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Österreichische Literatur des 20.

Jahrhunderts Übungen

Hugo von Hofmannsthal: Ein Brief (auch: Brief des Lord Chandos an Francis Bacon) 1902

 Dieser Brief eröffnete 1902 die österreichische Literatur. Zu dieser Zeit war Hofmannsthal
28 Jahre alt. Lord Chandos, der Verfasser des Briefes, ist 26 Jahre alt als er den Brief im
Jahre 1603 schreibt. Philipp Lord Chandos, der jüngere Sohn des Earl of Bath schreibt an
Francis Bacon.
 Im Brief geht es um die Sprachkrise und die Schwierigkeit Abstraktes zu benennen. Es
ist in einer Sprache geschrieben, die nicht zum Sprachgebiet des Schreibers und
Andressaten gehört, denn beide sind Engländer und Lord Chandos schreibt auf Deutsch.
Dadurch entsteht eine Fiktionalität und es ist ein Zeichen der Schwierigkeit die Sprache
zu beschreiben.
 Lord Chandos ist beruflich ein Schriftsteller, was eine Anspielung auf Hofmannsthal ist.
Der Schreibanlass war ein Brief von Francis Bacon, in dem er fragte, warum Lord
Chandos nicht mehr schreibt. Dieser Brief ist der Versuch dieses Schweigen zu klären
und es zu rechtfertigen mit dem Beschluss nicht mehr zu schreiben. Er sagt, dass es
voraussichtlich sein letzter Brief ist. Die Sprachlosigkeit hindert ihn weiter zu schreiben.
 In diesem Brief blickt Lord Chandos zurück und sagt, was sein früheres Verständnis von
Dichtung war.
 In diesem Brief wird aus Goehtes Autobiographie „Dichtung und Wahrheit“ zitiert. Es geht
darin um seine Kunst und sein Leben.
 Lord Chandos erwähnt auch die Musik und die Algebra als Arten der Kust neben der
Dichtung. Die Algebra wird auch bei Musil und Thomas Mann erwähnt.
 Alle Regeln der Dichtung, denen Lord Chandos folgte, sind nicht mehr gültig. „Was ist der
Mensch, dass er Pläne macht?“
 Lord Chandos sieht seine Sprachkrise durch Bilder aus der Vergangenheit dargestellt. Er
kehrt in die Natur zurück und findet dort Ruhe. Sogar vor der Tochter ist er nicht mehr in
der Lage sich auszudrücken.
 Neben Hofmannsthal sprach auch Rilke von dieser Sprachkrise.
 Hofmannsthal spricht von einem Dasein. Das Dasein bezieht sich auf das irdische Leben.
Lord Chandos sah das Dasein als eine Einheit. Dieses Dasein als Ausdruck der
Harmonie, die er in der Welt sah, ist nicht mehr eine Einheit, sondern ist in Teile
zersplittert. Das Dasein ist doch leer. Lord Chandos überlegt beim Schreiben, was mit ihm
los ist. Das neue Dasein ist ohne freudige und belebende Augenblicke.
 Hofmannsthal benutzt Bilder und Geschichten aus der Mythologie, Geschichte und der
Literaturgeschichte.
 Er benutzt auch Bilder der Gewalt: Gift, Ohnmacht, geknäulte Krämpfe, der kalte Blick der
Wut, Todesschreie.
 Alba Longa ist eine Stadt in der Nähe von Rom gewesen. Es geht um den Kampf
zwischen den Horatiern und den Kuratiern. Sie kämpften um die Herrschaft. Die Horatier
siegten, wobei aber Alba Longa zerstört wurde und sie bauten Rom. Das Bild der
brennenden Kathargo ist ein Bild der Zerstörung.
 Er kommmt zum Schluss, dass er nicht mehr schreiben wird. Die Sprache ist unwichtig,
es geht um eine fehlende Sprache des Geistes. Das Schweigen, Verstummen scheint die
einzige Antwort zu sein.

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Hugo von Hofmannsthal: Der Tor und der Tod

Der Tor und der Tod ist ein lyrisches Drama in einem Akt, das 1893 erschienen ist. Die
Uraufführung war 1898 in München
Es ist Hofmannsthals berühmtestes Jugendwerk, für das der Autor ürsprünglich den Titel
„Der neue Totentanz" vorgesehen hatte. Es erschien unter dem Pseudonym „Loris“.
Dem Dramentypus wie auch der Grundstimmung des Fin de siècle entspricht das Thema
des Todes ganz besonders.
Anders als in der klassischen Tragödie aber interessiert nur der kurze Zeitraum zwischen
Leben und Tod, die Spanne, die einen Sterbenden vom Tod noch trennt. Diese Situation
kann auf Handlung verzichten und kann stattdessen Gefühlsregungen, Impressionen des
inneren Lebens gestalten. Das lyrische Element ist ihr angemessen.
Eine ganze Generation erkannte sich in diesem Drama wieder, weil Hofmannsthal dem
Unbehagen einer gebildeten Leserschicht Ausdruck verlieh, die sich selbst in ihrem nur
nachempfindenden Historismus als epigonal erlebte und glaubte, kein eigenes Leben
vorweisen zu können.
Handlungsort ist das Studierzimmer des Claudio, eines einsam lebenden Edelmannes. In
seinem Studierzimmer sinnt der alternde reiche Claudio, am Fenster sitzend, dem Leben
nach. Sein Leben wie ein Buch erlebend, bleiben ihm Schmerz und Glück gleichermaßen
versagt.
Da ertönt plötzlich eine Geigenmelodie. Sie ruft ihm seine Kindheit in Erinnerung, in der er
sich als „ein lebend Glied im großen Lebensringe“ fühlte. Der Geiger aber ist der Tod
(Totentanzmotiv), der nicht als schauerliches Gerippe, sondern als großer Gott der Seele
vor ihm steht. Claudio fühlt sich aber noch nicht reif zum Sterben.
Der Tod lehrt den Toren, das Leben wenigstens am Ende zu ehren und ruft mit ein paar
Geigenstrichen drei Tote hervor, gegenüber denen Claudio schuldig geworden ist: Seine
Mutter, seine verlassene Geliebte, seinen Freund.
Der Tod gewährt keine Aufschub und nun erfährt Claudio erstmals Wirklichkeit und verklärt
sein Sterben mit den Worten: „Da tot mein Leben war, sei du mein Leben, Tod!“.
Claudio ist der einzige, der einen Namen trägt. Er ist als Typus zu verstehen, er vertritt
eine ganz bestimmte Lebensform: materielle Unabhängigkeit, verfeinerter
Kunstgeschmack, aber auch Isolation bestimmen seine Eigenart.
Ort und erste Worte, selbst die „gotische...Truhe“ erinnern an Faust in seinem
Studierzimmer. Hofmannsthal verbirgt die Nähe zur Darstellung des Faust nicht. Die
Verwendung schon vorhanderner Inhalte oder Formen ist sicher gewollt; wenn Claudio
sich des Goethischen Sprachtons bedient, kennzeichnet das seine (und der Epigonen)
Situation, nichts Eigenes zu haben, aber auch, dem Leben entfremdet, in einem
vorgeformten Gebilde zu existieren.
Claudio ist ein Tor, d.h. er ist in seinem Leben nicht weise geworden, hat sich in seiner
künstichen Welt selbst genügt. Der Tod führt ihm vor, was er damit alles versäumt hat. Erst
dadurch gewinnt Claudio die Einsicht: „Erst, da ich sterbe, spür ich, dass ich bin.“ Der Tod
zeigt ihm, dass er keinem etwas war, vor allem aber auch keiner etwas ihm. So findet er
schließlich im Tod den Sinn: „Da tot mein Leben war, sei du mein Leben, Tod!“.
Die freie Hingabe an den Tod ist seine erste wirkliche Tat. Damit erreicht er so viel
eigentliches Leben, dass er alles bisher Unterlasseine (Aufopferung, Mitgefühl,
Verantwortung) in diesem letzten Augenblick erfährt.

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Hugo von Hofmannsthal: Der Schwierige

