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Endbericht
BioMAra
Biologische Methanisierung in Faulbehältern kommunaler
Abwasserreinigungsanlagen
Endbericht
Abkürzungsverzeichnis.......................................................................................... 9
1 Einleitung ....................................................................................................... 11
1.2 Projektziele................................................................................................................ 12
3.2 Versuchsbetrieb......................................................................................................... 44
3.2.1 Beschickung mit Rohschlamm und hydraulische Verweilzeit ............................. 44
3.2.2 Temperaturregelung .......................................................................................... 45
3.2.3 pH-Wert und Redoxpotential ............................................................................. 47
3.4 Berechnungsgrundlagen............................................................................................ 56
3.4.1 Stoffstrombilanzen ............................................................................................ 56
3.4.2 CSB Bilanz .......................................................................................................... 57
3.4.3 Abbaugrad ......................................................................................................... 58
3.4.4 Die biologische Methanisierungsrate ................................................................. 58
3.5 Versuche zur Hemmung des organischen Säureabbaus durch hohe Wasserstoff-
Partialdrücke .................................................................................................................... 59
3.7 Abschätzung des Investitionsbedarfs und der Betriebskosten für die Umsetzung von
Power to Gas .................................................................................................................... 61
4 Ergebnisse ...................................................................................................... 63
4.6 Abschätzung des Investitionsbedarfs für die Umsetzung des Power to Gas Konzepts
auf österreichischen Kläranlagen ................................................................................... 128
Tabellenverzeichnis............................................................................................ 135
Literaturverzeichnis ...........................................................................................141
BM Biologische Methanisierung
CH4 Methan
EW Einwohnerwert
H2S Schwefelwasserstoff
MW Mittelwert
NH4 Ammonium
NH4-N Ammonium-Stickstoff
PV Photovoltaik
R1 Reaktor 1, Referenzreaktor
R2 Reaktor 2, Methanisierungsrektor
TS Trockensubstanzgehalt
µS Mikrosiemens (Leitwert)
Der vorliegende Endbericht über das Forschungsprojekt BioMAra gibt Auskunft über die
theoretischen Grundlagen, den Stand der Technik und der Wissenschaft zur biologischen
Methanisierung sowie die Ergebnisse der Projektbearbeitung des Forschungsprojektes.
Ausgangspunkt des Projektes BioMAra ist die Idee, die biologische Methanisierung von
Kohlendioxid (CO2) in Biogas mit über Elektrolyse erzeugtem Wasserstoff (H2) zu Methan
(CH4) in bestehende kommunale Faulungsanlagen zu integrieren. Die biologische
Methanisierung soll hierbei parallel - im gleichen Behälter (in-situ) - zur anaeroben
Stabilisierung des Rohschlammes ablaufen, ohne die Schlammstabilisierung im Faulbehälter,
den Reinigungsprozess oder den Kläranlagenbetrieb zu beeinträchtigen. Im Gegensatz zur
separaten Methanisierung, welche in einem eigenen externen Methanisierungsreaktor (ex-
situ) durchgeführt wird, reduziert sich mit der biologischen in-situ Methanisierung der
zusätzliche Bedarf an technischer Ausrüstung und besonders die aufwendige Bereitstellung
von Kohlendioxid (CO2) aus Biogas oder Abgasen, bzw. dessen Transport zum
Methanisierungsreaktor. Stattdessen wird hierbei das in der Schlammfaulung anfallende CO2
genutzt und dieses biologisch mit Wasserstoff (H2) zu Methan (CH4) umgewandelt
(methanisiert). Durch diesen Methanisierungsprozess kann der Methangehalt im Produktgas
erhöht werden, welches anschließend in das Erdgasnetz eingespeist und gleich wie Erdgas
darin gespeichert oder genutzt werden kann. Die hohe Verfügbarkeit von kommunalen
Faulbehältern und die bereits vorhandene Ausrüstung (Gasspeicher, BHKW, Anschluss an das
Erdgas- und Stromnetz), sowie ausgebildetes Betriebspersonal bieten sich für die
flächendeckende Implementierung der „Power-to-Gas“-Technologie zur Sicherstellung der
zukünftigen Versorgung mit Energie aus erneuerbaren Quellen an, ohne das zusätzliche
Anlagen für die Methanisierung errichtet werden müssen. Die Sektorenkopplung von Strom-
und Gasnetz soll damit zukünftig teilweise über bereits bestehende Infrastruktur auf
kommunalen Kläranlagen mittels biologischer Methanisierung realisiert werden.
Überschussstrom aus erneuerbaren Quellen wie Wind und Photovoltaik (PV) soll damit in gut
transportier- und speicherbares Methangas umgewandelt werden, welches in das
bestehende Erdgas eingespeist werden kann.
Das Ziel des Forschungsprojektes BioMAra war es, mit Laborversuchen zu untersuchen, unter
welchen Bedingungen die biologische Methanisierung in kommunalen Faulanlagen betrieben
werden kann. Mit dem Versuchsbetrieb wurden Erkenntnisse zur Machbarkeit und zur
technischen Umsetzung der biologischen Methanisierung in kommunalen Faulbehältern
ermittelt.
Die Zufuhr des Wasserstoffs wurde sowohl kontinuierlich als auch diskontinuierlich
durchgeführt. Die zugeführte Wasserstoffmenge wurde anhand des stöchiometrischen
Verhältnisses für die biologische Methanisierung eingestellt. Die bei der Dosierung des
Wasserstoffs auftretenden hohen Wasserstoffkonzentrationen können den anaeroben
Prozess beeinträchtigen bzw. hemmen. Besonders eine Hemmung des Propionsäureabbaus
durch Wasserstoff und eine damit verbundene Akkumulation der Propionsäure im
Die Methanproduktionsrate kann als wesentlicher Parameter für die Bewertung der Effizienz
der biologischen Methanisierung angesehen werden. Die Betriebsweise ist so zu optimieren,
das eine maximale Methanproduktionsrate und ein entsprechend hoher Wirkungsgrad
bezogen auf den eingesetzten Wasserstoff erreicht werden kann. Im Rahmen der
Untersuchungen wurde daher eine möglichst vollständige Umsetzung des eingebrachten
Wasserstoffs angestrebt. Ziel der Versuche ist neben der Untersuchung der Regelstrategie für
den optimalen Wasserstoffeintrag (zeitliche und mengenmäßige Variation der
Wasserstoffbereitstellung), eine Produktgasqualität mit möglichst hohem CH4-Gehalten zu
erreichen. Bestenfalls lässt sich mittels biologischer Methanisierung ein direkt in das
Erdgasnetz einspeisefähiges Biomethangas erzeugen, wodurch weitere
Gasreinigungsschritte wie CO2- und H2S-Wäsche entfallen, oder auf ein Mindestmaß
reduziert werden können.
Die biologische Methanisierung ist von der Verfügbarkeit des im Faulschlamm gelösten
Kohlendioxids abhängig, welches beim Abbau des organischen Substrats im Faulbehälter
produziert wird. Dieses entsteht vor allem kurz nach der Beschickung der Faulung mit
frischem Rohschlamm und wird von acetatbildenden- und fettsäureoxidierenden Bakterien
gebildet. Die Beschickung der Faulung mit Substrat (Rohschlamm) erfolgt meist
diskontinuierlich, großtechnisch einmal pro Stunde bis einmal pro Tag. Als eine weitere
Fragestellung ergibt sich daher, inwieweit sich der Beschickungsvorgang mit organischem
Der Berichtszeitraum des Endberichtes erstreckt sich vom Projektbeginn am 1.April 2018 bis
zur Berichtslegung am 20. September 2021.
Der Endbericht dient zur Darstellung der Tätigkeiten und Ergebnisse im Forschungsprojekt
BioMAra. Es werden der Versuchsaufbau sowie der Versuchsbetrieb beschrieben und die
Projektergebnisse der Versuchsphasen bis zum Projektende im September 2021 präsentiert.
Zusätzlich zur Methanisierung im kommunalen Faulschlamm wurde seit dem 2.
Zwischenbericht im März 2020 zur Nachbehandlung des Biogases ein Rieselbettreaktor
aufgebaut, mit dem das im Faulbehälter produzierte und teilweise biologisch methanisierte
Faulgas in einem zweiten Schritt auf Einspeisequalität (> 90% CH4) aufbereitet wurde. Der
Aufbau und Betrieb des Rieselbettreaktors zur Nachbehandlung (Upgrade) des Faulgases
werden beschrieben. Die Ergebnisse aus dem Betrieb dieses Rieselbettreaktors werden in
diesem Bericht dargestellt.
1.4 Zeitplan
Der Zeit- und Meilensteinplan für das Projekt BioMAra ist in Abbildung 1 dargestellt. In
diesem sind die im Projektantrag angeführten Schwerpunkte des Projektes, deren Dauer und
Reihenfolge, sowie wichtige Meilensteine dargestellt. Der Verzug bei der Inbetriebnahme der
Versuchsanlage und die kostenneutrale Verlängerung aufgrund von Zugangsbeschränkungen
in Folge von COVID19 sind als rote Pfeil gekennzeichnet.
Zugangsbeschränkung
Test unterschiedlicher Gaseintragsysteme Rieselbettreaktor
COVID 19
maximale Methanproduktionsrate
optimale Gasqualität, zusätzlich Gasqualität Rieselbettreaktor Rieselbettreaktor
Wechselwirkung zwischen Beschickung und Wasserstoffdosierung
Auswertung
Zwischenbericht
Arbeitspaket III - Auswirkungen der Betriebsbedingungen Projektverlängerung
Wiederanfahren, Erhöhung der Belastung von 50d auf 30d HRT aufgrund COVID19
R1: HRT 15 d + 30 °C; R2: HRT 15 d + 35 °C
R1: HRT 15 d + 40 °C; R2: HRT 20 d + 35 °C
R1: HRT 20 d + 35 °C; R2: HRT 20 d + 40 °C
R1: HRT 25 d + 30 °C; R2: HRT 25 d + 35 °C
R1: HRT 25 d + 40 °C; R2: HRT: 30 d + 35 °C
Gesamtauswertung
Endbericht
Die Tendenz zur Nutzung von erneuerbarer Energie hat in den vergangenen Jahren stark
zugenommen. Die Anzahl der Windkraftanlagen hat sich 2018 in Österreich im Vergleich zum
Jahr 2011 von 662 auf 1.313 verdoppelt, wobei sich die Gesamtleistung der Anlagen von 1.099
MW auf 3.045 MW erhöht hat (Stand: Ende 2018, IG Windkraft (2018)). Die höchste Dichte an
Windkraftanlagen befindet sich in Ostösterreich, Niederösterreich mit 729 Anlagen und dem
Burgenland mit 446 Anlagen (Abbildung 2). Das Energieerzeugungspotential der
österreichischen Windkraftanlagen lag Ende 2018 bei 7,0 Mrd. kWh und entsprach somit ca.
12% des gesamten heimischen Strombedarfs bzw. 50% des Strombedarfs aller
österreichischen Haushalte. Laut IG Windkraft wurde im Jahr 2020 mit 1.307
Windkraftanlagen mit einer Leistung von 3.120 MW Windenergie erzeugt und damit ca.
13,5% des gesamten Strombedarfs gedeckt, für 2021 wurden 3.396 MW Ausbauleistung
prognostiziert (IG Windkraft 2021). Auch im Bereich der Solarenergie wird eine stetige
Zunahme der Anlagenzahl und Energieproduktion verzeichnet. Das Potential der Windkraft-
und Photovoltaik-Anlagen zur Stromproduktion verdeutlicht die Bedeutung dieser
Technologien für die zukünftige Versorgung der Haushalte in Österreich. Die
Stromproduktion aus erneuerbarer Energie, vor allem der Wind- und Solarenergie, unterliegt
jedoch zum Teil erheblichen saisonalen Schwankungen und ausgeprägten Tagesgängen.
Übersteigt die momentane Energieproduktion den gleichzeitigen Energiebedarf, müssen
entweder Kraftwerke gedrosselt oder der Überschussstrom anderwärtig verbraucht werden.
Eine kontinuierliche Bereitstellung von klimaneutral erzeugtem Strom aus Wind- und
Photovoltaikanlagen ist nur über eine Speicherung möglich. Dieser Speicherbedarf erhöht
sich gleichsam mit dem Ausbau der alternativen Energieproduktion, da die benötigte
kurzfristige Regelleistung, vor allem Sekunden- und Minutenreserven, von konventionellen
Kraftwerken nicht mehr ausgeglichen werden können.
Abbildung 3 zeigt die regionale Verteilung des Potenzials der Windkraftanlagen in Österreich
sowie die 29 vorhandenen Faulungsanlagen auf kommunalen Kläranlagen in Niederösterreich
und dem Burgenland. Insgesamt waren im Jahr 2014 in Österreich 164 Faulanlagen auf
Abwasserreinigungsanlagen in Betrieb (ÖWAV 2015).
Abbildung 3: Regionale Verteilung des Potenzials der Windkraft in Österreich (IG Windkraft
2018), sowie Abwasserreinigungsanlage mit Faulungsanlagen in Niederösterreich (ergänzt
durch Kanal- und Kläranlagennachbarschaft, Stand 2017)
kommunale Faulungsanlagen
in Niederösterreich und dem
Burgenland
Die kontinuierliche Bereitstellung von klimaneutral erzeugtem Strom aus Wind- und
Photovoltaikanlagen gestaltet sich aufgrund der schwankenden Verfügbarkeit der
regenerativen Energiequellen schwierig und erfordert die Entwicklung geeigneter
Speicherstrategien. Energieproduktion und Energieverbrauch unterliegen nicht nur
stündlichen und täglichen Schwankungen, sondern sind auch saisonal schwankend und im
Fall von Photovoltaik auch gegenläufig. Im Sommer wird beispielsweise viel Wind- und
besonders Photovoltaik-Strom produziert, der Energiebedarf ist jedoch im Winter höher,
wenn diese alternativen Energiequellen nur begrenzt verfügbar sind. Ein Ausgleich der
fluktuierenden Energieproduktion und Konsumation wird mit Konzepten der „Power to Gas“-
Technologie angestrebt, wobei überschüssige Energie in ein speicherbares Gas überführt
wird. Kernstück des Verfahrens ist die Elektrolyse von Wasser zu Wasserstoff und Sauerstoff
unter Nutzung von erneuerbarem Überschussstrom aus dem Stromnetz, die
Reaktionsgleichung der Wasserelektrolyse ist in der folgenden Gleichung dargestellt.
Der erzeugte Sauerstoff kann auf Kläranlagen zum Beispiel zur Belüftung der biologischen
Stufe (Belebungsbecken) der Abwasserreinigungsanlage, oder für die Erzeugung von Ozon
für eine 4. Reinigungsstufe verwendet werden (Schäfer et al. 2020).
Für den gewonnenen Wasserstoff ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten zur Nutzung
als Energiespeicher. Neben der direkten Einspeisung in das bestehende Erdgasnetz kann eine
elektrochemische oder biologische Methanisierung durchgeführt werden. Der zulässige
Anteil von Wasserstoff im Erdgas ist jedoch länderspezifisch reguliert (Newton 2014). Für
Österreich lag dieser maximale Anteil im Erdgasnetz bis Juni 2021 bei 4% Mol-Anteil
Wasserstoff (ÖVGW (2001) und ÖVGW (2006)). Der maximale Wasserstoffanteil liegt seit
einer Überarbeitung der Richtlinie zur Einspeisung von Biogas, um die Einspeisung zu
erleichtern, bei 10% Wasserstoff (ÖVGW 2021). Eine weitere Erhöhung des
Wasserstoffanteils auf bis zu maximal 20% wird gerade diskutiert.
Der Vorteil der Nutzung kommunaler Faulanlagen in Kombination mit der Power to Gas
Technologie liegt darin, dass bereits vorhandene Faulbehälter, Gasspeicher und erfahrenes
Betriebspersonal zur Verfügung stehen. Zudem entsteht während des anaeroben Abbaus der
Biomasse im Faulbehälter CO2, dieses muss somit nicht zusätzlich bereitgestellt werden.
Abbildung 4: Möglichkeiten der Nutzung von Wasserstoff und Sauerstoff auf kommunalen
Anlagen der Abwasserreinigung
Brennstoffzelle
Wasserstoff-
tankstelle
Erneuerbare
Energiequelle Wasserstoff
Kohlenwasser-
Elektrolyse
stoffe
Öffentliches Sauerstoff
Stromnetz Hydrogenotrophe
Methanisierung Archaea:
CO2 + 4H2 → Gasspeicher
CH4 + 2H2O
Ozongenerator
4. Reinigungsstufe Gasnetz
BHWK
Eine weitere Möglichkeit der Nutzung des Wasserstoffs stellt die elektrochemische und
biologische Methanisierung dar. In der folgenden Gleichung ist die Reaktionsgleichung für die
Methanisierung von Kohlendioxid mit Wasserstoff dargestellt.
Das so zusätzlich erzeugte Methan wird anschließend ebenfalls in das Erdgasnetz eingepresst
oder anders genutzt. Zum Beispiel kann dieses Biomethan nach einer Zwischenspeicherung
über Blockheizkraftwerke oder Brennstoffzellen wieder in Strom umgewandelt oder zu LNG
(Liquid Natural Gas, Flüssiggas) verflüssigt und als Fahrzeugtreibstoff verwendet werden.
Die biologische Methanisierung kann entweder ex-situ (in einem separaten Reaktor) unter
der Nutzung von Reinkulturen und reinen Gasen oder in-situ in bestehenden
Fermentationsanlagen durchgeführt werden, wobei die Organismen in der Mischkultur
zumeist toleranter gegenüber Verunreinigungen im Gas und Belastungsschwankungen sind.
