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STAATSMINISTERIUM

FÜR SOZIALES UND


VERBRAUCHERSCHUTZ

Gutes Leben im Alter


Wünsche von künftigen Senioren
im ländlichen Sachsen
2|
Grußwort von Sozialministerin Klepsch zum
Forschungsbericht „Gutes Leben im Alter –
Wünsche von (demnächst) Betroffenen im
ländlichen Sachsen“
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitbürgerinnen
und Mitbürger,

wie wollen wir im Alter leben? Diese Frage beschäftigt jeden von
uns. In Sachsen wird es künftig immer mehr ältere Menschen geben.
Die daraus entstehenden Aufgaben müssen von allen gemeinsam
bewältigt werden. Wir brauchen ein Umdenken: Wir müssen älteren
Menschen ermöglichen, ihre Potenziale zu entfalten.

Die Sächsische Staatsregierung rückt das Thema „Gutes Leben im


Alter“ in den Fokus. Wir sind überzeugt, dass mehr Lebenszu-
friedenheit im Alter nicht allein durch staatliche Interventionen befördert werden kann. Es braucht
ebenso Freiräume, in denen die Menschen selbstbestimmt ihr Leben einrichten können.

In Sachsen gibt es bereits viele gute Angebote. Diese möchten wir ausbauen. Die ambulanten und
stationären Leistungen werden vernetzt und mit den Hilfen verknüpft, die Familien, Nachbarn und
Ehrenamtliche erbringen. Dies gelingt nur gemeinsam mit der kommunalen Ebene.

Im Rahmen der Dialogreihe „Gutes Leben im Alter“ habe ich mit interessierten Bürgerinnen und
Bürgern in den ländlichen Regionen Sachsens über ihre Wünsche und Vorstellungen diskutiert.
Ältere Menschen wissen selbst, was am besten für sie ist. Zusätzlich wurde ein Fragebogen
ausgelegt. Die vorliegende Broschüre fasst die Ergebnisse der Bürgerdialoge und der Fragebögen
zusammen und wertet diese aus. Daraus können vor Ort Ideen entwickelt werden, die eine
angemessene Lebensführung im Alter weiter befördern. Unser Ziel ist die Erstellung eines Dach-
konzeptes „Gutes Leben im Alter“, das zur Zukunftsfähigkeit unseres Landes beiträgt.

Allen Beteiligten möchte ich an dieser Stelle herzlich danken.

Ihre Barbara Klepsch

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Inhaltsverzeichnis

Grußwort von Sozialministerin Klepsch 3

I. Gutes Leben im Alter gestalten 7

II. Grundzüge der Studie 8

III. Soziographische Merkmale und sonstige Angaben der Befragten 10

1. Geschlecht 10

2. Alter 10

3. Wohnortgröße als Indikator für verfügbare Infrastruktur 11

IV. Aktuelle Lebensumstände, eigene Tätigkeitsperspektiven und Wünsche für das Alter 14

1. Überblick zu den erhobenen Informationen 14

2. Aktuelle Lebensumstände der Befragten 14

3. Eigene Tätigkeitsperspektiven im Alter 20

4. Wünsche für das Alter 23

V. Landkreisspezifische Muster 30

VI. Was hängt womit zusammen? 35

VII. Qualitative Befunde aus Gesprächen an den „Runden Tischen“ 37

1. „Ortstreue“ 37

2. Verkehrs- und Versorgungsinfrastruktur 38

3. Finanzfragen 38

4. Ehrenamt 39

VIII. Schlussfolgerungen und grundsätzliche Handlungsempfehlungen 40

IX. Anhänge 43

X. Literaturverzeichnis 50

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I. Gutes Leben im Alter gestalten

Ein gutes Leben zu haben, ist unser aller Wunsch. Steigende Lebenserwartung und geringe Gebur-
Und gutes Leben für möglichst viele zu sichern, tenraten werden den Anteil von alten Menschen
ist eine wichtige Aufgabe des Staates. Jener an der Gesamtbevölkerung auch in den nächsten
hat sich in besonderer Weise um Menschen Jahrzehnten weiter zunehmen lassen (vgl. Wahl/
zu kümmern, die noch nicht oder nicht mehr Heyl 2015: 21ff). Manche Regionen Deutschlands
ihr eigenes Leben tatkräftig gestalten können. sind von diesem demographischen Wandel stär-
Dazu gehören zweifelsohne alte Menschen – ker betroffen als andere. Besonders virulent wird
zumal dann, wenn sie keine Nachkommen ha- mancherlei Gestaltungsbedarf und Problemlö-
ben oder keine Freunde in ihrer Nähe besitzen. sungsdruck im ländlichen Sachsen sein, wo zum
Dann wächst dem Staat eine besondere Pflicht einen der Anteil älterer Menschen (65 Jahre und
der Daseinsvorsorge zu. Lebensqualität im Al- älter) im bundesdeutschen Vergleich schon jetzt
ter kann durchaus als ein Maß für das Gelingen besonders hoch ist (BMFSFJ 2016b: 21f) und zum
gesellschaftlicher Wohlfahrtsproduktion und anderen einige der besonders strukturschwachen
für erfolgreiche Sozialpolitik angesehen werden Landkreise zu finden sind (BMFSFJ 2016a: 144ff).
(Zeman/Tesch-Römer 2009: 414). Um die dort anstehenden Aufgaben zu bewälti-
Die Altersforschung hat in den letzten Jahr- gen, wird die Politik zukünftig mehr denn je auf
zehnten eine ziemlich klare Befundlage dazu bürgerschaftliche Selbstorganisation angewie-
hervorgebracht, was die Bedingungen eines gu- sen sein. Zwar zeichnet sich ab, dass die Bereit-
ten Lebens im Alter sind (Backes/Clemens 2013, schaft dafür unter Älteren durchaus zunimmt
Tesch-Römer/Zeman 2009, Thieme 2008). Alte (BMFSFJ 2016a, Thieme 2008: 289f). Jedoch
Menschen wollen zu Hause wohnen und sich auf wird zielführendes ehrenamtliches Engagement
gut ausgebaute Infrastruktur in ihrer Umgebung Anleitung und Begleitung brauchen, was beides
verlassen können. Sie wünschen sich zudem auf realistischen Problemwahrnehmungen und
Umgang mit nahen Verwandten und Freunden Bedarfsermittlungen gründen sollte (Strube u.a.
(Hoff 2006). Beide Aspekte verbinden sich ide- 2015). Außerdem kann es trotz allen Heraufbe-
alerweise in einem intakten sozialen Raum aus schwörens von „Active Aging“ und individuel-
intakten persönlichen Familien- und Freundes- ler Verantwortlichkeit durch WHO, OECD, UN,
netzwerken, lebendigen Nachbarschaften sowie EU und Bundesregierung (vgl. Moulaert/Biggs
öffentlichen Verkehrs- und Versorgungsstruk- 2012) nicht Leitlinie staatlicher Wohlfahrtspoli-
turen (Rießen u.a. 2015). Und natürlich braucht tik sein, die Schaffung von Bedingungen für ein
es als Grundlage für all das nicht zuletzt wirt- gutes Leben im Alter zur Aufgabe allein seiner
schaftliche Absicherung und Gesundheit. Bürger zu machen (van Dyk 2015).

Gutes Leben im Alter gestalten | 7


II. Grundzüge der Studie

Um zielführende Politiken ins Werk zu setzen, Tabelle 1: Befragte nach Landkreisen


ist es also notwendig, ein klares Bild der Vor- (ohne Chemnitz, Dresden,
stellungen und Wünsche älterer Mitbürger für Leipzig-Stadt)
ein gutes Alter zu erlangen. Weil es scheint,
dass derlei in den siedlungsverdichteten großen Häufig-
Landkreis Prozent
Städten leichter gelingen kann als im ländlichen keit
Raum, konzentriert sich die folgende Studie auf Bautzen 508 14,4
diesen, beschränkt freilich auf den Freistaat
Sachsen. Sie wurde im Auftrag des Sächsischen Erzgebirgskreis 620 17,5
Staatsministeriums für Soziales und Verbrau-
cherschutz im Herbst 2016 von der Politikbe- Görlitz 425 12,0
ratungsfirma ANTJE HERMENAU. STRATEGIE –
Leipzig 294 8,3
KOMMUNIKATION – BERATUNG durchgeführt.
Die Analyse der quantitativen Befunde – nicht Nordsachsen 486 13,7
deren Erhebung – wurde an der Professur für
Politische Systeme und Systemvergleich der TU Meißen 386 10,9
Dresden erledigt.
Zum einen gab es Gespräche an „Runden Ti- Mittelsachsen 286 8,1
schen“ im Kreis von pro Tisch nicht mehr als
Sächs. Schweiz / OEG 175 4,9
jeweils einem Dutzend Teilnehmern, darunter
für 30 bis 60 Minuten jeweils auch die zustän- Vogtlandkreis 169 4,8
dige Ministerin, und zwar in Boxberg, Breiten-
brunn, Döbeln, Eilenburg, Freiberg, Großenhain, Zwickau 188 5,3
Wilthen und Zwickau. Dabei wurden, entlang
einer Art Gesprächsleitfaden1 die Vorstellun- Gesamt 3537 100,0
gen älterer Menschen von einem guten Leben
im Alter zum Thema gemacht und protokolliert.
Zwar wurden diese Gesprächsrunden nicht wis-
senschaftlich begleitet; doch es ließen sich mit
1
Der „Gesprächsleitfaden“ folgte im Wesentlichen dem
ihrer Hilfe die Befunde der folgenden quantita- Aufbau der nachstehend vorgestellten Fragebögen, ver-
tiven Analyse verdichten, überprüfen und kon- tiefte aber den Themenkomplex um zivilgesellschaftli-
ches Engagement und Bürgerinitiativen.
textualisieren.2 2
Zu diesen qualitativen Befunden siehe S. 25ff.

8 | Grundzüge der Studie


Zum anderen wurden nämlich vom auftrag-
gebenden Ministerium in Zusammenarbeit mit
dem Büro ANTJE HERMENAU. STRATEGIE –
KOMMUNIKATION – BERATUNG Fragebögen
ausgegeben,3 die gemeinsam mit dem zustän-
digen Fachreferat des Ministeriums erarbeitet
wurden.4 Von nicht weniger als 3537 Personen
wurden sie auch – zumindest überwiegend –
ausgefüllt und an die Projektpartner zurückge-
schickt; anschließend wurden sie den Autoren
dieses Berichts zur Auswertung übergeben.
Weil sich das Erkenntnisinteresse gerade nicht
auf die sächsischen Großstädte richtete, wurde
auch diese schriftliche Erhebung nicht in Chem-
nitz, Dresden und Leipzig durchgeführt, sondern
nur im mittelstädtischen, kleinstädtischen und
ländlichen Raum Sachsen. Die Tabelle 1 zeigt die
Verteilung der Befragten nach Landkreisen.

3
Die Fragebögen wurden an alle Bürgermeisterämter im
ländlichen Sachsen und – soweit bekannt – einschlägige
zivilgesellschaftliche Akteure (Seniorenverbände, Verei-
ne, Kirchen) verschickt und von jenen an interessierte
Bürger ausgegeben. Etliche Kommunen veröffentlichten
sie zudem auf ihren Homepages bzw. in Amtsblättern.
4
Der Fragebogen findet sich in Anhang I.

Grundzüge der Studie | 9


III. Soziographische Merkmale und sonstige
Angaben der Befragten

1. Geschlecht keinen Geschlechtsunterschied bei der Größe


Von den üblicherweise erfragten soziographi- des Ortes gab, aus dem die Befragten stamm-
schen Merkmalen wurden nur das Alter, der ten. Im Übrigen sollte im Folgenden stets be-
Wohnort und – als freiwillige Angabe – der dacht werden, dass – insbesondere ostdeutsche
Name im Fragebogen abgefragt. Aus den an- – Frauen von über 65 Jahren eine mit wachsen-
gegebenen Vornamen von 432 Befragten (also der Sorge zu betrachtende Risikogruppe bilden,
von gerade 12% aller) ließ sich dann jedoch weil sie nämlich in besonderem und steigenden
zweifelsfrei auf deren Geschlecht schließen. Maße von Altersarmut betroffen sein und mit
Dabei zeigte sich, dass unter diesen genau großer Wahrscheinlichkeit im hohen Alter allein
zwei Drittel Frauen waren. Die antwortenden bleiben werden (Motel-Klingebiel 2006, BMFS-
Frauen hatten ein Durchschnittsalter von 71 FJ 2016b).
Jahren, die antwortenden Männer von knapp
67 Jahren. Betrachtet man – wie bei den nach- 2. Alter
folgenden Tabellen – nur die Antwortenden ab Beim Blick auf die Tabelle 2 zeigt sich, dass
50 Jahren, so reduziert sich der mittlere Alters- durchaus nicht alle Befragten zu jenen Senioren
unterschied: Frauen dieser Altersgruppe sind zählen, für die „gutes Leben im Alter“ ein schon
im Mittel 73 Jahre alt, Männer 72 Jahre. Die- aktuelles Thema ist. Knapp 4% aller Befragten
se Angaben stammen dann aber von nur noch waren sogar jünger als 35 Jahre, insgesamt
396 Befragten, d.h. aus 11,2% aller Fragebögen. knapp 10% jünger als 50 Jahre. 23% gingen auf
Unter diesen befinden sich dann 68% Frauen, die Verrentungsgrenze zu. Die meisten – näm-
wobei dieser leicht angestiegene Anteil mit der lich 47% – zählen mit 65 bis 79 Jahren zu den
größeren Lebenserwartung von Frauen zu tun „jungen Alten“, weitere 20% mit mehr als 80
haben dürfte. Lebensjahren zu den „sehr Alten“.
Nur bei sechs von 41 abgefragten Ansichten Die Befunde zum Alter werden es erlauben, in
über gutes Leben im Alter fanden sich zwischen den Vorstellungen der Befragten sogenannte
den Geschlechtern aber aussagekräftige Un- „Lebenszykluseffekte“ zu erkennen, also solche
terschiede. Das passt zu den Befunden anderer Unterschiedlichkeiten in den Wünschen und
Studien, nach denen Geschlechtsunterschie- Prioritäten der Befragten, die sich darauf zu-
de für die Lebenszufriedenheit in der zweiten rückführen lassen, dass sie sich in unterschied-
Lebenshälfte eine eher geringe Rolle spielen lichen Lebensphasen befinden. Damit diese sich
(Tesch-Römer/Wurm 2006). Für die weitere gerade in der für diese Studie besonders wich-
Analyse ist aber insbesondere wichtig, dass es tigen Gruppe der Älteren klar abzeichnen kön-

10 | Soziographische Merkmale und sonstige Angaben der Befragten


nen, werden in den nachfolgenden Analysen die also nur die Angaben der gut 90% der insge-
knapp 10% der Befragten mit einem Alter unter samt Befragten ausgewertet, die 50 Jahre und
50 Jahren nicht mehr berücksichtigt, werden älter sind.

