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Der Luftschutz im Deutschen Reich von 1933–1945

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades

eines Magisters der Philosophie

an der Karl-Franzens-Universität Graz

vorgelegt von

Paul Eduard SCHRIEBL

am Institut für Geschichte


Begutachter: Univ.-Dozent Dr. Martin Moll

Graz, im Juni 2021


Danksagung
An dieser Stelle möchte ich mich recht herzlich bei Herrn Univ.-Dozent Dr. Martin Moll für die ausge-
zeichnete Betreuung dieser Diplomarbeit bedanken.

Dank gilt auch meiner Freundin, meiner Familie und meinen Freunden für die Unterstützung und den
Zusammenhalt in allen Lebenslagen.

Viribus unitis!

2
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung .............................................................................................................................................. 5

1. Der Weg zum Reichsluftschutz .......................................................................................................... 10

1.1 Die Anfänge im Ersten Weltkrieg ................................................................................................ 10

1.2 Zwischenkriegszeit ...................................................................................................................... 15

2. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten ................................................................................. 30

2.1 Das Reichsministerium der Luftfahrt........................................................................................... 31

2.2 Der zivile und militärische Bereich des Luftschutzes .................................................................. 34

3. Der Reichsluftschutzbund.................................................................................................................. 36

3.1 Die Tätigkeiten des Reichsluftschutzbundes ............................................................................... 39

3.2 Die Organisation des Reichsluftschutzbundes ............................................................................ 42

4. Das Luftschutzgesetz vom 26. Mai 1935 ........................................................................................... 46

4.1 Die Erste Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz ....................................................... 51

4.2 Die Zweite Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz .................................................... 56

4.3 Die Dritte Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz ...................................................... 57

5. Der Sicherheits- und Hilfsdienst ........................................................................................................ 58

5.1 Kompetenzstreitigkeiten ............................................................................................................. 58

5.2 Aufgaben und Organisation ........................................................................................................ 63

6. Der Luftschutz nach 1938 in Österreich und Deutschland ................................................................ 72

6.1 Das Führer-Sofortprogramm ....................................................................................................... 76

6.2 Der Interministerielle Luftkriegsschäden-Ausschuss .................................................................. 81

6.3 Die Reichsinspektion für zivile Luftkriegsmaßnahmen ............................................................... 84

7. Die Feuerwehr im Luftschutz ............................................................................................................ 87

7.1 Das Preußische Gesetz über das Feuerlöschwesen .................................................................... 92

7.2 Der Weg zum Reichsfeuerlöschgesetz ........................................................................................ 96

7.3 Das Gesetz über das Feuerlöschwesen vom 23. November 1938 ............................................ 100

7.4 Die Durchführungsverordnungen zum Gesetz über das Feuerlöschwesen .............................. 107

7.5. Die Feuerwehr im Kriegsverlauf bis 1945................................................................................. 111

3
II. Fazit ................................................................................................................................................. 118

III. Literaturverzeichnis ........................................................................................................................ 124

IV. Primärquellen ................................................................................................................................. 127

a) Archivgut ..................................................................................................................................... 127

b) Gesetze und Verordnungen ........................................................................................................ 127

c) Zeitgenössische Bücher und Zeitschriften ................................................................................... 129

V. Abbildungsverzeichnis..................................................................................................................... 130

VI. Abkürzungen .................................................................................................................................. 131

4
I. Einleitung
Die Zerstörung Dresdens vom 13. bis 15. Februar 1945 durch alliierte Bomberverbände ist wohl eines
der bekanntesten Beispiele für Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg. Die Royal Air Force und die United
States Army Air Forces warfen tausende Tonnen Luftminen, Spreng- und Brandbomben ab, an eine
Verteidigung war kaum zu denken.

Während Bombenangriffe dieses Ausmaßes in der Regel sehr gut erforscht sind, liegt der Fokus dabei
stark auf der Betrachtung der Angriffsdurchführung und der Opferzahlen. Auch in der medialen Aufar-
beitung erhält die Perspektive des Angriffs viel Raum zugesprochen. Dagegen sind die Verteidigungs-
und Schutzmaßnahmen gegen Luftangriffe im Vergleich ein eher wenig beachtetes Thema.

Diese Umstände brachten mich in die Richtung meines gewählten Themas. Nach einigen literarischen
Orientierungsphasen konnte ich dann einen Arbeitstitel festlegen. Mit dem Titel Der Luftschutz im
Deutschen Reich von 1933–19451 versuche ich vor allem die genannten politischen und organisatori-
schen Schutzmaßnahmen gegen Luftangriffe in den Fokus der Betrachtung zu rücken.

In meiner Diplomarbeit untersuche ich in erster Linie den passiven Luftschutz, den, im Unterschied
zum aktiven, grundsätzlich die Zivilbevölkerung leistete. Der aktive Luftschutz lag in den Händen des
Militärs, etwa in Form von Luftraumüberwachung und aktiver Fliegerabwehr mittels Abfangjägern
oder Flugabwehrkanonen. Passiver Luftschutz war im Nationalsozialismus staatlich gelenkt und um-
fasste vor allem jene Maßnahmen, die dem Bevölkerungsschutz dienten, zum Beispiel die Durchfüh-
rung von Schulungen zum Selbstschutz, die Brandschutzvorsorge oder der Bau von Luftschutzbunkern.
In Bezug auf eine Organisation im Luftschutz möchte ich die Feuerwehr schildern.

Anhand von Quellenmaterial, vor allem in Form von Gesetzestexten und Akten aus den nationalsozia-
listischen Ministerien, sollen die Entwicklung und Organisation des Reichsluftschutzes im Deutschen
Reich von der NS-Machtergreifung 1933 bis zum Kriegsende 1945 gezeigt werden. Dabei wird auch das
immer deutlicher werdende Chaos in den Kompetenzen hervorgehoben, das exemplarisch für die po-
lykratischen Verhältnisse des NS-Herrschaftssystem steht.

Weiteres Quellenmaterial in Form von Ratgeberliteratur und Zeitschriften liefert Informationen über
die Brisanz des Themas zu dieser Zeit. Parallel verlaufende Entwicklungen in Deutschland und Öster-
reich zeigen ferner den Umgang mit der neuen Gefahr aus der Luft bis zum „Anschluss“ 1938.

1
Kursiv gehaltene Begriffe kennzeichnen entweder Titel oder besondere Bezeichnungen, die dadurch verdeut-
licht werden sollen. Anführungszeichen, sofern sie nicht ein Bestandteil direkter Zitate sind, kennzeichnen dage-
gen Begriffe, die als nationalsozialistisch belastet gelten, zum Beispiel „Anschluss“.
5
Einschätzungen und Entscheidungen Hitlers können aus seinen Führer-Erlassen entnommen werden,
das Gleiche gilt für Tagebucheinträge von Goebbels, die sich darüber hinaus zur Veranschaulichung der
allgemeinen Stimmungslage in der Zivilbevölkerung eignen.

In der Forschung nimmt der Luftschutz eine eher untergeordnete Rolle ein. Dies mag auf die Ausrich-
tung auf die rein (aktive) militärische Seite zurückzuführen sein. Publikationen etwa zur Deutschen
Luftwaffe gibt es in genügender Zahl. Eventuell ist auch das geringe mediale Interesse die Ursache für
die mangelnde wissenschaftliche Aufarbeitung; wie erwähnt erhält die Angriffsperspektive vergleichs-
weise viel mehr Raum zugesprochen. Nachfolgend sind einige der wichtigsten Werke der Forschungs-
literatur zu den Themen Luftschutz und Feuerwehr angeführt, die ich im Rahmen dieser Arbeit ver-
wendet habe.

Die Aufarbeitung des Luftschutzes im Nationalsozialismus beginnt bereits in den 1960er Jahren mit
Erich Hampes Der zivile Luftschutz im Zweiten Weltkrieg2. Hampe schuf ein bis heute gültiges Standard-
werk zum Luftschutz des Deutschen Reiches, jedoch muss darauf hingewiesen werden, dass Hampe
selbst im nationalsozialistischen Luftschutz tätig war und deswegen gewisse Aspekte des Werks nicht
unreflektiert verwendet werden dürfen.

In der neueren Zeit ist vor allem Bernd Lemkes Luftschutz in Großbritannien und Deutschland 1923 bis
19393 als umfassende Forschungsarbeit zu erwähnen. Er vergleicht die Luftschutz-Systeme beider Län-
der unter Einbeziehung politischer und ideologischer Gesichtspunkte mit Berücksichtigung der Gesell-
schaftssysteme.

Ein weiteres Standardwerk liefert Godeke Klinge mit Schutz und Hilfe4, in dem er die Geschichte des
Bevölkerungsschutzes aufarbeitet.

Jörn Brinkhus untersucht in Luftschutz und Versorgungspolitik5 vor allem die Rolle der Gemeindever-
waltungen und Mittelbehörden unter den Aspekten des Luftschutzes und der Verteilung von Konsum-
gütern.

2
Vgl. Hampe, Erich (1963): Der zivile Luftschutz im Zweiten Weltkrieg. Dokumentation und Erfahrungsberichte
über Aufbau und Einsatz. Frankfurt a. M.: Bernard Graefe.
3
Vgl. Lemke, Bernd (2005): Luftschutz in Großbritannien und Deutschland 1923 bis 1939. Zivile Kriegsvorberei-
tungen als Ausdruck der staats- und gesellschaftspolitischen Grundlagen von Demokratie und Diktatur. Mün-
chen: Oldenbourg (= Militärgeschichtliche Studien 39).
4
Vgl. Klinge, Godeke (2016): Schutz und Hilfe. Die Geschichte der Entwicklung des Schutzes der Bevölkerung in
Deutschland bei Katastrophen und kriegerischen Auseinandersetzungen von 1871–1945. Online verfügbar unter
https://www.geschichtsspuren.de/images/downloads/schutzundhilfe.pdf, zuletzt geprüft am 19.6.2021.
5
Vgl. Brinkhus, Jörn (2010): Luftschutz und Versorgungspolitik. Regionen und Gemeinden im NS-Staat, 1942–
1944/45. Bielefeld: Verlag für Regionalgeschichte.

6
Die österreichische Perspektive des Luftschutzes behandelt Marcello La Speranza, der neben Der zivile
Luftschutz in Österreich 1919–19456 zahlreiche weitere Publikationen zu diesem Thema vorweisen
kann.

Relevant ist auch Wolfgang Zechas und Hans Hirnschalls Sonderband 200 Jahre Flugabwehr in Öster-
reich7, der sich vor allem mit der militärgeschichtlichen Seite des Luftschutzes und den technischen
Erfindungen beschäftigt.

Im Bereich der Untersuchungen zur Organisation des Feuerwehrwesens im Luftschutz hat Andreas Lin-
hardt mit Feuerwehr im Luftschutz8 ein umfassendes Werk vorgelegt. Darin untersucht er die Verän-
derungen und Auswirkungen bei Feuerwehr und Luftschutz, die durch die nationalsozialistischen
Machthaber hervorgerufen wurden.

Mit Unter dem Hakenkreuz9 beschäftigt sich auch Matthias Blazek mit den deutschen Feuerwehren in
der Zeit des Nationalsozialismus und trägt so vor allem mit regionaler Quellenarbeit zur Aufarbeitung
des Themas bei.

Tobias Engelsings Im Verein mit dem Feuer10 beleuchtet umfangreich die Entwicklung der Sozialge-
schichte der Feuerwehren, gleichzeitig liefert auch er Fallbeispiele zu zeitgeschichtlichen Ereignissen.

Kapitel 1 gibt zuerst einen Überblick über die bisherigen Luftschutzentwicklungen, die im Ersten Welt-
krieg mit der Entwicklung des Flugzeugs als Angriffswaffe beginnen. Zu diesem Zeitpunkt bestand der
Luftschutz vor allem in seiner aktiven Form – in Gestalt der Flugabwehrkanonen. Mangels technischer
Möglichkeiten fielen Warnungen an die Bevölkerung sehr dürftig aus. Direkte Maßnahmen traten vor
allem dezentralisiert auf, erst im späteren Kriegsverlauf konnten die Grundlagen einer einheitlichen
Führung und Organisation geschaffen werden.

Kapitel 2 zeigt die Veränderungen im Luftschutz durch die Machtergreifungen der Nationalsozialisten
1933. Zu Beginn dieses Kapitels werden kurz die organisatorische Umgestaltung und der Luftschutz als
Beispiel par excellence für die polykratischen Herrschaftszüge im NS-Staat aufgeworfen. Anschließend

6
Vgl. La Speranza, Marcello (2019): Der zivile Luftschutz in Österreich 1919–1945. In: Philipp Eder; Erwin Richter
(Hrsg.): Kuckucksruf und Luftschutzgemeinschaft. Der Luftschutz der Zwischenkriegszeit – Avantgarde der mo-
dernen ABC-Abwehr und des Zivilschutzes. Korneuburg: Heeresdruckzentrum (= Schriftenreihe ABC-Abwehrzent-
rum), S. 45–188.
7
Vgl. Zecha, Wolfgang; Hirnschall, Hans (1994): 200 Jahre Flugabwehr in Österreich. 1794–1994. Wien: Stöhr (=
Österreichische Militärgeschichte Sonderband, 1994 = Folge 2).
8
Vgl. Linhardt, Andreas (2002): Feuerwehr im Luftschutz 1926–1945. Die Umstrukturierung des öffentlichen Feu-
erlöschwesens in Deutschland unter Gesichtspunkten des zivilen Luftschutzes. Braunschweig: Selbstverlag
(Books on Demand) (= Berichte des vfdb-Referats 11 – Brandschutzgeschichte, Bd. 19).
9
Vgl. Blazek, Matthias (2009): Unter dem Hakenkreuz: Die deutschen Feuerwehren 1933–1945. Stuttgart: Ibi-
dem-Verlag.
10
Vgl. Engelsing, Tobias (1999): Im Verein mit dem Feuer. Die Sozialgeschichte der Freiwilligen Feuerwehr von
1830 bis 1950. Lengwil: Libelle.
7
folgt die erste Konfrontation zwischen Hermann Göring und Vertretern der Wehrmacht. Das Göring
unterstehende Reichsluftfahrtministerium (RLM) beanspruchte alle Bereiche der zivilen Luftfahrt und
des Luftschutzes, dazu kam die Organisationsfrage der Luftwaffe. Während das RLM diese als eigen-
ständigen dritten Teil der Wehrmacht organisieren wollte, sah die Heeresleitung die Luftwaffe viel-
mehr als Unterstützung von Heer und Marine. Danach werden die Aufgaben der im Reichsluftfahrtmi-
nisterium eingerichteten Luftwaffeninspektion 13 (L In 13) geschildert, die die Agenden des zivilen und
militärischen Luftschutzes übertragen bekam. L In 13 erhielt dadurch auch für den Sicherheits- und
Hilfsdienst (SHD) die Zuständigkeit; genauer wird diese Organisation in Kapitel 5 erläutert. Auch in die-
ser Phase sollen die Auseinandersetzungen der beteiligten Machthaber gezeigt werden, hier zwischen
Vertretern des zivilen und des militärischen Zweigs des Reichsluftfahrtministeriums.

Als Beispiel für die größte Massenorganisation im Luftschutz des Deutschen Reiches widmet sich Kapi-
tel 3 dem Reichsluftschutzbund (RLB). Geschildert wird zuerst die Gründung des RLB, der von der Vor-
arbeit der anschließend verbotenen privaten Luftschutzvereine enorm profitierte. Rechtliche Prob-
leme entstanden vor allem durch die Gründung als Verein, die erst durch eine gesetzliche Regelung
beseitigt werden konnten. Auch diese Maßnahme führte zu Konflikten zwischen den beteiligten Mini-
sterien. Im weiteren Verlauf des Kapitels werden die Tätigkeiten und die Organisation des RLB veran-
schaulicht, die vollkommen auf einen zukünftigen Luftkrieg ausgerichtet waren. Da sich der RLB vor-
wiegend auf den zivilen Luftschutz der unteren Ebenen konzentrierte, das heißt Familien- und Haus-
luftschutz, bietet seine Betrachtung einen guten Einblick in eine zu Beginn genannte Basiskomponente
des passiven Luftschutzes: den Selbstschutz.

Konkrete rechtliche Grundlagen behandelt Kapitel 4 zum Luftschutzgesetz vom 26. Mai 1935. Ein
reichseinheitliches Gesetz sollte Rechtsklarheit in die Belange des Luftschutzes bringen. Die zu Beginn
des Kapitels geschilderten Verhandlungen der beteiligten Ministerien zeigen den harten Kampf um
Finanzierung und Kontrolle in diesem Bereich, vor allem zwischen Reichsfinanz- und Reichsluftfahrtmi-
nisterium. Schlussendlich war das Gesetz ein Kompromiss, der bei Weitem keine vollständige Lösung
brachte. Eine in einer Zeitschrift erschienene kommentierte Version des Gesetzes zeigt die definierten
Aufgabenbereiche im Luftschutz viel genauer als im veröffentlichten Gesetz selbst auf. In den Unter-
kapiteln zeigen die folgenden Durchführungsverordnungen (DVO) die Bestrebungen des RLM, den
Luftschutz weiter zu regeln, gleichzeitig jedoch weitere Zuständigkeiten zu beanspruchen. Als proble-
matisch sollte sich die 1. DVO erweisen, da die taktische Führung des dem RLM unterstehenden SHD
in die Hände der Polizeiverwalter gelegt wurde. Die weiteren Unterkapitel zeigen die gesetzliche Re-
gelung des Luftschutzes im Bauwesen und die Brandschutzvorsorge in Gebäuden.

Eine bereits angesprochene Organisation zur erweiterten Hilfeleistung im Luftschutz ist Thema von
Kapitel 5: Der Sicherheits- und Hilfsdienst. Hier lässt sich die Involvierung der politischen Akteure
8
Himmler und Göring besonders gut festmachen. Erstgenannter sorgte in weiterer Folge für noch mehr
Veränderungen in der Zuständigkeit für den Luftschutz. Der unter Polizeiführung tätige SHD war eine
behördliche Organisation, die aus verschiedenen Hilfsorganisationen bestand. Dieser Teil der Arbeit
untersucht die einzelnen Hilfsorganisationen und deren Tätigkeiten im Rahmen des SHD, darüber hin-
aus die taktische Gliederung der eingesetzten Kräfte.

Kapitel 6 beschäftigt sich mit dem Luftschutz im Deutschen Reich nach der Annexion Österreichs 1938.
Der erste Teil untersucht die Veränderungen in Österreich, das bis zum „Anschluss“ kein eigenes Luft-
schutzgesetz hatte. Dabei wird die Eingliederung der zivilen und militärischen Sparte dargestellt und
dazu die Maßnahmen, die diese in die Wege leiten sollten. Im folgenden Teil ist der Bau von Luftschutz-
räumen laut Führer-Sofortprogramm Gegenstand der Betrachtung. Dabei werden unter anderem an-
hand konkreter Zahlenangaben die Planung und das letztendliche Scheitern des gigantischen Projekts
wegen Ressourcenmangels veranschaulicht. Fortführend wird ein Überblick über eine weitere Maß-
nahme im Rahmen des Luftschutzes zur Beruhigung der Bevölkerung gegeben: die Kinderlandverschi-
ckung. Das Fortschreiten des Krieges zeigt sich in der Darstellung des beschwerlichen Alltags der Zivil-
bevölkerung. Stimmungsberichte und Einblicke in alltäglich zu leistende Aufgaben im Luftschutz ver-
anschaulichen die letzte Phase des Krieges. Den Abschluss des Kapitels bildet die Betrachtung von zwei
Organisationen, die aufgrund der Intensivierung des Luftkriegs geschaffen wurden. Während sich die
Idee der zentralen Hilfesteuerung mit umfassenden Vollmachten bewährte, konnte nur der Intermi-
nisterielle Luftkriegsschäden-Ausschuss erfolgreich und unbürokratisch Hilfe leisten. Die Ursachen für
die resultierenden Machtkonflikte und das Scheitern der zweiten Organisation, der Reichsinspektion
zur Durchführung ziviler Luftkriegsmaßnahmen, werden dazu ebenfalls erörtert.