Es handelt sich um ein Lustspiel in drei Akten. Die Komödie wurde 1920 beendet. Sie
erschein 1921 und wurde im gleichen Jahr in München uraufgeführt.
Zwei Arten des Lustspiels sind hier miteinander verschmolzen: Die Charakterkomödie des
„Schwierigen“ Kari Bühl und die Gesellschafskomödie aus dem Wien von 1920.
Hans Karl Bühl, auch Kari genannt, ist die Titelfigur und gehört der zeitgenössischen
Wiener Adelsgesellschaft an, die sich überlebt hat, eigentlich schon gar nicht mehr
existiert. Er scheint ein vollendeter Vertreter dieser Gesellschaft, beherrscht alle ihre
Formen. Er lebt in einem Stadtpalais, beschäftigt zwei Diener, empfängt Besuch von
seinesgleichen, mit dem er auf höflichste Weise belanglose Gespräche führt. Vielleicht
gebraucht er die in Wiener Salons übliche, mit französischen Ausdrücken durchmischte
Sprache etwas weniger als die anderen – wie etwa das Geplauder mit seinem Neffen Stani
zeigt.
Hans Karl wollte zuerst nicht auf die Soiree bei den Altenwyls, weil es ein „Graus“ für ihn
ist, aber seine Schwester Crescence konnte ihn überreden hinzugehen. Er verpflichtet sich
sogar, bei deiser Gelegenheit bei Problemen zu helfen. Man hält ihn dafür besonders
geeignet, er spreche durch seine „Person“ meint Stani, gelte als „ein großer Herr“, der
„mühelos das vorstelle“, was er ist. Dieser Meinung ist auch seine Schwester Crescence.
Hans Karl weiß, dass er entscheidungsschwach ist. Das gilt in seinen Beziehungen zu
Frauen oder bei Festlegungen anderer Art.
Kari ist der „Mann ohne Absichten“ (so ein früherer Titel des Lustspiels) nicht nur, weil er
gutmütig ist, sondern weil er nicht weiß, wovon er sich in seinem Verhalten leiten lassen
soll.
Neben Stani wirbt auch der Baron Neuhoff um Helene Altenwyl, aber ohne Erfolg.
Der Weg zum eigentlichen Leben ist das Heraustreten aus der Ichbegrenzung ins Soziale,
worunter Hofmannsthal das Mitmenschliche versteht. Dabei sind Hindernisse zu
überwinden. Neben der fehlenden Einsicht in das eigene Ich, ist dies vor allem die
Sprache. Durch sie, erklärt Kari, kämen „Mißverständnisse“ zustande. „Konversation“ und
„Konfusion“ sind für ihn geradezu identisch.
Die Sprachskepsis ist ein früheres Problem von Hofmannsthal und es beschäftigt ihn auch
zur Zeit der Ausarbeitung der Komödie noch.
Kari weiß, dass durchs Reden alles auf der Welt zustande kommt und die Aufträge, die er
von seiner Schwester, von Stani und von seinem alten Freund, dem Grafen Hechingen
(Kari soll Antoinett überzeugen, dass sie zu Hechingen zurückkehrt), für die Soiree erhält,
erwarten von ihm nichts weniger, als dass er die Gesprächsmöglichkeiten des Abends
dazu benützt, Handlungen in Gang zu bringen. Aber wie gerade ihm das gelingen sollte,
der durchdrugen ist von dem Gedanken, dass die Sprache Mißverständnisse schafft, läßt
sich nicht vorstellen und schaffte eine grotesk-komische Situation. Dass er sich überhaupt
darauf einläßt, liegt in seinem Wesen, das er selbst charakteriseirt, wenn er die Rolle des
Clowns Furlani beschreibt: „Er spielt seine Rolle: er ist der, der alle begreifen, der allen
helfen möchte und dabei alles in die größte Konfusion bringt. Er macht die dümmsten
Lazzi (=Witz, Possen, komische Gebärde), und dabei behält er eine élégance, eine
Diskretion, man merkt, dass er alles, was auf der Welt ist, respektiert. Alle anderen lassen
sich von einer Absicht leiten. Er aber geht immer auf die Absichten anderer ein“.
Auch Mitglieder der „alten Gesellschaft“ wie Altenwyl oder Edine verabscheuen die direkte,
zielbewußte Art des Sprechens bei der jungen Generation, aber nicht zufällig unterbricht
dieses Gespräch die Szene, in der Kari der Tochter Altenwyls, Helene, seine Vorstellungen
über Absicht und Sprache mitteilt. Beide gehören weder zu den alten noch zu den neuen
Leuten. Ihre skeptische Einstellung zur Sprache ist von ganz anderer Art als die Kritik der
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„Alten“ an der neuen Form der „Konversation“. Während deren Einwand im Grund die
neue Lebenshaltung betrifft, rührt sowohl Karis als auch Helenes Ablehnung gegenüber
der „Konversation“ aus der Wahrnehmung eines Sprachverfalls.
Helene ist die Figur, die mit ihrer Natürlichkeit, ihrem klaren Verstand, ihrem Feingefühl
und ihrem Gespür für Nuancen Kari zu sich selbst führen kann. Durch sie wird sich Kari
bewußt, dass auch er in Helene verliebt ist.
Die Soiree hat – ähnlich wie das Spiel des Clowns Furlani – unerwartete Ergebnisse
gebracht. Helene hat sich mit Kari, anstatt mit Stani verlobt.

Arthur Schnitzler: Anatol

 Die Einakterreihe Anatol steht am Anfang von Schnitzlers dramatischem Schaffen. Es


entstand 1889-1891 und erschien 1892, einzelne Teile wurden seit 1889 veröffentlicht. Die
ersten Aufführungen fanden 1910 in Wien und Berlin statt.
Der Zyklus umfaßt nach einleitenden Versen von Schnitzers, Freund, Hofmannsthal die
folgenden Akte oder Szenen: „Die Frage an das Schicksal“, „Weihnachtseinkäufe“, „Episode“,
„Denksteine“, „Abschiedssouper“, „Agonie“, „Anatols Hochzeitsmorgen“ (als Abschluß war
ursprünglich der Einakter „Anatols Größenwahn vorgesehen, wurde dann jedoch durch
„Anatols Hochzeitsmorgen „ ersetzt.)
Das Thema sind die stets wechselnden, aber auch stets gleichbleibenden neu angeknüpften
und zerbrechenden Liebschaften des Titelhelden Anatol, der ein finanziell unabhängiges
Leben führt.
Trotz seiner Lebenspraxis spielen in seinem Bewußtsein ehrliche, unbedingte Liebe und
ewige Treue eine zentrale Rolle.
Sein Freund Max fungiert als Raisonneur, zynischer Kommentator, realistischer Zweifler oder
Stichwortgeber.
Im ersten Einakter „Die Frage an das Schicksal“ steht ein Experiment im Zentrum. Anatol
möchte herausfinden, ob seine Freundin Cora treu ist und will sie deshalb hypnotisieren.. Sein
Vorhaben bekommt groteske Züge, weil er für sich Untreue und Liebesheuchelei ganz
selbstverständlich in Anspruch nimmt. Cora lässt sich hypnotisieren, aber er fragte sie nicht
ob sie treu war, weil ihm diese Frage nicht deutlich genug ist. Anatol erweist sich gleich
anfangs als Sprachskeptiker, der die Eindeutigkeit des Wortes anzweifelt. Anatol hat letzten
Endes auch Angst vor der Wahrheit, weil diese seine männliche Eitelkeit beschädigen könnte.
Anatol, finanziell unabhängig, berufslos, ichbezogen, unfähig zu wirklicher Kommunikation,
reduziert die Frauen auf Typen, unmittelbares, direktes Erleben ist ihm verschlossen, die
Gegenwart entzieht sich ihm.
Anatols Leben zerfällt so in Episoden ohne inneren Zusammenhang.
Anatol bezeichnet sich selbst als leichtsinnigen Melancholiker. Der leichtsinnige Melancholiker
und Hypochonder der Leibe angekränkelt durch ständige Selbstreflexion, bleibt willenlos,
unentschlossen, ohne Entwicklung, ohne Perspektive. Melancholie, Dekadenzstimmung liegt
über dem Werk.

Arthur Schnitzler: Leutnant Gustl


Diese Novelle erschien 1900.
Die Reaktion militärischer Dienststellen auf die Publikation war bemerkenswert: der Autor
erhielt den Bescheid, dass ihm sein Rang als Reserveoffizier wegen „Verletzung der
Standesehre“ annerkannt worden sei.
Das eigentlich Neuartige an dieser Novelle ist die Form: Sie ist die erste Erzählung in der
deutschsprachigen Literatur, die konsequent im „inneren Monolog“ geschrieben ist. Schnitzler

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gab in einem Brief zu, dass er sich dabei in der Erzähltechnik von einer Novelle des
Franzosen Edouard Dujardin anregen ließ.
Die Novelle gehört zur Strömung des Impressionismus.
Mit dem Mittel des inneren Monologs gelingt es ihm , eine Gestalt ganz aus der Innensicht
aufzubauen und sogar die Außenwelt, in der sie sich bewegt, allein als Reflexe in ihrem
Bewußtsein zu gestalten.
Dem Leser ist es durch die Wiedergabe der unausgesprochenen Gedanken, Assoziationen
und Erinnerungen der Titelfigur möglich, deren bewußte und unbewußte Regungen bis hinab
in die psychischen Tiefenschichten scheinbar unmittelbar nachzuvollziehen.
Der Leutnant Gustl sitzt in einem Konzert, das ihn langweilt. Er glaubt aber, es seinem Stand
und seiner Stellung als Offizier schuldig zu sein, nach außen hin den Schein wahren und die
Musik als schön erleben zu müssen. Zu verbergen, dass er sich langweilt, ist für ihn jedoch so
anstrengend, dass es seinen Ärger und seine Aggressionen weckt. Er denkt an ein am
übernächsten Tag ihm bevorstehendes Duell und nimmt dies kurz darauf in einer Art Augen-
Duell mit einem Konzertbesucher, von dem er sich durchschaut wähnt, gleichsam vorweg
(Duell-Motiv). Der leicht errungene Sieg bestätigt ihn von neuem in seinem
Männlichkeitsbewußtsein; seine Gedanken schweifen zu seiner derzeitigen Geliebten Steffi,
die er sich offensichtlich mit einem wohlhabenderen und ahnungslosen Rivalen teilt. Mit dem
Gedanken an den Konkurrenten wird auch sein Vorurteil gegenüber Juden deutlich. In seinen
Kreisen ist der Anitsemitismus ganz normal.
Gustl repräsentiert einen Typus, der völlig von aller individuellen Zügen ist, dessen Verhalten
in allen Äußerungsformen außengesteuert ist, der darauf angewiesen ist, sich nach anderen
zu richten. Diese anderen kann er dazu benutzen, reflexartig alle Schuld auf sie
abzuschieben, aber sie dienen ihm auch dazu, ihm die Normen für seine Lebensführung zu
liefern oder sein Verhalten zu bestätigen.
Beim Verlassen des Konzerts wird er von einem bulligen Bäckermeister als dummer Bub
bezeichnet. Der droht sogar, den Sägel des Offiziers aus der Scheide zu ziehen und zu
zerbrechen. Unfähig, den Beleidiger seiner Ehre sofort niederzuschlangen, der außerdem als
Bürgerlicher nicht „sanktionsfähig“ ist und so für ein seine Ehre wiederherstellendes Duell
nicht in Frage kommt, bleibt ihm nur die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten. Entweder muss er
den Militärdienst quittieren, was ihn sozial deklassieren würde, oder er muss seine Schande
durch Selbstmord aus der Welt schaffen. Er beschließt sich zu erschießen. Der innere
Monolog zeichnet nach, wie Gustl bis zum frühen Morgen sich ziellos durch die Stadt treiben
läßt.
Die Sprache, die Arthur Schnitzler dem Leutnant in den Mund gelegt hat, entspricht in Tonfall
und Wortwahl dem saloppen Jargon des offizierskorps der königlichen und kaiserlichen
Armee: Wendungen der Wiener Umgangssprache („es ist aus mit mir“) und sentenziöse
Redensarten („Ehre verloren, alles verloren!“) sind charakteristisch für einen
Bewußtseinszustand, der sich im wesentlichen damit begnügt, vorgefertigte Formeln zur
Entlastung der eigenen Denkkapazitäten einzusetzen.
Durch einen Zufall wird Gustl doch noch gerettet. Frühmorgens im Kaffeehaus erfährt er, dass
den Bäckermeister in der Nacht der Schlag getroffen hat, der Beleidiger tot ist. Daher
entscheidet er sich weiterzuleben, denn niemand weiß von dem Mißgeschick. Am Schluß der
Erzählung bereitet sich der Leutnant auf das Duell vor, an das er schon während des
Konzertbesuchs gedacht hat.
Die Konfrontation mit dem möglichen eigenen Tod hat Gustl nicht gewandelt, in dem Maß wie
seine aggressive Ausgangsstimmung zurückkehrt, wird deutlich, dass er unfähig zur
Entwicklung und zur Selbsterkenntnis ist..
Die Novelle entlarvt den Angehörigen des Militärs als unfähig, den selbstgewählten
Lebensformen gerecht zu werden.

