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Die Effekte der Klettertherapie

Thesis · January 2016

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1 author:

Fritz Schmidbauer
Fachhochschule Gesundheitsberufe Oberösterreich
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Bachelorarbeit 2

Die Effekte der Klettertherapie

Eingereicht am Studiengang Physiotherapie

Vorgelegt von: Friedrich Schmidbauer


Matrikelnummer: 1310661091
Lehrveranstaltung: BAS5S

Betreuerin/Betreuer: Dagmar Koppensteiner, MSc

Ort, Datum: Wels, 19.02.2016


Kurzfassung
Therapeutisches Klettern ist inzwischen weit verbreitet, und doch gibt es nur wenige Stu-
dien, die die Auswirkungen auf die verschiedenen Krankheitsbilder wissenschaftlich be-
legbar darstellen. Daher ist es das Ziel dieser Arbeit die wichtigsten Effekte auf die be-
schriebenen Krankheitsbilder übersichtlich darzustellen, die verwendeten Studien zu be-
werten und einen Überblick über die Effekte der Klettertherapie darzustellen.
Zur Literaturrecherche wurden im September 2015 die Suchbegriffe climbing therapy oder
therapy climbing oder bouldering in PubMed, Cinahl, Pedro und Research Gate eingege-
ben. Für PubMEd, Cinahl und Pedro wurden diese Begriffe abwechselnd mit den Begrif-
fen low back pain, cerebellar ataxia, depression kombiniert. Für die Research Gate Suche
wurde mit climbing therapy oder therapy climbing oder bouldering gesucht.
Die Klettertherapie bewirkt einen Anstieg der Muskelaktivität im Lumbalbereich und hat
einen positiven Einfluss auf die psychischen Faktoren von chronischem Rückenschmerz.
Bei den Probanden/innen mit zerebraler Ataxie wurde eine Verbesserung des Gleichge-
wichts beim Gehen, ein symmetrischeres Geschwindigkeits-und Bewegungsprofil bei Be-
wegungen der oberen Extremitäten und eine generelle Verbesserung der manuellen Ge-
schicklichkeit gemessen. Auf Patienten/innen mit depressiven Störungen geht aus der
Studie nicht klar hervor, ob die positiven Aspekte vom Konzentrationstraining, das vor der
Therapie durchgeführt wurde, von der Klettertherapie selbst oder von den sozialen Aspek-
ten einer Gruppentherapie hervorgerufen wurden. Die Auswirkungen auf die Selbststän-
digkeit, Mobilität, das Gleichgewicht und die Sturzhäufigkeit bei geriatrischen Patien-
ten/innen zeigten sich in einer Verbesserung in fast allen Punkten, obwohl nicht alle eine
statistische Signifikanz aufweisen. Die Auswirkungen auf Kinder mit zerebraler Parese
zeigt sich in der Verbesserung der rechten Handkraft, einer signifikanten Verbesserung
bei der Guralnik Test Batterie und beim Timed Up and Go Test.
In beinahe allen bearbeiteten Studien wird der Unterhaltungswert der Klettertherapie posi-
tiv erwähnt, somit könnte es Patienten/innen leichter fallen sich langfristig für diese The-
rapie zu motivieren. Die Klettertherapie ersetzt die konventionelle Physiotherapie nicht,
kann aber in abwechslungsreicher und spielerischer Weise manche Bereiche genauso
gut verbessern. Aus den Studien geht hervor, dass man therapeutisches Klettern als er-
folgreiche Ergänzung zur konventionellen Therapie anwenden kann.

Schlüsselwörter: Klettertherapie, Geriatrie, Rückenschmerz, zerebrale Ataxie, zerebrale


Parese

2
Abstract
By now therapeutic climbing is widespread, however, there are just a few studies that rep-
resent the impact on different diseases scientifically.
Hence the aim of this study is to represent the most important effects on the described
syndromes, to evaluate the used studies and to gain an overview of the effects of thera-
peutic climbing.
For literature research the search terms climbing therapy or therapy climbing or boulder-
ing were entered in September 2015 in PubMed, Cinahl, Pedro and Research Gate. For
PubMed, CINAHL and Pedro these search terms were connected alternately with the
terms low back pain, cerebellar ataxia and depression. For the search in ResearchGate
the search terms climbing therapy or therapy climbing or bouldering were entered. The
therapeutic climbing increases the muscle activity in the lumbar region and has a positive
effect on the psychological factors of chronic back pain. The test persons with cerebral
ataxia showed improvement of balance while walking, a more symmetrical speed and
motion profile during movements of the upper extremities and a general improvement in
manual dexterity. It is not clear from the study whether patients with depressive disorders
experience this positive aspects by the concentration training before therapy, emerge
from the therapeutic climbing itself or of the social aspects of group therapy. The impact
on the independence, mobility, balance and frequency of falls in geriatric patients showed
an improvement in almost all respects, though not all show statistical significance. The
impact on children with cerebral palsy is reflected in the improvement of the right hand
force, a significant improvement of the scores in Guralnik test battery and also a signifi-
cant improvement in the Timed Up and Go test.
In almost all processed studies the entertainment value of the therapeutic climbing is
mentioned positively, therefore it could be easier for patients to motivate themselves long
term. The therapeutic climbing does not replace the conventional physical therapy, but
some areas can be therapy in more varied and playful way. The studies show that one
can use therapeutic climbing in addition to conventional therapy.

Keywords: climbing therapy, low back pain, geriatrics, cerebellar ataxia, cerebral palsy

3
Inhaltsverzeichnis
Kurzfassung...................................................................................................................... 2
Abstract ............................................................................................................................ 3
Abkürzungsverzeichnis ..................................................................................................... 5
1 Einleitung ................................................................................................................... 6
2 Hintergrund ................................................................................................................ 8
3 Methodik .................................................................................................................. 12
4 Ergebnisse ............................................................................................................... 15
4.1 Population ........................................................................................................ 16
4.2 Interventionen ................................................................................................... 18
4.3 Outcomemessungen......................................................................................... 21
4.4 Effekte/Ergebnisse............................................................................................ 22
5 Diskussion und Schlussfolgerungen......................................................................... 28
Literaturverzeichnis ......................................................................................................... 36
Abbildungsverzeichnis .................................................................................................... 38
Eigenständigkeitserklärung ............................................................................................. 39

4
Abkürzungsverzeichnis

ADL Activities of Daily Living


EMG Elektromyographie
LWS Lendenwirbelsäule
MPSS Mood and Physical Symptoms Scale
NYHA New York Heart Association
OE obere Extremität
RCT randomized controlled trial
UE untere Extremität
WHO World Health Organisation

5
1 Einleitung
Klettern ist nicht nur eine boomende Freizeitsportart, es wird auch bei psychosozialen
Krankheiten als erlebnispädagogische Maßnahme zur Therapie eingesetzt. Darüber hin-
aus wird die Klettertherapie seit einigen Jahren erfolgreich in den Bereichen Neurologie,
Traumatologie und Orthopädie eingesetzt. Zum Beispiel profitieren Patienten/innen nach
einem Schlaganfall durch die bessere Bewegungsqualität, weil sie den betroffenen Kör-
perteil besser belasten können. Aber auch nach Sportverletzungen, bei der Behandlung
von Multipler Sklerose oder bei psychomotorischen Erkrankungen wie Körperwahrneh-
mungsstörungen wird Klettern als Therapie eingesetzt. Des Weiteren können Reizregula-
tionen bei sensorischen Integrationsstörungen oder aber auch Koordinationsschulungen
bei Körperbehinderten mit therapeutischem Klettern durchgeführt werden. (Grzybowski &
Eils, 2011, S.87)

Allgemein formuliert ist therapeutisches Klettern die Symbiose aus Bewegung in der Ver-
tikalen und physiotherapeutischem Fachwissen. Klettern bietet spielerische aber auch
gezielte bzw. reaktive Bewegungsabfolgen, welche sich je nach Bedarf rehabilitativ, kura-
tiv oder auch präventiv gestalten lassen. Zum Beispiel können Parkinson Patienten/innen,
Kinder mit sensomotorischen Defiziten aber auch Skoliose- und andere chronische Wir-
belsäulen Patienten/innen therapiert werden. (Institut für Therapeutisches Klettern (2007))

Klettern verlangt dem gesamten motorischen System komplexe Bewegungsabläufe ab.


Es ist eine Kombination aus Balance, Körperstabilität und der gleichzeitigen Koordination
aller vier Extremitäten. Klettergriffe variieren in ihrer Form und ihrer Anordnung an der
Kletterwand und stellen manchmal nur winzige Auflage- bzw. Griffflächen für Hände und
Füße bereit. Diese Tatsache verlangt der kletternden Person verschiedenste Körperposi-
tionierungen ab, zusätzlich ist es erforderlich das Körpergewicht an die jeweilige Situation
angepasst verlagern zu können um den Rumpf während des Streckens nach dem nächs-
ten Griff ausreichend zu stabilisieren. Der kletternde Mensch muss außerdem im Stande
sein mit Händen und Füßen präzise zielgerichtete Bewegungen auszuführen. (Stephan et
al., 2011, S.1)

Das Ziel der Arbeit ist herauszufinden, welche Effekte die Klettertherapie auf Patien-
ten/innen mit Depression, zerebraler Ataxie, chronischem Rückenschmerz, auf die psy-
chische Komponente des chronischen Rückenschmerzes, Selbstständigkeit, Mobilität und
Gleichgewicht bei geriatrischen Patienten/innen und Kindern mit zerebraler Parese be-
wirkt. Mit dem Wissen über die therapeutischen Effekte der Klettertherapie hat der/die
Physiotherapeut/in eine weitere Möglichkeit den/die Patienten/in optimal zu betreuen und

6
ihm/ihr eine möglichst adäquate Therapieform zukommen zu lassen. Möglicherweise stel-
len sich auch interessante Nebeneffekte dar, so könnte ein Ergebnis lauten, dass die Klet-
tertherapie zwar keine besseren Ergebnisse im Bezug auf den Schmerz der Patienten
bietet als eine konventionelle Therapie, jedoch den Patienten eine Linderung ihrer de-
pressiven Stimmung ermöglicht. Mit diesem Wissen kann man Klettern als Therapie ge-
zielt an Patienten/innen einsetzen um ihnen eine möglichst gute und ihren Bedürfnissen
angepasste Therapieform zukommen zu lassen. Dabei soll auch herausgefunden werden,
welche Parameter der einzelnen Erkrankungen durch die Klettertherapie beeinflusst wer-
den können.

Die systematische Literaturrecherche wurde in den Datenbanken PubMed, Cinahl, Pedro


und auf der Plattform Research Gate im September 2015 durchgeführt. Bei der Suche
wurden die Begriffe climbing therapy oder bouldering mit den Krankheitsbezeichnungen
low back pain, cerebellar ataxia und depression abwechselnd kombiniert. Diese Vorge-
hensweise führte zu sechs brauchbaren Studien, da diese als einzige die Klettertherapie
als tatsächliche Intervention verwendeten und nicht nur erwähnten.