Das abschließende Kapitel betrachtet eine Hilfsorganisation des Luftschutzes genauer: die Feuerwehr.
Analog zu den Entwicklungen im Luftschutz wird auch die Entwicklung der Feuerwehr im Deutschen
Reich untersucht. Dabei werden zuerst die rechtlichen und technischen Probleme der vorerst ausblei-
benden Vereinheitlichung des Feuerwehrwesens geschildert. Im Anschluss werden die Veränderungen
nach der NS-Machtergreifung und zugleich der Zugriff des nationalsozialistischen Systems deutlich ge-
macht. In weiterer Folge werden die Auseinandersetzungen zwischen den Parteiformationen und den
Feuerwehren geschildert, die sich immer weiter von ihrer selbst vertretenen unparteiischen Haltung
entfernen mussten. Die Ausrichtung der Feuerwehren nach Vorstellungen der Partei begann mit der
Schaffung des preußischen Feuerwehrgesetzes. Diese und folgende gesetzliche Änderungen hatten
das Ziel, die Feuerwehren zu einer schlagkräftigen Organisation für den Luftschutz zu machen. An-
schließend wird die Eingliederung der Feuerwehren in den Bereich der Ordnungspolizei gezeigt, Erlasse
und Verordnungen illustrieren dieses Vorhaben. Eine besondere Betrachtung erfahren die Ereignisse
der Reichspogromnacht, in der die nationalsozialistische Ideologie in vielen Feuerwehren siegte. Die

9
Schaffung des Gesetzes über das Feuerlöschwesen sollte für reichseinheitliche Verhältnisse sorgen.
Anhand seiner Bestimmungen werden die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen aufgegriffen. Kom-
mentare zum letzten Entwurf des Gesetzes und Presseaussendungen der führenden Gestalter sollen
die Hintergründe und Begründungen dazu beleuchten. Einen Überblick über die weitere rechtliche Re-
gelung liefern die Durchführungsverordnungen, die dem Gesetz folgten.

Das letzte Unterkapitel beschäftigt sich mit der Rolle der Feuerwehr bis zum Ende des Krieges 1945.
Noch vor den ersten Bombenangriffen mussten diese ihrem Land Opfer bringen: in Form von Männern
und metallischen Gegenständen. Die Abgabe von Mitgliedern an die Wehrmacht und die Lösungsver-
suche behandelt dieser Teil. Bombardierungen der alliierten Luftstreitkräfte bedingten eine weitere
Veränderung der Hilfsorganisation, die vor allem mit dem SHD in betroffene Gebiete ausrückte. Da-
nach wird der immer stärkere Zugriff der NSDAP auf den Luftschutz untersucht. Mit der Dauer des
Krieges stieg auch der Einfluss von Himmlers SS, die die Feuerwehrmänner zum Eintritt in ihre Organi-
sation drängte. Die Unterstellung unter die SS- und Polizei-Gerichtsbarkeit und die Tätowierung der
eigenen Blutgruppe sind nur zwei Maßnahmen, die dieser Abschnitt schildert. Abschließend erfolgt
eine Betrachtung der Tätigkeiten der Feuerwehr gegen Kriegsende, die mit einer Organisation des Luft-
schutzes nichts mehr zu tun hatten.

1. Der Weg zum Reichsluftschutz


1.1 Die Anfänge im Ersten Weltkrieg
Die historischen Anfänge des Luftschutzes liegen im Ersten Weltkrieg und gingen mit der Entwicklung
eines neuen Waffentyps einher: dem Flugzeug.11 Bereits 1911 wurden im Deutschen Kaiserreich bei
Manövern erstmals Luftfahrzeuge eingesetzt, darunter Zeppelin- und Parseval-Luftschiffe sowie einige
Flugzeuge. Strategisch dienten diese aber lediglich im Sinne der militärischen Führungsunterstützung
zur Aufklärung, eine Bewaffnung war nicht vorhanden.12 Wenige Woche nach Kriegsbeginn führten die
Aufklärungsflugzeuge aber auch Waffen mit, um gegnerische Maschinen bekämpfen zu können: Re-
volver, Karabiner, Handgranaten und ab 1915 auch lafettierte Maschinengewehre.13 Bis zu dieser Zeit
wurden gegnerische Flugzeuge meist ritterlich gegrüßt, da sich die wenigen verfügbaren Piloten häufig
von internationalen Luftveranstaltungen persönlich kannten.14 Keine der kriegsführenden Mächte war

11
Vgl. Linhardt (2002), S. 28.
12
Vgl. Hampe (1963), S. 3.
13
Vgl. Linhardt (2002), S. 28.
14
Vgl. Schneider, Felix (2019): Der Erste Weltkrieg in seiner militärischen Konsequenz. In: Philipp Eder; Erwin
Richter (Hrsg.): Kuckucksruf und Luftschutzgemeinschaft. Der Luftschutz der Zwischenkriegszeit – Avantgarde
der modernen ABC-Abwehr und des Zivilschutzes (= Schriftenreihe ABC-Abwehrzentrum), S. 11–24, hier S. 20.
10
auf eine Massenproduktion von Flugzeugen vorbereitet; bei Kriegsbeginn 1914 verfügte zum Beispiel
die k.u.k. Armee über 36 Maschinen, das russische Zarenreich nur über 26.15
Während die Überlegungen zur Bewaffnung von Luftfahrzeugen zu Beginn des Weltkrieges erst am
Anfang standen, war die Frage der Bekämpfung schon fortgeschrittener. Vorreiter in der Abwehr war
das Deutsche Reich, dessen Armee 1886 mit Schießversuchen gegen Fesselballons begonnen hatte.16
Die k.u.k. Armee testete ab 1913 Luftabwehrkanonen der Firmen Skoda, Krupp und Erhardt, zu Kriegs-
beginn war man aber noch nicht über die Anbotsphase hinausgekommen.17 Im Februar 1914 beschäf-
tigte sich das deutsche Kriegsministerium mit den Grundzügen des Luftschutzes und traf erste Maß-
nahmen zum Schutz wichtiger Kunstbauten gegen Unternehmungen feindlicher Luftfahrzeuge.18 Den
ersten Höhepunkt in der Entwicklung des Luftkrieges markierten die Bombenangriffe auf die unvertei-
digte Stadt Freiburg im Breisgau zwischen dem 4. und 13. Dezember 1914. Dies nötigte die deutsche
Militärführung dazu, weitere Schritte zum Luftschutz zu setzen.19 Auch die Angriffe des Royal Navy Air
Service auf Köln und Düsseldorf im Herbst und Winter desselben Jahres zeigten die Schwächen der
Verteidigung auf.20
Als Reaktion wurde daraufhin in Frankfurt am Main eine Dienststelle für die bodengebundene Flugab-
wehr eingerichtet.21 Zivile und militärische Dienststellen erhielten die Aufgabe, die Zivilbevölkerung
über Maßnahmen bei und nach Luftangriffen aufzuklären und einen Flugmelde- und Warndienst zu
organisieren. Der Luftschutz wurde aber nicht durch eine zentrale Reichsbehörde koordiniert, sondern
lag ebenso in der Zuständigkeit der regionalen zivilen und militärischen Dienststellen.22
Somit gestalteten sich die Schutzmaßnahmen gegen die Angriffe äußerst schwierig, da der Luftschutz
sehr komplexe Züge hatte und ein schneller Aufbau dadurch nicht möglich war.23 Ein grundlegendes
Problem der Abwehr bestand in der zeitnahen Meldung und Weiterleitung von Luftangriffen. Dadurch
unterblieben Warnungen an Industriebetriebe oder die Bevölkerung entweder ganz oder sie trafen
erst sehr spät bei den zuständigen Stellen ein.24 Im September 1915 verfügte das Preußische Kriegsmi-
nisterium aufgrund der negativen Erfahrungen in der Abwehr, den Flugmeldedienst zu vereinheitli-
chen:
„1. Der Flugmeldedienst erstreckt sich auf das westlich an Holland, Generalgouvernement Belgien, Lu-
xemburg, Frankreich und Schweiz grenzende Gebiet des Deutschen Reichs. […]

15
Vgl. ebda. Im Gegensatz dazu berichten Zecha und Hirnschall (1994) jedoch von 39 Flugzeugen der k.u.k. Ar-
mee.
16
Vgl. Zecha; Hirnschall (1994), S. 11.
17
Vgl. ebda., S. 19.
18
Vgl. Hampe (1963), S. 3.
19
Vgl. Linhardt (2002), S. 29.
20
Vgl. Süß, Dietmar (2011): Tod aus der Luft. Kriegsgesellschaft und Luftkrieg in Deutschland und England. Zugl.:
Jena, Univ., Habil.-Schr., 2010. München: Siedler, S. 30.
21
Vgl. Linhardt (2002), S. 29.
22
Vgl. ebda.
23
Vgl. Lemke (2005), S. 125.
24
Vgl. Hampe (1963), S. 6.
11
2. Die einheitliche Regelung wird dem Inspekteur der BAK. [Ballonabwehrkanonen] im Heimatgebiet über-
tragen als der beratenden Stelle der Stellvertretenden Generalkommandos, die für die Durchführung in
ihrem Korpsbereich die Verantwortung behalten.
3. Es werden zwei Flugwachen-Überwachungslinien gebildet:
a) Emden – holländische Grenze – Aachen – Trier – Saarbrücken – Straßburg – Freiburg – Schweizer Grenze
– Lindau.
b) Osnabrück – Rheine dann Linie a folgend (in einem Abstand von etwa 15 bis 30 km) von dieser bis
Blasien (Schwarzwald), Flugwachen auf Lücken von Linie a.“25

Da es aber nach wie vor an genauen Vorschriften zur Gestaltung des Luftschutzes mangelte, wurde
dieser je nach den örtlichen Gegebenheiten weiter in Absprache mit den zuständigen Zivilbehörden
aufgebaut.26 So wurden zum Beispiel in Trier folgende Maßnahmen zur Warnung und zum Schutz an-
geordnet: Dampfsirenen sollten im Alarmfall sieben Mal aufheulen und zur Entwarnung einen einzel-
nen langen Ton abgeben. Gleichzeitig wurde die Bevölkerung angewiesen, bei Ertönen der Dampfsire-
nen die Straßen freizuhalten und Schutz in den Häusern zu suchen.27 Dennoch kam nur eine vergleichs-
weise kleine Bevölkerungsgruppe in Kontakt mit Luftschutzanordnungen. Sämtliche Maßnahmen be-
trafen nämlich nur jene Gebiete, die man aktuell für militärisch relevant hielt und die innerhalb der
aktuellen Flugzeugreichweite lagen.28 Im Oktober 1916 wurden die fliegenden Truppenteile des deut-
schen Heeres unter einem Kommandierenden General der Luftstreitkräfte zusammengefasst. Seiner
Dienststelle wurde auch die Abteilung Heimatluftschutz angegliedert, die alle militärischen und zivilen
Maßnahmen der Luftverteidigung koordinien sollte.29 Unter dem Kommandierenden General der Luft-
streitkräfte wurde die Stelle des Kommandeurs des Heimatluftschutzes eingerichtet. Dadurch konnte
eine gewisse Homogenität der Zuständigkeiten erreicht werden; darüber hinaus trug die Bildung von
behördenübergreifenden Ausschüssen zur Vereinheitlichung der Maßnahmen bei.30 Daneben ver-
suchte die Dienstelle eine vereinheitlichte und reichsweit einsetzbare Luftschutz-Organisationsform zu
schaffen, die sich an den verkehrs- und wirtschaftsstrukturellen Entwicklungen orientierte.31 Gleich-
zeitig erkannte man die Wichtigkeit der notwendigen Informierung der Bevölkerung. Um diesem Er-
fordernis nachzukommen, wurde Propagandamaterial zur Belehrung und Mobilisierung (etwa Flug-
blätter und Anschläge) produziert, jedoch blieben bis zum Hilfsdienstgesetz von 1916 die Maßnahmen
weiter stark von den örtlichen Verwaltungsstrukturen abhängig.32

25
Ebda., S. 7.
26
Vgl. Lemke (2005), S. 125.
27
Vgl. Hampe (1963), S. 7.
28
Vgl. Klinge (2016), S. 30.
29
Vgl. Linhardt (2002), S. 29.
30
Vgl. Lemke (2005), S. 126.
31
Vgl. Klinge (2016), S. 32.
32
Vgl. Lemke (2005), S. 126.
12
Abbildung 1: Plakat: „Wie verhalte ich mich bei Fliegergefahr?“

Durch das neu geschaffene Gesetz wurden alle Arbeitsfähigen erfasst und als Personal Industrie und
Staat, darunter auch zur Verwendung im Luftschutz, zur Verfügung gestellt.33 Auch die kriegswichtige
Industrie versuchte ihre Standorte in eigener Verantwortung besser zu schützen und entwickelte ver-
schiedene Werkluftschutz-Maßnahmen.34 So wurden in den kriegswichtigen Betrieben systematisch
erste Schutzräume für die Belegschaft gebaut und Maschinenräume gegen Bombendurchschlag und
Splitterwirkung geschützt.35

Der Kommandeur des Heimatluftschutzes erhielt durch Dienstanordnung vom 8. Dezember 1916 wei-
tere Arbeitsbereiche zugeteilt: Flugmeldedienst im Heimatgebiet, örtliche Sicherheitsmaßnahmen ge-
gen Luftangriffe, Anleitung und Überwachung des Eigenschutzes der industriellen Anlagen des Heimat-
gebietes gegen Luftangriffe und Zusammenarbeit aller am Heimatluftschutz beteiligten Dienststellen
und Verbände.36 Durch die Aufwertung der Bedeutung des Heimatluftschutzes wurde nun auch deut-
licher zwischen aktiven (militärischen) und passiven (zivilen) Luftschutzmaßnahmen unterschieden. Im
Deutschen Kaiserreich wurden so im Kriegsverlauf schrittweise die Grundlagen eines beginnenden
Luftschutzes geschaffen.37

33
Vgl. ebda.
34
Vgl. Klinge (2016), S. 29.
35
Vgl. ebda., S. 31.
36
Vgl. ebda., S. 32.
37
Vgl. Klinge (2016), S. 32.
13
Auch das k.u.k. Militär vertiefte seine Anstrengungen zur Abwehr feindlicher Angriffe aus der Luft. Zur
Verbesserung der Ausbildung in der Luftabwehr wurden Soldaten zu einem vierzehntägigen Ballonab-
wehrkurs ins Deutsche Reich gesandt sowie 1916 ein erster Lehrbehelf mit Bestimmungen für die Be-
kämpfung feindlicher Luftfahrzeuge erstellt.38 Dennoch konnte die Entwicklung einer wirksamen Luft-
abwehr mit den rasanten Fortschritten im Flugzeugbau nicht mithalten. Als für die Habsburgermonar-
chie besonders erschreckendes Ereignis lässt sich der Flug einer italienischen Flugzeugstaffel unter der
Führung von Gabriele d’Annunzio bis nach Wien am 9. August 1918 anführen, die aber anstatt todbrin-
gender Bomben nur Flugzettel abwarf.39 Ähnlich wie im Deutschen Reich wurde auch in der k.u.k. Mo-
narchie ein System von Luftbeobachtern eingerichtet. Die Bedrohung sah man vor allem in italieni-
schen Flugzeugen, deshalb wurde die zentrale Flugnachrichtenstelle in Graz eingerichtet.40 Neben ak-
tiven Abwehrmaßnahmen wie dem Einsatz von Abwehrflugzeugen wurden auch passive Maßnahmen
wie Verdunkelung, Fliegeralarme und das Einrichten von Kellern eingeführt.41 In weiterer Folge wurden
genauere Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung ausgearbeitet: Unter anderem sollten Dachböden
mit Sandsäcken verstärkt, die unteren Stockwerke mit Bohlen abgestützt und Menschenansammlun-
gen im Freien im Alarmfall unbedingt vermieden werden.42

Nach wie vor blieb allerdings weiten Teilen der Bevölkerung der Luftschutz fremd: Die großen Kämpfe
des Ersten Weltkriegs fanden auf weit entfernten Schlachtfeldern statt, das Heimatgebiet blieb statt-
dessen weitgehend von gegnerischen Angriffen verschont.43 Am Ende des Ersten Weltkrieges wurden
jedoch die Bewohner Berlins mit Maßnahmen des Luftschutzes konfrontiert. Da der Friedensvertrags-
entwurf, der am 7. Mai 1919 dem Kabinett Scheidemann überreicht wurde, als untragbar galt, dachte
die Reichsregierung an eine Kündigung des Waffenstillstands. Sie befürchtete in diesem Fall eine Bom-
bardierung der Hauptstadt.44 Der Oberbefehlshaber von Berlin, Walter Freiherr von Lüttwitz, wurde
beauftragt, Vorbereitungen für den Luftschutz der Stadt zu treffen. Daraufhin wurden Maßnahmen
mit Organisationen wie der Polizei, Feuerwehr und Presse getroffen sowie Richtlinien zum Verhalten
der Bevölkerung ausgearbeitet. Da das Kabinett Scheidemann aber zurücktrat und die Nationalver-

38
Vgl. Zecha; Hirnschall (1994), S. 45f.
39
Vgl. Etschmann, Wolfgang (2007): Aspekte des Luftkrieges über dem heutigen österreichischen Raum während
des Zweiten Weltkrieges. In: Wolfgang Etschmann (Hrsg.): Im Keller. Österreich im Zeichen des Luftschutzes.
[Bomben fallen! Was tun?] Begleitband zur Sonderausstellung des Heeresgeschichtlichen Museums, 21. Novem-
ber 2007 – 25. Mai 2008. Wien: Heeresgeschichtliches Museum, S. 11–52, hier S. 12 sowie Zecha; Hirnschall
(1994), S. 59.
40
Vgl. Zecha; Hirnschall (1994), S. 54.
41
Vgl. ebda.
42
Vgl. ebda., S. 58.
43
Vgl. La Speranza (2019), S. 45.
44
Vgl. Hampe (1963), S. 8.
14
sammlung die Unterzeichnung des Vertrags genehmigte, trat der Ernstfall nicht ein und die Vorberei-
tungen konnten eingestellt werden.45 Die Bestrebungen des Heimatluftschutzes mussten vorerst eben-
falls für beendet erklärt werden, da durch die Auflösung der Dienststelle des Kommandierenden Ge-
nerals der Luftstreitkräfte die zentrale Organisation wegfiel.46

1.2 Zwischenkriegszeit
Mit der Unterzeichnung des Versailler Vertrages wurden Deutschland alle Waffen und Abwehrmaß-
nahmen für einen aktiven Luftschutz untersagt. Das bedeutete ein Verbot von Flugzeugen, Luftab-
wehrgeschützen, Scheinwerfern und ähnlichen Gerätschaften.47 Der passive Luftschutz war jedoch
kein Inhalt des Vertrages, innenpolitische und wirtschaftliche Probleme machten es aber in den fol-
genden Jahren unmöglich, den Luftschutz in den Fokus zu rücken.48 Interessant ist in diesem Zeitraum
die Gründung der Technischen Nothilfe, die später zu einer zentralen Instanz im Luftschutz werden
sollte. Mithilfe von ehemaligen Militärs rief das Reichswehrministerium 1919 diesen als Streikbrecher-
verband ins Leben, da man revolutionäre Arbeiter, die das öffentliche Leben lahmlegen würden, fürch-
tete.49 Erst ab 1921 gab es durch den vom ehemaligen General der Artillerie Hugo Grimme gegründe-
ten Verein ehemaliger Angehöriger der Flugabwehr e. V. wieder Bestrebungen, den Luftschutz in der
Zivilbevölkerung voranzutreiben.50

