können, muss man wissen, dass sich auf dem Plasmid (neben einem ori, also einem Replikati-
onsursprung, und einer Multiple Cloning Site, also MCS, für das Klonieren) meistens noch ein
Marker, z.B. Gene für eine Antibiotikaresistenz, befindet. Alle transformierten Zellen sind dann
auch resistent gegen dieses Antibiotikum, überleben also, wenn man das Antibiotikum auf die
gesamten Bakterien gibt und können so durch das Antibiotikum selektiert werden.
18.3 Verwendung
Das Verfahren der DNA-Klonierung macht man sich beispielsweise zunutze, um Impfstoffe,
Wachstumshormone, Insulin und Ähnliches von Bakterien herstellen zu lassen.
19 Das Karyogramm
19.1 Einleitung
Das Karyogramm ist die mikroskopische Darstellung der Chromosomen in der Metaphase des
Zellzyklus. Als Karyotyp bezeichnet man hingegen die daraus ersichtliche Chromosomenzahl
und das genetische Geschlecht (46XX ist weiblich, 46XY ist männlich).
20 Der Zellzyklus
20.1 Einleitung
Möchte eine Zelle sich teilen, durchläuft sie immer wieder einen bestimmten Zyklus, in dem
sich Teilungsphase (M-Phase) und Interphase immer wieder abwechseln:
20.2 Interphase
Die Interphase unterteilt sich in drei Einzelphasen:
• Sie beginnt mit der G1-Phase, in der die Zelle wächst, Stoffwechsel- und Protein-
Synthese betreibt. Zu diesem Zeitpunkt besteht jedes Chromosom noch ganz normal
aus einem Chromatid. Dies ändert sich in der
• S-Phase, der Synthese-Phase. Hier findet die Replikation statt, während der aus den
Einchromatid-Chromosomen Zweichromatid-Chromosomen gemacht werden. Außer-
dem wird das Zentrosom (für den späteren Aufbau der Mitosespindel) verdoppelt. Um
die Ausdrücke nicht durcheinander zu werfen, sollte man wissen, dass jedes einzelne
Zentrosom aus zwei Zentriolen (zylinderförmige Körperchen) besteht.
• An die S-Phase schließt sich die G2-Phase an, in der etwaige Replikationsfehler beho-
ben werden können, und die somit der Kontrolle dient.
Nun kann die Zelle in die Teilungsphase (M-Phase) einsteigen, die sich in die Mitose (Zellkern-
teilung) und die Zytokinese (Zellteilung) unterteilt.
20.3 M-Phase
20.3.1 Mitose
Die Mitose ist der Vorgang der Zellkernteilung mit dem Ziel, aus einer Zelle zwei genetisch
identische Tochterzellen zu machen. Sie vollzieht sich in insgesamt fünf voneinander abzu-
grenzenden Phasen:
• Prophase: Das Chromatin beginnt zu kondensieren (verdichtet sich langsam zu
mikroskopisch sichtbaren Chromosomen), die Zentrosomen gehen auseinander und die
Teilungsspindel (Zentrosomen und Mikrotubuli) bildet sich langsam aus.
33
• Prometaphase:
Die Kernhülle
beginnt sich auf-
zulösen, die
Chromosomen
wandern in Rich-
tung Mitte der
Zelle (Äquatori-
alebene) und die
Mitosespindel
bildet sich voll
aus, indem die Mikrotubuli an eine bestimmte Stelle im Zentromer jedes Chromosoms
binden, dem Kinetochor.
• Metaphase: Die Chromosomen lagern sich in der Äquatorialplatte an.
• Anaphase: Die Schwesterchromatiden (also die Chromatiden eines Chromosoms) tren-
nen sich am Zentromer und werden von den Mikrotubuli zu den Zellpolen gezogen.
• Telophase: Die
und Zytokinese
Kernmembranen
bilden sich lang-
sam wieder, die
Mitosespindel wird
abgebaut und das
Zytoplasma be-
ginnt sich zu tei-
len.
20.3.2 Zytokinese
Die Zytoplasmateilung wird dann in der sich anschließenden Zytokinese vollendet.
Nun kann die Zelle wieder mit einem neuen Zyklus (und damit der G1-Phase) beginnen oder –
falls sie sich nicht mehr teilen möchte – nach der G1-Phase in die G0-Phase übergehen, in der
sie einfach nur „vor sich hinlebt“ ohne sich zu teilen (z.B. Nervenzellen).