Für die Beschreibung der Grundlagen des Kletterns als Therapieform wurde die Suche
auf Fachliteratur und andere Veröffentlichungen erweitert.

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2 Hintergrund
Die ureigene Fähigkeit des Menschen zu klettern birgt Potential für die medizinische Trai-
ningstherapie und neurologische Rehabilitation, die bisher nur wenig genutzt wurde. Um
isoliertes Geräte- oder Körpertraining über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten
erfordert es ein hohes Maß an Motivation und Selbstdisziplin. Im Gegensatz dazu sind
Kletterbewegungen von klein auf interessant und spielerisch. Viele Patienten/innen ma-
chen ihre Trainingsübungen nach der Reha nicht mehr weiter, während das Klettern als
Therapie von den meisten auch nach dem Reha Aufenthalt weiter betrieben wird. Um die
geforderten Bewegungen zu realisieren bedarf es eines gezielten Zusammenspiels der
Halte- und Bewegungsmuskulatur. Kleine Korrekturen genügen um die oft über lange
Zeiträume angelernten Fehlhaltungen zuerst an der Kletterwand und bei häufigem Üben
auch für den Alltag aufzulösen. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass beim Klettern immer
ganze Muskelschlingen angesprochen werden, es ist nicht möglich einen einzelnen Mus-
kel an der Wand zu belasten. Dadurch kommt es immer zu einer Ganzkörperbelastung
mit Verbindung der unteren Extremität über den Rumpf mit der oberen Extremität. Die
Kletternden sind mit ständig neuen Bewegungsabläufen konfrontiert. Neben der motori-
schen Leistung sind auch die komplexen kognitiven Aufgaben aufgrund des ganzkörperli-
chen Einbezugs zu erwähnen. Gerade im individuellen Grenzbereich muss die Erfassung
der Informationen und deren Verarbeitung sehr schnell passieren, was wiederum für die
neurologische Rehabilitation ein hohes Potential birgt. Mit der Ermüdung steigt auch die
Beanspruchung, was wiederum die Fähigkeit begünstigt sich längere Bewegungsabläufe
zu merken und besser zu antizipieren. Daraus leitet sich für die Klettertherapie folgendes
ab:
- Die zu trainierenden Strukturen können einfach korrekt angesprochen werden.
- Falsche Bewegungsausführungen lassen sich leichter korrigieren und sind selte-
ner.
- Das Training erhöht die Volition und macht mehr Spaß.
- Die mögliche Ausrichtung auf kleine sportliche Ziele erhöht die Motivation.
- Beim Klettern bestehen keine Altersbeschränkungen, so spricht nichts dagegen es
bis ins hohe Alter zu betreiben, so können die Effekte nachhaltig wirken.

Die Klettertherapie wird an künstlichen Kletteranlagen mit austauschbaren und in ihrer


Anordnung variablen Tritt- und Griffelementen durchgeführt. Dies ermöglicht eine indivi-
duelle Anpassung von Aufgabe und Anforderung an die Patienten/innen.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Klettern mit Seilsicherung und Bouldering.
Beim Bouldern bewegt man sich in Absprunghöhe bis maximal zwei Meter und fällt auf
weiche Turnmatten. Seilgesichertes Klettern erfordert ein hohes Maß an Konzentration

8
und viel Erfahrung mit den Sicherungsgeräten und deren korrektem Umgang. Die Haupt-
aufmerksamkeit des/der Therapeuten/in muss immer auf der Sicherung des Patienten
liegen, daher können die Therapieaspekte möglicherweise nicht so gut umgesetzt wer-
den. Für die Therapie an der Boulderwand ist die Sicherheit der Patienten/innen durch die
weichen Turnmatten gegeben, somit kann die Aufmerksamkeit von Therapeut/in und Pa-
tient/in voll auf die therapeutischen Übungen gelenkt werden. Für das therapeutische
Klettern sind Boulderwände mit verstellbarem Neigungswinkel von Vorteil, weil man damit
die Schwierigkeit anpassen kann. Üblicherweise wird in der Therapie mit Neigungswinkeln
zwischen leicht negativ (Wand hängt leicht über) und leicht positiv (Wand liegt leicht) ge-
arbeitet.
(Lazik et al., 2008, S.3-5)
Während der Therapie steht der/die Therapeut/in hinter dem/der Patient/in und sichert ihn
mit den Händen ab. Dadurch kann der/die Patient/in abgefangen, aber auch Bewegungen
fazilitiert werden. Sollte es zu Unsicherheiten oder Schwierigkeiten kommen, kann durch
taktilen Druck auf die Hüfte des/der Kletternden das Gleichgewicht und die Sicherheit
wieder hergestellt werden.
(Lazik et al., 2008, S.10)
Zum Bewegungsablauf beim Klettern gilt, dass große Bewegungen aufgrund des Körper-
schwerpunktes ihren Ursprung hautsächlich im Gebiet Becken, Lendenwirbelsäule (LWS)
und Hüftgelenke haben. Um den Körperschwerpunkt besser im Lot halten zu können, ist
es für das Klettern wichtig die Bewegungen aus dem Becken initiieren zu können. Zusätz-
lich vermeidet man damit eine Überbelastung des Schultergürtels. Aus einer stabilen Po-
sition heraus, dies ist die Voraussetzung für eine kontrollierte Weiterbewegung, wird mit
einem Impuls aus dem Körperabschnitt Becken die Bewegung eingeleitet. Die Bewegung
wird ausgeführt, wobei die Halte- und Hubarbeit der Beine eine wesentliche Rolle spielt,
während die Greifhand zum gewünschten Griff bewegt wird. Die Bewegung des Weiter-
greifens nennt man Zug. Als nächsten Schritt im Bewegungsablauf wird die neue Position
stabilisiert um somit die Voraussetzung für den nächsten Zug zu schaffen.
Der beschriebene Ablauf gilt auch für das Weitertreten. Aus einer stabilen Ausgangsstel-
lung wird der Schwerpunkt des Körpers so verlagert, dass es zu einer Belastung von bei-
den Griffen und einem Tritt kommt. Der entlastete Fuß steigt weiter auf den neuen Tritt,
anschließend wird die neue Stellung stabilisiert.

Daher gilt der sich wiederholende Ablauf von Ausgangsposition, Vorbereitung der Bewe-
gung, Ausführen der Bewegung und Stabilisation.

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Um in die stabile Ausgangssituation zu kommen gilt die feste Punkte-Regel. Diese be-
sagt, dass mindestens 3 Extremitäten festen Halt haben müssen um den/die Kletternde/n
zu stabilisieren. Daher muss in der Vorbereitungsphase das Körpergewicht verlagert wer-
den um die zu bewegende Extremität zu entlasten. Diese entlastete Extremität greift oder
tritt nun weiter, während die anderen Extremitäten festen Kontakt zur Boulderwand ha-
ben.

Das Gangbild am Boden ähnelt sehr stark den ökonomischen Kletterbewegungen. Beim
Gehen oder Laufen bewegen sich der linke Arm und das rechte Bein gleichzeitig nach
vorn. Dieses diagonale Muster der Be- und Entlastung ist gut auf das Klettern anwendbar.
Interessant ist, dass Kinder dieses Muster automatisch anwenden, während ältere Klet-
teranfänger/innen häufig in ein Passagenmuster fallen, was vermutlich auf Unsicherheit
beruht. Das Zentrum der Bewegung wird dabei vom Körperabschnitt des Beckens in den
Bereich der Schultern verlagert, daher müssen die Arme vermehrt das Gewicht des Kör-
pers tragen und die Beine werden nicht ökonomisch mit einbezogen. Allerdings ist für
eine ökonomische Kletterbewegung nicht die Armkraft entscheidend, sondern die Lage
des Körperschwerpunkts in Beziehung zu den 3 Fixpunkten auf den Griffen und Tritten.

Betrachtet man den/die Kletternde/n von hinten, sollte sich der Körperschwerpunkt auf
einer gedachten Verbindungslinie zwischen dem belasteten Tritt und der Haltehand befin-
den. Befinden sich Tritt-und Haltehand auf der gleichen Seite, spricht man von einem un-
ökologischen Passgang. In dieser Situation befindet sich der Körperschwerpunkt hinter
der Verbindungslinie, daher wird ein erhöhter Krafteinsatz von der haltenden Hand und
eine gute Körperspannung gefordert.
Mit leichten Übung zu starten und dann kontinuierlich zu steigern sind die Voraussetzun-
gen für ein erfolgreiches Erlernen von ökonomischen Bewegungsmustern. Für das thera-
peutische Klettern ist es besser die Patienten/innen am Anfang nicht zu überfordern und
die Übungsschwierigkeit stetig anzupassen, um die Motivation der Patienten aufrecht zu
erhalten. Generell ist es wichtig den spielerischen Charakter des Kletterns durch geeigne-
te Übungen aufrecht zu erhalten und als Grundlage der Therapie anzusehen.

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Abb.1: Einflussmöglichkeiten der Klettertherapie
auf physische und psychische Parameter
(Schmidbauer, 2015 nach Lazik et al., 2008, S.3)

11
3 Methodik
Für die Literaturrecherche im September 2015 wurden die Suchbegriffe climbing therapy
oder therapeutic climbing oder bouldering in PubMed, Cinahl, Pedro und Research Gate
eingegeben.

Die Suche in Cinahl erzielte 19 Ergebnisse. Die gefundenen Studien sind teilweise auch
über PubMed erhältlich, die übrigen passen thematisch nicht zu dieser Arbeit.

Die PubMed Suche mit den Begriffen climbing therapy oder therapeutic climbing oder
bouldering ergab 2132 Treffer. Nach dem lesen einiger Abstracts wurde festgestellt, dass
sich der Begriff climbing häufig in der Kombination stair climbing, also Treppensteigen,
findet. Daher war es nötig einige Krankheitsbilder aus den gelesenen Titeln und Abstracts
zu definieren, um an Studien zu kommen, die tatsächlich die Klettertherapie als Interven-
tion verwendeten. Dadurch wurden weitere Einschränkungen ermöglicht. Um einen
Überblick zu bekommen wurde das in PubMed gefundene systematic review von Buech-
ter & Fechtelpeter (2011) herangezogen.

In PubMed wurden mit den Suchbegriffen climbing therapy oder therapeutic climbing oder
bouldering und low back pain insgesamt 26 Treffer gefunden. Laut den Abstracts behan-
delten nur vier Studien die Klettertherapie als Intervention. Eine davon war das systematic
review von Buechter & Fechtelpeter (2011), die andere eine prospektive Studie und daher
für den Ergebnisteil ungeeignet. Zwei Studien zeigten sich verwertbar, da sie die Kletter-
therapie als Intervention verwendeten: The effects of therapeutic climbing in patients
with chronic low back pain a randomized controlled study von Engbert und Weber
(2011) und Effects of a therapeutic climbing program on muscle activation and SF-
36 scores of patients with lower back pain von Kim und Seo (2015).

