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"Mit Haut und Haar" ist ein Gedicht von Ulla Hahn, das sich durch seine emotionale

Intensität und
seine tiefgründigen Bilder auszeichnet. In diesem Gedicht beschreibt die Autorin die innige
Beziehung zwischen einer Frau und ihrem Geliebten und drückt ihre tief empfundene Zuneigung und
Hingabe aus. Im Laufe des Gedichts beginnt der Partner das lyrische Ich zu dominieren, bis dieses
keine eigene Persönlichkeit mehr hat und der Partner sie daraufhin verlässt. Die Wortwahl und der
sprachliche Ausdruck tragen dazu bei, dass das Gedicht eine starke Wirkung auf den Leser hat und
zum Nachdenken anregt.

Das Gedicht besteht insgesamt aus vier Strophen. Von den vier Strophen haben drei jeweils vier
Verse und die letzte Strophe hat nur zwei Verse. Die verschiedene Länge der Strophen und Verse
unterstützt die Emotionen und die Aussagen, die die Autorin vermitteln möchte, und verstärkt die
Wirkung der letzten Strophe, da diese nur 2 Verse hat.

Das Gedicht hat ein vielfältiges und interessantes Reimschema. In der ersten Strophe liegt ein
Kreuzreim vor, in der zweiten ein umarmenden Reim und in der dritten Strophe wird wieder ein
Kreuzreim eingebaut. Die vierte und letzte Strophe hat dann einen Paarreim. Die Abwechslung der
Reime in dem Gedicht erzeugt eine unwohle und unharmonische Stimmung, die zum Inhalt des
Gedichts passt. Der Wechsel zwischen den verschiedenen Reimen verleiht dem Gedicht Tiefe und
trägt dazu bei, dass die Emotionen in dem Gedicht besonders deutlich hervorgehoben werden.

Die Autorin verwendet einen fünfhebigen Jambus als Hauptmetrum. Dieser Versfuß verleiht dem
Gedicht eine bestimmte Rhythmik und eine natürliche Sprachmelodie. In dem Gedicht trägt der
fünfhebige Jambus dazu bei, dass die tiefen Emotionen und Gefühle, die die Autorin vermitteln
möchte, noch stärker hervorgehoben werden. Außerdem vermittelt er eine angenehme
Sprachmelodie und bietet gleichzeitig Raum für emotionale Ausdruckskraft.

In der ersten Strophe des Gedichts wird das lyrische Du beschrieben. Der erste Vers "Ich zog dich
aus der Senke deiner Jahre" (V.1) zeigt, dass das lyrische Du bereits etwas älter ist und dass das
lyrische Ich es aus einer schwierigen Lebenssituation herausgeholt hat. Im zweiten Vers wird das
lyrische Du "in den Sommer des lyrischen Ichs getaucht"(V.2). Hier wird angedeutet, dass das
lyrische Ich den Partner wieder glücklich gemacht hat. Die Metapher mit dem Sommer verstärkt
diesen Eindruck und betont, dass das lyrische Ich den Partner aus seiner Krise befreit hat.

Das lyrische Ich zeigt in den nächsten Versen seine Fürsorglichkeit, es p egt den Partner sorgfältig
und schwört ihm ewige Liebe(V3-4). Es betont auch, dass es trotz dieser Liebe seine eigene
Identität und Bedürfnisse nicht vergessen wird. Diese Strophe steht im Kontrast zu den folgenden
Strophen.