21 Die Meiose
21.1 Einleitung
Die Meiose sollte man nicht mit der Mitose verwechseln. Es handelt sich hierbei zwar auch um
eine Zellteilung. Diese findet aber in unseren normalen Körperzellen nicht statt. Es handelt
sich nämlich um die sog. Reifeteilung, die unsere Keimzellen während ihrer Reifung durchlau-
fen. Das Ziel ist dementsprechend nicht – wie in der Mitose – zwei genetisch identische Toch-
terzellen zu erhalten. Stattdessen möchte man den Chromosomensatz halbieren und lässt
vier, genetisch möglichst verschiedene Tochterzellen (die Keimzellen) entstehen. Dies ge-
schieht mithilfe von zwei Zellteilungen, die nacheinander ablaufen (nachdem die DNA einmal
– und dann nicht nochmal – repliziert wurde):
21.2 Meiose I
In dieser ersten Reifeteilung werden die homologen Chromosomen voneinander getrennt, es
handelt sich also um eine Reduktionsteilung. Dies geschieht in vier Phasen, die der der
Mitose zwar ähnlich sind, aber einige sehr entscheidende Besonderheiten aufweisen:
• Prophase I: Das Chromatin beginnt zu kondensieren und die homologen Chromo-
somen lagern sich zusammen. Da jedes Chromosom in diesem Stadium aus zwei
Chromatiden besteht, nennt man diese Komplexe aus homologen Chromosomen auch
„Tetraden“. In der Prophase I (und nur in dieser!) findet (pro Tetrade etwa zwei bis
drei Mal) das sog. Crossing-over statt, was bedeutet, dass identische Genorte
zwischen den homologen Chromosomen ausgetauscht werden. Dies ist wichtig, um
34
eine möglichst große Diversität der Keimzellen zu gewährleisten. (Man will ja nicht,
dass jedes Kind gleich aussieht…) Dabei werden öfter Genorte ausgetauscht, die
weiter voneinander entfernt liegen.
• Metaphase I: In dieser Phase löst sich die Kernhülle auf, der Spindelapparat bildet sich
und die Mikrotubuli der Spindel werden an den Kinetochoren angehängt. Währenddes-
sen lagern sich die homologen Chromosomen in der Äquatorialebene an, wobei nicht
festgelegt ist, welches der beiden Chromosomen (väterlich oder mütterlich) sich auf
welche Seite legt.
• Anaphase I: Nun werden die homologen Chromosomen (nicht, wie in der Mitose, die
Chromatiden!) voneinander getrennt und wandern zu der Seite, auf der sie sich in der
Metaphase schon angeordnet haben.
• Telophase I: Die Chromosomen entspiralisieren, der Spindelapparat löst sich auf und
es bilden sich zwei neue Kernhüllen.
und Zytokinese
Nach dieser ersten Reifeteilung sind nun zwei Zellen mit einfachem Chromosomensatz, aber
noch verdoppelter DNA entstanden (Zweichromatid-Chromosomen).
In der zweiten Reifeteilung sollen diese nun zu Einchromatid-Chromosomen gemacht
werden:
21.3 Meiose II
Die Meiose II ist im Grunde einfach nur eine Mitose.
21.4 Ergebnis
Es entstehen damit schlussendlich insgesamt vier Tochterzellen mit jeweils einfachem
(= haploidem) Chromosomensatz.
22 Gametogenese
22.1 Einleitung
Gametogenese ist ein anderes Wort für Keimzellbildung und wird beim Mann Spermatoge-
nese, bei der Frau Oogenese genannt. Der Verlauf dieser Keimzellbildung ist in der zugehöri-
gen Abbildung zu sehen - die wichtigsten Unterschiede sollte man auf jeden Fall kennen:
35
22.2 Spermatogenese
Aus einer Urkeimzelle entstehen durch die Meiose letztendlich insgesamt vier verschiedene
Spermien. Spermien werden ab der
Pubertät das ganze Leben lang gebildet.
Ein fertiges Spermium besteht aus:
• Kopf: Hierin sind Kernäquivalent
mit dem haploiden
Chromosomensatz und das sog.
Akrosom oder „Akrosomenvesikel“)
enthalten, das ganz vorne an der
Spitze sitzt. Das Akrosom ist ein
Lysosomenäquivalent, enthält also
lysosomale Enzyme, die das Sper-
mium für das Eindringen in die
Eizelle (Imprägnation) benötigt.
• Hals: Hier befindet sich die
Zentriole, der Ursprungsort für die
Mikrotubuli, die das Spermium zur
Fortbewegung benötigt.
• Mittelstück: Im Mittelstück sind die
für die Energiegewinnung not-
wendigen Mitochondrien enthalten
(unbedingt merken! Mitochondrien
– Mittelstück).
• Hauptstück und Schwanz: Diese
beiden Teile enthalten die Mikro-
tubuli.
22.3 Oogenese
Die Oogenese ist etwas komplizierter. Sie beginnt schon während der Embryonal-entwicklung,
wird aber zunächst in der Prophase I angehalten. Weiter geht es erst mit Beginn der Pubertät,
vollendet wird die erste Reifeteilung erst kurz vor der Ovulation. Die zweite Reifeteilung be-
ginnt sofort im Anschluss, hält aber in der Metaphase II an und wird erst bei Befruchtung der
Eizelle vollendet.