Climbing therapy oder therapeutic climbing oder bouldering kombiniert mit cerebellar ata-
xia ergab 13 Treffer, bei genauerer Recherche der Abstracts stellte sich die Studie Effect
of long-term climbing training on cerebellar ataxia: a case series von Stephan, Krat-
tinger, Pasquier, Bashir, Fournier, Ruegg und Diserens (2011) als die einzige heraus, die
die Klettertherapie als Intervention verwendete und daher verwertbar ist.

In Kombination mit den Suchbegriffen depression und climbing therapy oder therapeutic
climbing oder bouldering lieferte die PubMed Suche 157 Treffer, wobei nach genauerer
Betrachtung nur die Studie Indoor rock climbing (bouldering) as a new treatment for
depression: study design of a waitlist-controlled randomized group study and the

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first results von Luttenberger, Stelzer, Först, Schopper, Kornhuber und Book (2015)
übernommen wurde, weil sie, wie bei den vorherigen Suchen bereits beschrieben, auch
die einzige Studie war, die die Klettertherapie als Intervention verwendete.

Im Literaturverzeichnis des Reviews von Buechter & Fechtelpeter (2011, S.7), welche
auch Ergebnis der PubMed Suche war, wurde die Studie: Therapeutisches Klettern ver-
bessert Selbstständigkeit, Mobilität und Gleichgewicht bei geriatrischen Patienten von
Fleissner et al. (2010, S.12) gefunden. Nach Lesen des Abstracts wurde sie als geeignet
befunden, da sie die Klettertherapie als tatsächliche Intervention verwendet und der The-
menbereich für diese Arbeit interessant ist.

Die Suche mit Pedro ergab 30 Treffer, jedoch waren die verwertbaren Artikel auch in
PubMed verfügbar.

Die Suche auf Research Gate wurde abwechselnd mit den Suchbegriffen climbing thera-
py oder therapeutic climbing oder bouldering durchgeführt und zeigte jeweils mindestens
50 Treffer. Viele davon waren jedoch Artikel und keine Studien, andere verwendeten die
Klettertherapie nicht als Intervention. Weitere interessante Studien wurden bei den Auto-
ren angefordert, es erfolgte jedoch keine Rückmeldung. Dadurch war nur die Vorschau
des Abstracts verfügbar. Die Studie mit dem Titel: Therapeutic Climbing: a possibility of
intervention for children with cerebral palsy von Koch et al. (2015, S.1) ist im Volltext ver-
fügbar. Diese wurde nach Lesen des Abstracts für die Bachelor Arbeit verwendet, da die
Klettertherapie als Intervention durchgeführt wurde, die Ergebnisse erst im März 2015
publiziert wurden und sie die einzige Studie auf diesem Themengebiet ist.

13
Abb.2: Flussdiagramm Literatursuche (Schmidbauer, 2015)

14
4 Ergebnisse
Kim & Seo (2015, S.743f) untersuchten in ihrer Studie den Effekt des therapeutischen
Kletterns auf die Muskelaktivität und die Auswirkungen auf die Ergebnisse des SF-36
Fragebogens bei Patienten/innen mit Lendenwirbelsäulenschmerzen. Die Studie wurde
als randomized controlled trial (RCT) ausgelegt, die Probanden/innen wurden in zwei
Gruppen eingeteilt. Die Kontrollgruppe wurde mit stabilisierenden Übungen für die Len-
denwirbelsäule therapiert.

Engbert & Weber (2011, S.1,2) wollten mit ihrer randomisierten kontrollierten Studie her-
ausfinden, welche Veränderungen die Klettertherapie bei chronischen Lendenwirbelsäu-
lenschmerz-Patienten/innen im Vergleich zur konventionellen Kräftigungstherapie bewirkt.
Der Fokus liegt hier jedoch neben der physischen auch auf der psychologischen Kompo-
nente. Sie verwendeten neben dem SF-36 Fragebogen auch den Hannover Functional
Ability Questionnaire zur Messung der schmerzbedingten Einschränkungen, aber auch
Schmerz, Vermeidungsverhalten und Körperwahrnehmung wurden aufgenommen. Die
Probanden/innen wurden per Zufallsprinzip den verschiedenen Gruppen zugewiesen.

Stephan et al. (2011, S.1) untersuchten die Langzeiteffekte der Klettertherapie auf die
motorischen Funktionen der Probanden mit zerebraler Ataxie. Die Evaluierung erfolgte
mittels Berg Balance Test, Box Block Test und einem Fragebogen zur Selbsteinschätzung
der motorischen Symptome. Zusätzlich wurden noch kinematische Analysen von zielge-
richteten Mehrgelenksbewegungen in Armen und Beinen gemessen. Da es sich um eine
Fallstudie handelt, gibt es keine Vergleichsgruppe.

Die Studie von Luttenberger et al. (2015, S.1) beschäftigt sich mit den Auswirkungen der
Klettertherapie in Gruppen auf Probanden/innen mit depressiven Störungen im Vergleich
zu einer Wartelistengruppe, die im Vergleichszeitraum keine Therapie erhielt. Ein weiteres
Ziel ist die Erstellung eines 8-wöchigen Trainingsprogramms für Patienten/innen mit De-
pressionen. Die Messungen erfolgten mittels Beck Depression Inventory 2 (BDI-2), symp-
tom checklist-90-R (SCL-90), questionnaire on resources and self-management skills
(FERUS) und dem attention test d2-R. Die Zuteilung in die Interventions- oder Wartelis-
tengruppe erfolgte bei Luttenberger et al. (2015, S.2) per Zufallsprinzip. Falls jedoch Pro-
banden/innen an dem bestimmten Therapietag keine Zeit hatten, wurden sie, um die Min-
destteilnahmezahl nicht zu unterschreiten, in der anderen Gruppe, die zu einer anderen
Zeit Therapie hatte, untergebracht.

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Fleissner et al. (2010, S.12) wollten herausfinden, ob therapeutisches Klettern zu mess-
baren Verbesserungen in den Bereichen Selbstständigkeit, Mobilität, Gleichgewicht und
Sturzhäufigkeit in der Rehabilitation geriatrischer Patienten/innen führen kann. Gemessen
wurde mittels Timed-Up-and-Go-Test, Mobilitätstest nach Tinetti, Handkraftmessung und
Barthel Index. Nach Beachtung der Ein- und Ausschlusskriterien wiesen Fleissner et al.
(2010, S.14) die Patienten/innen per Zufallsprinzip der Kontrollgruppe mit konventioneller
Physiotherapie oder der Klettertherapiegruppe zu.

Koch et al. (2015, S.35) beschäftigten sich mit der Frage, ob therapeutisches Klettern die
posturale Kontrolle, die funktionelle Mobiliät, die Handkraft und die spastische Kontrolle
von Kindern mit zerebraler Parese beeinflussen kann. Für diese Fallstudie wurde zur
Messung der Spastizität die Ashworth scale modified scale verwendet. Die Handkraft
wurde mittels eines definierten Dynometers getestet, wobei immer die gleiche Ausgangs-
stellung eingehalten wurde. Die posturale Kontrolle wurde mittels der Guralnik Testbatte-
rie, die die drei Werte statische Balance, Gehgeschwindigkeit und Fähigkeit von einem
Stuhl aufzustehen evaluiert. Die funktionelle Mobilität wurde mittels Timed Up and Go
Test festgestellt.

4.1 Population
Kim & Seo (2015, S.743f) hatten für ihre Studie 30 erwachsene Proband/innen mit chroni-
schen Rückenschmerzen (mindestens drei Monate) zur Verfügung. Das Durchschnittsal-
ter in der Interventionsgruppe betrug 33,6 Jahre, das der Kontrollgruppe 34,9 Jahre. Kim
& Seo (2015, S.744) beschlossen keine Probanden/innen mit strukturellen Problemen an
Knochen, Nervenverletzungen, Bandscheibenvorfällen oder vorangegangenen Operatio-
nen an der Wirbelsäule oder der unteren Extremität zur Studie zuzulassen.

Engbert & Weber (2011, S.1,4) verfügten über 28 Probanden/innen mit chronischen, un-
spezifischen Rückenschmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich, wobei am Ende nur die
Daten von 10 Klettertherapieteilnehmern/innen und 13 Trainingstherapieteilneh-
mern/innen verwertet wurden, da fünf Personen die 30-prozentige Mindestanzahl an Ein-
heiten nicht erreichten und somit ihre Daten von der Verwertung ausgeschlossen wurden.
Das Durchschnittsalter der Interventionsgruppe lag bei 51,9 Jahren, das der Kontrollgrup-
pe bei 50,4 Jahren. Es wurde niemand aufgrund von Schmerzen ausgeschlossen, son-
dern lediglich aufgrund der nicht erreichten 30 Prozent. Engbert & Weber (2011, S.2) be-
schlossen Probanden/innen mit den Krankheitsbildern radikuläre Symptome, ausstrah-
lender Schmerz bis über die Knie, Sensibilitätsstörungen, Reflexverlust, akuter Band-
scheibenvorfall, Wirbelsäulenoperation innerhalb der letzten sechs Monate, Tumor, Frak-

16
turen und allgemein spezifische und schwere Auslöser von Rückenschmerzen nicht zur
Studie zuzulassen.

Stephan et al. (2011, S.1,2,6) wollten für ihre Studie Männer, die folgende Kriterien erfül-
len: Rechtshänder, definitive Diagnose der zerebralen Ataxie und die Fähigkeit die Steh-
position mit minimaler Hilfe aufrechtzuerhalten. Die Studie wurde mit vier Männern mit
Extremitäten- und Gangataxie und einem Durchschnittsalter von 37,25 Jahren durchge-
führt.
Die Probanden hatten unterschiedliche Ausgangssituationen, was die Pathologie, die
Dauer der Krankheit und das Alter betrifft, jedoch hatten alle eine Gehirnschädigung, die
das Zerebellum betrifft. Stephan et al. (2011, S.2) schlossen Probanden aus, die eine
akute- oder progressive neurologische Diagnose hatten.

An der Studie von Luttenberger et al. (2015, S.1,3) durften Patienten/innen teilnehmen,
die entweder die Diagnose Depression von einem Psychiater hatten oder weniger als
dreizehn Punkte bei der WHO (world health organisation) Depressionsskala erreichten,
der Teilnahme zustimmten und zum vorgegebenen Termin Zeit hatten. Sie hatten 47 Pro-
banden/innen zur Verfügung. Das Durchschnittsalter der Interventionsgruppe lag bei
42,71 Jahren, während die Kontrollgruppe ein Alter von im Schnitt 44,96 Jahren aufwies.
Ausgeschlossen wurden in der Studie von Luttenberger et al. (2015, S.3) nur Patien-
ten/innen, die einen stationären Aufenthalt während der Interventions- oder Wartelisten-
zeit hatten, akut suizidgefährdet waren, eine Psychose hatten oder eine medizinische
Kontraindikation für Sport bestand.