In der zweiten Strophe verändert sich plötzlich die Atmosphäre und jegliches Gefühl von Liebe und
Fürsorglichkeit ist weg, wie es der Vers "Du wendetest mich um" (V. 5) zeigt. Die Harmonie ist nun
nicht mehr da und es kommt überraschend zur Besitzergreifung und Einverleibung des lyrischen
Ichs. Dies kann man an dem Wechsel im Reim erkennen, der diese drastische Veränderung im
Geschehen noch unterstreicht. Das lyrische Ich beschreibt, wie das lyrische Du ein Zeichen mit
weichem Feuer in sein dünnes Fell brennt (V. 5-6), eine Methode, die man normalerweise bei Tieren
verwendet, um zu zeigen, wem sie gehören. Das lyrische Du möchte hier seinen Besitz klar
hervorheben und nimmt keine Rücksicht auf das dünne Fell des lyrischen Ichs. Das lyrische Du
nimmt jetzt eine dominante Rolle ein und zeigt sich als emotionslos und ohne Mitgefühl.

In den nächsten Versen geht es darum, dass das lyrische Ich ungeschützt und verletzlich ist. Das
lyrische Ich verliert langsam seine eigene Identität und vergisst sich selbst. Es weicht von sich selbst
zurück und bricht damit auch den Versprechen, die es zu Anfang gegeben hat. Außerdem
verwendet Hahn in der Strophe ein Oxymoron (" sanftem Feuer" (V.6)) welches den Wendepunkt in
der Beziehung der beiden Personen hervorhebt und verdeutlicht.

Hahn nutzt ein Enjambement um Strophe zwei mit der dritten Strophe zu verbinden (V.8-9). Durch
diese Verwendung wird die Formalität des Gedichts mit dem Inhalt verknüpft, da das Enjambement
den Umbruch der in der Beziehung statt ndet darstellt.

Das lyrische Ich ist nun so sehr von seinem Partner besessen und vereinnahmt worden, dass es nur
noch einige verblasste Erinnerungen an seine eigene Identität hat. Auch ein Ruf, der normalerweise
kräftig und laut ist, kann es jetzt nicht mehr retten (V.10). Der Partner hat das lyrische Ich bereits so
stark unter seiner Kontrolle, dass es keine Möglichkeit mehr hat, seine eigene Identität auszuleben
oder aus dieser besitzergreifenden Situation zu entkommen. Das lyrische Du übernimmt hier eine
dominierende Rolle und wirkt fast gewaltsam. Das wird durch den Bruch der Verszeilen in der dritten
und vierten Strophe und durch das starke Adjektiv "tief" (V.12) verstärkt.

In der letzten Strophe ndet eine wichtige Veränderung statt, denn das lyrische Ich verschmilzt
vollständig mit dem lyrischen Du und verliert schließlich seine eigene Identität.

Der frühere Eid hat keine Relevanz mehr, da das lyrische Ich keine Möglichkeit hat, seine Identität
auszuleben. Infolgedessen wird es vom lyrischen Du vollständig ausgespuckt, inklusive Haut und
Haar (V. 14). Das drastische Verb "ausspucken" (V.14) verdeutlicht erneut die dramatische Lage und
das lyrische Du wird besonders negativ und verächtlich dargestellt.

Des Weiteren wird das Muster "Haut und Haar" (V. 3, 14, Titel) wieder aufgegri en, was eine
Verbindung zwischen dem Anfang und dem Ende des Gedichts scha t und auch zum Titel des
Gedichts selbst, der den gleichen Namen trägt. Die letzte Strophe erlangt auch besonderes Gewicht
aufgrund ihrer Kürze im Vergleich zu den anderen drei Strophen, die doppelt so lang waren. Dadurch
möchte Ulla Hahn vermutlich die letzte Strophe hervorheben, damit sie den Lesern besonders im
Gedächtnis bleibt.

Alles in allem lässt sich sagen, dass das Gedicht von Ulla Hahn hauptsächlich über eine Liebe
handelt, die sich von einer zärtlichen und vereinnahmenden Beziehung in eine besitzergreifende
Beziehung wandelt. Die Autorin verwendet viele Metaphern und rhetorische Mittel, um den Lesern
ein tiefes Verständnis für die Emotionen und das Gefühlsleben des lyrischen Ichs zu vermitteln, was
ihr, meiner Meinung nach, auch sehr erfolgreich gelingt.

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