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Joseph Roth: Radetzkymarsch
Es ist von der Gattung her ein historischer Roman, der 1932 erschienen ist.
Roth stellt in seinem Meisterwerk den Zerfall des Habsburgerreiches am Schicksal der vier
Generationen einer Familie dar.
Die Handlungszeit beginnt mit der Schlacht bei Solferino 1859 und endet mit der Besetzung
Kaiser Franz Josephs I 1916.
Der Titel des Romans verweist auf ein populäres Militärmusikstück, das 1848 von Johann
Strauß anläßlich des österreichischen Siegs über Piemont-Sardinien komponiert wurde. Das
Leitmotiv ist der Radetzkymarsch, der jeden Sonntag vor dem Haus des
Bezirkshauptmannes gespielt wird: Er versinnbildlicht die Idee der Einheit des
Vielvölkerstaats, die in der Wirklichkeit nicht vorhanden war.
In der (historischen) Schlacht von Solferino (1859) rettet der (fiktive) Leutnant Joseph Trotta
den Kaiser, indem er ihn rechtzeitig zu Boden wirft, als dieser sein Fernglas an die Augen führt
und sich dadurch dem Feind als Ziel, „würdig, getroffen zu werden“, präsentiert; er selbst wird
durch die dem Kaiser zugedachte Kugel verwundet. Trotta wird zum Hauptmann befördert, mit
dem Maria-Theresien-Orden ausgezeichnet und geadelt. Bei Solferino hatte Österreich 1859
eine Niederlage gegen die vereinigten französisch-sardischen Truppen erlitten, Kämpfe, die
im Zusammenhang mit der sich anbahnenden nationalen Einigung Italiens standen.
Die plötzliche Verbindung mit welthistorischen Ereignissen und seine unterwartete Karriere
entfremden ihn dem Vater, dem Repräsentanten der bäuerlichen slovenischen Vorfahren der
Familie Trotta. „Ein neues Geschlecht brach mit ihm an.“
Nach Jahren entdeckt Hauptmann Trotta im Lesebuch seines Sohnes zufällig eine
Geschichte, die seine Tat entstellt und verkitscht wiedergibt; während sie in Wirklichkeit eher
Reflex als „Heldentat“ war, wird sie im Lesebuch zur Propagierung eines vaterländischen
Heldentums mißbraucht. Bei den zuständigen Behörden stößt Trotta mit seiner Beschwerde
auf Unverständnis – nur der Kaiser, der ihm eine Audienz gewährt, begreift seine Empörung,
fügt sich aber resigniert dem Zwang der politischen Mythenbildung.
Trotta bittet um seine Entlassung aus der Armee und übersiedelt auf das Gut seines
Schwiegervaters, um zur Lebensform seiner bäuerlichen Vorfahren zurückzufinden.
Der Erzähler enthüllt die Unangemessenheit und gewollte Künstlichkeit dieses
Reprivatisierungsversuchs, indem er die neue Tätigkeit des „Helden von Solferino“ mit
denselben Worten beschreibt, die zuvor Trottas Vater galten.
Sein Sohn Franz von Trotta, zum Beamten, nicht zum Soldaten bestimmt, wird
Bezirkshauptmann in der Provinz. In einem Panzer aus Dienstvorschriften, gesellschaftlichen
Zwängen und selbst auferlegter Disziplin gepreßt, sieht er sich „grausamen Veränderungen
der Welt“ ausgeliefert, in der nun Autonomisten, Sozialdemokraten, Spione und Rebellen
wuchern, sich ausbreiteten und geführlich wurden. Zumindest der schriftliche Dienstverkehr
soll von der Existenz solch beunruhigender Erscheinungen nichts wissen. Wenn er in einem
Bericht die Bezeichnung „revolutionärer Agitator“ für einen aktiven Sozialdemokraten las, so
strich er dieses Wort und verbesserte mit roter Tinte: „verdächtiges Individuum“. Vielleicht gab
es irgendwo in der Monarchie Revolutionäre: Im Bereich des Herrn von Trotta kamen sie nicht
vor.
Der Enkel Carl Joseph, Offizier wie der „Held von Solferino“, spürt dagegen bald das
bevorstehende Ende des alten Staatengebildes. Er steht unter dem Bann des Großvaters,
dem er es, seiner Überzeugung nach, nie wird gleichtun können: Hatte jener den Kaiser selbst
gerettet, so beschränkt sich der Enkel darauf, das Bild des Kaisers aus einem Bordell zu
„retten“. Schon früh verbinden sich in ihm Todesahnungen und Schuldgefühle. Als die Frau
des Wachtmeisters Slama, die ihn als fünfzenjährigen Kadettenschüler verführte, an einer
Geburt stirbt, schreibt er sich die Schuld an ihrem Tod zu. Diese Schuldgefühle verstärken
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sich, als sein einziger Freund, der jüdische Regimentsarzt Dr. Demant, bei einem Duell
ums Leben kommt – ein Vofall, der die Sinnlosigkeit des erstarrten Ehrenkodex demonstriert:
Trotta hatte die leichtlebige Frau seines Freundes lediglich nach dem Theater nach Hause
begleitet, worauf Demant von einem Regimentskameraden angepöbelt worden war und
Genugtuung verlangen „musste“. Diese Toten, besonders aber das Bild des toten „Helden von
Solferino“, zehren an der Lebenskraft des Leutnants. Selbst in der Liebe passiv und Objekt
der Verführung mütterlicher Frauen, umstellt von Vater- und Großvaterfiguren, erscheint Carl
Joseph eher antriebsschwach. Aus Spielschulden wird der Leutnant nur gerettet, weil es dem
Vater (unter Berufung auf den „Helden von Solferino“) gelingt, eine Audienz beim Kaiser Franz
Joseph I selbst zu bekommen. Er ahnt schon früh, dass er der letzte Trotta sein wird.
Schließlich ahnt auch der Bezirkshauptmann, dass die kaiser- und königliche Monarchie,
deren Einheit sich in der Figur des Kaisers versinnbildlicht, nicht mehr lange bestehen wird.
Es ist der polnische Graf Chojnicki – die einzige Gestalt in Roths Roman, die die politischen
Veränderungen nicht nur mehr oder weniger spürt, sondern sie auch zu artikulieren vermag -,
der ihm die Augen öffent: „Die Zeit wil uns nicht mehr! Diese Zeit will sich erst selbstständige
Nationalstaaten schaffen!“
Unfähig, sich von seinen Schuldgefühlen und Todesahnungen zu befreien, wird Carl Joseph
vom Alkohol abhängig und verstrickt sich in Schulden. Die Nachricht von der Ermordung des
Thronfolgerpaares trifft bei Trottas Regiment ein, als ein orgiastisches Sommerfest im Gange
ist. Trotta reicht seinen Abschied ein und versucht, wie sein Großvater innere Ruhe als Bauer
zu finden. Bei Kriegsausbruch zur Armee zurückgekehrt, kommt er im Geschoßhagel ums
Leben, als er für die Soldaten seines Zuges Wasser holen will.
Der „Epilog“ schildert die beiden letzten Lebensjahre des Bezirkshauptmanns, der am Tage
der Besetzung des Kaisers (1916) stirbt. Diese Gleichzeitigkeit weist ein letztes Mal darauf
hin, dass Roth mit dem Schicksal der Familie Trotta zugleich auch das Schicksal des
Habsburgerreiches darstellen will.
Dem Autor gelingt es den österreichischen Kaiser in seiner Menschlichkeit zu zeigen, ohne zu
verschweigen, wie macht- und hilflos dieser Herrscher längst schon war. Roth läßt einen
Monarchen zu Wort kommen, der weiß, dass mit seinem Tod das Reich untergehen wird, der
seinen greisenhaften Körper einem starren Hofzeremoniell unterordnen muss und der seine
Last nur erträgt mit Hilfe von Kindlichkeit und Frömmigkeit, von List und Weisheit.