Fleissner et al. (2010, S.13f) ließen alle Patienten/innen, die in einem Zeitraum von acht
Monaten an ihrer Abteilung für Akutgeriatrie aufgenommen wurden und bei denen die
akutmedizinische Therapie abgeschlossen war, für die Vorselektion der Studie zu. Das
Durchschnittsalter der Zielgruppe betrug 81 Jahre, in der Kontrollgruppe 81,5 Jahre. 95
Patienten/innen nahmen an der Studie teil. Fleissner et al. (2010, S.13f) schlossen Pati-
enten/innen von der Auswertung aus, wenn sie vor Abschluss von fünf Therapieeinheiten
entlassen wurden oder deren Timed-Up-and-Go-Testergebnis vor der Therapie besser als
zehn Sekunden war. Zu Beginn wurden folgende medizinische Ausschlusskriterien fest-
gelegt: akute Infektionen oder Fieber, akutes Koronarsyndrom, NYHA Stadium drei oder
vier, kardiale Dekompensation, Zustand nach Thorakotomie weniger als sechs Wochen
zuvor, akute Frakturen, Epilepsie oder Demenz. Im Verlauf der Studie wurden diese Aus-
schlusskriterien noch um akute Lungenembolie, Aortenaneurysma mit Dissektionsgefahr,
palmare- oder plantare Hautläsionen und Gangrän im Vorfußbereich erweitert.

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Koch et al. (2015, S.36) hatten für ihre Studie acht Patienten/innen mit einem Durch-
schnittsalter 9,6 Jahren zu Verfügung. Alle zeigten das klinische Bild einer Hemiparese.
Patienten/innen mit schweren kognitiven Veränderungen oder epileptischen Erkrankun-
gen wurden von der Studie ausgeschlossen. Einer der acht Patienten wurde von der Stu-
die ausgeschlossen, weil er zwei Therapien versäumte und dadurch nicht auf die Min-
destanzahl an Einheiten gekommen war.

4.2 Interventionen
Kim & Seo (2015, S.743,744) ließen beide Gruppen jeweils 30 Minuten, dreimal pro Wo-
che über einen Zeitraum von vier Wochen trainieren. Die Probanden/innen hatten Ein-
schränkungen bezüglich ihres Trainings in der Freizeit. Die Testpersonen der Übungs-
gruppe für lumbale Stabilität führten folgende Übungen durch: bridging in Rückenlage,
bridging Übungen, bei denen die UE oder OE angehoben wird und bridging in Seitenlage
mit hochziehen der UE. Für die Klettertherapiegruppe wurden an einer 90° Boulderwand
Übungen durchgeführt, die die Größe der Unterstützungsfläche und die Position des Kör-
perschwerpunkts variierten, um statische und dynamische Übungen durchführen zu kön-
nen.
Erste Übung (statisch): Schulter Stabilitätsübung (dynamisch): Arme und Beine sind wei-
ter auseinander positioniert als die Schulterbreite in der Startposition, gefolgt von langsa-
mem Weitergreifen zum nächsthöheren Griff.
Zweite Übung (dynamisch): Beide Hände und Beine sind etwas mehr als schulterbreit an
der Kletterwand positioniert, nach drei Sekunden statischem Halten muss die linke Hand
auslassen und zum nächsten Griff in der gleiche Höhe aber 50 cm weiter lateral greifen,
wobei die Vorgabe war dafür 3 Sekunden zu brauchen.
Dritte Übung: UE und OE Kokontraktion, eine Bewegung ähnlich der Kniebeuge nur auf
der therapeutischen Kletterwand. Die Haltehand wurde immer dann gewechselt, wenn
zwischen tiefer und hoher Position gewechselt wurde.
Den Teilnehmern war es nicht erlaubt in der Freizeit zu trainieren, sie durften lediglich die
Therapieeinheiten der Studie wahrnehmen.

Bei der Studie von Engbert & Weber (2011, S.3) wurde vier Mal pro Woche für 45 Minuten
trainiert, und das über einen Zeitraum von vier Wochen. Das Warm Up dauerte 10-15
Minuten und der Hauptteil 30 Minuten. Die Probanden/innen hatten keine Einschränkun-
gen, was das Training in ihrer Freizeit betraf.
Die Trainingstherapieeinheiten ließen Engbert & Weber (2011, S.2,3) mit einem Warm Up
am Ergometer oder mit Übungen mit einem Gymnastikball durchführen. Im Hauptteil wur-

18
den die Probanden/innen zu Übungen zur Stabilisation und Kräftigung der Rumpfmusku-
latur angeleitet. Für alle Teilnehmer/innen wurden die gleichen Übungen verwendet, sie
variierten von Einheit zu Einheit. Inhalt der Übungen waren Kräftigung, Dehnung, Mobili-
sation, Koordination und Stabilisation der Rumpf– und UE Muskulatur. Zum Abschluss
wurde ein zehnminütiges Cool Down durchgeführt. Den Patienten/innen war es erlaubt in
ihrer Freizeit Sport zu treiben.
Die Klettertherapie wurde ohne spezifische Übungen durchgeführt. Nach dem Standard-
aufwärmprogramm (seitlich klettern, alle Griffe erlaubt) wurden Übungen für Koordination,
Stabilisation und Rumpfstabilitätstraining durchgeführt. Manchmal wurden auch andere
Gegenstände wie Frisbees oder kleine Bälle verwendet. Aufgrund der verschiedenen Grif-
fe und Tritte konnte jede Übung an das Können der Probanden/innen so angepasst wer-
den, dass sie Erfolg hatten. Als letzte Übung wurde immer etwas Schwieriges aber Lusti-
ges durchgeführt, wie zum Beispiel blind klettern, kleine Gegenstände einsammeln, die in
Griffen versteckt waren, oder bestimme Griffe beim Klettern auslassen. Den Patien-
ten/innen war es erlaubt in ihrer Freizeit Sport zu treiben.

Bei der Fallstudie von Stephan et al. (2011, S.2,3,4) durchliefen die Probanden einen
sechswöchigen Trainingsblock. Die Häufigkeit und Dauer der Trainingseinheiten wurde an
den Gesundheitszustand und die physische Belastbarkeit der Probanden angepasst. Das
Ziel war so viel wie möglich zu trainieren, ohne die Probanden dabei zu überfordern. Indi-
viduelle Übungen und Aufgaben wurden mit dem Ziel entwickelt die motorischen Ein-
schränkungen der Patienten maximal zu fordern.

Patient 1: Koordination der Extremitäten und Geschwindigkeit einzelner Bewegungen so-


wie Bewegungsabläufe fördern.
Patient 2: Zielgerichtete Bewegung und Gleichgewicht fördern.

Patient 3: Angemessene Kopfbewegung um die visuellen Informationen in die Planung


des Bewegungsablaufs zu integrieren.

Patient 4: komplexe Bewegungsabläufe, die hohe Konzentration und physische Ausdauer


erfordern, fördern.

Das Training war so aufgebaut, dass es Bewegungsabläufe aus dem Alltag enthielt, um
sie später leichter in den Alltag zu integrieren.

Verschiedene Übungen mit den Schwerpunkten auf Gleichgewicht, zielgerichtetes Bewe-


gen und Greifen, Flüssigkeit der Bewegung, Bewegungsgeschwindigkeit, Planung von
Einzelbewegungen und Bewegungsabläufen und das Integrieren von somatosensori-

19
schen Reizen wurden durchgeführt. Nach positivem Abschluss einer Übung wurde die
Schwierigkeit gesteigert.

Luttenberger et al. (2015, S.2) ließen die Intervention einmal in der Woche für drei Stun-
den und über einen Zeitraum von acht Wochen durchführen. Die fixen Zeiten waren im-
mer von zehn bis dreizehn Uhr. Zwölf bis dreizehn Personen trainierten pro Therapieein-
heit in einer Gruppe. Jede Trainingseinheit startete entweder mit einer Meditation oder
einer anderen Konzentrationsübung. Anschließend wurde das Ziel der aktuellen Einheit
besprochen und eine kurze Psychoedukation durchgeführt. Als nächstes wurde der vom
jeweiligen Ziel abhängige Hauptteil, Boulderingspiele oder spezifische Übungen durch-
führt. Die Patienten wurden dabei motiviert neue Erfahrungen zu machen, zum Beispiel
klettern mit verbundenen Augen. Nach einer Pause durften die Probanden/innen frei nach
Belieben in kleinen Gruppen an Routen, die sie selbst aussuchen durften, bouldern. Zum
Abschluss jeder Einheit wurde wieder eine Meditation oder Konzentrationsübung, gefolgt
von einer kurzen Besprechung, wie die Probanden/innen die Einheit erlebten und wie
man das Gelernte in den Alltag transferieren kann, durchgeführt. Die Therapeuten/innen
sind Psychologen/innen oder Krankenpfleger/innen mit psychiatrischer Ausbildung, die
zusätzlich eine Fortbildung für Therapieklettern absolvierten und mehrere Jahre Kletterer-
fahrung hatten.

Die Patienten/innen von Fleissner et al. (2010, S.14) mussten fünf Therapieeinheiten mit
je 30 Minuten absolvieren.
Von der Klettertherapiegruppe wurde ein Warm Up mit leichten Greif-und Griffübungen
sowie Trittversuchen durchgeführt.
Um die Belastbarkeit der Patienten/innen zu kontrollieren wurden Herz- und Atemfre-
quenz, die Sauerstoffsättigung und der Blutdruck als Parameter gewählt.
Für die Kontrollgruppe wurden die Gangschule nach Klein-Vogelbach, sowie Kraft- und
Gleichgewichtsübungen durchgeführt. Das Krafttraining erfolgte in geschlossener Kette
mit dem Fokus auf die untere Extremität und die Rumpfmuskulatur. Das Gleichgewichts-
training wurde auf stabilen und labilen Unterlagen mit offenen und geschlossenen Augen
durchgeführt. Schnellkraftkomponenten wurden auch miteinbezogen.

Für die Studie von Koch et al. (2015, S.36f) wurde der Trainingszeitraum von drei aufei-
nanderfolgenden Monaten untersucht, wobei zweimal pro Woche für eine Stunde trainiert
wurde. Die Therapieeinheiten starteten mit einem zehnminütigen Warm Up, welches re-
spiratorische- und Dehnungsübungen beinhaltete. Dann folgte der zwanzigminütige
Hauptteil. Anschließend wurden zehn Minuten Erholungs- und Entspannungsübungen

20
durchgeführt um die Atem- und Herzfrequenz zu senken und den Muskeltonus zu regulie-
ren. Weiters wurden zehn Minuten die Übungen des ersten Durchgangs wiederholt, ge-
folgt von zehn Minuten Erholungs- und Entspannungsübungen. Je nach Können der Pati-
enten/innen wurden die Übungen horizontal, diagonal oder vertikal durchgeführt. Die
Übungen beinhalteten statisches Halten für einige Sekunden, Übungen um weitere Griffe
zu erreichen, Klettern mit maximaler Flexion der oberen- und unteren Extremität, darauf-
folgend Übungen mit maximaler Extension der Extremitäten. Zusätzlich wurden noch
markierte Routen geklettert.

