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1 Oder: a fost.
2 Vgl. de douä ori.
3 Oder: la Domnul.
4 Oder: a mers.
6 Oder: sä caute.
6 Oder: de.
2*
io
Der Historiker hat unbedingt mit ihr zu rechnen und mufs der
Sprachwissenschaft für die Erbringung dieses Beweises dankbar
sein. Die Sprachforscher haben sich aber begreiflicherweise nicht
damit begnügt und getrachtet, auch weitere Schlüsse aus ihrem
Material zu ziehen. Dadurch sind sie aus dem Bereiche des
menschlich Sicheren in das Gebiet der Hypothese gelangt und
haben der Geschichtsschreibung meist schlechte Dienste erwiesen.
Schon die ganz eklatante Ähnlichkeit der vier rumänischen
Hauptmundarten ist geeignet, in uns ein falsches Bild des Ur-
rumänischen zu erwecken. Wir wollen gleich mit einem Beispiel
beginnen.
Auf dem gröfsten Teil des dakorumänischen Gebietes, ist von
dem ableitenden -e- und -z- des lat. Präsens bei den Verben der
II.—IV. Konjugation keine Spur geblieben. Man sagt also väd,
aud < VIDEO, AUDIO, ebenso wie man cad, vdnd < CADO, VENDO
spricht. Nur in einigen Gegenden erkennt man noch die Folgen
dieses i: bei den Verben, die auf /, d, n, r ausgehen, und zwar
nicht nur dort, wo es etymologisch berechtigt ist, sondern bei allen
Zeitwörtern auf t, d ist die Erscheinung durchgeführt, während bei
n, r der Usus schwankt. Man hört also väz, auz, aber auch caz,
vänz, oder zum mindesten im Konjunktiv: vaza, auzä, cazä, vänzä
und es bestehen sowohl pun, als puiu < PONO, neben vin und
viu < VENIO.
Im Aromunischen, Meglenitischen und Istrorumänischen ist bis
jetzt keine jotazierte Form nachgewiesen worden, also arom. avdu,
megl. ud, istrorum. gjidu <C AUDIO. Als Weigand, dem diese Formen
von seinen Reisen in der Balkanhalbinsel und in Istrien her bekannt
waren, das dakorumänische Gebiet mit dem Banat zu durchreisen
begann, und auch hier nur aud hörte, schrieb er {Jahresbericht III,
240): „Die häfslichen dialektischen Formen [im Konjunktiv] wie
vaza, vänzä, trimifä (Banat: vadä, vindä, trämatä), die auch in die
Schriftsprache eingedrungen sind, sind [im Banat] unerhört, gerade
wie auch die erste Person Sg. des Ind. unverändert bewahrt ist,
obgleich doch schon in den ältesten Texten vädzu für väd etc.
vorkommt. Der Banater Dialekt ist in dieser Beziehung gerade
so konservativ gewesen, wie das Aromunische. Die Ansicht, dafs
die Formen vädzu etc. die älteren seien, läfst sich leicht als
unhaltbar nachweisen aus der Übereinstimmung der vier rum.
Hauptdialekte trotz der ältesten überlieferten, natürlich dialektischen
Form. Die einzige Form, die Veränderungen zeigt ist pos = pot,
pociu. Die Form mufs ihrer weiten Verbreitung nach sehr alt sein;
den Schlüssel zur Erklärung bietet das Istrische pok, indem t durch
k ersetzt wurde, wie bei anderen Verben d durch g.1 Zu pok
Weigand weifs sehr wohl, dafs auz die lautlich korrekte Form
ist, die dem AUDIO entspricht, es ist ihm ferner bekannt, dafs diese
Form früher auch in jenen Gegenden gesprochen wurde, wo man
heute aud hört; wie kommt es, dafs er dennoch eine Kontinuität
zwischen rum. auz und lat. AUDIO in Abrede stellt und die Ansicht
vertritt, dafs auz eine neue aus aud entstandene dialektische Form
sei ? Er giebt uns die Antwort selbst: weil, durch die Vergleichung
der vier Hauptdialekte des Rumänischen, aud sich als urrumänisch
erweist. Das ist zweifelsohne richtig. Aud ist urrumänisch, denn es
ist nicht anzunehmen, dafs sich diese Form in jeder der vier Mund-
arten nach deren Lostrennung selbständig entwickelt habe, zum
mindesten nicht so, dafs diese Neuerung die ganz gleichen Resultate
ergeben hätte. Nur sind Weigands weitere Schlüsse nicht zwingend,
und es geht nicht an zu folgern, dafs AUDIO > aud eine all-
g e m e i n e Erscheinung des Urrumänischen gewesen sei, weil sie in
die Zeit vor der Trennung der vier Hauptmundarten zu datieren
ist, und dafs dagegen auz eine dialektische Neuerung innerhalb
des Dakorumänischen sei, weil diese Form den übrigen Haupt-
mundarten angeblich fehlte und dem gröfsten Teil des Dako-
rumänischen selbst heute unbekannt sei.