Wichtig ist auch, dass aus einer Urkeimzelle nicht vier Eizellen entstehen. Stattdessen bringt
eine Urkeimzelle nur eine reife Eizelle hervor, die anderen drei Zellen degenerieren zu den
sog. Polkörperchen.
Im Gegensatz zur Gametogenese beim Mann werden bei der Frau nicht immer wieder neue
Eizellen gebildet. Sie werden stattdessen in der Embryonalentwicklung nur ein Mal angelegt
und ab diesem Zeitpunkt geht es, die Anzahl der Zellen betrachtet, nur noch abwärts. So sind
im 3. Fetalmonat ca. 8 Millionen Eizellen vorhanden, bei der Geburt sind es nur noch 2 Millio-
nen und zu Beginn der Pubertät sind es nur noch 400 000 (was allerdings immer noch aus-
reicht – es wird ja nur eine Eizelle pro Monat benötigt…).
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23 Befruchtung
23.1 Einleitung
Die Wege von fertigem Spermium und Eizelle kreuzen sich bei der Befruchtung, weshalb wir
auf dieses Ereignis noch einmal einen kurzen Blick werfen müssen.
23.2 Ablauf
Die Befruchtung der Eizelle findet im Regelfall im Eileiter statt. Dabei muss das Spermium mit
Hilfe seines Akrosoms die die Eizelle umgebende Corona radiata und Zona pellucida durchbre-
chen (Akrosomenreaktion). Ist dies geschehen, depolarisiert (Veränderung des Membranpo-
tentials zu positiveren Werten) die Eizelle und entleert die corticalen Granula (sog. corticale
Granulen-Reaktion), wodurch das Eindringen eines weiteren Spermiums (Polyspermie) ver-
hindert wird. Währenddessen vollendet die Eizelle ihre zweite Reifeteilung. Damit entsteht aus
Ei- und Samenzelle eine neue, diploide Zelle, die Zygote. Wie es mit der Zygote weitergeht,
wird in einem späteren Kapitel behandelt. Wichtig ist zu wissen, dass die Mitochondrien im
Mittelstück des Spermiums entweder gar nicht erst in die Eizelle gelangen oder dort sofort
abgebaut werden, was entscheidend ist für die Mitochondriale Vererbung.
24 Mitochondriale Vererbung
Auch die Mitochondrien enthalten eine DNA (mtDNA). Diese ist der der Bakterien ähnlich
(nämlich ringförmig und doppelsträngig) und kodiert für 37 Gene (vor allem für die in den
Mitochondrien lokalisierte Atmungskette). Diese Gene besitzen im Gegensatz zu den mensch-
lichen keine Introns. Außerdem wird die mtDNA nur von der Mutter vererbt, da die Mitochon-
drien im Spermium ja entweder gar nicht erst in die Eizelle kommen oder dort sofort abge-
baut werden. Wichtig ist dieses Wissen auch bei den sog. Mitochondriopathien, also mito-
chondrialen Erbkrankheiten, die meist v.a. Organe betreffen, die viel Energie benötigen (ZNS,
Muskel…).
37
25 Endosymbiontentheorie
Wie oben beschrieben sind die Mitochondrien offensichtlich ganz besondere Zellorganellen,
denn sie haben viele Eigenschaften der Bakterien:
• Sie besitzen eine Doppelmembran. In der inneren Membran kommt Cardiolipin vor,
was bei unseren „normalen“ Membranen nicht der Fall ist.
• Sie haben eine eigene DNA (s.o., doppelsträngig und ringförmig). Diese wird nicht in
dem selben Zyklus wie die Zellkern-DNA vermehrt.
• Sie enthalten eigene Ribosomen (und zwar nicht die „menschlichen“ 80S-Ribosomen,
sondern die „bakteriellen“ 70S-Ribosomen) und eigene tRNAs.
Diese Eigenschaften veranlassen die Wissenschaftler zu der Annahme, dass die Mitochon-
drien früher einmal Bakterien waren, die wir (bzw. unsere Vorfahren) aufgenommen (endozy-
tiert) haben und mit denen wir seitdem in Symbiose leben – unsere Haustiere quasi, deren
Nutzen allerdings nicht zu unterschätzen ist…
26 Embryonale Stammzellen
Embryonale Stammzellen (ES) sind immer wieder ein großes Thema – nicht nur im Rahmen
des Studiums…
Zunächst muss man allerdings grob das Schicksal der Zygote kennen.