4.3 Outcomemessungen
Kim & Seo (2015, S.743,744) setzen die Messzeitpunkte des EMG und des SF-36 Frage-
bogens vor Beginn und nach den vier Wochen Therapie. Sie verglichen den Outcome der
beiden Gruppen anhand der Daten des SF-36 Fragebogens (short form 36-item Questi-
onnaire). Dieser beschäftigt sich mit Fragen zur subjektiven Lebensqualität und dem phy-
sischen und mentalen Zustand der Probanden/innen. Ebenso wurden die Ergebnisse der
Elektromyografie Messungen im Lumbalbereich verglichen, um mögliche Aktivitätsverän-
derungen der dortigen Muskulatur zu messen.

In der Studie von Engbert & Weber (2011, S.3) wurden die Ergebnisse der Fragebögen,
die den physischen und mentalen Zustand der Patienten/innen (SF-36) und die funktionel-
len Einschränkungen (FFbH-R) abfragen, verglichen. Die Fragebögen wurden am Anfang
der ersten Therapieeinheit und in den folgenden Einheiten jeweils am Ende ausgefüllt.

Stephan et al. (2011, S.2) testeten die uneingeschränkten, dreidimensionalen, zielgerich-


teten Arm- und Beinbewegungen, die manuelle Geschicklichkeit (Box Block Test) und das
Gleichgewicht (Berg Balance Test) sechsmal im Intervall von zwei Wochen, und zwar vor,
während und nach der Trainingseinheit. Der Fragebogen wurde sechsmal ausgefüllt, dies
wurde immer am Ende der jeweiligen Trainingswoche durchgeführt. Zusätzlich füllten die
Probanden noch einen Selbsteinschätzungsfragebogen bezüglich ihrer motorischen
Symptome aus.

Während der achtwöchigen Therapie setzten Luttenberger et al. (2015, S.1,2) vier Ver-
laufsmessungen an. Nach dem anfänglichen Assessment begann die Interventionsgruppe
mit ihrem achtwöchigen Bouldertraining, anschließend wurde die Wartelisten-Gruppe zur
Bouldergruppe und die vorherige Bouldergruppe kehrte zu ihren vorherigen Therapien
zurück. Die Messungen wurden am Anfang, nach 8, 16 und 24 Wochen durchgeführt. Es
wurden die Ergebnisse der Messungen aus den folgenden Tests und Fragebögen vergli-

21
chen: Beck Depression Inventory 2 (BDI-2), symptom checklist-90-R (SCL-90), question-
naire on resources and self-management skills (FERUS) und der attention test d2-R.

Fleissner et al. (2010, S.13) setzten die Messzeitpunkte jeweils zu Beginn und am Ende
der Therapie an. Für die Sturzanamnese wurde der Zeitraum von vier Monaten vor Be-
ginn und vier Monaten nach Therapieende herangezogen. Sie verglichen die Ergebnisse
des Timed-Up-and-Go-Tests, des Mobilitätstests nach Tinetti, der beidseitigen Hand-
kraftmessung und des Barthel Index. Zusätzlich wurde die Sturzrisikoeinschätzung nach
Huhn durchgeführt.

Für die Studie von Koch et al. (2015, S.36) wurde jeweils am Anfang und am Ende der
Intervention evaluiert. Zur Messung der Spastizität wurde von Koch et al. (2015, S.35) die
Ashworth modified scale verwendet. Die Handkraft wurde mittels eines definierten Dyno-
meters getestet, wobei immer die gleiche Ausgangsstellung eingehalten wurde. Die pos-
turale Kontrolle wurde mittels der Guralnik Testbatterie, die die drei Werte statische Ba-
lance, Gehgeschwindigkeit und Fähigkeit von einem Stuhl aufzustehen, evaluiert. Die
funktionelle Mobilität wurde mittels Timed Up and Go Test festgestellt.

4.4 Effekte/Ergebnisse
Laut Kim & Seo (2015, S.744f) zeigten beide Gruppen eine signifikante Verbesserung bei
den Ergebnissen des SF-36 Fragebogens, die Klettertherapiegruppe schnitt sogar noch
etwas besser ab als die Vergleichsgruppe. Muskeln, die mit der lumbalen Stabilität in
Verbindung gebracht werden, sind mit der LWS verbunden. Diese sind M. Multifidus, M.
Transversus Abdominis, M. Obliqus internus, die die Stabilität zwischen den Segmenten
beeinflussen und die paravertebrale Muskulatur und der M. Rectus Abdominis für die ge-
nerelle Bewegung. Um die Stabilisation der Wirbelsäule zu testen und den Effekt der The-
rapie messbar zu machen, wurden EMG Messungen an M. Rectus Abdominis, M. Erector
Spinae, und M. Obliques Internus und -Externus vorgenommen. Beide Therapiegruppen
zeigten einen signifikanten Anstieg bei der Elektromyographie der lumbalen Muskulatur.
Die Muskeln Rectus Abdominis, Obliqus Internus und -Externus zeigten bei den Proban-
den/innen der Klettertherapiegruppe eine größere Aktivitätsverbesserung als in der Ver-
gleichsgruppe. Daraus schließen Kim & Seo (2015, S.744f), dass die Klettertherapie ge-
nauso effektiv wie die lumbal stabilisierenden Trainingsübungen ist, wenn es um die Akti-
vierung und Verbesserung der lumbalen Muskulatur geht. Die Ergebnisse zeigen, dass
die durchgeführten klettertherapeutischen Übungen einen positiven Einfluss auf die Stabi-
lität des Lumbalbereichs haben. Die Zunahme der EMG Aktivität des M. Errector Spinae
war in der Trainingsgruppe größer als in der Klettertherapiegruppe. Dem gegenüber steht
22
eine Vergrößerung der Aktivität von M. Rectus Abdominis und M. Obliques Internus und –
Externus. Diese Muskeln werden beansprucht, wenn die Arme oder Beine bewegt wer-
den, um den Rumpf und die Wirbelsäule stabil zu halten. Dazu kommt, dass Klettern ei-
nen motivierenden Effekt auf die Patienten/innen hat, was es wiederum attraktiver als
andere Therapieformen machen kann. Es wird berichtet dass es Patienten/innen leichter
fällt ihre Ängste zu überwinden und ihre Selbstdisziplin zu steigern. Gerade für Rücken-
schmerz-Patienten/innen hat diese Therapieform ein enormes Potential.

Engbert & Weber (2011, S.4) fanden heraus, dass die Ergebnisse der Klettertherapie ver-
gleichbar mit denen der konventionellen Trainingstherapie sind. Sie beschreiben, dass
keine signifikanten Unterschiede in den Ergebnissen bezüglich Geschlecht oder Alter zwi-
schen den beiden Gruppen gefunden wurden. Beim Hannover Functional Ability Questi-
onnaire wurden keine Verbesserungen nach der Intervention gemessen. Für den SF36
Fragebogen wurde für beide Gruppen eine signifikante Verbesserung festgestellt. In den
Punkten physische Funktion, Selbsteinschätzung der eigenen Gesundheit, Selbstein-
schätzung der mentalen Gesundheit und Partizipation konnte die Klettertherapie deutliche
Verbesserungen erwirken. Die konventionelle Therapie konnte in den Punkten Vitalität,
Funktionseinschränkung aufgrund physischer Probleme, Auffassung der mentalen Ge-
sundheit und der Partizipation Verbesserungen erwirken. Im Vergleich der Gruppen konn-
te die Klettergruppe in den Punkten physische Funktion und generelles Gesundheitsemp-
finden eine größere Verbesserung verzeichnen. Dies zeigt, dass die Klettertherapie ver-
gleichbare Ergebnisse wie das konventionelle Training bietet und in manchen Punkten
sogar überlegen ist.

Stephan et al. (2011, S.2,4,6) hatten vier sehr unterschiedliche Probanden, aber trotzdem
konnte sich jeder in verschiedenen Bereichen der Bewegungsqualität verbessern. Nur
wenig kurzzeitige Verschlechterungen der motorischen Kontrolle wurden angegeben. Die
Bewegungsqualität in ADL Bewegungen konnte gesteigert werden.
Die sehr individuellen Auswirkungen der Verbesserungen auf das motorische System
wurden auch durch die unterschiedlich langen Krankheitszeiten, die Unterschiede in der
Pathologie und die verschiedenen Trainingsformen, das Alter und die Motivation beein-
flusst.

Unabhängig von den individuellen Ergebnissen konnten sich alle Patienten in den schnel-
len und zielgerichteten, mehrgelenkigen Bewegungen verbessern. Arm- und Beinbewe-
gungen wurden während der Klettertherapie symmetrischer und auch die Geschwindigkeit
erhöhte sich. Da sich die Zielrichtung nicht verschlechterte, kann von einer Verbesserung
des motorischen Systems ausgegangen werden. Patient 2 und 3 hatten Gleichgewichts-

23
probleme, die sie mit der Klettertherapie verbessern konnten. Patient 3 und 4 zeigten
beim Box Block Test eine Verbesserung der rechten und linken Hand.

Die Ergebnisse stützen die These, dass die langfristige Klettertherapie die Koordination
der Patienten/innen, die motorische Leistung und die Symptome der zerebralen Ataxie
verbessert. Dies gilt für die obere wie auch die untere Extremität.

So konnten die Patienten ihre Bewegungsgeschwindigkeit erhöhen und erreichten ein


symmetrischeres Geschwindigkeits-Bewegungsprofil in beiden Armen und Beinen bei den
zielgerichteten Bewegungen. Die zwei von der Gangataxie am meisten betroffenen Pati-
enten konnten ihr Gleichgewicht verbessern, zwei von vier Patienten verbesserten ihre
manuelle Geschicklichkeit.

Zielgerichtete Bewegungen:

Bewegungen wurden schneller, flüssiger und weniger kurvig. Das Geschwindigkeitsprofil


wurde symmetrischer. In 19 von 42 Parametern konnte eine signifikante Verbesserung
erzielt werden, drei Parameter verschlechterten sich und 2 Parameter waren abwechselnd
besser oder schlechter.

Box Block Test (manuell Geschicklichkeit)

Patient1: Steigerung nur für linke Hand

Patient 2: blieb mehr oder weniger gleich

Patient 3 und 4: steigerten ihre Leistung für beide Hände

Berg Balance Test

Patient 1 u. 4 blieben gleich, was zu erwarten war, weil diese Patienten auf hohem Level
eingestiegen sind.

Patient 2 u. 3 verbesserten sich durch das Klettertraining.

Selbsteinschätzungsfragebogen zur motorischen Kontrolle

Patient 1: Tremor Reduktion, die ihm besonders beim Hantieren mit Tassen und beim
Binden der Schuhbänder auffiel. Die Motivation des Patienten für die Klettertherapie wur-
de mit mäßig bis gut bewertet. Er sah das Klettern als eine willkommene Abwechslung im
täglichen Leben an.