Viel natürlicher wäre zu sagen: Neben der alten, regelrechten
Form auz, die noch heute dialektisch erhalten ist und früher weiter
verbreitet war, kam schon im Urrumänischen die neue und
analogische Form aud auf. Diese verdrängte die alte Form immer
mehr, doch hatte sie jene noch nicht besiegen können, als sich
das Urrumänische in die heutigen Dialektgruppen trennte. Der
Kampf währte in den einzelnen Mundarten fort und sein Resultat
war der gänzliche oder fast vollkommene Sieg von aud über auz im
Aromunischen, Meglenitischen und Istrorumänischen, während im
Dakorumänischen sich die alten Formen zäher hielten.
Dieser Gedankengang, auf den doch alles weist, ist so einfach,
dafs ihn nur eine Voreingenommenheit nicht aufkommen liefs.
Diese besteht darin, dafs man mit dem Begriffe einer Ursprache
zu leicht denjenigen von Dialektlosigkeit, von sprachlicher Einheit-
lichkeit verknüpft. Denn nur bei einem, der sich das Urrumänische
als dialektlos vorstellt, ist der Schlufs möglich: auz mufs eine spätere
mundartliche Neuerung sein, trotz lat. AUDIO, weil im Urrumänischen
aud existiert hat.
Es handelt sich hier um einen prinzipiellen Fehler, dem man
nur zu oft begegnet und der speziell begangen wird, wenn man vom
Urrumänischen spricht. Die ganz auffallenden Übereinstimmungen
zwischen den vier Hauptmundarten haben es mit sich gebracht,
dafs man aus ihnen eine Ursprache rekonstruiert hat, die sich als
dialektlos darstellt. Dabei hat man aber den tatsächlichen Unter-
schieden zwischen den einzelnen Mundarten zu wenig Aufmerk-
samkeit geliehen — und ich meine darunter nicht jene Unter-
schiede, die sich mit Leichtigkeit als natürliche Weiterentwicklung
der Sprache oder als späte Neuerungen und Entlehnungen in jedem
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am : aveam
ai : aveai
a : aveä
am : aveam
afi : aveafi
au : aveau
Von der früheren 2. Sing. *aveä besitzen wir keine Spur mehr.
Sie hat sich am allerfrühesten nach dem Präs. ai gerichtet. Da-
gegen ist in 3. Plur. die Form aveä noch heute im Aromunischen,
Meglenitischen, Istrorumänischen und dem gröfsten Teile des Dako-
rumänischen allein gebraucht. Nur auf einem kleinen Gebiete ist
sie nach au zu aveau geworden und die Schriftsprache und die
Schulgrammatiken, welche den Unterschied zwischen 3. Sing, und
29
' Der Genetiv-Dativ Sing, geht mit dem Nom.-Accus. Plur. zusammen.
3i
wie das Istrorumänische. Ferner hebe ich die Resultate von re,
r i 1 hervor, welche im Aromunischen als rä (bezw. ra), rd, im
Meglenitischen als rp (< rä, rd, bezw. rd), im Istrorum. als rä
(bezw. är, rd) erscheinen, desgleichen wie im Dakorumänischen
auf dem gröfsten Teil des Gebietes, z. B. dakorum. räu < REUS
(rece, räce < RECE[N]S), rdd < RIDEO, räm < KIMO[R], rdnä < *RKNA,
rdpä < RIPA, rdu < RIVUS, uräsc < HOKKESLO, itri < *HORRIKE etc.;
arom. aräu, arafe, ardd, ardm, ardpä, ardu, auräscu, urut (< urdt),
desgleichen carä < CAKNEM etc., dzinirä < dzinir'le ( < *GENERUM
-ILLUM); megl. rpu, ra(i, rpd, rgm, rppä, rpu, urpt etc., istrorum.
(revu), rufe, ärdu, ärpä etc. Die ältesten dakorumänischen Texte,
so der Codice Voronefean, kennen nur Formen auf re, ri (z. B.
reu 124/9 etc., risulu 129/4, revnitoriu 37/10, curere 33/9, selbst
Rimu 7/8 etc., Rimleanu 44/5 etc., neben auffallendem curundu
42/2 etc.),2 und desgleichen die Psaltire Hurmuzachi (G. Giuglea,
Cercetäri lexicografice 1, Buc. 1909, S. 26) u. a. Leider ist es aus
YVeigands Dialektforschungen nicht ersichtlich, ob heute noch diese
alte Aussprache erhalten ist, da sich unter seinen Normalwörtern
keines für re findet und dort, wo man heute in einigen Dörfern
des nördlichen Banats rid (riu, urit, rimä, rind) spricht, wird fast
überall auch grau zu griu (vgl. Jahresbericht III, 2 1 1 ; IV, 257, 277).