Tabelle 2: Die Altersverteilung aller Befragten

Gültige Kumulierte
Alter Häufigkeit Prozent
Prozente Prozente

0–18 19 0,5 0,6 0,6

19–34 98 2,8 3,0 3,6

35–49 191 5,4 5,9 9,6

50–64 744 21,0 23,1 32,7

65–79 1516 42,9 47,2 79,9

80– 646 18,3 20,1 100,0

Gesamt 3214 90,9 100,0

Fehlend 323 9,1

Gesamt 3537 100,0

3. Wohnortgröße als Indikator für verfügbare Infrastrukturmaßnahmen der Staat den Vorstel-
Infrastruktur lungen von Betroffenen nach einem guten Le-
Auf der Grundlage der im Fragebogen angege- ben im Alter gerecht werden könnte. Über kon-
benen Wohnorte der Befragten ließ sich ermit- krete Unterschiede zwischen den sächsischen
teln, in Orten welcher Größe die Antwortenden Landkreisen informiert unten der Abschnitt V.
leben. Tabelle 3 zeigt die entsprechende Vertei-
lung. Geht man davon aus, dass größere Wohn-
orte über reichhaltigere Infrastruktur verfügen
als kleinere, dann dürften Zusammenhänge
dieser Variable mit den anderen Antworten der
Befragten Hinweise darauf geben, mit welchen

Soziographische Merkmale und sonstige Angaben der Befragten | 11


Tabelle 3: Wohnortgrößen aller Befragten

Gültige Kumulierte
Einwohnerzahl Häufigkeit Prozent
Prozente Prozente

500 – 999 1 ,0 ,0 ,0

1.000 – 1.999 165 4,7 4,9 4,9

2.000 – 2.999 496 14,0 14,7 19,6

3.000 – 4.999 852 24,1 25,2 44,8

5.000 – 9.999 753 21,3 22,3 67,1

10.000 – 19.999 437 12,4 12,9 80,0

20.000 – 49.999 595 16,8 17,6 97,6

50.000 – 99.999 81 2,3 2,4 100,0

Gesamt 3380 95,6 100,0

Fehlend 157 4,4

Gesamt 3537 100,0

Damit sich Zusammenhänge zwischen der wohnerzahl“, 35,2% in Orten mit „mittlerer
Wohnortgröße und den abgefragten Wünschen Einwohnerzahl“, und 19,8% in Orten mit „gro-
der Befragten für ein gutes Leben im Alter er- ßer Einwohnerzahl“ – freilich ohne Chemnitz,
kennen lassen, wurde die Wohnortgröße auf Dresden und Leipzig. Als wichtiger „Effekt der
drei Ausprägungen verdichtet: kleine Einwoh- Wohnortgröße“ gilt stets ein klares Muster der
nerzahl (bis 4.999), mittlere Einwohnerzahl Art, dass – beispielsweise – in den kleineren Or-
(5.000 bis 19.999), und größere Einwohnerzahl ten Autos oder Taxis wichtigere Verkehrsmittel
(20.000 bis 99.999). Wie im Folgenden immer sind als in mittelgroßen Orten, und dort klar
wurden auch in die Vergleiche der Befragten wichtigere Verkehrsmittel als in großen Orten.
nach Ortsgrößenklassen nur die Befragten mit Wie Tabelle 4 zeigt, besteht ein solcher Zusam-
einem Alter ab 50 Lebensjahren einbezogen. menhang jedoch nicht zwischen der Wohnort-
Unter den aufgrund fehlender Angaben dann größe und dem Alter der Befragten. Zwar stam-
noch verbleibenden 2906 Befragten über 50 men die meisten Befragten aus Orten unter
Jahre lebten 44,9% in Orten mit „kleiner Ein- 5.000 Einwohnern, die wenigsten aus solchen

12 | Soziographische Merkmale und sonstige Angaben der Befragten


mit 20.000 und mehr Einwohnern. Und durch- Ortschaft ist. Alter und Wohnortgröße sind also
aus unterscheidet sich dabei die Verteilung nach voneinander unabhängige Faktoren: Zusam-
Altersgruppen. Jedoch gibt es für keine Alters- menhänge zwischen den Aussagen der Befrag-
gruppe einen linearen Trend dahingehend, dass ten und ihrem Alter lassen sich nicht einfach auf
etwa der Anteil von Menschen über 80 Jahren Zusammenhänge mit der Größe ihres Wohnorts
mit ansteigender Wohnortgröße stetig sinken zurückführen. Deshalb werden im Folgenden
oder der Anteil von Menschen im Alter von 50 beide Arten von Zusammenhängen stets ge-
bis 64 Jahren umso höher wäre, je größer die trennt betrachtet.

Tabelle 4: Wohnortgröße und Altersgruppe der Befragten

Ortsgröße (nach Einwohnerzahl)

Alters-
Gesamt
gruppe mittel groß
klein
(5.000– (20.000–
(bis 4.999)
19.999) 99.999)

Anzahl 298 298 122 718


50–64
Anteil in
23,7% 30,2% 22,0% 25,7%
Ortsgröße

Anzahl 706 451 311 1468


65–79
Anteil in
56,1% 45,7% 56,0% 52,4%
Ortsgröße

Anzahl 254 237 122 613


80–
Anteil in
20,2% 24,0% 22,0% 21,9%
Ortsgröße

Anzahl 1258 986 555 2799

Gesamt
Anteil in
100,0% 100,0% 100,0% 100,0%
Ortsgröße

Soziographische Merkmale und sonstige Angaben der Befragten | 13


IV. Aktuelle Lebensumstände, eigene Tätig-
keitsperspektiven und Wünsche für das
Alter

1. Überblick zu den erhobenen Informationen ❚❚ Welche Unterstützung wünscht man, um zu


Leider wurden im Fragebogen keine weiteren Hause in Würde sterben zu können?
soziographischen Merkmale erfragt, die ein In dieser Gliederung werden die Befunde aus der
über das Geschlecht, das Lebensalter und die Fragebogenstudie nun auch präsentiert.
im Ort zu vermutende Infrastruktur hinausrei-
chendes Bild zu zeichnen erlauben. Zwar liegen 2. Aktuelle Lebensumstände der Befragten
zu fast allen sächsischen Gemeinden Daten zur In vielen, auch international vergleichenden
Alters- und Einkommensstruktur vor. Doch sie Studien hat sich gezeigt, dass die finanzielle
lassen sich mit den individuellen Angaben auf Absicherung ein besonders wichtiger Faktor
den Fragenbögen nicht verknüpfen. Nur zu den für Lebenszufriedenheit im Alter insgesamt ist
folgenden Themenbereichen lassen sich – auf (BMFSFJ 2005, 2010, Weber u.a. 2008), desglei-
der Grundlage von Fragen mit stets mehreren chen für wichtige Möglichkeiten älterer Men-
ankreuzbaren Antwortmöglichkeiten – die Ein- schen, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben
schätzungen der Befragten wiedergeben: (Kümpers 2008). Auch in der vorliegenden Stu-
die wurde untersucht, ob die Befragten ihre Le-
(1) Aktuelle Lebensumstände benshaltungskosten als zu hoch empfinden. Die
❚❚ Wie steht es um die eigene Finanzlage? Tabelle 5 stellt hierzu drei Gruppen gegenüber:
❚❚ Wie steht es um die eigene Mobilität? Befragte „vor der offiziellen Verrentung“ (zwi-
❚❚ Welche sozialen Kontakte bevorzugt man? schen 50 und 64 Jahren; 23% aller Befragten
ab 50 Jahren), „junge Alte“ (65–79 Jahre; 47%
(2) Eigene Tätigkeitsperspektiven im Alter aller Befragten ab 50 Jahren) und „sehr Alte“
❚❚ Welche Aufgaben würde man im Alter noch (80 Jahre und mehr; 20% aller Befragten ab 50
übernehmen? Jahren).

(3) Wünsche für das Alter


❚❚ Welche Generationen möchte man um sich
sehen?
❚❚ Wo möchte man im Alter leben und nötigen-
falls gepflegt werden?
❚❚ Wen würde man in die Wohnung einlassen,
um sich helfen zu lassen?
❚❚ Wo oder wie möchte man essen?

14 | Aktuelle Lebensumstände, eigene Tätigkeitensperspektiven und Wünsche für das Alter


Tabelle 5: Welche Lebenshaltungskosten sind wieviel Prozent der Befragten zu hoch?5

50–64 Jahre 65–79 Jahre 80 Jahre und älter

Pflege 55,4 45,1 39,0

Krankheit 49,2 34,7 29,9

Verkehr 25,7 22,3 23,0

Wohnen 33,5 18,7 12,2

Kunst und Kultur 21,9 20,1 11,6

Lebensmittel 12,5 9,7 10,2

n= 744 1516 646

(Antworten auf der Grundlage von Mehrfachnennungen.)

Ein erster markanter Befund dieser Tabelle geht sind, weil sie in die entsprechenden Versiche-
dahin, dass die höchsten finanziellen Lasten von rungssysteme noch einzuzahlen haben. Außer-
Befragten in den Jahren vor der offiziellen Ver- dem dürfte sich der Eindruck von der Angemes-
rentung empfunden werden, also zwischen 50 senheit finanzieller Aufwendungen für Krankheit
und 64 Jahren. Das ist die Zeit noch vor jenem und Pflege seinerseits relativieren: Was ein noch
Schrumpfen der Einkünfte, das mit dem Ende Gesunder als hohe Krankheits- oder Pflegekos-
der Berufstätigkeit einherzugehen pflegt.6 Mit ten ansehen mag, dürfte einem Kranken oder
Ausnahme der Angaben über zu hohe Kosten für Pflegebedürftigen als normal erscheinen, weil
Lebensmittel, die aber insgesamt am allerwe- solcher Aufwand inzwischen eben zu seinem
nigsten ins Gewicht fallen, sowie über zu hohe Leben gehört. Erklärungsbedürftig bleibt aller-
Verkehrskosten gehen die Klagen über zu hohe dings, warum zwar jeder zweite Mann, aber nur
Lebenshaltungskosten mit zunehmendem Alter jede dritte Frau über zu hohe Kosten für Krank-
überall deutlich zurück. Einesteils mag das an heit klagt.
reduzierten Ansprüchen und entsprechend ge-
ringeren Aufwendungen liegen. Andernteils ist
gerade diese Ursache bei den Kosten für Krank- 5
Lesehilfe für diese und alle folgenden Tabellen: 55,4 Pro-
heit und Pflege unwahrscheinlich, weil hier der zent von 744 Befragten im Alter zwischen 50 und 64
Jahren nennen ihre Pflegekosten „zu hoch“.
Bedarf im höheren Alter gewiss steigt. Also wird 6
Zu bedenken ist freilich auch, dass viele Menschen dieser
der Grund eher darin zu suchen sein, dass die Altersgruppe im Osten Deutschlands mit unterbroche-
nen Erwerbsbiographien oder Langzeitarbeitslosigkeit
noch Berufstätigen wirklich stärker belastet konfrontiert waren oder noch sind.

Aktuelle Lebensumstände, eigene Tätigkeitensperspektiven und Wünsche für das Alter | 15


Ein weiterer markanter Befund der Tabelle 5 konkreten Lebensumständen. Das aber wird sich
läuft darauf hinaus, dass Altersarmut noch kein aufgrund von sinkenden Ruhestandseinkommen
wirkliches Problem zu sein scheint. Nur wenige sicher ändern, worunter vor allem Frauen zu lei-
Befragte äußern sich diesbezüglich hinsichtlich den haben werden (Zeman/Tesch-Römer 2009:
existentiell unverzichtbarer Dinge wie Nah- 411, Ferring u.a. 2004: 24). Insofern dürfte es
rung und Wohnung. Auch die gesellschaftliche sich bei der höheren finanziellen Belastung der
Teilhabe an Kunst und Kultur ist für die aller- Jüngeren nicht nur um einen Lebenszyklusef-
meisten erschwinglich. Gutes Leben im Alter fekt handeln, sondern auch um einen Faktor, der
scheint derzeit also nicht in erster Linie von zu das Risiko zukünftiger Altersarmut erhöht.7
wenig Geld bedroht zu sein, sondern von den

Tabelle 6: Wo sind welche Lebenshaltungskosten für wieviel Prozent der Befragten zu hoch?

bis 4.999 Einwohner 5.000–19.999 Ew. 20.000–99.999 Ew.

Pflege 43,9 49,1 47,9

Krankheit 36,2 38,6 38,0

Verkehr 21,6 23,4 23,1

Wohnen 16,1 25,3 24,7

Kunst und Kultur 14,8 23,3 20,9

Lebensmittel 10,5 10,6 9,7

n= 1258 986 555

(Antworten auf der Grundlage von Mehrfachnennungen.)

In kleineren Orten sind die Wohnkosten aus- Senioren dürften dort den auf dem Land ohne-
weislich der Tabelle 6 leichter zu tragen. In hin ausgedünnten ÖPNV seltener nutzen und
geringerem Umfang gilt das auch für die Pfle- sich folgerichtig auch weniger über zu hohe
gekosten. Grund scheint nach Aussage jener Kosten für den Verkehr zu beklagen haben.
Befunde, die bei den Tabellen 9 sowie 15 bis 17
berichtet werden, vor allem zu sein, dass in klei-
neren Orten Familie und Freunde eine größere
Rolle als anderswo spielen. Familienangehörige
oder Freunde nehmen denn wohl auch in den
kleineren Orten alte Leute öfter im Auto mit,

7
Siehe zu alldem auch Motel-Klingebiel (2006) sowie Ze-
wie unten noch die Tabelle 8 nahelegen wird. man/Tesch-Römer (2009).

16 | Aktuelle Lebensumstände, eigene Tätigkeitensperspektiven und Wünsche für das Alter


Tabelle 7: Welche Möglichkeiten nutzen wieviel Prozent der Befragten für ihre Mobilität?