Robert Musil: Die Verwirrungen des Zöglings Törleß


Es handelt sich um ein Roman, der 1903 entstanden und 1906 erschienen ist.
Es geht um die Geschite des Internatsschülers Törleß, der von seinen Eltern in ein exklusives,
in ferner Fremde gelegenes Institut geschicht wird.
Zuerst reagiert er mit Heimweh, schließt sich dann aber im Verlauf seiner pubertären
Entwicklung den übelsten seines Jahrganges Schülern Beineberg und Reting an. Sie sind
zwar talentiert und selbstverständlich auch von guter Herkunft, aber bis zur Roheit wild und
ungebärdig.
Besuche bei einer alternden Prostituierten, die Törleß zusammen mit Beineberg unternimmt,
können einerseits als ritualisierte Männlichkeitsbeweise gedeutet werden, andererseits lenken
sie auf einer zweiten Ebene die Aufmerksamkeit der Titelfigur darauf, dass es sowohl in der
äußeren wie in der inneren Realität ihr bisher nicht zugängliche Bereiche gibt.
Reiting, ein Tyrann und unnachsichtig gegen den, der sich ihm widersetzte entlarvt als Dieb
einen Mitschüler namens Basini und macht ihn sich (auch sexuell) gefügig. Zusammen mit
Beineberg, der stets Wert darauf legt, sein Verhalten in pseudophilosophischen Ergüssen zu
rechtfertigen, beginnt er, Basini physisch und psychisch zu quälen und zu mißhandeln.
Schließlich wird Törleß Mitwisser und Zeuge dieser sadistischen Gewaltausbrücke, denen er
angeekelt und fasziniert zugleich folgt. Sie finden in der „roten Kammer“, einem mit roten

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Tüchern ausgeschlagenen Raum im Dachboden der Schule statt, den die Gruppe für ihre
Treffen nutzt und der nur ihnen bekannt ist.
Darüber hinaus läßt sich Törleß von Basini über sein homosexuelles Verhältnis mit Beineberg
und Reiting berichten und verstrickt sich selber in homosexuelle Beziehungen.
Als er die Quälereien sieht, wird Törleß´ Bewußtsein gelähmt; unkontrollierbare
Körperreaktionen und Äußerungen seiner Triebnatur übernehmen in ihm die Herrschaft. Er
fühlt sich von einer viehischen Lust gepackt. Dabei fühlt er aber gleichzeitig Scham und zeigt
Selbstironie (er lächelt darüber). Doch drängt es ihn zu keinem Augenblick dazu, den
Quälereien ein Ende zu machen.
Die seelischen Abgründe, in die Törleß im düsteren Schein der Laterne hinabgezogen wird,
gehören doch mit zu seiner Persönlichkeit und sind durch die Behauptung eines Primats der
Vernunft nicht aus der inneren Welt zu schaffen. Ihm deutet sich ein Dualismus der
Wirklichkeit an, es kommt zur Die Entdeckung ungekannter Wirklichkeitsbereiche und dunkler
Seelenschichten.
Törleß versucht zunächst, seine Krise mit Holfe der Wissenschaft zu bewältigen. Das
Phänomen der imaginären Zahlen scheint ihm Beleg dafür zu sein, dass selbst der Bereich
des angeblich Exaktesten zusammengehalten wird durch Irrationales. Um weitere Aufklärung
zu erhalten, wendet sich Törleß an einem Lehrer, der ihm aber nicht weiterhilft. Ebenfalls zum
Scheitern verurteilt ist die Lektüre eines philosophischen Werks von Immanuel Kant.
Schließlich wird in einer nächtlichen Szene die triebhaft-sinnliche und die Erkenntnis- und
Selbstfindungskrise zusammengeführt. Törleß stellt mit Basini ein Verhör an, das von diesem
zunehmend als Quälerei empfunden wird. Er will, dass Basini reflektierend bewußt erlebt, was
er tat; er wünscht ferner Aufklärung über dessen homosexuelles Verhältnis zu Reiting und
Beineberg. Er quält Basini auf eine psychische Weise.
Der Erzähler läßt bis zum Schluß des Romans offen, wie das Verhalten der Titelfigur zu
beurteilen ist: einerseits benützt Törleß, wenn auch nicht mit gleicher Brutalität wie etwa
Reiting und Beineberg, sein Opfer als Mittel zum Zweck, andererseits erliegt er selbst kurz
darauf der Verführung Basinis.
Inzwischen gehen die Folgterungen an Basini weiter, an ihrem Höhepunkt beteiligt sich sogar
die ganze Klasse an ihnen. Nun endlich wendet sich der Gequälte an die Leitung der Schule;
in der Untersuchung der Vörfälle durch das Lehrerkollegium wird aber von den Beteiligten alle
Schuld auf ihn abgewälzt.
Törleß verläßt die Anstalt verwandelt und erscheint in seinem Erkenntnisstand weit über sein
Alter hinaus gereift. Bei der Vernehmung findert er in einem Augenblicke beinahe dichterische
Inspiration für das neu gewonnene Selbstbewußtsein der Sprache.
Törleß´ Verhalten ist von dem Versuch bestimmt, Einsichten in verborgene, unbewußte
seelische Vorgäne zu gewinnen, in ein verwirrendes Gefühlsleben – hier am Modell der
Pubertätskriese – einzudringen und einer Wirklichkeit auf die Spur zu kommen, die jenseits
der Grenze konventioneller und bewu0ter Wahrnehmung, jenseits von Rationalität, Kausalität
und gesellschaflitcher Moral liegt. Doch diese fremde innere Welt enzieht sich, wie die
Erfahrung des Unendlichen, begrifflicher Erfassung und der Mitteilung durch die Sprache.
Im Werk gibt es autobiographische Züge: das Leiden am Winternat W. (Musil selbst war
Schüler in Mährisch-Weißkirchen) und das Erlebnis jugendlicher Homosexualität.

Peter Handke: Der kurze Brief zum langen Abschied


Diese Erzählung erschien 1972. Sie besteht aus zwei Teilen: "Der kurze Brief" und "Der lange
Abschied", denen jeweils ein Motto aus Moritz Roman Anton Reiser voran gestellt ist. Sie
handeln vom Aufbruch und vom Vergessen durch Ortsveränderung.
Sie stellt einen Wendepunkt in Handkes Werk dar. Es ist eine Kehre von der Literatur als
Terrain der Ideologiekritik zur Wahrnehmung der Poesie als ich-rettender Gegenwirkchlickeit.

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Die psychischen Grundkostellationen des Buches laut Handke sind autobiographisch, aber die
äußere Geschichte ist fingiert – bis auf Einzelheiten.
Ihr Thema ist eine Identitätskriese, die äußere Geschichte die Beschreibung einer Reise
durchdie USA, von Providence an der Ostküste nach Bel Air bei Los Angeles im Westen.
Nach der Trennung von seiner Frau Judith unternimmt der Ich-Erzähler, ein österreichischer
Schriftsteller, eine Reise durch die Vereinigten Staaten.
Die Reise, die er teilweise mit seiner Freundin Claire und ihrem Kind unternimmt, trägt Züge
einer Vorfolgung bzw. einer Flucht, denn schon bei seiner Ankunft in Providence findet er
einen Brief Judiths vor, die in New York ist und ihn zu bedrohen scheint. Zugleich brechen
immer wieder Kindheitsängste auf, ragen Erinnerungen in die Gegenwart hinein.
An der Pazifikküste hat ihn Judith eingeholt und bedroht ihn mit einem Revolver. Doch jetzt,
nach den vielen Stationen der Reise, löst die Bedrohung nicht mehr Schrecken und Entsetzen
aus, sonder er nimmt ihr einfach die Waffe aus der Hand.
In einem Gespräch mit dem zu einer mythischen Figur erhöhten Regisseur John Ford in Bel
Air, der sich ihre Geschichte erzählen läßt, lösen sich die Konflikte, sind sie bereit, friedlich
auseinanderzugehen. John Ford sagte: „Wir Amerikaner gehen mit unserem Ich nicht so
feierlich um wie ihr.“
Die Geschichte der Versöhnung von Ich und Welt ist auf komplexe Weise literarisch vermittelt,
entsteht im Durchspelen verschiedener Wirklichkeitserfahrungen, die allesamt als literarisierte
bereits vorweggenommen sind.
Vielfältige literarische Modelle und Vorstellungen bestimmen die Erzählung, formen die äußere
Geschchte, die wiederum eine innere erzählt. So erinnert der Titel an Raymond Chandlers
„The Long Goodbye“
Die Elemente des Kriminalromans spielen eine geringere Rolle als die des Bildungs- und
Entwicklungsromans, die die Grundstruktur der Erzählung prägen.
Es wird ausdrücklich auf Gottfried Keller und Karl Philipp Moritz verwiesen. Zu den
literarischen Modellen gehört überdies Scott Fitzgeralds „The Great Gatsby“.
Amerika selbst hat literarisch-utopischen Charakter, ist ein fiktives Amerika, der Ort, an dem
sich die Ersterrung löst, die Heilung stattfindet.
Das Ganze ist, so Handke die „Fiktion eines Entwicklungsromans.“

Peter Handke: Publikumsbeschimpfung


Einleitung
1965 entstanden, 1966 uraufgeführt → erster großer Erfolg für den damals 25-jährigen Autor
Untertitel: Sprechstück
vier Sprecher
sprachlichen Mittel: die Verneinung, die Umkehrung, die Wiederholung, die Verdoppelung und
die Aufhebung des Satzes vom Widerspruch
Das Sprechstück
Entwicklung
von Handke 1966-1973/4 entwickelt
Grund: Ablehnung gegenüber den einflussreichen Schichten in Kultur und Politik, der
herrschenden Schreibweise und dem etablierten bürgerlichen Theaterbetrieb
richtet sich gegen Brechts Theaterästhetik und die restlichen Theatertendenzen der 60er, wie
z.B. das Volks-, Zeit- und Dokumentarstück
Die „Wiener Gruppe“ und die Grazer Künstlergruppe „Forum Stadtpark“, deren Mitglied
Handke war, beeinflussten ihn dazu, die experimentelle konkrete Literatur und Poesie auf die
Bühne zu übertragen → Sprechstücke

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Weitere Sprechstücke: „Weissagung“ (1966), „Selbstbezichtigung (1966), „Die Unvernünftigen
sterben aus“ (1974)
Anreger und Vorläufer: das „konkrete Theater“ Gerhard Rühms und die sprachkritischen
Stücke Konrad Bayers
Nachfolger: die Stücke Ernst Jandls, Thomas Bernhards, Friederike Mayröckers und Elfriede
Jelineks
Merkmale
 Peter Handkes Erklärungen zu den Sprechstücken in „Bemerkungen zu meinen
Sprechstücken“
„Es kann in den Sprechstücken keine Handlung geben, weil jede Handlung auf der Bühne nur das Bild
von einer anderen Handlung wäre: die Sprechstücke beschränken sich, indem sie ihrer naturgegebenen
Form gehorchen, auf Worte und geben keine Bilder...“1

 Sprechstücke sind theatralisch, da sie sich natürlicher Formen der Äußerung in der
Wirklichkeit bedienen.
Nur Sprachformen, die in der Wirklichkeit mündlich vorkommen, sind in Sprechstücken zu
finden: die Beschimpfung, die Selbstbezichtigung, die Beichte, die Aussage, die Frage, die
Rechtfertigung, die Ausrede, die Weissagung, der Hilferuf.
Die Sprechstücke bedürfen eines Gegenübers, d.h. es muss zumindest eine Person geben,
die zuhört.
Handke bezeichnete seine Sprechstücke als verselbstständigte Vorreden alter Stücke und
sagte, dass sie nicht revolutionieren, sondern aufmerksam machen wollen.