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3*
Anmerk. Der selbst in seinen Irrtümern lehrreiche
Hasdeu hat (a. a. 0.) aus der Tatsache, dafs im Istro-
rumänischen nur die Ausdrücke für „Brust" und „Kamm"
den Palatallaut aufweisen, eine Stütze für seine Hypothese
zu finden geglaubt, wonach dieser Übergang infolge „weib-
lichen Einflusses" auf die Umgangssprache erfolgt sei. Er
glaubte nämlich, dafs p > k' etc. ein Rest der dakischen
Ursprache sei und sich durch die an Römer verheirateten
dakischen Frauen in die römische Sprache eingebürgert
hätte. Natürlich ist es ihm nicht gelungen, einen solchen
Übergang im Dakischen selbst nachzuweisen. Neben anderen
Gründen spricht aber dagegen auch der Umstand, dafs der
Übergang selbst nicht zu den ältesten gehört, die die Sprache
durchmachte. Er ist beispielsweise jünger als derjenige —
allerdings zum Teil schon vorrumänische — von Iv, rv
> Ib, rb, denn wir haben A L V I N A > albinä > alginä,
C O R V I > corbi > corg, F K R V I S > fierbi > herg, und eben-
falls jünger als das Verstummen des intervokalischen v (b):
H I B K K N A > • iarnä, L I B E R T O > iert, und als der Übergang
von bi > ib: *CUBIUM > cuib etc.
Das ist aber auch alles, was man auf spekulativem Wege
über das Alter und die geographische Ausbreitung des
Übergangs feststellen kann. Die Fremdwörter eröffnen uns
in dieser Hinsicht keinen neuen Weg. Die Tatsache, dafs
sich der Übergang* auch in jüngeren Entlehnungen aus
fremden Sprachen vorfindet, k a n n daraus erklärt werden,
dafs er relativ jung ist; doch mufs man diese Deutung
nicht unbedingt akzeptieren, da der Lautwandel in der
Flexion eine grofse Rolle spielt (lup-luk'; dorm-dorn etc.);
er ist also heute noch nicht abgeschlossen, so dafs ihn
die jüngeren Entlehnungen auch mitmachen können, zu-
nächst in den Biegungsformen (scump-scunk'), dann aber
auch sonst (man hört selbst hilozoh, als Mehrzahl zu dem
Neologismus filozof). Aus einzelnen Wörtern ist auch nicht
viel zu holen. Das Wort fränghie „Tau" < F I M B R I A , —
eines der wenigen, welche in der Schriftsprache in der
dialektischen Form aufgenommen wurden, — ist im
Mährischen als frembia erhalten, wie man dies auch gar
nicht anders erwartet, da der Norden des dakorumänischen
Gebietes sich auch durch andere Anzeichen als einstiger
Bewahrer der Labialen erweist. Die alte Form ist als
främbie noch heute im Banat, wo die Labialen rein sind,
erhalten (Zanne, Proverbe III, 152 ; Marian, Natterea, 38;
Lexiconul de Buda etc., vielleicht selbst noch bei Dosofteiu,
Psallirea, 150). Das Wort movilä „Hügel" stammt wahr-
scheinlich aus dem Slavischen (kslav. mogylo, bulg. mogilü,
russ. mogila, kruss. mohela, poln. mogita). Man betrachtet
es als das Resultat einer Überentäufserung aus der z. T .
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sich die heutigen vier Gruppen von einander getrennt haben (vgl.
§ 14). Nun war aber der Rotazismus, wie die meisten Laut-
wandelungen im Urrumänischen, zur Zeit des slavischen Einflusses
abgeschlossen, da aufser in dem einen oben besonders betrachteten
und noch dazu nicht ganz sicheren Fall, in keinem einzigen Wort
slavischer Herkunft intervokalisches n zu r wird. Dies gilt selbst
für solche Wörter, die durch ihr Vorkommen in mehreren rumänischen
Mundarten möglicherweise in urrumänischer Zeit entlehnt wurden,
wie z. B. lene (arom. leane), hränesc (arom. härnescu), gonesc (arom.
agunescu), hrean (arom. hreanu), tinä (arom. tinä), rogojiitä (arom.,
megl. ruguzinä), cremene (megl. cnjmini), rumen (arom. rumin) etc.
Durch die vorzügliche Abhandlung von A. Procopovici (Despre
nazalizare fz' rotacism, Bucure^ti, 1908), welche z. T. früher von
Byhan und Weigand ausgesprochene Meinungen bestätigt, sind wir
jetzt über die Geschichte des rumänischen Rotazismus ziemlich gut
unterrichtet. Die Vorbedingung des Rotazismus war die Nasalierung
der Vokale vor n (einfach oder gedeckt, doch nicht vor n + Nas.)
und vor gedecktem m (ausgenommen bei folgendem Nasal). Diese
Nasalierung war, zum mindesten dialektisch, im Dakorumänischen
bis ins XV. Jahrhundert vorhanden, da die ältesten Sprachdenkmäler
sie durch einen besonderen Buchstaben (|) ausdrücken. Es tritt
aber dieses Zeichen der Nasalität in slavischen Lehnwörtern nur
dann auf, wenn sie im Slavischen selbst Nasalvokale enthielten
(a oder sonst aber nie.
Nun hat Procopovici (S. 25 — 26) aus der Behandlung der
Wörter U N A , G R A N U M , F R E N U M und * B R A N U M (?) mit grofsem
Scharfsinn nachgewiesen, dafs die Nasalierung nur dem Dako-
rumänischen und Istrorumänischen bekannt war, dafs sie dagegen
das Aromunische und das Meglenitische nie gekannt haben, oder
doch nur in einem (in bezug auf Intensität oder auf geographische
Ausbreitung) verschwindend geringem Mafse. In der Tat zeigen
nur die ersten zwei Mundarten die Entwicklung *üä, *gräu, *fräu,
*bräu > dakorum. *uä > 0, grdu, fr du, brdu, istrorum. uä > 0,
*gräu > grävu, *bräu > brävu, während in den zwei letzten Mund-
arten das n bis heute bewahrt ist: arom. (u)nä, grdn (gärnu, gäru),
brärt, frdn (färnu, färu) und megl. (u)nä, grgn, frgn.