24
Patient 2: Der Patient hat mehr Körperstabilität und ein besseres Gleichgewichtsgefühl.
Daher ist es ihm leichter möglich das gesamte Körpergewicht beim Gehen über einem
Bein zu halten. Zusätzlich sind die Bewegungen der Arme und Beine zunehmend zielge-
richteter und schneller in ADL Bewegungen. In der zweiten Hälfte der Trainingsperiode
gab er an, dass seine Bewegungen in der rechten Hand und im rechten Bein flüssiger und
schneller werden, wenn er sequentielle Bewegungen ausführt. In der zweiten und dritten
Woche fühlte er eine temporäre Verschlechterung des Tremors. Dieser Patient war immer
sehr motiviert und schätzte die physische Aktivität, insbesondere die aufrechte Körperpo-
sition, als willkommene Abwechslung zum Sitzen im Rollstuhl.

Patient 3: Positiver Effekt auf Körperposition und Stabilität. Durch die richtige Nutzung des
visuellen Systems (den Kopf in Richtung der nächsten Ziele bewegen) konnte auch dieser
Patient eine Verbesserung der Geschwindigkeit bei einzelnen und sequentiellen Bewe-
gungen erkennen.

Patient 4: Nach einer kurzen Verschlechterung in der zweiten Trainingswoche beschrieb


der Patient eine Verbesserung der langsamen Bewegungen und eine Abnahme des Tre-
mors. Langsame Bewegungen ohne Konzentration wurden flüssiger ab der dritten Trai-
ningswoche. Schnelle Bewegungen wurden schneller und konstant besser in der Zielge-
nauigkeit ab der vierten Woche. Der Patient war sehr motiviert und schätze das Klettern
als Form der physischen Aktivität.

Luttenberger et al. (2015, S.6f) beschreiben einen möglichen positiven Einfluss der Boul-
der Gruppentherapie auf Probanden/innen mit depressiven Störungen. Aus der statisti-
schen Analyse geht hervor, dass der Faktor Gruppentherapie bei Patienten/innen, die
stärker von den Symptomen der depressiven Störungen betroffen sind, einen signifikan-
ten Zusammenhang mit dem Endergebnis zeigt. Dadurch hatten schwerer betroffene Pa-
tienten/innen ein besseres Ergebnis. Zehn von vierzehn Probanden/innen hatten sich
nach der achtwöchigen Therapie in ihrem BDI-2 Ergebnis um 6,27 Punkte verbessert,
während die Warteliste ihren Wert lediglich um 1,4 Punkte verbessern konnte. Nach dem
Tausch der Trainings – und Wartelistengruppe kam heraus, dass sich die nun aktive vor-
malige Wartelistengruppe auch um sechs Punkt verbessern konnte. Die ehemalige
Bouldergruppe, die nun die Wartelistengruppe wurde, konnte ihre Ergebnisse in den wei-
teren acht Wochen beibehalten. Weitere signifikante Veränderungen zeigte die Interventi-
onsgruppe in den Unterpunkten Depression und zwang- bzw. triebhafte Verhaltenswei-
sen des SCL-90. Für die FERUS Unterkategorien Selbstständigkeit und passive oder ak-
tive Stressbewältigung wurden ebenfalls signifikante Verbesserungen festgestellt.

25
Bei der Studie von Fleissner et al. (2010, S.14,15,16) wurde im longitudinalen Vergleich
bei beiden Gruppen eine Verbesserung des Barthel-Index, des Timed-Up-and-Go-Tests
sowie des Tinetti-Tests und der Handkraft links festgestellt.
Beim Barthel Index steigerte sich die Zielgruppe um 11,4 Punkte, die Kontrollgruppe um
9,1 Punkte. Bei den Einzelitems zeigte sich jedoch kein Gruppenunterschied, wenn man
die Ergebnisse vor der Therapie mit denen nach der Therapie vergleicht. Daher hat die
Klettertherapiegruppe in keinen Einzelbereichen statistische Signifikanz gegenüber der
Kontrollgruppe, erst in der Summenbetrachtung ergibt sich für die Zielgruppe ein Vorteil.
Beim Timed-Up-and-Go-Test konnte sich die Zielgruppe um 6,4 Sekunden, und die Kon-
trollgruppe um 3,5 Sekunden verbessern. Somit steigerten beide Gruppen ihre Klassifizie-
rung von Patienten/innen mit eingeschränkter Mobilität und funktionellen Auswirkungen
(Zeit 20-29 Sekunden) auf die Kategorie Patienten/innen, die weniger mobil sind, bei de-
nen aber noch keine Einschränkungen für Erfordernisse des täglichen Lebens bestehen
(Zeit 11-19 Sekunden). Im Vergleich verbesserte sich die Klettertherapie-Gruppe signifi-
kant besser als die Kontrollgruppe.
Beim Tinetti-Test kam es in der Klettertherapie-Gruppe zu einer Verbesserung von vier
Punkten, während sich die Kontrollgruppe um 2,6 Punkte verbessern konnte.
Sowohl beim Balancetest als auch beim Gangtest kam es in beiden Gruppen zu einer
Verbesserung im Vergleich vor und nach der Therapie. Im Balancetest schnitt die Ziel-
gruppe mit einer Verbesserung von 1,98 Punkten im Vergleich zur Kontrollgruppe mit 1,18
Punkten besser ab. Der Mobilitätsteil zeigt sich für die signifikanten Unterschiede verant-
wortlich, während der Balanceteil nur die Tendenz wiederspiegelt. Somit konnte das
Sturzrisiko von „signifikant erhöht“ auf „eventuell erhöht“ verbessert werden, dies gilt je-
doch nur für die Zielgruppe, bei der Kontrollgruppe gilt das Sturzrisiko nach wie vor als
„signifikant erhöht“.
Beim Gangtest konnte sich die Zielgruppe um 1,76 Punkte verbessern, während die Kon-
trollgruppe 1,04 Punkte zugelegt hatte, was in Summe einen statistisch signifikanten Un-
terschied ergibt.
Bei der Handkraft rechts hatte die Zielgruppe einen höheren Ausgangswert und verbes-
serte sich um 24,8 N, die Kontrollgruppe konnte sich um 23 N steigern, was kaum einen
Unterschied zwischen den Gruppen ergibt.
Anders fällt es bei der Verbesserung der linken Handkraft aus. Hier konnte die Kletterthe-
rapie-Gruppe einen Kraftzuwachs von 27,1 N erreichen, während sich die Kontrollgruppe
um lediglich 10 N steigerte. Dies ergibt in Summe ein gerade nicht statistisch signifikantes
Ergebnis.
Für die Sturzhäufigkeit zeigt sich kein Unterschied zwischen den Gruppen, vier Monate
nach der Therapie gab es jeweils weniger Stürze als vier Monate vor Therapiebeginn.

26
Die Mobilität, gemessen durch den Tinetti-Test, und die Selbstständigkeit, gemessen
durch den Barthel-Index, wurden durch die Klettertherapie im Vergleich zur konventionel-
len Physiotherapie signifikant verbessert. Die Sturzhäufigkeit konnte jedoch auch durch
die konventionelle Physiotherapie signifikant reduziert werden.
Außerdem beschreiben Fleissner et al. (2010, S.16) eine hohe Motivation der Patien-
ten/innen der Klettertherapie-Gruppe, sie hatten Freude an der Bewegung und trainierten
Kraft, Gleichgewicht, Beweglichkeit, Koordination und ihre Körperspannung, was spezi-
fisch für diese Therapieform ist. Durch die Aktivität an der Kletterwand können koordinati-
ve Fähigkeiten, komplexe Bewegungsmuster, Ausdauer und Beweglichkeit trainiert wer-
den.

Koch et al. (2015, S.37) zeigten, dass die Klettertherapie die rechte Handkraft um im
Schnitt 22,3% erhöhen konnte, dies zeigt somit eine statistische Signifikanz. Für die linke
Hand konnte eine Verbesserung von 7,1% erwirkt werden, dies reicht jedoch nicht für
eine statistische Signifikanz.
Vergleicht man die Ergebnisse der Guralnik Test Batterie vor und nach der Intervention,
ergibt sich eine Verbesserung von 36,8%.

Die Ergebnisse des Timed Up and Go Tests zeigen, dass die Patienten/innen ihre funkti-
onelle Mobilität im Vergleich zur Ausgangssituation um 29,2% verbessern konnten.

Bezüglich der modifizierten Ashworth Scale konnte eine Verbesserung von 15,5% erreicht
werden.

Während der Trainingseinheiten konnte eine Verbesserung der Bewegungen festgestellt


werden, dadurch konnten die Patienten/innen die therapeutischen Übungen leichter aus-
führen. Mit zunehmender Greifkraft wurden sie unabhängiger an der Kletterwand. Einige
Patienten/innen verlängerten die Klettertherapie freiwillig.

27
5 Diskussion und Schlussfolgerungen
Generell konnte nur schwer geeignetes Material zum Thema Klettertherapie gefunden
werden, allem Anschein nach gibt es noch wenig wissenschaftliche Studien zu diesem
Thema. Es gibt zwar einige Fachbücher, diese spiegeln jedoch die Meinungen und Erfah-
rungen einiger weniger Experten wieder, und das leider häufig ohne wissenschaftlichen
Hintergrund. Manche Studien der Plattform Research Gate wären noch interessant gewe-
sen, jedoch wurden Anfragen an die Autoren/innen meist nicht beantwortet, wodurch kein
Zugriff auf den Volltext ermöglicht wurde. Zwar findet man mit den verwendeten Begriffen
viele Treffer, der Großteil davon bezieht sich jedoch auf Treppensteigen (stair climbing),
was aber nicht Thema dieser Bachelorarbeit ist. Auch unter Einbezug aller gängigen Platt-
formen war es schwierig genug Studien zu finden, die Klettertherapie als Intervention
verwendeten und somit brauchbar sind. Weil diese Arbeit die Effekte der Klettertherapie
auf verschiedene Krankheitsbilder untersucht, kann zwischen den verschiedenen Studien
kaum ein Vergleich hergestellt werden, da die Messinstrumente sehr unterschiedlich sind.
Eine weitere Hürde für die Vergleiche stellen aber auch die kaum beschriebenen Übun-
gen und deren Intensitäten dar. Auch bei der Trainingshäufigkeit und –dauer gibt es gro-
ße Unterschiede.