Einen wichtigen Antrieb für die ersten Gedanken des Luftschutzes lieferte das Werk Il dominio dell’aria
(Luftherrschaft) des Italieners Giulio Douhet, welches 1921 im Original erschien und vielfach übersetzt
wurde.51 Douhet war Berufsoffizier und Befehlshaber der italienischen Luftstreitkräfte. Er konzipierte
eine völlig neue strategische Lehre des Luftkrieges. Er ging davon aus, dass es in den Kriegen der Zu-
kunft durch den Einsatz großer Bomberverbände möglich sein werde, eine ganze Nation zur Kapitula-
tion zu bringen. Nach Erscheinen dieser Schrift setzte in den 1920er Jahren eine umfassende Beschäf-
tigung mit Douhets Theorie ein.52 Diese ist als sehr radikal einzustufen, sieht er doch neben der Zer-
störung der kriegswichtigen Industrie und der Verkehrsknotenpunkte auch die Siedlungsgebiete der
Bevölkerung als vorrangiges Angriffsziel an. Durch ständige „Zerstörungsaktionen“ der „verwundbaren
Siedlungsgebiete“ soll der materielle und moralische Widerstand des feindlichen Landes gebrochen
und der Krieg damit beendet werden.53 In vielen europäischen Ländern kam es in der Folge zu einer

45
Vgl. ebda.
46
Vgl. Klinge (2016), S. 34.
47
Vgl. Hampe (1963), S. 9.
48
Vgl. Klinge (2016), S. 65.
49
Vgl. Lemke (2005), S. 127.
50
Vgl. Hampe (1963), S. 9.
51
Vgl. Douhet, Giulio (1935): Luftherrschaft. Übersetzt aus dem Italienischen von Rittmeister a.D. Roland Strunk.
Berlin: Drei Masken Verlag.
52
Vgl. Lemke (2005), S. 81.
53
Vgl. Douhet (1935), S. 49.
15
verstärkten Aufrüstung der Luftstreitkräfte, aber auch des Luftschutzes.54 Douhet selbst zählt Maßnah-
men wie Dezentralisierung, Einrichtung von Schutzkellern und Organisation eines Gasschutzes zur Ab-
schwächung eines feindlichen Luftangriffs auf, er betont jedoch: „Das einzig wirksame Mittel, um Luft-
angriffe abzuwehren, ist daher […] die Eroberung der Luftherrschaft, d.h. also, den Gegner am Fliegen
zu hindern und sich selbst diese Fähigkeit zu bewahren.“55

Durch den Ausschluss des aktiven Luftschutzes im Versailler Vertrag und den Einfluss von Douhets
Theorie entwickelte sich im Deutschen Reich eine intensive politische Debatte. Diese handelte von der
Gefährdung Deutschlands aus der Luft und wurde dadurch emotional und ideologisch aufgeladen. Völ-
kisch-nationale Gruppierungen wollten die Rüstungsbeschränkungen aufheben und Deutschland wie-
der zu einem wehrhaften Zustand verhelfen; sie forderten einen Luftschutz zum Volksschutz. Deutsch-
land wurde als völlig schutzlos und gefährdet gegenüber Luftangriffen dargestellt; als beste Lösung
wurden eine allgemeine Abrüstung sowie ein Verbot des Luftkriegs vorgeschlagen.56 Im Jänner 1922
begann in Washington eine Konferenz mit den Großmächten USA, Großbritannien, Frankreich, Japan
und Italien über ein Verbot von Gaswaffen, das alle Vertreter befürworteten. Das Abkommen wurde
jedoch nie geltendes Völkerrecht, da Frankreich das Abkommen wegen einer darin enthaltenen Klausel
in Bezug auf U-Boote nicht ratifizierte. Im Anschluss an die Konferenz arbeitete ein eigens gebildeter
Ausschuss einen Luftkriegsrechtsentwurf aus, der die Bombardierung von Siedlungen, Gebäuden,
Städten und Dörfern, die sich nicht in unmittelbarer Nähe eines Kampfgebietes der Landstreitkräfte
befinden, grundsätzlich ausschloss. Auch die Schonung von Kulturgebäuden und Krankenhäusern sah
der Entwurf vor, der aber ebenfalls nicht ins Völkerrecht einging.57

Da es in keiner der entsprechenden Konferenzen und Ausschüsse zu einem verbindlichen Ergebnis


kam, wurden die pazifistischen Bestrebungen von den nationalistischen Gruppierungen als Augenaus-
wischerei abgetan. Somit sollte Deutschland sich nun selbst durch eine militärische Luftabwehr schüt-
zen. Der passive Luftschutz wurde zwar als eine wichtige Einrichtung gesehen, eigentliche Bedeutung
habe aber nur der aktive Luftschutz, da eine Luftflotte die beste und billigste Abwehrwaffe sei.58

Nachdem die französischen Streitkräfte 1923 das Ruhrgebiet besetzt hatten, wurde in der Weimarer
Republik unter Geheimhaltung mit der Ausarbeitung eines Konzepts für den Wiederaufbau des Luft-
schutzes in den gefährdeten Gebieten begonnen. Das Ziel bestand darin, alle Erfahrungen des Luftkrie-

54
Vgl. Klinge (2016), S. 62.
55
Douhet (1935), S. 73.
56
Vgl. Klinge (2016), S. 64.
57
Vgl. Hampe (1963), S. 9.
58
Vgl. Klinge (2016), S. 64.
16
ges zusammenzufassen und einen nationalen Schulterschluss von Bevölkerung, Behörden und Organi-
sationen zu schaffen.59 Da an aktive Luftverteidigung aufgrund des Versailler Vertrages nicht zu denken
war, beschränkten sich die Pläne auf den passiven Luftschutz. Bei einer sorgfältigen Vorbereitung er-
achtete man es als möglich, die Wirkung feindlicher Luftangriffe erheblich einzuschränken. Für den 1.
Juni 1923 berief das Reichswehrministerium eine Besprechung ein, bei der Vertreter der Reichskanzlei,
des Reichsministeriums des Innern, des Auswärtigen Amts, der Post, der Wirtschaft und des Verkehrs
anwesend waren.60 Als Ergebnisse standen nach der Sitzung folgende Punkte fest:

„1. Die Notwendigkeit eines Schutzes gegen Luftangriffe wurde von keiner Seite in Abrede gestellt. Sie
wurde besonders betont von den Herren Vertretern des Reichsverkehrsministeriums, des Reichspostmi-
nisteriums und des Reichswehrministeriums.

2. Alle Schutzmaßnahmen gegen Luftangriffe beanspruchen Vorbereitungen von langer Dauer und kön-
nen nicht bis zum Eintritt der Gefahr verschoben werden.

3. Als geheime Maßnahmen sind diese Vorbereitungen nicht durchführbar.

4. Es ist notwendig, zu klären, in welcher Weise man etwaigen Einwänden begegnen kann, bei diesen
Schutzmaßnahmen handle es sich um eine Art von Kriegsvorbereitungen, die dem Versailler Vertrag ent-
gegenstehen. Der Vertreter des Reichswehrministeriums betonte besonders, daß Grenzschutzmaßnah-
men nicht gegen diesen Vertrag verstießen, und hielt zum mindesten für die Grenzgebiete eine Durchfüh-
rung dieser Schutzmaßnahmen für möglich.

5. Zu Punkt 4 und der weiteren Frage, ob bei der augenblicklichen politischen Lage gegen die baldige
Inangriffnahme der Vorbereitungen Bedenken beständen oder ob sie bis zu einem weiteren Zeitpunkt
zurückgestellt werden müßten, mußte sich der Herr Vertreter des Auswärtigen Amtes sich seine Stellung-
nahme noch vorbehalten. Er wird sie den an der Sitzung beteiligten Ministerien mitteilen.

6. Der Herr Vertreter des Ministeriums des Inneren lehnte es ab, vor einer Klärung des Punktes 5 sich dazu
zu äußern, ob das Ministerium des Inneren, wie vorgeschlagen, die Führung in Fragen des Reichsluftschut-
zes übernehmen würde.“61

Die Politiker des Reichsministeriums des Inneren fürchteten aufgrund des zu dieser Zeit unpopulären
Themas Wählerstimmen zu verlieren und versuchten erfolgreich weitere Planungen zu verhindern.62
Da das Reichswehrministerium keine Unterstützung durch das Reichsministerium des Innern in dieser
Angelegenheit erfuhr, entwickelte es bis zum Herbst 1925 eigene Richtlinien für die Organisation des
Reichsluftschutzes. Der Reichsluftschutz sollte aus einer militärischen und einer zivilen Organisation
bestehen, wobei die zivile Komponente einen Reichs-Verkehrsschutz und einen Reichs-Ortsschutz um-
fassen sollte. Der Reichs-Ortsschutz wurde aus innenpolitischen Gründen jedoch nicht einem anderen

59
Vgl. Lemke (2005), S. 129.
60
Vgl. Klinge (2016), S. 66.
61
Grimme, Hugo (1933): Der Luftschutz nach dem Weltkrieg bis zur Bestellung des Reichskommissars für die
Luftfahrt (1933). In: Gasschutz und Luftschutz Nr. 11, Jg. 13 (1943), S. 270–277, hier S. 273. Online verfügbar
unter http://download.gsb.bund.de/BBK/BBKNV194311.PDF, zuletzt geprüft am 27.1.2021.
62
Vgl. Klinge (2016), S. 66.
17
Ministerium übertragen, was dazu führte, dass die zuständigen Wehrkreiskommandos nur in sehr be-
schränkter Weise Schutzobjekte feststellen und Abwehrmaßnahmen vorbereiten konnten.63 Außen-
politisch kam es im Frühjahr 1926 zu Verhandlungen zwischen Deutschland und der Botschafterkonfe-
renz der alliierten Sieger des Ersten Weltkrieges, in deren Rahmen auch das Pariser Luftfahrtabkom-
men unterzeichnet wurde. Dadurch wurden Deutschland weitgehende Freiheiten beim Aufbau einer
zivilen Luftfahrt zugestanden. Gleichzeitig erhielt die Regierung die Erlaubnis, den Luftschutz, solange
er sich auf passive Bodenmaßnahmen beschränkte, vorzubereiten.64 Nach dieser Entscheidung wurden
die Angelegenheiten des Luftschutzes mit diesmaligem Einverständnis dem Reichsministerium des In-
nern übertragen. Dieses sollte nun in Abstimmung mit dem Reichswehrministerium ein Arbeitspro-
gramm für den Luftschutz entwerfen. Im Reichswehrministerium erging bereits am 1. Dezember 1927
ein Vorschlag zur Organisation des Luftschutzes an das Reichsministerium des Innern, darin ist auch
eine Definition enthalten:

„Der Reichsluftschutz umfaßt den Flugmeldedienst und den Luftschutzhilfsdienst. Er hat die Aufgabe, die
Bevölkerung, die lebenswichtigen Betriebe und den Verkehr gegen Angriffe aus der Luft zu schützen. […]
Der Luftschutzhilfsdienst hat die Aufgabe, die Bevölkerung vor drohenden Luftangriffen zu warnen und
passive Luftschutzmaßnahmen durchzuführen. Er umfasst den Warn-, Tarn-, Deckungs-, Brand-schutz
[sic], Gasschutz-, Luftsperr- und Sanitätsdienst. […]“65

Sämtliche genannten Dienste werden in diesem Vorschlag genauestens erklärt, was als Hinweis auf
die, im Unterschied zu den anderen Ministerien, enorme Wichtigkeit des Luftschutzes für das Reichs-
wehrministerium interpretiert werden kann. Am 27. Februar 1928 konnte schließlich eine Arbeitsver-
teilung an das Auswärtige Amt, das Reichswirtschafts-, das Reichswehr- und das Reichsverkehrsminis-
terium ausgesandt werden, welche die Kompetenzen klärte.66

Bedingt durch die Inhalte des Pariser Luftfahrtabkommens, entwickelte sich der erste Luftschutzverein
in der Weimarer Republik, der Deutsche Luftschutz e.V., der 1927 gegründet wurde und sich auch von
den Mitgliedern des Vereins ehemaliger Angehöriger der Flugabwehr e.V. (Flakverein) speiste.67 Er
setzte sich zum Ziel, die Bevölkerung unter Nutzung von Propagandamaterial aufzuklären. Dabei wurde
der Verein zur Konkurrenz der Staatsbehörden, die den Luftschutz ihrerseits verbreiten wollten.68 Der
Deutsche Luftschutz (DLS) sah den Luftschutz als eine nationale Pflicht, ein humanitäres Projekt und
als Teil eines Existenzkampfes an.69 Unter dem Vorsitzenden des neu gegründeten Vereins, Dr. Rudolf

63
Vgl. Hampe (1963), S. 11.
64
Vgl. Lemke (2005), S. 134f.
65
Grimme, Hugo (1944): Der Luftschutz nach dem Weltkrieg bis zur Bestellung des Reichskommissars für die
Luftfahrt (1933). 2. Fortsetzung. In: Gasschutz und Luftschutz Nr. 1, Jg. 14 (1944), S. 10–16, hier S. 16. Online
verfügbar unter http://download.gsb.bund.de/BBK/BBKNV194401.PDF, zuletzt geprüft am 27.1.2021.
66
Vgl. ebda., S. 15.
67
Vgl. Linhart (2002), S. 60.
68
Vgl. Lemke (2005), S. 135.
69
Vgl. Süß (2011), S. 47.
18
Krohne, dem ehemaligen Reichsverkehrsminister, konnte bald eine Luftschutz-Wanderausstellung or-
ganisiert werden. Von 1927 bis 1931 entstanden weitere private Luftschutzvereine, zum Beispiel die
Luftschutzarbeitsgemeinschaft Ostpreußen, der Luftschutzverband Schlesien oder der Deutsche
Frauen-Luftschutzdienst, die im Grunde dieselben Ziele wie der DLS verfolgten.70 Ende 1931 wurde mit
Unterstützung des Reichsministeriums des Innern die Deutsche Luftschutz-Liga gegründet, zu deren
Mitgliedern auch der Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer zählte.71 Daraufhin wurde im Jänner
1932 eine Zusammenarbeit der vier größten Vereine mit dem Reichsinnenminister beschlossen; diese
waren der Deutsche Luftschutz e.V., die Deutsche Luftschutz-Liga, der Flakverein und der Ring der Flie-
ger. Der Zweck der Zusammenarbeit sollte die Aufklärung der Bevölkerung über die Luftgefahr und die
Notwendigkeit und Durchführbarkeit des zivilen Luftschutzes sein.72 Im Lauf dieses Jahres fusionierten
schließlich der Deutsche Luftschutz e.V. und die Deutsche Luftschutzliga zum mitgliederstärksten Deut-
schen Luftschutzverband e.V. (DLSV).73 Der Zusammenschluss erfolgte nicht zuletzt wegen des Kampfes
um die knappen Spenden und finanziellen Zuwendungen. Bald schlossen sich viele kleinere Vereine
dem neuen großen Verband an, an der Spitze stand wieder Dr. Rudolf Krohne.74 In einer Aussendung
griff der DLSV das Arbeitsprogramm für den Luftschutz auf und betonte vor allem die Wichtigkeit der
Eigenverantwortung der Bevölkerung:

„Der zivile Luftschutz ist zum Teil eine behördliche Aufgabe, zum Teil eine Aufgabe des Selbstschutzes der
Bevölkerung. Den Behörden stehen zur Vorbereitung des zivilen Luftschutzes zur Verfügung: die Polizei
und als Hilfsorganisation die Feuerwehr, die Technische Nothilfe und die Sanitätsorganisationen. Diese
Organisationen werden allmählich durch freiwillige Helfer so verstärkt und ausgerüstet, daß sie im Falle
einer Luftgefahr ihren Aufgaben gewachsen sind. Daneben muß die Bevölkerung dazu erzogen werden,
sich nach Möglichkeit selber zu schützen […] Sie muß wissen, wie sie sich richtig zu verhalten hat. Sie muß
ferner rechtzeitig für die Herstellung von Zufluchtsräumen sorgen, muß sich mit der Gasgefahr vertraut
machen, muß Einrichtungen schaffen, um auftretende Brände kleineren Umfangs durch sofortiges Ein-
greifen einer Hausfeuerwache zu ersticken. Sie muß geschult sein in der Behandlung Verletzter und Gas-
erkrankter. Sie muß wissen, wie sie ihr Eigentum […] vor Schaden bewahren kann.“75

Da der zusammengeschlossene Verband eine Kooperation mit dem Reichsministerium des Innern ein-
ging, konnte er sich dank der staatlichen Unterstützung etablieren und zum direkten Vorläufer des
nationalsozialistischen Reichsluftschutzbundes werden.76

70
Vgl. Hampe (1963), S. 12.
71
Vgl. Linhart (2002), S. 60.
72
Vgl. Hampe (1963), S. 12.
73
Vgl. Linhart (2002), S. 61.
74
Vgl. Klinge (2016), S. 76.
75
Grimme, Hugo (1943): Der Luftschutz nach dem Weltkrieg bis zur Bestellung des Reichskommissars für die
Luftfahrt (1933). II. Tätigkeit der Vereine. In: Gasschutz und Luftschutz Nr. 12, Jg. 13 (1943), S. 301–309, hier S.
307. Online verfügbar unter http://download.gsb.bund.de/BBK/BBKNV194312.PDF, zuletzt geprüft am
29.1.2021.
76
Vgl. Klinge (2016), S. 77.
19
Wie erwähnt, sahen die verschiedenen Luftschutzvereine wie der DLS und sein Nachfolger DLSV vor
allem die Propaganda als geeignetes Mittel zur Mitgliederwerbung und Information an. Die staatliche
Seite betätigte sich anfangs nicht auf diesem Gebiet und lehnte eine offizielle Verbindung sogar ab.
Allerdings geriet der Staat durch die vermehrte Tätigkeit der Vereine und die dadurch entstehende
Konkurrenz im Luftschutz unter Zugzwang und versuchte deswegen auf die Arbeit der Vereine Einfluss
zu nehmen. Dies geschah allerdings verdeckt. Inhaltlich hatte die Propaganda der Vereine vorwiegend
die Militarisierung und Humanität zum Thema. Vor allem das Argument, dass Deutschland keine Flug-
streitkräfte habe und gerade deswegen ein passiver Luftschutz aus „Pflicht gegenüber der wehrlosen
Bevölkerung“ unbedingt notwendig sei, setzte die Reichsregierung unter Druck, die eigenen Bemühun-
gen im Luftschutz zu verstärken.77 Auch die NSDAP wollte den Luftschutz nicht anderen Organisationen
überlassen und versuchte ihrerseits, Propaganda zu verbreiten. Dabei forderte sie vor allem eine
Gleichberechtigung in der Rüstung für das Deutsche Reich. Die aus den nationalsozialistischen Bemü-
hungen entstehenden Gründungen des Vereins für nationales Flugwesen und Luftschutz und des Nati-
onalen Deutschen Luftfahrtverbandes gingen auf den späteren Reichsminister für Luftfahrt, Hermann
Göring, zurück.78

Durch verschiedene Sanktionen versuchte die Reichsregierung den Vereinen enge Grenzen zu setzen,
da sie selbst die Ausgestaltung des Luftschutzes durch ihre Behörden forcierte.79 In der Zeitschrift des
DLSV übte der Vorsitzende Krohne heftige Kritik an der Reichsregierung und versuchte die Ängste der
Leser zu schüren:

„[…] das deutsche Volk hat bisher gegenüber seiner bisherigen einseitigen Entwaffnung eine Gelassenheit,
um nicht zu sagen Gleichgültigkeit, an den Tag gelegt, die unbegreiflich ist, wenn man erwägt, wie gewaltig
seine Gefährdung vor allem durch die Luftwaffe und wie unendlich groß seine Empfindlichkeit gegen et-
waige Luftangriffe ist. Die jahrelange Aufklärung hat bisher noch nicht vermocht, das gesamte Volk aus
seiner Lethargie wachzurütteln und die Frage der Sicherung gegen die Luftgefahr zu einer Lebens- und
Schicksalsfrage zu machen, die gar nicht ernst und wichtig genug genommen werden kann. […] Die Mehr-
heit des Volkes wiegt sich in der Illusion, das [sic] zu Sicherung des Lebens und Eigentums Notwenige
werde wie in früheren Jahren auch in Zukunft der Staat tun. […] Diese Auffassung ist verhängnisvoll. […]
Die Entwicklung der Luftwaffe aber hat eine völlig neue Epoche gerade in dieser Frage eingeleitet: die
Luftwaffe zieht jeden einzelnen Bewohner eines Landes, gleichgültig, ob er zu den Kämpfern gehört oder
aber sich weit hinter der Front aufhält in die Kampfhandlungen mit ein.“ 80