Während die Nasalierung eine allgemeine Erscheinung des
Dakorumänischen und Istrorumänischen ist, blieb der daran an-
knüpfende Rotazismus selbstverständlich dem Aromunischen und
Meglenitischen gänzlich fremd; er erscheint im Istrorumänischen
durchgeführt, ist aber im Dakorumänischen selbst nur mundartlich
vorhanden. Heute fristet er sein Dasein nur noch in einigen
Dörfern des Siebenbürger Erzgebirges und ist daselbst im raschen
Absterben begriffen. Die alten Sprachdenkmäler beweisen uns
indessen, dafs er vor einigen hundert Jahren ziemlich weit ver-
breitet war und wenn wir seine Ausdehnung im Urrumänischen
nicht mehr nachweisen können, lassen sich zum mindesten seine
3°
Grenzen für das X V . — X V I . Jahrhundert aus den spärlichen Daten
mit einiger Wahrscheinlichkeit feststellen. Ich glaube, dafs wir
nicht fehlgreifen, wenn wir als rotazierend die Gegend bezeichnen,
die sich nördlich von Mure§ erstreckt und auch den gröfsten Teil
der Bukovina mit der nördlichen Moldau umfafst. Dies stimmt
fast genau mit dem heutigen Gebiet der Aussprache färina überein
(Weigands Übersichtskarte No. 5). Die Argumente, welche für
diese Lokalisierung sprechen, wären folgende: Wenn wir von Westen
nach Osten schreiten, so sehen wir zunächst, dafs ein ziemlich
grofses Gebiet noch heute irimä (auf Weigands Übersichtskarte
No. 5 mit grün bezeichnet) und gerunchiu (ebenda, mit rot um-
grenzt) spricht. Es ist wohl anzunehmen, dafs in diesen zwei
Wörtern die rotazierte Form sich durch eine dissimilatorische
Tendenz erhalten hat, die sich gegen die Aufeinanderfolge zweier
Nasalen (inimä < A N I M A , genunchiu < G E N U C L U M ) sträubte (s. die
Anmerkung). In dieser Gegend ungefähr dürften auch die ersten
rumänischen Übersetzungen zu lokalisieren sein, die sich gerade
durch den Rotazismus kennzeichnen, denn hier findet man ur-
sprünglich noch die bewahrten Labiale, hier ist noch um > iuä
erhalten (Weigands Übersichtskarte No. 9), hier erklären sich am
besten die vielen Lehnwörter aus dem Ungarischen, und es ist
auch historisch bezeugt, dafs gerade in der Nähe von Grofswardein
die hussitische Bewegung, unter deren Einflufs diese Schriften ent-
standen sind, am stärksten vertreten war (vgl. Hurmuzachi, Docu-
mente, I, 2. No. 507; vgl. auch Literaturblatt f . germ. u. rom. Phil.
1908, Sp. 804—805). In der Nähe von Turda, im Dorfe Mähaciu,
kopierte um das Jahr 1600 ein Dorfpfarrer in einem Codex
miscellanius verschiedene Schriften, die zu seiner Zeit zirkulierten.
Diese weisen z. T. Rotazismus auf, wenn ihr Ursprungsort im
Norden war, z. T. sind es unrotazierte, aus dem Süden stammende
Texte. Das wichtigste ist, dafs der Pfarrer Grigorie selbst r ( < ri)
sprach, da er in einer Mitteilung ciri ( = „eine") gebraucht (Hasdeu,
Cuvinte din bäträni II, 107). Vom Ende des XVI. und Anfang des
XVII. Jahrhunderts haben wir einige rotazierende Briefe, die im
Bistritzer Archiv aufbewahrt werden und von Jorga (Documente
romäne^ti din arhivele Bistrifei, I, Bucure^ti, 1899) herausgegeben
wurden (doch ist der Rotazismus nicht durchgeführt). Aus diesen
läfst sich der Rotazismus belegen für Seli^tou in Maramure§ (No. II,
von 1587—1596: inchinäciure, omiiri = „oameni", inrainte, bire),
für Moldavifa in der Bukovina (No. V , von 1597: ein mere—
„mine", gegenüber: sänätate, impräunä, bunä, mene; die Urkunde
stammt aus der bischöflichen Kanzlei), aus dem Maramure^ (No. XXXI,
von 1602—1603: verit, oamiri) aus Rädäufi in der Bukovina
(No. XXXVII, nach 1607: zweimal särätate, sonst: bun, bine, veni
usw.; aus der bischöflichen Kanzlei), aus Suciul-de-sus (No. XXXVIII
von 1609: mära, [nimaruea], tnraintea, neben dreimal: bun), aus
VoroneJ in der Bukovina (No. XL, von 1616—1630: spure, neben
sänätate, mänä, bun, bine). Für die Moldau belegt aufserdem aus
4i
3*
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auf die historische Seite der Frage. Da sie aber nicht leicht gänzlich aus-
geschieden werden kann, will ich in dieser Fulsnote die Ergebnisse Onciuls,
so wie er sie in einer späteren Arbeit (unter dem Stichworte „Romänii" in
der Enciclopedie romäna, I I I ; als Sonderabdruck unter dem Titel Romänii in
Dacia Traianä, 1902, Bucarest, Socec) zusammenfafst, anführen und verweise
den Leser neuerdings auf N. Jorgas angeführte W e r k e , wo die Beweise für
die „Kontinuität" ausführlich besprochen werden. „Ein allmählig und un-
bemerkt eingewandertes V o l k , welches gleich gerade dasselbe Gebiet einnahm,
das vor tausend Jahren seine Vorfahren besessen hatten; welches nach seinem
Eintreffen unverzüglich von seinen Nachbaren als ein altansässiges, ja selbst
als das älteste unter allen hier wohnenden Völkern anerkannt wurde; welches,
kaum angelangt, auf einem weiten Gebiete die hier vorgefundenen, noch nicht
entnationalisierten und staatlich organisierten Stämme aufsaugte, um sich dann
auf einmal zu einer bedeutenden sozialen und politischen Rolle aufzuschwingen:
ein solches V o l k der Wunder ist der Geschichte unbekannt und unserem
Verstände unfafsbar." (Enciclopedia romana, III, 801—802).