50–64 Jahre 65–79 Jahre 80 Jahre und älter

Auto / Taxi 75,8 66,2 56,2

zu Fuß 51,6 46,7 43,2

Bus und Bahn 33,7 34,7 33,3

Fahrrad 38,7 30,8 13,6

n= 744 1516 646

(Antworten auf der Grundlage von Mehrfachnennungen.)

Normale Lebensführung und soziale Teilha- vs. 67%). Kurze Distanzen legen sogar viele
be hängen ganz offensichtlich auch stark von sehr Alte auch noch zu Fuß zurück. Das Fahr-
den eigenen Mobilitätsmöglichkeiten ab (Kaiser rad kommt hingegen mit steigendem Alter mehr
2008). Wie es um die letzteren steht, zeigt die und mehr außer Gebrauch. Bus und Bahn wer-
Tabelle 7. Sie stellt zusammen, welche Anteile den – stabil über alle verglichenen Lebensalter
der Befragten welche Angaben zu ihren Mobi- – von einem Drittel der Befragten verwendet,
litätsmöglichkeiten gemacht haben. Eindeutig während bei allen anderen Mobilitätsmöglich-
das wichtigste Verkehrsmittel ist auch im ho- keiten deren Gebrauch mit zunehmendem Alter
hen Alter noch das Auto bzw. das Taxi, und zwar abnimmt. Darin spiegelt sich zweifellos, dass der
für Männer deutlich mehr als für Frauen (81% Lebenskreis schrumpft.

Aktuelle Lebensumstände, eigene Tätigkeitensperspektiven und Wünsche für das Alter | 17


Tabelle 8: Welche Möglichkeiten nutzen wieviel Prozent der Befragten wo für ihre Mobilität?

bis 4.999 Einwohner 5.000–19.999 Ew. 20.000–99.999 Ew.

Auto / Taxi 70,4 65,9 56,6

zu Fuß 39,3 50,4 62,9

Bus und Bahn 29,6 33,9 48,1

Fahrrad 30,6 29,9 25,4

n= 1258 986 555

(Antworten auf der Grundlage von Mehrfachnennungen.)

Wie weit dieser Lebenskreis aus objektiven standardisierten Befragungen gezeigt, dass be-
Gründen schrumpft, hängt deutlich von der sonders in ländlichen Regionen die Vorausset-
Wohnortgröße und der für sie typischen Infra- zungen für eine zufriedenstellende Mobilität im
struktur ab. Das belegt die Tabelle 8. Klar tritt Alter oft fehlen. Gerade dort müssen nämlich
hervor, dass gerade in kleinen Orten – und so- die meisten Wege mit dem Auto erledigt wer-
mit: auf dem Land – das Auto für die Mobilität den, was aber angesichts eines als immer ag-
älterer Menschen zentral bleibt. Je größer der gressiver und unsicherer empfundenen Straßen-
Ort ist, umso wichtiger werden hingegen Bus verkehrs als belastend empfunden wird. Die dort
und Bahn. Darin zeigt sich einesteils die bessere Befragten wünschten sich neben Geschwindig-
Möglichkeit, in Verdichtungsräumen ein prak- keitsbegrenzungen deshalb durchaus mehr In-
tisch nutzbares Netz öffentlicher Verkehrsmit- vestitionen in das Ermöglichen kleinräumiger,
tel aufrechtzuerhalten. Und andernteils erweist fußläufiger oder durch das Fahrrad erschlosse-
sich das Wechselverhältnis zwischen Individu- ner Mobilität – etwa in Form von verkehrsmä-
al- und Kollektivmobilität als klärungsbedürf- ßig sicheren Fahrrad- und Fußwegen in gutem
tig: Entweder ersetzt das Auto auf dem Land Zustand,8 einem ästhetisch ansprechenden und
einen Großteil des ÖPNV – oder lässt ihn aus als sicher empfundenen öffentlichen Raum so-
Bequemlichkeitsgründen eben gar nicht erst in wie von Läden und ÖPNV in der Nähe.9 Über-
seiner heutigen Organisationsform aufkommen. haupt weist Kaiser (2008: 95f) darauf hin, dass
Deutlich wird ferner, dass Verdichtungsräume, derzeit eine in Mobilitätsfragen anspruchsvolle
wie sie in größeren Siedlungen vorliegen, es
eher erlauben, nötige Erledigungen fußläufig zu 8
Der Wunsch nach sicheren Rad- und Fußwegen sowie
einem gut ausgebauten ÖPNV zeigte sich denn auch im-
erledigen. mer wieder in den Gesprächen an den „Runden Tischen“
Im Anschluss an diese Befunde sind die Ergeb- (siehe hierzu S. 26).
9
Auch die im siebenten Altersbericht der Bundesregie-
nisse einer großen europäischen Studie zur Mo- rung referierten Befunde korrespondieren mit diesen
bilität im Alter höchst instruktiv (Kaiser 2008). Einsichten zu den Wünschen im Zusammenhang mit
Dienstleistungsinfrastruktur und öffentlichen Verkehr-
Dort hat sich in Fokusgruppengesprächen und sangeboten (BMFSFJ 2016a, b).

18 | Aktuelle Lebensumstände, eigene Tätigkeitensperspektiven und Wünsche für das Alter


Altengeneration heranreift, die wohnortnahe, Angehörige und Freunde weg, teils baut man
fußläufig erreichbare Angebote sowie Fahr- und mit – womöglich neuen – Nachbarn oder Zu-
Lieferdienstleistungen stärker nachfragen wird. gezogenen kein enges Verhältnis mehr auf; und
Die von ihm befragten älteren Menschen sahen enge Beziehungen sind nun einmal meist auch
es ferner als eine genuine Aufgabe der Politik dauerhafte Beziehungen. Außerdem dürften
an, für die Aufrechterhaltung der Mobilität im Netzwerkgröße und Kontakthäufigkeit bei alten
Alter zu sorgen. Menschen auch deshalb abnehmen, weil sie ihre
Wer gehört, abhängig vom Lebensalter, zum Kontakte stärker als Jüngere am unmittelbaren
gewünschten Lebenskreis? Das zeigt die Tabel- emotionalen Nutzen orientieren (vgl. Wahl/Heyl
le 9. Sie gibt wieder, welche sozialen Kontakte 2015: 175ff). Am stabilsten bleibt der Kontakt
welche Anteile der Befragten bevorzugen. Klar mit den Mitgliedern der Kirchengemeinde. Doch
bekundet auch diese Tabelle das Schrumpfen des einer solchen gehört nun einmal bloß eine Min-
Lebenskreises mit steigendem Alter. Teils sterben derheit der sächsischen Bevölkerung an.

Tabelle 9: Welche sozialen Kontakte bevorzugen wieviel Prozent der Befragten?

80 Jahre und
50–64 Jahre 65–79 Jahre
älter

Familie 93,3 91,2 86,2

Freunde 82,8 67,9 53,6

Nachbarn 53,8 46,4 41,3

Mitglieder der Kirchengemeinde 22,6 20,3 23,2

neue Leute in der Gemeinde 7,8 3,9 2,6

n= 744 1516 646

(Antworten auf der Grundlage von Mehrfachnennungen.)

Aktuelle Lebensumstände, eigene Tätigkeitensperspektiven und Wünsche für das Alter | 19


Ansonsten zeigt sich die überragende Rolle der 3. Eigene Tätigkeitsperspektiven im Alter
Familie für die soziale Einbettung eines Men- „Aktives Altern“ ist eine wichtige Leitlinie bei der
schen, und zwar gerade im Alter, wenn enge Kon- Gestaltung des Alters (Moulaert/Biggs 2012).
takte zu Freunden und Nachbarn seltener werden. Aus mehreren Gründen wird diese Leitlinie auch
Auch das spiegelt den Kenntnisstand der Al- von WHO, OECD, UN, EU und Bundesregierung
tersforschung wider: Im Alter pflegen Menschen politisch gewollt. Zum einen ermöglichen Tä-
wenige enge Beziehungen, und zwar vornehmlich tigkeiten im Alter den Aufbau und die Pflege
zu nahen Familienmitgliedern und langjährigen von sozialen Beziehungen und erschließen so
Freunden (Antonucci 2001, Tesch-Römer 2010). Potentiale für Anerkennung, Unterstützung so-
Die wichtigsten Bezugspersonen sind dabei die wie körperliche und geistige Fitness (Zeman/
engsten Familienmitglieder: Eltern, Partner, Kin- Tesch-Römer 2009: 416). Zum anderen besteht
der und Geschwister. Und obwohl in den letzten aufgrund der demographischen Entwicklung
Jahrzehnten immer wieder ein Bedeutungsverlust auch eine zunehmende gesellschaftliche Nach-
der „Kernfamilie“ beschrieben wurde, bleibt sie frage nach im Alter noch bürgerschaftlich En-
doch der zentrale soziale Bezugspunkt, und zwar gagierten. Insofern überrascht es nicht, dass
gerade auch für Menschen im Alter (Tesch-Rö- das BMFSFJ (2008) Altersaktivität nicht als
mer u.a. 2008: 109).10 Möglichkeit definiert, sondern als unabdingba-
Während aus den Tabellen 9 und 15 hervorgeht, re Zielperspektive (van Dyk 2015: 44). Solche
dass die Familie für ältere Menschen überhaupt Tätigkeit wird in vielen Fällen wohl beiläufig
eine wichtige Rolle spielt, haben Freunde in den im sozialen Nahraum ausgeübt werden (vgl.
größeren Orten einen vergleichsweise höhe- Munsch 2005). Größere Verpflichtungen zu re-
ren Stellenwert. Kontakte mit ihnen bevorzu- gelmäßiger Aktivität geht aber ein, wer sich den
gen nämlich in Orten unter 5.000 Einwohnern Aufwand für ein Ehrenamt auch entschädigen
63,7%, in mittleren Orten jedoch nicht weniger lässt. Obendrein ergeben sich auf diese Weise
als 69,8%, in großen Orten ab 20.000 Einwoh- – zukünftig immer wichtiger werdende – Zuver-
nern sogar 77,7% der Befragten. Womöglich dienstmöglichkeiten für Rentner.
geht dies darauf zurück, dass kürzere – und dank Die Tabelle 10 stellt zusammen, welches Ehren-
öffentlicher Verkehrsmittel: auch leichter zu amt die Befragten gegen eine Aufwandsent-
bewältigende – Wege es in Städten selbst alten schädigung noch im Alter übernehmen würden.
Leuten ermöglichen, über Familienbande hin- Auf diese Weise zeigt sie auch Potentiale für ein
aus auch Freundschaften zu pflegen. Es könnte beiderseits gutes Leben im Alter auf: einesteils
zudem – oder andererseits – aber auch so sein, für jene, die in ehrenamtlicher Tätigkeit an Le-
dass Menschen mit geringem sozioökonomi- bensqualität gewinnen wollen, und andernteils
schen Status (also: Bildung, Einkommen, Besitz für jene, die von der gesellschaftlichen Aktivität
usw.) über kleinere und stärker familiär geprägte auch Älterer profitieren können.
soziale Netzwerke verfügen, während ein hoher
sozioökonomischer Status mit ausgedehnteren
Freundesnetzwerken einhergeht (Antonucci
Eine kondensierte Übersicht über den Forschungsstand
10
2001) und in größeren Orten eben mehr Alte mit zu sozialen Beziehungen im Alter findet sich bei Wahl/
höherem sozioökonomischem Status leben. Heyl (2015: 176f).

20 | Aktuelle Lebensumstände, eigene Tätigkeitensperspektiven und Wünsche für das Alter


Tabelle 10: Welche ehrenamtlichen Tätigkeiten würde wieviel Prozent der Befragten gegen
eine Aufwandsentschädigung übernehmen?

80 Jahre und
50–64 Jahre 65–79 Jahre
älter

Nachbarschaftshelfer /
59,1 43,9 21,5
-betreuer bei leichter Pflege

Alltagsbegleiter für Betagte 36,7 16,0 6,3

Kulturtrainer für Zuwanderer 8,9 3,2 1,7

Berater für Existenzgründer 3,8 2,0 1,2

n= 744 1516 646

(Antworten auf der Grundlage von Mehrfachnennungen.)