Der wesentliche Parameter zur Bewertung der Effizienz des Verfahrens ist die biologische
Methanisierungsrate (BMR), welche von den Organismen, vom Reaktortyp, dem Druck, dem
pH-Wert, sowie von der Temperatur abhängt. Die BMR beschreibt die, auf das
Reaktorraumvolumen bezogene, spezifische Methanmenge, die in einer bestimmten Zeit
durch Umwandlung aus Wasserstoff und Kohlendioxid erzeugt wird (Jochum 2015). Der
Bereich der publizierten BMR ist groß. Götz et al. (2014) berichten von einem separaten
Methanisierungsreaktor, der bei Temperaturen von 65°C betrieben wurde und BMR von bis
zu 2,5 h-1 (60 m³/(m³·d)) erreichte. Strübing et al. (2017) ermittelten mit einem anaeroben (ex-
2.4.1 H2-Injektion
Die in den Studien verwendeten Eintragssysteme sind vielfältig. Luo and Angelidaki (2013c)
untersuchten beispielsweise den Eintrag von H2 über Hohlfasermembrane. Es konnte hierbei
ein guter Eintrag festgestellt werden, mit einer Erhöhung des Methangehaltes auf über 95%.
Der Vorteil dieser Systeme ist, dass ein blasenloser Stoffübergang möglich ist.
Die H2-Injektion kann im Weiteren stoßweise oder durchgehend erfolgen. Agneessens et al.
(2017) untersuchte die BM in einem anaeroben Reaktor mit einer Faultemperatur von 38°C
und einer HRT von 23 d. Die Stoßbegasung (Pulsinjektion) von H2 führte hierbei bei
wiederholter Zugabe zu einer Erhöhung der H2-Aufnahmeraten von 0,3 auf 1,7 LH2/(L·d) und
verdeutlicht die Anpassungsfähigkeit der methanogenen Populationen an intermittierende
Perioden mit hohen und niedrigen H2-Konzentrationen.
Gasrezirkulation
Die Gasrezirkulation dient einerseits zur Durchmischung des Reaktorinhalts und erhöht
andererseits die Kontaktzeit zwischen Mikroorganismen und Eduktgasen und verbessert so
die Ausnutzung des eingesetzten Wasserstoffs. Eine Gasrückführung erhöht die
Gasverfügbarkeit aufgrund einer höheren Verweilzeit der Gase im Reaktor und reduziert bei
gleicher eingesetzter Menge den Partialdruck des Wasserstoffs mit dem Nachteil höherer
Gasgeschwindigkeiten durch den Fermenter. Hohe Rezirkulationsraten erhöhen aber den
Energiebedarf für den Gasverdichter und die mechanische Beanspruchung der
Mikroorganismen durch Scherkräfte steigt. Im Laborversuch wird für die Gasrezirkulation
eine Schlauchquetschpumpe (Ismatec ecoline, easyload II) verwendet.
Betriebsdruck
Durch die Erhöhung des Betriebsdrucks im Methanisierungsreaktor wird die
Umwandlungseffizienz in BM-Systemen verbessert. Durch die Druckerhöhung resultiert nach
dem Gesetz von Henry (nachfolgende Gleichung) eine höhere Löslichkeit der beteiligten
Gase (CO2, CH4 und H2). Durch die geringe Löslichkeit von H2 in der Flüssigphase wird dies als
limitierender Faktor für die biologische Methanisierung angesehen (Majone et al. 2010,
Strubing et al. 2017).
Die Henry Konstanten für CO2, CH4 und H2 unterscheiden sich stark (Tabelle 2). Daraus
resultiert eine sehr unterschiedliche Löslichkeit in der Flüssigkeit und eine mögliche
Limitierung der Reaktionsraten. Zum Beispiel ist die Löslichkeit von Wasserstoff ca. 50-mal
geringer als jene von Kohlendioxid.
Gas Quelle
Henry Konstante Hcp
Eine Druckerhöhung führt weiter zu einer Erhöhung des Partialdrucks was wiederum den
Stofftransport (kLa-Wert) zwischen Blase und Flüssigkeit erhöht, da sich die Triebkraft
(HH2,cp pH2,G ) erhöht. Der Gas-Flüssigkeit Stofftransport für Wasserstoff (RH2) wird von
Strubing et al. (2017) wie folgt angegeben.
Im Labormaßstab konnte von Luo and Angelidaki (2013b) eine druckabhängige Steigerung
der Methanisierungsrate gezeigt werden. Dabei wurde eine biologische in-situ
Methanisierung bei drei unterschiedlichen Drücken durchgeführt. Die Methankonzentration
im Produktgas stieg dabei von 78,4% CH4 bei 0,32 bar Überdruck auf 90,2% CH4 bei 0,56 bar
und 96,1% CH4 bei 0,75 bar Überdruck im Reaktor. Großtechnisch sind Druckreaktoren
jedoch technische Grenzen gesetzt. Einerseits ist der Druck bei den benötigten
Behältervolumen durch die wirtschaftlich herstellbaren Wandstärken begrenzt, andererseits
ergeben sich sicherheitstechnische Fragestellungen und ein hoher Energiebedarf für die
Vorverdichtung des eingesetzten Substrates und der für die Methanisierung verwendeten
Gase. Im Hinblick auf die Nutzung bestehender Faulbehälter auf kommunalen Kläranlagen in
denen nur leichter Überdruck von üblicherweise 20-50 mbar herrscht, wurden im Laufe dieses
Projektes keine Untersuchungen zur biologischen Methanisierung unter erhöhtem Druck
durchgeführt. Der Überdruck in den Laborreaktoren betrug bedingt durch den Druckverlust
durch die Gasmengenmessung und dem schwimmenden Gasspeicher 6 – 7 mbar. Der Druck
Der pH-Wert spielt, wie die Temperatur, bei vielen biologischen und chemischen Reaktionen,
auch bei der biologischen Methanisierung eine wichtige Rolle. Er beeinflusst neben der
Löslichkeit der an der Reaktion beteiligten Gase CO2, H2 und CH4 auch die Wachstumsraten
und die Reaktionsgeschwindigkeiten der beteiligten Mikroorganismen.
Diese beiden Punkte wurden im Projekt BioMAra untersucht. Die biologischen Grenzen, also
vor allem der pH-Wert, und Temperaturbereich, sowie die Auswirkungen des verwendeten
Substrates wurden untersucht. Die Limitierung es Stofftransfers, wird vor allem durch den
Übergang des Wasserstoffes aus dem Blasenmilieu in die Flüssigphase, dem volumetrischen
Stoffübergangskoeffizienten, den sogenannten kLa-Wert bestimmt. Weiters kann die
minimal notwendige Rest-Wasserstoff und CO2-Konzentration limitierend sein, um noch
einen ausreichenden Stoffübergang zu gewährleisten.
Der Stabilisierung von Klärschlamm kommt eine besondere Rolle hinsichtlich der
Geruchsminimierung und Lagerfähigkeit zu. Neben der aeroben Stabilisierung wird vor allem
Organische Stoffe bestehen als polymere Substrate hauptsächlich aus Proteinen, Fetten und
Kohlenhydraten. Im ersten Schritt des anaeroben Abbaus werden die organischen
Bestandteile von hydrolytischen Bakterien aufgeschlossen und durch die Reduktion der
Substratgröße für anschließende Abbauvorgänge zugänglich gemacht. Es entstehen vor
allem monomere Kohlenwasserstoffe, Aminosäuren, Peptide und langkettige Fettsäuren. Die
Hydrolyse ist für den gesamten Vergärungsprozess geschwindigkeitsbestimmend und von
verschiedenen Faktoren abhängig. Eine optimale Reaktordurchmischung sowie ausreichende
Anzahl und Aktivität der Mikroorganismen sind ausschlaggebend.
Die während der Hydrolyse gebildeten Bruchstücke und gelösten Polymere werden in der
Phase der Versäuerung von fakultativ- und obligat anaeroben Bakterien weiter abgebaut. Es
entstehen dabei hauptsächlich wasserdampfflüchtige organische Säuren, wie Essig-,
Propion-, Valerian- und Buttersäure sowie Wasserstoff, Kohlenstoffdioxid und Alkohole. Die
Eine weitere Gruppe bilden die acetoclastischen Methanogen, welche Essigsäure zur
Energiegewinnung nutzen.
Die Reaktionsgleichungen verdeutlichen, dass beim Abbau der Essigsäure weniger Energie
gewonnen wird als beim Umsatz von Wasserstoff. Der Anteil der Methanbildung aus
Essigsäure liegt bei ca. 70%. Da die acetoclastischen methanogenen Archeen deutlich
langsamer wachsen als die anderen beteiligten Organismen, beeinflussen sie wesentlich den
Wirkungsgrad des Abbaus. Generell ist die methanogene Phase aufgrund der
säureempfindlichen methanogenen Archeen mit geringeren Wachstumsraten der
geschwindigkeitslimitierende Schritt.
Propionsäure CH3 CH2 COO− + 3H2 O → CH3 COO− + HCO3 − + 3H2 + H+ (1)
Buttersäure CH3 CH2 CH2 COOH− + 2H2 O → CH3 CH2 COO− + CO2 + 3H2 (2)
Der Haupt-Abbaupfad der Propionsäure führt über Essigsäure und Wasserstoff (1), wobei
dieser bei zu hohen Wasserstoffkonzentrationen gehemmt wird, wodurch der gesamte
Propionsäure Abbau gehemmt werden kann. Der hauptsächliche Reaktionspfad der
Buttersäure (2) führt über die Essigsäure, CO2 und H2 zu einer Mischung aus CO2 und CH4 (3).
Zur Durchmischung des Reaktorinhaltes wurde eine Rühreinheit (Rührer mit 3 Rührplatten)
eingebaut. Über den Reaktordeckel erfolgt der Austritt des Produktgases. Die Gasmenge
wurde über einen Trommelgaszähler (Ritter TG 05) gemessen und anschließend in einem
Gaszylinder für die Probenahme zur Bestimmung der Gaszusammensetzung gespeichert.
Eine Rezirkulation des Produktgases erfolgte über eine Schlauchquetschpumpe (Ismatec
ecoline, easyload II 77202-200). Der Druck im Gassystem wurde einmal wöchentlich mit
einem Handmessgerät (testo 512 Digital-Manometer) gemessen. Im oberen Bereich der
Reaktoren waren horizontal die kombinierten pH/Redox-Sonden eingebaut (Endress +
Hauser pH-/Redox-Sensor Memosens CPS16D) (Abbildung 9 rechts). Zudem befinden sich
Ventile am Reaktorboden sowie im oberen Bereich für die Beschickung mit Rohschlamm
bzw. den Faulschlammabzug. Eine Durchmischung des Reaktorinhaltes durch Umwälzung
(Schlammrezirkulation) war mittels Schlauchquetschpumpe (Watson Marlow, 323D) über
diese Anschlüsse ebenfalls möglich. Zur Gewährleistung einer Faultemperatur von 38°C,
waren die Reaktoren mit einem Heizmantel umwickelt. Die Beheizung erfolgte mittels
Aufgrund der Größe der Tellermembranen und des geringen notwendigen Gasdurchsatzes
war ein Einsatz in den Laborreaktoren nicht möglich und es wurden selbst kleinere
Gasdiffusoren aus Silikonschlauch (d6x4 mm) hergestellt. Diese wurden mit einer Nadel mit
50 bzw. 100 Poren versehen Abbildung 12.
Abbildung 13: Prinzip der PEM Elektrolyse (links) (Mergel et al. 2013)
Wasserstoffgenerator 20 H (rechts)
Abbildung 14: Screenshot der Benutzeroberfläche LOGO! Soft Comfort mit dem Programm
für den Betrieb der BioMAra-Versuchsanlage
Die verwendete Hardware ermöglicht den Anschluss von mehreren analogen und digitalen
Eingängen, sowie die Schaltung mehrerer Aktoren. Mittels Analogeingängen werden pH-
Wert, Redoxpotential und Temperatur für beide Reaktoren übertragen. Die Übertragung der
Gasmengenmessung der Trommelgaszähler mittels induktivem Sensor, erfolgt über digitale
Eingänge der Steuerung und wird mit einem Zähler digital erfasst. Weiter ist die
Notabschaltung des Wasserstoffgenerators in die Steuerung eingebunden. Dafür ist ebenfalls
ein Gassensor (Bieler und Lang H2 Sensor HC 150K) für die permanente Überwachung der
Raumluft über einen Analogeingang mit der Steuerung verbunden. Zusätzlich wird die
Luftmenge der Absaugungsanlage kontinuierlich überwacht und bei Ausfall oder
Unterschreitung eines minimalen Luftvolumenstroms der Wasserstoffgenerator ebenfalls
über die Anlagensteuerung abgeschaltet. Bei Stromausfall und anschließendem
Wiedereinschalten fällt die Anlage in einen sicheren Zustand, der Wasserstoffgenerator muss
Sicherheitskonzept
Die Verdünnung des produzierten Wasserstoffes von maximal 160 ml/min bei 100% Leistung
des Wasserstoffgenerators ist im Volumen des Abzuges von mehr als 1 m3 verhältnismäßig
groß, sodass selbst bei einem Ausfall der Ventilation ein Erreichen der unteren
Explosionsgrenze (UEG) (UEG H2 = 4%v/v; entspricht mindestens 40 L H2) als sehr
unwahrscheinlich gilt. Theoretisch wird im ungünstigsten Fall, ohne Absaugung und Betrieb
des H2-Generators auf Volllast die UEG erst nach 250 Minuten erreicht. Diese Anlage galt
daher per Definition nach ATEX-Richtlinie (Richtlinie 2014/34/EU) als kein EX-Bereich. Somit
waren keine weiteren EX-Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Zur Gewährleistung des Explosions- und Brandschutzes der Versuchsanlage wurde dennoch
ein 3-stufiges Sicherheitskonzept mit folgenden Maßnahmen gewählt: Der
Wasserstoffgenerator (Parker Hydrogen Generator 20 H) wird automatisch abgeschaltet,
sobald ein H2-Sensor (Bieler und Lang ExDetector HC 150M, Messbereich 0-100% UEG) 5%
der UEG erreicht (üblich sind 25-50% der UEG), was einer Konzentration von 1% v/v H2 im
Digestor entspricht. Der H2-Sensor wurde auf 5% des Messbereiches der UEG eingestellt, dies
entspricht einer Wasserstoffkonzentration von 0,2% v/v. Als zusätzlichen Sicherheitsaspekt
detektiert der verwendete H2-Sensor ebenfalls das Vorliegen von Methangas und schaltet
analog zum Wasserstoffgasaustritt den H2-Generator ebenfalls bei Methangasaustritt ab. Die
Versuchsanlage fällt anschließend durch Ventilation in einen sicheren Zustand zurück. Die
Messwerte des H2-Sensors werden über die Anlagensteuerung kontinuierlich übertragen und
dauerhaft gespeichert. Der H2-Sensor wurde monatlich auf Funktion überprüft und die
Überprüfung protokolliert. Die Abschaltung des Wasserstoffgenerators erfolgt ebenso bei
einem Ausfall der Absaugung im Digestor, d.h. bei Unterschreitung der vorgegebenen
Mindestabsaugungsmenge von 200 m³/h um 50 m³/h. Dies gewährleistet eine dauernde
Abbildung 15: Schema des Rieselbettreaktors (links), Foto des Reaktors (rechts)
Die Aufwuchsträger in der Schüttung waren zu Beginn eine Mischung aus 6 L Linpor®
Polyurethan-Schaumstoffwürfeln und 2 L Polyethylen Aufwuchs-Trägern Xingfeng PE10.
In Abbildung 16 ist das Rieselbett im inneren des Rieselbettreaktors (links), ein mit Biofilm
bewachsener Linpor® Aufwuchsträger (mittig) und ein bewachsener PE10 Aufwuchs-Träger
dargestellt. Die beiden Biofilm Träger wurden gleichzeitig im Rieselbettreaktor getestet.
Oben im Reaktor wurde eine Schicht aus PE10 eingebracht, darunter die PU-
Schaumstoffwürfel. Die PE10 Aufwuchsträger haben eine spezifische Oberfläche von
1200 m2/m3 (Xingfeng 2021). Der Linpor® Polyurethan Schaumstoffwürfel hat laut Hersteller
Abbildung 16: Rieselbett aus PE10 und Linpor® Schüttung im Rieselbettreaktor (links);
Linpor® Schaumstoffwürfel mit Aufwuchs (mittig); PE10 Träger mit Aufwuchs (rechts)
Zusätzlich musste der pH-Wert der Rieselflüssigkeit täglich kontrolliert und gegebenenfalls
mit Natronlauge (NaOH) korrigiert werden. Als pH Puffer konnte nach Bedarf noch zusätzlich
K2HPO4 in die Nährlösung dosiert werden. Als Vitamin B Quelle - für die Methanisierung wird
hauptsächlich Vitamin B2 (Ribovlavin) benötigt – wurde einmal monatlich eine Kapsel
„Vitamin B Complete“ zur Rieselflüssigkeit dazu gegeben. Die Zusammensetzung der
Vitamin B Complete Kapsel laut SHOP APOTHEKE (2021) ist in Tabelle 4 ersichtlich. Bei jeder
Probenahme aus der Rieselflüssigkeit (ca. 10 ml/Woche) wurde die entnommene Menge
durch die Spurenelement Lösung ergänzt.
Der Rohschlamm wurde üblicherweise im zweiwöchigen Intervall bei der Kläranlage abgeholt
und bis zur Verwendung gekühlt gelagert. Vor der Verwendung im Laborversuch wurde der
Rohschlamm mit einem Lochsieb (Lochdurchmesser 4 mm) gesiebt, um Verblockungen oder
Ablagerungen in den Reaktoren, Schläuchen und Ventilen durch grobe Bestandteile zu
vermeiden.
