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Gedichtinterpretation + Erörterung (Vorscghlag 4, 2019)

Das Gedicht “Geheime Liebe” vom Schriftsteller Clemens Brentano (1778-1842) wurde 1811
geschrieben und gehört zur Epoche der Romantik. Das Hauptthema des Gedichts, wie man
schon aufgrund des Titels ahnen kann, ist die geheime Liebe, die man nicht zeigen kann. In
diesem Sonett erläutert das lyrische Ich, dass es nur in der Nacht Ruhe finden kann, denn da
kann es seine Gefühle ohne Angst befreien. In der folgenden Analyse und Interpretation werde
ich das Gedicht im Hinblick auf diese Deutungshypothese sowohl sprachlich und formal als
auch inhaltlich analysieren und interpretieren.

Das Gedicht ist ein Sonett, denn es aus 14 Versen besteht, die in 2 Quartetten und 2 Terzetten
aufgeteilt sind. Das Sonett erlaubt dem lyrischen Ich, eine inhaltliche Trennung zwischen den
Quartetten und den Terzetten zu etablieren. Daraus ergeben sich zwei Sinnabschnitte.

Im ersten Sinnabschnitt (V.1-8) geht es um den grossen Schmerz, den das lyrische Ich aufgrund
seiner geheimen Liebe empfindet. Das lyrische Ich kann diese Liebe nicht haben oder zeigen,
aber gleichzeitig kann es das Leid nicht entfliehen.

Im zweiten Sinnabschnitt (V.9-14) erläutert das lyrische Ich, dass es nur in der Nacht Tröstung
finden kann, in der es sich im Gegenteil zum Tagb wohlfühlt. Deswegen verfluchet es den
Beginn eines neuen Tages.

Bezüglich der Form kann man erkennen, dass die Quartetten und Terzetten des Gedichts
verschiedene Reimschemata, wie es bei Sonetten häufig ist, haben. Bei den Quartetten finden
wir einen umarmenden Reimschema, der diese beiden Strophen eine geschlossene Struktur
geben. So ist es auch inhaltlich, denn, wie wir später sehen werden, gibt es auch zwischen
diesen zwei Strophen eine kleine inhaltliche Trennung. Die Struktur des Reimschemas in den
restlichen zwei Strophen ist „cdd, cee“. Somit wird die sinnabschnittliche Trennung nochmal
deutlich und man erkennt, dass der Reim vom ersten Vers der beiden Strophen sich
wiederholt, welches auch inhaltlich Sinn macht, denn beide auch das Motiv der „Nacht“
nennen und einleiten, welches man später genauer analysieren wird. Das Metrum des
Gedichts ist ein durchgehender Trochäus, der dank zu unterschiedlichen Silbenanzahl sowohl
Versen männlicher als auch weiblicher Kadenz verursacht. Die Verteilung der Kadenzen
(weiblich, männlich, m, w ; w, m, m, w ; m, w, w ; m, w, w) ist sehr strukturiert und als Folge
auch armonisch. Im Fakt gibt es keine einzige formale Unregelmässigkeit im ganzen Gedicht,
welches diesem genannten Zweck der Armonie erfüllt. Ausserdem kann man sagen, dass die
männliche Kadenz deutlich stärker als die weibliche wirkt, denn sie mit einer betonten Silbe
endet. Dies hat auch eine inhaltliche Bedeutung, denn die Versen mit männlicher Kadenz in
den Terzetten sind die, die die Beziehung zwischen dem lyrischen Ich und die Nacht erklären
und die die Struktur des Inhalts einteilen bzw. gliedern. Zuletzt ist ein Zeilenstil zu erkennen,
der die Flüssigkeit beim durchlessen ein bisschen verschlechtert. Dies ist aber absichtlich
gemacht, denn tatsächlich ist der Schmerz nicht etwas schönes. Es gibt deswegen einen
Kontrast zwischen der Armonie, die von einer klaren Struktur und von der Wahl des Sonetts als
Gattung verursacht wird, und diesem Bruch der Flüssigkeit aufgrund des Zeilenstils. Dieser
Kontrast spiegelt auch die Doppelwirkung der Sehnsucht nach einer geheimen, schmerzvollen
Liebe.

In diesem Gedicht erkennen wir zwei wichtige Motive der Romantik, zu denen das lyrische Ich
eine besondere Beziehung zeigt. Diese befinden sich grundsätzlich in den separaten
Sinnabschnitte, obwohl sie sich natürlich auch einmischen.

