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15. Aufl.
Grundzüge des österreichischen Strafprozessrechts geben. Die inhaltliche
Gewichtung orientiert sich vorrangig an den Bedürfnissen der Praxis. Die
herangezogenen Beispiele sind zum überwiegenden Teil der Judikatur ent-
Strafprozessrecht
nommen worden. Sie sollen die oft sehr komplexe Gesetzesmaterie einpräg-
sam veranschaulichen und gleichzeitig einen Überblick über die einschlägige
Rechtsprechung vermitteln.
Die Neuauflage berücksichtigt bereits das Strafprozessrechtsänderungsgesetz I
2016 (BGBl I 2016/26). Die Judikatur ist bis August 2016 eingearbeitet worden. 15., überarbeitete Auflage
SEILER Strafprozessrecht
ISBN 978-3-7089-1371-1
facultas.at/verlag
Strafprozessrecht
von
Wien 2016
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek
Stefan Seiler
Seiler, Strafprozessrecht15 5
Inhaltsverzeichnis
Vorwort ......................................................................................................... 15
Abkürzungsverzeichnis . ............................................................................... 17
1. Kapitel
Einführung in das Strafprozessrecht
§ 1. Die Aufgabe des Strafprozesses . ......................................................... 21
§ 2. Schrifttum und Judikaturfundstellen..................................................... 22
§ 3. Die Auslegung strafprozessualer Normen ........................................... 22
§ 4. Der Geltungsbereich strafprozessualer Normen .................................. 23
I. Der zeitliche Geltungsbereich . ................................................... 23
II. Der räumliche Geltungsbereich................................................... 23
III. Der sachliche Geltungsbereich ................................................... 24
IV. Der persönliche Geltungsbereich . .............................................. 24
§ 5. Die leitenden Grundsätze des Strafprozessrechts ................................ 25
I. Der Grundsatz der Amtswegigkeit (§ 2) ..................................... 26
A. Allgemeines ......................................................................... 26
B. Privatanklagedelikte . ........................................................... 26
C. Ermächtigungsdelikte .......................................................... 27
D. Legalitätsprinzip .................................................................. 28
II. Der Anklagegrundsatz (§ 4) ........................................................ 29
III. Der Grundsatz der objektiven Wahrheitserforschung ................. 31
IV. Der Grundsatz der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit
(§§ 12, 13) . ................................................................................. 34
V. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung –
in dubio pro reo (§ 14) ................................................................ 36
VI. Der Grundsatz der Öffentlichkeit (§ 12) ..................................... 38
VII. Der Grundsatz der Laienbeteiligung ........................................... 40
2. Kapitel
Gerichtsaufbau und Zuständigkeit
§ 1. Allgemeines ......................................................................................... 41
§ 2. Die sachliche Zuständigkeit ................................................................. 41
I. Im Ermittlungsverfahren . ........................................................... 41
II. Im Haupt- und Rechtsmittelverfahren ........................................ 42
A. Das Bezirksgericht (BG) ...................................................... 42
B. Das Landesgericht (LG) . ..................................................... 43
Seiler, Strafprozessrecht15 7
Inhaltsverzeichnis
3. Kapitel
Gerichtspersonen und Ausschließungsgründe
4. Kapitel
Prozessparteien
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Inhaltsverzeichnis
5. Kapitel
Entscheidungsarten – Zustellung – Fristen
6. Kapitel
Amtssprache – Rechtshilfe – Informationstechnik
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Inhaltsverzeichnis
7. Kapitel
Ermittlungsmaßnahmen und Beweisaufnahme
10
Inhaltsverzeichnis
8. Kapitel
Fahndung, Festnahme und Untersuchungshaft
9. Kapitel
Der Gang des Verfahrens in erster Instanz
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Inhaltsverzeichnis
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Inhaltsverzeichnis
10. Kapitel
Die besonderen Verfahrensarten
11. Kapitel
Das Rechtsmittelverfahren
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Inhaltsverzeichnis
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Inhaltsverzeichnis
12. Kapitel
Rechtsbehelfe
13. Kapitel
Die Kosten des Strafverfahrens
14. Kapitel
Die Vollstreckung der Urteile
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Inhaltsverzeichnis
Seiler, Strafprozessrecht15 21
Einführung in das Strafprozessrecht
9 Die StPO enthält keine speziellen Regeln über die Auslegung ihrer Vor-
schriften. Es ist daher auf die allgemein geltenden Vorschriften und Grundsät-
ze bei der Auslegung von Gesetzen (insb §§ 6 bis 8 ABGB) zurückzugreifen.
10 Das Analogieverbot (§ 1 StGB) besitzt für den Bereich prozessualer Nor-
men keine Geltung (EvBl 1997/38; EvBl 2000/56). Die analoge Anwendung
prozessualer Vorschriften auf Verhältnisse, die den im Gesetz geregelten nur
ähnlich sind, aber nicht ausdrücklich von der Norm erfasst werden, ist daher
grundsätzlich zulässig. Eine Einschränkung wird nur insoweit anzunehmen
sein, als der Beschuldigte dadurch nicht in seiner rechtlichen Stellung benach-
teiligt werden darf. In Bezug auf Grundrechtseingriffe lässt sich daher aus § 5
Abs 1 ein Analogieverbot ableiten (EvBl 2015/28).
