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Medizinisches Aufbautraining
Grundlagen, Indikationen, Klinische Anwendungen
Zuschriften an:
Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, Hackerbrücke 6, 80335 München
Prof. Dr. Michael Kunz, michael.kunz@koeln.de
Prof. Dr. Konstantin Karanikas, karanikas@web.de
Für die Vollständigkeit und Auswahl der aufgeführten Medikamente übernimmt der Verlag keine Gewähr.
Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden in der Regel besonders kenntlich gemacht (®). Aus dem Fehlen
eines solchen Hinweises kann jedoch nicht automatisch geschlossen werden, dass es sich um einen freien Waren-
namen handelt.
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Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen
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Um den Textfluss nicht zu stören, wurde bei Patienten und Berufsbezeichnungen die grammatikalisch maskuline
Form gewählt. Selbstverständlich sind in diesen Fällen immer Frauen und Männer gemeint.
Vorwort
Körperliche Aktivität hat mittlerweile einen hohen Einen ersten Überblick zum Thema MAT gab es
Stellenwert in der Gesundheitsförderung sowie in 2003 mit dem Buch „Medizinisches Aufbautrai-
der Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten ning“. Seither hat MAT sowohl in der Trainingsthe-
in nahezu allen Indikationsbereichen. Bewegungsar- rapie als auch in der Gesundheitsförderung erheb-
mut bzw. Bewegungsmangel kennzeichnen jedoch lich an Bedeutung gewonnen. Die beiden Autoren
den aktuellen Lebensstil der Mehrheit der Bevölke- und Herausgeber haben diese Entwicklung durch
rung vornehmlich in den Industrieländern und füh- ihre jahrzehntelangen wissenschaftlichen und prak-
ren direkt oder indirekt zu einer Vielzahl von ge- tischen Beiträge wesentlich beeinflusst. Das nun
sundheitlichen Problemen. Richtig durchgeführt vollständig überarbeitete und zu einem Lehrbuch
sind Sport, Training und Bewegung als wissen- erweiterte Werk bildet daher eine Symbiose: Es ist
schaftlich belegte Instrumente anerkannt, um Ge- von Praktikern für die Praxis geschrieben und be-
sundheit zu fördern, Krankheiten und deren Folgen handelt gleichzeitig die theoretischen, wissenschaft-
zu beeinflussen bzw. Funktionsbeeinträchtigungen lichen Grundlagen und Standards. Es handelt sich
zu reduzieren. dabei nicht – wie oft im Training unter Indikations-
Es gibt zu Sport und Bewegung als Interventions- bezug anzutreffen – um ein „Kochbuch“, in dem
instrument für die Gesundheitsförderung und als dargestellt ist, welche Methodik mit welcher Intensi-
Therapeutikum eine Vielzahl an wissenschaftlichen tät an welchem Tag anzuwenden ist. Vielmehr wer-
Studien. Meist widmen sich diese den Grundlagen den im Sinne eines Lehrbuchs theoretische und
und Teilproblemen von Gesundheit und Krankheit, praktische Kompetenzen zur Durchführung von
wie beispielsweise „Sport und/bei Diabetes“, „Sport MAT vermittelt. Trainingsprogramme zur Gesund-
und/bei Bluthochdruck“ u. a. Dabei erfolgt oft ein heitsförderung können auf dieser Basis genauso si-
Rückgriff auf Grundsatzveröffentlichungen, die le- cher und fachlich korrekt angeleitet werden wie
diglich das jeweilige Einzelproblem selektiv betrach- sportspezifisches Training zur Erlangung einer indi-
ten. Zudem fehlt bei diesen spezifischen Darstellun- viduellen Bestleistung oder Training als therapeuti-
gen i. d. R. die Einbindung von Sport- und Bewe- sche Intervention. Ein ausreichendes Grundwissen
gungsmaßnahmen in ein Gesamtkonzept unter den und die vertieften physiologischen und pathophy-
Rahmenbedingungen des Gesundheitssystems. Für siologischen Bezüge sind umfassend dargestellt.
viele in Gesundheitsberufen Beschäftigte ist es daher Ziel des Buches ist es, allen in der Trainingsthera-
schwierig, sinnvolle Empfehlungen zu Sport und Be- pie und im Gesundheitstraining Tätigen ein umfas-
wegung inhaltlich, methodisch und systemisch in sendes Lehrbuch und Nachschlagewerk zu einem
einen übergeordneten Rahmen einzuordnen. Prob- Medizinischen Aufbautraining (MAT) an die Hand
leme bereitet oft auch das Verständnis, warum be- zu geben, in welchem die Bedeutung von systemati-
stimmte Belastungstests notwendig sind, warum sierten Bewegungsprogrammen unter komplexem
bestimmte Formen von Bewegungsprogrammen Gesundheits- und Krankheitsbezug abgebildet ist.
durchgeführt werden und worin der spezifische Ef- Wir wünschen den Leserinnen und Lesern eine
fekt eines Bewegungsprogramms besteht. In diesem anregende Lektüre und viel Erfolg bei der Umset-
Buch sind daher alle relevanten Themen im Zusam- zung ihrer erworbenen Kompetenzen in die Praxis.
menhang mit dem Medizinischen Aufbautraining
zusammengetragen. Leverkusen im Frühjahr 2016
Michael Kunz und Konstantin Karanikas
Danksagung
Eine Danksagung ist immer schwierig, weil sie ei- Elsevier Verlag für deren stets geduldige Gesamtbe-
gentlich nur unvollständig sein kann. Dennoch treuung und viele hilfreiche Ideen, und besonders
möchten wir einen besonderen Dank aussprechen Doris Tiu für das sehr professionelle und immer
an: freundliche Lektorat und Korrektorat und die umfas-
Sophie Baumann, Denise Leonhardt, Elena We- sende, stets zügige und oft über das normale Maß
ber und Inga Naber (allesamt – mittlerweile ehema- hinausgehende redaktionelle Betreuung.
lige – Studierende der FHM Bamberg) und Dr. Ein besonderer Dank gilt unseren Familien für
Christoph Egner (FHM Bamberg) für ihre Recher deren Verständnis über mehr als zwei Jahre dafür,
chearbeiten und Formulierungsvorschläge; Alina dass das Projekt „MAT-Buch“ oft Priorität vor ande-
Schneider (Rehaktiv Engelskirchen GmbH) für ihre ren Dingen hatte.
Hilfen zur Erstellung des Abkürzungs- und Insti
tutionsverzeichnisses; Christine Kosel (Projekt Leverkusen im Frühjahr 2016
management) und Rainer Simader (Planung) vom Michael Kunz und Konstantin Karanikas
Autoren
Prof. Dr. Michael Kunz ist Sport-, Bewegungs- und Prof. Dr. Konstantin Karanikas ist Sport-, Präven-
Rehabilitationswissenschaftler und lehrt als Profes- tions- und Rehabilitationswissenschaftler und lehrt
sor für Präventionsmanagement und Gesundheits- als Professor für Trainingstherapie sowie Rehabilita-
förderung an der Fachhochschule des Mittelstandes tions- und Gesundheitsmanagement an der Fach-
(FHM) Bamberg. Von 1994 bis 2000 war er thera- hochschule des Mittelstandes (FHM) Bamberg. Er
peutischer Leiter der Olympiastützpunkte Köln, ist Studiengangsleiter der Studiengänge, Physiothe-
Bonn und Leverkusen. Seit 2011 ist er Referent im rapie sowie Medical Sports & Health Management
Bereich Rehabilitationssport beim Behinderten- und an der FHM und seit 2014 Standortleiter der FHM
Rehabilitationssportverband Nordrhein-Westfalen Bamberg.
e.V. Darüber hinaus ist er seit langer Zeit Berater Wesentliche Forschungsschwerpunkte sind Anpas-
und geschäftsführender Gesellschafter im Rehabili- sungen und Veränderungen nach Belastungen, Ver-
tations-, Bildungs- und Therapiesektor. letzungen und Erkrankungen des muskuloskeletta-
Seine Forschungsschwerpunkte waren in den ersten len Systems. Seit 1998 ist er Referent bei verschiede-
Jahren Fragen zu physiologischen und adaptiven nen Aus- und Weiterbildungseinrichtungen sowie
Veränderungen in leistungs- und indikationsbezo- bei Kongressen.
genen Trainings- und Beanspruchungsprozessen. Karanikas veröffentlichte zahlreiche wissenschaftli-
Seit Ende der 1990er Jahre rückte zunehmend Ver- che Artikel und Buchbeiträge. Darüber hinaus ist er
sorgungsforschung in Therapie und Rehabilitation wissenschaftlicher Gutachter für verschiedene Zeit-
in den Vordergrund. In diversen Auftragsfor- schriften.
schungsfragen ging er hier insbesondere Therapie- Er hat über 20 Jahre praktische Erfahrungen als lei-
und Rehabilitationsbedarfsfragen nach. tender Therapeut, in Gesundheits- und Therapieein-
Kunz hat zwei Monographien verfasst, zahlreiche richtungen.
Artikel in Fachzeitschriften veröffentlicht und bis-
lang zwei Kongresse durchgeführt. Seit 1997 ist er
im therapeutischen Beirat der Fachzeitschrift „Phy-
sikalische Therapie“.
1
Einleitung
Die Ausführungen zum Medizinischen Aufbautrai- übertragen. Zudem erfolgt eine eingehende, spezifi-
ning beginnen mit einer systemischen Übersicht sche Betrachtung der Themen „Gehen“ und „Lau-
über die Integrationsmöglichkeiten von Bewegungs- fen“.
angeboten im Gesundheitswesen. Es folgen wesent- Der dritte Teil trägt die wichtigsten Aspekte zum
liche Elemente der Biomechanik im zweiten Ab- Training der motorischen Hauptbeanspruchungs-
schnitt. Diese sind als Grundlagenwissen notwendig formen auf dem aktuellen Stand zur Trainingswis-
für das Verständnis der allgemeinen trainingswis- senschaft zusammen. Dabei werden bereits wesent-
senschaftlichen Abhandlungen im dritten Abschnitt liche Informationen zur Gesundheitsrelevanz der
und der Ausführungen zu den indikations- bzw. be- Teilgebiete „Kraft“, „Ausdauer“, „Schnelligkeit“,
einträchtigungsspezifischen Vorgehensweisen im „Koordination“ und „Flexibilität“ vermittelt. Es
vierten Abschnitt. handelt sich jedoch nicht um eine Vermittlung von
Dabei geht es im ersten Teil vor allem um die Fra- Grundlagenwissen; Vorkenntnisse sind daher für
ge: Wer bezahlt was, wann und für wen, und welche das Verständnis der Inhalte vorteilhaft. Alle aktuel-
räumliche, technische und personelle Ausstattung len trainingsmethodischen Vorgehensweisen sind
sollte vorgehalten werden? Eingangs erfolgt eine berücksichtigt. Die Grundlagenthemen „Superkom-
Ein- und Zuordnung von Sport, Training und Bewe- pensation“, „Wundheilung“ und „Energiestoffwech-
gung in das Gesundheitssystem der Bundesrepublik sel“ vervollständigen den Gesamtbeitrag zur Trai-
Deutschland. Dabei werden die einzelnen Hand- ningslehre. Es wird hier auch auf die Problematik
lungsfelder „Gesundheitsförderung“, „Prävention“, eingegangen, dass die Übernahme der Erkenntnisse
„Therapie“, „Rehabilitation“ und „Ergänzende Leis- aus der allgemeinen Trainingslehre auf die Belange
tungen zur Rehabilitation“ differenziert betrachtet. und auf die Trainingsdurchführung im Rahmen von
Neben den Rahmenbedingungen und Vorgaben des therapeutischen Interventionen schwierig ist. Die
Gesundheitssystems werden sowohl betriebswirt- meisten Erkenntnisse der Trainingswissenschaften
schaftliche, gesellschaftsrechtliche und steuerliche und der Sportmedizin sind auf der Basis physiologi-
als auch bildungs- bzw. ausbildungsrelevante Inhal- scher – also gesunder – Ausgangslagen entwickelt
te vermittelt. Eine solche Darstellung gibt es nach worden. Eine jeweilige individuelle Modifizierung
unserem Wissen bislang noch gar nicht. Die hier be- der aus der allgemeinen Trainingslehre abgeleiteten
trachteten Kompetenzen sind jedoch aus juristi- Trainingsvorgaben ist jedoch indiziert. Hierfür wer-
schen und wirtschaftlichen Gründen unverzichtbar den phasenspezifische Ziele und Inhalte formuliert.
für alle Beschäftigten – insbesondere auch in Lei- Eine weitere selten berücksichtigte Thematik, die
tungs- und Führungspositionen – in Gesundheits- in diesem Abschnitt abgehandelt wird, ist der Be-
unternehmen, die Sport, Training und Bewegung reich des systematischen, wissenschaftlichen Arbei-
anbieten. tens im Bereich des MAT. Grundlegende Informa
Der zweite Abschnitt trägt wesentliche biomecha- tionen zur Statistik und die Vorstellung von Doku-
nische Aspekte zum Verständnis von allgemeiner mentations- und Evaluierungsmöglichkeiten im
Trainingslehre und Training unter Indikations- MAT sowie die Darstellung begleitender Maßnah-
bzw. Beeinträchtigungsbezug zusammen. Dabei men zum Training im Allgemeinen runden diesen
steht die angewandte Biomechanik im Fokus der Be- Abschnitt ab.
trachtung. Neben relevanten biomechanischen Im vierten Abschnitt findet der Leser modifizierte
Grundlagen im Allgemeinen werden vornehmlich Trainingsvorgaben unter individuellen Bezügen zu
die biomechanischen Eigenschaften von Knochen, Gesundheit und Krankheit. Am Beginn stehen allge-
Knorpel, Muskel und Sehne dargelegt. Die hieraus meine Ausführungen zum Thema „Evidenzbasierte
resultierenden Erkenntnisse werden auf die Funk Praxis“, gefolgt von aktuellen Erkenntnissen zu
tionen und Beanspruchungen der großen Gelenke Training im Kindes- und Jugendalter und Training
2 Einleitung
im Alter. Auch das gesundheitlich relevante Fitness- Wissenschaft stetig im Fluss und verlangt dem jeweils
und Gesundheitstraining wird thematisiert. An- Interessierten kontinuierliche Informationsbeschaf-
schließend folgen Empfehlungen zur Trainingsthe- fung ab. Vor diesen Hintergrund haben wir Autoren
rapie für eine Vielzahl von Erkrankungen und Be- uns entschlossen, für individuelle, vertiefende erwei-
einträchtigungen. Dabei werden sowohl körperliche ternde Fragen unter www.fobiakademie.de einen
als auch geistige Beeinträchtigungen abgehandelt. Blog einzurichten, der für die Beantwortung Ihrer An-
Das Gesamtwerk ist – wie die Thematik selbst – fragen genutzt werden kann. Bitte machen Sie davon
sehr komplex und umfangreich. Darüber hinaus ist ausgiebig Gebrauch.