Geht man davon aus, dass das Volumen des zugeführten Substrats in die Faulung gleich dem
Volumen des entnommenen Faulschlammes ist, kann die hydraulische Verweilzeit (engl.:
hydraulic retention time, HRT) aus dem Verhältnis der täglich zugeführten Substratmenge
und dem Reaktorvolumen berechnet werden. Diese entspricht gleichzeitig dem
Schlammalter, welches in Tagen angegeben wird. Wichtig ist die Einhaltung einer Mindest-
Verweilzeit, um ein Ausschwemmen von Bakterien aus dem System zu verhindern und eine
ausreichende Entwicklungszeit der Organismen zu gewährleisten. Die minimal erforderliche
hydraulische Verweilzeit für die anaerobe Stabilisierung ist von verschiedenen Faktoren, wie
Temperatur, oTS-Raumbelastung, sowie der Abbaubarkeit (Art und Struktur) der
eingesetzten Substrate abhängig. Für kommunale Faulbehälter wird üblicherweise eine
minimale hydraulische Verweilzeit von 25 Tagen angegeben, wobei die tatsächliche
Verweilzeit meist deutlich darüber liegt (25 –40 Tage HRT). Die Beschickung der
Versuchsreaktoren erfolgte üblicherweise von Montag bis Freitag. Die tägliche
Rohschlammenge errechnet sich unter der Berücksichtigung der Tage an denen nicht
beschickt wurde (Wochenende) mit einem Faulraumvolumen (Nassvolumen) von VR=14 L zu
QRS= 800 ml Rohschlamm pro Tag. Daraus ergibt sich nach der folgenden Gleichung eine
hydraulische Verweilzeit (HRT) von 24,5 Tagen.
VR
HRT =
QRS
3.2.2 Temperaturregelung
Die Reaktortemperatur wurde mittels Temperaturfühler der pH-Redox-Elektrode (Endress +
Hauser pH-/Redox-Sensor Memosens CPS16D) online gemessen und die Leistung des
elektrischen Heizmantels damit geregelt. Der Sollwert der Reaktortemperatur beträgt 38°C.
Zusätzlich zur online Messung wird bei der täglichen Versuchsbetreuung die Temperatur für
beide Reaktoren (R1 und R2) notiert.
Die Berechnung der notwendigen Heizleistung für die elektrischen Heizmäntel erfolgt nach
der nachstehenden Gleichung.
Um eine Regelung der Reaktortemperatur mittels ein/aus- Schaltung zu ermöglichen und die
Soll-Temperatur sicher zu erreichen, wurde ein Heizmantel mit 75 W Leistung verwendet
(Arnold Rak HK-5,0 Heizkabel 230 V 75 W 5.0 m).
Mit einer Heizleistung von PH = 75 W ergibt sich für die Aufheizzeit ohne Wärmeverlust tH1 =
3,5 h und mit Wärmeverlust von Q = 37,7 eine Aufheizzeit von tH2 = 7 h, was gut mit der
tatsächlich benötigten Aufheizzeit übereinstimmt.
Ein schnelleres Aufheizen wäre nur durch erheblich mehr Heizleistung des Heizmantels
realisierbar, wodurch es aber zur lokalen Überhitzung des Schlammes an der Reaktorwand
kommen könnte, was unbedingt zu vermeiden ist.
Wie die Temperatur wird auch der pH-Wert der Faulungsreaktoren mittels online Sonden
(Endress + Hauser pH-/Redox-Sensor Memosens CPS16D) überwacht und der Messwert alle
30 Sekunden gespeichert. Der pH-Wert wird täglich mit einer Handsonde (Hach Lange
HQ40d) kontrolliert. Weicht der Messwert der wöchentlich kalibrierten Handsonde vom
Messwert der online Sonde ab (+/- 0,05 pH) wird die online Messung mit einer Einpunkt-
(offset) Kalibration kalibriert. Monatlich werden die online pH-Sonden mittels zweipunkt
Kalibration (Puffer pH 4 und pH 7) kalibriert. Abbildung 18 zeigt beispielhaft den Verlauf der
pH-Werte von Reaktor 1 und Reaktor 2 am 31.1.2019.
Nach der Beschickung mit Rohschlamm um 09:00 Uhr (in grün dargestellt) fällt der pH-Wert
(pH-Wert des Rohschlammes pH 4,93–6,06) um je pH 0,12 ab und kann mit dem Eintrag von
organischen Säuren durch die Lagerung vorversäuertem Rohschlamm erklärt werden. Der
pH-Wert in Reaktor 1 (Referenz ohne Wasserstoffbegasung) liegt dabei üblicherweise pH 0,1
bis pH 0,2 unter dem pH-Wert des Methanisierungsreaktors (R2) mit Wasserstoffbegasung.
Der Anstieg des pH-Wertes resultiert durch die Wasserstoffbegasung und hängt von der
eingebrachten Wasserstoffmenge ab. Durch die H2-Injektion kommt es zu einer Reduktion
des CO2-Partialdruckes im Gasraum, wodurch sich die gelöste CO2-Menge nach dem Gesetz
von Henry reduziert. Dieses Ausstrippen von CO2 aus dem Faulschlamm bewirkt den pH-Wert
Anstieg.
In Abbildung 19 ist der Zusammenhang zwischen der CO2-Konzentration im Faulgas und dem
pH-Wert des Faulschlammes in Abhängigkeit von der Säurekapazität dargestellt. Die
Säurekapazität des Faulschlammes in den BioMAra Versuchsreaktoren beträgt etwa 50
mmol/L, was bei 33% CO2 und 67% CH4 einen pH-Wert von ca. 7,1 im Referenzreaktor (R1)
ergibt. Durch Wasserstoffdosierung und biologische Methanisierung reduziert sich der CO2
Gehalt im Gas auf 10%, der pH-Wert im Methanisierungsreaktor steigt dadurch auf pH 7,4 an.
CO2-Gehalt: 10%
In Abbildung 20 ist beispielhaft der pH-Wert Verlauf für beide Reaktoren innerhalb einer
Woche dargestellt. Gut erkennbar ist der pH-Wert Anstieg zwischen erster und zweiter
Beschickung am 11. und 14.1.2019 (grün markiert). Am Wochenende dazwischen wurde nicht
beschickt. Besonders deutlich steigt der pH-Wert in Reaktor 2 (rot dargestellt), da dieser
kontinuierlich mit 5 ml/min Wasserstoff begast wurde, was den CO2-Partialdruck senkt.
Während der viermaligen Beschickung mit Rohschlamm fiel in Reaktor 1 der pH-Wert von pH
7,30 auf pH 7,23 und in Reaktor 2 von pH 7,56 auf pH 7,26. Die Differenz der beiden pH-Werte
beträgt, verursacht durch den geringeren CO2-Partialdruck in R2 gegenüber R1, ca. 0,2 pH.
Die CO2 Konzentration in Reaktor R1 betrug in diesem Zeitraum im Mittel 38,7% gegenüber
23,6% in R2. Diese Differenz von 15% CO2 stimmt gut mit der nach dem oben dargestellten
Zusammenhang mit der erwarteten pH-Wert Verschiebung von ca. 0,2 pH überein.
Redoxpotential
Das Redoxpotential ist neben der Temperatur und dem pH-Wert eine wichtige Größe für die
Qualität des Milieus in dem die Mikroorganismen ihren Stoffwechsel betreiben. Besonders
die hydrogenotrophen Archeen benötigen für die biologische Methanisierung ein strikt
anaerobes Umfeld und somit ein Redoxpotential im Bereich von -600 mV bis -400 mV.
Das Redoxpotential (ORP, Oxidation Reduction Potential) wird mittels online Sonden
(Endress + Hauser pH-/Redox-Sensor Memosens CPS16D) überwacht und der Messwert alle
30 Sekunden gespeichert. In Abbildung 21 ist das Redoxpotential für beide
Versuchsreaktoren dargestellt. Das Redoxpotential des mit Wasserstoff begasten Reaktors
R2 liegt zwischen -452 und -456 mV, jenes des Reverenzreaktors R1 zwischen -449
und -451 mV. Zu erkennen ist der Anstieg des Redoxpotentials nach der Beschickung mit
Rohschlamm um ca. 2 mV, zu beachten ist dabei die inverse Darstellung des Redoxpotentials
auf der y-Achse in Abbildung 21.
3.3.1 Standardanalytik
Die Analyse der Proben umfasste die Bestimmung der Trockensubstanz (TS), der organischen
Trockensubstanz (oTS) sowie die Konzentrationen an CSB, Gesamtphosphor (GP) und
Kjeldahl Stickstoff (TKN) der Roh- und Faulschlämme. Der Faulschlamm aus beiden
Reaktoren wurde zweimal wöchentlich beprobt. Der für die Beschickung verwendete
Rohschlamm wurde jeweils bei der ersten und letzten Verwendung einer Charge sowie
zusätzlich dazwischen ca. 2-wöchentlich beprobt. Umfang und Häufigkeit sind in Tabelle 5
zusammengefasst. Zusätzlich erfolgte die Bestimmung der Nährstoffe NH4-N, PO4-P und
dem Gehalt organischer Säuren. In regelmäßigen Abständen (wochentags täglich) wurde die
Gaszusammensetzung bestimmt und der CH4-, CO2, O2-Gehalt sowie Anteil an H2S im
produzierten Biogas ermittelt. Das produzierte Gas der Faulreaktoren wurde mittels
Handmessgerät (GFM series 100) analysiert. Sämtliche Schlamm- und Gasproben wurden im
Labor des Instituts für Wassergüte und Ressourcenmagement der TU Wien analysiert. Die
angewendeten Methoden zur analytischen Bestimmung sind in Tabelle 6 aufgeführt.
org.
Wochentag TS oTS NH4-N PO4-P CSB TKN GP
Säuren
Faulschlamm der Laborreaktoren
Dienstag x x x x x x x x
Donnerstag x x x x x x x x
Rohschlamm zur Beschickung
Jede Charge x x x x x x x x
min. 3-mal
Abbildung 23: Malvern Mastersizer 2000 (links), Prinzip der Laserdiffraktometrie (rechts)
Der Messbereich beträgt 0,02 µm bis 2000 µm (2 mm), wobei jedes Ergebnis aus 5
Einzelmessungen besteht und bei jeder Einzelmessung mindestens 20.000 Partikel
vermessen werden. Als Ergebnis der Partikelgrößenmessung wird ein optischer
Vergleichsdurchmesser verwendet. Dieser für ein Partikel angegebene
Equivalentsdurchmesser (d4,3) entspricht einer volumengleichen Kugel.
12
BioMAra R2 1
10
BioMAra R2 2
relative Häufigkeit [%]
BioMAra R2 3
8
BioMAra R2 4
BioMAra R2 5
6
0
0.2 2 20 200 2000
Partikelgröße als Vergleichsdurchmesser d(4,3) [um]
3.4.1 Stoffstrombilanzen
Zur Überprüfung der gemessenen Parameter eignet sich die Stoffstrombilanzierung. Unter
der Voraussetzung, dass sich der Faulungsprozess im kontinuierlichen Betrieb (steady-state)
befindet, d. h. keine Lageränderung auftritt, kann angenommen werden, dass eine nicht
abbaubare zugegebene Stofffracht im Reaktorablauf wieder zu finden ist. Da Rohschlamm
ein heterogenes Stoffgemisch ist, können geringfügige Messwertabweichungen nicht
ausgeschlossen werden. Unregelmäßigkeiten in der Analytik sowie der Probenahme können
die Messwerte beeinflussen und sich direkt auf die Auswertung (Abbau, Gasproduktion) einer
Versuchsphase auswirken. Abweichungen in den Stoffbilanzen sind durch genaues Arbeiten
so gering wie möglich zu halten. Für die Auswertung wurde ein eigens festgelegter Sollwert
von ±10% Messwertabweichung als tolerierbar betrachtet. Zur Überprüfung der Messwerte
wurde die Bilanz des Glührückstandes (anorganische Trockenbilanz) erstellt.
Geschlossene Bilanzen, wie in Abbildung 25 dargestellt, bei denen alle ein- und austretenden
Stoffströme gemessen werden, bieten die Möglichkeit systematische Fehler bei der
Probenahme, Analyse und der Volumenstrommessung zu erkennen.
Bilanzzeit
t = tEnde - tAnfang [d]
∆S
lim =0 mit: S = konst.
t→∞ ∆t
Vereinfachte Bilanzgleichung ∑m n
i=1 Fiein − ∑j=1 Fjaus = 0
∑nj=1 Fjaus
BQ = ∗ 100 [%]
∑mi=1 Fiein
Sind die aus dem Reaktor austretenden Stoffströme größer als die eintretenden ist BQ
>100 %. Sind hingegen die eintretenden Stoffströme größer als die austretenden ist BQ
<100 %.
Die Analyse des Gases auf dessen Zusammensetzung ist zudem geeignet, um die
Prozessstabilität der anaeroben Umsätze zu überwachen. Ein Absinken des CH4-Anteils im
Gas kann auf eine beginnende Prozessstörung hindeuten. Grund hierfür ist die frühzeitige
Hemmung methanbildender Bakterien (Kroiss 1986).
oTSzu -oTSab
ɳoTS = ·100
oTSzu
CSBzu - CSBab
ɳCSB = ·100
CSBzu
Dazu wurden die entnommenen Proben (je 50 ml) sofort zentrifugiert und der Überstand mit
einem Spritzenfilter mit Porenweite 0,45 µm filtriert. Die filtrierte Probe wurde dann gekühlt
bis zur Messung mittels GC-MS aufbewahrt. Aus der Änderung der Säure-Konzentration
zwischen mehreren Proben (5-6 Probenahmen pro Säure-Dosierung) kann anschließend eine
Abbaurate (r) für jeden Reaktor (r_R1 und r_R2) und die betreffende Spezies berechnet werden.
Diese Änderungsrate wird auf die organische Trockensubstanzkonzentration des
Faulschlammes bezogen (roDM_R1 und roDM_R2). Nach der folgenden Gleichung kann aus den
oTS-spezifischen Änderungsraten der organischen Säurekonzentration die Hemmung in %
berechnet werden.
Liegt also eine Hemmung des Säureabbaus in Reaktor 2, in den Wasserstoff zugeführt wird
vor, ergibt sich ein Zahlenwert mit negativem Vorzeichen, ist die Abbaurate in R2 höher als in
R1 – wird also der Säureabbau durch Anwesenheit von Wasserstoff beschleunigt – ergibt sich
ein positives Vorzeichen.
Im Zuge des Projektes wurden Daten zur Umsetzung der biologischen Methanisierung auf
Großanlagen zusammengestellt. Einige für die Auswertung benötigten Daten waren für
österreichische Kläranlagen mit Schlammfaulung nicht verfügbar, oder nicht mehr aktuell.
Darum wurden mittels Frageborgen und Telefoninterviews Daten zur Konstruktion der
Kläranlage, der Faulungsanlage, Betriebsdaten und vorhandene Infrastruktur erhoben.
Es wurden 30 Anlagen befragt, wobei 28 Datensätze auswertbar waren. Insgesamt wurden 13
Fragen über Betriebsdaten, Konstruktionsdetails der Faulungsanlage, sowie vorhandene
Infrastruktur und Verbindungen zum Strom- und Gasnetz gestellt. Der Datensatz beinhaltet
den Anlagennamen, die Größe des Einzugsgebietes, die CSB-Auslegungskapazität, die
mittlere jährliche CSB-Belastung, die Anzahl der Faulbehälter, das Behältervolumen, die
Gasproduktion als Tagesmittelwert, Rohschlamm- und Co-Substrat Frachten, die Art der Co-
Substrate und ob eine Verbindung zum Gasnetz besteht. Zusatzinformationen, wie zum
Beispiel die Verwendung einer Flotation anstatt einer herkömmlichen Vorklärung mit
Absetzbecken wurden ebenfalls berücksichtigt. Aus den Umfragedaten wurden EW-
spezifische Werte berechnet mit denen anschließend das energetische Potential für die
biologische Methanisierung in kommunalen Faulungsanlagen in Österreich berechnet wurde.
Durch die biologische Methanisierung reduziert sich die CO2-Emission der Faulungsanlage
um die umgesetzte CO2-Menge. Für die Berechnung wurden 70% CO2-Umsatz angenommen.
Eine detaillierte Bewertung der Kosten von Power to Gas Anlagen die eine biologische
Methanisierung nutzen ist nicht möglich, da noch keine großtechnischen Anlagen existieren
und die Errichtungs- und Betriebskosten von Labor- und Demonstrationsanlagen nur bedingt
auf Großanlagen übertragbar sind.
Die Kosten für die Methanproduktion mittels biologischer Methanisierung setzen sich
hauptsächlich aus vier Teilen zusammen:
Aus diesen Kosten können anschließend die Kosten für das produzierte Methan berechnet
werden. Tabelle 7 gibt einen Überblick über verfügbare Elektrolyse-Systeme, deren
Anlagengrößen, Wirkungsgrade und Systemkosten.
Zum Vergleich liegen laut (Muñoz et al. 2015) die spezifischen Systemkosten für
Biogasupgrading mittels Hochdruck (CO2-) Wasserwäscher bei 10 Cent/m3 Methan oder für
eine CO2-Entfernung mittels Membranseparation bei 40 Cent/m3.
Die spezifischen Systemkosten für biologische Methanisierung (ohne Elektrolyse) liegen laut
Kretzschmar (2017) bei 350 €/kW für Anlagen mit einer Leistung von 5 MW bis 650 €/kW für
Anlagen mit einer Leistung von 1 MW. Berücksichtigt man die Elektrolyse bei einer
Anlagengröße von 1 MW steigen die Investitionskosten von 650 auf 3600 €/kW bezogen auf
Energieinhalt des über biologische Methanisierung produzierten Methans. Das größte
Einsparpotential liegt also in der Wasserstoffproduktion aus Strom.
