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Thomas Engst

Face�enreiches
Bernburg
15 Portraits
T
homas Engst wurde 1987 in Karl-Marx-Stadt geboren, wo er auch
aufwuchs. 2011 kam er nach Bernburg, um an der Hochschule Anhalt
Naturschutz und Landscha�splanung zu studieren. Aus dem
Etappenziel Bernburg wurde begeisterte Sessha�igkeit, was auch an der
Tatsache liegt, dass Thomas Engst seit 2017 als wissenscha�licher Mitarbeiter
für die Hochschule Anhalt tä�g ist. Mit seiner Familie wohnt er nahe der
Saalestadt.

Fotografisch haben es ihm Bernburger Mo�ve angetan, die er auf


ausgedehnten Streifzügen durch die Berg- und Talstadt findet. Am liebsten ist
er am frühen Morgen oder späten Abend unterwegs – im Idealfall zur blauen
Stunde. Besondere Bildkomposi�onen, Perspek�ven und Lichtverhältnisse
haben es Thomas Engst angetan. Vorbild und Mentor für das Fotografie-
Handwerk ist sein Bruder.
Vorwort

Es ist eine Dokumenta�on in Bildern und Wor- ken. Ich bekam sehr viel posi�ve Rückmeldun-

ten. Porträts, wie ich sie nie zuvor realisiert gen, was mich besonders in der Anfangsphase

ha�e. War ich doch bisher immer auf die Archi- zu diesem Buchprojekt bestärkt und mo�viert

tektur- und Landscha�sfotografie fokussiert, hat.

galt es nun, besondere Menschen in ihrem be- Innerhalb kürzester Zeit ha�e ich besondere

sonderen Umfeld abzubilden. Menschen aus Bernburg für mein Vorhaben

begeistert. „Face�enreiches Bernburg“ war nun

Charaktere, Gesichter, Eigenarten – mein Ziel nicht mehr länger die fixe Idee eines bernburg-
„Das ist ein Buch über Bernburg. war es, jedes individuelle Mienen- und Gebär- verrückten Fotografen, sondern zur Umsetzung

denspiel mit meiner Kamera festzuhalten. Und gerei�.


Und es ist ein Buch über Menschen. natürlich die Umgebung fotografisch so abzu-

bilden, wie sie für den Porträ�erten oder die In diesem Buch gibt es keine Kulissen, keine
Über außergewöhnliche Menschen in Porträ�erte typisch ist. Absprachen und kein Se�ng. Dafür gibt es

echten Alltag. Gewohnheitsmäßige Abläufe, für


einer außergewöhnlichen Stadt.“ Doch ich wollte nicht nur auf den Auslöser drü- immer festgehalten mit der Kamera. In meiner

cken. Denn auch, wenn Bilder Geschichten er- Rolle als s�ller Beobachter war ich teils über

zählen können, sollten Texte ergänzen. Wer Stunden zeitweise vergessen.

sind diese Menschen? Wie gestalten sie ihren

Alltag? Was macht ihr Leben aus?

Nach dem Festsetzen meiner Idee zu diesem

Buch Anfang 2021 folgten umfangreiche Re- Allzeit gutes Licht,

cherchen, vor allem in den sozialen Netzwer- Thomas Engst


Inhalt

Eike Knaul Jean-Michel Schibajew Thomas Heyroth Maik Erdmann u. Normen Strohmeyer Karin Taraba Simone u. Volker Zappe
Holzbildhauermeister S. 18 Musiker S. 40 Barbier S. 60 Filmliebhaber S. 180 Feuerkünstlerin S. 204 Kleinkünstler u. Gästeführer S. 222

Kra�sportler
Nils Biermordt Udo Isensee Gina-Mari Gäbel Ma�hias Hesse Falko Rauch Irene Amtage
Bodybuilder S. 76 Zeichner S. 92 Cosplayerin S. 108 Buchbindermeister S. 240 Brauer S. 262 Ku�erruderin S. 282
Nils Biermordt

Denis Kijamet Jens Haberlandt Juliane Schumann u. Mary Goppold


Pizzabäcker S. 120 Eulenflüsterer S. 138 Feuerwehrfrauen S. 156

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Jens Haberlandt Eulenflüsterer und Tierfreund


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„Haben die

Tiere keine Lust,


sage auch mal
ich

ein Shoo�ng ab.“

Jens Haberlandt
Eulenflüsterer | Tierfreund
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B
evor das Leben von Jens Haberlandt
dank seiner Eulenvögel an einem
gewissen Ruhepunkt angelangt war, ist
viel passiert. Denn anders als man es
vermuten würde, ist die Leidenscha� des
1971 in Bernburg geborenen Eulenmanns für
die besonderen Vögel rela�v spät en�lammt.
2018 macht er Nägel mit Köpfen und bemüht
sich um die Haltung dieser unter Artenschutz
stehenden Tiere.

Er legt die geforderte Falknerprüfung ab,


erlangt weitere Sachkundenachweise und ist
nun bereit, alle erforderlichen Behörden
wegen der Genehmigungen zu kontak�eren.
2016, so sagt er, habe er bereits mit den
Vorbereitungen begonnen, um Eulen offiziell
halten und gewerblich nutzen zu dürfen.
Natur- und Tierschutz liegen dem Bernburger
dabei sehr am Herzen. Da ist es nur logisch,
dass er Vorgaben wie beispielsweise die zur
Größe der Gehege deutlich übertri�. „Wenn
es den Tieren gut geht, geht es auch mir gut.
Das Wohl der Vögel ist mir das Wich�gste.“
Die ersten „Mitbewohner“ auf seinem
Grundstück im Süden Bernburgs sind
seinerzeit zwei Steinkäuze gewesen, die er von
einem Züchter aus Wi�mund an der Nordsee
bekommen hat. Das Projekt „Der Eulenmann“
war damit offiziell gestartet.