1 Die einheitliche Entwicklung des Dakorumänischen und des Aromu-
nischen "erklärt sich durch die territoriale Einheit zur Zeit der Entstehung
der rumänischen Sprache auf beiden Ufern der Donau, wo das romanische
Element im Osten für längere Zeit einheitlich war. Der Strom hat nicht ver-
hindern können, dafs sich die dortige romanische Sprache im Wesentlichen
gleichartig ausbildete und auch der Verkehr unter den beiden Teilen hat nach
Aurelians Rückzug aus Dazien nicht aufgehört zu bestehen. Seit der römischen
Eroberung der Donauländer, durch welche die Grundlage des rumänischen
Volkes, sowohl auf der Balkanhalbinsel, als auch in der Dacia Traiani ge-
legt wurde, bis zur Trennung dieses Volkes durch die slavo-bulgarische
Invasion, ist reichlich genügend Zeit verstrichen, dafs sich die Sprache auf
beiden Ufern der Donau im wesentlichen entwickeln konnte." (Convorbiri
literare, X I X , 591.)
53
Onciul ist die „Wiege" des rumänischen Volkes auf dem als
territoriale Einheit zu fassenden Gebiete zu suchen, das gebildet
wird auf dem linken Ufer der Donau durch das heutige Banat,
das westliche Siebenbürgen und die kleine Walachei und auf dem
rechten Ufer des Stromes durch die gegenüberliegenden Gebiete
Westbulgarien und Serbien, also auf jenem Gebiete, das nach-
gewiesenermafsen am stärksten romanisiert war. Zugleich nimmt er
an, dafs vom Süden der Donau her öfters ziemlich bedeutende
Wanderungen von Rumänen in die Gegenden nördlich des Flusses
stattgefunden haben, und so erklärt er sich einerseits die stets
abnehmende Zahl der Südrumänen und andererseits die zunehmende
Masse der Nordrumänen. Für diese seine Admigrationstheorie will
er neben einigen geschichtlichen Daten auch einen sprachlichen
Beweis anführen, und zwar die eben besprochene Verteilung der
Palatale anstelle der Labialen im Rumänischen.
Schon Miklosich (a. a. O. 49) hatte darauf hingewiesen, dafs
„im Norden der Donau Dialekte vorkommen, die mit der Sprache
der Macedorumunen übereinstimmen". Da er aber die „Wiege"
der Rumänen auf die Balkanhalbinsel verlegt „auf der Ostküste
des adriatischen Meeres, wo die tapferen Illyrier wohnten und wo
heutzutage ihre trotzigen Nachkommen von Zeit zu Zeit die Auf-
merksamkeit der Welt auf sich ziehen", 1 so suchte er sich diese
Tatsache so zu erklären, „dafs die Ordnung I (Dakorumunisch) und
die Ordnung II (Macedorumunisch) im Süden der Donau entstanden
sind und Stämme beider Ordnungen den Zug an das linke Ufer
der Donau unternommen haben" (a. a. O).
Ähnlich Onciul, der die Sache an einem konkreten Fall ver-
folgt und ihn seiner Theorie anpafst. Der Übergang von Labialen
in Palatale sei eine spezifisch aromunische Erscheinung und hätte
sich schon im Urrumänischen ausgebildet. Durch die Wanderungen
von Aromunen nach Dazien wäre diese Erscheinung auch ins Dako-
rumänische eingeführt worden.
So einleuchtend diese Hypothese auf den ersten Blick auch
erscheint, so schwer widersteht sie der Kritik.
Vor allem wissen wir fast nichts darüber, ob eine solche
Importation einer Spracherscheinung möglich ist. Man fragt sich
mit Recht, ob die Aromunen diese ihre Aussprache nicht eher ver-
loren hätten, oder, wenn wir die in der Anmerkung des vorher-
gehenden Paragraphen ausgesprochene Beobachtung, dafs kon-
nationale Einwanderer ihre dialektischen Spracherscheinungen längere
Zeit bewahren, auf viele Generationen ausdehnen, so bleibt immer-
hin die Frage offen, ob sie sie der dakorumänischen Bevölkerung
hätten übertragen können?