Graf et al. (2014) berechneten die Investitionskosten für die biologische Methanisierung auf
Kläranlagen für 1-5 MW Leistung (bezogen auf den Energieinhalt des erzeugten Methans) mit
1.840.000 € für in-situ Methanisierung, bzw. mit 3.080.000 € für ex-situ Methanisierung
inklusive Wasserstoffproduktion. Die Autoren gingen aber von einer starken Kostensenkung
bei Elektrolyse aus, die bis jetzt nicht eingetreten ist.
Während der ersten 21 Tagen (Phase A) erfolgte die Beschickung der beiden Reaktoren ohne
die Dosierung von Wasserstoff. Diese Phase diente als Einfahrphase zur Gewährleistung
gleicher Startbedingungen für beide Reaktoren, zur Überprüfung der Gasmessung und aller
anderen technischen Rahmenbedingungen. In den nachfolgenden Versuchsabschnitten (B –
I) wurde Reaktor 1 als Referenzreaktor ohne Wasserstoffzufuhr betrieben, während Reaktor 2
mit unterschiedlichen Wasserstoffmengen begast wurde. In der zweiten Phase (B) wurde
Reaktor 2 über einen Zeitraum von 4 bis 6 Stunden täglich (diskontinuierlich) mit einem
Wasserstoff Volumenstrom von 7 bis 10 ml/min begast. Aus Sicherheitsgründen wurde der
Wasserstoffgenerator noch über die Nachstunden abgeschalten. In Versuchsphase C wurde
kontinuierlich (24 h pro Tag) Wasserstoff in Reaktor 2 dosiert. Die Begasung von Reaktor 2
erfolgte dabei über einen feinporigen mineralischen Diffuser. Ein längerer durchgängiger
Versuchsbetrieb in dieser Phase war aufgrund der Weihnachtsferien nicht möglich. Darum
wurden die Versuche zu einem späteren Zeitpunkt mit den gleichen Einstellungen
wiederholt. In Phase D erfolgte eine quasikontinuierliche H2-Injektion (1h Begasung –3h
Pause). Aufgrund der geringen Methanisierungsrate wurde diese Phase vorzeitig
abgebrochen.
Diskontinuierliche
Wasserstoff- 18.10.2018 –
B 22 – 70 0,18 – 0,25
Injektion (4-6h, 18-20h 09.12.2018
Pause)
Kontinuierliche
10.12.2018 –
C 71 – 81 Wasserstoff- 0,82
20.12.2018
Injektion (24h)
Kontinuierliche MW 0,45
24.07.2019 –
F 297 – 308 Wasserstoff- (0,54– 1,07)
04.08.2019
Injektion (24h)
10.03.2020 –
J 528 – 530 HRT = 25 d -
13.03.2020
Zugangsbeschränkung 14.03.2020 –
K 531 – 581 -
durch COVID19 03.05.2020
Wiederanfahren 19.10.2020 –
N 750 – 778 0,37
HRT = 50d 🡪30d 16.11.2020
13.01.2021 –
O3 836 –910 25°C 0,37
28.03.2021
30°C / Anfahren
29.03.2021 –
O4 911 – 953 Rieselbettreaktor Tag 0,38
10.05.2021
904
Versuchsende 21.9.2021
In Versuchsphase H (Versuchstag 401 – 476) wurde mit den Versuchen zur Abhängigkeit der
Methanisierung von der hydraulischen Verweilzeit begonnen und diese von 25 auf 20 Tage
reduziert. In Versuchsphase I1 wurde die HRT weiter auf 15 Tage reduziert. Zu Beginn von
Versuchsphase I1 wurde die maximale H2-Konzentration über die Konzentrationsregelung auf
7% reduziert, die hydraulische Verweilzeit wurde weiterhin bei 15 Tagen belassen. Nach der
Phase I2 in der eine einspeisefähige Gasqualität bei einer relativ kurzen hydraulischen
Verweilzeit erzielt wurde, wurde die Beschickung wieder reduziert, um in Phase J die
Methanisierung bei einer HRT von 25 d zu untersuchen.
Nach der Übersiedelung des Labors, inklusive der gesamten Versuchsanlage in ein neues
Gebäude, wurde die organische Belastung der Faulbehälter wieder gesteigert und die
hydraulische Verweilzeit des Faulschlammes von ca. 50 d auf 30 d verkürzt.
In den Versuchsphasen O1-O3 wurde der Einfluss der Temperatur auf die biologische
Methanisierung bei 35°C, 30°C und 25°C untersucht.
In Versuchsphase O4 wurde die Temperatur der Reaktoren R1 und R2 wieder auf 38°C erhöht
um die Gasproduktion zu steigern, Gleichzeitig wurde der Rieselbettreaktor zur
Nachbehandlung des Biogases aus Reaktor 2 angefahren. Dieser Rieselbettreaktor wurde bis
zum Projektende zusätzlich betrieben und in Versuchsphase P die Temperatur des
Rieselbettreaktors von 25°C auf 38°C gesteigert um die Umsatzrate und Gasqualität zu
erhöhen. In Phase P wurden 4 unterschiedliche Füllmengen des Rieselbetts getestet, um den
Einfluss der Verweilzeit des Gases im Rieselbett zu untersuchen.
Seit diesem Ausfall von Reaktor 1 für ca. 3 Wochen (Versuchstag 13 – 36) zuzüglich
wiederanfahren des Reaktors, kam es zu keinen größeren technischen Problemen bei der
Versuchsdurchführung. Wie im Meilensteinplan in Kapitel 1.4 dargestellt konnte diese
Standzeit im weiteren Projektverlauf wieder aufgeholt werden.
Abbildung 27: pH- Werte während der Versuchsphase 1 für Reaktor 1 und Reaktor 2
Der Verlauf des pH-Wertes in beiden Reaktoren über eine Woche ist beispielhaft für die
Versuchsphase G3 in Abbildung 28 dargestellt. Der pH-Wert in Reaktor 2 liegt bis zur
vorübergehenden Abschaltung der Wasserstoffinjektion um ca. pH 0,3 über dem pH-Wert
des Referenzreaktors R1. 8 Stunden nach der letzten H2-Injektion (in Abbildung 28 hellgrün
markiert) ist der pH-Wert von R2 auf den pH-Wert des Referenzreaktors R1 gefallen.
H2-Injektion Ende
Beschickung
Rohschlamm
∆pH ≈ 0,3
In Abbildung 29 ist der Verlauf der pH-Werte von 7.1.2019 bis 9.1.2019 dargestellt. Am
7.1.2019 erfolgte die erste Beschickung mit Rohschlamm nach einer Unterbrechung seit dem
21.12.2018. Dazwischen wurde nur einmal, am 28.12.2018 mit Rohschlamm beschickt. Ab
8.1.2019 um 10:00 Uhr wurde Reaktor 2 wieder kontinuierlich mit 5 ml/min Wasserstoff
begast (grün markiert). In der Abbildung ist deutlich der daraus resultierende pH-Wert
Anstieg um ca. 0,2 pH durch die Reduktion des CO2-Partialdruckes zu erkennen.
Abbildung 30 zeigt den pH-Wert für beide Reaktoren, sowie die Gasproduktion von Reaktor 2
für Versuchstag 481-488 bei einer hydraulischen Aufenthaltszeit von 15 Tagen. Dabei ist die
Differenz von ca. pH 0,2 zwischen R1 und R2 deutlich zu erkennen. Weiters ist das Absinken
des pH-Wertes nach jeder Beschickung mit Rohschlamm zu erkennen. Dieser Abfall des pH-
Wertes während der Arbeitswoche wird durch das nicht Beschicken am Wochenende wieder
ausgeglichen, das heißt der pH-Wert stabilisiert sich längerfristig um einen Mittelwert, der
von der organischen Raumbelastung und der dosierten Wasserstoffmenge abhängt.
Bei einer hydraulischen Aufenthaltszeit von 15 Tagen betrug der pH-Wert im Referenzreaktor
(R1) im Mittel 7,20 der pH-Wert im Methanisierungsreaktor im Mittel 7,36 (Abbildung 30). Bei
der ersten Beschickung nach dem Wochenende fällt der pH-Wert in R2 kurzfristig scheinbar
unter pH 7, was durch Rohschlamm im Bereich der pH-Sonde erklärbar ist. Nach wenigen
Minuten war der Reaktorinhalt durchmischt und ein pH-Wert von 7,07 wurde gemessen.
Beschickung
Rohschlamm
Tabelle 10: Minimaler, maximaler und mittlerer pH-Wert in Abhängigkeit von der
hydraulischen Aufenthaltszeit und der organischen Raumbelastung
Bei einer Aufenthaltszeit von HRT = 25 d betrug der pH-Wert in Reaktor 1 im Mittel 7,29 und
in R2 im Mittel 7,51. Unabhängig von der Verweilzeit des Substrates in der Anlage, stellt sich
bedingt durch die Wasserstoffdosierung ein im Mittel um 0,21 höherer pH-Wert als im
Referenzreaktor ein, siehe dazu ∆pH in Tabelle 10. Der minimale pH-Wert lag in beiden
Reaktoren bei ca. pH 7,0. Der maximale pH-Wert lag abhängig von der Belastung zwischen
pH 7,35 und 7,94 in Reaktor 1 und durch die Wasserstoffdosierung zwischen pH 7,68 und 8,02
in Reaktor 2. Besonders beim Maximalwert wird die pH-Wert Anhebung durch den bei der
Methanisierung geringeren CO2-Partialdruck in Reaktor 2 offensichtlich (siehe dazu Abschnitt
2.4.3).
Tabelle 11: Frachten und Abbau für die Parameter CSB, TS, oTS und aTS
Reaktor 1 Reaktor 2
Zugeführte Fracht
CSB [g] 3404,6 3523,6
TS [g] 2432,1 2537,7
oTS [g] 1872,2 1936,0
aTS [g] 559,8 601,7
Abgezogene Fracht
CSB [g] 1408,5 1516,5
TS [g] 1413,0 1575,9
oTS [g] 830,9 915,4
aTS [g] 582,1 915,4
Der ermittelte CSB-Abbau für die beiden Reaktoren lag bei 59% bzw. 57%. Der oTS-Abbau
lag bei 55,6% bzw. 52,7%. Üblicherweise werden in kommunalen Faulbehältern CSB- bzw.
oTS-Abbaugrade von größer 50% erreicht. Beide bei den Versuchen gemessenen Werte
sprechen also für einen sehr guten Stabilisierungsgrad des Faulschlammes. Eine Hemmung
des Abbaus der organischen Substrate durch die Wasserstoffzugabe konnte nicht beobachtet
werden.
In Abbildung 32 ist die Bilanzgüte für den Referenzreaktor R1 und den Methanisierungsreaktor
R2 für die ersten 450 Versuchstage dargestellt.
Abbildung 32: Bilanzgüte der CSB Bilanz für Reaktor R1 und R2 für 450 Tage
150%
140%
130%
CSB Bilanzgüte BQ [%]
120%
110%
100%
90%
80%
70%
BQ R1 20d MV BQ R1 = 101.3% n =364
60%
BQ R2 20d MV BQ R2 = 104.5% n= 376
50%
0 50 100 150 200 250 300 350 400 450
Versuchstag [d]
Die mittlere Bilanzgüte für Reaktor R1 beträgt 101,3% die Bilanzgüte für Reaktor R2 beträgt
104,5%. Die CSB Bilanz wurde für einen Bilanzzeitraum von 450 Tagen berechnet (Abbildung
32). Dabei wurden 364 Messwerte für die CSB Konzentration im Faulschlamm von R1 und 376
Werte für die Konzentration im Faulschlamm von Reaktor R2 verwendet. Weiters wurden für
Abbildung 33: CSB Bilanz für R1 und R2 als Wochen Mittelwerte (durchgezogene Linie) und
gleitende 50 Tage Mittelwerte (gepunktete Linie), Bilanzzeitraum 450 Tage
30
∆CSB R1 MW ∆CSB R2 MW
25
Li near (∆CSB R1 MW) R1 Peri
60 gleitender 50d
ode gleit. MW (∆CSB R1 MW)
Mi ttelw.
20
Li near (∆CSB R2 MW) R2 Peri
50 gleitender 50d
ode gleit. MW (∆CSB R2 MW)
Mi ttelw.
15
∆CSB g/Woche
10
5
0
-5
-10
-15
-20
0 50 100 150 200 250 300 350 400 450
Versuchstag [d]
In Abbildung 33 ist die CSB-Bilanz für beide Reaktoren für die ersten 450 Versuchstage
dargestellt. Die gezeigten Punkte sind Wochenmittelwerte der Einzelwerte die für die
Bilanzgüte in Abbildung 32 verwendetet wurden. Weiters sind gleitende 50 Tages Mittelwerte
dargestellt. Einzelne Wochen weichen zwar bis zu ca. ±15g CSB/Woche vom Mittelwert ab,
insgesamt ergibt sich aber eine Abweichung der CSB-Bilanz von unter 3% für beide
Reaktoren. Die Mittlere Abweichung über die ersten 450 Versuchstage betrug für R1 +0,60g
CSB/Woche und für R2 -1,55g CSB/Woche, was 0,086g CSB/d bzw. -0,22g CSB/d entspricht.
In Methangas umgerechnet ergibt sich daraus eine tägliche Abweichung von 30,1 ml CH4/d
für R1 bzw. 77ml CH4/d für R2.
In Abbildung 34 und Abbildung 35 sind die CSB Bilanzen für die ersten 450 Versuchstage für
Reaktor 1 und 2 dargestellt.
1,000
Valerian Butter
Reaktor 1
900
Milch Propion
800
Ameisen Essig
700
organische Säure [mg/L]
600
500
400
300
200
100
0
0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 260 280 300 320 340 360 380 400 420 440 460 480 500
Versuchstag [d]
1,000
Valerian Butter Reaktor 1
900
Milch Propion
800
Ameisen Essig
700
organische Säure [mg/L]
600
500
400
300
200
100
0
500 520 540 560 580 600 620 640 660 680 700 720 740 760 780 800 820 840 860 880 900 920 940 960 980 1000 1020 1040 1060 1080
Versuchstag [d]
1,000
Valerian Butter Reaktor 2
900
Milch Propion
800
Ameisen Essig
700
organische Säure [mg/L]
600
500
400
300
200
100
0
0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 260 280 300 320 340 360 380 400 420 440 460 480 500
Versuchstag [d]
2,000
Valerian Butter Rührer ausgefallen Reaktor 2
1,800
Milch Propion
1,600
Ameisen Essig
1,400
organische Säure [mg/L]
1,200
1,000
800
600
400
200
0
500 550 600 650 700 750 800 850 900 950 1000 1050
Versuchstag [d]
Wie im Faulschlamm von Reaktor 1 fällt dieser Anstieg der organischen Säuren auch im
Faulschlamm von Reaktor 2 jeweils mit der Verwendung neuer Rohschlammchargen
zusammen. Der Anstieg der Valeriansäurekonzentration zwischen Versuchstag 105 und 125
Außerhalb dieser beiden durch erhöhte Konzentrationen auffälligen Phasen, lagen jedoch in
beiden Reaktoren die Konzentrationen von organischen Säuren (mit Ausnahme des rot
markierten Ausfalls des Rührers) meist deutlich unter 200 mg/L, oft sogar unter 100 mg/L,
was auf einen sehr stabilen Faulungsprozess hindeutet.
In den Versuchsphasen H (HRT = 20d Versuchstag 401-476) und I (HRT = 15d) wichen die
organischen Säurekonzentrationen von R1 und R2 voneinander ab. Besonders die
Propionsäurekonzentration war in Reaktor 2 bei einer hydraulischen Aufenthaltszeit von 15
Tagen gegenüber jener im Referenzreaktor deutlich erhöht. Die Propionsäurekonzentration
betrug in Reaktor 1 60,25 mg/L (0,81 mmol/L) gegenüber 149,75 mg/L (mmol/L) in Reaktor 2.
Bei einer hydraulischen Aufenthaltszeit von 20 Tagen betrug die mittlere
Propionsäurekonzentration in Reaktor 1 18,5 mg/L (0,25 mmol/L) jene in Reaktor 2 25,4 mg/L
(0,34 mmol/L). Die Summe aller organischen Säuren betrug bei einer hydraulischen
Aufenthaltszeit von 15 Tagen maximal 794 mg/L und im Mittel 311 mg/L, was noch für einen
stabilen Faulungsprozess spricht. Von Tag 535 bis 575 traten in beiden Reaktoren erhöhte
organische Konzentration aufgrund von Dosierversuchen mit Essig- und Propionsäure auf.
Von Tag 849 bis Tag 989 traten in Reaktor R2 ungewöhnlich hohe Propionsäure-
konzentrationen auf. In diesem Zeitraum war unbemerkt die Kupplung zwischen Rührwerk
und Motor von R2 gebrochen, was zu ungenügender Durchmischung führte. Der
Reaktordeckel und der Rührerantrieb von R2 wurden an Versuchstag 891 ausgetauscht,
woraufhin die Konzentration der Propionsäure rasch auf ein normales Niveau zurückging.
Dies unterstreicht die Wichtigkeit einer vollständigen Mischung des Reaktorinhaltes für einen
störungsfreien Betrieb.