Handkes „Publikumsbeschimpfung“ als Sprechstück


Der Text simuliert weder eine Handlung, noch hat er eine Entwicklung
Die Bühne ist Leer, die Schauspieler unkostümiert, die Mechanik bloßgelegt, die Wände roh
und das Gestühl aufgestapelt, es gibt keine Requisiten
Der Text fällt dauernd in sich selbst wieder zurück, rekapituliert, variiert, spricht das Publikum
an, klärt es über die Situation, in der es sich diesem Wortspiel gegenüber befindet auf.
die Publikumsbeschimpfung beschränkt sich nur auf Worte und gibt keine Bilder.
Das Stück verfolgt das Ziel die Anwesenheit des Publikums herzustellen, ein neues Publikum
soll geboren werden. Das Publikum wird zu einer passiven Hauptgestalt und zum Hauptthema
einer Sprachübung.
Das Stück enttäuscht die üblichen Erwartungen, Erfahrungen und Wünsche eines
Theaterpublikums und verneint den Verweisungs- und Zeichencharakter der Bühne. →
Funktion des Sprechstücks aufmerksam zu machen
Es enthält Sprachformen, die in der Wirklichkeit mündlich vorkommen: die Aussage und die
Beschimpfung
Die Beschimpfung des Publikums tritt erst am Ende des Stückes ein. Es besteht aus
Schimpfwörtern, zum einen Unflätiges, zum anderen ideologisch eingefärbte Beleidigungen.
„...ihr Tröpfe, ihr Flegel, ihr Atheisten, ihr Liederjahre, ihr Strauchritter, ihr Saujuden“

Robert Schneider: Schlafes Bruder (als Bildungsroman)


Dieser Roman erschien 1992. Er wurde zu einem großen Publikumserfolg, nachdem er zuvor
von zahreichen Verlagen abgelehnt worden war.
Der Bildungsroman wurde im 18.Jh. entwickelt und schildert die Entwicklungsgeschichte der
zentralen Figur,es geht meistens um einen Künstler oder Genie, dabei sind der Bildungsweg
und Bildungsziel sehr wichtig.
1
Peter Handke: Stücke 1. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 1972, 201.

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Er erzählt, wie es im ersten Satz – das Ende vorwegnehmend heißt, die Geschichte des
Musikers Johannes Elias Alder, der zweundzwanzigjährig sein Leben zu Tode brachte,
nachdem er beschlossen hatte, nicht mehr zu schlafen.
Schneider greift dabei auf Elemente verschiedener Gattungstraditionen zurück: Künstler-,
Liebes-, (negativer) Erziehungsroman, naturalistische Dorf- oder Heimatgeschichte, und
verbindet sie, jeweils ins Extreme gesteigert, miteinander.
Der 1803 geborene Held, das außereheliche Kind einer Bäuerin und des örtlichen Kuraten,
wächst in Eschberg auf, einem abgelegenen, von Dumpfheit und den Folgen der Inzucht
gezeichneten Bergdorf in Vorarlberg.
Im Alter von fünf Jahren hat er ein Erweckungserlebnis, als er in einem Gebirgsbach einen
Stein tritt: Sein Gehör entwickelt plötzlich phänomenale Fähigkeiten und vernimmt Klänge aus
dem ganzen Universum. Unter den Klängen ist auch der Herzschlag eines noch ungeborenen
Kindes: „Es war das Herz seiner Geliebten“. Er findet sie, Elsbetz, umwirbt sie, ohne je seine
Liebe zu offenbaren, und sublimiert seine Liebe in Musik.
Er wird zwar, ohne je unterrichtet worden zu sein, Organist der Dorfkirche, doch Neid und
Mißgunst und die allgemeine Stumpfheit verhindern eine Ausbildung und Förderung seiner
außergewöhnlichen musikalischen Begabung.
Als seine Gelibte einen anderen heiratet, steigert sich seine unbedingte Liebe in Wahn:
Besessen von der Liebesbotschaft eines Predigers „Wer schläft, liebt nicht!“, hält er sich mit
allen Mitteln wach, bis er tot in einem Bachbett zusammenbricht.
Seine größten Erfolg hatte er nicht lange vorher beim Extemporieren über die Melodie des
Liedes „Kömm, o Tod du Schlafes Bruder“ beim Feldberger Orgelfest erzielt: „Und Elsbeth
wurde Musik. Elsbeth.“ Es ist diese Unbedingtheit des Empfindens, die ihn in den Tod führt.
Joseph Vilsmaier verfilmte den Roman 1995, eine Oper wurde 1996 in Zürich uraufgeführt.

Elias Canetti: Die Blendung


Elias Canetti nannte sich selbst „Dichter ohne Werk“. Die Blendung steht für alles, Geld,
Bücher, Habgut.Utoie—das Leben in der Wohnung.Kritik an die Psychologie.
Thema: Verlust des Individuallismus, der Identität, Zerstörung der Kultur in der
Massengesellschaft.
Struktur: Der Roman besteht aus Teilen, die gleichzeitig die Lebensabschnitte der
protagonisten darstellen und insgesamt gibt es 30 Kapitel:
1) Ein Kopf ohne Welt (er als Weltfeind)
2) Kopflose Welt
3) Welt im Kopf
Der Roman ist eine Metapher für die Auseinandersetzung des Kopfes mit der wirklichen Welt.
Anregung: sein Aufenthalt in Berlin, am Sommer 1928.
Der Roman erschien 1936. Dieses ungewöhnliche Buch, als Manuskript 1931 abgeschlossen,
fand im deutschsprachigen Raum erst nach seiner Neuauflage 1963 die Beachtung.
Der Privatgelehrter Dr. Peter Kien, der größte Sinologe seiner Zeit, lebt völlig in der Welt
seiner zahllosen Bücher und hat die normale Beziehung zur Wirklichkeit verloren. Er wird ein
Opfer der bösen materiellen Umwelt - er ist in seiner Art unmenschlich genug.
Seine Haushälterin Therese, durch den minimalen Wortschatz und primitiven Satzbau,
gewinnt mit Hilfe eines simplen Tricks (gespielte Ehrfurcht vor seinem Buch) sein Vertrauen
und er heiratet sie. Von diesem Moment an ist ihre ganze Aktivität darauf gerichtet, den Mann
mit juristischen, psychologischen und physischen mitteln zu erledigen, auszuplündern,
auszuweiden. Es gelingt ihr schließlich, ihn aus seiner heimischen Bücherfestung
auszutreiben, und ein großer Teil des Buches ist der „Odysee“ des entwurzelten Kien
gewidmet. Er verwickelt sich in abstruse Beziehungen zu allen möglichen Gestalten, die durch
eine naiv-triebhafte Entmenschtheit gekennzeichnet sind.

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Der groteske jüdische Zwerg Fischerle, der sich für den größten Schachspieler der Welt hält,
ist die Hauptfigur dieses sinistren Maskenzugs: von Kien für seinen einzigen Freund gehalten,
tut er sein Bestes, die Ausplünderung des steuerlos treibenden Buch-Menschen mit Hilfe
phantastischer Tricks zu vollenden.
Georg Kien, Peters Pariser Bruder, der Psychiater, kommt zu seiner Rettung. Es gelingt ihm
die Verhältnisse äußerlich zu restaurieren und das Gesindel um seinen Brder zu
verscheuchen. Der Psychiater hatte nur eins nicht bemerkt und daher nicht in Rechnung
gesetzt: dass der Bruder - trotz zugespitzter inteletueller Streitgespräche, die er dem Pariser
Irrenhäuptling liefert - ganz einfach klinisch verrückt ist.
Der Roman ist ein Klassiker der Moderne.
Im Roman ist alles „höhere Menschliche“ der Figuren weggelassen, das den reinen, fast
schon mehr maschinhaften als tierischen Mechanismus der elementaren Machttriebe hemmen
oder verhüllen könnte. Das Bild von der Welt ist quälend, kaltlassend.
Die Monotonie wird immer durchbrochen durchden bitteren Humor, der sich zu einem
apokalyptischen Gelächter steigert: „Als ihn die Flammen endlich erreichen, lacht er so laut,
wie er in seinem ganzen Leben nie gelacht hat“.
Die sprchliche Leistung des Werks beruht auf Canettis Fähigkeit, all die bizarren Kreaturen
völlig innerhalb ihrer eigenen Wahnlogik und streng im eigenen Tonfall sprechen zu lassen.
Canettis Marionettenspiel kann als ein Seismogramm des kommeden Faschismus, der
Verblendung der Wissenschaft gegenüber der Realität und der dumpfen Aggression der
Kleinbürger gelesen werden, so sehr entzieht sich das Werkjeder Vereinnahmung durch
politisch motivierte Erklärungsmuster.
Die Figuren kann man als Allegorien auf die Zerstörungen des Individuumsin kapitalistischen
Gesellschaft lesen.