Auch in dieser Tabelle wird das altersentspre- niorenalter in Erwägung gezogenen Tätigkeiten.
chende „Schrumpfen der Lebenskreise“ sicht- Sobald freilich der Bereich intuitiv plausibler
bar. Dieses Schwinden hat anscheinend mehr Sozialtätigkeit überschritten wird, sinkt offenbar
mit nachlassenden Kräften als mit abnehmen- die Bereitschaft zu ehrenamtlicher Tätigkeit. Als
dem guten Willen zu tun, denn sogar Hilfs- und Kulturtrainer für Zuwanderer zu arbeiten, dürfte
Pflegeaufgaben in der Nachbarschaft will noch darüber hinaus ohnehin nicht über alle sozialen
ein gutes Fünftel der „sehr Alten“ übernehmen. Milieus hinweg in gleicher Weise als Möglichkeit
Neben Nachbarschaftshilfe gehört auch die All- eigenen Tätigwerdens angesehen werden. Und
tagsbegleitung von Betagten zu den bis ins Se- Beratungstätigkeit bei Existenzgründungen setzt

Aktuelle Lebensumstände, eigene Tätigkeitensperspektiven und Wünsche für das Alter | 21


eigene Erfahrungen auf diesem Gebiet voraus, in solcher Bereitschaft sich ausdrückende so-
welche die allermeisten Leute nicht mitbringen. ziale Zusammenhalt stärker ist als in größeren
Nachvollziehbarerweise gibt es hier dann auch Orten. Wo nämlich die Einwohnerzahl unter
einen der wenigen Geschlechterunterschiede: Ein 5000 liegt, können sich 45,2% der Befragten
Zehntel der befragten Männer, doch nur ein Hun- ein Engagement als Nachbarschaftshelfer oder
dertstel der Frauen kann sich solche Beratungs- nachbarschaftlicher Betreuer bei leichter Pfle-
tätigkeit bei Existenzgründungen vorstellen. ge vorstellen; in Orten bis zu 19.999 Einwoh-
Auch die sich hier zeigende grundsätzlich hohe nern sind das dann noch 42,9%, in Städten ab
Bereitschaft für bürgerschaftliches Engage- 20.000 Einwohnern hingegen nur noch 37,5%.
ment entspricht dem Kenntnisstand der Al- Vom guten Willen von Senioren angesichts er-
tersforschung. Nach ihm ist davon auszugehen, kennbarer Herausforderungen zeugt im Übrigen
dass ein Drittel der Menschen im Alter von 55 der folgende Befund: In kleinen Orten können
bis 74 sowie ein Fünftel der noch Älteren sich sich nur 3,7% eine mögliche Tätigkeit als „Kul-
zivilgesellschaftlich engagieren (BZgA 2011, turtrainer für Zuwanderer“ vorstellen, während
2013). Wichtig ist aber, ob die mit dem Alter das in mittleren Orten 4,8%, in größeren Orten
abnehmende Bereitschaft zur ehrenamtlichen gar 5,4% sind. Anscheinend steht hinter diesem
Tätigkeit ein Lebenszykluseffekt oder ein Ko- schwachen Zusammenhang die stärkere Präsenz
horteneffekt ist. Sicherlich wird die Motivation von Zuwanderern in größeren Orten, was dann
der jetzt „jungen Alten“, sich ehrenamtlich zu auch konkrete Hilfsbereitschaft auslöst.
engagieren, später angesichts nachlassender Unterm Strich kann sich der Staat vor allem
Kräfte ebenfalls schrumpfen („Lebenszyklus- dort auf die Mitwirkungsbereitschaft von Alten
effekt“). Andererseits sind handlungsleitende gut verlassen, wo es um Hilfe in der Nachbar-
Vorstellungen vom richtigen Verhalten im Alter schaft geht. Also sollte er dafür auch erleich-
durchaus gesellschaftlichem Wandel unterwor- ternde Voraussetzungen schaffen. Bisher liegen
fen (Wahl/Heyl 2015: 19). Die grundlegende hier ungenutzte Potentiale brach: Es hat sich
Neuverhandlung der Ausgestaltung des Alters, gezeigt, dass sich bisher nur wenig bürger-
die Erosion der einst institutionalisierten Ab- schaftliche Aktivität überhaupt explizit auf das
läufe samt der Erwerbsentpflichtung sowie die eigene Wohnumfeld richtet, obwohl – in Über-
schleichende moralische Delegitimierung des einstimmung mit den hier präsentierten Befun-
„wohlverdienten Ruhestands“ zugunsten ei- den – gerade informelle Nachbarschaftshilfe als
nes „aktiven Alterns“ beeinflussen schon jetzt wichtig empfunden wird (Beetz/Wolter 2015).
Vorstellungen von einem gelingenden Leben im Dies gilt umso mehr für Ostdeutschland, wo
Alter – und werden es wohl auch weiterhin tun „Hausgemeinschaften“ und „Genossenschaf-
(van Dyk 2015). Es ist deshalb durchaus nicht ten“ lange Zeit wichtige Elemente des sozialen
ausgeschlossen, dass die jetzt noch „jungen Al- Lebens waren (Beetz 2012).
ten“ auch später mehr Bereitschaft zu ehren- Um diese Potentiale zielgerichtet abrufen zu kön-
amtlicher Tätigkeit zeigen werden als die jetzt nen, wäre es nützlich, fünf zentrale Forderungen
„sehr Alten“ („Kohorteneffekt“). aus einer Studie zur Teilhabe benachteiligter äl-
In den Daten findet sich auch ein Zusammen- terer Menschen zur Kenntnis zu nehmen (Strube
hang dahingehend, dass in kleineren Orten der u.a. 2015: 196ff.). Erstens lässt sich Bereitschaft

22 | Aktuelle Lebensumstände, eigene Tätigkeitensperspektiven und Wünsche für das Alter


zum bürgerschaftlichen Engagement im Alter um eine Gruppe handelt, die lebenszyklisch der
zwar auch kurzfristig induzieren; nachhalti- besonderen Fürsorge des Sozialstaates bedarf,
ger und effektvoller ist es aber, wenn schon in weshalb ihre Bereitschaft zum Ehrenamt zwar als
jüngeren Jahren positive Erfahrungen mit der Unterstützung bei der Bewältigung unumgehba-
Übernahme eines Ehrenamts gemacht werden rer Herausforderungen anzusehen ist, sie aber
konnten. Zweitens organisiert sich die von der nicht wie eine „selbstorganisierte Lösung“ der
Politik gewünschte Selbstorganisation der Ge- anstehenden Probleme verzweckt werden darf
sellschaft eben nicht selbst. Es braucht schon (vgl. van Dyk 2015). Und insgesamt wird es für
eine langfristige Begleitung und Stabilisierung die Aktivierung bürgerschaftlichen Engagements
durch professionelle soziale Arbeit, wenn durch- von alten Menschen förderlich sein, das Altern
aus gegebene Bereitschaft auch in tatsächliches als ein kollektives Thema zu behandeln, nicht
Engagement überführt werden soll. Drittens ori- aber als eines, für das rein individuelle Umgangs-
entiert sich alltagsbezogener Bürgersinn nicht weisen zu suchen wären.
an den Organisationseinheiten von Politik und
Verwaltung, was diesen einige Flexibilität ab- 4. Wünsche für das Alter
verlangen wird. Viertens braucht soziale Begeg- Angehörige welcher Altersgruppen möchte man
nung geeignete Räume. Zumal Begegnungs- und im Alter um sich haben? Die Antworten finden
Stadtteilzentren können zu identitätsstiftenden sich in der Tabelle 11. Die meisten Befragten ha-
Kristallisationspunkten der Zivilgesellschaft wer- ben am liebsten Angehörige aller Altersgruppen
den, wenn durch Moderation und Begleitung auf um sich. Allerdings wird das mit zunehmendem
eine möglichst diverse und wenig sozial selek- Alter sowie bei schrumpfendem Lebenskreis im-
tierende Nutzung hingewirkt wird. Und fünftens mer weniger realistisch. Eben das scheint sich
läuft all dies auf viel Subsidiarität hinaus, wes- in den Zahlen niederzuschlagen. Kinder wünscht
halb der kommunalen Ebene auch günstige Rah- man sich mit zunehmendem Alter immer öfter
menbedingungen geschaffen und (finanzielle) um sich, wohinter wohl nicht nur die Freude an
Handlungsspielräume eröffnet werden müssen. Enkeln oder gar Urenkeln stehen dürfte, sondern
Beigefügt sei diesem Forderungskatalog noch wohl auch Freude über den Besuch der eigenen
der Hinweis, dass es sich bei alten Menschen – und nunmehr erwachsenen – Kinder.

Tabelle 11: Welche Altersgruppen wünschen wieviel Prozent der Befragten um sich?

50–64 Jahre 65–79 Jahre 80 Jahre und älter

alle Altersgruppen 80,5 62,0 48,8

Kinder 19,9 32,7 41,6

die eigene Altersgruppe 18,4 27,1 24,9

n= 744 1516 646

(Antworten auf der Grundlage von Mehrfachnennungen.)

Aktuelle Lebensumstände, eigene Tätigkeitensperspektiven und Wünsche für das Alter | 23


Unter den befragten Frauen äußern den Wunsch Mit solchen ist man aufgrund der jeweiligen
nach Kindern um sich im Übrigen 39%, unter Lebenslagen wohl ohnehin öfters beisammen,
den Männern 29%, was einer näheren Erklä- ohne dass sie freilich den gesamten Umfang des
rung bedarf. Viel weniger Veränderungen gibt noch verfügbaren Lebenskreises ausfüllen.
es im Lebensverlauf hingegen beim Wunsch
nach der Gesellschaft von etwa Gleichaltrigen.

Tabelle 12: Wieviel Prozent der Befragten wünschen wo welche Altersgruppen um sich?

bis 4.999 Einwohner 5.000–19.999 Ew. 20.000–99.999 Ew.

alle Altersgruppen 60,2 67,1 67,7

Kinder 34,7 28,7 27,7

die eigene Altersgruppe 23,0 23,4 27,4

n= 1258 986 555

(Antworten auf der Grundlage von Mehrfachnennungen.)

Die Tabelle 12 zeigt klar, dass die Befragten in Kinder gibt, also noch „Familie in der zweiten
kleinen Wohnorten lieber (ihre) Kinder um sich und dritten Generation“ verfügbar ist, während
haben wollen als Befragte in größeren Wohn- in den größeren Städten die Alten eher mit ih-
orten, während ihr Wunsch nach „allen Alters- resgleichen zu tun haben? Auch das ist noch
gruppen“ deutlich geringer ist. Liegt das wohl klärungsbedürftig.
daran, dass es auf dem Land womöglich mehr

Tabelle 13: Wo möchten wieviel Prozent der Befragten im Alter leben?

50–64 Jahre 65–79 Jahre 80 Jahre und älter

zu Hause 82,0 83,5 86,1

im betreuten Wohnen 32,3 27,4 16,6

im Altersheim 5,4 6,5 7,6

n= 744 1516 646

(Antworten auf der Grundlage von Mehrfachnennungen.)

24 | Aktuelle Lebensumstände, eigene Tätigkeitensperspektiven und Wünsche für das Alter


Die Tabelle 13 macht ersichtlich, wo die Befrag- wohl kleinräumiger und stabiler sind, erklärt
ten im – noch höheren – Alter leben möchten. sich auch, warum dort das betreute Wohnen
Ganz offensichtlich wollen die allermeisten ge- eine besonders unattraktive Lebensperspektive
rade im Alter nicht aus ihrer vertrauten Umge- ist. Ohnehin wird das Wohnen in „institutionel-
bung gerissen werden. Dieser Wunsch nimmt len Einrichtungen“ häufig mit Einsamkeit und
mit steigendem Alter sogar zu. Umgekehrt Entmündigung assoziiert, wenngleich sich die
nimmt der Wunsch nach betreutem Wohnen Akzeptanz solcher Wohnformate erhöht (vgl.
deutlich ab, je näher der Zeitpunkt für dessen Thieme 2008: 254ff).
Notwendigkeit rückt. Ins Altersheim will wie-
derum nur ein sehr kleiner Teil der Befragten,
wobei sich die besonders Alten der Einsicht in
die Alternativlosigkeit einer Entscheidung fürs
Altersheim noch eher fügen als die jüngeren
Alten. Außerdem zeigt sich, dass in Orten mit
größerer Einwohnerzahl mehr Alte ein betreu-
tes Wohnen wünschen als in Orten mit mittlerer
und kleiner Einwohnerzahl (32,1% vs. 25,4%
vs. 24,6%). Auch dies alles entspricht dem
Forschungsstand: Der Wunsch, im vertrauten
Wohnumfeld bleiben zu können, wo auch die
eigenen sozialen Beziehungen liegen, dominiert
immer und überall (Dörner 2007), und weil sol-
che sozialen Beziehungen im ländlichen Raum

Aktuelle Lebensumstände, eigene Tätigkeitensperspektiven und Wünsche für das Alter | 25


Tabelle 14: Wo möchten wieviel Prozent der Befragten im Bedarfsfall gepflegt werden?

50–64 Jahre 65–79 Jahre 80 Jahre und älter

zu Hause 73,3 76,6 78,9

im betreuten Wohnen 37,1 30,4 19,3

im Pflegeheim 7,9 11,1 11,6

n= 744 1516 646

(Antworten auf der Grundlage von Mehrfachnennungen.)

Wo aber möchte man gepflegt werden, so- ihrer höheren Lebenserwartung mit höherer
bald man darauf angewiesen sein wird? Das Wahrscheinlichkeit als Männer im hohen Alter
findet sich in der Tabelle 14. Im Vergleich mit allein sein werden und nicht auf die häusliche
der vorangehenden Tabelle 13 erweist sich hier Pflege eines Partners zählen können.
wohl eine gewisse Einsicht, dass man im pfle- Im Übrigen wollen gerade in Orten mit gerin-
gebedürftigen Alter nicht mehr so leicht in ger Einwohnerzahl mehr Alte zu Hause gepflegt
der gewohnten und eigentlich gewünschten werden als in mittleren und größeren Orten
Umgebung bleiben kann. Bei allen Altersgrup- (80,0% vs. 71,9% vs. 75,0%). Noch deutlicher
pen zeigt sich nämlich ein geringeres Behar- ist der Zusammenhang bei der Pflege im be-
ren am Verbleib zu Hause sowie eine größere treuten Wohnen: In Orten mit geringer Einwoh-
Bereitschaft, zum betreuten Wohnen überzu- nerzahl wollen „betreutes Wohnen“ 26,3%, in
wechseln oder in ein Pflegeheim – statt in ein Orten mit mittlerer Einwohnerzahl aber 30,5%,
Altersheim – zu gehen. Doch ansonsten findet und in großen Orten sogar 36,2%. Auf diese
sich das gleiche Bild: Man will seine letzte Zeit Weise zeigt sich wohl einerseits, dass die Ver-
zu Hause verbringen, nur notfalls aber im be- fügbarkeit geeigneter Infrastruktur – ihrerseits
treuten Wohnen oder im Pflegeheim (vgl. auch wohl öfter in großen Orten vorzufinden – einen
BMFSFJ 2016b). Bloß unter denen, die bereits gewissen Einfluss darauf hat, wo man seinen
im Rentenalter sind, steigt die Bereitschaft an, Lebensabend als Pflegefall verbringen will. Doch
sozusagen schlimmstenfalls auch ins Pflege- auch hier kann es andererseits sein, dass die
heim zu gehen. Die Bereitschaft zum „betreuten dichtere soziale Einbettung in kleineren Orten
Wohnen“ hegen bei den befragten Frauen 36%, es dort attraktiver macht, sich auf ausreichende
bei den Männern nur 26%. Das mag einesteils – Pflege zu Hause zu verlassen. Dafür sprechen
wie der unter Frauen weiter als unter Männern die Befunde um die Tabellen 15 bis 17.
verbreitete Wunsch nach Kindern um sich – mit
geschlechtsspezifischen Gesellungsvorlieben zu
tun haben. Andernteils wird hinter diesen Zah-
len die Einsicht stehen, dass Frauen aufgrund

26 | Aktuelle Lebensumstände, eigene Tätigkeitensperspektiven und Wünsche für das Alter


Tabelle 15: Wen würden wie viele Prozent der Befragten in die Wohnung einlassen, um sich
helfen zu lassen?