Zum einfacheren Erkennen von Hemmungserscheinungen wurde die Differenz aus den
organischen Säurekonzentrationen in beiden Reaktoren gebildet. Abbildung 38 zeigt diese
Differenz zwischen R2 und R1. Das heißt bei Werten > 0 ist die Konzentration der Säure in
Reaktor R2 höher als jene in R1. Die Säuredosierungen und der Ausfall des Rührwerkes in R2
sind rot markiert. Außerhalb dieser markierten Bereiche schwanken die Differenzen der
Säurekonzentrationen in den beiden Reaktoren zufällig. Nur zwischen Tag 982 und 1010 kam
es zu einem auffälligen Anstieg der Essigsäurekonzentration in Reaktor 2 auf 124 bis 578
mg/L (im Mittel 306 mg/L). Dieser Anstieg ist nach wie vor nicht erklärbar, hatte aber keinen
negativen Einfluss auf den Anlagenbetrieb.
1,000
Differenz R2 -R1
800
Differenz R2-R1 organische Säure [mg/L]
400
200
-200
-400
Säure Dosierung für Hemmtests Ausfall Rührwerk R2
-600
-800
-1,000
0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500 550 600 650 700 750 800 850 900 950 1000 1050 1100
Versuchstag [d]
7,000
Valerian Butter
Rohschlamm
6,000
Milch Propion
5,000
organische Säure [mg/L]
Ameisen Essig
4,000
3,000
2,000
1,000
0
0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500 550 600 650 700 750 800 850 900 950 1000 1050
Versuchstag [d]
Diese Änderung der Zusammensetzung der organischen Säuren, besonders der starke
Rückgang der Valeriansäurekonzentration kann nach Rücksprache mit dem Betreiber der
Großanlage nicht restlos geklärt werden. Die Einleitung von Waschwässern eines
Futtermittelherstellers im Einzugsgebiet gilt als am wahrscheinlichsten. Auf den Betrieb der
Laborreaktoren hatte diese erhöhte Valeriansäurekonzentration keinen negativen Effekt,
konnte aber auch im Faulschlamm beider Reaktoren noch nachgewiesen werden, wie in
Abbildung 36 zwischen Versuchstag 100 und 220 zu sehen ist.
Die Konzentration der organischen Säuren im Rohschlamm variiert mit jeder von der
Großanlage bezogenen Charge abhängig von der TS-Konzentration und der Verweilzeit im
Eindicker. Zum Vergleich mit der Konzentration der organischen Säuren ist in Abbildung 40
der Trockensubstanzgehalt des Rohschlammes dargestellt, der ebenfalls je nach verwendeter
Charge schwankte. Ein direkter Zusammenhang zwischen Feststoffgehalt und Konzentration
der organischen Säuren ist nicht erkennbar. In den Rohschlammproben der Tage 1038 und
1073 (nicht dargestellt) wurden 11.600 mg/L Essigsäure, 7160 mg/L Propionsäure und 5440
mg/L Buttersäure gemessen. Diese Charge wies auch ein ungewöhnliches TS/oTS Verhältnis
auf und verursachte Betriebsprobleme durch starke Schaumbildung, siehe Abbildung 41.
90
80
70
60
TS [g/L]
50
40
30
20
10
0
0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500 550 600 650 700 750 800 850 900 950 1000 1050
Versuchstag [d]
Der Mittelwert der Trockensubstanz des Rohschlammes betrug in den 1050 Versuchstagen
51,25 g/kg also etwa 5% (n = 65 Proben). Der minimale TS Gehalt des verwendeten
Rohschlammes betrug 18,8 g/L (Tag 646) der maximale TS Gehalt betrug 71,2 g/L
(Versuchstag 520). Der Anteil der organischen Trockensubstanz im Rohschlamm ist in
Abbildung 41 dargestellt und lag im Mittel bei 74,7% und schwankte jahreszeitlich- und
witterungsabhängig zwischen 63% und 84,1% was typischen Werten für kommunalen
Rohschlamm entspricht. Zwei Proben aus der letzten Charge Rohschlamm (gezogen an Tag
1031 und Tag 1038) wichen mit 44,6% bzw. 55,1% oTS/TS jedoch deutlich von diesen Werten
ab.
1.0
0.9
0.8
oTS/TS [-]
0.7
0.6
0.5
0.4
0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500 550 600 650 700 750 800 850 900 950 10001050
Versuchstag [d]
Abbildung 42: Partikelgrößenverteilung von Faulschlämmen aus der Großanlage und den
BioMAra Reaktoren R1 und R2
14
Bruck FT1 20190321 Tag 172
12 Bruck FT2 20190321 Tag 172
BioMAra R1 20190321 Tag 172
10
BioMAra R2 20190321 Tag 172
Häuffigkeit [%]
0
0.2 2 20 200 2000
Partikelgröße als Vergleichsdurchmesser d(4,3) [um]
12
Bruck FT2 20190321 Tag 172
10
BioMAra R2 20190321 Tag 172
8
Häuffigkeit [%]
4 Rohschlamm 1_20210121
Rohschlamm 2_20210121
2
0
0.2 2 20 200 2000
Partikelgröße als Vergleichsdurchmesser d(4,3) [um]
Eine ungenügende Durchmischung durch Störungen im Betrieb der Anlage wie durch Ausfall
des Rührwerkes lässt sich ebenfalls anhand der Partikelgrößenverteilung gut erkennen. In
Abbildung 45 sind Partikelgrößenverteilungen von Faulschlamm aus R1 und R2 jeweils einmal
oben und unten aus dem Behälter entnommen dargestellt. Die Probenahme erfolgte nach
einem Tag mit abgestelltem Rührwerk.
Abbildung 44: Partikelgrößenverteilungen von Faulschlämmen aus der Großanlage und den
BioMAra Reaktoren R1 und R2 bei verschiedenen hydraulischen Aufenthaltszeiten von HRT =
24, 35, und 70d
12
BioMAra R2 Tag 172 HRT=24d
10
BioMAra R1 Tag 801 HRT=35d
0
0.2 2 20 200 2000
Partikelgröße als Vergleichsdurchmesser d(4,3) [um]
9
BioMAra R1 20200116 oben
8
BioMAra R1 20200116 unten
7
BioMAra R2 20200116 oben
6 BioMAra R2 20200116 unten
Häuffigkeit [%]
0
0.2 2 20 200 2000
Partikelgröße als Vergleichsdurchmesser d(4,3) [um]
Bereits nach einem Tag ohne Rührwerk zeigte sich eine Entmischung des Faulschlammes in
einer Veränderung der Partikelgrößenverteilung bei Durchmessern größer 60 µm. Wobei sich
der Durchmesser bei den oben aus den Reaktoren entnommenen Proben nach einem Tag
ohne Rührwerk vergrößerte (in Abbildung 45 als Dreiecke dargestellt) und sich die Partikel
bei den von unten entnommenen Proben verkleinerte (als Quadrate dargestellt). Es
schwimmen vermutlich bei schlechter Durchmischung größere Partikel durch die
aufsteigenden Gasblasen nach oben und werden nicht mehr in den Schlamm eingemischt.
Abbildung 46: Tägliche Gasproduktion der beiden Versuchsreaktoren für die ersten fünf
Versuchsphasen (Referenzreaktor R1, Methanisierungsreaktor R2)
Versuchsphase A dauerte bis Versuchstag 21, in dieser Zeit wurde kein Wasserstoff
zugegeben. Die tägliche Gasproduktion betrug in Versuchsphase A in Reaktor 1 im Mittel
7,68 L/d und in Reaktor 2 7,43 L/d was für eine gleichmäßige Belastung beider Reaktoren
spricht.
In Versuchsphase C (Tag 71 – 82) wurden beide Reaktoren wieder mit der gleichen
hydraulischen Aufenthaltszeit von 25 d betrieben (tägliche Beschickungsmenge 800 g). Die
Gasproduktion war in dieser Versuchsphase mit 11,26 L/d für beide Reaktoren gleich.
Innerhalb der zweiten Anfahrphase (Tag 82 – 99) wurde aufgrund der Weihnachtsferien nur
einmal an Tag 89 mit Rohschlamm beschickt und kein Wasserstoff zugegeben. Daher
reduzierte sich die tägliche Gasproduktion auf 4,91 L/d für Reaktor 1 bzw. auf 5,02 L/d für
Reaktor 2.
In Versuchsphase D (Tag 100 – 127) wurden beide Reaktoren wiederum täglich mit 800 g
Rohschlamm beschickt (HRT = 25 d). Die höhere Gasproduktion von 18,42 bzw. 17,49 L/d
gegenüber der Phase C (11,26 L/d) lässt sich mit einzelnen Tagen ohne Beschickung in Phase
C erklären.
In Versuchsphase E (Tag 128 – 256) lag die mittlere tägliche Gasproduktion mit 12,01 bzw.
12,06 L/d für beide Reaktoren sehr ähnlich.
Abbildung 47: Spezifische Gasproduktion der beiden Versuchsreaktoren für die ersten 500
Tage Versuchsbetrieb. Die Mittelwerte für 15, 20 und 25 Tage HRT sind markiert
3.5
spezifische Gasproduktion R1
HRT =15d
spezifische Gasproduktion R2
spezifische Gasproduktion
3 MW 1,62 L/(L·d)
Neue Rohschlamm Charge HRT =25d HRT = 20d
2.5
MW 1,02 L/(L·d) MW 1,28 L/(L·d)
[L/(L ∙ d)]
1.5
0.5
0
0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 260 280 300 320 340 360 380 400 420 440 460 480 500
Versuchstag [d]
Die spezifische Gasproduktion beider Versuchsreaktoren ist für die ersten 500 Tage
Versuchsdauer in Abbildung 47 dargestellt. Die Gasproduktion erhöhte sich
erwartungsgemäß von ca. 1 L Gas /(L · d) bei 25 Tagen Aufenthaltszeit (Phasen E-G) auf 1,28
3.0
spezifische Gasproduktion R1 spezifische Gasproduktion R2
Roh S. 17
2.5
235/2
172/3
235/3
172/2
289/2
289/3
289/4
436/2
436/3
spezifische Gasproduktion
352/4
109/2
352/3
352/2
235
17/2
172
289
151
487
494
352
109
436
81
65
39
2.0
[L/(L ∙ d)]
1.5
1.0
0.5
0.0
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140 150 160 170 180 190 200 210 220 230 240 250 260 270 280 290 300 310 320 330 340 350 360 370 380 390 400 410 420 430 440 450 460 470 480 490 500
Versuchstag [d]
Für eine bessere Vergleichbarkeit mit Literaturwerten ist in Abbildung 49 die tägliche
spezifische Methanproduktion für die Versuchsphasen A bis D dargestellt. Diese lag zwischen
0,12 L/(L · d) in Phase A und 0,77 L/(L · d) in Phase D. Alle angegebenen Werte für die
spezifische Gasproduktion verstehen sich ohne der mittels biologischer Methanisierung
zusätzlich aus Wasserstoff erzeugten Biogasmenge. Die maximale spezifische
Methanproduktion konnte in den Phasen H und I mit 20 bzw. 15 Tagen HRT weiter auf
0,94 L/(L · d) bzw. 1,13 L/(L · d) gesteigert werden. In diesem Bereich wird auch die maximale
spezifische Methanproduktion der Anlage erwartet, da bei einer weiteren Verkürzung der
hydraulischen Aufenthaltszeit unter 15 Tage mit einem starken Abfall des pH-Wertes zu
rechnen ist, was wiederum den Methanisierungsprozess hemmt.
Ein Unterschreiten eines pH-Wertes von 6,80 muss unbedingt vermieden werden, da unter
dieser Konzentration eine Hemmung der Methanisierung auftritt (Bischofsberger 2005). Bei
einer Aufenthaltszeit von 15 Tagen wurde dieser pH-Wert in der Laboranlage aber nie
1
Spezifische Methanproduktion R1
A B C A D E
Spezifische Methanproduktion [L/(L · d)]
0,9
Spezifische Methanproduktion R2
0,8 MW:
MW: MW:
0,7 R1 0,38 MW: R1 0,39 R1 0,12
R2 0,34 R1 0,46 R2 0,33 R2 0,12
0,6
R2 0,45
0,5 MW:
0,4 R1 0,77
R2 0,66
0,3
0,2
0,1
0
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130
Versuchstag
Wie in Abbildung 49 gut erkennbar ist wurden ohne Berücksichtigung der Wasserstoffzufuhr,
in beiden Reaktoren vergleichbare Gasmengen produziert, was für einen stabilen
Anlagenbetrieb und gleichmäßige Rohschlammbeschickung spricht.
Zum Vergleich der Methanproduktion mit verfügbaren Literaturwerten empfiehlt sich die
Umrechnung der Methanproduktion auf das Reaktorvolumen. Abbildung 51 zeigt die
7
A B C A D E
6
CH4 Produktion aus H2 [L / d]
5
MW D = 0,44
4
MW B = 1,97 [L/d]
3
MW
C = 1,66
2
0
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130
Versuchstag
Luo et al. (2012) und Bassani et al. (2016) ermittelten BMR von 0,08 bis 0,39 L CH4/(L·d),
wobei jedoch die Methanisierung unter thermophilen Temperaturen von 55 °C unter
Verwendung von Rindergülle als Substrat untersucht wurden. Während Versuchsphase D, in
welcher quasikontinuierlich Wasserstoff in den Reaktor zugegeben wurde (1 h Begasung, 3 h
Pause), wurde eine mittlere BMR von 0,03 L CH4/(L·d) erreicht. Diese Methanisierungsrate
liegt unterhalb des Bereiches der Literaturwerte von 0,08 – 0,39 L CH4/(L·d) von Luo et al.
(2012) und Luo and Angelidaki (2013a).
0,5
B C A D E E2 E3
0,45 A
neuer Injektor
MW E2 = 0,09
0,4
Tag 257
MW B = 0,15 [L/(L ∙ d)] MW D = 0,03 MW E = 0,10
0,35
[L/(L ∙ d)]
MW [L/(L ∙ d)] [L/(L ∙ d)]
BMR [L/(L ∙ d)]
0,3
C = 0,12
MW E2 = 0,10
0,25
[L/(L ∙ d)]
0,2
0,15
Silikonschlauch
neuer Injektor
0,1
Tag 281
0,05
0
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140 150 160 170 180 190 200 210 220 230 240 250 260 270 280 290 300
Versuchstag
1
E E2 E3 F G1 G2 G3 H I1
0,9
0,8
[L/(L ∙ d)] [L/(L ∙ d)] [L/(L ∙ d)] 0,43 [L/(L ∙ d)]
0,7
[L/(L ∙ d)]
BMR [L/(L ∙ d)]
MW E2 = 0,10
0,6
MW F = 0,68
[L/(L ∙ d)]
[L/(L ∙ d)]
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
0
250 260 270 280 290 300 310 320 330 340 350 360 370 380 390 400 410 420 430 440 450 460 470 480 490 500
Versuchstag
In Abbildung 53 ist die BMR für die Phasen I2-P (Versuchstag 500-1000) dargestellt. In
Versuchsphase I2 betrug die mittlere BMR 0,59 L/(L·d), wobei die Standardabweichung der
Werte mit 0,25 L/(L·d) verglichen mit anderen Phasen groß war. In Phase L wurde aufgrund
der Säuredosierungen keine stabile BMR erreicht. Nach der Labor-Übersiedelung (Phase M)
wurden Versuche mit verschiedenen Temperaturen durchgeführt. Gut erkennbar ist die
Temperaturabhängigkeit der biologischen Methanisierung in den Phasen O1 bis O3 in denen
die Temperatur schrittweise von 38°C auf 35°C, 30°C bzw. 25°C reduziert wurde. Die BMR
steigt anschließend in Phase P nach Temperaturerhöhung auf 38°C wieder an. Die
Temperaturabhängigkeit der BMR bei der Methanisierung im Faulbehälter wird in Abschnitt
4.2.4 genauer betrachtet.
1
I2 K L M N O1 O2 O3 O4 P
0.9
35°C 30°C 25°C 30°C 38°C
MW I2 = 0,59 [L/(L ∙ d)]
0.8
Zugangsbeschränkung
0.7 MW O2
0,37
0.6
[L/(L ∙ d)] [L/(L ∙ d)] [L/(L ∙ d)] [L/(L ∙ d)]
0.5
0.4
0.3
0.2
0.1
0
500 550 600 650 700 750 800 850 900 950 1,000
Versuchstag
Während der Versuche wurde im Rahmen der Versuchsbetreuung regelmäßig die Gasqualität
gemessen (CH4, CO2, O2 und H2S Konzentrationen). Durch die Umsetzung von Wasserstoff zu
Methan bei der biologischen Methanisierung kommt es zu einer Verschiebung des CH4/CO2-
Verhältnisses hin zu höheren Werten, verglichen mit dem Verhältnis im Referenzreaktor (1,5)
ohne Methanisierung. Abbildung 54 und Abbildung 55 zeigen die ermittelten Verhältnisse
zwischen CH4 und CO2 für beide Reaktoren. Die Verschiebung des CH4/CO2-Verhältnisses
konnte für Reaktor 2 während allen Versuchsphasen mit Wasserstoffzufuhr beobachtet
werden. Der Vergleich zwischen den CH4/CO2 Verhältnissen im Methanisierungs- und
Referenzreaktor verdeutlicht die in Reaktor 2 ablaufende biologische Methanisierung. Ab
Phase G wurde der Gasübergang durch Einbau des Silikondiffusors deutlich verbessert was im
Verhältnis zwischen CH4/CO2 gut erkennbar ist. Ein hohes Schlammalter wirkte sich positiv
10
CH4/CO2 R1
9
8 CH4/CO2 R2
7
Einbau Silikondiffusor
CH4 /CO2 [-]
0
0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500
Versuchstag
10
CH4/CO2 R1
9
8 CH4/CO2 R2 HRT = 50 d
7
CH4 /CO2 [-]
0
500 550 600 650 700 750 800 850 900 950 1000
Versuchstag
Abbildung 56: Zusammenhang zwischen BMR und H2-Konzentration im Biogas bei 38°C
1,2
0,8
BMR [L/L·d]
F
0,6 N
0,4
I1
P G1
0,2 E2 G3
0
0 10 20 30 40 50
H2 Konzentration im Biogas [%]
Wie in Tabelle 13 ersichtlich steigt die BM Rate mit der Reduzierung der hydraulischen
Aufenthaltszeit von 25 auf 15 Tagen von 0,18 auf 0,43 LCH4 /(L · d) an. Dies lässt sich mit einer
höheren volumenbezogenen Gasproduktion erklären. Die Gasproduktion stieg dabei im
Mittel von 1 L /(L · d) bei HRT = 25 d auf 1,62 L /(L · d) bei HRT = 15 d an. Einen Überblick über
die organische Raumbelastung der Reaktoren, die resultierende spezifische Gasproduktion
und die biologische Methanisierungsrate gibt Tabelle 14. Die organische Raumbelastung
sinkt von 3,24 g CSB/(L · d) auf 3,09 g CSB/(L · d) obwohl die Aufenthaltszeit von 25 auf 20
Tage verkürzt wurde. Dies ist durch Schwankungen in der Trockensubstanz des verwendeten
Rohschlammes erklärbar (31,2 – 62,57 g TS/kg Rohschlamm, MW 49 g/kg).