Krohne sah außerdem jeden einzelnen Bürger selbst in der Pflicht, sich auf Angriffe vorzubereiten, und
forderte eine umfassende Erziehung zur Selbsthilfe.81

77
Lemke (2005), S. 176.
78
Vgl. Klinge (2016), S. 75.
79
Vgl. Linhart (2002), S. 61.
80
Krohne, Rudolf (1932): Luftschutz als Volksschutz und Selbstschutz. In: Luftschutz-Rundschau Nr. 1/2, Jg. 1
(1932), S. 1–2, hier S. 1. Online verfügbar unter http://gsb.download.bva.bund.de/BBK/LR/Luftschutz-Rund-
schau_1932_1-2.pdf, zuletzt geprüft am 29.1.2021.
81
Vgl. ebda., S. 2.
20
Zu einer ersten großen Luftschutzübung kam es nach längeren Vorbereitungen zwischen Reichswehr-
ministerium, Reichsinnenministerium und dem Preußischen Innenministerium am 3. Oktober 1930 in
Königsberg in Ostpreußen.82 Die Übung sollte eigentlich schon im Herbst 1929 stattfinden, aufgrund
außenpolitischer Bedenken wurde sie jedoch verschoben. In Frankreich, Großbritannien, Polen und
der Tschechoslowakei hatten bereits große öffentliche Luftschutzübungen stattgefunden, nun wollte
Deutschland nachziehen.83 Als militärischer Leiter der Übung wurde General Ritter von Mittelberger
vom Reichswehrministerium beauftragt. Er hielt es für dringend notwendig, „dem Volk zu zeigen, daß
Reichs- und Landesbehörden dieser wichtigen Lebensfrage des deutschen Volkes Interesse und ein
hohes Maß von Verantwortungsbewußtsein entgegenbringen.“84 Der Zweck der Übung war die Über-
prüfung des Heimatluftschutzes in Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen militärischen (Flugmelde-
dienst und Flugabwehr) und zivilen Maßnahmen (Warndienst, Tarnung und Luftschutzhilfsdienst). Der
Schauplatz Ostpreußen wurde aus mehreren Gründen gewählt, so fanden in diesem Gebiet immer
wieder Grenzzwischenfälle durch polnische Militärmaschinen statt, außerdem waren hier die organi-
satorischen Vorbereitungen des Luftschutzes schon sehr fortgeschritten. Als Ergebnis der Übung zeigte
sich, dass das Personal der Reichswehr bei Weitem nicht ausreichend war und weit mehr zivile Kräfte
zur Deckung des Mangels einbezogen werden müssten. Auch die Polizei müsse im Ernstfall durch recht-
zeitig ausgebildete Hilfsbeamte verstärkt werden.85 Trotz der 1928 verteilten Zuständigkeiten war es
nach wie vor zweifelhaft, welche Dienststellen und Organisationen den Luftschutz der Zivilbevölkerung
durchführen sollten. Während die Kompetenzen im militärischen Bereich grundsätzlich feststanden,
war der zivile Sektor nach wie vor unklar geregelt. Eine völlig neue Organisation, etwa durch Luft-
schutz-Bezirkskommandos, kam nicht zuletzt wegen der schlechten finanziellen Lage des Reiches nicht
infrage.86 Am 24. Dezember 1930 konnte das Reichsministerium des Innern schließlich einen Organi-
sationsplan für die Vorbereitung des Luftschutzes für die Zivilbevölkerung vorlegen.87 Der Plan enthielt
ein grundlegendes Organisationsgerüst für alle staatlichen und gesellschaftlichen Ebenen und sollte
als Handlungsbasis für den weiteren Aufbau dienen. Inhaltlich war die Weichenstellung eine äußerst
komplexe Materie. Das Reichsinnenministerium war als leitende Organisation vorgesehen und sollte
für die Einheitlichkeit der Vorkehrungen sorgen. Dazu wurden drei Träger der Maßnahmen bestimmt:
Die Reichsministerien, die Innenresorts der Länder und die technischen Hilfsorganisationen wie Tech-
nische Nothilfe und Rotes Kreuz.88 Die Richtlinien bestimmten auch die Polizei und die kommunalen

82
Vgl. Hampe (1963), S. 12.
83
Vgl. Klinge (2016), S. 69.
84
Hampe (1963), S. 12f.
85
Vgl. Klinge (2016), S. 69.
86
Vgl. Hampe (1963), S. 13.
87
Vgl. Klinge (2016), S. 71.
88
Vgl. Lemke (2005), S. 153.
21
Behörden und Einrichtungen, wie Feuerwehr und öffentlicher Rettungsdienst, als Träger der prakti-
schen Durchführung der Luftschutzmaßnahmen. Zur Unterstützung der Polizei sollten unter anderem
die Technische Nothilfe, das Deutsche Rote Kreuz und der Arbeiter-Samariterbund herangezogen wer-
den.89

Ab 1931 konnten nun vom Reich über die Länder und Kommunen erste organisatorische Strukturen
geschaffen werden.90 Neue Richtlinien für die drei Träger sollte das Reichsministerium des Innern in
enger Kooperation mit den beteiligten Stellen erlassen, dies sollte die Wichtigkeit der Zusammenarbeit
betonen. Ein weiterer Schritt sollte die Ausbildung von Fachkräften und Lehrern für den Luftschutz
sein.91 Die am 24.10.1931 herausgegebenen Richtlinien des Reichsministeriums des Innern für die Or-
ganisation des zivilen Luftschutzes waren das konkrete Ergebnis der seit Dezember 1930 dauernden
Entwicklung des Organisationsplans für den Luftschutz in der Zivilbevölkerung.92 Dabei oblag den In-
nenministerien der Länder die Durchführung des Luftschutzes in ihren Gebieten, dazu kam die Koordi-
nation mit den Hilfsorganisationen und der Reichswehr. Die exekutive Führung auf der örtlichen Ebene
wurde den Polizeibehörden übertragen. Hier stellt sich die Frage, wieso nicht die Bürgermeister diese
Aufgabe erhielten. Lemke sieht das Misstrauen der obersten Verantwortlichen gegenüber den örtli-
chen Entscheidungsträgern, die nicht selten sozialdemokratisch waren, als Grund.93 Erweitert wurden
die Richtlinien durch die Herausgabe der Vorläufigen Ortsanweisung für den Luftschutz in der Zivilbe-
völkerung vom Dezember 1932. Diese reichsweit gültigen Erlasse blieben auch nach 1933 in Kraft und
wurden nur langsam durch das Luftschutzgesetz von 1935 und dessen Durchführungsverordnungen
ersetzt, jedoch formell nicht aufgehoben.94 Ebenfalls wurde in diesem Jahr das Rückgrat des öffentli-
chen Luftschutzes gegründet, der Sicherheits- und Hilfsdienst (SHD), in dem Polizei, Feuerwehren,
Technische Nothilfe und der Sanitätsdienst integriert waren.95

Als Folge der praktischen Auswirkungen der Richtlinien wurden nun ausgewählte Städte zu Luftschutz-
orten erklärt. In diesen Städten sollte der Luftschutz sofort in Angriff genommen werden. Dazu musste
der örtlich zuständige Polizeiverwalter einen Luftschutzbeirat einberufen, zu dem Vertreter von In-
dustrie, Gemeinde, Bahn, Post, Technischer Nothilfe und von sanitären und karikativen Vereinen ge-
hörten. Dieser Beirat hatte jedoch nur beratende Funktion, im Gegensatz zum praktisch arbeitenden

89
Vgl. Hampe (1963), S. 13.
90
Vgl. Süß (2011), S. 48.
91
Vgl. Lemke (2005), S. 154.
92
Vgl. Klinge (2016), S. 71.
93
Vgl. Lemke (2005), S. 158.
94
Vgl. ebda., S. 172.
95
Vgl. Lemke, Bernd (2007): Zivile Kriegsvorbereitungen in unterschiedlichen Staats- und Gesellschaftssystemen.
Der Luftschutz im 20. Jahrhundert – ein Überblick. In: Bernd Lemke (Hrsg.): Luft- und Zivilschutz in Deutschland
im 20. Jahrhundert. Potsdam: Militärgeschichtliches Forschungsamt (= Potsdamer Schriften zur Militärgeschichte
5), S. 67–88, hier S. 70.
22
Luftschutzarbeitsausschuss. Dieser bestand aus je einem Vertreter der Polizei, der Stadtverwaltung,
der Feuerwehr, des Rettungsdienstes und der Technischen Nothilfe.96 Die ersten Polizeioffiziere wur-
den in Preußen im Luftschutz ausgebildet, diese sollten dann ihrerseits nach dem Schneeballprinzip als
Ausbilder tätig werden und das erworbene Wissen weitergeben.97

Zur Aufklärung der Bevölkerung entstanden mehrere kleine Ratgeber in Buchform, die auch sehr ver-
tiefend Informationen über den aktuellen Stand der Technik in der Luftgefahr und dem Luftschutz lie-
ferten. Als Beispiel sei hier das 1932 veröffentlichte Buch Ziviler Luftschutz. Ein Buch für das deutsche
Volk98 inhaltlich kurz aufgegriffen. Dabei lässt sich das Büchlein weder einem Reichsministerium noch
einem Luftschutzverein zuordnen. Das 55-seitige Werk enthält die Kapitel Entwicklung des Heimatluft-
schutz im Kriege 1914/1918, Die Luftgefahr von heute, Militärischer Luftschutz, Ziviler Luftschutz, Die
Kostenfrage und Zukunftsfragen. Im ersten Kapitel wird ein Rückblick auf die langsame Entwicklung
des Heimatluftschutzes gegeben und vor allem dazu aufgefordert, Lehren aus der Vergangenheit zu
ziehen und einen wohldurchdachten Luftschutz aufzubauen.99 Im folgenden Kapitel geht der Autor
vorrangig auf die Unterscheidung verschiedener Flugzeuge, zum Beispiel Aufklärer, Jäger oder Bomber,
ein. Auch auf den Versailler Vertrag und das aus ihm für Deutschland resultierende Verbot von Kriegs-
flugzeugen wird hingewiesen. Danach folgen eine Aufzählung und Erklärung der gängigsten Bomben-
varianten: Sprengbomben, Splitterbomben, Brandbomben und Gasbomben. Letztere erhalten mit Ab-
stand den größten Anteil an den Erklärungen.100 Das Kapitel Militärischer Luftschutz befasst sich mit
den technischen Spezifikationen von Flugabwehrkanonen. Dazu wird das Auffinden der feindlichen
Flieger mit Scheinwerfern und Horchgeräten geschildert. Der Autor konstatiert als Ergebnis der großen
Luftmanöver, dass „selbst eine starke militärische Erd- und Luftabwehr nicht imstande ist, feindliche
Luftangriffe zu verhindern oder wirkungslos zu machen.“101 Aus diesem Grund sieht er den zivilen Luft-
schutz als eine unbedingte Notwendigkeit an. Ziviler Luftschutz rechtfertigt zu Beginn des gleichnami-
gen Kapitels den Aufbau eines zivilen Luftschutzes mit dem Pariser Luftabkommen 1926, da jener nur
den Zweck habe, „Verluste an Personen und Schäden an Material nach Möglichkeit einzuschränken
und durch Unterweisung der Bevölkerung über die Gefahr und über die dagegen zu treffenden Schutz-
maßnahmen Panik und Verzweiflung mit allen ihren nachteiligen Folgen zu verhindern.“102 In weiterer
Folge werden die 1931 herausgegebenen Richtlinien des Reichsministeriums des Innern für die Organi-
sation des zivilen Luftschutzes aufgegriffen. Unter Leitung der örtlichen Polizeiverwaltung sollen sich

96
Vgl. Hampe (1963), S. 14.
97
Vgl. Lemke (2007), S. 72.
98
Vgl. Roskoten, Richard (1932): Ziviler Luftschutz. Ein Buch für das deutsche Volk. Mit einem Geleitwort von
Präsident Heinrich Paetsch, Berlin (Polizeiinstitut für Technik und Verkehr). Düsseldorf: Industrie-Verlag.
99
Vgl. ebda., S. 10.
100
Vgl. ebda., S. 14–20.
101
Ebda., S. 24.
102
Roskoten (1932), S. 25.
23
Luftschutzbeiräte bilden, in denen sich unter anderem Feuerwehr, Technische Nothilfe, Rotes Kreuz,
Industrie, Wirtschaft, Banken, Schulen, Ärzte und Gewerkschaften zusammenschließen. Diese Zusam-
menarbeit gilt als Vorbedingung für den Erfolg der schwierigen Organisation. Reichsbahn, Reichspost
und Industrie haben ihre Aufgaben im Rahmen der behördlichen Anweisungen selbst zu lösen, was im
Fall der Bahn bereits ab 1924 geschah.103 Der Luftschutzhilfsdienst wird als „Ergänzung und Verstär-
kung vorhandener behördlicher Organisationen“ gesehen, der Hilfstätigkeiten für „Polizei-, Aufsichts-
, Ordnungs- und Absperrdienst, Feuerlöschdienst, Wach- und Meldedienst, Nachrichtendienst […], Sa-
nitäts-, Rettungs- und Transportdienst, Aufräumungs- und Baudienst, Gasspürungs- und Entgiftungs-
dienst“ durchführen soll.104 Ähnlich wie der DLSV betont Roskoten die Wichtigkeit des Selbstschutzes
im Luftschutz, bemerkenswert ist aber, dass dies ohne Rücksicht auf politische Zwecke erfolgen soll.
Er hebt sogar die Hoffnung auf ein verbindendes Element hervor, da der zivile Luftschutz der Allge-
meinheit dienen soll und in Zukunft sogar Gegensätze im Volk auszugleichen und zu überwinden ver-
mag.105 Im kurzen Kapitel Die Kostenfrage werden die hohen Investitionskosten in Zeiten der Wirt-
schaftskrise zu rechtfertigen versucht. Geldmittel sollen sowohl durch Zuwendungen der Regierung als
auch durch Sammlungen und Lotterien lukriert werden, die Ausgaben für Forschung und der Ausbau
von Schutzeinrichtungen würden sich im Ernstfall bezahlt machen, vor allem würde dadurch die mo-
ralische Widerstandskraft des Volkes erhalten bleiben.106 Das letzte Kapitel geht auf bauliche Anpas-
sungen im Sinne des Luftschutzes ein. So sollen zum Beispiel bei allen Neu- und Umbauten Forderun-
gen des Luftschutzes berücksichtigt werden, nur dadurch seien Nachteile für den Schutz zu verhin-
dern.107

Mit der steigenden Verwirklichung der Luftschutzmaßnahmen wuchs auch der Widerstand, vor allem
in der sozialdemokratischen Basis. So wurden zum Beispiel immer öfter Luftschutzübungen durch De-
monstrationen und Widerstand gegen Maßnahmen boykottiert. Da der zivile Luftschutz nur in einer
verhältnismäßig kleinen Gruppe, nämlich im nationalliberalen und rechtsradikalen Spektrum, Anklang
fand, konnte sich, obwohl Politik und Militär diesen unterstützten, vorerst keine Massenbewegung
herausbilden.108 Der Grund dafür war unter anderem die ständige Verschlechterung der politischen
Lage, nicht zuletzt durch die destruktiven Maßnahmen der NSDAP, die die einzelnen Länder im Gegen-
satz zum Luftschutz vorrangig beschäftigten. Auch die enormen finanziellen Schwierigkeiten sieht

103
Vgl. ebda. sowie Hampe (1963), S. 14.
104
Vgl. Roskoten (1932), S. 41.
105
Vgl. ebda., S. 45.
106
Vgl. ebda., S. 51.
107
Vgl. ebda., S. 52.
108
Vgl. Linhart (2002), S. 63f.
24
Lemke als Ursache dafür an; durch die Sparmaßnahmen sanken die Ausgaben der Weimarer Republik
massiv, größere Investitionen für den Luftschutz kamen nicht infrage.109

In der ehemaligen Donaumonarchie waren die Auswirkungen des Friedensvertrags von St. Germain en
Laye ähnlich jenen der Weimarer Republik. Sämtliche Flugzeuge und Flugabwehrwaffen waren verbo-
ten, übrig blieb nur der passive Luftschutz. Auch die geheime Entwicklung und Beschaffung von Gerät
zur Abwehr waren ausgeschlossen – bisher hatte die Monarchie einen großen Wirtschaftsraum gebil-
det, durch ihren Zerfall befanden sich die Fabriken nun in neuen Staaten. Skoda, der Hauptlieferant
von Geschützen, lag in Pilsen in der Tschechoslowakischen Republik, die Hauptmunitionsfabrik jedoch
in Wöllersdorf in Deutsch-Österreich.110

Im November 1919 begann daher aus Alternativlosigkeit die Einrichtung von Referaten des Heimat-
luftschutzes in den Heeresverwaltungsstellen Wien, Linz, Salzburg, Innsbruck, Graz und Villach.111 Bei
den Luftschutzvorbereitungen des Heimatluftschutzes stand insbesondere der Schutz vor Giftgasan-
griffen im Vordergrund, da man die Auswirkungen chemischer Kampfstoffe während des Ersten Welt-
krieges an den Fronten nur zu gut in Erinnerung hatte.112 Die Referate erhielten u.a. folgende Aufgaben
zugewiesen: Erfassung aller Schutzobjekte in ihrem Bereich, Festlegung der Prioritäten der Schutzob-
jekte, Organisation des Flugbeobachtungs- und Meldediensts, Entwurf und Aktualisierung der Alarm-
pläne und Bekanntmachung der Methoden und Mittel des passiven Luftschutzes. Darüber hinaus wa-
ren sie dazu angehalten, sich ständig über den ausländischen Luftschutz zu informieren.113

1922 wurde zusätzlich zu den Referaten der Heeresverwaltungsstellen im Ministerium für Heerwesen
das Referat Luftschutz geschaffen und mit dem späteren Generaloberst der deutschen Wehrmacht
Alexander Löhr besetzt. Löhr forderte die Einführung von Luftabwehrwaffen, war sich aber gleichzeitig
bewusst, dass dieses Vorhaben durch die fehlende Beschaffungsmöglichkeit und die internationale
Kontrolle derzeit nicht umsetzbar war. Als Kompromiss zwischen zivilem und staatlichem Luftschutz
wurde ab 1924 im Zuständigkeitsbereich der Gendarmerie ein Luftspähdienst eingerichtet, der eine
Vorstufe zum späteren Flugmeldedienst des Heeres darstellte.114

Um den Eindruck eines nur passiven Luftschutzes aufrechtzuerhalten, wurde die Fliegerschule Thaler-
hof zu einer „Lehrabteilung“ umgestaltet. Dies wurde vor allem wegen des Ankaufs von sieben bewaff-
neten Flugzeugen aus Tarnungsgründen als notwendig empfunden.115 Zur frühen Erfassung feindlicher

109
Vgl. Lemke (2007), S. 72f.
110
Vgl. Zecha; Hirnschall (1994), S. 68.
111
Vgl. ebda., S. 69.
112
Vgl. La Speranza (2019), S. 46.
113
Vgl. Zecha; Hirnschall (1994), S. 69.
114
Vgl. ebda., S. 70.
115
Vgl. Zecha; Hirnschall (1994), S. 71.
25
Flugzeuge wurde ab 1930 ein Richtungshörer der Firma Görz erprobt, gleichzeitig wurde auch ein mo-
derner Entfernungsmesser entwickelt. 1934 wurde die erste zivile Luftschutzübung durchgeführt, we-
gen großem Interesse konnten in den folgenden Jahren mindestens zwei Veranstaltungen pro Jahr
stattfinden, 1935 sogar acht Übungen.116

Der Luftschutzgedanke sollte mit der ab 1934 erscheinenden Zeitschrift Der Luftschutz in der Zivilbe-
völkerung vermehrt vorangetrieben werden. Inhaltlich wurden jedes Monat die Aktivitäten des Luft-
schutzes im In- und Ausland besprochen, gleichzeitig wurde die Umsetzung von Maßnahmen gegen
Luftangriffe gefordert.117 Im März dieses Jahres fand im Rahmen der Wiener Frühjahrsmesse eine Vor-
stellung diverser Luftschutzgeräte und -einrichtungen statt, die das Überleben in einem zukünftigen
Luftkrieg sichern könnten.118

Abbildung 2: Zeitschrift „Der Luftschutz“. Ausgabe Juni 1934. Luftschutzübung in St. Pölten.