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§ 4. Der Geltungsbereich strafprozessualer Normen
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Einführung in das Strafprozessrecht
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§ 5. Die leitenden Grundsätze des Strafprozessrechts
In den §§ 2 bis 17 werden Grundsätze festgelegt, von denen das Strafverfah- 23
ren geleitet wird. Sie stellen eine Ergänzung zu den verfassungsgesetzlichen
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Einführung in das Strafprozessrecht
A. Allgemeines
B. Privatanklagedelikte
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§ 5. Die leitenden Grundsätze des Strafprozessrechts
C. Ermächtigungsdelikte
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Einführung in das Strafprozessrecht
muss das Gericht einen Freispruch (§ 259 Z 3) fällen (EvBl 1980/74). Für das
Vorliegen der Ermächtigung hat die StA zu sorgen. Es ist nicht Aufgabe des
Gerichts, eine fehlende Ermächtigung erst zu erfragen (EvBl 2006/79).
35 Ermächtigungsdelikte sind ua: Hausfriedensbruch (§ 109 StGB), Entwen-
dung (§ 141 StGB), Erschleichung einer Leistung (§ 149 StGB), Kindesent-
ziehung (§ 195 StGB, Verfolgung mit Ermächtigung des Erziehungsberech-
tigten).
D. Legalitätsprinzip
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§ 5. Die leitenden Grundsätze des Strafprozessrechts
Ein Instrument zur Wahrung des Legalitätsprinzips ist die Möglichkeit des 41
Privatbeteiligten (Opfer der Straftat, § 65 Z 2), eine von der StA zurückgezo-
gene Anklage als Subsidiarankläger aufrechtzuhalten (§ 65 Z 4, § 72 Abs 1;
Rz 287ff).
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Einführung in das Strafprozessrecht
ge ist immer ein in der Vergangenheit liegendes Ereignis, nämlich die Invol-
vierung einer Person in einen bestimmten Vorfall. Nach Ansicht des Anklägers
muss von dieser Person dadurch ein strafgesetzliches Tatbild erfüllt worden
sein. Das Gericht darf nur jenes Geschehen rechtlich beurteilen, welches
in Form eines konkreten Sachverhalts unter Anklage gestellt worden ist.
Das Gericht ist dabei nur an den Sachverhalt gebunden, nicht an die rechtli-
che Beurteilung dieses Sachverhalts, welche die StA in ihrer Anklageschrift
bereits vorgenommen hat (§ 4 Abs 3; EvBl 2009/35; Wiederin WK-StPO § 4
Rz 82ff):
46 Die Identität zwischen Anklagefaktum und Urteilsfaktum ist immer zu wah-
ren. Eine Verletzung dieses Grundsatzes liegt noch nicht vor, wenn sich zB im
Verfahren herausstellt, dass der Mord an einem anderen Ort oder zwei Stunden
vor dem Zeitpunkt begangen worden ist, der in der Anklage angegeben ist.
In einem Privatanklageverfahren wegen einer üblen Nachrede (§ 111 StGB)
bleibt das Prinzip der Identität gewahrt, wenn sich in der Hauptverhandlung
herausstellt, dass die angeklagte Äußerung anders gelautet hat. Wichtig ist je-
doch, dass es sich um dieselbe Kontroverse zwischen Kläger und Beschul-
digtem handelt, in der die ehrenbeleidigenden Worte gefallen sein sollen und
welche als konkreter Sachverhalt unter Anklage gestellt wurde. Maßgeblich
ist das Gesamtverhalten des Angeklagten. Das Gericht darf alle im Rahmen
dieses Gesamtverhaltens vorgenommenen Handlungen in den Kreis seiner Be-
urteilung einbeziehen (EvBl 1999/165).
47 In der Frage, wie der unter Anklage gestellte konkrete Sachverhalt rechtlich
zu beurteilen ist, ist das Gericht nicht an die Anklageschrift gebunden (§ 4
Abs 3, EvBl 2013/69): Wurde vollendeter Diebstahl (§ 127 StGB) angeklagt,
kann es zu einer Verurteilung wegen bloß versuchten Diebstahls kommen. Es
kann auch statt des angeklagten Diebstahls eine Verurteilung wegen Veruntreu-
ung (§ 133 Abs 1 StGB) erfolgen, wenn das Gericht zur Auffassung gelangt,
der Beschuldigte habe keinen Gewahrsam gebrochen, da ihm die Sache bereits
anvertraut war (SSt 48/66). Erweist sich die angeklagte schwere Körperver-
letzung (§ 84 Abs 1 StGB) als nicht so gravierend, ist eine Verurteilung bloß
nach dem Grunddelikt (§ 83 Abs 1 StGB) denkbar. Das Gericht kann auch ide-
alkonkurrierend ein weiteres Delikt annehmen, zB ein Finanzvergehen, denn
dies ist ebenfalls nur eine Frage der rechtlichen Beurteilung des angeklagten
Sachverhalts (RZ 1982/14).
48 Das Gericht ist auch nicht an die in der Anklage angeführten Folgen der
Tat gebunden. Stellt sich erst in der Hauptverhandlung heraus, dass durch die
Tat noch eine weitere Person verletzt worden ist, darf sich das Urteil auch da-
rauf erstrecken (EvBl 1989/140). Es handelt sich dabei ebenfalls bloß um eine
rechtliche Beurteilung des unter Anklage gestellten Geschehens.
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§ 5. Die leitenden Grundsätze des Strafprozessrechts
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