In den ersten zwei Strophen ist das Motiv der Liebe sehr deutlich. In diesem Fall handelt es sich
von einer besonderer Art der Liebe: eine „geheime Liebe“. Wie der Titel schon erklärt, kann
das lyrische Ich seine Liebe nicht zeigen. Dass diese Liebe ein Geheimnis ist, erkennt man auch
durchgehend, zum Beispiel in der Wortwahl („verstohlen“, V. 6; „gestehen“, V.5) oder auch in
der Tatsache, dass das lyrische Ich seine Gefühle nur in der Nacht offenbaren kann, wie man
später erklären wird. Das lyrische Ich benutzt im ersten Quartett eine Allegorie, um seine Liebe
zu beschreiben und bildhaftlicherer zu ermitteln. Es redet aus der Schicht einer verbannten
Person und spricht von einem „ der Liebe schöne[n] Reich“ (V.3). In dieser Inversion zeigt sich
auch in der Sprache die Verwirrung des lyrischen Ichs, das mit der Agonie eines verbannten zu
vergleichen ist. Dies wird auch in der Metapher des ersten Verses deutlich: „Unbeglückt muss
ich durchs Leben gehen“. Das lyrische Ich hat keinen Ziel mehr, deswegen „geh[t]“ er einfach
durchs Leben und seiner Gang hat keinen eigentlichen Zweck. Auch das Leid wird in der
Wortwahl sehr betont („unbeglückt“, V.1) und somit schafft das lyrische Ich, dem Leser seine
Gefühle erfolgreich zu vermitteln.

Zu verdeutlichen ist auch, was für eine Auffassung von Liebe das lyrische Ich hat. Als Teil der
erklärten Allegorie sagt es im 2. Vers: „Meine Rechte sind nicht anerkannt“. Daraus kann man
interpretieren, das das lyrische Ich Liebe als ein „Recht[]“ erkennt; als etwas, auf das man
Anspruch erheben kann. Im Fakt ist diese Aussage auch im Einklang mit der romantischen
Auffassung des Lebens, denn die Gefühle und Emotionen werden hervorgerufen und sogar vor
den aufklärerischen Werten gestellt. Anstatt von Demokratie oder solche andere Forderungen
der Aufklärung fordert das lyrische Ich die Liebe, welches für die Bedeutung der Liebe und der
Emotionen in der Epoche der Romantik selbst spricht.

Trotz der Verbannung muss das lyrische Ich noch seine Geliebte sehen, die es hyperbolisch das
„Schönste[]“ (V.4) des Reiches der Liebe nennt. Er „muss“ (V.4) sie sehen, als ob, wenn wir die
Allegorie folgen, das lyrische Ich ein Verbannter wäre, der vom Aussen der Mauer die grosse
Stadt an der Grenze des Reiches beobachten würde. Der Aufrufezeichen am Ende des 4. Verses
erkundigt uns vom Leid des lyrischen Ichs nochmal, das er aufgrund dieser verbotennen Liebe
empfindet. Das lyrische Ich kann aber diese verbotenne und leidvolle Liebensucht nicht
vermeiden.

Diese Idee erläutert das lyrische Ich ein bisschen detaillierter in der zweiten Strophe. Durch die
Anapher am Anfang der Versen Nummer 5, 6 und 8 („Nicht“) deutet das lyrische Ich auf
verschiedene Teile seines Körpers hin, die nicht mehr unter Kontrolle scheinen: „die schwache
Zunge“ (V.5), „der Blick“ (V.6), das Herz (V.7) und der „Brust“ (V.8). Immer wieder redet das
lyrische Ich von einem Es, das alle diese kontrolliert (Vgl. V. 5-8). Dieses Es hat sich,
hyperbolisch gesagt, „das Herz“ des lyrischen Ichs „eigen [...] ernannt“ (V.7). Hier erkennt man
eine Personifikation dieses Es, welches nicht anderes als die Sehnsucht nach einer Geliebte
oder einem Geliebten ist. Wie das lyrische Ich metaphorisch sagt, können sein Körper und
sogar seine Seele diese Sehnsucht nicht „gestehen“ oder vermeiden. Der „Brust“ (V.8) und das
„Herz“ (V.7) sind mehr oder weniger Symbole der Seele, denn klassisch dachte man, das Herz
war das Haus der Seele. Diese unvermeidbare Sehnsucht tut ihm weh, und zwar nich physisch,
donder in der Tiefe seiner Seele. Wieder durch eine Exlamation macht er diese Aussage
kräftiger und ausdrucksvoller, um seine Beklemmung in der Sprache zu verwirklichen und
Mitleid im Zuschauer auszulösen.

Allerdings kann er schon Tröstung finden, aber nur in in der Nacht. Die Nacht ist auch ein sehr
häufiges Motiv der Romantik, denn in der Nacht können die Gefühle befreit werden. Für das
lyrische Ich spielt die Nacht deswegen eine besondere Rolle, weil seine Liebe geheim gehalten
werden muss.