Ein großer Schritt wurde mit der Gründung des Österreichischen Luftschutzbundes (ÖLB) am 24. April
1935 gesetzt. Der Aufbau sollte bundesweit organisiert werden, aus diesem Grund startete im Novem-
ber in Wien eine Wanderausstellung, die 14 Monate durch die Bundesländer zog. Schon bald begann

116
Vgl. ebda., S. 72f.
117
Vgl. La Speranza (2019), S. 47.
118
Vgl. ebda.
26
der ÖLB eine Zusammenarbeit mit dem österreichischen Bundesheer, so wurden beispielsweise grö-
ßere Luftangriffe in Kärnten simuliert. Der mittlerweile zum Kommandanten der österreichischen Luft-
streitkräfte aufgestiegene Generalmajor Alexander Löhr brachte bei Bundespräsident Wilhelm Miklas
wiederholt die Notwendigkeit eines zivilen Luftschutzes zur Sprache.119

Abbildung 3: Werbeaufruf: „Hinein in den Luftschutzverein!“

1935 erschien in Österreich ein grundlegendes Buch, das nicht nur die wichtigsten Fragen zum Thema
Luftschutz beantwortet, sondern auch auf die damit verbundene Geschichte des Gaskrieges eingeht.
Das von Dr. Arthur Zimmer verfasste Werk Gas über Österreich120 bot damit der Verbreitung des Luft-
schutzgedankens eine weitere Möglichkeit. Inhaltlich überwiegen die Informationen zum Gaskrieg
deutlich; neben der historischen Entwicklung sind es vor allem die Kategorisierung der Kampfstoffe
und die Schutzvorkehrungen gegen Gase, die den meisten Raum einnehmen.121 Der Luftschutz selbst

119
Vgl. La Speranza (2019), S. 51f.
120
Vgl. Zimmer, Arthur (1935): Gas über Österreich. Schutzmaßnahmen und ärztliche Hilfeleistung gegen chemi-
sche Kampfstoffvergiftungen. Wien: Hans Fleischmann & Co.
121
Vgl. ebda., dazu die Kapitel „Die Geschichte des Gaskrieges“, „Die Gaskampfstoffe“, „Schutzvorkehrungen
gegen die Gaswaffe“ und „Der technische Schutz gegen Giftgase“.
27
ist erst gegen Ende des Buches präsent.122 Bemerkenswert sind die vielen Abbildungen, etwa zum Auf-
bau von Gasgranaten123, zu Hautverätzungen nach Gaskontakt124 oder zum Anlegen einer Gasmaske125.
Im letzten Kapitel gibt der Autor einen Überblick über die Organisation des Luftschutzes in Österreich:
Die oberste amtliche Leitung des zivilen Luftschutzes übt laut einem Ministerratsbeschluss ein zwi-
schenministerielles Luftschutzkomitee aus, die Führung der Luftschutzangelegenheiten liegt beim Bun-
desministerium für Landesverteidigung. Diesem steht wiederrum als Beirat die „Gemischte Luftschutz-
kommission“ zur Seite. Zuständig für die Erfassung und Belehrung der breiten Massen sei der Öster-
reichische Luftschutzbund, dieser verdiene durch seinen hohen moralischen und erzieherischen Wert
größte Beachtung.126

Neben Gas über Österreich erschien im deutschen Sprachraum zu dieser Zeit vermehrt ähnliche Lite-
ratur auf dem Buchmarkt, die sich mit verschiedenen Luftkriegsszenarien beschäftigte. Diese zeigten
sehr oft den Horror des Luftkrieges der Zukunft, charakteristischerweise wurde oft eine endzeitliche
Stimmung in den Werken verbreitet.127 Süß führt als Beispiele Wahn-Europa 1934 von Hanns Gobsch,
Die Schlacht über Berlin von Axel Alexander und Bomben auf Hamburg von Johann von Leers an.128

Der ÖLB begann seine Aufklärungstätigkeit auszubauen und bot in deren Rahmen eine Reihe von Vor-
trägen für Schüler und Lehrer an. Darauf folgte im Februar 1936 an der Wiener Technischen Hoch-
schule eine Veranstaltung zum Thema Luftwaffe, an der der Kommandant der österreichischen Luft-
streitkräfte teilnahm. Wie hier deutlich wird, wurde stets versucht, den zivilen Luftschutz mit den Tä-
tigkeiten der Luftstreitkräfte zu kombinieren. Eine weitere Möglichkeit zur Steigerung von Bekannt-
schaft und Mitgliederwerbung boten Preisausschreiben; die Hauptpreise waren unter anderem ein Ra-
dioempfänger, ein Freiflug von Wien nach Klagenfurt, eine Pendeluhr und ein Kleinlöscher. Als kleinere
Preise konnte man etwa einen Handkoffer, ein elektrisches Bügeleisen und eine Bratpfanne gewin-
nen.129

Mit dem Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs im Juli 1936 wurden die Auswirkungen eines Luftkrie-
ges deutlich, besonders Bombardierungen dicht besiedelter Wohngebiete sorgten für unzählige zivile

122
Vgl. Zimmer (1935), dazu die Kapitel „Die Rolle des Schutzraumes im Sanitätsdienst“ und „Der Aufbau des
zivilen und sanitären Luftschutzes“.
123
Vgl. ebda., S. 43.
124
Vgl. ebda., S. 88.
125
Vgl. ebda., S. 117.
126
Vgl. ebda., S. 160.
127
Vgl. Süß (2011), S. 49.
128
Vgl. ebda.
129
Vgl. La Speranza (2019), S. 56.
28
Todesopfer. Seitens der österreichischen Regierung wurden trotz dieser schrecklichen Nachrichten
keine Anstrengungen zur Schaffung eines Luftschutzgesetzes unternommen.130

Von militärischer Seite wurde zwar ein passiver Luftschutz gefordert, jedoch hauptsächlich in den Aus-
bau des aktiven investiert. Die Schaffung des Kommandos der Luftschutztruppen 1936 war eine Folge
der Ausweitung der Luftschutztruppen. Unter diesem Kommando standen unter anderem die Flugab-
wehr-Batterie, die Flugabwehr-MG-Kompanie, die Flugnachrichtenkompanie und die Luftschutz-
schule. Letztere hatte als Aufgabe nicht die aktive Flugabwehr, sondern sie führte Ausbildungen im
Bereich der Tarnung, Vernebelung und Entgiftung durch.131

Der Aufbau des ÖLB weitete sich ab 1937 weiter aus, so wurde für Wien eine eigene Landesgruppen-
führung aufgestellt, dazu wurden in den Bezirken Bezirksgruppenführer ernannt, dort wurden auch
eigene Grundschulungskurse für Block- und Hausschutzwarte abgehalten.132 In der Vollversammlung
vom 28. Mai 1937 wurde ein dringliches Schreiben an die Bundesregierung formuliert, das vehement
die Realisierung eines Luftschutzgesetzes forderte.133

Wenngleich dieses Gesetz bis auf Weiteres ausblieb, versuchte die Regierung, den Luftschutzgedanken
in der Bevölkerung weiter zu verankern. Dazu wurde zum Beispiel für die Schulen ein eigener Lehrbe-
helf geschaffen, der für die Schüler einen thematischen Bezug zum Luftschutz herstellen sollte.134 Ne-
ben Informationen über den zukünftigen Luftkrieg und den Heimatluftschutz sollte vor allem eine An-
leitung zum Luftschutzgedanken in der Schule die Relevanz für die Bevölkerung deutlich machen. Die
Schule hat demnach die Aufgabe, moralische Voraussetzungen wie „Mut und Entschlossenheit, Nächs-
tenliebe und Opfersinn“ unter der Jugend zu schaffen.135 Besonders gut sei der Geographieunterricht
zur Veranschaulichung der Luftschutzfrage geeignet, hier sollte unter anderem mit Landkarten gezeigt
werden, welche Staaten für Österreich eine Luftbedrohung darstellen. Dabei sollten auch die wirt-
schaftlichen Verhältnisse zur Sprache kommen, also zum Beispiel Orte mit lebenswichtigen Industrien
vom Gesichtspunkt der Luftgefährdung aus betrachtet werden. In höheren Klassen kann auch im Rah-

130
Vgl. La Speranza, Marcello (2007): …und für die Bevölkerung wird angeordnet: Luftschutzmaßnahmen in Wien.
In: Wolfgang Etschmann (Hrsg.): Im Keller. Österreich im Zeichen des Luftschutzes [Bomben fallen! Was tun?].
Begleitband zur Sonderausstellung des Heeresgeschichtlichen Museums, 21. November 2007 – 25. Mai 2008.
Wien: Heeresgeschichtliches Museum, S. 55–146, hier S. 62.
131
Vgl. Zecha; Hirnschall (1994), S. 75.
132
Vgl. La Speranza (2019), S. 57.
133
Vgl. ebda., S. 58.
134
Vgl. Bundesministerium für Landesverteidigung (1936): Luftschutz-Unterricht an den Schulen. Lehrbehelf.
Wien: o. V.
135
Ebda., S. 139.
29
men von wehrpolitischen Betrachtungen die Luftgefährdung Österreichs mit anderen Ländern vergli-
chen werden.136 Der Geschichteunterricht bietet die Möglichkeit, auf die engen Zusammenhänge zwi-
schen der technischen Entwicklung und dem Krieg hinzuweisen, speziell sei auf den Wendepunkt in
der Geschichte der Kriegsführung mit der Einführung der Luftwaffe einzugehen. Die Friedensverträge,
die „uns in der Luft anfänglich vollkommen wehrlos machten“, waren ebenfalls zu behandeln.137 In der
Bürgerkunde kann die Organisation des zivilen Luftschutzes gezeigt werden, darüber hinaus ist die
„staatsbürgerliche Pflicht jedes einzelnen“ im Luftschutz zu betonen.138 Als „Schwergewicht des Luft-
schutzunterrichtes“ galt der naturwissenschaftliche Unterricht. Der freie Fall stelle die Verbindung zum
Bombenabwurf her; erörtert werden sollen auch die Beziehungen zwischen Fluggeschwindigkeit, Flug-
höhe, Luftwiderstand und Luftbewegung. Im Chemieunterricht sind die Gaskampfstoffe mit ihrer Wir-
kung auf den menschlichen Körper zu untersuchen, ferner die verschiedenen Schutzmaßnahmen und
die Grundzüge der Entgiftung zu behandeln. In diesem Zusammenhang wird auf das Buch Gas über
Österreich von Arthur Zimmer verwiesen.139 Auch der Zeichenunterricht, der Schreibunterricht, der
Mathematikunterricht, der Werkunterricht und der Sprachunterricht sollen einen Zusammenhang zum
Luftschutz herstellen, zu Letzterem wird der Vorschlag zur Behandlung von Prosastücken und Gedich-
ten zum Thema Luftfahrt und Luftkrieg unterbreitet.140

2. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten


Nach der Machtergreifung der NSDAP erfolgten tiefgreifende Veränderungen in fast allen Bereichen
des Gemeinwesens und des öffentlichen Lebens, diese wirkten sich auch auf die Vorbereitungen für
den Luftkrieg aus. Dabei ist zu beachten, dass die von den Nationalsozialisten angekündigte, radikale
organisatorische Umgestaltung der politischen Strukturen über Jahre hinweg verlief und nicht inner-
halb kurzer Zeit erfolgte, da die komplizierte föderale Ordnung nicht abgeschafft, sondern lediglich
modifiziert und ergänzt wurde. Bei dieser Umgestaltung wurde nicht nach einem sorgsam ausgearbei-
teten Plan vorgegangen, sondern nach dem Prinzip der Gefolgschaftstreue und den individuellen Ent-
scheidungen Hitlers, mit denen er seinen Status als unangefochtener Diktator immer wieder absi-
cherte. Das Prinzip der Gefolgschaftstreue wird besonders bei der Besetzung von Schlüsselpositionen
im Reich mit den engsten Gefolgsleuten deutlich. Hitlers individuelle Entscheidungen zeigten sich bei
der Einsetzung persönlicher Bevollmächtigter wie etwa den Reichsstatthaltern, ohne die etablierten
Machtträger, zum Beispiel Landesregierungen und deren Verwaltungsapparate, auszuschließen.141 Die

136
Vgl. ebda., S. 141.
137
Vgl. ebda., S. 141f.
138
Vgl. ebda.
139
Vgl. ebda., S. 142f.
140
Vgl. ebda., S. 145.
141
Vgl. Lemke (2005), S. 299.
30
Etablierung der Diktatur bedeutete somit nicht eine Aufhebung der Dualität zwischen dem Reich und
den Ländern, sondern die Installierung neuer Verhältnisse durch die Schaffung weiterer Machtinstru-
mente. Dadurch konnte sich eine Polykratie unterschiedlichster Organisationen entwickeln, wobei
auch einzelne Sonderbeauftragte in ihrem Aufgabenbereich mitwirken konnten. Der Luftschutz gilt als
jener Bereich, der von diesen Auswirkungen am stärksten betroffen war.142 So blieb er zwar in seiner
inneren Struktur und Führung einigermaßen intakt, er wurde aber zum Spielball der politischen Intri-
gen innerhalb des Reichsluftfahrtministeriums (RLM) sowie im Kampf um Kompetenzen mit Reichsfüh-
rer-SS Heinrich Himmler.143

2.1 Das Reichsministerium der Luftfahrt


Bereits in den ersten Wochen nach der NS-Machtergreifung änderten sich die Bedingungen für den
Luftschutz. Hermann Göring erhob zunächst als Reichskommissar, später als Reichsminister der Luft-
fahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe (RdL und ObdL), den Anspruch auf Zuständigkeit auf diesem
Gebiet. Hitler ließ dazu am 2. Februar 1933 eine entsprechende Verordnung von Reichspräsident Paul
von Hindenburg unterzeichnen, nach der die Befugnisse in der zivilen Luftfahrt und im Luftschutz auf
den Reichskommissar für die Luftfahrt übergingen.144

„Für die Luftfahrt wird ein Reichskommissar für die Luftfahrt bestellt. Er untersteht dem Reichs-
kanzler und hat seinen Sitz in Berlin. Er gilt als oberste Reichsbehörde. Die Aufgaben des Reichs-
verkehrsministers, soweit sie die Luftfahrt betreffen, und die Aufgaben des Reichsministers des
Inneren, soweit sie den Luftschutz betreffen, gehen auf den Reichskommissar für die Luftfahrt
über. Die Zentralstelle für Flugsicherung wird dem Reichskommissar für die Luftfahrt unterstellt.
Der Reichskommissar für die Luftfahrt erläßt die näheren Anordnungen. Er trifft diejenigen Maß-
nahmen, die zur Überleitung der Luftfahrt- und Luftschutzaufgaben aus den Geschäftsbereichen
des Reichsverkehrsministeriums und des Reichsministeriums des Inneren sowie zur Übernahme
des Personals erforderlich sind, im Einvernehmen mit den beiden Reichsministern. Diese Ver-
ordnung tritt mit Wirkung vom 30. Januar 1933 in Kraft.“145

Die durch den Versailler Vertrag eigentlich verbotene militärische Luftfahrt ging in den folgenden Mo-
naten ebenfalls in die Zuständigkeit Görings über. Dabei kam es im Vorfeld aber zu Auseinanderset-
zungen zwischen den beteiligten Parteien: Während die Heeresleitung bestrebt war, die Luftwaffe un-
ter eigener Kontrolle aufzubauen (gedacht als Unterstützung des Heeres), versuchten Vertreter der
Luftstreitkräfte, diese als eigenständigen dritten Teil der Wehrmacht neben Heer und Marine aufzu-
bauen. Durch die Stellung Görings als einer der einflussreichsten Nationalsozialisten waren die Pläne

142
Vgl. Lemke (2007), S. 74.
143
Vgl. Klinge (2016), S. 110.
144
Vgl. Lemke (2005), S. 300.
145
Verordnung über den Reichskommissar für die Luftfahrt. Vom 2. Februar 1933. RGBl. I, Nr. 8 vom 6. Februar
1933, S. 35. Online verfügbar unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&da-
tum=1933&page=160&size=45, zuletzt geprüft am 17.2.2021.
31
der Heeresleitung jedoch zum Scheitern verurteilt.146 Aus dem Reichskommissariat für die Luftfahrt
entstand am 5. Mai 1933 schließlich das Reichsluftfahrtministerium.147 Dies geschah auf den außeror-
dentlichen Antrag Görings in der Ministerbesprechung vom 28. April hin, in der er den Wunsch auf
Umwandlung in ein Ministerium geäußerte hatte.148 Im RLM wurde anschließend die dem Staatssek-
retär Erhard Milch unterstehende Luftwaffeninspektion 13 (L In 13) eingerichtet, die die Agenden des
Luftschutzes übertragen erhielt.149 Die Aufgaben von L In 13 waren sehr vielseitig, sie umfassten ein
sehr breites Feld, zum Beispiel die Organisation und Führung des zivilen Luftschutzes, Rechtsfragen,
Verwaltung, technische Fragen des Luftschutzes, Ausbildung u.v.m. Im Endzustand sah die Gliederung
etwa wie folgt aus:

Abteilung 1 – Arbeitsstab LS.


Gruppe 1 I: Führung und Einsatz.
Referat 1:
I a: Führung und Einsatz.
I b: LS der besonderen Verwaltung.
I c: Ausbildung, Erfahrungsberichte.
I d: Offizierersatz, allgemeine Personalangelegenheiten.
I e: Vorschriftenbearbeitung.
Gruppe 1 II: Luftschutzwarndienst.
Referat 1:
II a: Organisation.
II b: Personal.
II c: Technik.

Abteilung 2 – Organisation, Ausbildung des Sicherheits- und Hilfsdienstes (SHD), Verwaltung, LS-
Recht, Presse.
Gruppe 2 I: Organisation und Ausbildung der Fachkräfte.
Referat 2:
I a: Sicherheits- und Hilfsdienst.
I b: Selbstschutz, Reichsluftschutzbund.
I c: Werkluftschutz.
I d: LS-Veterinärdienst, LS-Sanitätsdienst.
Gruppe 2 II: Verwaltung, Recht, Presse.
Referat 2:
II a: Verwaltung, Personalangelegenheiten.
II b: Haushalt.
II c: Beschaffungen.
II d: Luftschutzrecht.
II e: Presse und Archiv.

Abteilung 3 – Luftschutztechnik.

