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„Marco, du bist wirklich dumm ein Mann!!!

Marco und Lisa haben kürzlich angefangen, sich kennenzulernen. Nach einem guten
Abendessen in einem romantischen Restaurant spazieren sie für eine Weile unter dem
Mondlicht. Marco begleitet Lisa bis zu ihrer Wohnung. An der Tür fragt ihm Lisa, ob er gern
auch ihre Wohnung besichtigen würde. Marco denkt: "jetzt? Wieso? Es ist schon zu spät. Die
Wohnung kann ich mir mal an einem anderen Tag anschauen". "Vieleicht nächstes Mal, es ist
schon spät.", beantwortet er und geht langsam nach Hause. 

Lisa versteht gar nichts. Sie glaubte, sie habe Interesse in ihm aufgeweckt und sie wollte mit
ihm noch ein oder zwei Gläser Wein zu Hause trinken und...mal sehen. Trotzdem ist Marco
einfach weggegangen. "Noch ein anderer Mann, der mich scheußlich empfindet", macht sie
sich Sorgen. 

Beim Rückkehr chattet Marco mit ihrer besten Freundin: 


• Marco: "Tolles Abendessen. Lisa gefällt mir sehr und ich glaube, ich habe auch einen guten
Eindruck auf sie bewirkt. Sie hat mir aber etwas komisches vorgestellt: sie wollte mir ihre
Wohnung zeigen. Ich hab Nein gesagt, darauf hatte ich im Moment gar keine Lust.
• Beste Freundin: Marco, du bist wirklich dumm!!!

Diese fiktionale Szene ist natürlich übertrieben, aber solche Geschichten, in denen einen
Konflikt zwischen Männer- und Frauensprache dargestellt wird, sind heutzutage in Filmen,
Büchern oder im Internet häufig zu finden. Jedoch, ist diese Szene nur Fiktion oder gibt es
auch  Argumente aus der Soziologie und Psychologie, die solche Unterschiede beweisen? Sind
Kommunikationsprobleme aufgrund des Geschlechts nur ein Klischee oder eine
unbezweifelbare Realität?

Einerseits muss man angeben, dass eine Sprachstilanalyse nur von einer Geschlechtsperspektiv
sehr schwierig ist, denn viele Faktoren spielen dabei eine Rolle. Zum Beispiel die Machtposition
des Sprechers, die Beziehung zwischen den Gesprächspartnern, Erziehung, ökonomische Lage
und soziale Schicht oder Kultur sind manche vom Geschlecht unabhängigen Bedingungen, die
zu den Sprachunterschieden und den folgenden Kommunikationsproblemen führen könnten.
Beispielsweise ist es eine große Tätigkeit für einen Europäer, sich erfolgreich mit einer
chinesischen Person zu kommunizieren, denn ihre Kultur und Denkweise ganz verschieden ist.
Dies hat auch folgen auf die Kommunikation, wie zum Beispiel in der Art, wie die chinesischen
Leute sich begrüßen. Es gibt noch besondere Beispiele an verschiedenen Weltkulturen, die
Unterschiede solcher Art auch vorgeben. Wusstet ihr, dass in Bulgarien die Gestik, um „Ja“ und
„Nein“ mit dem Kopf auszudrücken genau anders wie im Rest der Welt ist? Stellt euch vor, was
für enorme Kommunikationsprobleme dies verursachen.

Deswegen kann man festlegen, dass die Kommunikation ein komplexes und multifaktorielles
Konzept ist. Trotzdem kann man auch die Tendenzen zwischen dem Sprachstil vom weiblichen
und männlichen Geschlecht nicht vernachlässigen. Diese Unterschiede sind deutlicher, als man
sich vorstellen könnte, und umfassen viele Aspekte der Kommunikation. 

Der erste deutliche Unterschied ist die Sprachweise der beiden Geschlechter. Studien zeigen,
dass Männer „aggressiv und beweisend“ reden, während Frauen eher einen „selbstlosen und
mitteilungsfreudigen“ Sprachstil haben. Der Grund dafür? Die strukturelle Erziehung. Schon
seit den Frühjahren der Kindheit werden die Kinder auf unterschiedlichen Wegen von der
Gesellschaft geführt. Während die Mädchen ein berufliches Zukunftsmodell in der Bildung und
in anderem sozialen Karrieren sehen, sollte das Ziel der Jungen laut der Gesellschaft ein
erfolgreiches Berufsleben in Machtpositionen sein. Deswegen müssen die Mädchen
verständnisvoll und die Jungen autoritär aufgewachsen werden, um ihre Rollen in der
Gesellschaft korrekt durchführen zu können, was sich wiederum in der Sprache zeigt. Diese
gesellschaftliche Geschlechterrollen beeinflussen die Sprache und sind die Ursache von vielen
der Kommunikationsproblemen zwischen Männern und Frauen: 
Einerseits benutzen die Männer eine aggressivere Sprache, die zur Beleidigung führen
könnte. Tatsächlich wollen und verlangen alle von uns, gut angesprochen zu werden…
Anderseits wird dadurch den Männern ihre Fähigkeit, Gefühle zu offenbaren, entnommen.
Durch sexistische Sprüche wie "Männer weinen nicht" prägt die Macho-Ideologie die Erziehung
und Psyche der Männer. Dies verhindert, dass die „starke Männer“ ihre Gefühle mitteilen, aber
auch für einen großen Teil die non-verbale Kommunikation, wodurch am meisten Gefühle und
Empfindungen zum Kommunikationspartner vermittelt werden. Ein Beweis dafür ist die
Expressivität an den beiden Geschlechter währen der Pubertät, Zeit, durchaus der die
Jugendlichen ihren künftigen Charakter entwickeln. Jungen sind während dieser Zeit generell
weniger expressiv als Mädchen in ihrem Alter. Durch diese Verhinderung der non-verbalen
Ebene der Kommunikation ist der Kommunikationsprozess unvollständig, was den Empfang
der Aussagen verändern könnte.