Kim & Seo (2015, S.744,745) konnten der Klettertherapie verschiedene Erfolge nachwei-
sen. Sie beschreiben bei der Zuweisung der Gruppen nicht, ob dies nach dem Zufalls-
prinzip erfolgte, es wird lediglich von einer Einteilung geschrieben. Dies könnte in weiterer
Folge eine bewusste Verfälschung der Ergebnisse ermöglichen. In deren Übungsbe-
schreibung der konventionellen Therapie fehlen die Wiederholungsanzahl und die Anzahl
der durchgeführten Sätze. Daher ist der Vergleich der beiden Gruppen kritisch zu betrach-
ten. Es kann nicht beurteilt werden, ob die konventionelle Therapie die Patienten/innen
nicht unter- oder überforderte. Dies könnte im Vergleich mit der Klettertherapie einen
Nachteil bei den Ergebnissen bedeuten und wäre damit leicht manipulierbar. Weiters
wurde nicht definiert, wie viele Therapieeinheiten die Probanden/innen versäumen durf-
ten, es wurden sämtliche Daten verwertet, auch wenn Probanden/innen nur einmal teil-
nahmen. Dies führt wiederum zu einer möglichen Verfälschung des Ergebnisses. Außer
dem seit mindestens drei Monaten bestehenden Rückenschmerz wurden keine weiteren
Einschlusskriterien definiert. Um eine definitive Aussage über die Auswirkungen auf die
verschiedenen Teile der Rückenmuskulatur zu bekommen, wurden für diese Studie EMG
Messungen durchgeführt. Dies ist die einzige der verwendeten Studien, die diese Mes-
sungen durchführte.
Mit 30 Probanden/innen ist der Umfang eher klein gewählt. Sehr positiv ist, dass die Trai-
ningsmöglichkeiten der Patienten/innen in deren Freizeit eingeschränkt waren, damit das

28
Ergebnis möglichst unverfälscht bleibt. Während die Übungen der Klettertherapiegruppe
sehr ausführlich beschrieben wurden, fiel die Beschreibung der konventionellen Übungen
recht dürftig aus.
Für die Physiotherapie bedeuten diese Ergebnisse, dass mit der Trainingsgruppe die Ak-
tivität des M. Errector Spinae verbessert werden kann, während die Klettertherapie die
Aktivität des M. Rectus Abdominis und M. Obliques internus und –externus verbessert.
Die beiden zuletzt genannten Muskeln werden beansprucht, wenn die Arme oder Beine
bewegt werden, um den Rumpf und die Wirbelsäule stabil zu halten. Generell zeigt sich
eine stabilisierende Wirkung auf den lumbalen Bereich. Dazu kommt, dass das Klettern
einen motivierenden Effekt auf die Patienten/innen hat, was es wiederum attraktiver als
manch andere Therapieformen macht.
Die Zeit war mit vier Wochen sehr kurz angesetzt, daher sind keine Langzeitergebnisse
ableitbar. Der Stichprobenumfang ist mit 30 Probanden/innen eher klein.

Die Studie von Engbert & Weber (2011, S.4-6) beschäftige sich mit den Auswirkungen der
Klettertherapie auf Patienten/innen mit chronischen Rückenschmerzen. Der Fokus lag
jedoch bei dieser Studie stark auf der psychischen Komponente der Krankheit. Die Auto-
ren sahen keine direkten Muskelaktivitätsmessungen mittels EMG vor, sie gaben aber
der subjektiven Meinung der Probanden/innen für den Rehabilitationsprozess mehr Ge-
wichtung als der messbaren Aktivität der Muskulatur. Daher wurde neben dem SF-36
Fragebogen auch der Hannover Functional Ability Questionnaire zur Messung der
schmerzbedingten Einschränkungen und Schmerzen, des Vermeidungsverhaltens und
den Körperwahrnehmung angewandt. Die psychologischen Faktoren wie subjektive
Schmerzerlebnisse, subjektive schmerzbedingte Einschränkungen und psychosoziale
Faktoren sind oft relevanter für die Rückkehr der Patienten/innen in das Berufsleben.
Dennoch wäre der mögliche Zusammenhang zwischen Muskelaktivität und psychischen
Veränderungen der Probanden/innen interessant.
Dass beim FFbH-R keine Verbesserungen erreicht wurden, hängt auch damit zusammen,
dass die Probanden kaum Einschränkungen in ADL Bereichen hatten.
Die Studie wurde mit 28 Probanden/innen gestartet, wobei am Ende nur die Daten von 10
Klettertherapie-Probanden/innen und 13 Trainingstherapie-Probanden/innen verwertet
werden konnten, da die restlichen nicht an mindestens 30% der Therapien teilnahmen.
Die hohe Abbruchrate bei der Klettertherapie kam aufgrund von unflexiblen Terminen, die
die Probanden/innen aufgrund persönlicher Angelegenheiten und Termine oftmals nicht
wahrnehmen konnten, zustande. Dies ergibt ein Summe eine eher kleine Stichprobe.

29
Weder die Übungen der Interventions- noch der Kontrollgruppe wurden näher beschrie-
ben, was einen Vergleich mit anderen Studien unmöglich macht. Auch die Intensität, die
Wiederholungsanzahl oder die Anzahl der Wiederholungssätze sind nicht beschrieben.
Die Studie wurde in der gleichen Rehabilitationseinrichtung durchgeführt, Patienten/innen
könnten sich über die Therapien der anderen Gruppe abgesprochen haben, der Zugang
zu den Trainingsgeräten war jedoch nur im Zuge der Trainingseinheiten für die Studie
erlaubt. Die Probanden/innen hatten keine Einschränkung, was die Aktivitäten in ihrer
Freizeit betrifft. Übungen der beiden Gruppen wurden nicht näher beschrieben, daher ist
der Vergleich zu anderen Studien, die sich mit der Klettertherapie oder der konventionel-
len Physiotherapie beschäftigen, nicht möglich.
Die Studie ermöglicht einen guten Überblick über den Verlauf, da die Fragebögen vor der
ersten Therapieeinheit und in den folgenden Einheiten jeweils am Schluss ausgefüllt wur-
den. Die Klettertherapie bewirkte eine deutliche Verbesserung in den Punkten physische
Funktion, Selbsteinschätzung der eigenen Gesundheit, Selbsteinschätzung der mentalen
Gesundheit und Partizipation. Die konventionelle Therapie konnte in den Punkten Vitalität,
Funktionseinschränkung aufgrund physischer Probleme, Auffassung der mentalen Ge-
sundheit und Partizipation besser abschneiden. Ansonsten sind die Ergebnisse ausgewo-
gen.
Dies bedeutet für die Physiotherapie eine weitere Möglichkeit Patienten/innen mit den
Komponenten einer psychischen Krankheit motivieren und behandeln zu können.
Interessant wäre auch der Zusammenhang zwischen Muskelaktivität und psychischen
Veränderungen der Probanden/innen. Weiters ermöglicht der kurze Zeitraum keine Aus-
sage über die Langzeitwirkung auf die physische und mentale Gesundheit nach dem
Reha Aufenthalt und dem Training.
Weitere psychologische und physiologische Untersuchungen der Effekte der Kletterthera-
pie sollten durchgeführt werden um die Wirkungsweisen besser zu verstehen. Guidelines
für therapeutisches Klettern sollten angestrebt werden. Diese sollten beinhalten, wie man
die Therapie an die jeweiligen Patienten/innen anpasst.

Stephan et al. (2011, S.4-7) untersuchten die Langzeitwirkung der Klettertherapie auf die
Symptome der zerebralen Ataxie. Der Untersuchungszeitraum betrug jedoch nur 6 Wo-
chen, was in Anbetracht der bisher untersuchten Studien eine Therapieverlängerung von
lediglich zwei Wochen bedeutet. Da es sich um eine Fallstudie handelt, kommt hier keine
Kontrollgruppe zum Einsatz. Allerdings handelt es sich bei dieser Studie um die einzige,
die dieses Krankheitsbild mit der Klettertherapie als Intervention beschreibt. Es standen
vier Patienten/innen für die Studie zur Verfügung, was somit die kleinste Teilnehmergrup-
pe in der für diese Arbeit verwendeten Studien darstellt.

30
Da die Probanden sehr unterschiedliche Ausprägungen des Krankheitsbildes hatten, wur-
de sehr spezifisch auf die Defizite der vier Patienten eingegangen. Dadurch sind die
Übungen sehr unterschiedlich, was einen Vergleich unmöglich macht. Auch die Häufigkeit
und die Dauer wurden von der jeweiligen Belastbarkeit der Patienten/innen bestimmt. Das
Resultat besagt jedoch, dass sich alle Teilnehmer in ihren spezifischen Schwächen ver-
bessern konnten. Dies bedeutet, dass die Klettertherapie es ermöglicht sehr spezifisch
auf die verschiedenen Auswirkungen der zerebralen Ataxie einzugehen, und angepasst
an die Patienten/innen ein spezifisches Trainingsprogramm entworfen werden kann. Es
stellt sich die Frage, wie die Klettertherapie im Vergleich zu einer Kontrollgruppe abge-
schnitten hätte, dazu bräuchte man aber ähnliche Patienten/innen um einen Vergleich zu
ermöglich.
Die Limitation, die Stephan et al. (2011, S.7) beschreiben, beziehen sich einerseits auf
kleine Gruppengröße, andererseits auf die fehlende Kontrollgruppe. Daraus resultiert kei-
ne wissenschaftliche Beweisbarkeit. Trotzdem bietet diese Studie den Hinweis darauf,
dass die Klettertherapie enormes Potential birgt. Insgesamt konnten sich alle Patienten in
den schnellen, zielgerichteten und mehrgelenkigen Bewegungen verbessern. Arm- und
Beinbewegungen wurden während der Klettertherapie symmetrischer und auch die Ge-
schwindigkeit konnten die Probanden erhöhen. Da sich die Zielrichtung nicht verschlech-
terte, kann von einer Verbesserung des motorischen Systems ausgegangen werden. Pa-
tienten, die ihre Bewegungsgeschwindigkeit erhöhen konnten, erreichten auch ein sym-
metrischeres Geschwindigkeits-Bewegungsprofil in beiden Armen und Beinen bei den
zielgerichteten Bewegungen. Die zwei von der Gangataxie am meisten betroffenen Pati-
enten konnten ihr Gleichgewicht verbessern, zwei von vier Patienten verbesserten ihre
manuelle Geschicklichkeit.

Für die Physiotherapie bedeutet dies, dass die Klettertherapie sehr individuelle Möglich-
keiten bietet positiven Einfluss auf die verschiedenen Symptome der zerebralen Ataxie zu
nehmen.