Erst in der allerletzten Zeit haben Sie, hochverehrter Meister,
lich verbunden. Diese sind wesentlich romanisierte Illyrier, jene sind Illyrier,
die sich vollständiger Romanisierung erwehrt haben" (a. a. O.)
1
54
(arom. sk'iti), alb. gsrsse (ibid. 130) > dakorum. gresie (arom. k'aträ,
miracune). Zu diesen könnte man noch hinzufügen: alb. böte
{ibid. 41; die Herleitung aus BELUA ist zu verwerfen; wegen e > 0
vgl. jetzt Grundrifs I 5 , 1040) : dakorum. balaur (arom. latnne), alb.
kur&s (ibid. 216; sicherlich kein türkisches Wort) : dakorum. cursä
(arom. batä, princä, ptayidä, ala(ü), alb. vjeöuts (ibid. 474) > dako-
rum. viezure, alb. date (ibid. 83) > dakorum. zarä (arom. öalä ist
junge Entlehnung aus dem Albanesischen), alb. hamss > dakorum.
hämesit (Convorbiri literare XXXVIII, 464) etc. Unter diesen Wörtern
ist besonders päräu interessant, da es dieselbe Entwicklung wie
grau, fr du etc. zeigt („das zweite & erklärt sich aus dem n der
alb. Stammbildung." G. Meyer, op. cit. 335), also eine spezifisch dako-
und istrorumänische Behandlung aufweist. Mit diesem Sprachgebiet
hat das Albanesische ferner, im Gegensatz zum Aromunischen, die
Ausdehnung der y-Präsentia bei solchen Verben gemeinsam, welche
von hausaus kein y hatten, also dakorum., istrorum. spute (arom.
dipunä), wie alb. Ii in etc. (vgl. Grundrifs I 2 , 1056). In bezug auf
ihre Bildung sind u. a. dakorum. sum-ed-enie und mänz-at, die dem
Aromunischen fehlen, auffallend, und lehnen sich direkt an alb.
sumete (ibid. 419) und m(ejzat (ibid. 276) an. Auch manche syn-
taktische und phraseologische Eigentümlichkeit, auf die Sandfeld-
Jensen im Grundrifs I 2 , 527—529 und ich in Convorbiri literare
XXXVIII, 461 ff., XXXIX, 56fr. hingewiesen haben, teilt das Alba-
nesische nur mit dem Dakorumänischen, nicht aber mit dem Aro-
munischen, z. B. ca ($i) cänd (alb. sikur, arom. dafür ca p cum) „als
wenn", toatä casa (alb. gite Stepia, arom. dafür cad-e casä oder i(i casä)
„jedes Haus", un frate al mieu (alb. ne vetane t-im, arom. dafür un
frate di a nei) „ein Bruder von mir", ai palatului (alb. ie patatit, arom.
dafür oaminl'i dit pälate) „die Angehörigen des Palastes", iau de
nevastä „nehme zur Frau", l-a lovit de moarte „hat ihn zum Tode
geschlagen", gata de nuntä „für die Hochzeit bereit" (cfr. alb. mar
per grua, e goditi per ngordsje, gati per martese, dagegen arom. im
ersten Falle l'au nveastä, in den zwei letzten lu-agudi ti moarte,
etim ti nuntä), räu in der Bedeutung viel (alb. k'ek') fehlt dem
Arom. (dafür mult), ebenso wie ihm die Verbindung der Negation
mit dem Gerundium unbekannt ist (frindalui, aber färä sä $cic),
die so häufig im Dakorumänischen (nepiind) und im Albanesischen
(panohur) ist, oder die auffallende Einschiebung des Pronomens
zwischen Stamm und Endung, die das Dakorumänische (duce-vä-fi)
mit dem Albanesischen (limni < li-me-ni, statt lini-ms „lafst mich")
gemeinsam hat. Das alb. sal e „Schenkel", das dem Rumänischen
fale „Hüften" (Mehrzahl von ja „Sattel") entlehnt ist, weist eine
Bedeutung auf, die dem Aromunischen unbekannt ist, usw.1
1 Die Herren Dr. P . Papahagi und Dr. T . Capidan haben die Liebens-
schon aus der Tatsache, dafs Sprachen, die ein gröfseres Gebiet
mit weniger Verkehrsmittel umfassen, oft weniger Dialekte umfassen,
als geographisch viel enger begrenzte Sprachen, mit fast keinen
Verkehrsstörungen. „Bei den Russen, welche trotz Kreuzung mit
Finnen und Tartaren weniger Dialekte besitzen, als die Mehrheit
anderer europäischer Sprachen auf weit kleinerem Raum, liegt dieser
konservative Zug zweifellos im Blut. Der Mangel an Eigenart und
schöpferischer Kraft, die Gleichförmigkeit und Monotonie der
Lebensweise sind Eigenschaften des russischen Volkscharakters,
welche nach dem Urteile von Kennern auch in anderen Gebieten
als auf sprachlichem hervortreten" (Kretschmer, op. cit. 122—123).