Die gemessenen BM Raten liegen mit 0,17 – 0,43 LCH4/(L · d) im Bereich vergleichbarer
Ergebnisse in der Literatur (0,08 – 0,39 LCH4/(L · d)), wobei diese als Substrat nicht wie im
vorliegenden Projekt Rohschlamm einer kommunalen Kläranlage verwendeten, sondern
Gülle und Energiemais also Substrate landwirtschaftlicher Biogasanlagen. Die maximal
erreichte biologische Methanisierungsrate betrug 0,68 LCH4/(L · d) was deutlich über den
Literaturwerten liegt. Diese wurde durch kontinuierliche Wasserstoffzufuhr erreicht. Dabei
betrug der Wasserstoffgehalt im Produktgas ca. 30%, was aus heutiger Sicht großtechnisch
nicht akzeptabel wäre.
Die erreichte Gasqualität, also die Methankonzentration im Produktgas lag zwischen 53,8%
und 73,9%. Die maximale Methankonzentration in vergleichbaren Versuchen lag zwischen
65% und 96,1%. Wobei die Werte >80% in der Literatur alle mit Diffusionsmembranen zur
Wasserstoffeinbringung erreicht wurden. Dies sollte im Projekt untersucht werden, wurde
aber zugunsten der Versuche im Rieselbettreaktor verworfen. Die in der Literatur
beschriebene maximale Gasqualität von 96,1% CH4 wurde zusätzlich durch erhöhten
Betriebsdruck des Methanisierungsreaktors (0,75 bar Überdruck) erreicht (vgl. 2.3.3 und
2.4.2). Die Untersuchung von Druckreaktoren war aus sicherheitstechnischen Überlegungen
sowie großtechnischer Unwirtschaftlichkeit im Projekt nicht vorgesehen.
Sämtliche in diesem Bericht gezeigten Ergebnisse zu BM Rate und Gasqualität wurden mit
blasenförmig eingebrachtem Wasserstoff erzielt. Durch die Verwendung eines alternativen
Systems zur Methanisierung sollte in den letzten Versuchsphasen der
Wasserstoffkonzentration im Produktgas weiter reduziert und gleichzeitig die Umsatzrate
und die Gasqualität gesteigert werden. Zuerst wurden Fasermembranen in Betracht
gezogen, aufgrund von vielversprechenden Aussagen in der Literatur wurde aber ein
Rieselbettreaktor für die Gasaufbereitung erprobt.
0.8
BMR Mittelwerte
0.7 30°C min BMR
30°C max BMR
38°C min BMR
0.6
38°C max BMR
0.5
BMR [L/L*d]
0.4
0.3
0.2
y = 0.0274x - 0.5971
R² = 0.9803
0.1
0
20 25 30 35 40
Temperatur [°C]
lag-Phase 40 min
H2 vollständig
Beginn/Ende umgesetzt
H2-Zufuhr
Die lag-Phase – also die Verzögerung bis zum Einsetzen der biologischen Methanisierung –
betrug ca. 40 Minuten. Im Vergleich dazu beträgt bei anderen anaeroben
Stoffwechselprozessen zum Beispiel die lag-Phase bei der anaeroben Ammonium Oxidation
laut Gilbert (2014) ca. 5-10 min. Die Verzögerung vom Einschalten der PEM-Elektrolyse bis
zum Erreichen des Solldrucks betrug 10 Minuten. Vom Einschalten der Elektrolyse bis zum
Erreichen des vollen Umsatzes kann also mit ca. 50 Minuten gerechnet werden.
Bei Einschalten der Elektrolyse wird sofort Strom benötigt, wodurch leitungsfähige
Elektrolyseure großtechnisch zur Netzstabilisierung als Sekundenreserve verwendet werden
können. In der Phase 10-50 Minuten nach dem Einschalten der Elektrolyse wird zwar erst
nach und nach Methan als Produktgas gebildet, der in dieser Zeit produzierte Wasserstoff
wird aber nach der lag-Phase biologisch zu Methan umgewandelt und der aufgewendete
Strom geht nicht verloren, auch wenn die Elektrolyse vorzeitig wieder abgeschaltet wird.
Diese Ergebnisse gelten für ein System das regelmäßig für längere Phasen mit Wasserstoff
versorgt wurde. Tests zur Anfahrdynamik nach längeren Pausen und anschließendem
Anfahren der Wasserstoffversorgung wurden im Zuge dieses Projektes nicht durchgeführt.
Als Inokulum der beiden Reaktoren (R1 und R2) wurde Faulschlamm aus beiden
Faulbehältern der Kläranlage Bruck an der Leitha (FT1 und FT2) gemischt und anschließend
inokuliert. Dabei zeigt sich, dass trotz identischer Betriebsweise beider Faulbehälter der
Großanlage beide mikrobiellen Gemeinschaften sich auf Phylumebene relativ unterscheiden.
Actinobacteria und Chloroflexi haben im Schlamm von Bruck FT1 eine höhere relative
Abundanz, wohingegen Proteobacteria und Spirochaetes in der Probe Bruck FT2 eine höhere
relative Abundanz zeigen, im Vergleich zur Probe Bruck FT1 (Abbildung 59). Der
Referenzreaktor BioMAra R1 zeigte bei der 1. Probenahme im April 2019 eine Zunahme der
Abundanz von Bacteriodetes und Chloroflexi, wohingegen die Ergebnisse im Juli ebenfalls
einen Anstieg der relativen Abundanz von Firmicutes und Chloroflexi zeigten. Die Ergebnisse
von BioMAra R2, der als Methanisierungsreaktor unter Zugabe von H2 betrieben wurde,
zeigten ebenfalls sowohl im April als auch im Juli eine deutliche Zunahme der relativen
Abundanz von Bacteriodetes und Proteobacteria.
Zum Zeitpunkt 1 (11.4.2019, am Ende der Versuchsphase E) war die Wasserstoffzufuhr mit
0,18 L/(L·d) geringer als zum Zeitpunkt 2 (25.7.2019 am Ende der Versuchsphase G2) mit 0,45
L/(L·d). Die organische Belastung und die hydraulische Verweilzeit wurde zwischen den
beiden Zeitpunkten (HRT = 25 d) nicht verändert, die Temperatur betrug durchgehend 38°C
um den Einfluss der unterschiedlichen Wasserstoffzufuhr auf die mikrobielle Gemeinschaft zu
untersuchen.
Die häufigsten Arten auf Phylum-Ebene in den verschiedenen Phasen und Reaktoren, ihr
Vorkommen und wichtige Eigenschaften sind (Abbildung 59):
Abbildung 59: Vergleich der relativen Häufigkeiten der 10 häufigsten Phyla in Proben der
BioMAra Reaktoren R1 und R2 für zwei Zeitpunkte, sowie der Faulbehälter der Großanlage
(FT1 und FT2) basierend auf der Shotgun Sequenzierung
Pophyromonadaceae nimmt zwischen Zeitpunkt 1 und 2 in beiden Reaktoren ab, was auf
eine Reduktion des Kohlehydratanteils im Rohschlamm hindeutet.
Die relative Abundanz von Anaerolineaceae steigt im Referenzreaktor R1 zwischen April und
Juli deutlich an (> 10%), wohingegen die relative Abundanz von Anaerolinaceae in R2
konstant bleibt. Studien haben gezeigt, dass mehrere Mitglieder der Familie Anaerolineaceae
Wasserstoff als Nebenprodukt bei der Fermentation produzieren (McIlroy et al. 2017). Dafür
müsste jedoch das Enzym Hydrogenase in den Proben untersucht werden. Die relative
Abundanz der Syntrophaceae nimmt in BioMAra R1 ab, wohingegen diese in Reaktor
BioMAra R2 konstant bleibt. Thermotogaceae konnte im Inokulum nur in sehr geringen
Abundanzen (< 1%) nachgewiesen werden, es zeigte sich aber sowohl im April als auch im
Juni in beiden Reaktoren ein Anstieg der relativen Abundanz. Campylobacteracea kam in der
Großanlage, sowie im Referenzreaktor R1 nicht vor. War aber im Methanisierungsreaktor R2
mit 3% relativer Häufigkeit vertreten, was auf die Reduktion von Schwefel unter Verwendung
von Wasserstoff hinweist.
Abbildung 60: Analyse der 10 häufigsten Familien in den Faulschlämmen aus R1 und R2 sowie
im Faulschlamm der Großanlage (FT1 und FT2) basierend auf der Shotgun Sequenzierung
Eine Abhängigkeit zwischen der BMR und der Wasserstoffkonzentration im Biogas konnte
gefunden werden. Wobei bei einer noch einspeisefähigen Gasqualität eine BMR von maximal
0,43 L/(L · d) erzielt wurde. Bei einer Erhöhung der zulässigen Wasserstoffkonzentration auf
45%, konnte die BMR auf bis zu 0,68 L/(L · d) gesteigert werden. Eine
Temperaturabhängigkeit der BMR für den mesophilen Bereich von ca. 3% /°C konnte
nachgewiesen werden.
In der Literatur wurde bis dato noch von keiner biologischen in-situ Methanisierung in
kommunalem Faulschlamm (Mischbiozönose) unter mesophilen Bedingungen berichtet, wie
sie in diesem Projekt durchgeführt wird. Die höchsten BMR Werte aus der Literatur stammen
aus Reaktoren mit vergleichsweise hohen Rührerdrehzahlen (500 U/min) was den
Stoffübergang zwischen Gas- und Flüssigphase stark begünstigt. Im Vergleich dazu wurde bei
den in diesem Projekt durchgeführten Versuchen ein langsam drehendes Rührwerk
(10 U/min) für die Reaktordurchmischung eingesetzt. Diese geringere Drehzahl ist besser auf
großtechnische Faulbehälter übertragbar und reduziert den Energiebedarf für die
Durchmischung des Reaktors erheblich.
Eine vermutete Anreicherung von Propionsäure durch eine Hemmung durch hohe
Wasserstoffpartialdrücke in dem mit Wasserstoff begasten Reaktor konnte während der
ersten Versuchsphasen bei einer hydraulischen Verweilzeit von 25 Tagen nicht festgestellt
werden (wird in Abschnitt 4.3 gezeigt). Die Konzentration der organischen Säuren stieg
jedoch erwartungsgemäß bei kurzen hydraulischen Verweilzeiten von 20 bzw. 15 Tagen stark
an. Bei 15 Tagen Verweilzeit stellte sich auch die in der Literatur beschriebene Propionsäure-
Abbildung 62: Essigsäure-Konzentration bei einem Wasserstoffpartialdruck von pH2 = 0,15 bar
für R1 und R2, 10 mmol/L wurden dosiert
1600
1400
Essigsäure Konzentration [mg/L]
1200
1000
y = -731.83x + 1469
800
600
400
y = -603.68x + 706.62
200 Essigsäure R1
Essigsäure R2
0
00:00 03:00 06:00 09:00 12:00 15:00 18:00 21:00 00:00 03:00
Zeit nach der Dosierung [hh:mm]
700
Buttersäure R1
Buttersäure R2
600 Buttersäure Dosierung R1 (5 mmol/L)
Buttersäure Dosierung R2 (5 mmol/L)
Buttersäure Konzentration [mg/L]
500
400
300
y = -752.78x + 493.11
200
y = -967.61x + 546.95
100
0
00:00 01:00 02:00 03:00 04:00 05:00 06:00 07:00 08:00 09:00 10:00 11:00 12:00
Zeit nach der Dosierung [hh:mm]
700
600
Propionsäure Konzentration [mg/L]
500
y = -175.3x + 587.7
400
-75%
300
200
Propionsäure R1 y = -1015.9x + 592.09
Propionsäure R2
100
Propionsäure Dosierung R1 (5 mmol/L)
Propionsäure Dosierung R2 (5 mmol/L)
0
00:00 01:00 02:00 03:00 04:00 05:00 06:00 07:00 08:00 09:00 10:00 11:00 12:00
Zeit nach der Dosierung [hh:mm]
450
400
350
Propionsäure Konzentration [mg/L]
300
250
y = -581.62x + 404.71
200
150
y = -639.04x + 398.16
100
50
Propionsäure R1
Propionsäure R2
0
00:00 01:00 02:00 03:00 04:00 05:00 06:00 07:00 08:00 09:00 10:00 11:00 12:00
Zeit nach der Dosierung [hh:mm]
Tabelle 16 gibt einen Überblick über die in den obigen Abbildungen dargestellten,
ausgewählten Dosierversuche, den dosierten Säuremengen, den erreichten oTS-spezifischen
Umsatzraten und der daraus berechneten Hemmung.
Alle drei Wiederholungen des Dosierversuchs mit Propionsäure zeigten bei einem
Wasserstoffpartialdruck von pH2 = 0,15 bar eine Hemmung von 70%-80%. Bei den anderen
Säuren (Essig- und Buttersäure) wurden unabhängig von den dosierten Konzentrationen (1, 5
und 10 mmol/L) und für beide Wasserstoffpartialdrücke (pH2 = 0,1 bar und pH2 = 0,15 bar)
keine Hemmung festgestellt. Dies bestätigt die Aussage von Fang and Xiao-Shan (1999).
Da Einspeisequalität (zu Projektbeginn > 96%, später durch Änderung der Einspeiserichtlinie
> 90% CH4, bzw. <10% H2) im Produktgas der Faulungsanlage nicht direkt erreicht werden
konnte, wurde zur Nachbehandlung des Faulgases ein Rieselbettreaktor nachgeschaltet. Der
Aufbau des Rieselbettreaktors ist unter Kapitel 3.1.2 beschrieben. Das im Reaktor R2
produzierte Gas wird unten in den Rieselbettreaktor eingeleitet, durchsteigt die Schüttung
aus Füllkörpern und das im Gas verbliebene CO2 wird mit H2 in der Schüttung methanisiert.
Das Rieselbett wurde mit 530 g Faulschlamm aus dem Reaktor R2 angeimpft und sofort mit
der gesamten Gasmenge aus dem Reaktor R2 durchströmt.
Wie in Abbildung 68 zu sehen ist, brach die CH4-Konzentration nach jedem Öffnen des
Rieselbettreaktors in den darauffolgenden Tagen ein. Die Dauer und Höhe dieses Einbruches
hängt dabei stark vom Spülen des Reaktors mit H2/CO2 Gemisch nach dem
Wiederverschließen ab. Zweimal wurde nach dem Öffnen der Reaktor nicht gespült (markiert
in Abbildung 68), worauf die CH4 Konzentration einige Tage reduziert war. Dagegen wurde
zweimal nach dem Öffnen mit dem 5-fachen Reaktorvolumen mit H2 bzw. CO2 gespült, um
den Luftsauerstoff aus dem Reaktor zu verdrängen. Dadurch wurde die Zeit für das Anfahren
nach der Probenahme deutlich reduziert.
9000 45
Essigsäurekonzentration Rieselflüssigkeit
8000 40
7000 35
6000 30
Temperatur [°C]
Ausfall Heizung Essigsäure [mg/L]
5000 25
[mg/L]
Temperatur [°C]
4000 20
Start Dosierung
3000 Spurenelemente 15
2000 10
1000 5
0 0
05.03.2021 25.03.2021 14.04.2021 04.05.2021 24.05.2021 13.06.2021 03.07.2021 23.07.2021 12.08.2021 01.09.2021 21.09.2021
Datum
9000 9
Essigsäure [mg/L]
Essigsäurekonzentration Rieselflüssigkeit
H2 Menge erhöht
8000 8.5
pH [-]
7000
8
6000
pH Rieselbett [-]
7.5
5000
[mg/L]
7
4000
Schüttungsvolumen 6.5
3000
reduziert
6
2000
1000 5.5
0 5
05.03.2021 25.03.2021 14.04.2021 04.05.2021 24.05.2021 13.06.2021 03.07.2021 23.07.2021 12.08.2021 01.09.2021 21.09.2021
Datum
100
CH4, CO2 Konzentration Rieselbett [%]
90
80
70
CH4 Konzentration [%]
60
CO2 Konzentration [%]
50
40
30 Reaktor geöffnet
20 nicht mit H2 gespült
10
0
05.03.2021 25.03.2021 14.04.2021 04.05.2021 24.05.2021 13.06.2021 03.07.2021 23.07.2021 12.08.2021 01.09.2021 21.09.2021
Datum
In Abbildung 69 ist die CH4 Konzentration im Produktgas des Rieselbettreaktors und das
vorhandene Bettvolumen dargestellt. Das Volumen des Rieselbettes wurde schrittweise von
8 L auf 2 L reduziert. Bis auf das Öffnen des Reaktors zur Reduktion des Schüttvolumens
wurde zweimal zusätzlich eine Probe aus dem Rieselbett genommen, dies ist in Abbildung 69
mit Pfeilen markiert. Außerdem ist an jedem Wochenende ein Abfall der CH4 Konzentration
zu sehen, was durch die fehlende Biogasproduktion zu erklären ist. Da die Reaktoren am
Samstag und Sonntag nicht beschickt wurden, war bei der Gasmessung am Montag die
Wasserstoff Konzentration jeweils erhöht, was die Methankonzentration sinken ließ.