Im ersten Terzett erkennt man eine Personifikation der Nacht, die als eine „fremde[]“ (V.9)
Person dargestellt wird. Das Adjektiv „fremd[]“ ist quasi eine Erleichterung für das lyriche Ich,
denn es kann der Nacht seine Gefühle zeigen oder ihr „[s]ein geheim Verlangen“ vertrauen,
ohne Angst zu haben, dass seine geheime Liebe erwischt wird.

Aus diesem Grund sucht das lyrische Ich eine Zuflucht in der Nacht, denn es sich nur da öffnen
und weinen kann: „Ist in Tränen meine Nacht durchwacht“ (V.12). Merkwürdig ist es hier, dass
das lyrische Ich nicht sagt, dass es geweint hat, sondern erklärt, die Weinende war die Nacht
selbst. Diese Symbiose zwischen der Nacht und dem lyrischen Ich ist auch typisch der Romantik
und deutet wiederhin auf das Wohlfühlen des lyrischen Ichs in der Nacht. Die Tatsache, dass
das lyrische ich von der Nacht als „[s]eine“ erklärt, verweist darauf, dass das lyrische Ich eine
einsame und ruhige Atmosphäre in der Nacht erfährt und deswegen eine enge Beziehung mit
ihr hat. Diese Beziehung versucht er uns durch alle diese sprachliche Auffälligkeiten und
rethorische Mitteln zu erläutern.

Die Nacht steht für das lyrische Ich in einem starken Kontrast zum Tag, der es zu den
Adjektiven „leer[]“ und „lang[]“ verknüpft. Dies wiederholt er zwei Mal in Versen 10 und 13 mit
einer Struktur eines Chiasmus: „der leere lange Tag“ (V.10) und „der lange leere Tag“ (V.13).
Dadurch betont das lyrische Ich die negative Gefühle, die der Tag auf ihm erweckt: für es ist
der Tag zu lang und emotionlos. Als ein romatisches lyrisches Ich sucht es die Emotion und die
Befreiung der Gefühle, deswegen verfluchtet er den neuen Tag, in dem es seine Gefühle für
sich selbst behalten muss und die Tröstung der Nacht nicht mehr hat. Im letzten Vers nutzt das
lyrische Ich eine Antithese um zu erklären, wie verwirrend seine Situation ist: „Still ins Herz
steigt meine Liebe nieder“, V.14. Diese Antithese (niedersteigen) spiegelt auch das Paradoxon
seiner geheimen Liebe: er kann diese Liebe nicht äussern, kann aber auch die nicht vermeiden,
was sich lediglich in eine Seelenunruhe übersetzt. Das lyrische Ich strebt nach einem
Seelenfrieden, der es nur in der Nacht findet. Leider dauert die Nacht nicht ewign und mit dem
Beginn eines neues Tages steigt das Schmerz wieder in seinem „Herz“, Symbol, das das lyrische
Ich durchgehend benutzt um durch es seinen innerlichen Schmerz kräftiger darzustellen.

Schlussfolgernd wurde nach der Gedichtinterpretation deutlich, dass das lyrische Ich nur in der
Nacht Tröstung finden kann, denn es kann nur ihr seinem Geheimnis vertrauen, ohne wegen
Sonnenlichts erwischt zu werden. Tatsächlich ist dies ein der beliebigsten Motiven der
romatischen Dichtern, denn aufgrund der Industrialisierung und des Rationalismus der
Aufklärung hatten die Menschen ihr Recht auf Emotion und Gefühlen praktisch verloren. Nur
in der Nacht, die mysteriös und ruhig ist und die die Tür für die Emotion und Fantasie offen
lässt, könnten die Menschen ihre Gefühle in einer kompletten Intimität befreien, so wie das
lyrische Ich seine „geheime Liebe“ der Nacht vertraut. Deswegen kann man schlussfolgern,
dass Brentanos Gedicht eine klare Übersicht von zwei der wichtigsten Themen oder Motiven
der Romantik gibt: die schmerzvolle aber gesehnte Liebe und die Nacht, bei der die Emotionen
fliegen können.

In den Anfangszeilen vom Buch „Romantik. Eine deutsche Affäre“ (2007) vom deutschen
Schriftsteller Eberhard Rathberg, die unter dem Titel „Was bleibt von der Romantik?“
geschrieben wurden, geht es um die aktuelle Auffassung des Begriffs „romantisch“.

Rathbergs Hauptthese ist, dass heutzutage gar nichts aus der Romantik bleibe. Das einzige
übrig sei laut ihm das Adjektiv „romantisch“, jedoch es wurde entehrt und ihm wurde einen
anderen Sinn gegeben. „Romantisch“ aus der heutigen Schicht definiert er als eine
„Lebensqualitätssteigerung“ (Z.6).