Christoph Ransmayr: Die letzte Welt


▪ Der Roman erschien im Jahr 1988.
▪ Die Literaturkritik lobte den Roman als beachtlichen postmodernen Roman und den Autor als
einen exemplarischen Vertreter im Diskurs der Postmoderne. Das Magazin „Spiegel“ feierte
Ransmayr als großes Talent und neuen Star der jungen deutschsprachigen Literatur. Der
Roman erhielt eine Reihe weiterer positiver Rezensionen und erschien für kurze Zeit sogar in
den Bestsellerlisten.
Im Roman wird ein Bild der postmodernen Welt dargestellt- Angst der Menschen im Atomkrieg,
Ölkrise, Sozialkatastrophe, Angst von dr Apokalypse.Er zeigt den Verfall als Wende zu noch
schlechterem, alles wird schlechter und schlechter. Der postmoderne Roman hat keine
eindeutigen Kriterien, er setzt sich vom modernen Roman ab.Typisch ist fragmentarische oder
unchronologische Erzählweise.
Der Roman besteht aus 15 Kapiteln.Die Mensche leben in einer entfremdten, erschtarrten
Umwelt, in der Isolation. Diese Welt determiniert sie und führt sie in den Untergang.
▪ Publius Ovidius Naso – Ovid steht im Zentrum des Romans
Publius Ovidius Naso, heute bekannter unter dem Namen Ovid, war ein Dichter der römischen
Antik. Er lebte und schrieb zur Zeit des Kaisers Augustus, nach dem Umbruch von der
Republik zur Monarchie. Ovid war bereits ein bekannter und in den literarischen Zirkeln der
Weltstadt Rom bewunderter Mann, als er sich die Ungnadeseines Regenten zuzog und für den
Rest seines Lebens nach Tomi am Schwarzen Meer verbannt wurde, wo er 19 n.Chr. starb.
Bei der Verbannung handelte sich um eine sogenannte Relegation; der Verbannte durfte
Bürgerrecht und Vermögen behalt, musste aber damit rechnen, als Dichter bald vergessen zu
werden. Der tatsächliche Grund für diese Bestrafung ist nicht ganz eindeutig; möglicherweise
hat Augustus Ovid seine etwas laxe Moralauffassung und einige freizügige Verse über die
Liebe übelgenommen. In Ransmayrs Roman ist die Verbannung des Dichter ganz anders
motiviert - Ovid huldigte dem großen Kaiser und dem Senat bei der feierlichen Einweihung

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eines neu erbauten, riesigen Stadions „Zu den Sieben Zufluchten“. Naso wurde zu einer
Störkraft im Staat: er provozierte nicht nur durch die Anrede „Bürger von Rom“, die an
republikanische Zeiten erinnert, sondern im Verlauf dieser Rede auch durch den Bericht über
die schrecklichen Ereignisse, die sich auf der Insel Aegina zugetragen haben. Nach einer
schier unerträglichen Hitzeperiode konnten sich die Bewohner der Insel einer Invasion giftiger
Vipern nicht erwehren, die Mensch und Tier gleichermaßen zusetzten. Dann raffte eine Pest
Tausende hinweg, und als die Überlebenden am Stamm einer riesigen, alten Eiche Zuflucht
suchten, überfiel sie ein gewaltiges Ameisenheer, das sich über Lebende und Tote hermachte
und die Insel zerstört und entvölkert, einer Todeslandschaft gleich, zurückließ. Auf Nasos
Provokationen reagierte der diensteifrige Apparat des Staats. Auch die Schnüffler sind auch
auf den Titel des noch unfertigen Werks gestoßen, aus dem der Dichter in Rom bereits
gelesen hatte. Das Manuskript war aber kurz danachin seiner Bibliothek verbrannt worden,
und zwar, wie verlautet, vom Meister selbst.
▪ Cotta
Cotta war ein römischer Intelektueller mittleren Alters und glühender Verehrer Nasos. Er war
neugierig, was auf den verbrannten Blättern an Erhaltenswertem, Großartigem und
Phantastischem gestanden hat. Er machte sich auf den Weg, um mit dem Verbannten Kontakt
aufzunehmen und in Tomi, am äußersten Rand des Imperiums, nach dem Vermächtnis zu
forschen. Nach einer beschwerlichen Reise erreichte Cotta die „eiserne Stadt“ am Schwarzen
Meer. Die Rost war die Farbe der Stadt. Er hatte hier nichts erfahren und ging ins Gebirge und
fand dort den Weiler Trachila, Nasos zerfallene Asylbehausung.
▪ Pythagoras
Pythagoras war ein Alte in der Einöde. Er war Diener Nasos. Er hat auf Steinmale eingegraben
und auf Soffetzen geschrieben, was Naso ihm vorgetragen hat; natürlich sind davon nur noch
Fragmente vorhanden. Immerhin lernt Cotta einen wichtigen Satz , der vielleicht als Leitmotiv
der „Metamorphosen“ bezeichnet werden könnte: „Keiner bleibt seine Gestalt“.
▪ Echo
Echo war eine junge Frau, die an einer abstoßenden Schuppenflechte leidet, die aber in Tomi
trotzdem allerlei Dienstleistungen übernahm und auch als Prostituierte arbeitete. Sie hat oft
mit Naso am Feuer gesessen. Sie prophezeite, dass eine Sinflut alles Leben auf Erden
vernichten werde; ein neues Menschengeschlecht aus mächtigen und gefühllosen Riesen
werde entstehen. Echo war für eine einzige Nacht Cottas Geliebte, aber dann verschwand sie.
▪ Arachne
Arachne war eine taube Weberin, die in Wandteppiche verwoben hat, was ihr Naso mitgeteilt
hat: auf allen Teppichen sind Scharen von Vögeln abgebildet - Symbole der Ungebundenheit
und Freiheit.
Daraus begann Cotta zu ahnen, worum es Naso in seinen Metamorphosen handelt. Cotta lernt
die Dichtung des verehrten Meisters erst verstehen, nechdem er erkannt hat, wie Naso mit
seinen widrigen Schicksal fertig geworden ist: Er hat, was er sah und erlebte, in Dichtung
verwandelt.
▪ Battus
Battus war des uneheliche und behinderte Kind der Händlerin Fama, in deren Laden in Tomi
fast alles zu haben ist, was die Einwohner brauchen. Als Fama eher aus Neugierde bestelltes
Episkop (eine Art Projektor) geliefert bekam, verfiel Battus dem neuen Apparat, der die
Gegenstände vergrößerte und in ihrer reinen Form zeigte. Er lernte des Gerät zu bedienen,
und seine Mutter konnte ihn nicht mehr aus dem Vorführraum entfernen. Als sie ihn eines
Nachts „vor der Maschine kauernd“ vorfand, war er zu Stein erstarrt.
▪ In Ransmayrs Roman wird Antikes und Modernes verschränkt. „Die letzte Welt“ erhält so eine
„Doppelkodierung“ , die das Buch davor schützt, als historischer Roman missverstanden zu
werden. Die Doppelkodierung ist ein Gestaltungsmittel und Merkmal postmodernen
Schreibens.

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▪ Im Anhang des Buchs befindet sich „Ein Ovidisches Repertoire“, in dem der belesene Autor
die Ovidschen Gestalten („Gestalten der Alten Welt“) mit dem von ihm geschaffenen
(„Gestalten der Letzten Welt“) vergleicht.
Es gibt zwei Zeitebenen:
1) Antiker Zeitrahmen („Die Zeit des Ovids“)
2) ständige Einschübe der Gegenwartselemente
Die Unterbrechung der Antike ist typisch für den postmodernen Roman. Antikes und Modernes
werden vermischt.
Es gibt zwei Handlungen:
1) Katta- Handlung
2) Tomi Bewohner handlung
Lineare Handlung—chronologische Erzählweise. Die Chronologie wird durch Einschübe
unterbrochen. Elemente von Ovid werden eingebettet, die die Bewohner von Tomi erzählen;
Katta erzählt von Ovids Leben in Rom.
Die Handlung dauert drei Jahre. Der Roman besteht aus zwei Binnenerzählungen:
1) Ende der Welt
2) Appokalyptische Visionen
Ort: Tomi und Rom---zwei total entgegengesetzte Welten
Rom (die ewige Stadt) –steht für das Reich der Zivilisation, die Vernunft, Stabilität, Ordnung,
Organisation..
Tomi ( die eiserne Stadt)–steht für die Natur, mediteranisches Klima, Jahreszeiten gehen
durcheinander, immer Regen, Haos, Armut, Instabilität, Erdbeeben, kein Gesellschaftsleben,
sondern barbanisches Leben. Es sind keine reale, sondern erfundene Orte.
Der Titel steht in dem Zusammenhang mit der antiken Grundlage die Ovids Trista.