Abbildung 69: CH4 Konzentration im Produktgas und das Bettvolumen des Rieselbettes
10
100
CH4, CO2 Konzentration Rieselbett [%]
9
90
8
80
7
70
Bettvolumen [L]
30 3
Reaktor geöffnet
20 2
10 1
0 0
05.03.2021 25.03.2021 14.04.2021 04.05.2021 24.05.2021 13.06.2021 03.07.2021 23.07.2021 12.08.2021 01.09.2021 21.09.2021
Datum
Entfernt man die Messwerte der Gaszusammensetzung für die Montage und nach Öffnen des
Reaktors zeigt sich eine sehr stabile Gaszusammensetzung von im Mittel 97% CH4, < 3% CO2
und 500–3000 ppm H2 im Produktgas (Abbildung 70).
100
CH4, CO2 Konzentration Rieselbett [%]
90
80
70
CH4 Konzentration [%]
60
CO2 Konzentration [%]
50
40
30
Probenahme
20
10
0
05.03.2021 25.03.2021 14.04.2021 04.05.2021 24.05.2021 13.06.2021 03.07.2021 23.07.2021 12.08.2021 01.09.2021 21.09.2021
Datum
8 8
7 7
BMR Rieselbett
6 6
Mittlere BMR
Bettvolumen [L]
5 5
BMR [L/L · d]
Bettvolumen
4 4
3 3
2 2
1 1
0 0
05.03.2021 25.03.2021 14.04.2021 04.05.2021 24.05.2021 13.06.2021 03.07.2021 23.07.2021 12.08.2021 01.09.2021 21.09.2021
Datum
Die erreichten BMR betrugen zwischen im Mittel 0.47 L/L·d bei 8 L Bettvolumen und 2.56
L/L·d bei 2L Bettvolumen. Nach Erhöhung der Gasproduktion in R2 konnte die BMR bei 2 L
Bettvolumen bis auf im Mittel 3.91 L/L·d gesteigert werden. Die maximale BMR lag gegen
Für eine konservative Auslegung eines Rieselbettreaktors zur Gasaufbereitung kann also eine
BMR von ca. 4 L/L·d angewendet werden. Dies entspricht ca. dem 10-fachen der im
Faulbehälter erreichten BMR.
Für den Rieselbettreaktor zeigte sich eine stärkere Temperaturabhängigkeit der biologischen
Methanisierungsrate als im Faulschlamm. Bei 38°C wurde im Rieselbettreaktor eine BMR von
6,5 L/L·d gemessen. Im Vergleich dazu berichten Strubing et al. (2017) von einer BMR von
15,4 L/L·d bei thermophilen Bedingungen (55°C). Dies entspricht ca. einer Verdopplung der
Umsatzrate pro 10°C im Bereich zwischen 38°C und 55°C Tabelle 17.
Abbildung 72: Mikroskopaufnahme eines Schnittes aus einem Linpor® PU-Schaum Würfel
200 µm
In der Abbildung ist eine Probe des Aufwuchs-Materials dargestellt, die ca. 3 Wochen nach
dem Beimpfen des Rieselbettreaktors mit Faulschlamm aus Reaktor 2 entnommen wurde.
Der gleichmäßig entwickelte Biofilm bedeckte die gesamte sichtbare Oberfläche der
Schaumstoffporen, was auf eine sehr rasche Ausbreitung hindeutet.
100 µm
100 µm
Die in Abbildung 73 dargestellte Probe des PE10 Aufwuchsträgers wurde gleichzeitig mit dem
in Abbildung 72 dargestellten PU-Schaum Aufwuchsträger entnommen. Der Aufwuchsträger
aus Hartkunststoff ist zwar ebenfalls mit Biofilm bewachsen, weist aber nach 3 Wochen im
Rieselbettreaktor noch viele unbewachsene Bereiche auf, wie in Abbildung 73 im rechten
Drittel des Fotos gut erkennbar ist. Der Hersteller gibt für die Bewuchszeit bei Einsatz als
MBBR Träger (aerob) ca. 15 Tage an, was unter den anaeroben Bedingungen im Rieselbett
nicht erreicht wurde, dies ist durch die geringeren Umsatzraten erklärbar.
Im Jahr 2020 wurden in Österreich 137 Kläranlagen inklusive Schlammfaulung mit einer
Ausbaugröße > 20.000 EW und 59 Anlagen mit einer Ausbaugröße > 50.000 EW betrieben.
Umfragedaten von 28 österreichischen Kläranlagen mit Schlammfaulung und einer
Auslegungsgröße zwischen 24.500 EW und 4 Mio. EW, bezogen auf 120 g CSB/EW·d wurden
ausgewertet (Tabelle 18). Die tägliche mittlere CSB Fracht im Zulauf variierte zwischen 1.272
und 374.400 kg CSB/d. Die Anlagen waren zwischen 43% und 125% bezogen auf ihre
Auslegungskapazität belastet (im Mittel 70%). Die meisten Anlagen, besonders jene
> 100.000 EW, sind zwischen 60% und 85% ausgelastet.
Zwei der betrachteten Anlagen waren über ihre Auslegungskapazität belastet – #11 mit einer
Auslegungskapazität von 120.000 EW war mit 150.000EW belastet (125%), wovon 85.000 EW
der Belastung auf kommunales Abwasser und 65.000 EW auf Abwasser aus der
Milchindustrie stammten und Anlage #26 mit einer Auslegungskapazität von 457.579 EW
basierend auf CSB und einer Belastung von 507.913 EW – wobei die hydraulische Auslastung
lediglich 85% betrug. Es muss jedoch angemerkt werden, dass alle betrachteten Anlagen
sämtliche Ablaufgrenzwerte einhielten, auch jene beiden die über ihre Auslegungskapazität
betrieben wurden.
In Abbildung 74 sind die CSB Auslegungskapazität, die CSB Zulauffracht und die relative
Auslastung der 28 teilnehmenden Anlagen grafisch dargestellt. Die mittlere Auslastung
beträgt zwischen ca. 60% und ca. 80%. Ein Anstieg der relativen Auslastung ist bei den
größeren Anlagen erkennbar.
KA Auslegungs- Zulauf- Relative Behälter Behälter- Co-Substrat EW-spezifische EW-spezifisches Erdgas Jährliche
Kapazität Fracht Belastung Anzahl Volumen Anteil Gas Produktion Behältervolumen Anschluss Gasproduktion
# [EWCSB] [EWCSB] [%] [-] [m3] [% CSB] [L / EW · d] [L / PE] [Ja / Nein] [m3 / a]
1 24.500 10.600 43 1 1.690 0 24,91 68,98 Nein 96.360
2 45.000 22.200 49 1 1.300 36 38,91 28,89 Ja 315.279
3 62.500 30.012 48 1 1.600 5 31,29 25,60 Ja 342.768
4 65.000 48.690 75 1 1.800 0 14,82 27,69 Ja 263.394
5 71.670 63.070 88 2 3.200 0 26,11 44,65 Ja 601.088
6 90.000 38.850 43 2 5.000 5 38,92 55,56 Ja 551.953
7 100.000 60.000 60 2 7.000 0 21,67 70,00 Ja 474.500
8 100.000 - - 2 4.600 - 46,00 - 730.000
9 100.000 91.663 92 1 2.500 0 12,69 25,00 - 424.680
10 110.000 75.000 68 2 5.500 0 22,32 50,00 Ja 610.946
11 120.000 150.000 125 3 8.250 43 56,32 68,75 Ja 3.083.520
12 120.000 75.309 63 2 5.400 47 75,53 45,00 Ja 2.076.263
13 130.000 55.000 42 2 4.800 5 21,82 36,92 Nein 438.000
14 130.000 78.300 60 2 3.000 0 23,51 23,08 Ja 672.000
15 135.500 108.300 80 2 6.000 6 31,39 44,28 Ja 1.241.000
16 150.000 - - 3 7.200 - 48,00 - 1.095.000
17 160.000 150.000 94 2 9.000 0 23,74 56,25 Ja 1.300.000
18 167.000 138.000 83 2 5.000 23 36,72 29,94 Ja 1.849.384
19 170.000 110.000 65 2 5.000 0 14,55 29,41 Nein (1) 584.000
20 200.000 170.000 85 2 11.000 0 29,01 55,00 n,a, 1.800.000
21 255.000 110.000 43 2 6.000 0 24,91 23,53 Ja 1.000.000
22 260.000 102.000 39 2 10.500 45 49,02 40,38 Ja (2) 1.825.000
23 280.000 219.000 78 3 11.000 0 24,13 39,29 Nein 1.928.832
24 370.000 - - 2 8.000 - - 21,62 - -
25 400.000 260.000 65 2 9.200 20 37,93 23,00 Ja 3.600.000
26 457.579 507.913 111 5 12.000 5 28,23 26,22 Ja 5.232.742
27 950.000 745.625 78 3 31.200 0 24,14 32,84 Ja (2) 6.570.000
28(3) 4.000.000 3.120.000 78 6 75.000 0 21,60 18,75 Nein 24.600.000
Summe 9.223.749 6.539.532 62 261.740 22,01(4)/ 40,72(5) 18 Ja/5 Nein 63.306.709
M.W. 70 4 10 30,17(6) 39,45 ≈ 411 GWh/a(7)
(1)
Erdgasanschluss wird derzeit errichtet. (2) Biogas Upgrade installiert. (3) Daten Projekt EOS (ebswien. 2021)
(4)
mittlere Gasproduktion für Anlagen ohne Co-Substrat. (5) für Anlagen mit Co-Substrat. (6) Alle Anlagen. (7) Als theoretischer Energieinhalt
Abbildung 74: Auslegungskapazität als EWCSB (Quadrate), Zulauffracht als EWCSB (Dreiecke)
und die relative CSB-Fracht (Sterne) von 28 Österreichischen Faulungsanlagen
1,000,000 100
111%
4/3.1 Mio PE
125%
900,000 90
CSB Dimensionierungsfracht, CSB
800,000 80
Zulauffracht [EWCSB]
700,000 70
600,000 60
500,000 50
400,000 Auslegungskapazität [EW] 40
300,000 CSB-Zulauffracht [EW] 30
200,000 20
Relative Auslastung [%]
100,000 10
0 0
0 5 10 15 20 25 30
Anlage Nummer [#]
Wie in Abbildung 75 ersichtlich, variiert die EW-spezifische Gasproduktion zwischen 12,7 und
29 L/EW·d für Anlagen ohne Co-Substrat und zwischen 21,8 und 75,5 L/EW·für Anlagen mit
Co-Substrat. Die mittlere spezifische Gasproduktion betrug 22 L/EW·d für Anlagen ohne, und
40,7 L/EW·d für Anlagen mit Co- Substrat Zugabe.
Mit einem Anteil von 44% an der gesamten Biogasproduktion, hat die Gasproduktion in
Schlammfaulungsanlagen in Österreich im internationalen Vergleich einen relativ hohen
Stellenwert, verglichen mit im Mittel 23% Anteil bei den 14 Mitgliedsländern der IEA
bioenergy Group (zum Vergleich in Tabelle 21).
Tabelle 21: Gesamte Biogasproduktion und Biogasproduktion auf Kläranlagen, Daten (IEA
2020) und Daten für Norwegen (IEA 2015)
Land Referenz Gesamte Biogasproduktion Anzahl der Biogas Produktion Anzahl der
Aus kommunaler- und Anlagen in Kläranlagen Kläranlagen
industrieller Abwasser- landwirtschaftliche Nur inklusive
reinigung, Klärschlamm, Biogas- und Schlammfaulungs- Schlammfaulung
Biomüll, landwirtschaftliche Schlammfaulungs- anlagen
Reststoffe und Deponiegas Anlagen
Jahr GWh/a GWh/a % Anteil #
Australien 2017 1.587(3) 242 381(3) 24% 52
Österreich 2020 1.613(1) 287 n.a. n.a. n.a.
Brasilien 2016 5.219 165 210 4% 10
Kanada 2019 n.a. 150 n.a. n.a. 31
Dänemark 2018 3.723 172 308 8% 51
Finnland 2017 692 96 126 18% 16
Frankreich 2017 3.527(2) 687 442(2) 8% 88
Deutschland 2019 52.158(2) 10.551 3.657(2) 7% 1.274
Norwegen * 2010 500 129 164 33% 129
Süd-Korea 2017 2.815 119 630 38% 36
Schweden 2018 2.044 280 715 40% 138
Schweiz 2018 1.454 634 633 49% 473
Niederlande 2018 3.465 262 640 20% 80
Großbritannien 2018 23.762(1) 994 4.266(1) 11% 163
Summe Summe Summe Summe Summe
102.559 14.640 12.885 23% 2.678
(1) Berechnet aus der Strom Produktion mit ηEL = 0.35; (2) Elektrizität + Wärmeproduktion; (3) Aus installierter Leistung berechnet
Ohne die Sauerstoffnutzung liegt der Gesamtwirkungsgrad zwischen elektrischem Input und
produziertem CH4 inklusive Wasser Elektrolyse und BM bei 31,5%. Inklusive
Sauerstoffnutzung erhöht sich der Gesamtwirkungsgrad auf 76,5%; wenn der reine
Tabelle 22: Täglich produzierte Gasmengen und Anteile im Produktgas für CH4, CO2 und H2
für eine Modell-Faulung mit 100.000 EW Auslegungsgröße für vier verschiedene BM
Wirkungsgrade und einer klassischen Faulung ohne BM als Referenzanlage
Österreichs 59 Faulungsanlagen >50.000 EW haben 2020 eine Gasmenge von 76,45 Mio. m3/a
produziert. Wird der CO2 Gehalt von 40% auf 10% durch BM reduziert ergibt sich dadurch ein
energetisches Potenzial durch die Produktion von zusätzlichem Methan von 220 GWh/a. Zum
Vergleich liegt das in der gleichen Größenordnung wie die 2020 von landwirtschaftlichen
Biogasanlagen in das Erdgasnetz eingespeisten Gasmenge (152 GWh/a) (E-Control 2021b).
Unter Berücksichtigung der obigen Berechnungen wird ein Wirkungsgrad von 31,5% für die
biologische Methanisierung angenommen. Um die zusätzlichen 22,9 Mio. m3/a CH4 über BM
zu produzieren, werden dafür 698 GWh/a elektrische Energie benötigt. Werden alle
Faulungsanlagen >20.000 EW mit BM betrieben (137), können zusätzliche 25 Mio. m3/a
Methan produziert werden, was 279 GWh/a entspricht. Werden alle österreichischen
Kläranlagen mit Schlammfaulung (164) mit BM ausgerüstet, können zusätzlich 25,5 Mio. m3/a
L CH4 LFaulraum Wh Wh W
sBMc_el = 0,3 · 40 · 22,5 = 270 = 11,25
LFaulraum ∙ d EW L CH4 EW · d PE
Mit diesem EW-spezifischen elektrischen Input, können basierend auf einer spezifischen
Gasproduktion von 22 L/d ca. 8,8 L CH4/EW·d zusätzlich über BM aus CO2 produziert werden.
Unter Verwendung einer bundesweiten Schlammfaulungskapazität von 15,1 Mio. EW, kann
die BM Kapazität basierend auf elektrischem Input (BMc_el) wie folgt berechnet werden.
Es können also ca. 177.000 m3 CH4/d (64,5 Mio. m3/a) mit einer elektrischen Leistung von ca.
170 MW mittels biologischer Methanisierung produziert werden. Diese 64,5 Mio. m3/a
entsprechen einer Energiemenge von 625 GWh/a. Die maximale Kapazität ist limitiert durch
die biologische Methanisierungsrate (BMR). Das verfügbare Reaktorvolumen würde einen ca.
3-fach höheren Energiedurchsatz erlauben als die 220 GWh/a die durch die im Faulgas
verfügbare CO2 Menge begrenzt sind. Wie in Abbildung 75 gezeigt, kann die Volumen-
spezifische Gasproduktion und somit auch die CO2 Menge durch den Einsatz von Co-
Substraten auf ca. das dreifache gesteigert werden.
Als Wirkungsgrad für die Pumpspeicherkraftwerke wurde 75% gewählt. Der Wirkungsgrad für
die Umwandlung von Elektrizität in Methan über biologische Methanisierung wurde 31,5%
gewählt – ohne Nutzung des Sauerstoffes – wie oben beschrieben. Der berechnete
elektrische Input ist 698 GWh/a, was 23% des Inputs in Pumpspeicherkraftwerke entspricht
(3000 GWh/a). Pro Jahr werden in Faulungsanlagen > 50.000 EW Ausbaugröße 701 GWh/a
Biogas aus Klärschlamm produziert. Wird das gesamte CO2 in CH4 umgewandelt, können
zusätzliche 220 GWh/a Biomethan durch BM produziert werden. Gesamt würden dann 921
GWh/a Energie als Biomethan produziert, was in etwa 1% der in Österreich verwendeten
Erdgasmenge entspricht. Ein Anteil von 16% (15.431 GWh/a) von Österreichs
Stromproduktion basiert auf fossilen Energieträgern (hauptsächlich Erdgas), 26% (24.453
GWh/a) ist importierte Elektrizität E-Control (2021a).