KAPITEL
1 Einführung in das
Medizinische Aufbautraining
Lernziele therapie oder etwa Medizin sind hier sicherlich eine
Es werden folgende Kenntnisse und Kompeten nur unvollständige Aufzählung. Diese Interprofes
zen erzielt: sionalität führt im Alltag oft zur Verwendung von
• Übergeordnete und gängige Begriffe in Be Begrifflichkeiten, die im Dialog zwischen den Pro
zugnahme auf das Medizinische Aufbautrai fessionen sehr unterschiedlich belegt sein können.
ning (MAT) können definiert und differen Dies liegt zumeist daran, dass unterschiedliche Be
ziert werden. Im Einzelnen sind dies Medizin, rufsgruppen mit unterschiedlichen Termini über
Therapie, Training und Medizinisches Auf gleiche Sachverhalte sprechen. In diesem Kapitel
bautraining. werden daher häufig verwendete, grundlegende Be
• Die Historie zur Integration von Training in grifflichkeiten erläutert, beschrieben und im inhalt
Prävention, Therapie und Rehabilitation ist in lichen Kontext des Buches definiert und spezifiziert.
ihren Grundzügen bekannt. Dabei werden grundlegende gesundheitssystemi
• Die Wertigkeit der Einbeziehung von MAT sche und inhaltliche Orientierungen für die Integra
in Therapie und Rehabilitation ist grundle tion von Medizinischem Aufbautraining in die Be
gend bekannt und kann eingeschätzt werden. reiche Prävention, Gesundheitsförderung, Therapie
• Es ist eine erste Orientierung für Indikatio- und Rehabilitation gegeben.
nen und Kontraindikation von MAT in der
Therapie und Rehabilitation vorhanden. CAVE
• Die Integration von MAT in biomedizinische Die Gesetzeshinweise bzw. der Verweis auf einzelne Pa-
und biopsychosoziale Krankheitsmodelle ragrafen können im persönlichen Einzelfall sehr differen-
kann in den Grundzügen nachvollzogen wer ziert zu betrachten sein und erfordern unter Umständen
den. eine vertiefte individuelle, sozialrechtliche Betrachtung.
• In den Bereichen Prävention und Gesund- Die Ziele von MAT in den Bereichen Therapie und Reha-
bilitation, sowie Prävention und Gesundheitsförderung
heitsförderung kann die Wertigkeit und die
sind hier zunächst lediglich übergeordnet dargestellt und
Einbeziehung von MAT eingeschätzt und dif können im Einzelfall erheblich variieren.
ferenziert werden.
• Die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen zur
Inanspruchnahme von Training unter Einbe
ziehung der Kostenträger sind bekannt. Grundsatz
che Anordnung und Verantwortung darf MAT als erlaubnis“ geht dies im Bereich der Physiotherapie
therapeutisches oder rehabilitatives Mittel am Pa seit einigen Jahren auch schon in Deutschland, je
tienten weder angewandt noch abgerechnet werden. doch ausschließlich bei privat Versicherten.
Im Heilmittelbereich ist das Aufbautraining mit 1
der Aufnahme der Krankengymnastik am Gerät
(KGG) seit dem 1.7.2001 abrechnungsfähig. Hierfür 1.1.2 Begriffsbestimmung Training
ist eine ärztliche Verordnung gemäß § 124 SGB V,
explizit § 125 SGB V, notwendig (GKV 2010). Darü Die Definition von Training kann aus unterschiedli
ber hinaus ist eine ärztliche Verordnung für Rehabi chen professionellen Gesichtspunkten heraus vorge
litationssport und/oder Funktionstraining in An nommen werden und somit recht unterschiedlich
schluss an Rehabilitationsmaßnahmen bzw. als „er sein. Hier bezieht sich die Definition auf eine eher
gänzende Leistung zur Rehabilitation“ möglich (§ 44 biologisch-medizinische bzw. trainingswissen
SGB IX; §§ 40, 43 SGB V); auch diese Verordnung schaftliche Betrachtung von Training. Als biolo-
muss ärztlich erfolgen. gisch ansetzende Definition ist Training die syste
Ob eine solche, insbesondere in Deutschland tra matische Wiederholung gezielter, überschwelliger
ditionell arztorientierte Vorgehensweise generell (hier oft neuromuskulärer) Reize zum Zwecke der
sinnvoll ist, sei dahingestellt und soll hier nicht dis Leistungssteigerung mit morphologischen und
kutiert werden. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, funktionellen Anpassungserscheinungen (Holl
dass weder die Sportmedizin zur Medizinerausbil mann, Hettinger 2000). Die Leistungssteigerungen
dung gehören muss, noch ein Arzt, der diese Ver gilt es hierbei zu benennen und zu messen. Diese
ordnungen letztlich ausstellt, irgend einen Nachweis leistungsbezogene Betrachtung als Prozess von
zu erbringen hat, welches Wissen er im Bereich des Training im allgemeinen Sinn gilt es hierbei zu diffe
indikationsbezogenen und/oder gesundheitsspezifi renzieren. Oft wird Leistung in einem allgemeinen
schen Trainings hat. Trainingswissenschaftliche Kontext als Ergebnis von Handlungen, Vollzügen
Zielsetzungen und Trainingsmodifikationen, die ei oder Prozessen gemessen und bewertet. Dies ist –
gentlich formal auch vom Arzt vorzunehmen bzw. gerade unter Bezugnahme auf Menschen, die von
zu beeinflussen wären, können jedenfalls aufgrund Funktionsbeeinträchtigungen betroffen sind – nicht
fehlender Kenntnisse in dieser Weise in allen Berei sinnvoll, sodass es sich hier anbietet, den Leistungs
chen, in denen Training als „Medikament“ einge begriff einer normativen Betrachtung zu unterzie
setzt wird, systemisch ad absurdum geführt werden. hen. Hierbei wird dann eine individuell erfolgreiche
Mit der Akademisierung der therapeutischen Be oder bestmögliche Bewältigung einer Aufgabe in
rufe in Deutschland könnten sich zukünftig hier den Vordergrund gestellt. Diese prozess- oder er
Vorgehensweisen entwickeln, wie sie international gebnisorientierte Sichtweise hat sich in der Sport
erprobt, üblich und funktionierend etabliert sind. medizin weitgehend durchgesetzt. So kann der Be
Diese Voraussetzungen sind in der Sportwissen griff der Leistung als das individuelle, bestmögliche
schaft sogar bereits seit Jahrzehnten gegeben, ohne Resultat einer Aufgabenstellung definiert werden; er
dass die Kompetenzen dieser Professionen hinrei kann aber durchaus auch als Prozess, Vorgang oder
chend oft in Therapie und Rehabilitation einfließen Handlung in Bezug auf die bestmögliche Bewälti
können. So wären grundsätzlich Überlegungen gung einer Aufgabe gesehen werden.
denkbar, ob die Anwendung von „Bewegung“ einem Die Begrifflichkeit der Leistung ist demnach nur
„First-Contact-Practioner“ überlassen werden kön schwierig in einen einzigen Kontext zu fassen. Bei
nte, der auf diesem Gebiet spezialisiert ist. Internati spielsweise kann Leistung unter kulturphilosophi-
onal ist eine solche Vorgehensweise durchaus üb scher Sicht betrachtet werden; hier würde dann si
lich. So können sich z. B. in Skandinavien oder in cherlich das Erreichen gesellschaftlich akzeptierter
Belgien, aber auch in einer ganzen Reihe anderer Ziele als Leistung gewertet. Aus pädagogischer
Länder, Betroffene ohne Umwege über Mediziner/ Sicht wird die objektiv erbrachte Leistung auf die
Ärzte direkt beim Therapeuten vorstellen. Mit Ein subjektiv wirkenden Faktoren des Lehr- und Lern
führung der sogenannten „sektoralen Heilpraktiker systems relativiert werden müssen. In der diesem
8 1 Einführung in das Medizinische Aufbautraining
Buch zugrundeliegenden medizinischen Betrach- Historisch hat sich der Begriff MTT berufspoli
tung von Leistung hingegen wird in der Folge die tisch etwa Mitte der 1990er Jahre entwickelt. In
jeweilige individuelle Leistung physikalisch-natur Deutschland ist der Begriff der Therapie berufspoli
1 wissenschaftlich gemessen bzw. bewertet und in ei tisch belegt, das bedeutet, dass Therapie als selbst-
ne Relation zu individuellen und allgemeinen Para ständige, abrechnungsfähige Leistung mit den ge
metern gebracht, aus der sich Trainingswirkungen setzlichen Kostenträgern – hier insbesondere den
und -ziele erkennen und erklären lassen. gesetzlichen Krankenkassen – zwingend an Profes
In einer eher trainingswissenschaftlichen Defini- sionen und nicht an Kompetenzen gebunden ist. Die
tion beschreibt Hohmann (2005) Training als „plan Berufe sind im Sozialgesetzbuch genannt.
mäßige und systematische Realisierung (Inhalte und Eine Trainingstherapie ist demnach immer zwin
Methoden) zur nachhaltigen Erreichung von Zielen gend an eine therapeutische Profession gebunden. So
(Leistung, Trainingsziele)“. Der Vollständigkeit hal kann z. B. die therapeutische Maßnahme „Kranken
ber sei an dieser Stelle darauf verwiesen, dass „Üben“ gymnastik am Gerät“ (KGG) ausschließlich im Rah
durch den gleichen Zweck definiert ist, aber (noch) men der Physiotherapie erbracht werden, weil nur die
nicht zu nachweisbaren morphologischen Adaptio Physiotherapie den therapeutischen Berufen zuge
nen führt. Dabei werden die morphologischen Anpas ordnet ist. Eventuell genauso kompetente oder kom
sungen vielleicht auch nur nicht gemessen bzw. ana petentere Sport- und/oder Gesundheitsberufe haben
lysiert und dargestellt, weil diese zu einem überwie hier keine Möglichkeit, ihre Kompetenzen umsatzre
genden Teil neuronale Vorgänge betreffen, die nur levant einzubringen. Es war also eine berufsspezifi
schwer bzw. aufwendig morphologisch nachgewiesen sche Ab- bzw. Ausgrenzung insbesondere im Heilmit
werden können. Gerade therapeutische Berufsgrup telsektor der Grund, der zu der Begrifflichkeit „Medi
pen unterscheiden zwischen diesen Begriffen noch zinische Trainingstherapie“ führte. Allein aus dem
nicht ausreichend, obwohl aus sportmedizinischer MTT-Begriff leitet sich ein gewisses Verständnispro
Sicht die Differenzierung wichtig ist. Beispielsweise ist blem ab, weil aus den oben genannten sachlichen
für die Einteilung von Rehabilitanden nach Herz- Ausführungen und Definitionen ein Training in allen
Kreislauf-Erkrankungen die Zuweisung zu Übungs- Bereichen (für Gesunde und Kranke) dann konse
oder Trainingsgruppen in Abhängigkeit von der je quent als „Medizinisches Training“ (MT) und ein
weiligen Belastbarkeit nach dem Kölner oder Ham Training ausschließlich in der Therapie (für Kranke)
burger Modell bis heute Standard (Brusis et al. 2002). als „Trainingstherapie“ oder „Therapeutisches Trai
ning“ (TT) hinlänglich beschrieben wäre.
Wir belassen es daher im Folgenden bei dem Be
1.1.3 Begriffsbestimmung Therapie griff des Medizinischen Aufbautrainings, da hier ei
ne ausschließlich inhaltliche Belegung festgelegt
Therapie ist die Behandlung von Krankheiten. Es wird, und verweisen zur Differenzierung auf
werden kausale, symptomatische oder palliative › Tab. 1.1.