Im Mi�elpunkt dieses Projekts, welches Jens


Haberlandt zusammen mit seiner
Lebensgefähr�n Jana Friedrich betreibt,
stehen Fotoshoo�ngs mit den Tieren, denn
Jens Haberlandt ist selbst begeisterter
Fotograf und Bildgestalter. „Die Bearbeitung
der Fotos habe ich mir selbst beigebracht“,
berichtet er stolz. Und weil Tiere eben Tiere
sind, ist da manchmal auch eine gewisse
Lustlosigkeit erkennbar. „Das Tierwohl steht
immer an erster Stelle“, sagt der Eulenmann
mit Nachdruck. „Wenn die Vögel keine Lust
haben, sage ich ein Shoo�ng auch mal ab.“

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Bei maximal besten Bedingungen überzeugen die
Fotostrecken Haberlandts vor allem durch ihre besondere
Atmosphäre, Tiefe und Grazilität.
Getragen von der Aura der Eulen verleiht Jens Haberlandt
jedem Foto seine unverkennbare Handschri�.
Die menschlichen Models werden gekonnt in Szene gesetzt –
und doch sind sie bestenfalls Sta�sten. Denn es sind der
Stolz und die Schönheit der Vögel, die im Mi�elpunkt der
Shoo�ngs stehen. Betrachtet man die Fotos, so meint man zu
erkennen, Haberlandts Eulen wissen ganz genau, worauf es
beim Posen ankommt. Doch es ist auch anstrengend, da
macht der fotobegeisterte Eulenmann keinen Hehl daraus.

Die Uhus Fussel und Clyde als Jung�ere. Jens Haberlandt vor einer seiner Volieren und
mit dem europäischen Uhu Fussel auf dem Arm.

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Kaum wieder zu erkennen.
Fussel und Clyde als ausgewachsene Tiere.

„Zwischen den Terminen haben die Tiere mindestens zwei Tage frei. Ihnen
muss es auch Spaß machen. Das alles darf niemals in Stress ausarten.“
Doch wie sah das Leben vor dem Dasein als Eulenmann aus? Jens
Haberlandt holt �ef Lu�, es gibt viel zu erzählen. „Es war im Grunde eine
Irrfahrt“, fasst er schon vorab zusammen. Begonnen hat Jens Haberlandt
seine Berufslau�ahn im Schacht des Bernburger Kaliwerks. Nach der
Ausbildung zum Baufacharbeiter arbeitet er im damaligen Bau-Montage-
Kombinat (BMK) der DDR.
Nach der Wende erleidet er im Dienst einer Baufirma für Biogasanlagen
einen schweren Arbeitsunfall. „Ich bin aus etwa zehn Metern Höhe
abgestürzt und habe mir fünffach das Becken gebrochen“, erzählt er. Auf
den Unfall folgt die Arbeitslosigkeit, doch Jens Haberlandt wir� das nicht
aus der Bahn. Er widmet sich der Bearbeitung und Verarbeitung von
flexiblem Sandstein, etwa für Hausfassaden. „Nachdem ich mich selbst
weitergebildet habe, habe ich dann im Au�rag des Herstellers Schulungen
angeboten.“ Auf den Sandstein folgt eine Anstellung als Lagerist im
Rohrleitungsbau und somit ein weiterer Perspek�venwechsel.

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Apropos Perspek�ve: Etwa 2006 erwacht die Leidenscha� für Fotografie, damals nach Aussage Jens
Haberlandts noch mit einer No-Name-Kamera. 2011 tri� er dem Fotostamm�sch in Köthen bei, 2016
übernimmt er dessen Leitung. „Ich habe eine intensive fotografische Entwicklung durchgemacht, bin
immer besser geworden“, sagt er stolz. „Die Stamm�schtreffen gibt es bis heute und es wird natürlich
viel gefachsimpelt.
In lockerer Atmosphäre werden Bilder besprochen, über fotografische Techniken und Trends disku�ert
oder auch privat gequatscht.“
Über die Fotografie kommt Jens Haberlandt auch zur Ornithologie, der Vogelkunde. „Ich bin da
Ein extra angefer�gter Handschuh aus irgendwie reingerutscht“, erzählt er lachend. „Irgendwann begann ich mit der Fotografie von Vögeln.“
dickem Leder schützt Jens Haberlandt
Über einen guten Freund vom Ornithologischen Verein Cöthen e. V. kommt in dieser Zeit der erste
vor den scharfen Krallen der Vögel.
Turmfalke zu Jens Haberlandt. Ein No�all, den er pflegt, aufzieht und später erfolgreich auswildert.
So etwas wie ein leiser Startschuss für das Leben als Eulenmann.
Die Tierliebe von Jens Haberlandt und Jana Friedrich hört aber nicht bei zwei Beinen auf. Seit 2018
betreiben die beiden eine Auffangsta�on für verletzte Wild�ere. Diese werden gepflegt und wieder in
die freie Wildbahn entlassen. Tierliebe für alle, egal ob mit oder ohne Federn.

Fussel auf der Pirsch.

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Jens Haberlandt und Jana Friedrich Steinkauz Jerry hat es sich auf dem Kopf von
ergänzen sich perfekt. Jens Haberlandt bequem gemacht.

Der Uhu Locke ist in Bernburg und über die


Stadtgrenzen hinaus bekannt.

Schleiereule Yoda fühlt sich auf der Hand von


Jana Friedrich wohl.

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Schneeeule Hedwig ist der Star auf „Harry-Po�er“-Shoo�ngs.

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