50–64 Jahre 65–79 Jahre 80 Jahre und älter

nur Familienmitglieder 67,7 73,2 73,4

Freunde 67,3 53,5 42,6

Nachbarn 48,4 40,2 38,5

mir Fremde 22,8 12,3 11,5

n= 744 1516 646

(Antworten auf der Grundlage von Mehrfachnennungen.)

Natürlich werden gerade jene, die noch zu Hau- Staates, zu einem guten Leben im Alter beizu-
se wohnen, mit steigendem Alter Hilfe brau- tragen.
chen, um mit allem zurechtzukommen. Wen Allerdings könnte eine Stärkung lebendiger
aber würde man dafür in die Wohnung kommen Nachbarschaften und eine bessere Vernetzung
lassen? Das zeigt die Tabelle 15. Einmal mehr bürgerschaftlicher Strukturen (vgl. Krichel-
erweist sich die Familie als besonders wichtig. dorff 2015: 22) durchaus dazu beitragen, dass
Ab dem Rentenalter wird sie sogar zum mit Ab- die Akzeptanz von nachbarschaftlicher Hilfe in
stand vertrauenswürdigsten Helferkreis. 75% Zukunft ansteigt.11 Dafür spricht auch jener Zu-
der Frauen, doch nur 60% der Männer, würden sammenhang, der sich zwischen der Wohnort-
ohnehin allein Familienmitglieder zum Helfen größe und jenem sozialen Zusammenhalt findet,
in ihre Wohnung lassen. Der Freundeskreis, auf der im Alter nun einmal besonders wichtig wird.
den man sich verlassen mag, schrumpft zudem Je kleiner nämlich der Wohnort ist, umso häu-
mit zunehmendem Alter. In nicht ganz so gro- figer wollen die Befragten ausschließlich Fami-
ßem Umfang gilt das auch für Nachbarn, auf die lienmitglieder zu Hilfszwecken in ihre Wohnung
man freilich umso mehr bauen muss, je weniger lassen: 75,4% in kleinen Wohnorten, 69,1%
Freunde einem geblieben sind. Am wenigsten in mittleren Wohnorten, und 67,6% in größe-
mag man sich in seiner Wohnung von bislang ren Wohnorten. Freunde hingegen spielen eine
Fremden helfen lassen. Das gilt erst recht für die umso wichtigere Rolle, je größer der Wohnort
Zeit nach dem Eintritt ins Rentenalter, obwohl ist. In kleinen Wohnorten wollen nämlich 50,8%
man dann auf bislang unbekannte Personen viel der Befragten Freunde zum Helfen in ihre Woh-
mehr angewiesen sein wird. Stattdessen auch nung lassen, in mittleren Wohnorten schon
im Alter noch tragende Familienstrukturen zu
stärken, zeigt sich auf diese Weise einmal mehr
als eine besonders wichtige Möglichkeit des 11
Siehe hierzu S. 12ff und S. 27.

Aktuelle Lebensumstände, eigene Tätigkeitensperspektiven und Wünsche für das Alter | 27


55,8%, und in großen Wohnorten dann 60,9%. Bild: Alte Menschen möchten zu Hause bleiben,
Und etwas abgeschwächt zeigt sich das glei- also entweder dort selbst kochen oder – wohl falls
che Muster auch bei den Nachbarn: 41,2% vs. das nicht mehr möglich wäre – sich das Essen nach
42,2% vs. 44,5%. Es findet sich aber nicht bei Hause bringen lassen. Gemeinsames Kochen wird
zunächst Fremden, die zum Helfen in die Woh- mit zunehmendem Alter immer weniger attraktiv.
nung kommen könnten. Ebenfalls nur als Notbehelf kommt der Weg zur
Auch die Mahlzeiten zuzubereiten, kann im Al- Gemeinschaftsverpflegung in einer ortsansässigen
ter zu einem Problem werden. Es muss dennoch Kita oder Schule in Frage. Der Wunsch, zu Hause zu
täglich neu bewältigt werden. Welche Möglich- kochen, steigt übrigens – und in erklärungsbedürf-
keiten dafür von welchen Anteilen der Befragten tiger Weise – mit wachsender Wohnortgröße klar
gewünscht werden, zeigt die Tabelle 16. Sie stellt an: 77,1% der Befragten aus Orten über 20.000
die Antworten auf die Frage zusammen, wo oder wollen das, doch nur 73,1% bzw. 72,2% aus mitt-
wie man essen möchte. Erneut zeigt sich ein klares leren und kleinen Orten.

Tabelle 16: Wo oder wie möchten wie viele Prozent der Befragten essen?

50–64 Jahre 65–79 Jahre 80 J. u. älter

zu Hause selbst kochen 71,6 76,5 67,5

„Essen auf Rädern“ zu Hause 39,4 37,9 44,9

gemeinsames Kochen im betreuten Wohnen 25,7 12,7 5,3

gemeinsames Kochen in der Nachbarschaft 12,0 2,4 1,7

in der ortsansässigen Kita oder Schule 4,8 2,4 2,2

n= 744 1516 646

(Antworten auf der Grundlage von Mehrfachnennungen.)

28 | Aktuelle Lebensumstände, eigene Tätigkeitensperspektiven und Wünsche für das Alter


Weil mehr als drei Viertel der Befragten im Zwei- te palliative Versorgung. Dabei scheint die Angst
felsfall lieber zu Hause gepflegt werden wollen vor Schmerzen in jüngeren Jahren klar größer zu
(siehe die Tabelle 14), werden sie auch wünschen, sein als in fortgeschrittenem Alter. Ein Grund mag
zu Hause zu sterben. Welche Unterstützung aber sein, dass im Alter Schmerzen immer mehr zur
meinen sie zu benötigen, um in Würde sterben vertrauten Alltagserfahrung werden, mit der man
zu können? Das zeigt die Tabelle 17. Es wundert sich – auch unter Nutzung palliativer Möglichkei-
nicht, dass in einer weitgehend religionsfreien Ge- ten – dann zu arrangieren begonnen hat.
sellschaft seelsorgerischer Beistand nur von rund Die Wohnortgröße spielt nur beim Gedanken an
jenem Fünftel der Befragten für nötig erachtet die Notwendigkeit einer Haushaltshilfe eine er-
wird, das – ausweislich demoskopischer Befunde kennbare Rolle: Während in Orten mit geringer
– in Sachsen noch religiöse Bindungen hat. Hilfe Einwohnerzahl 31,6% der Befragten meinen, sie
im Haushalt ist da schon klar wichtiger, vor allem benötigten eine Haushaltshilfe für ein Sterben in
nach dem Eintritt ins Rentenalter. Und deutlich Würde, steigt dieser Anteil in Orten mit mittle-
noch wichtiger ist die Begleitung im Alltag durch rer und großer Einwohnerzahl auf jeweils 38,2%.
einen vertrauten Menschen, wobei dieses Ver- Anscheinend müssen dort vermehrt Zugehkräfte
langen nach dem Eintritt ins Rentenalter klar ab- dasjenige leisten, was in kleinen Wohnorten noch
nimmt. Am allerwichtigsten aber ist die ambulan- Familie und Freunde erbringen können.

Tabelle 17: Welche Unterstützung benötigen wie viele Prozent der Befragten für ein Sterben
in Würde?

50–64 Jahre 65–79 Jahre 80 J. u. älter

Schmerzlinderung (ambulante palliative


70,7 61,7 56,2
Versorgung)
Alltagsbegleitung durch einen vertrauten
62,8 48,0 46,4
Menschen

Haushaltshilfe 31,7 36,4 36,4

seelsorgerischer Beistand 27,4 18,1 20,0

n= 744 1516 646

(Antworten auf der Grundlage von Mehrfachnennungen.)

Aktuelle Lebensumstände, eigene Tätigkeitensperspektiven und Wünsche für das Alter | 29


V. Landkreisspezifische Muster

Für konkrete staatliche Planungen wäre es hilf- ❚❚ Bevorzugte soziale Kontakte: Freunde;
reich, landkreisspezifische Muster erkennen zu Nachbarn; Mitglieder der Kirchgemeinde;
können. Um sie ausfindig zu machen, wurde – als neue Leute in der Gemeinde
statistisch-pragmatischer Suchalgorithmus – eine
einfaktorielle Varianzanalyse mit der Landkreiszu- Dass diese Auflistung einen großen Teil der
gehörigkeit der Befragten als prägendem Faktor überhaupt abgefragten Sachverhalte enthält,
durchgeführt.12 Dabei wurde auch abgesichert, spricht dafür, dass hinter den oben berichteten
dass die sich in diesen Analysen zeigenden Zu- Befundmustern eine große landkreistypische
sammenhänge nicht eigentlich von den jeweiligen Verschiedenartigkeit der konkreten Lebenslagen
Ortsgrößen herrühren.13 Die Zusammenstellung 1 liegt. Doch auch hinter dieser Verschiedenheit
gibt Aufschluss darüber, zu welchen abgefragten lassen sich einige Muster erkennen. Dazu muss
Themen sich landkreisspezifische Muster zeigten. zunächst einmal ausfindig gemacht werden, bei
welchen Merkmalen sich Sachsens Landkreise
Zusammenstellung 1: Bei welchen Themen besonders stark unterscheiden. Anschließend
gibt es landkreistypische Effekte? sind jene Landkreise vergleichend in den Blick
❚❚ Will im Alter zu Hause leben zu nehmen, welche besonders oft oder markant
❚❚ Möchte im Alter zu Hause gepflegt werden herausstechen. Das alles ist möglich anhand der
❚❚ Möchte im Alter in Pflegeheim gepflegt werden Tabelle 18. Sie zeigt die Abweichungen der Pro-
❚❚ Würde zur Pflege in die Wohnung lassen: nur zentanteile jener Befragten in jenen Landkreisen,
Familienmitglieder; Fremde die vom Mittelwert aller Befragten ab einem Al-
❚❚ Braucht für würdevolles Sterben: Schmerz- ter von 50 Jahren um mindestens zwei Prozent-
linderung; seelsorgerischen Beistand punkte nach oben bzw. unten abweichen.
❚❚ Nutzt für Mobilität: Bus/Bahn; Auto/Taxi;
Fahrrad; zu Fuß
12
Das entsprechende Befundmuster wurde ab einem
❚❚ Lebenshaltungskosten sind zu hoch für: Woh- (Pseudo-) „Signifikanzniveau“ kleiner oder gleich p=.05
nen; Verkehr; Kunst und Kultur; Krankheit dokumentiert. Inhaltlich sinnvolle Signifikanzanalysen
waren nicht zweckmäßig, weil die Daten nicht als Zu-
❚❚ Welches Ehrenamt würde man überneh- fallsstichprobe erhoben wurden.
men?: Nachbarschaftshelfer bei leichter
13
Um das auszuschließen, wurden zwei weitere Varian-
zanalysen der gleichen Art durchgeführt, allerdings ein-
Pflege; Kulturtrainer für Zuwanderer mal mit der trichotomisierten Ortsgrößenklasse als Ko-
variate, andernteils – zur Kontrolle – mit den originalen
❚❚ Wo will man essen?: Essen auf Rädern zu Einwohnerzahlen als Kovariate. Die Befunde waren aber
Hause; gemeinsames Kochen im betreuten dieselben, mit einer einzigen Ausnahme dahingehend,
dass sich bei Berücksichtigung der originalen Einwoh-
Wohnen; zu Hause selbst kochen nerzahlen noch ein weiterer Landkreiseffekt zeigte.

30 | Landesspezifische Muster
Tabelle 18: Welche landkreistypischen Effekte gibt es?

Berichtenswerte Abweichung im Landkreis…

Zustimmung unter allen Befragten

Sächs. Schweiz Osterzgebirge


ab 50 Jahren in %

Erzgebirgskreis

Mittelsachsen

Vogtlandkreis
Nordsachsen
Merkmal

Zwickau
Bautzen

Meißen
Leipzig
Görlitz
Möchte im Alter zu
84 -4 -5 +4 +3 -5 +2 +3
Hause leben

Möchte im Alter zu
76 -7 -4 +6 +4 +5 +2
Hause gepflegt werden

Möchte im Alter im Pfle-


10 -2 +8 +8 -3 -3 -4
geheim gepflegt werden

Würde nur Familienmit-


glieder zur Pflege in die 72 -5 -4 +6 -7 +5
Wohnung lassen

Würde Fremde zur Pflege


15 +5 -5 -3 +6 +2 -5
in die Wohnung lassen

Braucht für würdevolles


63 -3 -5 -5 +2 +14 +2
Sterben Schmerzlinderung

Braucht für würdevolles


Sterben seelsorgeri- 21 +5 -4 -3 -2 -11 -2 +7 +15
schen Beistand

Nutzt Bus und Bahn für


34 +4 -4 +2 -7 -4 +10 +7
Mobilität

Nutzt Auto und Taxi für


66 +6 +2 -11 -5 +7 -2 +4 +5
Mobilität

Landesspezifische Muster | 31
Nutzt Fahrrad für
29 +8 -17 +9 +14 +8 -11 +8 -5 -21 -7
Mobilität

Ist zu Fuß mobil 47 -3 +4 +8 -13 +8 +5 +2

Lebenshaltungskosten
21 -2 +3 +2 -3 -7 -3 +9 +2 +4
für Wohnen zu hoch

Lebenshaltungskosten
22 +4 -7 +2 +5 +13 +3 -5
für Verkehr zu hoch

Lebenshaltungskosten für
19 +2 -3 -3 +3 -6 -4 +13 +6 +4
Kunst und Kultur zu hoch

Lebenshaltungskosten
37 +3 -8 +3 +2 -4 +13 -2
für Krankheit zu hoch

Ehrenamt: Nachbarschafts-
43 +8 -6 +2 +4 +4 -4 -10 -9
helfer bei leichter Pflege

Ehrenamt: Kulturtrainer
4 +11
für Zuwanderer

Essen auf Rädern 40 -9 -3 +8 +3 -6 -2 +7

Essen: Gemeinsames Ko-


14 +2 +2 +6 -2 +2 -5 -4 -5
chen im betreuten Wohnen

Essen: zu Hause selbst


73 +2 +3 -3 +8 -9 +4 +4 +3
kochen

Bevorzugte soziale
69 -3 +6 -3 -4 -4 +4 +5 +2
Kontakte: Freunde

Bevorzugte soziale
47 -4 +8 -5 +3 -8 +3 +2
Kontakte: Nachbarn

Bevorzugte soziale Kontakte:


