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Gedichtvergleich

Sunday, January 29, 2023

Das vorliegende Gedicht „Ziehende Landschaft“ wurde von Hilde


Domin geschrieben und 1955 veröffentlicht. Dieser thematisiert die
Problematik des Identitäts- und Kulturverlustes, die spezifisch für die
gezwungene Emigration sind. Das lyrische Ich hält fest an seine
Heimatliebe und äußert seine nationalistischen Gefühle, um den Verlust
der Verbindung an seinem Heiort zu vermeiden.

Somit betrachtet man, dass sowohl dieses Werk als auch Bertolt
Brechts „Sonett in der Emigration“, die Thematik des Exils in
Vordergrund bringen, unterscheiden sich die Perspektiven der beiden
Autoren voneinander.

Schon bei der Betrachtung der Epochen, in die sich die zwei Gedichte
eingliedern, können Unterschiede bemerkt werden. Das erste Gedicht
wurde 1941, während des Zweiten Weltkriegs, veröffentlicht. Innerhalb
dieses Zeitraumes war die Frage nach Menschenverfolgung und
Heimatverlust durch Exil ein aktuelles Thema.

Im Gegensatz dazu erschien „Ziehende Landschaft“ im Jahre 1955, zehn


Jahre nach dem Kriegsende. Dementsprechend reflektiert die lyrische
Stimme über die Vergangenheit und betrachtet die geschichtlichen
Handlungen aus einem mehr distanzierten Standpunkt.

Im Weiteren, obwohl die beiden Werke die Emigration als Topos


haben, werden Reihe nach zwei verschiedene Aspekte dieses Motivs
angesprochen.

Im ersten Gedicht erwähnt die lyrische Instanz den gezwungenen


Neuanfang seiner Karriere, welcher durch die Orientierungslosigkeit in
der fremden Heimat charakterisiert wird („Schon gehend, weiß ich jetzt
noch nicht: Zu wem?“). Dieser verwendet die Anpassungsunfähigkeit an
dem neuen Ort, um seine Situation zu beschreiben.

Das zweite Gedicht zeigt den lyrischen Ich, wie er sich mit der
Verbindung an das Herkunftsland auseinandersetzt undsein altes Leben
für das neue nicht austauschen will („als zöge die Landschaft und wir
ständen fest.“). Das lyrische Ich versucht, seine Erinnerungen
auszuleben, in der Hoffnung, eines Tages nach Hause zurückkehren zu
können.
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können.

Zunächst versucht der lyrische Sprecher innerhalb des ersten Textes,


sich mit der neue Lebensstil zu gewöhnen („Die alten Wege muss ich
wieder gehen.“) Trotz seiner Unzufriedenheit ins Exil, gibt er sich der
unbekannten Zukunft hin, und versucht zu überleben. Innerhalb des
zweiten Gedichts kann die lyrische Stimme ihr Schicksal nicht
akzeptieren und traut, dass sie wieder die Möglichkeit zum
Zurückkehren haben wird („und wir zu Hause sind, /und niedersitzen
können und uns anlehnen“). Sie sieht das neue, unbekannte Ort nur als
ein kleines Hindernis in ihrem Weg, ihre Heimat wiederzusehen.

Weiterhin tauchen führende Unterschiede zwischen den zwei Werke


bei ihrem Aufbau auf. Im ersten Fall besteht das erste Gedicht aus zwei
Quartette und zwei Terzette. Der zweite Text hat keine Strophen, es
besteht aus fünfzehn Versen. Daraus kann man nachvollziehen, dass die
fehlende Struktur des zweiten Textes auf die seelische Verzweiflung der
lyrischen Stimme hindeutet. Demzufolge hat das vorliegende Werk, im
Vergleich zu den Ersten, keinen Reim. Diese Tatsache betont die innere
Zerrissenheit des Erzählers. Sowohl der Rhythmus fehlt aus dem
zweiten Gedicht, im Gegensatz zu Brechts Werk.

Demnächst wird die Motivik der zwei literarischen Stücke beobachtet.


„Sonett in der Emigration“ hat die Gegenüberstellung von Heimat und
Exil als wichtiger Topos. Diese Tatsache wird durch die folgende
Aussage verdeutlicht: „Verjagt aus meinem Land/Wie ich zu einem
neuen Laden komme“. Hiermit stehen die zwei Orte antithetisch
zueinander, wobei der lyrische Sprecher seine Heimat als „sein
Land“ betrachtet, und die neue Umgebung als feindlich sieht.