Ahnlich dürften die Verhältnisse bei den Urrumänen gewesen sein
und der konservative Zug ihrer Sprache liegt vielleicht nicht nur
in der Gleichmäfsigkeit ihrer Beschäftigung, sondern möglicherweise
auch in ihrem „Blute" — wenn wir unter diesem Begriffe alles
das zusammenfassen, wofür wir heute noch keine klaren Ausdrücke
besitzen. Sind doch heute noch die dialektischen Unterschiede in
den einzelnen Gebieten verhältnismäfsig sehr gering und meist nur
auf dem Wortschatz beschränkt! Und dies gilt sowohl von den
Dakorumänen, die schon durch ihre politische und geographische
Lage einen kaum merklichen Verkehr miteinander pflegen, als auch
von den Aromunen, die in den verschiedenen Provinzen fast gar
nicht miteinander verkehren.
Wenn man alle diese Momente in betracht zieht, so scheint
es eher, dafs das Gebiet des Urrumänischen ziemlich weit verbreitet
war, und es steht zunächst nichts im Wege, es in die Gegend auf
beiden Ufern der Donau, wo einst Romanen nachweislich waren,
zu versetzen.
Damit gelangen wir zur dritten Hypothese, die heute von den
meisten Historikern und zwar mit überzeugenden Argumenten ver-
fochten wird. Die sprachlichen Momente sprechen m. E. nicht
gegen diese Ansicht, sondern sind eher geeignet, sie zu bekräftigen
und zu ergänzen. Allerdings bleibt, wie es gar nicht anders möglich
ist, dabei noch mancher unklare Punkt bestehen und, wenn man
im grofsen ganzen Onciuls Ansicht akzeptiert, so wird man ihm im
einzelnen nicht immer Recht geben können.
Vor allem sprechen wichtige Argumente gegen seine Ad-
migrationstheorie. Wie § 11 gezeigt wurde, lassen sich zur ur-
rumänischen Zeit keine aus der Balkanhalbinsel durch Einwanderer
importierte Spracherscheinungen nachweisen. Wenn Wanderungen
aus dem Norden nach Süden, und in gröfserem Mafse in um-
gekehrter Richtung stattfanden, so haben diese kaum eine andere
Folge haben können, als dafs sie die relative Einheitlichkeit des
Urrumänischen noch mehr begünstigten. Nach den Beobachtungen,
die über das „Französische in Kanada" gemacht worden sind, ist
es heute sicher, dafs „Zuwanderung in ähnlicher Weise die Sprach-
entwicklung hemmt, wie es die Schriftsprache, oder wie es allgemein
gesagt, ein starker Verkehr tut" (Meyer-Lübke, Germanisch-romanische
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Halten wir uns nun vor Augen, dafs einige hundert Jahre vor
dem Auftreten unserer Sprachdenkmäler das Dakorumänische noch
nicht soweit entwickelt war, wie im XV. Jahrhundert; um nur drei
Fälle aus der Lautlehre anzuführen, es waren die Laute n und l'
noch nicht zu i verwandelt — n ist bekanntlich noch heute im
Banatischen erhalten und das Original des Codice Vorone|:ean
hat offenbar noch das /' gehabt, da in der uns erhaltenen Abschrift
aus dem XVI. Jahrhundert einmal ein ialan, et 72/6—7 bezeugt
ist — und der Einflufs der Labialen auf folgendes lat. e hatte noch
nicht begonnen — der Codice Voronefean hat noch zum guten
Teile reines e. Hieraus ergibt sich, dafs zu jener Zeit die Unter-
schiede zwischen dem Süden des dakorumänischen Gebietes und
dem Aromunischen sehr gering, jedenfalls weniger ausgeprägt waren,
wie zwischen jenem und dem Norden des dakorumänischen Ge-
bietes. Wenn also schon im Urrumänischen irgend eine natürliche
Grenze ein Verkehrshindernis bildete, so war dies, nach der Sprache
zu urteilen, eher der Mure§ als die Donau. Denn nördlich vom
Muref sprach man buru, tu läudä, adunari, riu, audzu, piept, wahr-
scheinlich auch impenge, während weiter nach Süden, auf beiden
Ufern der Donau, die Sprache ziemlich gleichartig war, und bunu
(bezw. bünu), räu, läudam, adunäri dürften allgemein gewesen sein,
während die Neuerungen k'ept, aud, wenn auch nicht überall durch-
gedrungen, doch schon beide im Süddakoramänischen regional ver-
treten waren. Die Tatsache, dafs der Mure$ im Vergleiche zur
Donau ein recht kleiner Flufs ist, ist nicht vom Belang, da oft
kleine Gewässer schärfere Sprachgrenzen bilden, als breite Flüsse;
als „Verkehrshindernis" ist im linguistischen Sinne nicht eine un-
überwindbare natürliche Grenze zu betrachten, sondern in den
meisten Fällen jene topographischen Bildungen, die an der Grenze
zwischen zwei Gebieten liegen, von denen jedes durch politische,
administrative, religiöse, handelsverkehrliche oder was immer für
sonstige Bande für sich ein Ganzes bildet. Ob sich dieser aus
der Sprache gewonnene „Eindruck" — denn es wäre zu kühn, bei
dem heutigen Stand unserer Kenntnisse, ihn anders zu nennen —
auch historisch begründen läfst, ist eine Frage, die ich hier nicht
erörtern will. Ich begnüge mich auch in diesem Punkte mit einem
Zitat aus der neuesten Schrift dessen, der mir in dieser Beziehung
als der kompetenteste erscheint: „Als die Magyaren am Ende des
IX. Jahrhunderts bis zur Theiss und Donau kamen, waren die
dakischen Gebiete von „Walachen und Slovenen" bewohnt, die in
Herzogtümern (voivodate) organisiert waren. Ein derartiges Herzog-
tum, unter einem rumänischen Herzog namens G e l o u — so nennt
ihn der erste ungarische Chronist — wird im n o r d - w e s t l i c h e n
G e b i e t e von S i e b e n b ü r g e n b e z e u g t , mit der R e s i d e n z
n e b e n d e m Some§, in der N ä h e v o n G i l ä u , w e s t l i c h von
K l a u s e n b u r g ; zwei andere in den Gegenden zwischen der Theiss
und den Karpathen, in Verbindungen mit dem bulgarischem Reiche.