Eine weitere weitverbreitete Idee ist, dass Männer nie wirklich zuhören. Alle von uns haben
diese Situation mal erlebt. Häufig gibt es zu Hause einen Streit zwischen den Eltern, weil der
Vater einfach vom Fußballspiel absorbiert ist und gar nicht zuhört. Wissenschaft hat bewiesen,
dass der Klischee, dass Männer mehrere Dinge nicht gleichzeitig machen können, tatsächlich
auch stimmt. Frauen sind viel besser als Männer dabei. Wenn Männer, selbst wenn sie nur auf
das Gespräch konzentriert sind, nachdenken müssen, verlieren sie sich manchmal in ihren
Gedanken und hören auf, zuzuhören. Vertraut mir, wenn ich als Mann euch sage, dass dies
stimmt. Sonst fragt mal meine Mutter nach - sie kann es sicherlich beweisen!
Im Gegensatz sind Frauen sehr gute Zuhörer, was auch auf der Erziehung gründet. Daraus
folgt, logischerweise, dass sie auch die gleiche Zuhörleistung von den Männern erwarten:
oftmals ohne Erfolg.
Laut den Kommunikationstheoretiker ist Kommunikation der ständige Sprung zwischen den
Rollen von Sender und Empfänger. Wenn diese sinusförmige Abwechslung bricht, weil ein der
Gesprächspartner, in diesem Fall der Mann, seine Rolle als Empfänger verneigt, bricht auch die
Kommunikation. Für der Andere ist es so, als ob er mit einer Wand sprechen würde.

Darüber hinaus unterscheiden sich auch beide Geschlechter, inwiefern sie die Aussagen
interpretieren. Laut Schultz von Thun, ein der wichtigsten deutschen
Kommunikationstheoretiker des 20. Jahrhunderts, gibt es 4 Kommunikationsebenen bei jeder
Nachricht vom Sender. Diese 4 Ebenen (Appell, Selbstkundgabe, Beziehung und Sachinhalt)
stellen einen großen Interpretationsraum dar, der Missverständnisse auslösen kann. Bei
unserem Beispiel von Marco und Lisa geschieht ein solches Missverständnis. Die Frage von
Lisa, ob Marco ihre Wohnung gerne besichtigen wolle, ist logischerweise auf der Appellebene
gemeint. Lisa will, dass Marco zu ihr kommt, um ein bisschen mehr Intimität für beide alleine
zu haben. Marco versteht diese Aussage eher auf der Sachebene und deswegen entscheidet
er, nach Hause zu gehen. Diese Situation stellt die generelle Tendenz von Männern und
Frauen, wenn es um diese 4 Interpretationsebenen geht:
Auf der einen Seite interpretieren Männer wenig und tendieren, die Nachrichten einfach nur
auf der Sachebene zu verstehen. Dadurch geht einen riesigen Teil der Information verloren.
Auf der anderen Seite neigen Frauen zur Überinterpretation und zum Verständnis der
Nachrichten auf mehreren Ebenen. Grund dafür ist nochmal Erziehung: eine bildungs- und
sozialorientierte Erziehung erlaubt das weibliche Geschlecht, besser die Menschen
durchschauen zu können und dadurch die Nachrichten auf der Appell-, Selbstoffenbarung- und
Beziehungsebene besser zu erkennen und interpretieren.
Aus diesem Grund kann man behaupten, dass dies die Kommunikation beschädigt wird, denn
Männer und Frauen mit verschiedenen Spielregeln spielen: Männer sind tendenziell sachliche
Sender und Empfänger; Frauen meinen und interpretieren Nachrichten öfter auf den anderen
Ebenen. In anderen Worten, Frauen sind indirekter.

Kommunikationsprobleme sind aus all diesen Gründen eine unbezweifelbare Wahrheit. Es lässt
sich aber noch fragen, wer schuldig daran ist. Lässt euch überraschen: nicht die Biologie,
sondern die Gesellschaft ist die Ursache von diesen Unterschieden. Im fakt gibt es keinen
biologischen Grund, der die Sprachunterschiede aufgrund des Geschlechts beweist, sondern
diese hängen vom gesellschaftlichen Kontext ab. Alle Kommunikationsunterschiede beruhen
auf die Erziehung und die festen Geschlechterrollen. Wenn sich die Gesellschaft von diesen
absurden Geschlechterrollen losmachen würde, könnte man viele Kommunikationskonflikte
und Missverständnisse vermeiden.

Diese utopische Wendestelle der Gesellschaft wird euch wahrscheinlich aber sehr weit weg
erscheinen. Wir persönlich als Männer und Frauen können aber zur Lösung der
Kommunikationsproblemen im Alltag etwas beibringen. Die Lösung ist die genaue Mitteilung
von Nachrichten: man muss sagen, was man wirklich meint, ohne einen offenen Raum für
Interpretation zu lassen, denn, wie geprüft wurde, bringt dies bei der Kommunikation zwischen
Mann und Frau gar nichts. Wie der Sprichwort sagt: Durch ein gutes Wort zur rechten Zeit lässt
sich manches Missverständnis vermeiden.

Im Fakt, durch ein präzises Wort von Lisa vor der Tür ihrer Wohnung hätte Marco den Angebot
richtig verstanden und beide hätten eine schöne Zeit in Lisas Wohnung gehabt. Jedoch Lisa hat
nicht daran gedacht, dass Marco ein Mann ist.

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