Ingeborg Bachmann: Undine geht


▪ Gattung: monologische kurze Erzählung
▪ 1956/57 geschrieben, 1961 veröffentlicht - als programmatisches Prosastück des Bandes
„Das dreißigste Jahr“
▪ Die Erzählung handelt von einem Elementarwesen, das unter Menschen lebt, von einer
märchenhaften „Kunstfigur“, die eine kulturkritische Utopie über das Zusammenleben von
Mann und Frau formuliert.
▪ Der Titel Undine geht läßt sich als Absage an die früheren Undinen-Figuren interpretieren,
die alle aus einer männlichen Perspektive geschildert werden. Dies ist vor allem die
romantisch-märchenhafte Undine aus dem Kunstmärchen von Friedrich de la Motte-Fouqué.
▪ Undines monologische Rede: Ihre Rede gewinnt dramatische sowie dialogisch-diskursive
und reflektierende Qualitäten. Lyrische und meta- phorische Sprachen dominieren. Die ersten
Zeilen ihrer Klage und Anklage erinnert an die großen Liebesklagen mythologischer
Frauengestalten. Undines klagt pathetisch und ironisch Hans an und sie klagt die Liebe ein.
Sie spricht auch von dem Paradox der Liebe - Liebe ist gefährlich, zerbrechlich und nicht von
Dauer, aber man ist immer wieder bereit die Liebe zu erleben. Sie spricht auch über die
destruktiven Formen der Liebe unter Menschen. Undine skkiziert auch fatale
Abhängigkeitsverhältnisse - z.B. wie Frauen von Männern finanziell abhängen. Sie kritisiert die
wissenschaftliche und rationalistische Durchdringung der Natur, in der alles nach seiner
Funktionalität kategorisiert wird. Undine im Werk war eine Todfeindin der rationalen,
produktionsorientierten Männerwelt.
▪ Motive:
1. Das Reich des Wassers → seine Spiegelungen und Reflexe an der Oberfläche und in der
Tiefe erweisen sich als der angemessen kreative und ambivalente Lebensbereich für Undine.
2. Der Ruf, vor allem Undines Ruf nach Hans, implitiert seine Sehnsucht nach einem
liebenden Gegenüber.

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▪ Das Ende bleibt offen. Der Tod beendet diese Erzählung nicht - weder Undines Tod noch der
ihres Geliebten.
▪Vorbilder: Kunstmärchen, Friedrich de la Motte-Fouque, Jean Giraudoux
Das Werk wurde als Selbsterkenntnis der autorin gedeutet.
Frauen- und Männerbild: Der Text spielt mit dem vielfach verwendeten und überall zu
findenden Rollenklischee von Mann und Frau. Egal in welchem Bereich der Literatur man sich
auch umsieht, der Frau wird die Rolle der „Bösen“ und der „Schuldigen“ zugesprochen:
Angefangen im alten Testament, mit Adam und Eva, mit der Vertreibung aus dem Paradies über
die Nibelungensage bis hin zu billigen Taschenbüchern, in denen im Prinzip jeder Mann seine
Erfahrungen über Frauen zur allgemeinen Diskussion beitragen kann, ist dieser Dualismus
vertreten. Bachmann kippt in „Undine geht“ nun dieses alt überlieferte Frauenbild, indem sie die
Männer von einem frauenähnlichen Wesen aus dem Meer beschreibt. Dabei wäre es falsch zu
behaupten, Undine vertrete hier die Rolle des „Guten“, die Männer hingegen seien
ausschließlich „böse“. Ingeborg Bachmann dreht das Rollenklischee also nicht einfach um ,
sondern bemüht sich eben um ein Bild der Beziehung zwischen Frau und Mann, das nicht nur
„gut“ und „böse“ kennt.
Mit diesen Wörtern beginnt die Erzählung: „Ihr Menschen! Ihr Ungeheuer!
Ihr Ungeheuer mit Namen Hans! Mit diesem Namen, den ich nie vergessen kann.“ Die Männer
werden von der Undine beschrieben, alle heißen HANS, alle sind Monstren(sie selbst nennt sie
so). Undine klagt die Männer wegen ihren starren Konventionen. Männer als Verräter, Undine
als Opfer angesehen.
Undine ist kein Lebewesen, sondern nur Kunst.

Christoph Ransmayer: Morbus Kitahara

Dieser Roman ist 1988-1995 entstanden und enthält 34 Kapitel.Anregung ist seine Reise nach
Irland und Brasilien.
Es handelt sich um eine dystopische Alternativweltgeschichte, in der eine Welt beschrieben
wird, in der ein im Krieg besiegtes Land (Parallelen zu Deutschland und Österreich nach dem
Zweiten Weltkrieg) nach der Niederlage deindustrialisiert und in eine Agrargesellschaft
zurückverwandelt wird (Parallelen zum Morgenthau-Plan).

Die erzählte Version der Nachkriegsgeschichte ist in wichtigen Bereichen auf die authentische
Nachkriegsgeschichte beziehbar.
- Die De-industrialisierung Deutschlands war ein Teil der von den Alliierten geplanten
Verwaltung nach dem Weltkrieg; festgelegt wurde sie im Morgenthau-Plan, der jedoch dann
von seinem Gegenteil, dem Marschall-Plan und damit dem gezielten Wiederaufbau und der
Demokratisierung abgelöst wurde. Im Roman geht es um die Frage, was passiert wäre wenn
doch der Morgehthau-Plan durchgsetzt worden wäre. Im Roman versucht der Amerikaner
Major Elliot den Stellamour-Plan durchzusetzen, der vom Richter und Gelehrten Porter
Stellamour entworfen wurde.
- Der Friede von Oranienburg bezieht sich auf den Frieden nach dem Ende des 2.
Weltkriegs.
- Außerdem gibt es einen Atomschlag gegen Japan in Nagoya, anstelle von Hiroshima.
- Mitteleuropa ist aufgeteilt in Besatzungszonen, wie Deutschland nach dem 2.WK.
-Moor erinert deutlich an den Ort Ebensee, einer Außenstelle des KZs Mauthausen.
Die Stellamour-Parties: Über dem Dorf Moor wurde eine Inschrift in den Berg gehauen, die
die Schuld unverrückbar und unübersehbar festhält. Vier mal ihm Jahr werden die Einwohner
von Moor in den sog. Stellamour-Parties dazu gezwungen, Lagerszenen nachzuspielen Diese
erpreßte Vergangenheitsbewältigung führt zu Blindheit, bleibt hohl.

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Die Provokation des Buches liegt darin, dass es eine nicht verwirklichte Version von
Geschichte fiktional konstituiert und in allen Konsequenzen vorführt.
 Allerdings erwähnt der Text auch Schlägerbanden und bezieht sich auf die Begeisterung für
Rockkonzerte und Autos und damit auf die Kultur der Nachkriegsjahre, wie sie mit dem
vorindustriellen Stand der Gesellschaft nicht plausibel vereinbar ist.
Hauptfiguren:
- Ambras war vor dem Krieg ein Fotograph und als er mit seiner jüdischen Gelibten im Bett
erwischt wurde, führten ihn die Schergen in den Steinbruch, der als Lager missbraucht
wurde. Er wurde dort gefoltert und hat das Lager überlebt. Nach dem Krieg wird er vom Major
Elliot zum Aufseher des Steinbruchs erklärt. Er lebt in der Villa Flora und hält dort eine
Hundemeute, die er gezähmt hat. Er hat zwei wilde Hunde mit blossen Händen getötet. Er
wird auch als „Hundekönig“ bezeichnet.
- Bering ist der Sohn eines Dorfschmiedes. Sein Vater säuft und lebt in Erinnerung an den
Wüstenkrieg in Lybien, seine Mutter glaubt, dass ihr die Heilige Maria erschienen ist und ist
verrückt. Er reparierte das Auto von Ambras, „die Krähe“ und wurde zu seinem Fahrer und
Leibwächter. Er ist mit Hühner aufgewachsen und wird auch „Vogelmensch“ genannt. Er hat
das Mitglied einer Räuberbande erschoßon, weil er drohte sein Haus zu verbrennen, wenn er
kein Geld bekommt. Außerdem erschoss er einen Hühnerdieb und zufällig auch Murya.
- Lily ist eine Schwrzhändlerin, Schmugglerin zwischen Moor und dem Rest der Welt. Ihr
Vater war ein ehemaliger Schergeund schaffte es nicht nach Brasilien zu fliehen. Daher wird
sie auch als „Die Brasilianerin“ bezeichnet. Sie wohnt im Wetterturm des zerstörten
Strandbads. Bering verliebt sich in sie und bei einem Rockkonzert küssen sie sich. Als Lily und
Bering, Berings Vater zu einem Lazarett in Brand begleiten, erschießt Bering einen
Hühnerdieb, und Lily distanziert sich von ihm.
Morbus Kitahara: ist eine Augenkrankheit. Bering Sehkraft wird durch schwarze Flecken
eingeschränkt. In Brasilien verschwinden diese schwarzen Flecken. Es ist eine Metapher für
die Blindheit der Menschen, die den 2. Weltkrieg verdrängt haben. Erst wenn man sich mit der
Vergangenheit auseinandersetzt, verschwinden die schwarzen Flecken.
 Aus Brand kehren Lily und Bering durch einem Helikoptermitflug zurück nach Moor. Doch
gemeinsam mit dem Militärhubschrauber kommt auch der Befehl nach Moor, das gesamte
Seegebiet zu räumen, da der Granitsteinbruch nicht mehr rentabel sei; die gesamte Region
soll in ein Militärübungsgelände umgewandelt werden.
Gemeinsam mit den unterdessen demontierten technischen Anlagen des Steinbruchs werden
Ambras und Bering nach Brasilien zu einem weiteren Abbauort des seltenen grünen Granits
beordert, wobei sie von Lily begleitet werden, deren Traum es schon immer war, nach Santos
auszuwandern, dem ursprünglichen Ziel ihrer Eltern. Während der Schiffsüberfahrt stellt
Bering fest, dass die dunklen Flecken auf seinen Augen verschwunden sind. In Brasilien
angekommen, werden sie von einer Frau namens Muyra empfangen. Sie zeigt ihnen die
Gegend und u.a. auch den neuen Steinbruch. Bering erschießt versehentlich Muyra, dann
erklimmt er in seiner Verzweiflung eine Felswand und beauftragt Ambras, ihn zu sichern.
Ambras jedoch erkennt Bering nicht mehr, und lässt das Seil fahren, ehe er selbst in den
Abgrund stolpert .
Der Roman zeigt das Bild eines besetzten Landes, das nicht wieder aus den Ruienen
aufsteht.
Zeit ist eine wichtige Komponente:
1) Zeit der Geschichte—aktuelle historische Ereignisse
2) die Zeit der Erzählung--- Berings Leben
Fiktion und Realität sind vermischt.