Mit der zusätzlichen Langzeit-Speicherkapazität die durch BM generiert wird, müssten Wind
und PV Anlagen nicht mehr abgeschaltet werden, wenn die Ferntransportleitungen für
elektrischen Strom voll ausgelastet sind. Gleichzeitig würde bereits existierende Infrastruktur
genutzt, und es muss keine neue Pumpspeicherkraftwerk-Kapazität errichtet werden, was
aufgrund von Umweltaspekten immer schwieriger wird.
Um die für die Berechnung des energetischen Potentials der biologischen Methanisierung in
Österreich notwendigen detaillierten Daten zu erhalten, wurde eine Umfrage durchgeführt.
Daten von 28 österreichischen Kläranlagen zeigten, dass Schlammfaulungen mit einer
Ausbaugröße > 50.000 EW im Mittel mit ca. 70% ihrer CSB-Auslegungskapazität betrieben
werden. Das EW-spezifische Faulbehältervolumen beträgt 40 L/EW, die EW-spezifische
Gasproduktion beträgt 22 L/EW·d ohne Co-Substrate und 30,5L/EW·d mit Co-Substrat, was
im Bereich der Werte in der Literatur liegt.
Durch Zufuhr von Wasserstoff in den Faulbehälter, kann die CO2 Konzentration im Biogas
durch biologische Methanisierung reduziert und eine einspeisefähige Gasqualität erreicht
werden. Für Österreich ist dies nun durch eine signifikante Änderung der Richtlinien für die
Einspeisung von Biogas möglich, welche bis zu 10% Wasserstoff im in das Erdgasnetz
eingespeisten Biogas erlauben. Verglichen mit dem thermochemischen Sabbatier Prozess, ist
die biologische Methanisierung ein relativ einfacher Prozess für die Produktion von
Biomethan, der auch in kleinen Einheiten mit einer Kapazität von 50–250 m3/h umgesetzt
werden kann. Es konnte gezeigt werden, dass die maximale Energiemenge die über
biologische Methanisierung in Faulbehältern umgesetzt werden kann, durch die pro
Zeiteinheit verfügbaren CO2 Menge limitiert ist. Diese CO2 Menge kann jedoch durch die
Erhöhung der Biogasmenge durch Co-Substrat Zugabe erhöht werden. Wird die
volumenspezifische Methanisierungsrate und das existierende Behältervolumen
berücksichtigt, wäre ein ca. 3-mal höherer Energiedurchsatz möglich.
Für die 14 Mitgliedsländer der IEA bioenergy task group 37 (Tabelle 21) beträgt das
energetische Potential für biologische Methanisierung in kommunalen Faulbehältern
ungefähr 6000 GWh/a, was im Bereich der jährlichen erneuerbaren Energieproduktion von
Österreich liegt.
Der Investitionsbedarf für die Umsetzung von Power to Gas über biologische Methanisierung
in kommunalen Faulbehältern kann über volumenspezifische Kosten für den Behälter, bzw.
über leistungsspezifische Kosten für die Elektrolyse berechnet werden. Die Investitionskosten
beziehen sich auf kommunale Kläranlagen mit bestehender Schlammfaulung. Dabei fallen
keine Kosten für die Produktion des Kohlendioxids für die Methanisierung an.
Die vorgeschaltete Elektrolyse zur Produktion des Wasserstoffs hat einen hohen Anteil am
Endpreis des Methans (unabhängig ob biologische oder thermochemische Methanisierung).
Im Falle der biologischen Methanisierung belaufen sich diese auf ca. 6 – 21 % der
Gesamterzeugungskosten (Graf et al. 2014).
Für eine Faulungsanlage mit einer Auslegungskapazität von 100.000 EW wird zur
vollständigen Methanisierung des produzierten Kohlendioxids eine Elektrolyse mit ca. 1 MW
elektrischer Leistung benötigt. Über die spezifischen Systemkosten für die Elektrolyse und
den Umbau des Faulbehälters, bzw. die Errichtung eines Methanisierungsreaktors für ex-situ
Methanisierung (basierend auf 2300€/kW Elektrolyse und 650€/kW Reaktor, Kretzschmar
(2017)), können für eine 100.000 EW Anlage, Investitionskosten von ca. 3 Mio. Euro
abgeschätzt werden. Davon entfallen ca. 80% auf die Elektrolyse. Für eine 5 MW Anlage (ca.
500.000 EW Schlammfaulung) würden die Investitionskosten ca. 13,5 Mio. Euro betragen. Die
berechneten Kosten liegen deutlich über den von Graf et al. (2014) berechneten
Investitionskosten von 1,8 – 3 Mio. Euro für eine 5 MW Anlage, was sich aus einer
prognostizierten deutlichen Preisreduktion bei der Elektrolyse ergibt, die bisher nicht
eingetreten ist.
Die Produktionskosten für Methan aus biologischer Methanisierung betragen bei einer
100.000 EW Modellanlage ca. 2,9 €/m3 und würden sich bei einer 500.000 EW Faulungsanlage
mit 5 MW Elektrolyseleistung auf ca. 1,7 €/m3 Methan reduzieren. Zum Vergleich betragen
die Kosten für die Produktion von Biomethan mittels Membranseparation zur reinen CO2-
Abtrennung ohne Nutzung als Energiespeicher ca. 0,40 €/m3 Methan. Das abgetrennte CO2
wird dabei üblicherweise in die Atmosphäre abgegeben.
Soll die biologische Methanisierung auf allen 59 österreichischen Faulungsanlagen > 50.000
EW (Gesamtkapazität von 13,6 Mio. EW) umgesetzt werden, ergibt sich dafür ein
Investitionsbedarf von 367 – 408 Mio. Euro. Damit könnten jährlich 32,7 Mio. m3 Biomethan
produziert und 65.400 t CO2-Emissionen eingespart werden.
Die Verschiebung von erneuerbarer Energie – hauptsächlich elektrischem Strom – aus Phasen
der Überproduktion in Phasen des Mangels erscheint derzeit als eine der größten
Herausforderungen im Zusammenhang mit der angestrebten Energiewende. Im Zuge der
Umstellung von gut regelbaren, meist fossilen Energieträgern auf erneuerbare Energieträger,
die zwar ausreichend vorhanden, aber nicht zu jedem Zeitpunkt verfügbar sind, erfordert
zukünftig Regelstrategien und Speichertechnologien zur Stabilisierung der Energienetze. In
Zeiten von Überproduktion kann das Stromnetz durch Aufladung von Speichern entlastet
und so gleichzeitig Energie in Phasen in denen der Bedarf das Angebot übersteigt verschoben
werden. Derzeit werden in Österreich für diese Art der Speicherung hauptsächlich Speicher-
und Pumpspeicher Wasserkraftwerke eingesetzt, deren Kapazitäten aber ausgeschöpft sind
und für eine kurzfristige Energie-Speicherung im Bereich von Tagen und zur
Netzstabilisierung verwendet werden. Für eine langfristige Speicherung und Verschiebung
von Wind- und Photovoltaik Energie aus dem Sommer in den Winter werden zusätzliche bzw.
alternative Speicher erforderlich.
Als eine Möglichkeit für die langfristige Speicherung und saisonale Verschiebung von Energie
gilt Power to Gas (PtG). Dabei wird elektrischer Strom in speicherbares Gas umgewandelt
und kann im bestehenden Erdgasnetz gelagert und transportiert werden. Installierte PV- und
Windenergie- Leistung muss dann bei Überangebot nicht mehr heruntergeregelt oder
abgeschaltet werden, die erzeugte Energie kann chemisch zum Beispiel in Form von
Biomethan gespeichert werden. Die vorhandene Speicherkapazität im Erdgasnetz übersteigt
dabei die Speicherkapazität in den Wasserkraftwerken um ein Vielfaches. Die
unterschiedlichen Wirkungsgrade bei der Nutzung von hydraulisch (im Speicherkraftwerk),
oder chemisch (in Form von Gas) gebundener Energie sind dabei genauso zu berücksichtigen,
wie die Geschwindigkeit der Ladung- bzw. Entladung.
Eine Form eines Power to Gas Konzeptes ist die biologische Methanisierung, bei dieser wird
elektrischer Strom über Wasser-Elektrolyse in Sauerstoff und Wasserstoff zerlegt und
anschließend mit dem erzeugten Wasserstoff, Kohlendioxid zu Methan umgewandelt
(methanisiert). Große kommunale Kläranlagen mit anaerober Schlammstabilisierung
(Schlammfaulung) bieten dafür durch die bereits vorhandene Infrastruktur und geschultes
Personal ideale Rahmenbedingungen. Als weiterer Vorteil wird die vorhandene Kohlendioxid
Menge und -konzentration angesehen, die beim Abbau der organischen Reststoffe wie
5.2 Zielsetzung
Ziel des Projektes BioMAra war, grundlegende Erkenntnisse über die Umsetzbarkeit der
biologischen Methanisierung im kommunalen Faulbehälter zu gewinnen. Im Labormaßstab
sollte die Eignung von kommunalen Faulungsanlagen hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit zur
biologischen Methanisierung geprüft werden. Dabei wurde für eine gute Übertragbarkeit auf
Großanlagen auf eine möglichst realitätsnahe Umsetzung geachtet und zum Beispiel
Rohschlamm einer kommunalen Kläranlage verwendet. Die Betriebsbedingungen wie
Temperatur, organische Belastung, Trockensubstanzgehalt der Schlämme und erreichter
Stabilisierungsgrad des Faulschlammes, orientierten sich ebenfalls so nahe wie möglich an
den Betriebsbedingungen von Großanlagen. Ziel der Untersuchung war es, grundsätzlich die
Machbarkeit einer biologischen Methanisierung in kommunalen Faulbehältern zu zeigen,
maximal erzielbare Umsatzraten, die Prozessstabilität, die Geschwindigkeit des Hochfahrens
einer solchen Methanisierung und eventuelle Einflüsse der Methanisierung auf die
Schlammstabilisierung zu erproben und zu bewerten.
5.3 Vorgehensweise
Für die Untersuchung der verschiedenen Fragestellung wurden für einen Zeitraum von 3
Jahren (1086 Tagen) zwei Faulungsreaktoren im Labormaßstab betrieben, wobei ein Reaktor
(R1) als Referenz diente und wie eine gewöhnliche Schlammfaulung betrieben wurde und der
zweite Reaktor (R2) mit zusätzlichem Wasserstoff aus einer Elektrolyse versorgt und als
Methanisierungsreaktor betrieben wurde. Im Laufe des Projektes wurde zwar eine direkte
einstufige Methanisierung im Faulbehälter mittels weitergehender biologischer
Methanisierung erreicht, es war aber unter Einhaltung der geforderten Einspeisequalität eine
höhere Umsatzrate wünschenswert. Darum wurde eine Stufe zur Nachbehandlung des
Faulgases nachgeschaltet. In diesem nachgeschalteten Rieselbettreaktor wurde nicht
vollständig umgesetztes CO2 aus dem Methanisierungsreaktor mit Wasserstoff weiter
methanisiert. So konnte eine in das Erdgasnetz einspeisefähige Gasqualität (> 90% CH4)
erreicht werden.
5.4 Ergebnisse
Die Untersuchung der Anfahrdynamik ergab eine Verzögerung von 10 min nach Einschalten
der PEM-Elektrolyse bis zu Wasserstoff Zufuhr und eine biologische lag Phase der
biologischen Methanisierung von ca. 40 min, bis zum Erreichen der vollen Umsatzrate.
In den durchgeführten Dosierversuchen mit Propion-, Essig-, und Buttersäure konnte gezeigt
werden, dass bei Wasserstoff-Partialdrücken > 0,15 bar eine Hemmung des Propionsäure
Abbaus auftritt. Dabei reduziert sich die Umsatzrate um ca. 70% gegenüber des
ungehemmten Referenzzustandes. Bei Essig- und Buttersäure trat keine Abbauhemmung
auf. Die eingetretene Hemmung, war jedoch reversibel und die akkumulierte Propionsäure
wurde innerhalb von Stunden ohne Wasserstoffzufuhr wieder abgebaut.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass durch die Zufuhr von Wasserstoff in den
Faulbehälter der Abbaugrad (Stabilisierungsgrad) des Faulschlammes nicht negativ
beeinflusst wurde. Die CSB- und oTS- Abbaugrade im Methanisierungsreaktor entsprachen in
allen Versuchsphasen jenen des Referenzreaktors. Die Konzentrationen der organischen
Säuren lagen (mit Ausnahme der Dosierungsversuche) im üblichen, ebenfalls gleichen
Bereich wie im Referenzreaktor ohne Wasserstoffzufuhr, was für einen stabilen Betrieb der
Anlage spricht. Zusätzliche Untersuchungen wie die Messung der Partikelgrößenverteilungen
des Schlammes zeigten keine auffälligen Unterschiede zwischen den Reaktoren.
Großen Einfluss hatte die Wasserstoffzufuhrt erwartungsgemäß auf den pH-Wert des
Faulschlammes, welcher im Methanisierungsreaktor auf bis zu pH 8,05 anstiegt, im
Referenzreaktor betrug dieser zum Vergleich zwischen pH 6,95 und pH 7,3. Negative
Auswirkungen, wie Hemmung des Abbaus konnten durch diesen pH Anstieg jedoch keine
festgestellt werden. Bei sehr hoher organischer Belastung führte diese pH Anhebung sogar zu
einer Stabilisierung des Prozesses. Ein stabiler Betrieb der Anlage war mit einer
vergleichsweise kurzen Verweilzeit von 15 Tagen unabhängig von der Wasserstoffzufuhr
5.5 Resümee
Derzeit sind in Österreich 164 Schlammfaulungsanlagen mit einer Kapazität von 15,1 Mio.
EW in Betrieb. Diese Kapazität erlaubt die Produktion von ca. 109 Mio. m3 Biogas/a aus
kommunalem Klärschlamm (bei 100% Nutzung, ohne Co-Substrate). Bei Implementierung
einer biologischen Methanisierung bei allen Anlagen > 50.000 EW Ausbaugröße könnten
maximal 32,7 Mio. m3/a Methan zusätzlich produziert werden. Das maximale Potenzial an
Wenn das elektrische Hochspannungsnetz für den Ferntransport voll ausgelastet ist, werden
Alternativen zur Netzstabilisierung wie Power to Gas unumgänglich, wenn installierte
erneuerbare Kraftwerksleistung wie PV und Windenergie nicht abgeschaltet werden soll. Die
biologische Methanisierung in kommunalen Faulbehältern, ist dafür eine gute Möglichkeit.
Abbildung 1: Zeit- und Meilensteinplan des Projektes BioMAra mit Soll- / Ist Vergleich
zum Zeitpunkt des Endberichts am 20.9.2021 16
Abbildung 2: Regionale Verteilung der Windkraftleistung in Österreich Ende 2018 (IG
Windkraft) 18
Abbildung 3: Regionale Verteilung des Potenzials der Windkraft in Österreich (IG
Windkraft 2018), sowie Abwasserreinigungsanlage mit Faulungsanlagen in
Niederösterreich (ergänzt durch Kanal- und Kläranlagennachbarschaft, Stand 2017) 18
Abbildung 4: Möglichkeiten der Nutzung von Wasserstoff und Sauerstoff auf
kommunalen Anlagen der Abwasserreinigung 20
Abbildung 5: Schema der biologischen ex-situ Methanisierung 23
Abbildung 6: Schema der biologischen in-situ Methanisierung 23
Abbildung 7: Schematische Darstellung des anaeroben Abbaus von Biomasse mit
abschließender Methanbildung, erweitert um externe Wasserstoffzufuhr, Abbildung
verändert nach Distl (2015) 29
Abbildung 8: Rektionsschema des anaeroben Abbaus von organischen Feststoffen,
adaptiert nach Kaspar and Wuhrmann (1978) und Gujer and Zehnder (1983) 32
Abbildung 9: Versuchsanlage mit Wasserstoffgenerator und Gaserfassung im Digestor
(links) Reaktoren R1 und R2 mit Anschlussschläuchen, Sonden, Heizmantel und
Rührantrieb (rechts) 34
Abbildung 10: Anlagenschema der BioMAra Versuchsanlage (nur ein Reaktor dargestellt) 35
Abbildung 11: Verschiedene feinblasiger Gaseintragssysteme (links), Tellermembrane
montiert auf dem Reaktorboden (rechts) 36
Abbildung 12: Silikoninjektor mit 100 Poren, Silikonschlauch selbst genadelt 36
Abbildung 13: Prinzip der PEM Elektrolyse (links) (Mergel et al. 2013)
Wasserstoffgenerator 20 H (rechts) 37
Abbildung 14: Screenshot der Benutzeroberfläche LOGO! Soft Comfort mit dem
Programm für den Betrieb der BioMAra-Versuchsanlage 38
Abbildung 15: Schema des Rieselbettreaktors (links), Foto des Reaktors (rechts) 41
Abbildung 16: Rieselbett aus PE10 und Linpor® Schüttung im Rieselbettreaktor (links);
Linpor® Schaumstoffwürfel mit Aufwuchs (mittig); PE10 Träger mit Aufwuchs (rechts) 42
Abbildung 17: Temperaturverlauf von Reaktor 1 (blaue Linie) beim Wiederanfahren am
25.10.2018, die Temperatur von R2 (grün) die Gasproduktion von R2 in schwarz
dargestellt 47
Abbildung 18: pH-Wert Verlauf für beide Reaktoren am 31.1.2019, R1 schwarz, R2 rot und
Beschickung mit Rohschlamm in grün dargestellt 48
Abbildung 19: pH-Wert in Abhängigkeit des CO2-Gehaltes im Faulgas, Abbildung
verändert nach Rosenwinkel et al. (2015) 49
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