Luttenberger et al. (2015, S.1-8) beschäftigten sich mit den Auswirkungen der Kletterthe-
rapie auf Patienten/innen mit Depressionen. Anstatt einer Kontrollgruppe wurde hier eine
Wartelistengruppe verwendet, die nach der ersten Therapieperiode mit der Interventions-
gruppe tauschte.
Mit 47 Probanden/innen hatte die Studie eine relativ kleine Stichprobe. Ob sich die Uhr-
zeit von 10-13 Uhr, also über die Mittagszeit auf die Motivation und die Leistung der Pro-
banden/innen auswirkt, bleibt hier offen. Welche Übungen beim Bouldern durchgeführt
wurden, ist auch in dieser Studie nicht im Detail angeführt. Es ist bekannt, dass Meditati-
ons- und Konzentrationsübungen einen positiven Einfluss auf die Stimmungslage von

31
depressiven Patienten/innen haben. Dadurch kann nicht genau gesagt werden, ob die
Veränderungen der depressiven Stimmung von der Klettertherapie oder von den Medita-
tions- und Konzentrationsübungen stammt, die vor der eigentlichen Klettertherapie durch-
geführt wurden. Depressive Menschen haben häufig eine schlechte physische Gesund-
heit und eine geringe Motivation für schweren körperlichen Aufwand. Daher ist es schwie-
rig sie zur Teilnahme an der Therapie zu bewegen. Soziale Kontakte haben einen hohen
Einfluss auf das Selbstbewusstsein der Patienten/innen. Die Ergebnisse könnten jedoch
auch mit den Konzentrationsübungen zusammenhängen, beschreiben Luttenberger et al.
(2015, S.9). Es fand keine durchgängige Zufallsaufteilung in die Gruppen statt, es wurde
Rücksicht auf die Termine der Probanden/innen und auf die maximale Gruppengröße
genommen und die Einteilung diesbezüglich angepasst. Die Studie zeigt mit 24 Wochen
einen langen Beobachtungszeitraum. Die Assessments über die Symptome wurden ledig-
lich über Selbsteinschätzungsfragebögen abgebildet.
Die Wartelistengruppe startete mit einem höheren BDI, beim Outcome verbesserten sich
aber beide Gruppen um die gleiche Prozentanzahl.
Aus der statistischen Analyse geht hervor, dass der Faktor Gruppentherapie bei Patien-
ten/innen, die stärker betroffen sind, einen signifikanten Zusammenhang mit dem Ender-
gebnis zeigt. Dadurch hatten schwerer betroffene Patienten/innen ein besseres Ergebnis.
Zehn von vierzehn Probanden/innen hatten sich nach der achtwöchigen Therapie in ihrem
BDI-2 Ergebnis um 6,27 Punkte verbessert, während die Wartelistengruppe ihren Wert
lediglich um 1,4 Punkte verbessern konnte.
Für die Physiotherapie bedeuteten diese Ergebnisse, dass die Klettertherapie eine Mög-
lichkeit bietet schwer zu motivierende Patienten für die Therapie zu gewinnen. Zusätzlich
bietet sich therapeutisches Klettern auch als Gruppentherapie an, was sich bei Patien-
ten/innen mit depressiven Störungen besonders positiv auswirkt. Zu beachten gilt auch,
dass die Betreuer/innen nicht nur Kletter- oder Bouldererfahrung hatten sondern auch
eine psychotherapeutische Zusatzausbildung brauchten.
Zukünftig sollte die Klettertherapie auch mit psychotherapeutischen oder sportlichen In-
terventionen verglichen werden um noch mehr über die Wirkungsweise zu erfahren und
die Klettertherapie noch gezielter einsetzen zu können.

An der Studie von Fleissner et al. (2010, S.12-16) beteiligten sich 95 Probanden/innen,
was somit die größte Stichprobe für diese Arbeit darstellt.
Auffällig ist, dass es wie bei anderen Studien keine Beschreibung zu den klettertherapeu-
tischen Übungen gibt. Es gibt auch keine Definition, wie lange das Warm-Up dauerte oder
wie es durchgeführt wurde. Dies gilt auch für die Kontrollgruppe und die Schnellkraft-
übungen, die Teil der Therapie waren.

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Als Kontrollparameter während der Therapie wurden Herz-und Atemfrequenz, Sauer-
stoffsättigung, und der Blutdruck festgelegt. Es gibt jedoch keine definierten Grenzwerte
oder Daten darüber, wie sich diese Werte während der Therapieeinheit oder über den
gesamten Interventionszeitraum veränderten. Hätte man einen Verlauf dieser Werte,
könnte man auf die möglicherweise verbesserte Belastbarkeit schließen.
Die Sturzanamnese für den Zeitraum von vier Monaten vor der Therapie konnte lediglich
durch die Aussagen der Patienten/innen dokumentiert werden, hier kommt es stark auf
die Erinnerungsfähigkeit, die Ehrlichkeit und die subjektive Definition eines Sturzes an.
Dies ist gleichzeitig die große Schwäche dieser Studie.
Bei den Ergebnissen des Barthel Index ist für diese Studie zu beachten, dass nur die Ge-
samtsumme der Punkte eine statistische Signifikanz zu Stande kommen lässt. Einzelne
Punkte des Index könnten aber subjektiv wichtiger für hilfsbedürftige und alte Menschen
sein. Einige dieser Unterpunkte wurden nicht verbessert, dadurch kann es zu falschen
Interpretationen der Ergebnisse kommen.
Es wurde gezeigt, dass die Klettertherapie in allen gemessenen Punkten eine Verbesse-
rung erwirken kann, und dass auch geriatrische Patienten/innen davon profitieren können.
Zusätzlich kann man das therapeutische Klettern als Gruppentherapie abhalten, was wie-
derum die positiven sozialen Aspekte miteinbringt.
Für die Physiotherapie bedeuten diese Ergebnisse, dass die Klettertherapie als wirksame
Maßnahme in der Behandlung geriatrischer Patienten/innen eingesetzt werden kann. Da
Therapieklettern spielerisch aufgebaut wird, ist die Motivation während der Einheiten oft
höher als bei konventionellen Therapieformen.

Koch et al. (2015, S.36,37) hatten für ihre Studie Probanden/innen, die sich im Alter zwi-
schen vier und vierzehn Jahren befanden. Die Einschlusskriterien beschrieben lediglich,
dass die Kinder das klinische Bild einer Hemiparese zeigen mussten.
Wie schon häufiger erwähnt wurde, ist auch hier nicht dokumentiert, welches Warm-up
durchgeführt wurde. Wie die klettertherapeutischen Übungen durchgeführt wurden, ist
auch nur sehr oberflächlich beschrieben. Was gänzlich fehlt, ist die Wiederholungszahl
und Anzahl der Sätze. Somit ist es nicht möglich einen Vergleich mit anderen Studien
herzustellen.
Die Studie zeigt, dass mit therapeutischem Klettern die Ergebnisse der Guralnik Test Bat-
terie, des Timed Up and Go Tests, der Messwert der Spastizität und die Handkraft positiv
beeinflusst werden konnten.

Aufgrund des Fallstudiendesigns wurde hier mit einer geringen Teilnehmer/innen Anzahl
gearbeitet, und es gibt auch keine Kontrollgruppe. Zusätzlich hatten die Probanden/innen

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keine Einschränkungen bei ihren Freizeitaktivitäten, was aber sicher auch mit dem jungen
Alter zu tun hat.
Die Klettertherapie ist eine spielerische und sehr unterhaltsame Form der Therapie, somit
ist sie auch bei Kindern sehr gut anwendbar um sie zu motivieren.
Koch et al. (2015, S.38) sehen die Schwäche ihrer Studie in der geringen Anzahl der Teil-
nehmer/innen und darin, dass es aufgrund der Fallstudie keine Kontrollgruppe gab.
Für die Physiotherapie bedeuten diese Ergebnisse, dass mit der Klettertherapie die Spas-
tizität, Mobilität und das Gleichgewicht auf spielerische Art verbessert werden können.
Dies bietet für die Therapie mit Kindern ein hohes Potential, da Therapieklettern abwechs-
lungsreich und spielerisch erfolgt, was wiederum die Motivation fördert.

Zusammenfassend wirkt sich therapeutisches Klettern positiv auf verschiedene Sympto-


me des chronischen Rückenschmerzes und dessen psychischen Komponenten, der ze-
rebralen Ataxie, auf depressive Störungen und Kinder mit zerebraler Parese aus. Nicht zu
vergessen sind die geriatrischen Patienten/innen, deren Selbstständigkeit, Mobilität,
Gleichgewicht und Sturzhäufigkeit mit der Klettertherapie beeinflusst wurde. Diese Thera-
pieform kann sehr spezifisch eingesetzt werden und die Übungen können individuell an
die Patienten/innen angepasst werden. Wünschenswert wäre eine gute Beschreibung der
Übungen in den Studien und deren Intensität, um die Erkenntnisse besser im Beruf um-
setzen zu können.
Für die Physiotherapie bedeuten diese Ergebnisse, dass mit der Klettertherapie die Aktivi-
tät des M. Rectus Abdominis und M. Obliques internus und –externus verbessert werden
kann, und sich generell eine stabilisierende Wirkung auf den lumbalen Bereich zeigt. Da-
zu kommt, dass Klettern einen motivierenden Effekt auf die Patienten/innen hat, was es
wiederum attraktiver als manch andere Therapieformen macht. In weiterer Folge bietet
dies eine Alternative für Patienten/innen, die schwer zu motivieren sind oder an den
Komponenten einer psychischen Krankheit leiden, da man sie auf diesem Weg leichter für
die Therapie gewinnen kann. Therapeutisches Klettern bietet sehr individuelle Möglichkei-
ten für Patienten/innen und kann auch als Gruppentherapie angewandt werden. Auf die-
sem Weg werden auch die sozialen Faktoren, die sich zum Beispiel bei depressiven Pati-
enten/innen positiv auswirken, in die Therapie aufgenommen. Durch die individuellen
Möglichkeiten bietet therapeutisches Klettern auch einen positiven Einfluss auf die ver-
schiedenen Symptome der zerebralen Ataxie. Aber auch für Kinder und geriatrische Pati-
enten/innen wirkt der spielerische und abwechslungsreiche Aufbau motivierender als
manch andere Therapieform. So ist es möglich positiven Einfluss auf die Faktoren Selbst-
ständigkeit, Mobilität, Gleichgewicht, Sturzhäufigkeit, oder bei den Kindern auf Spastizität,
Mobilität und das Gleichgewicht zu nehmen.

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Die Klettertherapie bietet keinen Ersatz für die konventionelle Physiotherapie, sie kann
aber als wertvolle Zusatztherapie bei den beschriebenen Krankheitsbildern eingesetzt
werden. Sie bietet in manchen Bereichen wesentliche Vorteile, was als weiterer Grund für
die Kombination der beiden Therapieformen spricht.

35
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(Institut für Therapeutisches Klettern (2007))

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Abbildungsverzeichnis

Abb.1: Einflussmöglichkeiten der Klettertherapie auf physische und psychische Parameter


(Schmidbauer, 2015 nach Lazik et al., 2008, S.3) ………………………………………...…10

Abb.2: Flussdiagramm Literatursuche (Schmidbauer, 2015)………….……….…………...12

38
Eigenständigkeitserklärung

Ich erkläre, dass ich diese Arbeit wissenschaftlich und eigenständig verfasst habe. Dazu
habe ich keine anderen als die angeführten Behelfe verwendet. Diese Bachelorarbeit
wurde auch noch keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt.

Die Reinschrift der Bachelorarbeit habe ich einer Korrektur unterzogen und ein Beleg-
exemplar verwahrt.

Wels, am: Name: Friedrich Schmidbauer


Unterschrift:

39

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