Maßnahmen unterschieden. Der Begriff „Medizini
sche Trainingstherapie (MTT)“ würde demnach im
mer zwingend eine Krankheitsbehandlung erfor 1.1.4 Begriffsbestimmung
dern, wodurch große inhaltliche Teile eines Trai Medizinisches Aufbautraining
nings unter gesundheitlichen Aspekten nicht
berücksichtig wären. Primärpräventives, sekundär- Medizinisches Aufbautraining ist ein indikations-
oder tertiärpräventives Training ist durch eine sol oder funktionsspezifisches und allgemeines Trai
che Begriffsformulierung nicht zu erfassen; Gleiches ning, bei dem die Gesundheitsspezifikation im
gilt für Training unter völlig individuellen Gesichts Vordergrund steht. Dies impliziert seitens der Trai
punkten und Zielsetzungen. Training im Rahmen ningsziele, -methodik und -planung sowie der Trai
einer Gesundheitsförderung ist ebenfalls dabei nicht ningsinhalte eine patientengezielte bzw. klienten
erfassbar. spezifische, individuelle Gesundheitsförderung, Prä
vention, Therapie und Rehabilitation unter exakten
1.2 Historie des MAT in Deutschland 9
propagierten, sollten hier aktive Trainingsformen – tion wie die Berufsgenossenschaften zur EAP ab. Die
häufig auch noch ambulant – absolviert werden. Bezeichnung für diese Art der Rehabilitation wurde
Seit etwa Ende der 1970er/Anfang der 1980er Jah übernommen. Die anderen großen Krankenkassen
1 re machte die VBG erstmals Verträge mit den Spe verbände, der Verband der Arbeiterersatzkassen
zialeinrichtungen, die sich auf die Therapie bzw. (AEV) und der Verband der deutschen Angestellten
Wiederherstellung von Leistungs- und Spitzensport krankenkassen (VDAK), lehnten die generelle Über
lern spezialisiert hatten. Interessanterweise wurden nahme der EAP-Kriterien für ambulante Rehabilita
die Angebote dieser Einrichtungen schon von An tionsmaßnahmen aus mehreren inhaltlichen und
fang an fast ausschließlich als ambulante Maßnah qualitativen Bedenken heraus ab. Sie erarbeiteten
men durchgeführt. einen eigenen Vertragsentwurf, zu dessen Bedin
Die Leistung, die hier erstmals vertraglich regu gungen Leistungserbringer ab dem 1.4.1994 Ver
liert war, nannte sich „Besonders indizierte Thera- tragspartner werden konnten. Wie in der EAP und
pie“ (BiTh). Die anderen Berufsgenossenschaften, der BiTh wurde das Medizinische Aufbautraining als
die traditionell stationär rehabilitierten, warteten eigenständige Konzeptionssäule zwingend festge
zunächst die Erfahrungen der VBG ab, die sich mit schrieben. Neben einigen wesentlichen inhaltlichen
den Verträgen zur BiTh für alle ihre Versicherten Unterschieden wurden diese Maßnahmen auch mit
der ambulanten Rehabilitation mit den drei Säulen einem anderen Namen versehen: Man bezeichnete
physikalische Therapie, Krankengymnastik und sie als AOTR, ambulante orthopädisch-traumato-
Training öffnete. Der trainingstherapeutische Bau logische Rehabilitation.
stein machte im Übrigen erstmals den Sportlehrer Weitere Kostenträger für Rehabilitation zogen
als verbindliches Mitglied im Rehabilitationsteam nun nach und genehmigten Leistungen zu AOTR-/
der BiTh erforderlich, ohne jedoch klar zu definie EAP-Bedingungen zur ambulanten Rehabilitation
ren, welche Qualität vorliegen sollte. immer mit dem Baustein des Medizinischen Auf
Die aus diesen Vorgehensweisen evaluierten Re bautrainings. Zu nennen sind an dieser Stelle die
habilitationsergebnisse der ambulanten Rehabilita Arbeits- und Sozialämter, die Beihilfeversicherun
tion in Form der BiTh gegenüber den stationären gen, die privaten Krankenversicherer, die Knapp
Vorgehensweisen der anderen Berufsgenossen schaften und vereinzelt auch schon Rentenversiche
schaften waren derart überzeugend, dass sich Ende rungen.
der 1980er Jahre alle Berufsgenossenschaften der Die Letztgenannten taten sich mit der Umsetzung
ambulanten Rehabilitation, allerdings unter einer der ambulanten Rehabilitation und der damit ver
anderen Bezeichnung, als EAP, der Erweiterten bundenen Einbeziehung von Medizinischem Auf
ambulanten Physiotherapie, öffneten. bautraining in standardisierte Rehabilitationspro
Andere Kostenträger, allen voran die Kranken- gramme schwer. Erst mit dem Entwurf der Rah-
und Rentenversicherungen, hielten vorwiegend an menempfehlungen zur ambulanten medizini-
den rein stationären Rehabilitationsverfahren fest. schen Rehabilitation vom 20.10.2000 gelang es auf
Mit Zunahme des Kostendrucks und der immer Spitzenverbandsebene, Einigkeit zu drei medizini
knapper werden Ressourcen im Gesundheitswesen schen Rehabilitationsbereichen hinsichtlich der we
wurde allerdings seit Anfang der 1990er Jahre nach sentlichen personellen, apparativen und inhaltlichen
weiteren Einsparmöglichkeiten gesucht. Die Politik Bestandteile zu erzielen. Erstmals liegen seither für
schreibt im hier genannten Zusammenhang bereits ambulant durchzuführende muskuloskeletale, kar
seit 1994 im SGB V vor: „ambulant vor stationär“. diologische und neurologische Rehabilitationspro
Vor diesem Hintergrund wurde auch die Rehabilita zesse Richtlinien vor, die eine verbindliche Mindest
tion geprüft, mit dem Ergebnis, dass zunächst die struktur vorschreiben. Das Medizinische Aufbau
Krankenversicherungen sich einer ambulanten Vor training mit den entsprechenden apparativen, per
gehensweise nach dem Vorbild der Berufsgenossen sonellen und räumlichen Bedingungen ist in allen
schaften anschlossen. Seit 1993 schlossen daher vor drei Bereichen als verbindlicher Bestandteil von Re
nehmlich die Primärkassen (AOK, BKK, IKK) in habilitationsprozessen definiert worden.
haltlich gleiche Verträge zur ambulanten Rehabilita
1.2 Historie des MAT in Deutschland 11
Mittlerweile gibt es durch die Rahmenempfeh- ren Kostenträgern für Therapie als Heilmittel er
lungen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Reha- langt. Damit ist Training als Heilmittel erstmals –
bilitation (BAR) sieben formulierte Konzepte; in wie ein Medikament – verschreibungsfähig, gewor
jedem ist die Vorhaltung von „Training“ als rehabi den, also quasi „auf Rezept“ erhältlich. 1
litativem Baustein zwingend hinsichtlich personel
ler, räumlicher und apparativer Voraussetzungen
vorgeschrieben. Die sieben Konzepte betreffen fol 1.2.3 Prävention
gende Bereiche:
• Muskuloskeletale Rehabilitation Bereits 1989 wurden die Prävention und die betrieb
• Neurologische Rehabilitation liche Gesundheitsförderung gesetzlich im SGB V
• Pneumologische Rehabilitation verankert. Der allgemeine (individuelle) Präventi
• Onkologische Rehabilitation onsauftrag wurde 1996 wieder aus dem SGB V ge
• Kardiologische Rehabilitation strichen, wohingegen die betriebliche Gesundheits
• Psychosomatische und psychische Rehabilitation förderung beibehalten wurde. Mit Neufassung des
• Dermatologische Rehabilitation. (BAR 2005) § 20 SGB V im Jahr 2000 erhielten die gesetzlichen
Alle ambulanten Rehabilitationsanbieter müssen Krankenversicherungen erneut einen erweiterten
sich nunmehr der Umsetzung dieser Kriterien stel Handlungsspielraum in der Prävention, der sich bis
len und die notwendigen Standards routinemäßig heute erhalten hat. Grundsätzlich gibt es vier Hand
einhalten. Das Medizinische Aufbautraining ist fes lungsfelder, in denen präventive Maßnahmen geför
ter Bestandteil aller genannten Rehabilitationsberei dert werden können. Dies betrifft folgende Sektoren:
che. Die Umsetzung mit den entsprechenden Ände • Bewegung
rungskündigungen der bisherigen Kostenträger und • Ernährung
neuen Verträgen mit den Rentenversicherungen er • Stress
folgte bereits seit dem 1.1.2001 und hat teilweise bis • Sucht
heute für Rehabilitationszentren Bestand. Die Um Medizinische Trainingsprozesse und deren Inhalte
setzung der Richtlinien zum 1.1.2001 bedeutete, können demzufolge im Sektor Bewegung integriert
dass jede ambulante Rehabilitationseinrichtung angeboten und finanziert werden. Der Sektor Bewe
standardmäßig Medizinisches Aufbautraining an gung rückt dabei sehr in den Vordergrund, weil sich
bieten können musste. Die Richtlinien zur soge bereits seit geraumer Zeit abzeichnet, dass hinsicht
nannten AMR (Ambulante Muskuloskeletale Reha lich der Risikofaktoren und der Prävalenz von Er
bilitation) haben heute hinsichtlich der trainings krankungen Bewegungsmangel ein bedeutendes
therapeutischen Ausrichtungen Bestand für die volkswirtschaftliches und gesundheitspolitisches
oben genannten, durch die BAR beschriebenen Re Problem ist, dem es entgegenzutreten gilt (vgl. RKI
habilitationsbereiche. 2012). Der Gesetzgeber hat hierauf sehr eindeutig
reagiert und sich mit der erneuten Öffnung des
SGB V für die Prävention positioniert. Im Übrigen
1.2.2 Therapie sind diese Überlegungen auch in die Entstehung des
SGB IX (Rehabilitation) eingeflossen, da die Berei
Aus den Erkenntnissen, die mit dem Medizinischen che Rehabilitation und Prävention viele und große
Aufbautraining aus der EAP und der AOTR gewon Schnittmengen haben können.
nen wurden, ist darüber hinaus eine weitreichende Zur Durchführung von präventiven Bewegungs
Veränderung im Heilmittelkatalog im Bereich der angeboten mit Kostenübernahme durch die gesetzli
Physiotherapie zum 1.7.2001 entstanden. Mit der chen Krankenkassen müssen die Präventionsange
Aufnahme der Krankengymnastik am Gerät (KGG) bote anerkannt und zugelassen sein. Die Anerken
als Leistung nach § 124 SGB V in den Heilmittelkata nung bzw. die Beantragung erfolgt seit Januar 2014
log hat das Medizinische Aufbautraining erstmals online über www.zentrale-pruefstelle-praevention.
einen eigenen Stellenwert mit Abrechnungsmög de (BKK-Dachverband 2014). Im Antrag zu benen
lichkeit mit den Krankenversicherungen und ande nen und nachzuweisen sind die persönlichen Quali
12 1 Einführung in das Medizinische Aufbautraining
fikationen der durchführenden Person, die methodi „Hilfe zur Selbsthilfe hat zum Ziel, Selbsthilfepotenti-
sche Vorgehensweise und die räumlichen und appa ale zu aktivieren, die eigene Verantwortlichkeit des
rativen Ausstattungen (› Kap. 2.4). Hinsichtlich behinderten oder von Behinderung bedrohten Men-
1 der Honorierung erstatten die gesetzlichen Kran schen für seine Gesundheit zu stärken sowie ihn zu
kenkassen in der Regel 80 % der Kurskosten, höchs motivieren und in die Lage zu versetzen, langfristig
ten jedoch 75 Euro (Stand: 6/2015). selbstständig und eigenverantwortlich Bewegungs-
training durchzuführen, z. B. durch weiteres Sport-
treiben in der bisherigen Gruppe bzw. im Verein auf
1.2.4 Ergänzende Leistung zur eigene Kosten.“ (BAR 2011)
Rehabilitation – Rehabilitationssport
und Funktionstraining Dies bedeutet, dass in den durchgeführten Maßnah
men auch pädagogische, edukative und gruppendy
Seit Mitte der 1980er Jahre wurde am SGB IX inhalt namische Inhalte große Bedeutung erlangen.
