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Gedichtinterpretation zu

Als er der Phyllis einen Ring mit einem Totenkopf überreichte von
Johann Christian Günther
„Erschrick nicht“ (V.1), so beginnt das episch-dramatisches Gedicht „Als er der Phyllies
einen Ring mit einem Totenkopf überreichte“, welches der Autor Johann Christian
Günther um 1720 verfasste. Es handelt von einem Ring, welcher mit verschieden
Symbolen bestückt ist, der von dem lyrischen Ich an die Phyllis (eine Gestalt der
griechischen Mythologie, Tochter des thrakischen Königs Sithon1 übergeben wird. Die
beiden Strophen lassen darauf schließen, dass das Gedicht den Umgang mit Vanitas
behandelt.
Da es sich um ein episch-dramatisches Gedicht handelt, in dem lyrische Elemente
enthalten sind, muss es in die Kategorie der Ballade eingeordnet werden.
Das Gedicht zeigt einen regelmäßigen Aufbau und einen fließenden Rhythmus. Es
besteht aus zwei Strophen zu je zehn Versen. In allen Versen ist das Metrum der
Jambus (zweisilbige Versfüße). Die Verse enden abwechselnd: zuerst auf eine
weibliche Kadenz und dann auf eine männliche Kadenz. Jede Strophe ist durch
Kreuzreim (ab|ab), Paarreim (cc) und umschließenden Reim (de|ed) gekennzeichnet.
Die Strophen und Verse sind aneinandergereiht und führen zu Teilergebnissen bzw. zu
einer gedanklichen Steigerung. Allein aus der Überschrift ist die Gesamtproblematik
des Gedichtes nicht erkennbar. Das Gedicht kann nicht nur Aufgrund der Jahreszahl in
die Epoche des Barocks eingeordnet werden, sondern auch infolge dessen, dass es im
Kern die beiden „Lebensphilosophien“ „carpe diem“: „Ach, fang den Augenblick noch
an!“ (V.20) und „memento mori“: „Im Grab ist aller Wunsch vergebens,“ (V.16)
behandelt, welche sich aus Vanitas „Wer weiß, wie bald wir wandern müssen!“ (V.18.)
ableiten und typisch für die damalige Zeit sind. Des Weiteren ist der erste Vers
„Erschrick nicht vor dem Liebeszeichen,“ (V.1) ein Indiz für die Unsicherheit, welche
das Weltbild nach dem 30-jährigen Krieg prägte.
In der ersten Strophe wird das Thema des „memento mori“ genannt, dass direkt in
den ersten beiden Versen angesprochen wird. „Erschrick nicht vor dem Liebeszeichen,
es träget unser künftig Bild“ (V.1f.). Ferner zeigt das lyrische Ich auch noch den
Zusammenhang zwischen vier Gegensätzen.
Die zweite Strophe beginnt damit, dass das lyrische ich der Phyllis (lyrische Du) den
Ring übergibt und ihr die verschiedenen Symbole erläutert. In der zweiten Hälfte ruft
das lyrische Ich das lyrische Du dazu auf das Leben zu nutzen solange ihr noch die
Möglichkeiten zu Verfügung stehen.