146
Vgl. Lemke (2005), S. 301.
147
Vgl. Klinge (2016), S. 110.
148
Vgl. Minuth, Karl-Heinz (Hrsg.) (1983): Akten der Reichskanzlei. Die Regierung Hitler. Teil 1: 1933/34. Band 1.
30. Januar bis 31. August 1933, Dokumente Nr. 1 bis 206. Boppard am Rhein: Harald Boldt, S. 417.
149
Vgl. Brinkhus, Jörn (2007): Ziviler Luftschutz im „Dritten Reich“ – Wandel seiner Spitzenorganisationen. In:
Dietmar Süß (Hrsg.): Deutschland im Luftkrieg. Geschichte und Erinnerung. München: Oldenbourg (= Zeitge-
schichte im Gespräch 1), S. 27–40, hier S. 29.
32
Gruppe 3:
I: Brandschutz, Rohstoffbewirtschaftung.
II: LS-Bauwesen.
III: Gasabwehr, Nebelschutz.150

Unterstützung erfuhr L In 13 durch die dem RLM eingegliederte Reichsanstalt der Luftwaffe für Luft-
schutz. Diese entwickelte sich zu einer zentralen Forschungs-, Prüf- und Lehreinrichtung in ihrem Fach-
bereich. Vormals war die Reichsanstalt unter der Bezeichnung Polizeiinstitut für Technik und Verkehr
bekannt, nach der Herausgabe der Vorläufigen Ortsanweisung für den Luftschutz der Zivilbevölkerung
wurde sie in Luftschutz- und Luftpolizeischule umbenannt. In ihr war u.a. eine Lehrabteilung geschaffen
worden, die ständig verschiedene Führer-, Einführungs- und Sonderlehrgänge abhielt. Bereits 1935
besuchten 3.000 Teilnehmer diese Lehrgänge, später wurde die Lehrtätigkeit durch die Abhaltung von
Lehrgängen für die Luftschutzleiter der drei Wehrmachtteile und für Luftschutzoffiziere der höheren
Stäbe noch erweitert. 1942 wurde eine Luftschutz-Lehrkompanie aufgestellt, die Luftschutz-Unterfüh-
rer in der Heimat und in den besetzten Gebieten ausbildete.151

Die 1931 geschaffene Vorläufige Ortsanweisung wurde von L In 13 für die Regelung des Luftschutz-
Aufbaus und der regionalen Organisation weiterverwendet und ständig aktualisiert.152

Der zivile Luftschutz wurde somit ein Teil des RLM, zum Leiter des gesamten Luftschutzwesens wurde
Ministerialrat Kurt Knipfer ernannt, der bereits seit mehreren Jahren im Bereich des Luftschutzes tätig
war.153 Dabei kann man eine erste Spaltung der Organisation bemerken. Anstelle des traditionell für
die zivile Sicherheit zuständigen Reichministeriums des Innern erhielt das zivil-militärische RLM die
Leitung des zivilen Luftschutzes.154 Der Grund für diese organisatorische Übertragung auf das neu ge-
gründete Ministerium war der Gedanke, dass der Luftschutz sowohl beim Aufbau der Organisation als
auch im Einsatzfall in enger Verbindung mit der Taktik und technischen Entwicklung der Luftwaffe ste-
hen musste. Vorteile der militärischen Führung des zivilen Luftschutzes sah man vor allem in der gesi-
cherten Versorgung mit Rohstoffen, der Bereitstellung von Geldmitteln und Personal sowie in der nun
ermöglichten Zusammenarbeit mit den Wehrmacht-Erprobungsstellen. Göring konnte als Reichsminis-
ter für die Luftfahrt mit seinen Weisungen und Richtlinien die Führung, Organisation und technischen
Entwicklungen steuern, falls nötig im Einvernehmen mit anderen Reichsstellen. Diese waren angehal-
ten, sämtliche Anordnungen zu beachten und in ihre eigenen Organisationspläne einzubauen.155 Die

150
Vgl. Hampe (1963), S. 50f. für die Aufzählungen, die hier als Vorlage dienten.
151
Vgl. ebda., S. 53.
152
Vgl. Linhardt (2002), S. 108.
153
Vgl. Lemke (2005), S. 301.
154
Vgl. ebda., S. 302.
155
Vgl. Hampe (1963), S. 49.
33
Führung des Luftschutzes vor Ort war jedoch den Polizeidienststellen vorbehalten – und blieb es auch
weiterhin. Dabei wurde diese später der Verantwortung der Ordnungspolizei (Orpo) unterstellt.156

Im Zuge der Erstellung der Richtlinien wurden auch die Aufgaben des zivilen Luftschutzes formuliert:
„Der Luftschutz hat Volk und Heimat und damit auch die Wehrmacht und ihre Kraftquellen, Wirtschaft
und Verkehr gegen die Gefahren von Luftangriffen zu schützen, ihre Wirkung auf Leben, Verkehr und
Wirtschaft zu mildern und die erforderlichen Maßnahmen schon im Frieden vorzubereiten“.157 Einzu-
richten waren Luftschutzwarndienst, Sicherheits- und Hilfsdienst, Werkluftschutz, Selbstschutz, erwei-
terter Selbstschutz (die Großschreibung als Eigenname wird in zahlreichen Dokumenten ebenfalls an-
gewandt, hier wird aufgrund der Einheitlichkeit Kleinschreibung verwendet) und Luftschutz in den so-
genannten besonderen Verwaltungen.158

Trotz der verstärkten Aktivität von L In 13 führte der zivile Luftschutz zunächst weiter eine Randexis-
tenz. Die zentrale Aufmerksamkeit des RLM galt der Aufstellung, Organisation, Beschaffung von Per-
sonal und Material und der Einsatzplanung seiner militärischen Sparte. So schnell wie möglich sollte
eine schlagkräftige Luftwaffe geschaffen werden, um sich gegen Bedrohungen wehren zu können.159
Aus diesem Grund war für den zivilen Luftschutz die Berücksichtigung bei der Zuwendung von Rohstof-
fen und finanziellen Mitteln in der Anfangszeit sehr schwierig. Vor allem die Bereitstellung von Roh-
stoffen war problematisch, besonders die Versorgung mit Eisen bildete einen Engpass. Jeder der drei
Wehrmachtteile stand im Kampf um die Zuteilung des von ihm benötigten Rohstoffkontingents, inner-
halb der einzelnen Teile ergab sich wiederum ein weiterer Kampf der einzelnen Bedarfsträger um eine
möglichst hohe Quote. Auch die Meinung, dass ein zukünftiger Krieg nur kurz dauern würde und des-
wegen dem aktiven Militär der Vorrang einzuräumen sei, schränkte die passiven Maßnahmen des zi-
vilen Luftschutzes stark ein. Zum Beispiel konnte beim Schutzraumbau erst 1941 das Führerbaupro-
gramm verwirklicht werden.160

2.2 Der zivile und militärische Bereich des Luftschutzes


Die Spaltung in einen zivilen und einen militärischen Zweig innerhalb des RLM trieb auch die organisa-
torische Zweiteilung voran. Die direkten militärischen Belange wurden durch den Generalstab zuerst
unter dem Decknamen Luftschutzamt kontrolliert, da man durch die machtpolitische Schwäche des
Reiches den Vertrag von Versailles noch immer als bindend beachten musste. Alle anderen Belange,
die nichts mit Führung und Einsatz der Luftwaffe zu tun hatten, galten als nachrangig. So wurden Be-

156
Vgl. Brinkhus (2007), S. 29.
157
Hampe (1963), S. 49.
158
Vgl. ebda.
159
Vgl. Lemke (2005), S. 302.
160
Vgl. Hampe (1963), S. 51.
34
reiche wie Logistik, Personalverwaltung, ziviles Flugwesen und der Luftschutz von den führenden Mili-
tärs als eher belastend angesehen. Der Leiter von L In 13, Staatssekretär Milch, wurde insbesondere
von den Generalstabsoffizieren als Vertreter der zivilen Sparte abgelehnt, obwohl er zuerst den Dienst-
grad eines Obersten und später eines Generalleutnants innehatte. 1933 setzte ihn Göring auch in mi-
litärischen Fragen als offiziellen Stellvertreter und Vorgesetzten aller Offiziere ein, was eine Zuweisung
der Leitung des RLM unter Göring bedeutete und weitere Ablehnung hervorrief.161

Milch selbst war bei Hitler sehr beliebt, da er der nationalsozialistischen Bewegung fast makellos treu
war. Dadurch stellte er einen nicht zu unterschätzenden Machtfaktor dar. Im RLM entstand ein Macht-
vakuum, das schwerwiegende Konflikte zwischen Milch und dem Generalstab um die Führung des Mi-
nisteriums verursachte. Dabei kam es immer wieder zu Machtverlagerungen, die Umorganisationen
und den Wechsel von Einzelzuständigkeiten auslösten. Die Grenzen zwischen den zivilen und den mi-
litärischen Bereichen des komplexen RLM waren ständiger Veränderung unterworfen und nicht ohne
Weiteres klar unterscheidbar.162

Eine noch tiefere Verbindung des Luftschutzes mit dem militärischen Bereich des RLM trat 1935 ein,
als die Tarnzeit der Luftwaffe zu Ende ging. Als die Existenz der Luftwaffe am 1. März 1935 bekannt
gegeben wurde, erfolgte die Übernahme der Flakartillerie in den Befehlsbereich der Luftwaffe. Sie
wurde zusammen mit dem Luftschutz unter das Kommando des Inspekteurs der Flakartillerie und des
Luftschutzes gestellt. Dieser Inspekteur, General Günther Rüdel, unterstand Staatssekretär Milch und
hatte umfassende Befugnisse. So hatte er Inspektionsrechte gegenüber allen Flakverbänden, den Ein-
heiten des Flugmeldedienstes, des Luftschutzwarndienstes sowie allen im zivilen Luftschutz tätigen
Polizeibehörden und staatlichen und freiwilligen Organisationen.163

Da die Mittel für den zivilen Luftschutz begrenzt blieben, mussten Prioritäten gesetzt werden.164 Dazu
wurden die vor Luftangriffen zu schützenden kriegswichtigen Anlagen in Luftschutzobjektarten erfasst
und in drei Bewertungsklassen eingeteilt, nach denen sich die Zuteilung der Verteidigungskräfte rich-
tete. Die Wohn- und Industriezentren erhielten ebenso eine Kategorisierung in Luftschutzorte der I.,
II. und III. Ordnung.165 Die Orte I. Ordnung umfassten 94 Städte und Gebiete, die der II. Ordnung 201

161
Vgl. Lemke (2005), S. 303f.
162
Vgl. ebda., S. 304.
163
Vgl. ebda., S. 305f.
164
Vgl. Linhardt (2002), S. 108.
165
Vgl. Boog, Horst (1990): Der anglo-amerikanische strategische Luftkrieg über Europa und die deutsche Luft-
verteidigung. In: Horst Boog (Hrsg.): Der globale Krieg. Die Ausweitung zum Weltkrieg und der Wechsel der Initi-
ative 1941–1943. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt (= Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg 6), S. 429–
559, hier S. 441.
35
und die nicht den anderen beiden Kategorien zugehörigen Städte und Gebiete wurden zu Luftschutz-
orten III. Ordnung erklärt.166 In den Luftschutzorten I. Ordnung wurden der Sicherheits- und Hilfsdienst
I. Ordnung, der Selbstschutz, der erweiterte Selbstschutz und der Werkluftschutz eingerichtet. In den
Luftschutzorten II. Ordnung wurden die vorhandenen staatlichen, kommunalen und sonstigen in Be-
tracht kommenden Einrichtungen unter die Führung des örtlichen Luftschutzleiters gestellt und ent-
sprechend gegliedert. Ob eine Erfassung von Ergänzungspersonal erforderlich war, mussten die Mit-
telbehörden der inneren Verwaltung entscheiden. Ebenso wurden wie in den Luftschutzorten I. Ord-
nung der Werkluftschutz, Selbstschutz und erweiterte Selbstschutz aufgestellt. Alle übrigen Orte wa-
ren Luftschutzorte III. Ordnung, hier wurden die vorhandenen staatlichen, kommunalen und sonstigen
in Betracht kommenden Einrichtungen für den zivilen Luftschutz in Anspruch genommen. In diesen
Orten wurde keine eigene Führungsorganisation geschaffen, erneut mussten hier der Werkschutz,
Selbstschutz und erweiterte Selbstschutz aufgestellt werden.167 Konkret sah das Konzept der Hilfeleis-
tung für Luftschutzorte I. Ordnung wie folgt aus: Für jede Hausgemeinschaft sollte zuerst der aufge-
stellte Selbstschutz zum Einsatz kommen, also Hausluftschutzwarte, Hausfeuerwehr und Laienhelfer.
Dem Selbstschutz wurden die Bekämpfung von Entstehungsbränden, die Evakuierung von Hausbewoh-
nern und die Erstversorgung der Verletzten übertragen. Dabei sollten auch die Kräfte des erweiterten
Selbstschutzes (= öffentliche und private Dienststellen und Betriebe unter Führung der Ortspolizeiver-
walter) tätig werden. Waren die Kräfte nicht ausreichend, um eine Gefahrensituation in den Griff zu
bekommen, sollten zu ihrer Verstärkung Feuerwehr- und Bergungstrupps ausrücken. Erst wenn Selbst-
schutz, erweiterter Selbstschutz und Feuerwehr- und Bergungstrupps zusammen nicht ausreichten,
sollten Sicherheits- und Hilfsdienst-Einheiten hinzugezogen werden.168

3. Der Reichsluftschutzbund
Nachdem L In 13 die organisatorischen Grundlagen für den Luftschutz geschaffen hatte, galt es nun,
die Luftschutzarbeit in der Bevölkerung voranzutreiben. Der Luftschutz sollte die Masse der Zivilbevöl-
kerung erreichen und in jedes Haus getragen werden. Aus diesem Grund sah man die Schaffung einer
zuständigen Organisation mit einem dichten Netz von Stützpunkten als notwendig an. Obwohl sich die
entstehenden Luftwaffenstrukturen logistisch anboten, war an eine Eingliederung in diese nicht zu
denken, da die militärischen Stellen im RLM mit der Führung und dem Einsatz der Luftwaffe beschäftigt
waren.169

166
Vgl. Klinge (2016), S. 114.
167
Vgl. Hampe (1963), S. 52.
168
Vgl. Linhardt (2002), S. 109.
169
Vgl. Lemke (2005), S. 314.
36
Am 29. April 1933 wurde somit als nationalsozialistische Basisorganisation zur Massenideologisierung
der Reichsluftschutzbund e.V. (RLB) geschaffen, sämtliche bisherigen Luftschutzvereine sollten per Ver-
fügung des RLM in diesen eingegliedert werden. Dadurch unterstand der RLB dem RLM und damit
Hermann Göring. Göring ernannte einen der dienstältesten Luftschutzwegbereiter zum Präsidenten
des RLB, den General der Flakartillerie a.D. Hugo Grimme, der bis zu seiner Verabschiedung 1936 den
RLB leiten sollte.170

Da die bis dahin tätigen Luftschutzvereine jahrelange Vorarbeit geleistet hatten, gaben diese unter
anderem eine hervorragende Plattform für die Erfassung der Bevölkerung ab. Die bestehenden Ver-
eine wie der DLSV wurden nach und nach aufgelöst, sodass den Mitgliedern keine andere Wahl blieb,
als dem RLB beizutreten, wenn sie weiter im Luftschutz tätig sein wollten. Dies geschah großteils ohne
Schwierigkeiten, da Verantwortliche in höheren Positionen auch im RLB wieder als führende Mitglieder
aufgenommen wurden.171 Für die Luftschutzaktivisten bedeutete der Eintritt einerseits eine Aufwer-
tung ihrer Tätigkeit, andererseits führte die Eingliederung in den RLB auch zum Verlust der Eigenstän-
digkeit der einzelnen Vereine.172 Direkt nach seiner Gründung wurde mit dem Aufbau von Ortsgruppen
begonnen, den Fokus legte man zunächst auf die Luftschutzorte I. Ordnung.173

Im Juni 1933 gab der Abteilungsleiter des Luftschutzes im RLM, Kurt Knipfer, die Gründe für die Schaf-
fung des RLB bekannt: Der Deutsche Luftschutzverband habe sich zwar große Verdienste erworben,
sei aber ohne Erfolg geblieben, weil sich die am besten organisierten Luftschutz-Verbindungen, etwa
in Schlesien und Ostpreußen, nicht in den Verband eingliedern wollten. Auch die vaterländischen Ver-
eine und Wehrbünde waren gegen eine Eingliederung in den Luftschutzverband, obwohl sie alle das
gleiche Ziel verfolgten. Somit konnte sich jeder befähigt und berechtigt fühlen, den zivilen Luftschutz
zu organisieren und Vereine zu gründen. Dadurch wurden Gegenarbeit und Zersplitterung zu alltägli-
chen Erscheinungen. Die notwendige Einheitlichkeit konnte nicht hergestellt werden, da die Voraus-
setzungen und Möglichkeiten für eine autoritäre Führung fehlten. Der Reichsluftschutzbund ist aus
diesem Grund als verantwortliche Stelle geschaffen worden, ihm wurde die Aufgabe übertragen, die
Bevölkerung über den Luftschutz aufzuklären, von der Bedeutung des Selbstschutzes zu überzeugen
und den Selbstschutz durchzuführen.174

Nicht zuletzt die Gründung des RLB als Verein brachte aber rechtliche und organisatorische Probleme
mit sich. Die Führungsebene der Luftwaffe betrachtete den RLB lediglich als Hilfsinstrument für die

170
Vgl. Klinge (2016), S. 111.
171
Vgl. Lemke (2005), S. 314.
172
Vgl. Süß (2011), S. 51.
173
Vgl. Linhardt (2002), S. 109.
174
Vgl. Knipfer, Kurt (1933): Der Weg zum Reichsluftschutzbund. In: Gasschutz und Luftschutz Nr. 6, Jg. 3 (1933),
S. 137. Online verfügbar unter http://download.gsb.bund.de/BBK/BBKNV193306.PDF, zuletzt geprüft am
22.2.2021.
37
Mobilmachung und wollte ihm keine grundsätzlichen Freiheiten in seiner Tätigkeit gewähren. Gleich-
zeitig musste aber seine Unabhängigkeit im Interesse der Werbetätigkeit und des Freiwilligkeitsprin-
zips in der Luftschutzbewegung wenigstens nach außen hin gewahrt werden.175 Weitere organisatori-
sche Fragen blieben zunächst ungelöst, insbesondere wie mit polizeilichen Funktionen im Luftschutz
umzugehen sei, ferner die Abgrenzung zwischen Polizei und RLM.176

Die Rechtslage konnte nicht ohne Weiteres umgestoßen werden, da der RLB ein eingetragener Verein
mit rechtlich unabhängigem Status war. Darüber hinaus stellten regionale Gruppierungen, zum Bei-
spiel die Landesgruppen, eigene Verbände dar. Aus diesem Grund konnte eine direktere Anbindung
nur schrittweise erfolgen. Die Landesgruppen waren bis 1935 finanziell, verwaltungstechnisch und
rechtlich völlig unabhängig vom RLB, nun wandelte man sie in Gliederungen um, die unmittelbar der
Kontrolle des Präsidiums des RLB unterstehen sollten. Mittels Dienstanweisungen wurde der RLB einer
Dienststelle des RLM gleichgestellt. Der RLB stand mehr oder weniger unter der Kontrolle der Luftwaf-
fenspitze, alle grundsätzlichen Beschlüsse musste zuerst das RLM genehmigen. Erst mit dem Luft-
schutzgesetz 1935 und der folgenden I. Durchführungsverordnung wurde der RLB als quasi-staatliche
Organisation in einem Reichsgesetz verankert. Dies geschah gegen den heftigen Widerstand anderer
Ministerien, die es als unerhört erachteten, dass ein privater Verein per Gesetz rechtliche Befugnisse
erhielt und dies im Reichsgesetzblatt veröffentlicht wurde.177

In seinem Aufruf zur Gründung am 29. April 1933 gab der RdL und ObdL Göring die grundlegende Auf-
gabe des RLB bekannt: Er sollte „in allererster Linie die moralischen Voraussetzungen schaffen […]
ohne die ein Volk nicht fähig ist, einen modernen Luftangriff zu ertragen, da nur eine festgeschlossene
von unbeugsamen Lebenswillen beseelte Nation diesen Gefahren wird widerstehen können.“178