lich gearbeitet. Hierin sollten zum einen das Rehabi Unter Punkt 2 und 3 der Rahmenvereinbarung
litationsrecht und das Schwerbehindertenrecht auf für den Rehabilitationssport und das Funktionstrai
einander abgestimmt werden, da es hier bislang er ning sind die Ziele und Mittel wie folgt beschrieben:
hebliche Schnittstellenprobleme gab; zum anderen
wurden auch zeitgemäße inhaltliche Änderungen in
der Rehabilitation integriert. Ein Hauptanliegen der Rehabilitationssport
inhaltlichen Gestaltung war die Idee, einerseits die
Integration von Nachhaltigkeitsgedanken für Re „Ziel des Rehabilitationssports ist, Ausdauer und
habilitationsangebote zu sichern; andererseits sollte Kraft zu stärken, Koordination und Flexibilität zu
die sich ändernde Wertigkeit von Risikofaktoren verbessern, das Selbstbewusstsein insbesondere auch
inhaltlich ins SGB IX einfließen. Bewegungsmangel von behinderten oder von Behinderung bedrohten
wurde hierbei bereits damals als so bedeutsam ein Frauen und Mädchen zu stärken und Hilfe zur Selbst-
gestuft, dass Maßnahmen zu seiner Bekämpfung in hilfe zu bieten. […]
den Leistungskatalog des Sozialgesetzbuchs einge
flossen sind. Rehabilitationssport wirkt mit den Mitteln des Sports
So sind Rehabilitationssport und Funktionstrai und sportlich ausgerichteter Spiele ganzheitlich auf
ning als ergänzende Leistungen zur Rehabilitation die behinderten und von Behinderung bedrohten
im SGB IX, § 44 seit dessen Inkrafttreten 2001 ver Menschen, die über die notwendige Mobilität sowie
ankert. Explizit im gesetzlichen Krankenversiche physische und psychische Belastbarkeit für Übungen
rungsbereich ist diese Leistung im § 43 SGB V fest in der Gruppe verfügen, ein.“ (BAR 2011)
gehalten. Insbesondere der Rehabilitationssport
wirkt hierbei mit den Mitteln des Sports auf Betrof Hierbei stehen pädagogisch, psychologische Effekte
fene ein, um motorische Fähigkeiten zu fördern um und Adaptionen durch Sport mit im Vordergrund,
somit den Erfolg eventuell vorangegangener oder die von Anfang an auch einen salutogenetischen, al
begleitender anderer Maßnahmen (z. B. Physiothe so gesundheitsfördernden Ansatz haben.
rapie) zu sichern oder zu steigern. Einerseits soll so
durch Verbesserung der körperlichen Leistungsfä
higkeit ein Krankheitsverlauf günstig beeinflusst Funktionstraining
werden. Andererseits ist der Rehabilitationssport als
Hilfe zur Selbsthilfe angelegt. Dieses Ziel wird in „Ziel des Funktionstrainings ist der Erhalt und die
der Rahmenvereinbarung für den Rehabilitations Verbesserung von Funktionen sowie das Hinauszö-
sport und das Funktionstraining wie folgt beschrie gern von Funktionsverlusten einzelner Organsysteme/
ben: Körperteile, die Schmerzlinderung, die Bewegungs-
verbesserung, die Unterstützung bei der Krankheits-
bewältigung und die Hilfe zur Selbsthilfe. […]
1.3 Indikationen und Kontraindikationen 13
Funktionstraining wirkt besonders mit den Mitteln ches Training zur Vorbeugung oder Behandlung von
der Krankengymnastik und/oder der Ergotherapie ge- nahezu allen Erkrankungen mit positiven Wirkun
zielt auf spezielle körperliche Strukturen (Muskeln, gen eingesetzt werden. Hierbei sind die Effekte de
Gelenke usw.) der behinderten oder von Behinderung nen von Medikamenten mindestens ebenbürtig 1
bedrohten Menschen, die über die notwendige Mobi- (Löllgen 2013). Allerdings, wie bei Medikamenten
lität sowie physische und psychische Belastbarkeit für auch, gibt es für richtig durchgeführte körperliche
bewegungstherapeutische Übungen in der Gruppe Aktivitäten jeweils eine Indikation, also Erkrankun
verfügen, ein. Funktionstraining ist im Wesentlichen gen oder Funktionsbeeinträchtigungen, mit jeweils
organorientiert. entsprechenden, individuellen Empfehlungen zur
Dosis und zur Dosis-Wirkung. Sport und Bewe
Funktionstraining umfasst bewegungstherapeutische gung kann darüber hinaus – wie ein Medikament
Übungen, die in der Gruppe unter fachkundiger Lei- auch – Nebenwirkungen haben.
tung vor allem durch Physiotherapeuten/-innen/ Des Weiteren können Bewegung und Training
Krankengymnasten/-innen/Ergotherapeuten im Rah- auch gänzlich kontraindiziert sein, z. B. bei akuten,
men regelmäßig abgehaltener Übungsveranstaltun- schweren Erkrankungen oder Infektionen. Um eine
gen durchgeführt werden. Das gemeinsame Üben in exakte Empfehlung zum Umgang mit dem „Medika
festen Gruppen ist Voraussetzung, um gruppendyna- ment“ Bewegung bzw. Training zu erhalten, sollte
mische Effekte zu fördern, den Erfahrungsaustausch vor dem Start jeweils eine individuelle Beratung er
zwischen den Betroffenen zu unterstützen und damit folgen über z. B. Art, Intensität, Dauer und Frequenz
den Selbsthilfecharakter der Leistung zu stärken. Ne- des Trainings. Demnach wäre mit der Verabrei
ben den bewegungstherapeutischen Übungen können chung von MAT zu verfahren wie bei der Ausgabe
Gelenkschutzmaßnahmen und die Einübung im Ge- eines Rezepts. Daher wird auf eine Indikationsliste
brauch technischer Hilfen und von Gebrauchsgegen- an dieser Stelle verzichtet, und es werden nachfol
ständen des täglichen Lebens Bestandteil des Funk gend nur die wenigen Ausschlussindikationen for
tionstrainings sein“ (BAR 2011). muliert, weil eine Indikation für ein individuelles,
richtig durchgeführtes Training in Therapie und Re
Hierbei stehen funktionelle und indikationsbezoge habilitation, aber auch im Sinne der Gesundheitsför
ne Vorgehensweisen im Vordergrund, die unter pa derung und Prävention immer besteht.
thogenetischen Gesichtspunkten positive Auswir
kungen auf die Krankheit bzw. den Erkrankungsver CAVE
lauf nehmen sollen. Für das Medizinische Aufbautraining bestehen grund-
sätzlich folgende Kontraindikationen:
Allgemeine, absolute Kontraindikationen für ein
körperliches Training:
• Nicht ausreichend verheilte Weichteilverletzungen
1.3 Indikationen und bzw. Heilungsstörungen
Kontraindikationen • Starke Schmerzen
• Schwere akute Verletzungen und Erkrankungen
• Infektionen
In der einschlägigen Literatur finden sich häufig so Allgemeine, relative Kontraindikationen für eine
genannte Indikationslisten für Training unter kurzzeitige, vorübergehende Unterbrechung eines kör-
perlichen Trainings:
Krankheitsbezug. Unter aktuellen Gesichtspunkten
• Schmerzen
zum MAT bzw. Training unter Indikationsbezug ist • Subjektive Missempfindungen (z. B. Ermüdung, Un-
dies nicht mehr üblich, weil es nahezu keine Indika wohlsein)
tion gibt, die nicht durch individuelle, geeignete
Trainingsprogramme positiv beeinflusst werden
könnte (vgl. › Kap. 1.4).
Unter Berücksichtigung der richtigen Dosierung
und einer individuellen Anpassung kann körperli
14 1 Einführung in das Medizinische Aufbautraining
Training als Rehabilitations- und Therapiebestand gelungen im SGB IX zum Thema Bewegung als er
teil etabliert hat, wird das MAT heute in nahezu al gänzende Leistungen zur Rehabilitation integriert
len Indikationsgebieten bzw. bei nahezu allen Funk worden, so z. B. der Bereich „Rehabilitationssport
tionsbeeinträchtigungen eingesetzt. Zu nennen sind und Funktionstraining“ (vgl. › Kap. 1.2 – Ab
hier auch die durch die BAR näher beschriebenen schnitt Ergänzende Leistungen zur Rehabilitation).
Bereiche weiterer AMR-Verfahren wie z. B. in der
der Geriatrie (› Kap. 31), der Neurologie
(› Kap. 34), der Onkologie (› Kap. 37) oder der Biomedizinisches Krankheitsmodell
Psychosomatik. › Tab. 1.3 gibt eine Übersicht über
Indikationen im Bereich der Inneren Medizin. Auch aufgrund dieses Strukturwandels ist es notwen
dig, das klassische biomedizinische Krankheitsmodell
der Medizin – auch oder erst recht unter Einbezie
1.4.1 Krankheitsmodelle hung von Überlegungen zum MAT – zu aktualisieren
bzw. zu überdenken und in großen Teilen für die Be
Das MAT wird zukünftig weiterhin einen hohen reiche Prävention und Rehabilitation abzulösen. Die
Stellenwert innerhalb des Bereichs Gesundheit ein ses bislang angewendete Modell entspricht der zurzeit
nehmen. In den Industriestaaten hat sich bereits noch praktizierten ICD (International Classification
jetzt weitgehend ein demografischer Wandel vollzo of Diseases). Es erklärt Krankheit aus der Perspektive
gen. In diesem Zusammenhang hat sich auch eine von Krankheitsursache (Ätiologie) und Krankheits
grundlegende Veränderung des Mortalitäts- und entstehung (Pathogenese) und ist eher kausal orien
Morbiditätsspektrums mit einer Akzentuierung tiert. › Abb. 1.3 zeigt diesen Zusammenhang auf.
chronischer Krankheiten eingestellt. Damit einher Ausgehend von diesem Modell werden als eigent
geht die zunehmende Bedeutung von Prävention liche Krankheitsbehandlung nach § 27 SGB V alle dia
und Rehabilitation. Die Bedeutung des Risikofaktors gnostischen und therapeutischen Maßnahmen im
Bewegungsmangel (› Kap. 1.2) hat in den Indust Rahmen von ambulanten ärztlichen bzw. zahnärztli
riestaaten in den vergangenen Jahren ganz erheblich chen und Krankenhausbehandlungen verstanden,
an Gewichtung gewonnen und ist auch durch die einschließlich der Versorgung mit Arznei-, Verband-,
Gesundheitspolitik mittlerweile sehr stark in den Heil- und Hilfsmitteln. Zum Beispiel ist die Physio
Fokus von Interventionsmaßnahmen und -strategi therapie als Heilmittel eindeutig der Krankenbehand
en gerückt. Richtig dosiertes körperliches Training lung, also der Therapie zugeordnet. Medizinisches
ist hierbei ein wichtiger Faktor, um das Ziel, bis ins Training bzw. Medizinisches Aufbautraining hat je
Alter möglichst gesund und aktiv zu bleiben, zu er doch einen breiteren Ansatz, und der Einsatz lediglich
reichen. Nicht zuletzt sind eine ganze Menge an Re als Therapeutikum würde hier zu kurz greifen.
16 1 Einführung in das Medizinische Aufbautraining
Das aktuelle und favorisierte biopsychosoziale Das soziale Recht zur Rehabilitation ist als grund
Krankheitsmodell der WHO ist hingegen ein multi legende Aussage in § 10 SGB I enthalten. § 1 Rehabi
disziplinäres Modell, welches den Gesundheitszu litationsangleichungsgesetz beschrieb die Aufgaben
stand hinsichtlich seiner ursprünglichen Dimensio der Rehabilitation und ist weitestgehend in das heu
nen Schäden (Impairment), Einschränkung oder te gültige SGB IX aufgenommen:
Aktivitätsverlust (Disability) bzw. Behinderung oder
„Die medizinischen, berufsfördernden und ergänzen-
Partizipationsverlust (Handicap) beschreibt (ICIDH
den Maßnahmen und Leistungen zur Rehabilitation
– International Classification of Impairments, Disa
im Sinne dieses Gesetzes sind darauf auszurichten, kör-
bilities and Handicaps). Die negativ behafteten Be
perlich, geistig und seelisch Behinderte möglichst auf
grifflichkeiten sind im aktuellen Nachfolgekonzept,
Dauer in Arbeit, Beruf und Gesellschaft einzugliedern.
der International Classification of Functioning,
Disability and Health (ICF) (DIMDI 2005), positiv
Struktur
Impairment = Schaden
Rehabilitation Krankenbehandlung
Aktivität/Funktion
Disability = Einschränkung
Rehabilitation Krankenbehandlung
Teilhabe
Handicaps = Behinderung
Den Behinderten stehen bei der Anwendung dieses Für die Maßnahmen der Rehabilitation sind fol
Gesetzes diejenigen gleich, denen eine Behinderung gende Grundsätze charakteristisch:
droht.“ • Individualität
• Komplexität 1
§ 1 des SGB IX zur Selbstbestimmung und Teilhabe • Interdisziplinarität
am Leben in der Gesellschaft lautet aktuell: • Finalität (Endgültigkeit)
Das bedeutet, dass jede Rehabilitationsmaßnahme
„Behinderte oder von Behinderung bedrohte Men-
auf den jeweils betroffenen Menschen (individuell)
schen erhalten Leistungen nach diesem Buch und den
zugeschnitten ist. Die Maßnahme selbst greift daher
für die Rehabilitationsträger geltenden Leistungsge-
immer alle drei Säulen des biopsychosozialen
setzen, um ihre Selbstbestimmung und gleichberech-
Krankheitsmodells des ICF auf und umfasst struktu
tigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu för-
relle, funktionelle, psychosoziale und psychosomati
dern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen
sche Inhalte. Dieser Ansatz erfordert automatisch
entgegenzuwirken. Dabei wird den besonderen Be-
für die Rehabilitation Interdisziplinarität und Kom-
dürfnissen behinderter und von Behinderung bedroh-
plexität. Der individuelle Rehabilitationsplan orien
ter Frauen und Kinder Rechnung getragen.“
tiert sich von Anfang an einem anzustrebenden,
In diesem Sinn soll auch das Medizinische Aufbautrai während der Maßnahme selbst zu modifizierenden,
ning dem Zweck der Rehabilitation dienen, d. h. durch finalen Rehabilitationsziel (Finalität).