22 +2 -8 +3 -10 -4 +11
Mitglieder der Kirchgemeinde

Bevorzugte soziale Kontakte:


5 +3 +2 -3 +3 -2
Neue Leute in der Gemeinde

32 | Landesspezifische Muster
Unter den Antwortmöglichkeiten mit berichtenswer- deren Bild in der Zusammenstellung 3 zwar an-
ten Abweichungen gibt es die wenigsten Unterschie- hand der – nachstehend zum Teil noch einmal
de zwischen Sachsens Landkreisen beim Wunsch, ausgewiesenen – Befunde der Tabelle 18. Eine
sich im Alter als Kulturtrainer für Zuwanderer zu en- Erklärung aber ist nicht ohne detaillierte Regio-
gagieren (in einem von zehn Landkreisen). Die meis- nalkenntnisse leistbar. Erst auf deren Grundlage
ten Unterschiede finden sich hingegen … lassen sich dann Schlussfolgerungen hinsicht-
❚❚ bei der Nutzung des Fahrrades als Mobili- lich wünschenswerter politischer Maßnahmen
tätsmittel (10 von 10), ziehen. Angesichts der teils ziemlich geringen
❚❚ bei der Klage über zu hohe Lebenshaltungs- landkreisspezifischen Abweichungen vom Mit-
kosten für das Wohnen sowie für Kunst und telwert aller Befragten sollten solche Schlüsse
Kultur (jeweils 9 von 10 Landkreisen), zwar vorsichtig gezogen werden. Doch es dürfte
❚❚ beim Wunsch nach seelsorgerischem Bei- sich lohnen, den Ursachen – zumal der stärkeren
stand (8 von 10), – Abweichungen nachzugehen.
❚❚ bei der Bereitschaft, sich im Alter als Nach-
barschaftshelfer bei leichter Pflege zu enga- Zusammenstellung 3: Landkreisspezifische Muster
gieren (8 von 10 Landkreisen), 1. Im Alter zu Hause leben bzw. dort ge-
❚❚ bei der Verwendung auf Auto und Taxi als pflegt werden, gewünscht von 84% bzw.
Mobilitätsmittel (8 von 10), 76% aller Befragten, möchte man unter-
❚❚ beim Wunsch nach gemeinsamem Kochen durchschnittlich oft in den Landkreisen
im betreuten Wohnen bzw. danach, zu Hause Leipzig (-4/-7) und Meißen (-5/-4). Über-
selbst zu kochen (jeweils 8 von 10 Landkreisen), durchschnittlich oft wünscht man sich
❚❚ bei Freunden als bevorzugten sozialen Kon- beides in den Landkreisen Mittelsachsen
takten im Alter (8 von 10 Landkreisen). (+4/+6), Nordsachsen (+3/+4), Zwickau
Dort, wo es sehr viele Unterschiede zwischen (+3/+2) sowie im Vogtlandkreis (+2/+5).
den sächsischen Landkreisen gibt, zeigen sich 2. Die Bereitschaft, im Alter in ein Pflege-
auch besonders große Unterschiede. Bisweilen heim zu gehen, ist in den Landkreisen Mei-
sind sie so groß, dass die statistischen Mittel- ßen und Mittelsachsen fast doppelt so groß
werte Wichtiges eher verdecken als zeigen. Also wie im Gesamtdurchschnitt (nämlich 18%
muss man schon auf die einzelnen Landkreise statt 10%), unterdurchschnittlich hingegen
und deren Besonderheiten blicken. Besonders zumal in Nordsachsen und dem Vogtland-
selten wird der Landkreis Bautzen mit 8 Ab- kreis (-3) sowie im Landkreis Zwickau (-4).
weichungen auffällig. Sehr häufig, nämlich 3. Die von 15% aller Befragten artikulierte
in 21 Fällen, weichen hingegen die Landkreise Bereitschaft, sich zu Hause auch von
Zwickau und der Vogtlandkreis vom Durch- Fremden pflegen zu lassen (wenn denn
schnitt ab, gefolgt von Mittelsachsen (20), Mei- nicht die eigentlich bevorzugten Fami-
ßen (19), Sächsische Schweiz / Osterzgebirge (je lienmitglieder bereitstünden), ist am
18), Leipzig (17) und Nordsachsen (16), Görlitz stärksten im Landkreis Görlitz (+5) und
(14) und dem Erzgebirgskreis (12). der Sächsischen Schweiz / Osterzgebirge
Was sind nun die besonderen Profile der her- (+6). Besonders gering ist sie in den Land-
ausstechenden Landkreise? Umreißen lässt sich kreisen Leipzig und Zwickau (-5).

Landesspezifische Muster | 33
4. Seelsorgerischer Beistand beim Sterben weit nach unten abweicht (-13). Die enor-
– insgesamt von 21% der Befragten ge- me Streuung bei der Fahrradmobilität ist
wünscht – wird überdurchschnittlich häufig mindestens interessant; ihre Interpretati-
im Erzgebirgskreis (+5), vor allem aber im on erfordert aber weitere Analysen.
Vogtlandkreis (+7) und im Landkreis Zwickau 6. Multifaktoriell sind auch die Befunde bei
(+11) als wünschenswert empfunden, also der Klage über zu hohe Lebenshaltungs-
dort, wo Religiosität noch vergleichsweise kosten zu erklären und politisch handzu-
stark vorhanden ist. In diesem Zusammen- haben. Es ist aber unübersehbar, dass im
hang ist auch die in Tabelle 18 ersichtliche Landkreis Sächsische Schweiz / Osterzge-
besondere Rolle der Mitglieder von Kirchen- birge die Lebenshaltungskosten für Woh-
gemeinden bei der Kontaktpflege in allen nen (+9), Verkehr (+13), Kunst und Kultur
drei Landkreisen zu verstehen, zumal im (+13) von wesentlich mehr Menschen als
Landkreis Zwickau. In Mittelsachsen wur- zu hoch empfunden werden als in allen
de seelsorgerischer Beistand hingegen nur anderen untersuchten Regionen. Ebenfalls
von 10% der Befragten als ein Wunsch im fällt der Vogtlandkreis mit durchgängig
Zusammenhang mit würdevollem Sterben höheren Werten im Bereich der Lebens-
angegeben, und dort spielt die Kirchgemein- haltungskosten auf, und auch Meißen liegt
de auch in den sozialen Netzwerken der Be- hier moderat über dem Schnitt. Überdurch-
fragten eine besonders geringe Rolle.14 schnittlich gut scheint man mit den Kosten
5. Den Unterschieden bei der Mobilität liegen der Lebensführung hingegen in Mittelsach-
anscheinend mehrere Faktoren zugrunde: sen und Nordsachsen, mit Abstrichen auch
Siedlungsstruktur, zu überwindende Dis- im Erzgebirgskreis, zurechtzukommen.
tanzen sowie das verfügbare Angebot an 7. Örtliche soziale Netzwerke – v.a.: Freunde
öffentlichen Verkehrsmitteln. Hier müssen und Nachbarn – scheinen im Kreis Leipzig,
also recht kleinteilige regionale Erklärun- in Mittelsachsen und im Erzgebirgskreis
gen gesucht werden. Auffällig ist jeden- weniger verlässlicher zu sein als anderswo,
falls die besonders große Relevanz von besonders intakt hingegen im Vogtland-
Bus und Bahn (insgesamt 34%) im Land- kreis, im Landkreis Zwickau und vor allem
kreis Sächsische Schweiz / Osterzgebirge im Landkreis Görlitz. Auch die Erklärung
(+10) und im Vogtlandkreis (+7), oben- dieses Befundes verlangt detaillierte regi-
drein deren relativ geringer Stellenwert in onalpolitische Kenntnisse. Im Hinblick auf
Mittelsachsen (-7). Dort ist im Vergleich die Ausschöpfung brachliegender Potentiale
zur Gesamtheit der Befragten (66%) dafür für bürgerschaftliches Engagement wird es
das Auto deutlich wichtiger (+7), dessen gewiss wichtig sein zu verstehen, warum
Stellenwert wiederum im Landkreis Leip- freundschaftliche und nachbarschaftliche
zig besonders gering ist. Bei der Mobilität Unterstützungsnetzwerke in manchen Land-
zu Fuß, ihrerseits relevant für 47% aller kreisen besser funktionieren als in anderen.
Befragten, stechen die Landkreise Meißen
14
Befunde mit solch plausibel erklärbarem Muster bestär-
und Sächsische Schweiz / Osterzgebirge ken das Vertrauen auch in die übrigen, weniger leicht
heraus (+8), während Nordsachsen hier erklärbaren Befunde.

34 | Landesspezifische Muster
VI. Was hängt womit zusammen?

Bereits beim vergleichenden Blick auf die einzel- ❚❚ Nachbarn als bevorzugter sozialer Kontakt
nen Tabellen fallen Zusammenhänge zwischen ❚❚ Man möchte die eigene Altersgruppe und
den abgefragten Wünschen auf. Systematisch Kinder um sich haben
lassen sie sich anhand einer variablenorientier- ❚❚ Man möchte „Essen auf Rädern“
ten Clusteranalyse erfassen, also einer Untersu- ❚❚ Lebenshaltungskosten für Krankheit und
chung, welche die im Fragebogen angekreuzten Pflege sind zu hoch
Antworten nach ihrem gemeinsamen Auftreten ❚❚ Wunsch nach Alltagsbegleitung durch einen
klassifiziert und auf diese Weise Gruppen bzw. vertrauten Menschen und nach einer Haus-
Bündel von Merkmalen („Cluster“) sichtbar haltshilfe, um in Würde zu sterben
macht. In die hier durchgeführte hierarchische ❚❚ Bereitschaft zum entschädigten Ehrenamt
Clusteranalyse15 gingen die Angaben aller Be- als Nachbarschaftshelfer/-betreuer
fragten mit einem Alter ab 50 Jahren zu allen ❚❚ Mobilität per Bus und Bahn sowie zu Fuß
auf dem Fragebogen abgefragten Merkmalen
ein – bis auf die Wohnortgröße, den Landkreis, Cluster III, Untercluster a:
das Alter und das Geschlecht. Im Ergebnis lassen ❚❚ Im Alter will man im Altersheim leben bzw.
sich drei große Cluster, also jeweils gemeinsam im Pflegeheim gepflegt werden
auftretende „Bündel von Antworten“, erkennen: ❚❚ Neue Leute in der Gemeinde (Zugezogene)
als bevorzugter sozialer Kontakt
Cluster I:
❚❚ Familienmitglieder und Freunde werden zum
Helfen in die Wohnung gelassen 15
Die Analyse erfolgte auf der Grundlage der stets „bi-
nären“ Erhebungsweise auf dem Fragebogen („Vorgabe
❚❚ Familie u. Freunde als bevorzugte soziale Kontakte angekreuzt / nicht angekreuzt“, codiert als „1“ bzw. „0“).
❚❚ Im Alter will man zu Hause leben, kochen Die Gewinnung der Cluster erfolgte auf Basis der quad-
rierten euklidischen Distanz zwischen den Antworten.
und gepflegt werden (Unter „euklidischer Distanz“ versteht man im einfachs-
ten Fall die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten.
❚❚ Man möchte alle Altersgruppen um sich haben Sie lässt sich „analog“ auch für komplexere Situationen
❚❚ Wunsch nach ambulanter palliativer Versor- berechnen, etwa zwischen den Antworten auf mit „0“
und „1“ codierten Fragen.) Das Weglassen einzelner
gung, um in Würde zu sterben Aussagen aus dem Fragebogen änderte ebenso wenig
an der grundsätzlich auftretenden Clusterstruktur wie
❚❚ Auto / Taxi zur Erledigung der Wege die Verwendung unterschiedlicher clusteranalytischer
Verfahren. Die klarste Clusterdarstellung lieferte das –
hier nicht näher erläuterbare – Ward-Verfahren. Deshalb
Cluster II: wird nachfolgend das mittels dieser Methode erzeugte
❚❚ Nachbarn werden zum Helfen in die Woh- Clusterdarstellung („Dendrogramm“) besprochen. Das
Dendrogramm („Baumdiagramm“) sowie detaillierte In-
nung gelassen formationen zu den Clustern finden sich im Anhang II.

Was hängt womit zusammen? | 35


❚❚ Auch Fremde werden zum Helfen in die dank öffentlicher Verkehrsmittel, und traut sich wei-
Wohnung gelassen terhin Aufgaben in der Nachbarschaftshilfe zu. Das
❚❚ Man möchte in der ortsansässigen Kita oder ist wohl eine nicht unübliche Lebensperspektive für
Schule essen bzw. in der Nachbarschaft ge- Menschen, um die es allmählich einsam wird.
meinsam kochen Im Cluster III, seinerseits stärker untergliedert als
❚❚ Bereitschaft zum entschädigten Ehrenamt die anderen Cluster, drückt sich aus, wie in Alters-
als Berater für Existenzgründer bzw. Kultur- einsamkeit wohl wirklich zu leben ist. Das Alters-
trainer für Existenzgründer oder Pflegeheim wird zur Selbstverständlichkeit,
❚❚ Lebenshaltungskosten für Lebensmittel sind zu hoch falls es nicht gelingt, im betreuten Wohnen un-
terzukommen. Man hat Fremde zum Helfen in
Cluster III, Untercluster b: die Wohnung zu lassen; und Lebensmittel zehren
❚❚ Lebenshaltungskosten für Verkehr, Wohnen, am verfügbaren Geld, sodass Bereitschaft zur Ge-
Kunst und Kultur zu hoch. meinschaftsverpflegung in Schulen und Kitas auf-
❚❚ Bereitschaft zum entschädigten Ehrenamt kommt. Man versucht, doch noch neue Kontakte
als Alltagsbegleiter für Betagte aufzubauen: ehrenamtlich für andere Betagte oder
in Nischenbereichen, desgleichen durch Zugehen
Cluster III, Untercluster c: auf am Ort neue Leute, denen es wohl ebenfalls
❚❚ Im Alter möchte man im „betreuten Woh- noch an Kontakten mangelt. Doch das gerät an
nen“ leben, kochen und gepflegt werden Grenzen, weil auch die Lebenshaltungskosten al-
Alle drei Cluster beim Antwortverhalten sind lein schon für das Wohnen und dann auch noch
höchst plausibel. Der Cluster I zeigt die bereits beim für Verkehrsmittel oder die Teilhabe an Kunst und
Vergleich der Tabellen aufgefallene Kombination Kultur als zu hoch empfunden werden.
von ganz nachvollziehbaren Wunschvorstellungen Die in den Clustern II und III kenntlichen Erfahrun-
für das Alter: Man will zu Hause leben, gepflegt gen bzw. Erwartungen werden sich in einer indi-
werden und sterben, und zwar umsorgt von Familie vidualistischen Gesellschaft bei Auflösung gene-
und Freunden sowie umgeben von allen Alters- rationenübergreifender Familienbeziehungen nicht
gruppen. Unbedingt sollte sich die Politik zum Ziel überwinden lassen. Die Politik kann sie lediglich
setzen, diesen Wunsch möglichst vielen Menschen mildern – und sollte das auch zu tun versuchen.
erfüllbar zu machen. Am besten wäre es freilich, es würden immer mehr
Der Cluster II lässt erkennen, dass sich ein Teil der Leute im Wissen um derlei unerfreuliche Zukunfts-
Befragten bereits auf viel weniger schöne Umstände perspektiven besonders viel Lebenskraft in den
eingestellt hat. An die Stelle von Familie und Freun- Aufbau tragender Familien- und Freundschaftsbe-
den treten die Nachbarn. Man möchte Kinder um ziehungen investieren. Und außerdem wird es nötig
sich haben und nicht nur Angehörige der eigenen sein, dass der Staat seine Fürsorgepflicht für diese
Altersgruppe, desgleichen Alltagsbegleitung durch Menschen wichtig nimmt, also die Verwirklichung
einen vertrauten Menschen. Für sich selbst zu ko- eines guten Lebens im Alter weiterhin als kollektive
chen, traut man sich nicht mehr zu und wünscht Aufgabe behandelt, zu ihrer Bewältigung Men-
eine Haushaltshilfe, um in Würde sterben zu können. schen vor Ort zusammenbringt sowie ihnen Mög-
Man klagt über zu hohe Kosten für Krankheit und lichkeiten eröffnet, ihre sozialen Räume nachhaltig
Pflege. Doch immerhin ist man noch mobil, auch in ihrem Sinne zu gestalten.