Diese ist eine sehr weitverbreitete These, denn beim ersten Blick auf die heutige Gesellschaft
und Auffassung vom Adjektiv „romantisch“ kann man schwierig die Spuren der Epoche der
Romantik erkennen. Jedoch, wie wahr ist diese These?

Einerseits muss man den deutschen Schriftsteller zustimmen, dass das Adjektiv „romantisch“
heutzutage ausschliesslich im Sinnne der Liebe gemeint ist. Eigentlich ist Liebe aber nur ein der
Themen der Romantik. Daneben stehen wichtige Themen und Motive wie die Mystizität, die
Fantasie, die romantische Sehnsucht nach dem Jenseits, nach der Ferne, usw. Man würde
heutzutage nicht meinen, dass beispielweise „Frankenstein“, ein der berühmtesten Romanen
der Romantik, sehr „romantisch“ ist. „Romantisch“, wie Eberhard schon erläutert sind eher
„ein Abendessen zu zweit bei Kerzenlicht“ oder „eine [...] Fahrt durchs grüne Schottland“.

Nichtdestotrotz kann man deswegen das Thema der Liebe in der Epoche der Romantik einfach
vernachlässigen, denn es war ein richtiges Hauptthema, von der heute noch vieles geblieben
ist. Im Gedicht „Geheime Liebe“ (1811) von Clemens Brentano gibt das lyrische Ich der Liebe
einen besonderen Wert. Das lyrische Ich erklärt die Liebe als einen Recht des Menschen. Nach
der Aufklärung schaffte die Romantik wieder den Fokus von den rationalen Aspekten zu den
Emotionen und Gefühlen zu bewegen und die Liebe wurde dadurch auch zu einem wichtigen
Punkt. Heute ist Liebe auch ein besonderer Teil unseres Lebens. Dies zeigt sich beispielweise
an der Literatur, Kunst oder Philosophie: an jedem, was uns zu Menschen macht. Ohne die
Epoche der Romantik würde man aber wahrscheinlich heutzutage keinen so hohen Wert der
Liebe geben. Man kann deswegen doch feststellen, dass schon etwas übrig von der Romantik
bis zu unseren Zeiten geblieben ist.

Darüber hinaus ist das Streben nach Emotion und Gefühl etwas atemporelles und
innewohnend des Menschlichen. Die Liebe und der folgende Schmerz, die Brentano in seinen
Versen rethorisch beschreibt hat jeder Mensch einmal erlebt. Der Unterschied ist, dass es
anscheinend keinen Platz für die Offenbarung dieser erweckten Gefühlen in unserer
kapitalistischen und rationalistischen Gesellschaft gibt. Aber nur anscheinend, denn wenn man
die Kunst oder die Musik des 21. Jahrhunderts analysiert, merkt man, dass die meisten Lieder
von Liebe und dem von ihr verursachten Leid sprechen. Die bekanntesten Popsänger der Welt
wie zum Beispiel Adele oder Ed Sheeran sind die aktuellen Bettina von Günderrode oder
Clemens Brentano, die in ihrem Lieder über den Schmerz der Liebe singen.
Die Kunst findet immernoch Inspiration bei den romantischen Gedichten und Werken, und
zwar nicht nur bezüglich der Liebe. Romantische Werke werden immer noch zum grossen
Bildschirm gebracht und von Schauspielern interpretiert. Immerwieder gibt es neue Versionen
von romantischen Romanen wie „Frankenstein“ oder „Romeo und Juliett“ gedreht, sodass
auch die kleinsten Kinder, ohne es zu wissen, auch etwas von der Romantik bekommen, wie
zum Beispiel durch den Zeichentrickfilm von „Romeo und Juliett“.

Zusammenfassend ist die aktuelle Beudeutung des Begriffs „romantisch“ natürlich falsch, oder
wenigstens nicht komplett. Trotzdem kann man vieles von der Romantik auch heute erkennen,
obwohl die meisten Leuten es niemals „romantisch“ nennen würden. Man muss aber
akzeptieren, dass sich Sprache entwickelt und dadurch die Bedeutung mancher Begriffe
verloren geht. Was man nicht akzeptieren sondern zwanghaft vermeiden muss, ist, dass der
reiche Einfluss, den wir von der Epoche der Romantik bekommen haben, verloren geht; denn
tatsächlich ist die romantische Auffassung der Welt, der Liebe und des Menschenbildes nicht
nur Teil der Geschichte, sondern auch ein notwendiger Teil von uns und unserer Seele.

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