dessen Inhalte soll möglichst kurzfristig das Ausmaß Zu berücksichtigen sind hierbei der individuelle
von Fähigkeitsstörungen oder Beeinträchtigungen als Rehabilitationsbedarf, die Rehabilitationsfähigkeit,
Auswirkung von Krankheit beseitigt bzw. verringert die Rehabilitationsprognose, die Rehabilitationszu
werden. Es gehört demzufolge z. B. als Krankengym mutbarkeit und das Rehabilitationsziel. Rehabilita
nastik am Gerät (KGG) zur Krankheitsbehandlung tion ist demzufolge viel weiter zu fassen als die reine
und ist seit 1.7.2001 als Heilmittel zugelassen. Krankheitsbehandlung, denn entsprechend dem
Akutklinik Struktur
(Impairment/
Schaden)
M
ed
izi
Stationäre oder ni Aktivität/Funktion
sc
he
ambulante Reha sA (Disability/
bzw. Therapie uf Beeinträchtigung)
ba
ut
ra
in
in
g
Praxen: Teilhabe
Funktionstraining, Participation
Rehabilitationssport, (Handicap)
Fitnesstraining Funktion und
Kompensation
Zeit
1.5 MAT in Prävention und In Bezug zum MAT steht hinter den Überlegun
Gesundheitsförderung gen zum Einsatz von Trainingsmaßnahmen und
-mitteln demnach bei der Prävention eher der pa-
thogenetische Ansatz von Krankheitsvermeidung, 1
Um die beiden Bereiche Prävention und Gesund während bei der Gesundheitsförderung ein saluto-
heitsförderung in ihren verschiedenen Merkmalen gentischer Ansatz zum Tragen kommt. Sicherlich
zu verstehen und entsprechende Zuordnungen von kann es hierbei oftmals große Überscheidungen ge
medizinischen Aufbautrainingsinhalten vornehmen ben, die Ausrichtung kann jedoch auch sehr weit
zu können, müssen sie differenziert werden. Grund differieren.
sätzlich liegen den beiden Begriffen sehr unter In beiden Tätigkeitsfeldern sind medizinische
schiedliche Vorgehensweisen und Denkansätze zu Aufbautrainingsprozesse sinnvolle und wichtige Be
grunde, obwohl sie oft fälschlicherweise synonym standteile.
verwendet werden.
Der Begriff Prävention leitet sich historisch aus
dem älteren Begriff „Krankheitsprävention“ ab und 1.5.1 MAT in der Prävention
beschäftigt sich inhaltlich vornehmlich mit der Ver
meidung von Krankheit. Die wichtigste Überlegung Im Bereich der Prävention werden Bewegungspro
dabei war es und ist es bis heute geblieben, Auslö gramme gefördert, um im Hinblick auf Bewegungs
sungsfaktoren von Krankheiten zu reduzieren, oder mangel als Risikofaktor für Krankheitsentstehung
– wenn möglich – zu vermeiden. die individuellen und gesellschaftlichen Grundvor
Gesundheitsförderung ist vom Begriff her we aussetzungen positiv beeinflussen zu können. Es
sentlich jünger. Er entwickelte sich bei der WHO im werden dabei Primär-, Sekundär- und Tertiärprä-
Anschluss an die WHO-Gesundheitsdefinition 1946. vention unterschieden: Durch Bewegungsmangel
Im Vordergrund der Gesundheitsförderung steht bedingte Erkrankungen sollen durch diese präventi
dabei eine Vorgehensstrategie, bei der durch eine ven Bewegungsprogramme vermieden werden (Pri
Verbesserung von Lebensbedingungen eine Stär märprävention). Bereits vorhandene Risikofaktoren
kung der gesundheitlichen Entfaltungsmöglichkei sollen durch solche Programme günstig beeinflusst
ten entstehen soll (Hurrlemann, Klotz, Haisch 2010). und so eine Erkrankung vermieden werden (Sekun
Die WHO-Definition für Gesundheitsförderung därprävention). Nach abgeschlossenen Krankheits
gemäß Ottawa-Charta lautet: „Health promotion is prozessen soll einer erneuten Erkrankung vorge
the process of enabling people to increase control over, beugt werden (Tertiärprävention). Bewegung in der
and to improve their health.“ (WHO 1986) (Deutsch: Prävention verfolgt somit zwei Hauptziele:
„Gesundheitsförderung ist der Prozess, der Men • Reduktion von Bewegungsmangel durch gesund
schen befähigt, Kontrolle über ihre Gesundheit zu heitssportliche Aktivität
erhöhen sowie diese zu verbessern“.) • Vorbeugung und Reduktion spezieller gesund
Während also bei der Prävention explizit die heitlicher Risiken durch geeignete verhaltens-
Krankheitsprävention, also eine Vermeidungsstra- und gesundheitsorientierte Bewegungsprogram
tegie im Mittelpunkt der Betrachtungen steht, wen me
det sich die Gesundheitsförderung strategisch der Hauptsächlich spielen sich diese Angebote im Be
Förderung (Förderungsstrategie) von gesundheit reich der sogenannten Verhaltensprävention durch
erhaltenden Maßnahmen und Inhalten zu. Der prä Korrektur bzw. Formung des individuellen Gesund
ventive Ansatz stellt kurz gesagt die Entstehung von heitsverhaltens ab. Der Vollständigkeit halber sei
Krankheit in den Vordergrund und zielt dabei auf darauf verwiesen, dass im Gegensatz zu diesem indi
Vermeidung ab; der gesundheitsfördernde Ansatz viduellen Präventionsansatz der Bereich der soge
stellt die Entstehung und den Erhalt von Gesundheit nannten Verhältnisprävention Maßnahmen des
in ihren Vordergrund (und stellt dabei auf Förde Gesundheitsschutzes im Allgemeinen abbildet (z. B.
rung und Stärkung ab). Verkehrssicherheit, Infektionsschutz, Arbeitsschutz
u. a.).
20 1 Einführung in das Medizinische Aufbautraining
1.5.3 Ziele des MAT in Gesundheits • Wissen und Bildung zum Thema Krankheitsver
förderung und Prävention meidung
Die Ausführungen in › Kap. 1.4 und › Kap. 1.5
Im Bereich der Gesundheitsförderung sind im zeigen, dass es in allen Zielsetzungen in den Berei
MAT folgende übergeordneten Ziele relevant: chen Therapie und Rehabilitation sowie Gesund
• Stärkung der Physis durch Bewegung und Sport heitsförderung und Prävention erhebliche Über
• Persönliche Erfolgserlebnisse und positive Ver schneidungen geben kann und dass daher die diffe
stärkungen renzierte, individuelle Auswahl von Bewegungs- und
• Verständnis und Akzeptanz von Werten und Re Sportprogrammen über Erfolg oder Misserfolg der
geln Zielführung entscheidet.
• Taktik- und Strategieverständnis
• Emotionales und emphatisches Erleben und Auf VERWENDETE LITERATUR
treten BAR – Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilitation (Hrsg.):
Rahmenempfehlungen zur ambulanten Rehabilitation.
• Gruppen-, sport- und sozialspezifisches Verhalten Frankfurt a. M. 2005
• Psychosoziale Integration BAR – Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilitation (Hrsg.):
• Partnerschaft Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und
• Wissen und Bildung zum Thema Gesundheit das Funktionstraining. Frankfurt a. M., 2011
• Subventionsmöglichkeiten im Sport- und Bewe BKK Dachverband e. V.: Zentrale Prüfstelle Prävention,
www.zentrale-pruefstelle-praevention.de (letzter Zugriff:
gungsbereich 19.6.2015)
• Stärkung des Selbstwertgefühls und des Selbstbe Brusis OA, Matlik M, Unverdorben M: Handbuch der Herz-
wusstseins gruppenbetreuung, 6. Aufl., Spitta, Balingen 2002
Diese Aufstellung erhebt nicht den Anspruch auf DIMDI – Deutsches Institut für Medizinische Dokumenta
Vollständigkeit, gibt jedoch einen Überblick über tion und Information (Hrsg.): Internationale Klassifikation
der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit
die relevantesten Ziele von MAT in der Gesund (ICF). WHO, Genf 2005
heitsförderung. GKV-Spitzenverband: Empfehlungen des GKV-Spitzenver-
Die Prävention zielt hinsichtlich ihrer Zielsetzun bands gemäß § 124 Abs. 4 SGB V zur einheitlichen An-
gen durch MAT auf folgende Punkte ab: wendung der Zulassungsbedingungen nach § 124 Abs. 2
• Reduktion und Vermeidung von Bewegungs SGB V für Leistungserbringer von Heilmitteln, die als
Dienstleistung an Versicherte abgegeben werden. GKV,
mangel 2010
• Reduktion und Vermeidung von Risikofaktoren Gustavsen R, Evjenth H: Trainingstherapie im Rahmen der
durch geeignete Bewegungsprogramme, die entwe manuellen Medizin. Thieme, Stuttgart, 1991
der ursächlich oder begleitend wirksam sein kön Hohmann A: Steuerung sportlicher Spitzenleistungen aus
nen (z. B. bei der Regulation des Körpergewichts) trainingswissenschaftlicher Sicht. Leistungssport 2005;
35(6): 56–62
• Körperwahrnehmung und Körperspannung Hollmann W, Hettinger T: Sportmedizin – Grundlagen für Ar-
• Reduktion von Krankheitsrisiken und Rückfall beit, Training und Präventivmedizin. 4. Aufl., Schattauer,
vermeidung bei überstandenen Erkrankungen Stuttgart 2000
22 1 Einführung in das Medizinische Aufbautraining
WEITERFÜHRENDE LITERATUR
Kickbusch I: Gesundheitsförderung. In: Schwartz FW et al.
(Hrsg.): Public Health. Gesundheit und Gesundheitswe-
sen. 3. A. Elsevier, Urban & Fischer, München, 2012,
187–195
Schwartz F W, Walter U: Prävention. In: Schwartz FW et al.
(Hrsg.): Public Health. Gesundheit und Gesundheitswe-
sen. 3. A. Elsevier, Urban & Fischer, München, 2012,
196–229
KAPITEL
2 Voraussetzungen und
Leistungserbringer
Lernziele (Krankenkassen, Rentenversicherung, Berufsgenos
Es werden folgende Kenntnisse und Kompeten senschaft o. a.) anerkannt und subventioniert oder
zen erzielt: vollständig bezahlt werden. Hierfür gilt es dann je
• Personelle, räumliche und apparative Vor doch die Vorgaben der Kostenträger zu erfüllen, da
aussetzungen zur Durchführung von MAT in mit durch eine vertragliche Regelung zwischen den
den Bereichen Rehabilitation, Rehabilitations Kostenträgern und dem Leistungsanbieter die
sport/Funktionstraining, Therapie (Gerätege Durchführung und Vergütung geregelt sind. Die
stützte Krankengymnastik – KGG), Präven umzusetzenden Bedingungen betreffen vor allem
tion/Gesundheitsförderung und Fitness sind persönliche Qualifikationen des Personals, das Trai
detailliert bekannt und können differenziert nings- und Bewegungsprozesse plant, beaufsichtigt
werden. und modifiziert; des Weiteren sind ggf. räumliche,
• Inhaltliche, zeitliche und qualitative Anfor apparative und formale Beantragungsvorgaben zu
derungen von MAT in den genannten Berei beachten. Die Zuständigkeit der subventionierenden
chen sind bekannt und können hinsichtlich Kostenträger ergibt sich aus den einschlägigen Be
der Anforderungsprofile differenziert werden. stimmungen in den Sozialgesetzbüchern, die bereits
• Das Verständnis und die Kenntnisse von Fi in › Kap. 1 (› Tab. 1.4) dargestellt wurden.
nanzierungsgrundlagen, der Kostenträger Eine Kostenträgerförderung von MAT ist daher in
und deren Anforderungen und die wesentli allen Bereichen, also Prävention, Gesundheitsförde
chen Gesetzesgrundlagen in den genannten rung, Therapie und Rehabilitation, gegeben.
Bereichen für die Durchführung von MAT
sind vertieft entwickelt und können grund
sätzlich eigenständig und detailliert zugeord
net werden. 2.1 MAT in der Rehabilitation
Medizinisches Aufbautraining (MAT) in seinen un
terschiedlichen Facetten kann – wie in › Kap. 1 MAT in der Rehabilitation ist heute in allen Rehabi
dargelegt – im Rahmen der Gesunderhaltung und litationsbereichen gängige Praxis. Hinsichtlich der
der persönlichen Fitness oder der Krankenbehand Zulassungen zur Durchführung gilt es die Vorgaben
lung inhaltlich zugeordnet und eingesetzt werden. Je der jeweiligen Kostenträger für Rehabilitationsmaß
nachdem, welche Angebote vorgehalten werden sol nahmen umzusetzen. Diese können – je nach Ver
len, orientiert sich die Durchführung der entspre tragspartner – jeweils unterschiedlich sein. Aktuell
chenden Trainingsmaßnahmen an Vorgaben, die es gelten in der Regel jedoch die Rahmenempfeh
zu erfüllen gilt, damit erbrachte Leistungen im Rah lungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabili
men des MAT auch adäquat vergütet werden. Insbe tation (BAR 2005). Dies sind die umfangreichsten
sondere in Therapie, Rehabilitation, Prävention und Empfehlungen, sodass damit eine Anerkennung al
Gesundheitsförderung sollen die angebotenen und ler Kostenträger – falls ein Vertragsabschluss zu
durchgeführten Maßnahmen in der Regel in Kosten stande kommen soll – gewährleistet ist.
trägerschaft öffentlich-rechtlicher Institutionen
24 2 Voraussetzungen und Leistungserbringer
Durchführendes Personal Für alle in diesem Sektor Tätigen wird bei den
größten Kostenträgern (Rentenversicherung und
Das Medizinische Aufbautraining kann in der Reha Krankenversicherung) heute die Erfüllung der Vor
bilitation unter medizinischer (ärztlicher), physio- gaben aus den „Rahmenempfehlungen zur ambu
oder sporttherapeutischer Aufsicht durchgeführt lanten Rehabilitation“ der Bundesarbeitsgemein
oder durch andere für Gesundheitstraining qualifi schaft Rehabilitation (BAR 2005) erwartet und als
zierte Personen angeleitet und beaufsichtigt werden. Voraussetzung zu erfüllen sein. Die aktuellen perso
2 Zu nennen wären etwa folgende Professionen: nellen Qualifikationsmerkmale der BAR sind in
• Ärzte › Tab. 2.1 zusammengestellt. In Einzelfällen kann
• Physiotherapeuten hiervon abgewichen werden.