36 | Was hängt womit zusammen?


VII. Qualitative Befunde aus Gesprächen an
den „Runden Tischen“

Zu den Ergebnissen der Fragebogenstudie passt ❚❚ Pflegeheime, am besten klein und wohn-
sehr gut, was in den Gesprächen an den „Runden ortsnah, sind gleichsam der „letzte Ausweg“,
Tischen“ zutage trat, die von der Agentur ANTJE wenn ein Verbleib zu Hause nicht länger
HERMENAU. STRATEGIE – KOMMUNIKATION – möglich ist. Betreutes Wohnen oder Seni-
BERATUNG unter Beteiligung der Staatsministerin oren-Wohngemeinschaften ist die – meist
Barbara Klepsch mit interessierten Akteuren vor auch nur nötigenfalls gewünschte – Alter-
Ort durchgeführt wurden. Im Grunde stützen die native zum Pflegeheim. Auch Altersheime
dort gewonnenen Erkenntnisse das in der Analyse – dort unbedingt gewollt: Unterbringung im
der Fragebögen gewonnene Bild. Allenfalls erweist Einzelzimmer – sind allenfalls eine Notwen-
sich in der letzteren mitunter als Minderheitsan- digkeit, keine wirklichen Wunschorte.
sicht, was bei Gesprächen am Runden Tisch wie ❚❚ Damit man im Alter zu Hause bleiben kann,
eine Mehrheitsmeinung geklungen haben mag. Ins- ist – falls die Familie nicht vor Ort ist – Nach-
gesamt lassen sich die in den Rundtischgesprächen barschaftshilfe notwendig. Zumal wenn die
vorgebrachten Ansichten so zusammenfassen: eigene Familie nicht in Sachsen wohnt, wer-
den auch Kontaktmöglichkeiten zu Kindern
1. „Ortstreue“ wichtig.
❚❚ Die auffälligste Übereinstimmung bei den ❚❚ Wenn letzteres nicht möglich ist, nehmen vie-
Rundtischgesprächen war der klar geäu- le auch in Kauf, von ihnen anfänglich fremden
ßerte Wunsch, solange wie möglich in der Menschen betreut zu werden. Der Wunsch im
gewohnten Umgebung bleiben zu können. Umgang mit diesen geht aber dahin, dass sie
Man will oder kann nicht umziehen (etwa nicht gehetzt nach dem Punktesystem der
aus finanziellen Gründen), und man möchte Krankenkassen ihre Arbeit verrichten müss-
sein soziales Umfeld ohnehin nicht wechseln. ten, sondern etwas mehr Luft hätten.
Auch deshalb werden Fördermöglichkeiten ❚❚ Außerdem besteht der Wunsch, es möge bei
für altersgerechte Umbauten und Barriere- der Betreuung personelle Kontinuität herge-
freiheit gewünscht. stellt werden. Ständig wechselndes Personal
❚❚ Für die eigene Wohnung wünscht man sich ist vielen unangenehm, weil man dann näm-
altersgerechte Bäder, Terrassen oder Balkone lich kein Vertrauen aufbauen kann.
zum „Heraustreten“ und – wenn die Woh- ❚❚ Auch entstand manchmal der Eindruck, dass
nung in einer höheren Etage liegt – einen Lift. „jüngere Ältere“ sich noch nicht so richtig in
Die Ansprüche sind oft bescheiden: kosten- die Situation der „älteren Alten“ hineinver-
günstig, klein und altersgerecht soll es sein. setzen können. Anscheinend befassen sich

Qualitative Befunde aus Gesprächen an den „Runden Tischen“ | 37


viele mit jenen ernsten Situationen erst ge- meinsamen „Einkaufsbus“ einmal pro Woche
gen Ende des Lebens, wenn dieses wirklich zum Supermarkt in der nächsten Stadt oder
näher rückt. Das aber steht im Widerspruch einem „fahrenden Supermarkt“ fallen. Und
zu naheliegenden Forderungen nach mehr wer für den „Einkaufsbus“ eintrat, wies oft
altersgerechtem Umbau der Wohnungen, auch auf andere Möglichkeiten von „Zweck-
insbesondere der Sanitäranlagen und Bäder, bussen“ hin, etwa auf den „Kulturbus“ oder
denn solche Maßnahmen sollten langfristig den „Ausflugsbus“.
geplant und beizeiten vorgenommen werden. ❚❚ Ein „dörflicher Fahrdienst“ wird umso wich-
❚❚ Am Wohnort sollte die Palliativversorgung tiger, je mehr man nachbarschaftliche Hilfe
ausgebaut werden. im Ehrenamt oder auch mit gewisser Ver-
❚❚ In größeren Orten könnten Wohnungsgenos- dienstmöglichkeit anbieten möchte.
senschaften viel Verantwortung für ältere ❚❚ „Essen auf Rädern“ wird von denen, die es
Menschen übernehmen. beziehen, sehr wohl akzeptiert. Zudem spra-
chen sich nicht wenige auch für die Mög-
2. Verkehrs- und Versorgungsinfrastruktur lichkeit aus, in der Kita oder in der Schule
❚❚ Wiederkehrend waren – zumal außerhalb der mitzuessen.
Städte – Klagen über schlechte Anbindungen ❚❚ Der Rückgang von Einkaufsmöglichkei-
an den öffentlichen Nahverkehr. ten und attraktiven öffentlichen Räumen
❚❚ Umsteigen im ÖPNV wird für manche zur scheint den Wunsch nach einer „neuen Mit-
Qual, vor allem bei schlechtem Wetter. Ge- te der Dörfer“ geweckt zu haben, wo man an
wünscht wird deshalb weniger ein in enge- einem Ort etwa einen Geldautomaten, einen
rem Zeittakt befahrenes, sondern eher ein Laden und vielleicht ein Café findet. Auch
direkt zum Zielort bringendes ÖPNV-Netz. gibt es offenbar einen Bedarf nach Begeg-
Zudem wurde durchaus immer wieder über nungsstätten wie Clubhäusern, Senioren-
dürftige Angebote des ÖPNV am Wochenen- und Mehrgenerationentreffs.
de geklagt. ❚❚ Ferner gab es Beschwerden über „die Büro-
❚❚ Insbesondere bei weiter ausgreifenden Orten kratie“ sowie den Wunsch, Unterstützung
wünscht man sich zudem ein gutes Rad- und beim Ausfüllen von Anträgen usw. zu be-
Fußwegenetz, flankiert von Ruheplätzen, kommen.
Sitzbänken und öffentlichen Toiletten.
❚❚ Anscheinend sind gar nicht wenige Senioren 3. Finanzfragen
bereit, konkrete Tage und Abfahrtszeiten für ❚❚ Vorgebracht wurde immer wieder, man wolle
dann auch kleinere, speziell auf ihre Bedürf- sich auch im Alter ab und zu „mal etwas leis-
nisse ausgerichtete Busse im Aushang oder ten können“, um am gesellschaftlichen und
im Orts- bzw. Amtsblatt nachzulesen. kulturellen Leben teilzuhaben.
❚❚ Zudem wurde das Pendeln – mit entspre- ❚❚ Die Grundsicherung im Alter scheinen viele
chend ausgerüsteten Bussen – von Ärzten, nicht zu kennen.
Fachgeschäften und auch Beamten vorge- ❚❚ Verschiedentlich kamen Probleme von Frau-
schlagen. Die politische Entscheidung müss- en auf, die nach altem Rentenrecht Rente
te also, beispielsweise, zwischen dem ge- beziehen („DDR-Renten“).

38 | Qualitative Befunde aus Gesprächen an den „Runden Tischen“


❚❚ Viele wünschen sich, bei den Kosten für Kon-
toführung, ÖPNV oder Rundfunkbeitrag Un-
terstützung zu bekommen.
❚❚ Es wurde deutlich, dass es den Vereinen
schwerfällt, den großen Bedarf an altenbe-
zogenen Projekten zu finanzieren.
❚❚ Den Pflegediensten fehlt es an finanziellen
Mitteln zur Beschäftigung von Personal, um
der steigenden Nachfrage gerecht zu wer-
den.

4. Ehrenamt
❚❚ Es zeigte sich immer wieder, dass es an In-
formationen zu verschiedenen bereits vor-
handenen Angeboten mangelt, z. B. zur Eh-
renamtskarte.
❚❚ Ehrenamtlichem Engagement stehen offen-
bar bürokratische Hürden im Wege, etwa in
Form von Versicherungspflichten, Beförde-
rungsscheine oder Hygienescheine.
❚❚ Es gibt immer wieder zu hohe Leistungsan-
forderungen an ehrenamtliche Senioren, die
sich mehr Flexibilität und weniger langfristi-
ge Bindungen wünschen.
❚❚ Zwar gibt es eine Vielzahl an Aktivitäten für
Senioren, die durch Vereine und Initiativen
organisiert werden. Jedoch mangelt es mit-
unter an Informationen für die Zielgruppe
sowie an Möglichkeiten des Austauschs und
der Vernetzung.
❚❚ Für das Ehrenamt wünscht man sich mehr
professionelle Initiative und Koordination.
Auch sollte die Förderung von Aktionen und
Projekten für Senioren stärker möglich sein.
❚❚ Es gibt Nachwuchssorgen, sowohl im Ehren-
amt als auch in den hauptberuflichen Pfle-
gediensten. Zumal Letzteres führt zu Quali-
tätsverlusten.

Qualitative Befunde aus Gesprächen an den „Runden Tischen“ | 39


VIII. Schlussfolgerungen und grundsätzliche
Handlungsempfehlungen

Die Befunde der quantitativen Analyse der Fra- Versorgung. Ähnliches gilt für die Versorgung
gebögen zu den Wünschen und Vorstellungen alter Menschen mit Essen: Wichtig ist für sie,
von Befragten im ländlichen Sachsen lassen dass sie außer für Arztbesuche die eigenen vier
sich unter Berücksichtigung des Forschungs- Wände nur dann verlassen müssen, wenn sie
standes und der an den „Runden Tischen“ ge- das wirklich wollen. Für die Ausgestaltung der
wonnenen praktischen Expertise in ziemlich Wohnungen selbst scheinen die Wünsche recht
klare Handlungsempfehlungen an die Politik bescheiden zu sein: Man wünscht sich altersge-
umsetzen, und zwar in drei Bereichen. Diese be- recht gestalteten und erschwinglichen Wohn-
treffen – erstens – die Wohn- und Lebenssitu- raum. Idealerweise sollte jener aber eingebet-
ation im Alter, und zweitens das Spannungsfeld tet sein in eine lebendige Nachbarschaft sowie
zwischen bürgerschaftlicher Selbstorganisation einen ansprechenden öffentlichen Raum mit
und der Rolle des Staates. Quer dazu liegen – funktionierender Verkehrs- und Versorgungsinf-
drittens – Aufgaben bei der Weiterentwicklung rastruktur. Um diese Bedingungen im ländlichen
der Verkehrs-, Versorgungs- und Verwaltungs- Raum Sachsens halbwegs flächendeckend zu
infrastruktur. schaffen, wird es viel an wissenschaftlicher und
Der zentrale politische Imperativ bei alldem praktischer Expertise sowie an Gestaltungswil-
scheint zu sein: Sorgt dafür, dass man im ge- len und -fähigkeit brauchen.
wohnten Wohnumfeld und getragen von stabi- Zwar beruhigt es viele alte Menschen, wenn für
len sozialen Netzwerken alt werden und sterben sie auch einladende Alters- und Pflegeheime zu-
kann – und nützt das Zeitfenster bis zum Verlust gänglich sind. Doch nur eine Minderheit möchte
der Tatkraft vieler „junger Alter“ dafür, die nöti- wirklich dorthin. Das ist bei entsprechenden Inf-
gen „Umbauten vor Ort“ hinzubekommen! rastrukturplanungen zu berücksichtigen. Ange-
Ganz klar ist geworden, dass im Alter erst recht sichts der wichtigen Rolle des sozialen Umfeldes
– und vor allem in den kleineren Orten – die ei- für ein gutes Leben im Alter wäre etwa zu prü-
gene Wohnung zum liebsten Ort wird. Bürger- fen, in welchem Umfang sich klassische Alten-
nahe Politik wird deshalb solche Bedingungen und Pflegeheime durch „Quartiershäuser“ sowie
zu schaffen suchen, die möglichst lange – und kleinere und nachbarschaftlich verankerte Pfle-
idealerweise bis zum Tod – den Verbleib in der gewohngemeinschaften ersetzen lassen (vgl.
eigenen Wohnung zum biographischen Nor- hierzu Kricheldorff 2015: 23f.).
malfall machen. Damit das gelingt, braucht es Besonders wichtig wird im Alter die Familie (vgl.
neben einem verlässlichen Helfernetz vor allem Hoff 2006), weil sie selbst dann noch bleibt,
die Sicherstellung der ambulanten palliativen wenn die Freunde und bislang guten Nachbarn