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Elfriede Jelinek: Die Klavierspielerin
 Die Klavierspielerin ist ein Roman der österreichischen Schriftstellerin Elfriede Jelinek,
der 1983 im Rowohlt Verlag veröffentlicht wurde.
 Der Roman erzählt die Leidensgeschichte der Klavierlehrerin Erika Kohut, die von ihrer
herrschsüchtigen Mutter zur Pianistin gedrillt wurde und unter dieser bedrückenden
Kontrolle emotional und sexuell abstirbt. Erikas Versuch, ihre Frigidität in einem
sadomasochistischen Verhältnis mit ihrem Schüler Walter Klemmer zu überwinden,
scheitert und endet in der Vergewaltigung Erikas.
 Das autobiographische Motiv der Dressur eines Mädchens zur Musikerin durch eine
geltungs- und herrschsüchtige Mutter findet sich auch in anderen Werken der Autorin, so
z.B. im Roman Die Ausgesperrten und in der Tragödie Clara S.
 Erikas Mutter hatte ein Problem - ihr Besitztum, ihre Tochter - „möglichst unbeweglich an
einem Ort zu fixieren, damit es nicht davonläft“. Dem Zweck dienen sowohl der
Fernsehapparat als auch ein vielfältiges System von Bestrafungen. Abendliches
Zuspätkommen ahndet die Mutter mit Prügeln und büschelweisem Ausreißen von
Haaren. Sie wollte wegen der Mutter einer Pianistin werden. Sie ist ehrgeizig und
herrsüchtig. Erika ist trotzdem keine Pianistin geworden, nur eine Lehrerin. Das
mütterliche Ordnungssystem wird anfangs nur gefährdet durch Erikas Gier nach Kleidern,
Schuhen, Handtaschen und durch heimliche, eigenmächtige Ausflüge in Pornokinos und
zum Prater, wo sie aus sicherer Entfernung lustlos das Treiben der Prostituierten
betrachtet.
 Der junge und sportliche Klavierschüler Walter Klemmer stellt Erika aus kurzfristiger
Liebe nach. Erika hatte nur Verlangen nach Unterwerfung, sie strafte sein Begehren mit
Missachtung, später mit demütigender Verachtung. Der Höhepunkt findet der
Unterwerfungsakt in einem Brief Erikas, der Klemmer zu sadistischen Handlungen an ihr
auffordert. Diese schriftliche Niederlegung sexueller Wünsche in der Befehlsform einer
Vorschrift dient erneut dem Verstecken und der Panzerung des Körpers. Der Brief bringt
Klemmer zum Verschwinden. Er kam in einen Park, wegen dem Suchen nach jemandem,
der ihm endlich einmal nicht widerspricht. Ein junges Paar flieht entsetzt vor ihm, er
zertrampelt die auf dem Waldboden zurückgelessene Strickjacke des Mädchens. In
seiner sadistischen Lust vollführt er schließlich an die Rückkehr zur „Normalführung der
Liebe“ erbittenden Erika all das, was ihr Brief ihm vorschrieb. Danach geht er weg,
entgültig von ihr befreit. Erika wendet daraufhin in der gewohnten masochistischen
Lächerlichkeit das Klemmer zugedachte Messer gegen sich selbst.

Thomas Bernhard: Heldenplatz


► Einleitung
▪ entstand 1988, uraufgeführt am 4. November 1988
▪ war einer der größten Theaterskandale
▪ eines Bernhards bedeutendster Werke
► Bernhards Leben
▪ Bernhard wurde am 9.2.1931 geboren und starb am 12.2.1989
▪ sein Vater kümmerte sich weder um ihn noch bezahlte er Alimente für ihn
▪ seine Mutter schickte ihn in ein nationalsozialistisches Erziehungsheim → traumatische
Erfahrungen
▪ Bernhard hasste Salzburg - bezeichnete die Stadt als einen tödlichen Todesboden
▪ viele Selbstmordgedanken
► Handlung
▪ am 15. März 1938 war Hitlers erste Wiener Ansprache

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▪ die Handlung dauert vom 1938 bis 1988
▪ im Zentrum steht der Selbstmord des Mathematikprofessors und Philosophen Josef Schuster
▪ Form: drei szenische Abfolge
▪ die Szenen sind räumlich begrenzt: die erste und die dritte Szene - in der Wohnung des
Professors, die zweite Szene - am Volksgarten gegenüber dem Heldenplatz
▪ die eigentliche Handlung im Drama basiert auf den in den Figurenreden rekonstruierten
Ereignisse
▪ vor 1938 gehörte die jüdische Familie zur wohlhabenden Schicht des Wiener
Bildungsbürgertums
▪ nach der Flucht → Joseph setzte seine Karriere in Oxford fort, Robert in Cambridge
▪ Rückkehr nach Österreich aufgrund einer offiziellen Bitte des Wiener Bürgermeisters
► Orte
▪ durch die Art und Wiese, wie Bernhard manche Orte beschreibt, kann man seine Haltungen
bzw. Kritiken erlesen
■ Wien
▪ Identifizierung mit dem Nationalsozialismus und katholischer Gesinnung
▪ Wiener als Angehörigen eines brutalen und dummen Volks
■ Neuhaus
▪ „Zuflucht im Alter“
▪ der Professor Robert hatte eine negative Stellung zum Neuhaus, „Man könnte sagen, dass ich
schon jahrelange tot bin/mein Bruder hat Selbstmord gemacht/ich bin nach Neuhaus
gegangen/es kommt auf dasselbe hinaus“[Fußnote].
■ Oxford
▪ widersprüchlich dargestellt: einerseits als eine Art Rettung von Österreich, vielversprechend;
andererseits als kein wünschenswerter Aufenthaltsort (Robert: „Auch die Engländer haben ihren
Faschismus/in Oxford gab es auch und gibt es noch/den Judenhaß/in Europa ist es ganz gleich
wo der Jude hingeht/er wirdüberall gehaßt“ [Fußnote])
■ Steinhof
▪ der Fluchtort der gesellschaftlichen Außenseiter, die sich von der dumpf empfundenen Massen
distanzieren
▪ diese Irrensnstalt figuriert als ein literarisches Symbol des nationalsozialistischen Terrors, denn
im realen Leben haben in den Kriegsjahren mehrere Tausende Steinhofpatienten ihr Leben
verloren
▪ die Familie Schuster findet an diesem Ort eine Art Zuflucht als Juden
■ Heldenplatz
▪ Hitlers berühmte Rede gerade an diesem Ort , 1938 in Wien---Anschluss Österreichs an
Deutschland, also ein historisches Ereignis
▪ der Selbstmord des Professors Joseph gerade an diesem Ort
▪ Der Heldenplatz ist daher alles andere als ein Heldenplatz. Der Titel weckt falsche
Erwartungen bei den Lesern.
► Personenkonstellation
■ Joseph Schuster, ein jüdisch-österreichischer Mathematikprofessor, am Ende beging er den
Selbstmord.
▪ im Drama kommt er nicht persönlich vor
▪ schon als Kind hatte er Selbstmordgedanken
▪ er war kein beliebter Mensch
▪ er hat alle nur missbraucht
▪ negative Weltsicht und im Zentrum dieser Weltsicht stand Österreich
▪ österreich erlebte er als extremsten Ort des Nationalsozialismus → „die Zustände sind ja
wirklich heute so/wie sie achtunddreißig gewesen sind/es gibt jetzt mehr Nazis in Wien/als
achtunddrreißig“[Fußnote]

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▪ immer wieder wollte er nach Oxford, weil er sich in österreich nie wohl fühlte → „▪ er hasste
■ Robert Schuster
▪ Unterschiede von seinem Bruder: er fühlte sich nie wohl in England, seinen Tod erwartete er
langsam
▪ Ähnlichkeiten mit seinem Bruder: beide sind Akademiker, beide teilen ein Emigrantenschicksal,
beide verachten Josefs Frau Hedwig, beide haben gleiches Österreichbild
▪ er hasst die Städte, er hasst die Österreicher
▪ er denkt, dass der Judenhass die reinste, die absolut unverfälschte Natur der Österreicher ist
▪ er ist eine absolut negative Figur, gleich wie sein Bruder Joseph
Thema: Antisemitismus in Österreich, Judenhass; Erinnern, Nicht-Erinnern-Wollen und Nicht-
Erinnern-Können als zentrale Themen. Die zentrale Rolle spielt den Tod.
Seine Werke sind durch tiefe pessimistische Weltanschauung geprägt. Der Tod kommt in seinen
Werken als zentrales Motiv vor.Er äußert die Kritik an gesellschaftlichen Missständen in
Österreich.Seine protagonisten sind häufig „Geistesmenschen“.
Kritik: an die judenfeindliche österreichische Bevölkerung, an die
Intellektuellen:Universitätslehrer, an die Morallosigkeit der Gesellschaft, an den Sozialismus:die
Hauptschuld an bestehenden Verhältnissen, an den Regierenden:Korruption, an den
Medien:Neue Zürische Zeitung, Frankfurter Allgemeinen, an der Kirche, am meisten kritisiert er
die Wiener Presse.
Die Metapher: „Heldenplatz“ als kulturelles Zentrum, Bürgertheater,Nationalbibliothrk; zweitens
als Zentrum der politischen Macht: Hofburg, Börse, Parlament.
Heledenplatz—Okkupation Österreichs durch deutsche Truppen am 12.3.1938.
Gattung: ein natüralistishes Theaterstück, Analytisches Drama.
Merkmale: pessimistische Weltsicht, keine Hoffnung auf Veränderbarkeit der Wirklichkeit, keine
Kommunikation, eher Monologe vorhanden(bei Robert).
Analytisches Drama- man die Vorgeschichte durch die Handlung erfahren.

Robert Josef
Geniest das Leben suizid- Selbstmordgedanken
Hat Rückenweh und ist herzkrank gesund, spontan
Psychisch stabil psychisch instabil

Gemeinsam an allen Figuern ist WELTEKEL!

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