• Sportlehrer
• Sporttherapeuten
• Sport- und Fitnesstrainer Räumliche Voraussetzungen
• Gymnastiklehrer
• Bachelor- und Masterabsolventen mit entspre Als räumliche Voraussetzung zur Durchführung von
chenden Studieninhalten (i. d. R. belegt durch Ur MAT sehen die Vorgaben der Kostenträger gemäß
kunde, „diploma supplement“ und „transcript of BAR-Konzept für gerätetechnisch gestützte Diag
records“) nostik und Durchführung, inkl. einer Fläche für Re
Die Tätigkeit hängt hierbei nicht mehr zwingend generation, mindestens 110 m2 vor. Die Erfahrun
von der Profession ab, sondern vielmehr von den gen der Autoren zeigen, dass erst eine Fläche ab etwa
nachgewiesenen persönlichen Kompetenzen und 200 m2 die Grundfläche für ein sinnvolles, adäquates
Qualifikationen sowie der entsprechenden Erfah Training in der Rehabilitation bilden kann, zumal
rung im Tätigkeitsfeld. In der Regel sind die physio- wenn Trainingsgruppen in der Rehabilitation gebil
und sporttherapeutischen Professionen mit den det werden sollen.
entsprechenden Zusatzqualifikationen das durch
führende Personal. Damit die einzelnen Berufs
gruppen ein solches Medizinisches Aufbautraining Apparative Mindestanforderungen
durchführen lassen können, fordern die verschiede
nen Kostenträger für die jeweiligen Therapieberufe Die nachfolgend aufgelisteten Trainingsmittel sind
erweiterte Voraussetzungen und Qualifikations durch die Kostenträger vorgeschrieben und finden je
nachweise:
Tab. 2.1 Voraussetzungen unterschiedlicher Berufsgruppen für die Ausübung von MAT in der Rehabilitation
Berufsgruppe Anforderung
Physiotherapeut/ • Staatliche Anerkennung als Physiotherapeut/Krankengymnast ggf. mit indikationsspezifischer
Krankengymnast Zusatzqualifikation oder Weiterbildung
• mindestens 2 Jahre vollzeitige Berufserfahrung als Physiotherapeut/Krankengymnast in einer
Rehabilitationseinrichtung
Masseur und • Staatliche Anerkennung als Masseur und Medizinischer Bademeister ggf. mit indikationsspezi
Med. Bademeister fischer Zusatzqualifikation oder Weiterbildung
• Grundlagenkenntnisse in Bewegungslehre und medizinischer Aufbautherapie
• mindestens 2 Jahre vollzeitige Berufserfahrung als Masseur und Medizinischer Bademeister in
einer Rehabilitationseinrichtung
Sportlehrer/ • Wissenschaftliche Ausbildung/Studium der Sportwissenschaft mit medizinischer Ausrichtung
Sporttherapeut (Fachrichtung Rehabilitation, oder Zusatzqualifikation Bewegungstherapie/Sporttherapie)
• Spezifische Weiterbildung und Kenntnisnachweis im MAT
• mindestens zweijährige vollzeitige Berufspraxis in einer anerkannten Reha-Einrichtung nach
Abschluss des Studiums in der Sporttherapie
2.2 MAT als ergänzende Leistung in der Rehabilitation 25
Abb. 2.1 Rezeptmuster 56 – Rehabilitationssport und Funktionstraining (Vorder- und Rückseite) [W868]
ningsangebot zugelassen sein. Hierbei gibt es in Be entnehmen Sie bitte den Ausführungen in
zug auf Rehabilitationssport und Funktionstraining › Kap. 3.1.6.
eine Besonderheit. Zuständig für die Zulassung sind
nämlich nicht nur die Kostenträger im Gesundheits
wesen selbst, sondern vielmehr für den Rehabilitati Durchführendes Personal
onssport die Rehabilitationssportverbände der
einzelnen Bundesländer bzw. für das Funktionstrai Unter Punkt 13 der Rahmenvereinbarung über den
ning die Rheumaliga. Die exakten Vorgehensweisen Rehabilitationssport und das Funktionstraining ist
und Prozesse zur Anerkennung solcher Maßnah die Leitung für Rehabilitationssport wie folgt festge
mengruppen sind in den „Rahmenvereinbarungen legt:
über den Rehabilitationssport und das Funktions
training“ durch die BAR festgelegt (BAR 2011). Die „Beim Rehabilitationssport müssen die Übungen von
Zulassungsaussprache durch die Rheuma-Liga zeigt Übungsleitern/-innen geleitet werden, die aufgrund
die erhebliche Stärkung und Einbindung von Selbst eines besonderen Qualifikationsnachweises – z. B.
hilfeverbänden in Deutschland bei der Umsetzung Übungsleiter/-in „Rehabilitationssport“ nach den
von gesundheitsspezifischen Maßnahmen. Ausbildungsrichtlinien des DBS [Deutscher Behinder-
Die Anbindung an Sportverbände für die Maß tensportverband, Anm. d. Red.] bzw. nach den Rah-
nahmen im Rehabilitationssport hat eine weitere, men-Richtlinien für die Ausbildung im Bereich des
nicht unerhebliche Hürde für die Durchführung sol Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), für die
cher Angebote zur Folge. So ist in der Regel (es gibt Leitung von Herzgruppen der zwischen DBS, DOSB
nahezu keine Ausnahmen) das Angebot über einen und der DGPR [Deutsche Gesellschaft für Prävention
gemeinnützigen Verein vorzuhalten. Näheres dazu und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen,
2.2 MAT als ergänzende Leistung in der Rehabilitation 27
Für die Durchführung und Leitung von Funktions Die Durchführungsbestimmungen für Rehabilita
training ist Folgendes in der Rahmenvereinbarung tionssport und Funktionstraining sehen hinsichtlich
unter Punkt 14 festgelegt: der räumlichen Voraussetzungen eine Mindestflä
che von 5 m2 pro Teilnehmenden vor (BSNW 2012).
„Beim Funktionstraining kommen für die Leitung der
Bei einer maximalen Gruppenstärke von 15 Perso
Trainingsgruppen vor allem Physiotherapeuten/-in-
nen würde demnach eine Fläche von 75 m2 benötigt.
nen/Krankengymnasten/-innen und/oder Ergothera
Der Raum selbst muss über natürliches Tageslicht
peuten/-innen mit speziellen Erfahrungen und spe
und eine Deckenhöhe von mindestens 2,50 m verfü
zieller Fortbildung für den Bereich der rheumatischen
gen.
Erkrankungen/Osteoporose einschließlich Wasser-
gymnastik und Atemgymnastik und mit Kenntnissen
und Erfahrungen in der psychischen und pädagogi-
Apparative Mindestanforderungen
schen Führung in Betracht. Sie müssen in der Lage
sein, die Leistungsfähigkeit und die darauf abzustim-
Der Einsatz von „großen“ Trainingsgeräten ist
menden Übungen für den einzelnen Patienten einzu-
grundsätzlich verboten. Die einzige Ausnahme hier
schätzen.
von gilt für die Durchführung im sogenannten Herz
sport (Rehabilitationssport für Herzerkrankte), in
Die Leitung der Funktionstrainingsgruppen kann
dem Ergometer eingesetzt werden dürfen. Alle an
auch von anderen qualifizierten Therapeuten wahr-
deren Angebote sehen lediglich die Zuhilfenahme
genommen werden, die über eine nach 14.1 vergleich-
von Kleingeräten und Gymnastikutensilien für die
bare therapeutische Ausbildung verfügen und an ei-
Durchführung vor.
ner von den Rehabilitationsträgern anerkannten
Fort-/Zusatzausbildung für das Funktionstraining
teilgenommen haben.
Behandlungseinheit
Die erforderliche ergotherapeutische Betreuung soll,
In der Rahmenvereinbarung (BAR 2011) ist der zeit
insbesondere auch im Hinblick auf die Beratung über
liche Rahmen der Behandlungseinheiten festgelegt:
Ausstattung und Einübung im Gebrauch von Ge-
Die Dauer einer Rehabilitationssporteinheit muss
brauchsgegenständen des täglichen Lebens, gewähr-
mindestens 45 Minuten betragen; in Herzgruppen
leistet sein. Zu beachten ist Ziffer 3.4.
mindestens 60 Minuten. Eine Funktionstrainings
einheit beträgt mindestens 30 Minuten bei Trocken
Die für Funktionstraining mit Kindern und Jugendli-
gymnastik und mindestens 15 Minuten bei Wasser
chen eingesetzten Therapeuten müssen darüber hin-
gymnastik. Die Anzahl der Übungseinheiten in bei
aus die dafür erforderlichen psychologisch-pädagogi-
den Bereichen pro Woche liegt bei bis zu zwei, mit
schen Fähigkeiten besitzen“ (BAR 2011).
besonderer Begründung höchstens drei Übungsein
heiten. Nähere und vertiefende Hinweise zu den
28 2 Voraussetzungen und Leistungserbringer
Abb. 2.2 Rezeptmuster 13 – Physikalische/Podologische Therapie für die Verordnung von KGG (Vorder- und Rückseite) [W868]
2.4 MAT in der Prävention und Gesundheitsförderung 29
in den durch Kostenträger subventionierten Berei eine nicht unerhebliche Anzahl von Trainingsein
chen der Therapie, Rehabilitation und Prävention richtungen aktuell ihre Angebote schwerpunktmä
richtet sich hier die personelle, räumliche und appa ßig auf Gesundheitssport und Krankheitsprävention
rative Ausstattung nach dem jeweiligen Marktseg aus. Denn mit zunehmendem Alter der Einrich
ment, das besetzt bzw. bedient werden soll. Neben tungskundschaft verändern sich deren Anforderun
den Geräten steht für die Qualität eines Fitness-und gen und die mit dem Training angestrebten Ziele.
Gesundheitsstudios das qualifizierte Fachpersonal. Neben den oben erwähnten „normalen, klassischen“
Es sollte fachlich fundiert in den jeweiligen Schwer Gerätetrainingsangeboten und Kursen ist das Trai 2
punkten des Studios ausgebildet sein. Neben den ningsspektrum daher vielfach um gesundheitsspezi
fachlichen Kompetenzen des Personals führt vor fische Themenfelder erweitert. Zu nennen sind hier
allem auch eine entsprechende soziale Kompetenz z. B. Angebote in den Sektoren Rückenschule, Herz-
zu einer positiven Bewertung der Betreuungsquali Kreislauf-Training oder Wirbelsäulengymnastik.
tät durch die Studionutzer. Grundsätzlich lassen Diese Angebote können dann auch durch Kostenträ
sich im freien Training und im Fitnessbereich in der ger subventioniert werden, wenn die persönlichen,
Regel drei Ausrichtungsschwerpunkte differenzie inhaltlichen und räumlich-apparativen Vorausset
ren: zungen hierfür erfüllt werden. (› Kap. 2.4).
• Fitness- und Breitensportorientierung
• Gesundheits- und Präventionssportorientierung Rehabilitations- und Therapieorientierung
• Rehabilitations- und Therapieorientierung.