Im zweiten Gedicht wird diese Parallele auch geschafft, doch mithilfe


des Topos „Baum“ („Man muss weggehen können/und doch sein wie
ein Baum.“). Das lyrische Ich legt kein großer Wert auf seine neue Lage,
sondern bemüht sich, an seine Herkunft festzuhalten. In beiden Werke
ist der Topos der Emigration zu finden. Der erste Text behandelt diese
Problematik als eine bittere Wirklichkeit, an welchen er sich anpassen
muss. Somit werden durch den Ausruf „Die glattgeschliffenen durch den
Tritt der Hofnungslosen!“, Gefühle von Hoffnungslosigkeit und Trauer
ausgedrückt. Auf der anderen Seite wird im zweiten Gedicht über das
Leben im Exil nicht gesprochen, sondern wird die Heimatliebe im
Mittelpunkt gebracht: „Man muß den Atem anhalten, /bis der Wind
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Mittelpunkt gebracht: „Man muß den Atem anhalten, /bis der Wind
nachläßt“. Die lyrische Instanz hofft, den Alptraum der Realität, in der
sie sich befindet, abzuwarten, um in die Vergangenheit zurückzukehren.

Im weiteren Verlauf der Analyse wird die stilistische Gestaltung im


Aufmerksamkeit des Lesers gebracht. Die Wiederholung des
Personalpronomen „Ich“ deutet auf den subjektiven Standpunkt des
Erzählers. Dieser setzt sich mit der Thematik des Werkes aus einer
subjektiven Perspektive auseinander, was auf sein Erlebnis dieser
Handlung hinweist. Die Handlung in „Ziehende Landschaft“ wird im
ersten Teil des Gedichtes aus einer objektiven Perspektive erzeugt, was
an dem Gebrauch des Indefinitpronomens „man“ erkennbar ist. Die
Erzählinstanz distanziert sich von der Aktion und berichtet über den
beschriebenen Vorgang aus der dritten Person. Trotzdem werden im
letzten Teil die Personalpronomen „wir“ und „unser“ gebraucht, um die
Einheit des Lesers und des Erzählers zu betonen. Sie wechselt zu einer
subjektiven Perspektive und bringt sich ins Geschehen ein, um
Sympathie und Mitleid zu zeigen. In beiden Werken werden Metaphern,
wie „Die glattgeschliffenen durch den Tritt der Hofnungslosen!“ und
„das Spiel von Licht und Schatten“ benutzt, damit die Gefühle von
Unsicherheit und Verzweiflung erzeugt werden. Diese unterstreichen die
Existenzängste der beiden lyrischen Stimmen.

Außerdem erwähnt die Wiederholung der Buchstabe „n“ in Form der


Alliteration „noch nicht“ die Orientierungslosigkeit der ersten
erzählerischen Instanz. Auf ähnlicher Weise ermittelt die Wiederholung
des Wortes „als“ (Anapher) im zweiten Gedicht den Vergleich zu der
Heimat, um die Anpassung des Erzählers an das neue Leben zu
erleichtern.

Letztendlich sind die Erscheinungszeiten der beiden Texte


voneinander differenzierbar. Das erste Gedicht wurde 1941 geschrieben
und bietet an Aktualität für die Exil-Epoche der Kriegszeit. Es ist uns
bewusst, dass das Entstehungsjahr des Werkes „Sonett in der
Emigration“ dem Exil des Schriftstellers in die USA entspricht. Mithilfe
dieser Information kann man behaupten, dass eine schwache
Selbstinszenierung entsteht. Das zweite Gedicht wurde 1955
veröffentlicht, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Falls die Rede
über eine Selbstinszenierung ist, können die Inhalte des Werkes als
Erinnerungen und Rückblenden der Autorin betrachtet werden. Die
Stimmung des ersten Gedichts drückt Hoffnungslosigkeit und
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Stimmung des ersten Gedichts drückt Hoffnungslosigkeit und
Identitätsverlust aus, während man anhand des zweiten Gedichts
bemerkt, dass die Erzählerstimme hoffnungsvoll auf den Wiedersehen
der Heimat wartet.

Schlussfolgernd äußern sich beide Werke bezüglich der Exilepoche,


die während 1933–1945 in Deutschland Platz nahm. Folglich ist der
größte Unterschied zwischen den zwei literarischen Texte die
Perspektive. Der erste Erzähler versucht die Vergangenheit hinter sich
zu lassen und konzentriert sich auf das Überleben des neuen Schicksals,
während der lyrische Sprecher aus dem zweiten Gedicht versucht, durch
seine Erinnerungen an seine Verbindung zur Heimat festzuhalten.

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