1
siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Phyllis
Das Gedicht beginnt mit einem Imperativ, der zum Lesen anregt. „Erschrick nicht vor
dem Liebeszeichen,“ (V.1). Das Wort Liebeszeichen, bezieht sich hierbei auf den
Totenkopf Ring in der Überschrift. In der zweiten Zeile ist eine deutliche Anspielung
auf den „memento mori“ zu erkennen, da das „künftig Bild“ (V.2) sich auf den
Totenkopf bezieht und somit auf den Tod. In der dritten und vierten Zeile, drückt das
lyrische Ich, dem lyrischen Du seinen Wunsch aus, sich mit dem Tod
auseinanderzusetzen. „Vor dem nur die allein erbleichen, bei welchen die Vernunft
nichts gilt“ (V.3f.). Hierbei ist die Unterstellung des lyrischen Ichs, dass nur naive Leute
sich nicht mit dem Tod auseinandersetzen, und er damit indirekt Druck auf Phyllis
ausübt. Die nächsten Verse sind eine Erklärung, welche das lyrische Ich Phyllis gibt wie
er die Verbindung zwischen Liebe und Tod sieht. Als erstes fallen die rhetorischen
Fragen auf: „Wie schickt sich aber Eis und Flammen? Wie reimt sich Lieb und Tod
zusammen?“ (V.5f.). Dies zeigt dem Leser auf das er die Fragen laut stellt und dann für
das lyrische Du beantwortet. Hier sind auch zwei Antithesen zu erkennen, scilicet Eis
und Flammen und Lieb und Tod. Als Antwort stellt das lyrische Ich die These auf, dass
die Gegensätze sehr gut zu einander passen aufgrund ihrer gleichen Stärken. Dabei
verwendet der Autor eine sehr lebendige und beschönigten Sprache. Hierbei wird
auch eine Metapher verwendet: „ihre Wunderwerke“ (V.9)
In der zweiten Strophe wird eingangs der Ring vom lyrischen Ich an Phyllis übergeben.
Jenes geschieht jedoch nur als „Pfand“ (V.11) und „zur Lehre“ (V.11). Diese beiden
Faktoren signalisieren erneut das Der Ring kein Geschenk ist, sondern ein Umdenken
von Phyllis verlangt. Die Alliteration „dir dies“ (V.11) ist hierbei als Verdeutlichung für
die Bedeutung des Pfandes zu verstehen. Nun werden die Bedeutungen der vier
verschiedenen Symbole auf dem Ring erklärt. Das lyrische Ich begibt sich hierbei in die
Stellung eines Mentors. Der Ring symbolisiert die Liebesbeziehung und soll das lyrische
Du daran erinnern, dass sie zusammen die Zeit genießen sollen, aber trotzdem sich
des Todes bewusst sein sollen. Des Weiteren steht hierbei auch das Pfand für die
Liebesbeziehung zwischen dem lyrischen Ich und dem lyrischen Du. Der Vers 14 lautet:
„Das Gold bedeutet feste Treu“ (V.14). Hierbei stellt das Gold die Unvergänglichkeit
der Liebe dar, und da dies ein positiver Aspekt ist kann man diese Zeilen als „carpe
diem“ bezeichnen. In Vers 13 steht der Ring für die Ehe, die Liebe wird durch die Ehe
vertieft und in Vers 14 durch die Tauben thematisiert und nochmal deutlich gemacht
In Vers 15 wird der Tod thematisiert, denn der Kopf steht für das Lebensende
(„erinnert dich des Lebens,“ (V.15)) und soll Phyllis daran erinnern, dass sie jeden
Moment nutzen sollen, um dem Leben möglichst viel abzugewinnen. („memento
mori“). Dies wird in der nächsten Zeile deutlich, „aller Wunsch vergebens“ (V.16)
bedeutet so viel wie nutze den Tag denn wenn du tot bist kann du nichts mehr an
deinem Leben ändern. Die Verse 17-19 dreht sich vor allem um den Begriff des
„momento mori“ der mit den Worten „solange man kann“ (V.17) angesprochen wird
und noch einmal mit „wie bald wir wandern müssen!“ (V.18) betont wird. Mit „Das
Leben steckt im treuen Küssen,“ (V.19) kann man auch den Bezug in die griechischen
Mythologie finden, in der Phyllis sich aus Gram über die lange Abwesenheit ihres
Geliebten Demophon suizidiert und in einen blattlosen Mandelbaum verwandelt, der,
von Demophon dann umarmt, Blätter trieb.2
Außerdem befinden sich im letzten Vers zwei rhetorische Mittel, die Interjektion
,,Ach,“ (V.20) als Aufforderung zum Handeln. Das Gedicht endet wie es begonnen hat
mit einem Imperativ, welcher die Funktion eines Aufrufes zur Liebe zwischen dem
lyrischen Ich und dem lyrischen Du.
Die Konsequenz des bildhaft geschriebenen Gedichtes ist, dass man das Leben
genießen soll, und dies gerade durch das Bewusstsein der Nichtigkeit, des Todes, und
der Liebe des Partners, vor allem kann man hier auch ein Bezug auf den Ring sehen.
Auch heute noch kann es hilfreich sein manchmal mehr im Moment zu leben, jedoch
ist ein vorausschauendes Handeln und Denken in unserer heutigen Zeit wichtiger als je
zuvor.

2
Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Phyllis

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