Im Anbietersektor finden sich mittlerweile alle gän Grundsätzlich sind hier vorgehaltene Maßnahmen
gigen Unternehmensformen bis hin zu klassischen in der Regel an therapeutisch-medizinische Kom
Sportvereinen, sodass heute das klassische unter petenzen gebunden, die es zu belegen gilt (Berufs
nehmergeführte Studio nur eine von vielen mögli urkunden, Fach- und Hochschulzeugnisse u. a.).
chen Varianten ist. Vertiefende Hinweise hierzu fin Darüber hinaus ist die Verbindung kommerzieller,
den sich in › Kap. 3 und › Kap. 4. gewerblicher Angebote mit therapeutisch-medizini
schen Angeboten als unternehmerische Misch
angebote im Alltag schwierig umzusetzen, weil un
Fitness- und Breitensport
terschiedliche Vorgaben und Rahmenstandards der
Die diesem Bereich zuzuordnenden Studios zielen Kostenträger sich häufig gegenseitig ausschließen.
auf das „normale“, fitnessorientierte Publikum ab. Für vertiefte Ausführungen wird hier auf die Aus
Im Vordergrund der Angebote stehen in der Regel führungen in › Kap. 2.2 und › Kap. 2.3 sowie
im gerätespezifischen Bereich das Kraft- und Aus › Kap. 3 verwiesen.
dauertraining. Durch das Geräteangebot sollte ge Insgesamt bestehen also für die Durchführung be
währleistet sein, dass möglichst alle Hauptmuskel sondere Richtlinien, auf die in diesem Kapitel bereits
gruppen trainiert werden können. Durch das um inhaltlich hingewiesen wurde. Darüber hinaus müs
fangreiche Angebot wird ein ganzheitlicher, allge sen bei den eingesetzten Geräten entsprechende
meiner Effekt angestrebt, der in erster Linie auf die Standards erfüllt werden; so müssen diese den An
Fitness und das Aussehen der Nutzer abgestellt ist. forderungen nach dem Medizinproduktgesetz
Neben dem Gerätetraining liegt bei diesen Anbie (MPG) entsprechen.
tern häufig ein weiterer Schwerpunkt bei den klassi
schen Fitnessangeboten für Gruppen, wie z. B. Aero
bic oder „Bauch–Beine–Po“. Durchführendes Personal
jeder, der sich berufen fühlt, kann ein Fitnessstudio Für Gruppenangebote wird eine Gymnastikraum
eröffnen und Trainingskunden betreuen und beauf größe von 4 m2 Quadratmeter pro Teilnehmenden
sichtigen. kalkuliert.
In den beiden anderen Tätigkeitsfeldern – Ge
sundheit und Prävention sowie Rehabilitation und
Therapie – müssen von den Durchführenden neben Apparative Mindestanforderungen
den Grundprofessionen entsprechende vertiefte
2 Kenntnisse in denjenigen Bereichen nachgewiesen Es gibt keine Vorschriften über die Anzahl und Art
werden, für die Subventionen von öffentlichen Kost vorzuhaltender Geräte. Die Qualität und die Anzahl
enträgern generiert werden sollen. Dies bedeutet, der Geräte sind von vielen Faktoren abhängig, wie
dass es hier nicht ausreichend ist, eine Ausbildung z. B. den Beiträgen, dem Studioumfeld, dem Klientel
im Sport- und/oder Fitnessbereich absolviert zu ha u. a. Gängige Empfehlungen liegen bei einer Kraftge
ben. Vielmehr müssen für die einzelnen Angebote räteanzahl von 3–6 % der Mitgliederzahl (= für 200
jeweils vertiefte Kenntnisse und Fähigkeiten durch Mitglieder etwa 5 % Geräte = 10 Krafttrainingsgerä
entsprechende Zertifikate belegt werden, damit eine te) und zwischen 2 und 4 % der Mitgliederzahl im
Abrechnung mit Kostenträgern möglich ist. Leider Kardiogerätebereich (= für 200 Mitglieder ca. 6 Ge
gibt es hierbei einen „Wildwuchs“ an Fort- und Wei räte bei 3 % Prozent).
terbildungen, die keinem einheitlichen Standard un
terliegen. So müssen die Bildungsanbieter, die ent
sprechende Qualifikationsnachweise ausstellen, Behandlungs- bzw. Trainingseinheit
nicht zwangsläufig hinsichtlich ihrer Bildungsange
bote zertifiziert sein. Es empfiehlt sich daher, sich Im Fitnesstraining gibt es keine festgelegten Min
grundsätzlich über die Inhalte, die Qualität der Leh destzeiten für die jeweiligen Einheiten. Die Einheit
renden und der Lehre, der Lehr- und Lernmateriali richtet sich nach der jeweiligen individuellen Aus
en sowie der räumlichen und apparativen Ausstat gangssituation und den anzustrebenden Trainings
tungen der Bildungsanbieter zu informieren. zielen.
Grundsätzliche Empfehlungen lassen sich nur Die Kosten für ein freies Training und im Fitnessbe
schwer aussprechen. Ein Indiz für den Raumbedarf reich trägt der Trainierende selbst. In gewissen Teil
kann aus der Anzahl an Trainingsgeräten abgeleitet bereichen des sogenannten betrieblichen Gesund
werden. Häufig wird die „Daumenregel“ angewen heitsmanagements sind Kostenbeteiligungen durch
det, die besagt, dass pro Trainingsgerät ein Platzbe den Arbeitgeber möglich. Der Staat fördert unter
darf von ca. 5 m2 geplant werden sollte. Modere gewissen Umständen solche Beteiligungen mit bis
Trainingskonzepte (Zirkelkonzepte), die auf hohe zu 500 € jährlich bzw. 44 € monatlich (vertiefend
Frequenzen und damit große Trainingskundenzah hierzu › Kap. 4 und › Kap. 5).
len abstellen, kalkulieren in der Spitze Kapazitäten
mit bis zu 8 Kunden pro Quadratmeter Gerätetrai VERWENDETE LITERATUR
ningsfläche. Als Mittelwert gilt aktuell in der Fit BAR – Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilitation (Hrsg.):
Rahmenempfehlungen zur ambulanten Rehabilitation bei
nessbranche für das klassische Fitness- und Breiten muskuloskeletalen Erkrankungen. Frankfurt a. M., 2005
sportzentrum im Gerätebereich eine Kapazitätspla BAR – Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilitation (Hrsg.):
nung von ca. 4 Trainierenden pro Quadratmeter Rahmenvereinbarungen für den Rehabilitationssport und
Gerätetrainingsfläche. Hinsichtlich der Raumpla das Funktionstraining. Frankfurt a. M. 2011
nung sind neben den kalkulatorisch wichtigen Trai BKK Dachverband e. V.: Zentrale Prüfstelle Prävention.
www.zentrale-prüfstelle-praevention.de, (letzter Zugriff:
ningskundenzahlen auch statische Bedingungen zu 23.6.2015)
beachten (Deckentraglasten u. a.).
Literatur 33
Brüggemann S, Haaf HG, Sewöster D: Evidenzbasierte Re- men Rahmenempfehlungen gemäß § 125 Abs. 1 SGB V).
habilitation: Zwischen Standardisierung und Individuali- Berlin 2014. Download unter www.aok-gesundheits
sierung. Physiotherapie med 2008;4:(9–16) partner.de/bund/heilberufe/empfehlung/ (letzter Zugriff:
BSNW – Behinderten-Sportverband Nordrhein-Westfalen 23.6.2015)
e. V. (Hrsg.): Durchführung des Rehabilitationssports in Klosterhuis H.: Rehabilitations-Leitlinien als Instrument der
Nordrhein-Westfalen. Duisburg, 2012 Qualitätssicherung der Rehabilitation. Zeitschrift für ärzt-
Deutsche Rentenversicherung Bund: Geschäftsbereich Pres- liche Fortbildung und Qualitätssicherung im Gesundheits-
se- und Öffentlichkeitsarbeit, Kommunikation: KTL – wesen 2005; 99(1):41–46
Klassifikation therapeutischer Leitlinien in der medizini-
schen Rehabilitation. Berlin, 2007 2
WEITERFÜHRENDE LITERATUR
GKV-Spitzenverband: Gemeinsame Rahmenempfehlungen Riedle H, Rauh C, Bechauf E: Erfolgreiche Existenzgründung
gemäß § 125 Abs. 1 SGB V. GKV, Berlin 2006 in der Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie,
GKV-Spitzenverband: Leitfaden Prävention. GKV, Berlin 2010 3. Aufl. TiVan-Verlag, Würzburg 2014
GKV-Spitzenverband: Liste der Fortbildungseinrichtungen Sparkasse (Hrsg.): Acht Schritte zum perfekten Business-
KG-Gerät (Anlagen 8 und 9 der Anlage 3 der Gemeinsa- plan. Deutscher Sparkassen Verlag, Stuttgart, 2010
KAPITEL
Unternehmensformen
Einzelunternehmen Gesellschaften
Partnerschafts-Ges.
Hinsichtlich der Überlegungen, welche Rechts- Diese zunächst recht plausibel erscheinende Lö-
form im Einzelnen für die individuelle Umsetzung sung scheitert jedoch schon daran, dass es dem Arzt
einer Unternehmensidee im Bereich von MAT in gemäß Berufsordnung (Bundesärztekammer 2011)
der Therapie und Rehabilitation sinnvoll ist, wird ei- in den allermeisten Fällen nicht gestattet ist, Unter-
ne ausgiebige rechtliche und steuerliche Einzelbera- suchungen und Behandlungen zusammen mit ande-
tung angeraten (Riedle u. a. 2006, Appuhn 2006, Lip- ren Personen durchzuführen, die weder Ärzte sind
pert 2006). Die folgenden Ausführungen bieten eine noch zu den berufsmäßigen Gehilfen des Arztes ge-
erste Orientierung. Je nach Einzelfall werden darü- hören. Die Zusammenarbeit zwischen Krankengym-
ber hinaus umfangreiche weitere Überlegungen an- nast, Masseur und Arzt gilt als gestattet, weil diese
zustellen sein. Fachkräfte zu den Gehilfen des Arztes zählen und es
sich bei ihren Leistungen um Heil-/Hilfstätigkeiten
handelt. In einer solchen Konstellation wäre dem-
3.1.1 Gesellschaft bürgerlichen nach eine Physiotherapiepraxis juristisch unbedenk-
Rechts (GbR bzw. GdbR)/BGB-Gesell- lich, die MAT in Form von KGG (Krankengymnastik
schaft am Gerät) anbietet.
Ein besonderes Problem stellt dagegen die Tätig-
Es bietet sich zunächst vielleicht der Gedanke an, ei- keit von z. B. Sportlehrern oder Fitnesstrainern dar,
ne Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zu bil- weil Angehörige dieser Berufe nicht als Heilmitteler-
den, in der alle Beteiligten der unterschiedlichen bringer, also als ärztliches Hilfspersonal, gelten. Ein
Professionen gleichberechtigte Partner sind. Dann solcher Zusammenschluss zur Durchführung von
wäre auch die Haftung gegenüber Dritten gleichmä- Rehabilitation oder Therapie ist z. Z. nicht umsetz-
ßig verteilt, wobei allerdings jeder Gesellschafter in bar. Insgesamt ist zu beachten, dass es im MAT re-
vollem Umfang einzeln mit seinem gesamten Ver- gelmäßig zu Überschneidungen der Verantwor
mögen für etwaige Forderungen gegen die Gesell- tungsbereiche von Arzt und Nichtarzt kommen
schaft aufkommen müsste. kann, sodass eine strikte Trennung der Einzelberei-
3.1 Rechtliche und gesellschaftsrechtliche Aspekte in Therapie und Rehabilitation 37
che nicht mehr sichtbar ist. Damit kann ein Verstoß so leichter zu bejahen sein, wenn der Arzt Mitgesell-
gegen die Zusammenarbeit mit Nichtärzten vorlie- schafter der MAT durchführenden GbR ist.
gen. In der Praxis bedeuten die vorgenannten Ausfüh-
Nicht zuletzt schließt sich in der Praxis häufig die rungen, dass entweder ein Arzt ohne Kassenzulas-
Gründung einer GbR schon deshalb aus, weil – vor- sung als Gesellschafter der GbR gefunden werden
ausgesetzt, dass es sich bei dem beteiligten Arzt um müsste, oder aber der tätige Kassenarzt innerhalb
einen Kassenarzt handelt – dem Arzt auch durch die der GbR müsste die o. g. Interessenkollision vermei-
Zulassungsordnung Schranken gesetzt werden. den. Beides ist eine nahezu undenkbare Basis.
Zwar ist nach § 33 der Zulassungsordnung für Ver- In der Praxis ist dies in der Regel auch deshalb
tragsärzte (BMJV 2013) die gemeinsame Nutzung nicht durchführbar, weil entsprechend der Forde-
von Praxisräumen und -einrichtungen sowie die ge- rung der Kostenträger der Arzt ein Facharzt sein
meinsame Beschäftigung von Hilfspersonal durch muss. Ein solcher Arzt wird in der Regel im Rahmen 3
mehrere Ärzte – also Kassenärzte und Nichtkassen- der Kassenzulassung tätig und ist für eine freie Tä-
ärzte – möglich, aber die Zulassungsordnung spricht tigkeit nur selten zu gewinnen bzw. betriebswirt-
ausdrücklich von Ärzten. schaftlich häufig zu teuer. Zusammenfassend ist
Dementsprechend dürfte ein Zusammengehen folglich aus den hier dargelegten Gründen der
von einem Kassenarzt mit Nichtkassenärzten vom Schluss zu ziehen, dass die Gründung einer GbR sel-
Kassenarztrecht nicht gebilligt werden, wenn es sich ten die geeignete Gesellschaftsform für die Durch-
um eine gemeinsame Tätigkeit handelt, die als Aus- führung des MAT im Rahmen der Rehabilitation
übung der Heilkunde im Sinne der Bundesärzteord- darstellt. Im Übrigen lassen sich die Vor- und Nach-
nung zu definieren ist. Zusätzlich bestimmt der § 20 teile der GBR bzw. BGB-Gesellschaft aus › Tab. 3.1
Zulassungsordnung Ärzte in Abs. 2, dass für die ablesen.