Ähnlich wie Göring sah Vereinspräsident Grimme in seinen Ausführungen über den RLB das „Volk und
seine Seelenverfassung“ als weitere „Macht“ neben Heer, Kriegsmarine und Luftwaffe an. Dieses
müsse im Frieden geschult und im Krieg geführt werden. Die vier Mächte, richtig ausgebildet und im
richtigen Verhältnis zueinander als Gesamtstreitmacht des Staates, würden dem Deutschen Reich „im
Ringen der Völker, das wohl niemals aufhört, solange es Menschen mit Fehlern gibt, die dem deut-
schen Volke nach Kulturgut, Größe und geschichtlicher Entwicklung zukommende Stellung gegenüber
Angriffen und drohender Vernichtung erhalten.“179

175
Vgl. Lemke (2005), S. 315.
176
Vgl. Süß (2011), S. 51.
177
Vgl. Lemke (2005), S. 315f.
178
Grimme, Hugo (1937): Der Reichsluftschutzbund. Aufgaben, Organisation, Tätigkeit, Berlin: Junker u. Dünn-
haupt (= Schriften der Deutschen Hochschule für Politik 9), S. 11.
179
Ebda.
38
Obwohl Grimme als Präsident den Verein als ebenso wichtig wie die Wehrmacht ansah, blieb der RLB
durch seinen rechtlichen Status und die organisatorische Eingliederung in den Bereich der Luftwaffe
Beschränkungen unterworfen. Der RLB stand unter der Aufsicht des RLM, des Rechnungshofes und der
Revisions- und Treuhand-Aktiengesellschaft. Wegen der Rechtslage kam eine formelle Eingliederung
in die Verwaltung des RLM zwar nicht infrage, dennoch war die Kontrolle des RLM in großem Maße
vorhanden.180

Weitere Probleme konnten sich auf der Ebene der Befehlshierarchie des RLM ergeben, zum Beispiel
verblieben die Landesgruppen juristisch nach ihrer Eingliederung im Status eingetragener Vereine. Erst
1940, als der RLB in eine Körperschaft des öffentlichen Rechts umgewandelt wurde, waren diese juris-
tischen Probleme beseitigt.181

3.1 Die Tätigkeiten des Reichsluftschutzbundes


Der RLB erhielt durch Göring zunächst folgende grundlegenden Aufgaben zugeteilt: Aufklärung und
Werbung, Ausbildung der Bevölkerung für den Selbstschutz und Durchführung des Selbstschutzes im
Luftschutz.182

Aufklärung und Werbung standen ganz im Zeichen der Notwendigkeit des Selbstschutzes, da davon
ausgegangen wurde, dass ein zukünftiger Krieg nicht mehr nur zwischen Armeen, sondern zwischen
Völkern stattfinden würde. Aufgeklärt wurde vor allem über die Stärke der ausländischen Luftstreit-
kräfte, zusätzlich gab es Informationen zur Abwehr von Angriffsmitteln. Im Hinblick auf die Zivilbevöl-
kerung wurde der Gedanke vermittelt, dass der Staat nicht allein in der Verantwortung steht, sondern
jeder Einzelne für sich und sein engstes Umfeld. Die Aufklärung hatte auch den Zweck, Unentschlos-
sene zu überzeugen: Man war der Annahme, dass die nunmehr Überzeugten ihrerseits die Aufklärung
weiterbetreiben und so weitere Menschen überzeugen würden.183 Die Gefahr eines Bombenangriffs,
der nicht nur kriegswichtige Gebiete und die Industrie treffen konnte, sondern jeden einzelnen Ort,
sollte in den Köpfen verankert werden. Der RLB bewarb die Vorbereitungen zum Selbstschutz als vor-
teilhaft für die ganze Haus- und Ortsgemeinschaft. Als Beispiel lässt sich die Ausbildung der Hausfeu-
erwehr anführen, die dafür Sorge trägt, dass in jedem Haus Löschmittel und Personal vorhanden sind,
um Brände bereits bei ihrer Entstehung löschen zu können und dadurch größere Zerstörungen verhin-
dert wird. Ein weiteres Beispiel gab der RLB mit der Ersten Hilfe nach Luftangriffen: Gaskranken und
Verwundeten wurde es durch die Einrichtungen des Selbstschutzes ermöglicht, sofort von ausgebilde-

180
Vgl. Lemke (2005), S. 316.
181
Vgl. ebda.
182
Vgl. Klinge (2016), S. 111.
183
Vgl. Grimme (1937), S. 23.
39
ten Helfern versorgt zu werden. Der RLB versuchte möglichst viele Menschen einzubeziehen, aus die-
sem Grund bediente er sich im Sinne von Aufklärung und Werbung der Medien Presse, Rundfunk und
Film. Die Bedeutung der bisherigen Zusammenarbeit mit der Presse wurde besonders hervorgehoben,
jedoch im gleichen Atemzug die Notwendigkeit eines RLB-eigenen Sprachrohrs betont. Die Sirene. Il-
lustrierte Zeitschrift mit den Mitteilungen des Reichsluftschutzbundes wurde ab 1933 herausgegeben
und sollte, ihrem Namen entsprechend, durch leichtverständliche Artikel die Bevölkerung über Gefah-
ren aus der Luft informieren.184 Die Sirene erschien 14-tägig mit ca. 400.000 Exemplaren (1938) und
war eine der meistgelesenen NS-Zeitschriften.185

Weitere anschauliche Einblicke in den Luftschutz gaben der Luftschutzbilderdienst und der jährlich er-
scheinende Deutsche Luftschutzkalender. L In 13 versorgte den RLB mit den neuesten Kenntnissen im
Bereich des Luftschutzes, dadurch konnte dieser das gewonnene Wissen in seinen Medien und Schu-
leinrichtungen verbreiten. Als weiteres Beispiel für die schulende Tätigkeit ist Der Luftschutzleitfaden
für Alle, der im Selbstverlag des RLB erschien, anzuführen.186

Die Schulung der Bevölkerung für den Selbstschutz ging in der ersten Zeit nach der Gründung des RLB
sehr langsam voran, da es an Fachkundigen des Luftschutzes fehlte. Der RLB erhob selbst den An-
spruch, nicht nur die Amtsträger des Bundes, sondern auch „bis zur letzten Einheit, also bis zum Block-
wart, die Selbstschutzkräfte das sind Luftschutzhauswart, Hausfeuerwehr, Laienhelferinnen und Mel-
der, und schließlich die gesamte Bevölkerung“187 auszubilden. Bei der Erfassung der Selbstschutzkräfte
kam es besonders darauf an, möglichst solche Personen auszubilden, die im Ernstfall wirklich zur Ver-
fügung standen und nicht durch andere Verpflichtungen, etwa Dienst in der Wehrmacht, fernbleiben
mussten.188 Zur normierten Schulung der Selbstschutzkräfte richtete der RLB die Reichsluftschutz-
schule in Berlin ein. Ihre Aufgabe bestand in der Schaffung der Voraussetzungen für eine einheitliche
Ausbildung. Auch die höheren Amtsträger, die höheren Dienststellen, die Behörden und die Partei soll-
ten in der Luftschutzschule ausgebildet werden, nicht nur im Luftschutz, darüber hinaus in „Verant-
wortung und Pflichtbewusstsein gegenüber der Bevölkerung.“189

Neben der Reichsluftschutzschule in Berlin schuf man bei jeder Landesgruppe je eine Landesgruppen-
Luftschutzschule, deren Aufgabe die Fortbildung der Amtsträger vom Reviergruppenführer bis zu den
Stäben der Landesgruppen war. Die Landes-Luftschutzschulen bildeten auch die Leiter und Lehrer der

184
Vgl. ebda., S. 24.
185
Vgl. Klinge (2016), S. 111.
186
Vgl. Hampe (1963), S. 78.
187
Grimme (1937), S. 25.
188
Vgl. Hampe (1963), S. 78.
189
Grimme (1937), S. 25.
40
Luftschutz-Hauptschulen und der gewöhnlichen Luftschutz-Schulen aus. Eine Ebene darunter entstan-
den die Luftschutz-Hauptschulen, die für die Ausbildung der Ortsgruppen zuständig waren. Hier wur-
den Blockwarte, Werbewarte und Werbeleiter, Bauberater, Frauensachbearbeiterinnen, Stäbe der
Ortsgruppen sowie Leiter und Lehrer der Luftschutzschulen im Luftschutz geschult. Auch Betriebsan-
gehörige und Angehörige anderer Organisationen wurden auf dieser Ebene im erweiterten Selbst-
schutz ausgebildet. Die Unterweisung der breiten Bevölkerung im Selbstschutz wurde in den normalen
Luftschutzschulen durchgeführt; eine Schule war für ca. 10.000 bis 30.000 Einwohner vorgesehen. Das
Ausbildungskonzept der Luftschutzschulen gliederte man in drei Teile: Allgemein-Ausbildung, Fachaus-
bildung der verschiedenen Selbstschutzkräfte und Hausübungen. Die Ausbildung unterteilte sich in
Theorie und Praxis, die Theorie sollte jedoch nicht allein durch Vortragsarbeit vermittelt werden, auch
Planspiele mit den Block- und Luftschutzhauswarten galten als äußerst geeignet. Praktische Ausbildung
wurde vor allem in der Konfrontation mit den Gefahren nach einem Bombenangriff geleistet, dazu
kamen aufbauend Hausübungen, Blockübungen und schließlich Reviergruppenübungen. Der RLB be-
wertete diese Art der Ausbildung als beste Lösung, um den Selbstschutz wenigstens begriffsmäßig auch
den übrigen Hausbewohnern nahezubringen. Eine Grundausbildung im Luftschutz der gesamten Be-
völkerung, die nicht nur Selbstschutzkräfte und Amtsträger betraf, galt als langwieriger, jahrelanger
Weg.190

Zur Unterstützung der ständigen Luftschutzschulen schuf das Präsidium des RLB zwei Lehrtrupps, die
je nach Bedarf den einzelnen Landesgruppen zugeteilt werden konnten. Die Lehrtrupps waren vor al-
lem zur Schaffung von Ausbildungspersonal gedacht, das seinerseits die einfache Ausbildung der Be-
völkerung übernehmen konnte. Darüber hinaus waren die Lehrtrupps auf den Bau von Schutzräumen
spezialisiert und sollten diesen Ausbau vorantreiben.191

Die technische Vorbereitung und Durchführung des Selbstschutzes wurden für jedes Haus so konzi-
piert, dass es im Fall eines Bombenangriffs genügend Schutz für seine Bewohner bot. Dazu gab der RLB
Anleitungen zur Gestaltung der verschiedenen Räumlichkeiten heraus. In den Kellern mussten gas-,
splitter- und einsturzsichere Schutzräume eingerichtet werden, die Decke war fallweise abzustützen.
Die Gestaltung der Schutzräume wurde in verschiedenen Anweisungen noch genauer geregelt, grund-
sätzlich musste die Einrichtung aber Sitz- und Liegegelegenheiten, Notbeleuchtung und Notausgänge
bieten. Von den Dachböden waren leicht brennbare Materialen zu entfernen, dazu sollten Gegen-
stände so hingestellt werden, dass ein ungehinderter Zugang zum Löschen jederzeit möglich war. Das

190
Vgl. ebda., S. 26.
191
Vgl. ebda.
41
Dachgebälk sollte mittels eines speziellen Anstrichs schwer brennbar gemacht werden, dazu mussten
im Haus Geräte zum Löschen, zur Beseitigung von Trümmern und zur Verdunkelung vorhanden sein.192

3.2 Die Organisation des Reichsluftschutzbundes


Das Konzept des Selbstschutzes sah vor, dass jedes Haus sich im Ernstfall zunächst selbst zu helfen
hatte, erst bei Bedarf wurden die Luftschutzkräfte des öffentlichen Dienstes eingesetzt. Die Durchfüh-
rung des Selbstschutzes in der Bevölkerung galt als für den Erfolg aller Luftschutzmaßnahmen von ent-
scheidender Bedeutung. Zu diesem Zweck wurde der Selbstschutz organisatorisch nach dem Personal-
stand gegliedert: Zunächst war als unterste Ebene ein Familienluftschutz vorzubereiten, ein eigenes
Merkblatt für die Familie fasste seine Aufgaben zusammen. Die nächsthöhere Gliederungsebene war
der Hausluftschutz, er umfasste neben den genannten technischen Vorbereitungen die Bestellung ei-
nes Luftschutzhauswartes, die Bildung einer Hausfeuerwehr und die Organisation des Fliegeralarms
für das betroffene Haus. Personell wurden je nach Bedarf auch die Stellen von Brandwachen, Laien-
helferinnen, Meldern und in größeren Häusern zudem Ordnerdienste geschaffen. Mehrere nebenei-
nanderliegende Häuser fasste man in eine Luftschutzgemeinschaft zusammen, die sich gegenseitig
Hilfe leisten sollte.193 Sämtliche genannten Aufgaben waren in der Kompetenz des RLB angesiedelt, der
die Gliederung der Organisation noch genauer regelte. Die Basis des Selbstschutzes war das Haus, auf
diese Ebene war das eigentliche Tätigkeitsfeld des RLB fokussiert. Die unterste Dienststelle war der
Block, in diesem wurde eine gewisse Zahl benachbarter Häuser zusammengefasst. Der zuständige
Blockwart musste Ausbildung und Luftschutztätigkeit seiner Häuser und Haushalte mit ihren Luft-
schutzhauswarten überwachen und leiten.194 Darüber wurde die Untergruppe eingerichtet, die die Ar-
beit der einzelnen Blockwarte und die Einheitlichkeit in den Blocks überwachen sollte. Die nächsten
Dienststellen, die Revier- bzw. die Gemeindegruppen, bildeten die Verknüpfung von Selbstschutz und
behördlich gelenktem Sicherheits- und Hilfsdienst. Der Reviergruppenführer diente als Verbindungs-
mann zwischen dem Selbstschutz und der Behörde, da der geografische Tätigkeitsbereich der Revier-
gruppe sich mit jenem des jeweiligen Polizei- und Luftschutzreviers deckte.195 Über den Reviergruppen
waren die Orts- bzw. die Ortskreisgruppen als nächsthöhere Dienststelle angesiedelt. Ortsgruppen soll-
ten den RLB gegenüber der breiten Öffentlichkeit repräsentieren. Sie waren für den Gesamtbereich
einer Stadt oder eines Kreises verantwortlich und setzten sämtliche Maßnahmen für die Übungen und
Aktionen vor Ort. Auf der öffentlichen Seite bildete der örtliche Luftschutzleiter, meistens der Polizei-
präsident, die Hauptebene des zivilen Luftschutzes.196

192
Vgl. ebda., S. 27.
193
Vgl. Hampe (1963), S. 77.
194
Vgl. Lemke (2005), S. 318.
195
Vgl. Hampe (1963), S. 78.
196
Vgl. Lemke (2005), S. 318.
42
Abbildung 4: Organisationsschema für größere Orte.

Die darüber angesiedelten Bezirksgruppen sollten die oft weit entfernten Ortsgruppen betreuen. Über
den Bezirksgruppen standen die Landesgruppen. Den Bezirksgruppen fehlte als Besonderheit eine ei-
gene Verwaltung, da sie als Außenstellen der Landesgruppen fungierten. Sie dienten weniger als aktive
Mobilmachungsträger. Den insgesamt 15 Landesgruppen im gesamten Reichsgebiet oblag die Über-
wachung der unteren Dienststellen hinsichtlich des inneren und äußeren Dienstbetriebs und des Haus-
halts- und Rechnungswesens.197 Im Aufbau entsprach der Reichsluftschutzbund damit stark dem Ver-
waltungsaufbau der NSDAP.198 Die höchste Ebene der organisatorischen Gliederung war das Präsidium
des RLB. Dienstlich war der Präsident des RLB dem RdL und ObdL unterstellt und erhielt von ihm sämt-
liche Weisungen, etwa für den Aufbau des Selbstschutzes oder Verwaltung und Geschäftsführung. Das
Präsidium war als eine dem Reichsluftfahrtministerium nachgeordnete Dienststelle anzusehen.199 Der

197
Vgl. Hampe (1963), S. 78.
198
Vgl. Klinge (2016), S. 112.
199
Vgl. Hampe (1963), S. 78.
43
RLB wurde dadurch dazu verpflichtet, den Dienstweg einzuhalten. Bei Schwierigkeiten mit einem an-
deren Herrschaftsträger, die die Einschaltung einer höheren Ebene notwendig machten, durfte sich
die zuständige Stelle nicht direkt an die oberen Instanzen der Organisation wenden, sondern musste
sich zuerst an die nächsthöhere Ebene wenden, die den Fall dann ihrerseits behandeln oder weiterlei-
ten musste. Der Dienstcharakter kam außerdem durch die hierarchische Akten- und Informationsstruk-
tur sowie den ordentlichen Bürobetrieb mit Dienstsiegeln zum Ausdruck.200

Abbildung 5: Organisation des zivilen Luftschutzes und des Reichsluftschutzbundes.

Im Zuge der organisatorischen Gliederung erhielten die Funktionäre des RLB den Titel eines Amtsträ-
gers und waren zum Tragen einer Uniform berechtigt. Diese war der Luftwaffenuniform ähnlich. Luft-
schutzhauswarte waren von diesem Titel ausgenommen, in diesem Fall waren die untersten Amtsträ-
ger die Blockwarte.201 Da der RLB verfügte, dass auch Frauen das Amt des Luftschutzhauswarts ausü-
ben können202, besteht hier möglicherweise ein Zusammenhang mit der Ausnahme der Luftschutz-
hauswarte von den Amtsträgern. Zur Trageweise der Uniform wurden genaue Regeln erlassen: So durf-
ten außer den Dienstgradsymbolen und militärischen Auszeichnungen keine weiteren Abzeichen ge-
tragen werden, insbesondere nicht jene der NSDAP. Die Tatsache, dass Uniform und Ausrüstung selbst
bezahlt werden mussten, ist ebenso bemerkenswert.203 Die Uniform durfte auch nicht als Ersatz für

200
Vgl. Lemke (2005), S. 320.
201
Vgl. ebda., S. 318.
202
Vgl. Grimme (1937), S. 29.
203
Vgl. Lemke (2005), S. 319.
44
die zivile Kleidung getragen werden, sondern nur zu dienstlichen Zwecken. Abgestuft waren die Dienst-
ränge der Amtsträger des RLB wie folgt:

„Führer:
1. LS-Gruppenführer
2. LS-Hauptführer
3. LS-Oberführer
4. LS-Führer
Unterführer:
5. LS-Obertruppmeister
6. LS-Truppmeister
7. LS-Obertruppwart
8. LS-Truppwart
9. LS-Obertruppmann
10. LS-Truppmann“204
Die RLB-Uniformierung war rechtlich den Uniformen von SA und SS gleichgestellt, in Bezug auf die
Dienstränge wurde aber darauf hingewiesen, dass diese mit jenen der Wehrmacht und der Parteior-
ganisationen nicht vergleichbar seien.205

Der RLB entwickelte sich aufgrund seiner aggressiven Werbetätigkeit zu einer flächendeckenden Or-
ganisation mit einem ausgedehnten Ausbildungs- und Überwachungsapparat. Am 1. April 1937 besaß
der RLB 13 Landesgruppen, 120 Bezirksgruppen, 2.300 Orts- bzw. Ortskreisgruppen, 3.400 (die hohe
Zahl der Schulen im Verhältnis zu den Ortsgruppen gibt auch Grimme an) Luftschutzschulen, 24.000
Luftschutzlehrer, 400.000 Amtsträger, 4 Millionen Selbstschutzkräfte und 11,6 Millionen Mitglieder.
Bis 1939 wuchs diese Zahl auf 15 Millionen und bis 1942/43 auf 22 Millionen an (nach eigenen Angaben
des RLB).206 Die enorme Mitgliederzahl ist unter anderem auf den jährlichen Mitgliedsbeitrag von nur
einer Reichsmark zurückzuführen.207 Der RLB arbeitete mit fast allen NS-Organisationen zusammen
und bildete in der Folge ihre Mitglieder im Luftschutz aus. Trotz der hohen Zahlen musste der RLB vor
allem im finanziellen Bereich stark improvisieren. Die Haupteinnahmequelle bildete der sehr geringe
Mitgliedsbeitrag, ergänzt um Zuschüsse des Reiches für die Ausbildung der Zivilbevölkerung. Der RLB
bemühte sich darum, staatliche und lokale Dienststellen sowie Gemeinden zur weiteren finanziellen
Unterstützung zu veranlassen, was aber meist an den jeweiligen Verwaltungsprinzipien scheiterte. Aus
diesem Grund war der RLB dazu gezwungen, neben seriösen Maßnahmen auch auf scheinbar unlau-