26.1 Embryonalentwicklung
Aus der Zygote entwickelt sich über einige Zwischenstufen die Blastozyste. Diese Blastozyste
enthält noch sowohl Zellen für die Plazenta (sog. Trophoblast) als auch für den kompletten
Embryo (sog. Embryoblast). Der Embryoblast wiederum kann sich in die drei Keimblätter Me-
soderm, Ektoderm und Entoderm und damit letztendlich in alle Gewebe des Körpers differen-
zieren.
27 Genomic imprinting
Das Phänomen der genomischen Prägung (genomic imprinting) besagt, dass die Ausprägung
von bestimmten Genen (bis jetzt wurden ca. 100 gefunden) auch davon abhängig ist, ob sie
vom Vater oder von der Mutter stammen – die homologen Gene von Vater und Mutter sind
demnach nicht gleichwertig, sondern haben unterschiedliche Aktivitätsmuster. Dies wird durch
Methylierung erreicht. Je mehr Basen auf einem DNA-Abschnitt methyliert sind, desto inakti-
ver ist dieser Abschnitt. (Bei diesem Prozess handelt es sich jedoch nicht um eine Mutation!)
Diese Muster werden schon während der Keimzellentwicklung festgelegt und bleiben in den
Körperzellen erhalten, sind aber von Generation zu Generation reversibel, können also wieder
neu bestimmt werden.
Im Zusammenhang mit der genomischen Prägung sollte man zwei Krankheiten kennen:
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27.1 Prader-Willi-Syndrom
Bei dieser Krankheit fehlt auf einem Chromosomenabschnitt des Chromosoms 15 die väter-
liche Information und die mütterliche ist zwar intakt, aber inaktiviert. Die Symptome sind
Entwicklungsverzögerungen, geistige Retardierung, Adipositas und Minderwuchs.
27.2 Angelman-Syndrom
Hier fehlt auf einem Chromosomenabschnitt des Chromosoms 15 die mütterliche Information
und die väterliche ist zwar intakt, aber inaktiviert. Die Symptome dieses Syndroms sind Schä-
del- und Gesichtsdysmorphien, Entwicklungsverzögerungen, Krampfanfälle, Ataxie und Lach-
anfälle.
28 Dosiskompensation
Da Frauen zwei X-Chromosomen und damit
quasi die doppelte Gendosis besitzen, wird in
jeder Körperzelle schon früh in der Embryo-
genese (11. bis 16. Tag) ein X-Chromosom
durch Methylierung inaktiviert (Dosiskom-
pensation). Welches der beiden X-Chromo-
somen es trifft, ist Zufall (Inhomogenität!);
jedoch inaktivieren sämtliche aus einer Zelle
entstehenden Tochterzellen dasselbe X-Chro-
mosom wie die Ausgangszelle. Ein solches
inaktives X-Chromosom ist unter dem Licht-
mikroskop als Barr-Körperchen (auch: Kern-
körperchen oder Sexchromatin) am Rande der Zelle sichtbar.
29 Zelltod
Zellen können grundsätzlich auf zwei verschiedenen Wegen zugrunde gehen:
29.1 Apoptose
Unter Apoptose versteht man den programmierten Zelltod, also einen völlig normalen, phy-
siologischen und aktiven Vorgang. Er wird entweder von außen (z.B. durch sog. Todessignale
oder das Fehlen von Wachstumsfaktoren) oder durch Signale aus dem Zellinneren angestoßen
und führt dann über eine Aktivierung von Caspasen (proteolytischen Enzymen) zum Zerfall
der Zelle, ohne eine Entzündung zu verursachen. Der Vorgang der Apoptose ist z.B. für die
Embryonalentwicklung (Finger...) und für die physiologische Regeneration bestimmter Gewe-
be enorm wichtig.
29.2 Nekrose
Die Nekrose ist kein physiologischer Vorgang. Sie wird durch Chemikalien, Trauma, Sauer-
stoffmangel oder z.B. Strahlung ausgelöst. Zeichen für eine Nekrose sind Karyopyknose (Ver-
dichtung des Zellkerns), Karyorrhexis (Fragmentierung des Zellkerns) und Karyolyse (Auflö-
sung des Zellkerns). Nach kurzer Zeit platzt die Zelle, löst eine Entzündungsreaktion aus und
wird von neutrophilen Granulozyten phagozytiert.
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Quellen.
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Rassow, J. (2006). Biochemie. 1. Aufl., Thieme, Stuttgart.
Vorlesung Praktikum_Biologie_Genetik_SS09
Skript Praktikum der Biologie für Mediziner, Teil Genetik.
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Heinzeller, T. et al. (2001). Histologie, Histopathologie und Zytologie für den Einstieg.
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Klug, W. S. et al. (2007). Genetik. 8. Aufl., Pearson Studium, München.
Huss, S. (2008). Biologie 1 und 2. 2. Aufl., MEDI-LEARN Verlag, Marburg.
Königshoff, M. et al. (2004). Kurzlehrbuch Biochemie. 1. Aufl., Thieme, Stuttgart.