Ausübung kassenärztlicher Tätigkeit der Arzt nicht
geeignet ist, der eine ärztliche Tätigkeit ausübt, die
ihrem Wesen nach mit der Tätigkeit des Kassenarz- 3.1.2 Partnerschaftsgesellschaft
tes am Kassenarztsitz nicht zu vereinbaren ist. Bei
der Frage der wesensfremden Tätigkeit ist allein Insbesondere im Bereich der Gesundheitsberufe
maßgeblich, ob die Gefahr einer Interessenkolli wird immer auch die sogenannte Partnerschaftsge-
sion besteht, ob also der Kassenarzt unter Umge- sellschaft (BMJV 2013) nach dem PartGG (Partner-
hung des Prinzips der beschränkt freien Arztwahl schaftsgesellschaftsgesetz) ins Gespräch gebracht.
Patienten in seine Praxis ziehen kann, oder ob er Jedoch greifen alle unter der GbR genannten Krite
sich durch diese Tätigkeit Vorteile gegenüber ande- rien und Argumente auch hier, sodass sich i. d. R.
ren Kassenärzten verschaffen kann. Dies dürfte um- keinerlei Vorteile aus der Partnerschaftsgesellschaft
ziehen lassen. In › Tab. 3.2 und › Tab. 3.3 sind 3.1.3 Das Einzelunternehmen
grundlegende Überlegungen und Möglichkeiten so-
wie mögliche Vor- und Nachteile der Partnerschafts- Selbstverständlich könnte ein Unternehmen, das
gesellschaft herausgestellt. MAT in Therapie und Rehabilitation anbieten möch-
te, auch in Form des Einzelunternehmers geführt
Tab. 3.2 Partnerschaftsgesellschaft (PartG): Allgemei- werden. Auch hier greifen die unter der GbR formu-
ne Merkmale lierten gesellschafts- und haftungsrechtlichen Über-
• Einführung 1995 legungen. › Tab. 3.4 und › Tab. 3.5 zeigen zu-
• Quasijuristische Person angelehnt an OHG (Offene sammenfassend die wesentlichen Aspekte hierzu
Handelsgesellschaft) (Partnerschaft kann unter ihrem auf.
Namen klagen und verklagt werden)
3 • Prinzip der Einzelgeschäftsführung und Einzelvertre- MERKE
tung Der Zusammenschluss von Ärzten und nichtärztlichen
• Geschäftsführung sachlich beschränkbar, Vertretung Professionen in einer sogenannten Personengesellschaft
nicht (allerdings Gesamtvertretung möglich) ist in der Praxis nach wie vor mit erheblichen Behinde-
• Erteilung Prokura ausgeschlossen rungen und Einschränkungen verbunden und wird in der
• Möglichkeit der Haftungsbeschränkung „wegen fehler- Alltagspraxis zur Durchführung von MAT in Therapie und
hafter Berufsausübung“ Rehabilitation eigentlich nicht angetroffen.
• Ansonsten unbeschränkte gesamtschuldnerische Haf-
tung der Gesellschafter
• Eintrag in das Partnerschaftsregister
mungen definiert sein. Eine werksärztliche Tätigkeit viel formalistischer aufgestellt und zu führen sind
darf nur nebenberuflich ausgeübt werden, damit ge- als – oft kleinere – Personengesellschaften wie z. B.
währleistet ist, dass der Arzt weiterhin persönlich für die GbR oder PartG. Alle Änderungen einer Kapital-
die Versorgung der Versicherten im erforderlichen gesellschaft, egal ob GmbH, UG oder etwa AG (Ak
Maße zur Verfügung steht. Hierzu sind bereits meh- tiengesellschaft) sind notariell zu begleiten.
rere Grundsatzurteile ergangen.
Bei entsprechender Vertragsgestaltung zwischen PRAXISRELEVANZ
der GmbH und dem Arzt sind auch die unter den Wegen der zwar immer noch erheblichen Aufwendung
Ausführungen zur GbR dargelegten Bedenken be- mit jedoch gleichzeitig erheblich reduziertem individuel-
züglich der Tangierung der Zulassungsordnung aus- lem Risiko ist die GmbH die beliebteste Gesellschaftsform
für Unternehmen, die MAT anbieten und durchführen.
geräumt. Dementsprechend wäre aus juristischer
Meist sprechen auch steuerliche Vorteile für die GmbH.
Sicht die Gründung einer GmbH oder einer anderen Mit Einführung der UG (Unternehmergesellschaft) mit nur
juristischen Person (z. B. einer AG oder einer geringer Eigenkapitalausstattungsmöglichkeit ist auch die
GmbH & Co) – vor allem unter der Berücksichti- oft als große Hürde empfundene Eigenkaptalausstattung
gung des mitarbeitenden Arztes – für Unternehmen der GmbH (25 000 €) individuell gestaltbar.
in der Rehabilitation und Therapie anzuraten.
Insgesamt sind gesellschaftsbedingte Vor- und
Nachteile der GmbH in › Tab. 3.7 übersichtlich Tab. 3.8 GmbH/UG: Struktur und Allgemeine Merk-
und zusammenfassend dargestellt. Die Bezeichnung male
UG steht für Unternehmergesellschaft und bildet • Mind. 1 Gesellschafter
in Deutschland die sogenannte „kleine“ GmbH, die • Gründungsvertrag notariell beglaubigt
• Stammkapital mindestens 1 € bei UG – mindestens
als Vorstufe eines Unternehmens gilt, das sich zu ei-
25 000 € bei GmbH
ner GmbH entwickeln soll. Hierbei ist eine deutlich • Gesellschafter haften nicht pers. für Verbindlichkeiten
reduzierte Eigenkapitalausstattung bei Gesell- der GmbH/UG
schaftsstart erforderlich. Anders als bei einer GmbH, • Organe:
die ein Eigenkapital von 25 000 € erfordert, kann ei- – Geschäftsführer
ne Unternehmergesellschaft ab einem Eigenkapital – Gesellschafterversammlung
von 1 € starten. Die Abwägung der Vor- und Nach- – Evtl. Beirat bzw. Aufsichtsrat (keine Verpflichtung)
• Rechnungslegungsvorschriften für Kapitalgesellschaften
teile der GmbH bzw. UG bedarf wiederum für jeden
– „verschärfte Pflicht“ über §§ 264 ff. HGB
Einzelfall einer vertieften Einzelbetrachtung und – Anhang notwendig
kann nicht pauschal beantwortet werden. – Lagebericht ist anzufertigen
Der Vollständigkeit halber sind die Grundstruk- – In der Regel herrscht Publizitätspflicht
turen einer GmbH und ihrer unterschiedlichen Gre- • Steuerliche Behandlung
mien in › Tab. 3.8 dargestellt. Hierbei wird bereits – KSt – Körperschaftssteuer (Gewinnausschüttung
ersichtlich, das Kapitalgesellschaften in der Regel oder Thesaurierung)
3.1 Rechtliche und gesellschaftsrechtliche Aspekte in Therapie und Rehabilitation 41
Tab. 3.12 Der Verein – Strukturen Verein) mit den Vorteilen der Gemeinnützigkeit ge-
koppelt sind. Von Nachteil ist, dass das Überschul-
• Verein ist eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersön-
3 dungsrisiko durch die Gemeinnützigkeit verschärft
lichkeit (juristische Person)
• Nur das Vereinsvermögen haftet wird, da in der Regel ein Konflikt zwischen Gemein-
• Organe eines Vereins nützigkeit und der Anforderung, ausreichend Ge-
– Vorstand winn zu erzielen, besteht.
– Mitgliederversammlung
– Evtl. Abteilungen mit eigenen Vertretungsrechten
MERKE
Nur der gemeinnützige Verein wird zur Leistungserbrin-
oben bereits erwähnt – der DOSB i. d. R. in Vereinen gung „Rehabilitationssport“ zugelassen.
organisiert ist, wird diese Vereinsstruktur auch für
den Rehabilitationssport erwartet. Dies heißt, dass
aktuell zur Leistungsabgabe Rehabilitationssport
nur ein Verein zugelassen wird. Dieser Verein muss 3.2 Rechtliche und gesell-
neben der in › Tab. 3.12 dargestellten Unterneh- schaftsrechtliche Aspekte in
mensorganisation über eine Satzung verfügen, die Fitness, Prävention und
den Verein darüber hinaus auch als gemeinnützig Gesundheitsförderung
agieren lässt.
The traveling man who “lives in a suitcase” and at the same time
wishes to enjoy the pleasures of amateur photography sometimes
experiences difficulty in developing films in a hotel room. Soup plates
borrowed from the steward, or even the bowl pitcher and the ice-
water pitcher in the room, can be used for development, but it is very
hard to improvise a ruby lamp. My emergency lamp is a small vest-
pocket flash lamp over which two yellow envelopes, one inside of the
other, are slipped, as shown. The lower edges are cut perfectly
square and rest on the table, or shelf, in the closet, and all white light
is excluded. At night, the shades may be drawn, and a yellow-paper
sack may be tied around the electric light.—Contributed by J. L.
Pinkston, Granite Hill, Ga.
An Ice Creeper
Dissolve ¹⁄₂ oz. of orange shellac in ¹⁄₂ pt. of alcohol, and add 1
teaspoonful of Venice turpentine, the same quantity of raw linseed
oil, and 2 oz. tincture of benzoin. Shake well, and set in a varnish
can in hot water.
Soak the coiled line in the varnish for two hours, then hang it up to
dry. Thin the varnish with alcohol, and repeat the dipping. When the
line is dry, rub it down well with a wool rag greased with tallow. Silk
lines treated in this manner are pliable, and the fibers of the silk are
so united by the varnish that the strength of the line is almost
doubled.
Making Chest Lock More Secure
Theprose,
charm of the birchen canoe has long been sung in verse and
and while the bark that the Indian used has been
supplanted by a more perfect type of modern manufacture, the
popularity of this, the most graceful of water craft, has increased with
years, until today we find the canoe the choice of thousands of
recreation seekers who paddle about in park lakes and quiet
streams, or spend their vacations in cruising down rivers and other
attractive waterways—sometimes within the environs of towns and
villages, and again dipping paddles in the wilderness streams of the
far north. True, the modern canoe is a distinct product of the
twentieth century, and while it is so largely used at summer resorts, it
nevertheless retains all the good points of the old, while embodying
numerous improvements which fit it even better for wilderness travel
than the Indian model after which it was patterned. The noteworthy
increase in the number of canoeists in the past dozen years is good
evidence that this natty craft is fast coming into its own, and as more
and more outdoor men and women understand its possibilities and
limitations and become proficient in handling it, the long-rooted fear
and distrust with which the uninformed public regard the canoe, will
pass away. As a matter of fact, accidents ever follow in the wake of
ignorance and carelessness, and while there are very few expert
gunners injured by firearms, and still fewer experienced canoeists
drowned, there are numerous sad accidents constantly occurring to
the reckless and foolhardy, who do not know how to handle a
weapon, nor understand the first thing about paddling a canoe. Let
us consider then, the practical side of the subject, the choice of a
suitable canoe and the knack of handling it in a safe and efficient
manner.
If one would experience in full measure the many-sided charm of
paddling, he should get a good canoe. Unlike other and heavier
water craft, the canoe is a lightly balanced and responsive
conveyance, which may be cranky and dangerous, or safe and
stable, according to the model, the skill of the builder, and the
dexterity of the paddler. There are canoes and canoes, of varying
models and sizes, and constructed of many materials, and while all
may serve as a means of getting about in the water, the paddling
qualities include numerous little idiosyncrasies which serve to
differentiate canoes as well as men. In fact, this light and graceful
craft may be properly viewed as the highest type of boat building,
since it must be fashioned strong but light; it must be steady when
going light; capable of carrying comparatively heavy loads; draw little
water, and it must be honestly constructed of good material to stand
up under the hard usage which every canoe is subjected to, whether
used for summer paddling, or upon long hunting and shooting trips.
Three types of canoes are in common use by experienced
canoeists, the birch-bark, the all-wood, and the canvas-covered
cedar canoe. The birch-bark, by reason of its rougher workmanship,
is slow under the paddle, is easily injured, and it grows heavier and
more difficult to handle every time it is used. The all-wood canoe is
most expensive to buy, and though swift under the paddle, is too
easily injured and too difficult to repair for rough and ready use. The
cedar-planked canoe which is covered with filled and painted canvas
is for many reasons the best all-around craft-attractive enough for
park use, and stout enough for use in rapid water and for cruising in
northern lakes and rivers.
This type of craft is much used in Canada along the St. Lawrence
River, and to a much less extent by American sportsmen, owing to
its higher cost, and its tendency to break and cause a leak. Of
course, the all-wood canoe is a good craft, but everything
considered, there can be no question in the minds of canoeists who
are acquainted with all types of canoes, that the all-cedar or
basswood craft is less dependable than the canvas-covered cedar
canoe. The Peterborough type—so called from a Canadian city of
this name where many wood canoes are made—with its relatively
low ends and straight sides with but little sheer and tumble home, is
the model commonly used by practically all manufacturers of the all-
wood canoe. While a boat of this kind can be, and often is, used in
rough-water lake paddling as well as in wilderness travel, the all-
wood canoe is better suited for club use, and in the wider and more
quiet-flowing streams and lakes.
The Best All-Around Craft, for Two Men and a Reasonable Amount of Camp
Duffle, Is a Canvas-Covered Cedar Canoe, 16 Feet Long, 32-Inch Beam, and
12 Inches Amidships, Weighing About 60 Pounds
The Canvas-Covered Cedar Canoe