Einer von diesen, . . . im Banat . .., ist als von dem bulgarischen
3°
Bistum von Vidin abhängig bezeugt". (D. Onciul, Din lstöria
Romäniei, Buc., Socec, 1909, S. 16).
druck nur auf die Vorsilbe ur- zu legen, und zu sagen, wie wir
es schon im § i getan: Wir nennen urrumänisch die Sprache der
Vorfahren der heutigen Dakorumänen, Aromunen, Megleniten und
Istrorumänen (vielleicht auch anderer, im Laufe der Zeit ent-
nationalisierter Gruppen), bevor der Verkehr unter ihnen gänzlich
abgebrochen war. Welches ist diese Zeit gewesen? Weigand
setzt das IX. Jahrhundert an. Dagegen glaubt Sandfeld-Jensen,
dafs die Ersetzung des Infinitivs durch Konjunktivsätze, vom
Griechischen ausgehend, im Rumänischen erst „zwischen i o o o —
1200" eintreten konnte (.Jahresbericht IX, 125). Schon aus diesen
zwei Datierungen geht hervor, wie weit die Ansichten auseinander
gehen können.
Die Lehnwörter fremden Ursprungs im Rumänischen können
in mancher Hinsicht die zeitlichen Verhältnisse des Urrumänischen
beleuchten. Vor allem sahen wir, dafs so gut wie alle wichtigsten
Lautübergänge des Rumänischen älter sind, als die slavischen
Lehnwörter, denn diese konnten sie nicht mehr mitmachen. Diese
Erkenntnis ist sehr wichtig, da wir doch wissen, wann die Slaven
in diesen Gegenden erschienen sind. Wenn wir auch annehmen,
dals nach der Niederlassung der Slaven in dem von Rumänen be-
wohnten Gebiet, einige Zeit verstreichen mufste, bis es zum sprach-
lichen Austausch zwischen beiden Völkern kam, so können wir
doch mit einiger Wahrscheinlichkeit das VII. Jahrhundert als die
Zeit betrachten, die den Abschlufs für die meisten Lautwandlungen
des Urrumänischen bedeutet. Dagegen ist der albanesische Ein-
flufs viel älter und die rumäno-albanesischen Beziehungen müssen
sehr eng gewesen sein, da die albanesischen Lehnwörter im
Rumänischen die ältesten Übergänge mitmachen, so k' > ts (k'a/e
> ceafa) g > (d)z (güm- > jumätate), / > r (vjedule, ©umbul,
mugul, rfalg, vale, mal > viezure, sdmbure, mugur, zarä, vare-, mar (?)\
vgl. Convorbiri literare, XXXIX, 30g ff.), und in manchen Punkten
dieselbe lautliche und semasiologische Entwicklung des lateinischen
Bestandteiles zeigen (so den Schwund von intervok. b und v, den
Übergang von [rumänisch unbetontem] au > a,1 an > an, -n- > -r-
usw. Vgl. Sandfeld-Jensen, Grundrifs I 2 , 527 ff.). Alle diese nach-
weislich vorslavischen Entwicklungen des Rumänischen sind allen
vier Mundarten gemein. Daraus folgt (wenn es wahr ist, dafs sich
das rumänische Volk in Dakien und auf der Balkanhalbinsel zu-
gleich entwickelt hat), dafs vor dem Auftreten der Slaven der Ver-
kehr zwischen dem linken und dem rechten Donauufer, trotz der
Völkerwanderung, die auf der Balkanhalbinsel nicht weniger wie
in Dakien gewütet hatte, ein so reger war, dafs sich die Sprache
hüben und drüben in verhältnismäfsig gleichartiger Weise ent-
wickeln konnte.
Dieser Verkehr scheint sich erst später gelockert zu haben,
als die slavischen Massen immer dichter wurden. In dieser Zeit
C z e r n o w i t z , im Dezember 1909.
Sextil PuSjCariu.
Das to-Partizip im Altromanischen.
Ein Beitrag zur Lehre vom syntaktischen Wandel.
Abkürzungen
(soweit sie nicht selbstverständlich oder allgemein gebräuchlich sind).