40 | Schlussfolgerungen und grundsätzliche Handlungsempfehlungen


wegsterben. Vor allem in den kleineren Orten ter Druck empfinden. Der wiederum kommt an-
verlässt man sich auch im Alter auf die Fami- scheinend besonders stark von der Finanzierung
lie. Damit sie aber zum ersehnt wichtigen Teil von Pflege- und Krankheitskosten. Die aber
guten Lebens im Alter werden kann, muss sie werden durch die Verbindung von längerer Le-
in jüngeren Lebenszeiten erst einmal gegründet benserwartung mit zunehmenden Lücken in der
worden sein – und wenn schon nicht von einem jungen Erwerbsbevölkerung pro Kopf wohl noch
selbst, dann wenigstens von eigenen Geschwis- weiter steigen. Weit oben auf der politischen
tern. Das wiederum setzt voraus, dass man kein Agenda sollte deshalb eine Verbesserung der
Einzelkind war. Mehrere Kinder zu haben, gilt Gesundheitspolitik in Verbindung mit einer auf
heute aber vielen Erwachsenen als ein nicht mehr Nachwuchs ausgerichteten Bevölkerungs-
mehr zeitgemäßer bzw. in wünschenswerter politik stehen. Da zudem die Ruhestandsein-
Weise finanzierbarer Lebensplan. Zwar teilt ihn kommen weiter schrumpfen werden, dürfte das
eine breite Mehrheit der jungen Leute weiterhin. Risiko für Altersarmut ansteigen, insbesondere
Doch immer weniger von ihnen verwirklichen für Frauen (vgl. Motel-Klingebiel 2006, Zeman/
ihn. Also erweist sich gerade die – durchaus Tesch-Römer 2009).
zeitgeistwidrige – Förderung von Familiengrün- Durchaus sind ältere Menschen selbst eine Res-
dungen und von Nachwuchs als ein besonders source für die politische Gestaltung eines gu-
wichtiges Instrument dafür, dass sich Menschen ten Lebens im Alter. Dies gilt etwa – und zumal
im Alter wichtige Wünsche erfüllen können. Ein in kleineren Orten – im Bereich der Nachbar-
besonders wichtiger unter ihnen ist es nämlich, schaftshilfe, wo fraglos ein nutzbares Reservoir
ihre Kinder, Nichten, Neffen und Kindeskinder bürgerschaftlichen Engagements brachliegt
um sich zu haben. Nicht zuletzt entfallen mit (vgl. Beetz/Wolter 2015). Doch selbst bei blei-
weiter fortschreitender Erosion von Verwand- bender Bereitschaft, sich für andere einzuset-
tennetzwerken wichtige Optionen gemischter zen, kann man mit zunehmendem Alter immer
Pflegearrangements, zu denen Familien einen weniger an entsprechender Leistung einbringen.
wichtigen Beitrag leisten (BMFSFJ 2016b: 31ff, Die allenthalben angestrebte „Aktivierung der
vgl. auch Tesch-Römer u.a. 2008). Alten“ ist deshalb zwar eine richtige Strategie,
Altersarmut oder durch Geldschwierigkeiten be- die auch Potentiale an neuer Lebensqualität er-
wirkte Ausgrenzung von soziokultureller Teilha- schließt. Doch sie gerät an Grenzen des objektiv
be ist – noch! – kein Problem für viele Alten, zu- Möglichen und des in einer sozialen Marktwirt-
mal nicht für jene, die in kleineren Orten leben, schaft für akzeptabel Gehaltenen. Im Übrigen
wo teils manches billiger ist, teils auf Dienstleis- sollten alte Menschen nicht „wie Notnägel be-
tungen aus Familie und Nachbarschaft zurück- handelt“ werden (vgl. van Dyk 2015).
gegriffen werden kann. Gemäß vielen sonstigen Um aber Bereitschaft zum bürgerschaftlichen
demoskopischen Befunden sind Geldschwierig- Engagement abzurufen und nützliche eh-
keiten und Ausgrenzung von soziokultureller renamtliche Strukturen auf Dauer zu stellen,
Teilhabe eher ein Problem von jüngeren Leuten, braucht es professionelle Starthilfe, nachhaltige
zumal von solchen mit Kindern. Auch unter den Begleitung durch soziale Arbeit, Begegnungs-
hier Befragten zeigt sich ferner, dass es die noch räume als identitätsstiftende Kristallisations-
beruflich Aktiven sind, die sich am stärksten un- punkte sowie die Erfahrbarkeit der Wirksamkeit

Schlussfolgerungen und grundsätzliche Handlungsempfehlungen | 41


des eigenen Tuns, und das alles am besten im
sozialen Nahraum (Strube u.a. 2015). Oben-
drein ist zu überprüfen, welche Verwaltungs-,
Förderungs- und Kontrollvorschriften bei der
ehrenamtlichen Tätigkeit von alten Menschen,
doch auch für alte Menschen, wirklich erfor-
derlich sind, also der Sache eher dienen als vom
Engagement aufgrund unplausiblen Aufwands
immer wieder abschrecken. Möglicherweise
sind unsere Verfahrenserwartungen und Ver-
waltungspraxen noch zu stark für die vergehen-
de Gesellschaft mit einem nur geringen Anteil
an Alten ausgerichtet. Dann aber gälte es, sie
im Zuge des sich gerade vollziehenden Wandels
rasch zu korrigieren.

42 | Schlussfolgerungen und grundsätzliche Handlungsempfehlungen


IX. Anhänge

Anhang I: Fragebogen

STAATSMINISTERIUM
FÜR SOZIALES UND
VERBRAUCHERSCHUTZ

Sehr geehrte Damen und Herren,

ein gutes Alter – das wünschen wir uns alle. Was dafür aus ihrer Sicht bei Ihnen vor Ort notwendig
ist, möchte ich gern erfahren. Denn so können wir gemeinsam im Land und in jeder Gemeinde die
richtige Unterstützung entwickeln und private Initiativen anstoßen oder fördern.

Vielen Dank, wenn Sie sich Zeit für diesen Fragenbogen nehmen. Je mehr ältere Mitbürger sich die
Zeit dafür nehmen, umso klarer wird das Bild. Ausgerichtet an diesen Realitäten lässt sich unsere
gemeinsame Zukunft im Freistaat Sachsen bürgernah gestalten.

Ihre Barbara Klepsch


Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz

Anhänge | 43
Fragenkatalog

1. Wo will ich leben, wenn ich alt bin? 4. Welche Unterstützung benötige ich, um in
Würde zu Hause zu sterben?
zu Hause
Schmerzlinderung (ambulante palliative
Versorgung

im betreuten Wohnen
Alltagsbegleitung durch einen vertrauten
Menschen

im Altersheim
seelsorgerischen Beistand

2. Wo möchte ich gepflegt werden? Haushaltshilfe

zu Hause
5. Welche Angebote/Möglichkeiten nutze ich
im betreuten Wohnen für meine Wege?

im Pflegeheim Bus und Bahn

Auto/Taxi
3. Wen würde ich in die Wohnung einlassen, um
mir helfen zu lassen? Fahrrad

ausschließlich Familienangehörige zu Fuß

Freunde
6. Welche Lebenshaltungskosten sind für mich
Nachbarn zu hoch?

mir Fremde Lebensmittel

Wohnen

Verkehr

Kunst und Kultur

Krankheit

Pflege

44 | Anhänge
7. Welches Ehrenamt würden Sie mit Aufwands- 9. Wo oder wie möchte ich essen?
entschädigung im Alter noch übernehmen?
Nachbarschaftshelfer/ -betreuer bei „Essen auf Rädern“ zu Hause
leichter Pflege

gemeinsames Kochen im betreuten Wohnen
Altagsbegleiter für Betagt
in der ortsansässigen Kita oder Schule
Kulturtrainer für Zuwanderer
gemeinsames Kochen in der Nachbarschaft
Berater für Existenzgründer
bei mir zu Hause selbst kochen

8. Welche Generationen sollten um mich sein?


10. Welche sozialen Kontakte bevorzuge ich?
meine Altersgruppe
Familie
alle Altersgruppen
Freunde
Kinder
Nachbarn

Mitglieder der Kirchgemeinde

neue Leute in der Gemeinde (Zugezogene)

Wohnort (notwendige Angabe):

Alter (notwendige Angabe):

Name (freiwillige Angabe):

Anhänge | 45
Eigene Gedanken und Anregungen

46 | Anhänge
Anhang II:Informationen zur hierarchischen Clusteranalyse samt Dendrogramm mit Ward-Verknüpfung

Kombination skalierter Abstands-Cluster


0 5 10 15 20 25

F1_3 3
F2_3 41
F9_3 29
F7_4 38
F10_5 36
F7_3 37
F9_4 30
F6_1 16
F3_4 7
F4_3 10
F10_4 35
F6_3 18
F6_4 19
F6_2 17
F7_2 23
F5_3 14
F1_2 2
F2_2 40
F9_2 28
F8_1 24
>- F8_3 26
F9_1 27
F6_5 20
F6_6 21
F4_2 9
F7_1 22
F3_3 6
F10_3 34
F5_1 12
F5_4 15
F4_4 11
F3_1 4
F10_1 32
F1_1 1
F2_1 39
F9_5 31
F3_2 5
F10_2 33
F8_2 25
F4_1 8
F5_2 13

Anhänge | 47
Folgende drei Cluster lassen sich erkennen: Cluster II:
❚❚ Unten befindet sich zwischen den Variablen ❚❚ F8_1: Man möchte die eigene Altersgruppe
F3_1 und F5_2 der Cluster I um sich haben
❚❚ In der Mitte schließt sich der zwischen den ❚❚ F8_3: Man möchte Kinder um sich haben
Variablen F8_1 und F4_4 der Cluster II an. ❚❚ F9_1: Man möchte „Essen auf Rädern“
❚❚ Eine etwas komplexere Struktur hat oben der ❚❚ F6_5: Lebenshaltungskosten für Krankheit
Cluster III, in dem drei Untergruppen von Va- sind zu hoch
riablen zusammengefasst sind: ❚❚ F6_6: Lebenshaltungskosten für Pflege sind
❚❚ F1_3 bis F3_4 als Untercluster IIIa zu hoch
❚❚ F6_3 bis F7_2 als Untercluster IIIb ❚❚ F4_2: Wunsch nach Alltagsbegleitung
❚❚ F1_2 bis F9_2 als Untercluster IIIc. durch einen vertrauten Menschen
❚❚ Drei Variablen sind zwar Teil des Clusters III, ❚❚ F7_1: Bereitschaft zum entschädigten Eh-
jedoch nicht klar einem der drei Untercluster renamt als Nachbarschaftshelfer/-betreuer
zuordnen: ❚❚ F3_3: Nachbarn werden zum Helfen in die
❚❚ F4_3: Wunsch nach seelsorgerischem Wohnung gelassen
Beistand, um in Würde zu sterben ❚❚ F10_3: Nachbarn als bevorzugter sozialer
❚❚ F10_4: Mitglieder der Kirchgemeinde als Kontakt
bevorzugter sozialer Kontakt ❚❚ F5_1: Bus/Bahn als Verkehrsmittel
❚❚ F5_3: Fahrrad als Verkehrsmittel ❚❚ F5_4: zu Fuß gehen als Verkehrsmittel
❚❚ F4_4: Wunsch nach Haushaltshilfe, um in
Cluster I: Würde zu sterben
❚❚ F3_1: Nur Familienmitglieder werden zum
Helfen in die Wohnung gelassen Cluster IIIa:
❚❚ F10_1: Familie als bevorzugter sozialer Kon- ❚❚ F1_3: Im Alter will man im Altersheim leben
takt ❚❚ F2_3: Man möchte im Pflegeheim gepflegt
❚❚ F1_1: Im Alter will man zu Hause leben werden
❚❚ F2_1: Man möchte zu Hause gepflegt wer- ❚❚ F9_3: Man möchte in der ortsansässigen
den Kita oder Schule essen
❚❚ F9_5: Man will zu Hause selbst kochen ❚❚ F7_4: Bereitschaft zum entschädigten Eh-
❚❚ F3_2: Freunde werden zum Helfen in die renamt als Berater für Existenzgründer
Wohnung gelassen ❚❚ F10_5: neue Leute in der Gemeinde (Zugezo-
❚❚ F10_2: Freunde als bevorzugter sozialer gene) als bevorzugter sozialer Kontakt
Kontakt ❚❚ F7_3: Bereitschaft zum entschädigten Eh-
❚❚ F8_2: Man möchte alle Altersgruppen um renamt als Kulturtrainer für Existenzgründer
sich haben ❚❚ F9_4: Man möchte in der Nachbarschaft
❚❚ F4_1: Wunsch nach ambulanter palliativer gemeinsam kochen
Versorgung ❚❚ F6_1: Lebenshaltungskosten für Lebensmit-
❚❚ F5_2: Auto / Taxi als Verkehrsmittel tel sind zu hoch
❚❚ F3_4: Auch Fremde werden zum Helfen in
die Wohnung gelassen

48 | Anhänge
Cluster IIIb:
❚❚ F6_3: Lebenshaltungskosten für Verkehr
sind zu hoch
❚❚ F6_4: Lebenshaltungskosten für Kunst und
Kultur sind zu hoch
❚❚ F6_2: Lebenshaltungskosten für Wohnen
sind zu hoch
❚❚ F7_2: Bereitschaft zum entschädigten Eh-
renamt als Alltagsbegleiter für Betagte

Cluster IIIc:
❚❚ F1_2: Im Alter will man im „betreuten Woh-
nen“ leben
❚❚ F2_2: Man möchte im „betreuten Wohnen“
gepflegt werden
❚❚ F9_2: Man möchte im „betreuten Wohnen“
gemeinsam kochen

Anhänge | 49
X. Literaturverzeichnis

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Literaturverzeichnis | 51
Impressum

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Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz
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