204
Grimme (1937), S. 33.
205
Vgl. ebda.
206
Vgl. Lemke (2005), S. 319.
207
Vgl. Klinge (2016), S. 111.
45
tere Methoden zur Lukrierung finanzieller Mittel zurückzugreifen. So wurden zum Beispiel ganze Häu-
serblocks kollektiv in den RLB aufgenommen – jedoch ohne vorher die Bewohner über den Eintritt zu
befragen. Die nachträgliche Einhebung der Mitgliedsbeiträge stieß dabei nicht selten auf Schwierigkei-
ten.208 Von Parteidienststellen und anderen Organisationen blieb die Wertschätzung für den RLB oft
aus, er galt weiterhin als eine „Schwächlingsorganisation“.209

4. Das Luftschutzgesetz vom 26. Mai 1935


Die juristische Unsicherheit in vielen Bereichen des Luftschutzes ließ die Schaffung eines eigenen
reichseinheitlichen Luftschutzgesetzes als rechtliche Basis zu einem zentralen Anliegen des RLM wer-
den. Im Winter 1933/34 begannen die Verhandlungen zwischen den Ministerien, diese zogen sich
schlussendlich über dreieinhalb Jahre hin. Am 22. Dezember 1933 übersandte der RdL und ObdL einen
Gesetzesentwurf an die Reichsministerien, der keine Regelung des gesamten Luftschutzes vorsah, son-
dern einen rechtlichen Rahmen für die grundlegenden Bedingungen vorgeben sollte. Im Entwurf war
einerseits die Führungsrolle des RLM vorgesehen, andererseits beinhaltete er auch die Heranziehung
der Polizei und die Zuständigkeiten der beteiligten Verwaltungen. So sollten Länder und Gemeinden
dazu verpflichtet werden, ihre Ausrüstungsgegenstände und zivilen Einrichtungen dem Luftschutz zur
Verfügung zu stellen. Ein weiterer zentraler Punkt war die verpflichtende Heranziehung der zivilen Be-
völkerung und der Industrie zur Vorbereitung aller notwendigen Maßnahmen. Dabei wurden die Be-
griffe Selbstschutz- und Werkluftschutzpflicht verwendet. Zwei gegensätzliche Prinzipien, nämlich Frei-
willigkeit und Zwang, sollten die Durchführung des Luftschutzes ermöglichen. Das RLM sah die Ver-
pflichtung der Bevölkerung als notwendig an, betonte jedoch, dass bei der Mobilisierungsarbeit mög-
lichst die Freiwilligkeit vorherrschen sollte. Die Kombination der beiden Prinzipien sollte das benötigte
Personal und die Arbeitsfähigkeit des Luftschutzes sichern.210

Den vorgelegten Entwurf beantworteten die anderen Ministerien mit heftiger Kritik, vor allem das
Reichsfinanzministerium (RFM) trat massiv dagegen auf. Insbesondere die Einführung einer Sachleis-
tungspflicht für Zivilbevölkerung, Industrie und Gemeinden lehnte es ab, da man Regressansprüche
gegen das Deutsche Reich befürchtete. Darüber hinaus verwies das Ministerium auf die hohen Kosten
des im Entwurf vorgesehenen Schutzraumbaus, da ein großer Teil der Wohnhäuser gar kein Kellerge-
schoß hätte. Zustimmung erhielt der Entwurf im Punkt der persönlichen Dienstleistungen, da diese
ohne Begrenzung von jeder Person verlangt werden könnten. Somit hatte das RFM kein Problem mit
Tätigkeiten, die körperlich abzuleisten waren, jedoch stieß der Vorschlag finanzieller und sachlicher

208
Vgl. Lemke (2005), S. 320.
209
Vgl. ebda.
210
Vgl. ebda., S. 337.
46
Dienstleistungen auf Ablehnung.211 Die Verhandlungen zwischen dem RLM und dem RFM setzten sich
in der Folge mit der Frage der Befugnisse fort, wobei das RFM eine hinhaltende Position einnahm. Im
Herbst 1934 gab das RLM eine überarbeitete Version des Entwurfs heraus, die grundlegenden Punkte
und die folgende Kritik des RFM hatten sich freilich nicht wesentlich verändert.212 Im Dezember kün-
digten Vertreter des RLM schließlich an, einen vollkommen neuen Entwurf vorzulegen, mit dem das
Reichsluftfahrtministerium nun selbst die Kosten für jeden Aufwand übernehmen wollte, der über die
direkten Aufgaben der Gemeinden zum Schutz der Bevölkerung hinausging.213 Die Sachleistungspflicht
der Zivilbevölkerung legte man im neuen Entwurf nicht fest und kündigte eine folgende Durchfüh-
rungsverordnung an. Trotz dieser Kompromisse erhielt das RLM nicht die Zustimmung der anderen
Ministerien, da diese vor allem die Befugnisse als zu weitreichend ansahen.214 Der Grund hierfür war
der erste Paragraph, der vorsah, dass sich das RLM im Einvernehmen mit dem Reichsministerium des
Innern (RMI) der Polizei und deren Aufsichtsbehörden bedienen könne, ferner Dienststellen und Ein-
richtungen von Ländern und Gemeinden sowie Körperschaften öffentlichen Rechts.215

An einen Alleingang war nicht zu denken, anders als im militärischen Bereich war das RLM auf die
Kooperation der anderen Ressorts angewiesen. Um den Entwurf nicht erneut überarbeiten zu müssen,
stimmte man einem weiteren Kompromiss zu, dem zufolge das RLM im Hinblick auf Behörden und
Körperschaften grundsätzlich im Einvernehmen mit den zuständigen Reichsministerien zu handeln
hatte. Schlussendlich ebnete dieses Zugeständnis den Weg zum Luftschutzgesetz. Am 26. Juni 1935
brachte der RdL und ObdL Göring den Entwurf zur Abstimmung ein, diesem stimmte das Kabinett zu.
Wie ursprünglich geplant, blieb es ein Rahmengesetz, das nur allgemeine Grundlagen festlegte und
durch Durchführungsverordnungen ergänzt werden musste. Veröffentlicht wurde das Gesetz am 4. Juli
im Reichsgesetzblatt.216 Das Gesetz beendete die Zuständigkeit der Länder im Luftschutz, nun stand
praktisch die gesamte öffentliche Hand unter dem Weisungsrecht Görings. Dieser konnte nun die Or-
ganisation, Führung und Durchführung des Luftschutzes nach seinen Überlegungen gestalten – aller-
dings benötigte er in grundsätzlichen Fragen wegen des eingegangenen Kompromisses die Zustim-
mung des jeweils beteiligten Reichsministers. Bezüglich der Kostenübernahme der durch den Luft-
schutz verursachten Ausgaben bildeten sich bald einige Grundsätze heraus, nach denen das RLM diese
Kosten erstattete. Demnach durfte es sich nur um Ausgaben handeln, die Göring für Zwecke des Luft-
schutzes verlangte. Nicht dazu gehörten Verwaltungskosten, entgangener Gewinn und Kosten durch

211
Vgl. ebda., S. 339.
212
Vgl. Lemke (2005), S. 341.
213
Vgl. Hampe (1963), S. 18.
214
Vgl. Lemke (2005), S. 344.
215
Vgl. Hampe (1963), S. 18.
216
Vgl. Lemke (2005), S. 345.
47
besondere Vereinbarungen. Die dem erweiterten Selbstschutz und Werkluftschutz angegliederten öf-
fentlichen und privaten Betriebe und Dienststellen mussten zur Durchführung des erweiterten Selbst-
schutzes und Werkluftschutzes Kostenbeiträge leisten, die die Reichsminister des Innern, der Finanzen,
der Wirtschaft sowie der RdL und ObdL gemeinsam festlegten.217

Neben der in § 1 nunmehr festgelegten Zuständigkeit Görings waren vor allem die Paragraphen 2 bis
10 für die Zivilbevölkerung interessant, denn sie regelten die nun eingeführte allgemeine Luftschutz-
pflicht aller Deutschen. „(1) Alle Deutschen sind zu Dienst- und Sachleistungen sowie zu sonstigen
Handlungen, Duldungen und Unterlassungen verpflichtet, die zur Durchführung des Luftschutzes er-
forderlich sind (Luftschutzpflicht).“218 In der Juli-Ausgabe der Zeitschrift Gasschutz und Luftschutz be-
zog Ministerialrat Kurt Knipfer, Abteilungsleiter im RLM, Stellung zu den einzelnen Paragraphen. Zu
Beginn verwies er auf den Charakter des Gesetzes als Rahmengesetz, das noch nähere Ausführungs-
bestimmungen benötigte, um den Umfang des Luftschutzes erfassen zu können. Zu § 1 gab Knipfer
zwar an, dass der RdL und ObdL umfassende Befugnisse zur Inanspruchnahme von Einrichtungen der
Länder, Gemeinden, Dienststellen und Körperschaften öffentlichen Rechts habe, er verschwieg aber,
dass diese im Einvernehmen mit den zuständigen Reichsministerien auszuüben waren.219 Knipfer ging
auch auf die Kostenfrage ein, so kommentierte er § 1, Absatz 3 „Falls den Ländern, Gemeinden, Ge-
meindeverbänden und sonstigen Körperschaften öffentlichen Rechts durch Inanspruchnahme für Zwe-
cke des Luftschutzes besondere Kosten entstehen, trägt sie der Reichsminister der Luftfahrt“220, mit
den Worten:

„Dabei geht der Gesetzgeber davon aus, daß die genannten Stellen grundsätzlich unentgeltliche Verwal-
tungshilfe leisten; nur Kosten, die in dem normalen Etat keinen Ausgleich finden, soll das Reich tragen.
Welche Kosten hierzu gehören, wird im einzelnen [sic] in den Durchführungsbestimmungen gesagt wer-
den.“221

In den folgenden Paragraphen 2 bis 10 geht das Gesetz auf die bereits genannte Luftschutzpflicht ein.
§ 2, Absatz 2 dehnt diese auch auf Ausländer und Staatenlose, die ihren Wohnsitz, Aufenthalt oder
Vermögen im Deutschen Reich haben, aus, sofern nicht Staatsverträge oder das Völkerrecht dagegen
sprechen. Absatz 3 dehnt die Luftschutzpflicht auf alle juristischen Personen, nicht-rechtsfähigen Per-
sonenvereinigungen und Einrichtungen des öffentlichen und privaten Rechts aus, soweit sie Vermögen
und ihre Niederlassung im Deutschen Reich haben. Ausgenommen waren Personen, die aufgrund ihres

217
Vgl. Hampe (1963), S. 18.
218
Luftschutzgesetz. Vom 26. Juni 1935. RGBl. I, Nr. 69 vom 4. Juli 1935, S. 827–828, hier S. 827. Online verfüg-
bar unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1935&size=45&page=969, zuletzt geprüft am
15.3.2021.
219
Vgl. Knipfer, Kurt (1935): Zum neuen Luftschutzgesetz. In: Gasschutz und Luftschutz Nr. 7, Jg. 5 (1935), S. 170–
172, hier S. 170. Online verfügbar unter http://download.gsb.bund.de/BBK/BBKNV193507.PDF, zuletzt geprüft
am 25.3.2021.
220
Luftschutzgesetz. Vom 26. Juni 1935, S. 827.
221
Knipfer (1935), S. 171.
48
Gesundheitszustands oder Lebensalters nicht mehr geeignet waren, und jene, deren Heranziehung mit
ihren beruflichen Pflichten nicht zu vereinbaren war.222 Die zu leistenden Tätigkeiten im Rahmen des
Luftschutzes definierte das Gesetz nicht, es verwies lediglich auf die Durchführungsbestimmungen.
Knipfer machte dagegen sehr konkrete Angaben zu den Arbeitsgebieten im Luftschutz:

„[…] die Feststellung, Beobachtung und Meldung von Luftfahrzeugen (Flugmeldedienst), die Warnung der
Bevölkerung, der Behörden und Betriebe vor Luftangriffen (Luftschutzwarndienst), die Beseitigung der
durch Luftangriffe hervorgerufenen Störungen und Schäden sowie die Hilfeleistung an Verletzten (Sicher-
heits- und Hilfsdienst), den Schutz von Wohngebäuden (Selbstschutz) sowie von gewerblichen Betrieben
und Anlagen (Werkluftschutz), die Vorbereitung und Schulung der Bevölkerung für die Aufgaben des Luft-
schutzes (Luftschutzschulen und -übungen).“223

Damit griff er weit voraus, da die genannten Punkte erst in der 1. Durchführungsverordnung zum Luft-
schutzgesetz vom 4. Mai 1937 umgesetzt wurden. Paragraph 4 schnitt Umfang und Inhalt der Luft-
schutzpflicht an, er verwies allerdings auf die Festlegung in den folgenden Durchführungsverordnun-
gen.224

§ 5 legte die Heranziehung zu den Tätigkeiten durch Polizeiverordnungen fest. Knipfer bemerkte in
seinem Kommentar dazu, dass gegen die Luftschutzpflicht Rechtsmittel eingelegt werden können, und
zwar die gleichen wie gegen polizeiliche Verfügungen. Diese würden sich bis zum Erlass eines Reichs-
polizeiverwaltungsgesetzes nach den Vorschriften der jeweiligen Landespolizeigesetze richten. Über
Beschwerden gegen Verfügungen der Ortspolizeibehörden in kreisangehörigen Städten und Landge-
meinden musste der Landrat entscheiden, in Stadtkreisen der Regierungspräsident.225

Die Vergütung und Entschädigung regelte § 6, der erneut auf die folgenden Durchführungsbestimmun-
gen verwies. Festgelegt wurde aber, dass für persönliche Dienste grundsätzlich keine Vergütung vor-
gesehen war.226 Dieser Grundsatz entsprach laut Knipfer dem Wesen des Luftschutzes, einer „von allen
Volksgenossen zu erfüllenden vaterländischen Pflicht“.227

Interessant ist der Aspekt der Verschwiegenheit in § 7 Luftschutzgesetz. Dieser Paragraph sollte die
persönlichen und geschäftlichen Geheimnisse der Zivilbevölkerung schützen. Die im Luftschutz tätigen
Personen wurden dadurch verpflichtet, Kenntnisse, die sie aufgrund ihrer Arbeiten erlangten, für sich
zu behalten. Dieser Paragraph scheint zwar in einem Gegensatz zum nationalsozialistischen System
der Überwachung zu stehen, indem er die Verschwiegenheit einfordert, er wird aber keine Wirkung
gehabt haben, wenn sich der Polizeiapparat für eine Privatperson interessierte.228 Die Intention des

222
Vgl. Luftschutzgesetz. Vom 26. Juni 1935, S. 827.
223
Knipfer (1935), S. 171.
224
Vgl. Lemke (2005), S. 346.
225
Vgl. Knipfer (1935), S. 171.
226
Vgl. Luftschutzgesetz. Vom 26. Juni 1935, S. 827.
227
Vgl. Knipfer (1935), S. 171.
228
Vgl. Lemke (2005), S. 346.
49
Paragraphen lag wahrscheinlich viel mehr auf der Geheimhaltung von Geschäftsgeheimnissen der Be-
triebe sowie dem Schutz des Privatlebens eines NS-treuen Bürgers.

Der folgende Paragraph 8 regelt den Vertrieb von Geräten und Mitteln für den Luftschutz. Darunter
fielen der Unterricht im Luftschutz, die Veröffentlichung von Druckschriften, die öffentliche Vorfüh-
rung von Bildern oder Filmen und die Veranstaltung von Ausstellungen. Jeder der genannten Punkte
musste zuerst vom RdL und ObdL genehmigt werden.229

Die Paragraphen 9 und 10 des Gesetzes gehen auf die sich aus den Pflichten ergebenden Strafbestim-
mungen ein. Zuwiderhandlungen gegen die Luftschutzpflicht nach § 2 und § 8 wurden grundsätzlich
als Übertretung bestraft. Ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht galt als Vergehen, für das
Gefängnis und eine Geldstrafe vorgesehen waren. Wer andere Personen bei der Ausübung ihrer Pflich-
ten hindert oder zu Zuwiderhandlungen auffordert, konnte in besonders schweren Fällen mit Zucht-
haus bestraft werden.230

Die Unfallversicherung im Luftschutz regelt Paragraph 11. Durch eine Änderung der Reichsversiche-
rungsordnung wurde der gesamte hoheitliche Luftschutz der Unfallversicherung unterstellt. Dazu wur-
den anerkannte Betriebe, die die Luftschutzausbildung durchführten, und angeordnete Tätigkeiten im
Luftschutz, zum Beispiel Luftschutzübungen, versichert.231 Ausgenommen von der Unfallversicherung
im Luftschutz war der Werkluftschutz, der versicherungsrechtlich dem Betrieb des jeweiligen Werkes
angeschlossen war. Die Arbeiter erhielten den speziellen Versicherungsschutz erst im Fall einer Luft-
schutzausbildung oder -übung innerhalb oder außerhalb des Werkes.232

Der letzte Paragraph 12 ermächtigte den Rdl und ObdL, im Einvernehmen mit den zuständigen Reichs-
ministern, die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Verordnungen zu erlassen. Dabei war
es Göring auch möglich, seine Befugnisse auf nachgeordnete Behörden zu übertragen.233

Die Veröffentlichung des Gesetzes beendete jedoch keineswegs den durch den Kompromiss eigentlich
als beendet angenommenen Kampf um die organisatorische Macht und das Ausmaß der Inanspruch-
nahme von Bevölkerung und Gemeinden. Das Luftschutzgesetz bildete in dieser Form nur einen Rah-
men, diesen erweiterte man ständig in den insgesamt 12 Durchführungsverordnungen und einer Reihe
von Ausführungsvorschriften, die auf die aktuelle Kriegslage reagierten.234

229
Vgl. Luftschutzgesetz. Vom 26. Juni 1935, S. 828.
230
Vgl. Knipfer (1935), S. 172.
231
Vgl. Luftschutzgesetz. Vom 26. Juni 1935, S. 828.
232
Vgl. Knipfer (1935), S. 172.
233
Vgl. Luftschutzgesetz. Vom 26. Juni 1935, S. 828.
234
Vgl. Klinge (2016), S. 111.
50
4.1 Die Erste Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz
Bereits in der zweiten Jahreshälfte 1935 bereitete das RLM Entwürfe zur 1. Durchführungsverordnung
(1. DVO) vor, die genauer auf die Heranziehung der Zivilbevölkerung und Einrichtungen eingehen
sollte, darüber hinaus wollte man die Kompetenzen näher definieren. Da das RLM vor allem wegen
des Widerstands des RMI nur eine eingeschränkte Kontrolle über die Organisation der Polizei und die
Gemeinden ausüben konnte, ging es dazu über, ihre Macht möglichst einzuschränken. Den örtlichen
Luftschutzleitern, die im Frieden örtliche Polizeiverwalter waren, übertrug man zum Beispiel erst im
Kriegsfall die direkte Befehlsgewalt über den Luftschutz. Im Frieden sollten die Polizeiverwalter nur
überwachen und koordinieren und durch ihre Befugnisse die luftschutzpflichtige Bevölkerung und die
vorhandenen Einrichtungen heranziehen und einplanen können.235

Als weitere Maßnahme der Machteinschränkung begann das RLM Organisationen, die außerhalb der
Kontrolle des Staates angesiedelt waren, zu mobilisieren. Der größte Erfolg der Mobilisierung wurde
in Form des RLB sichtbar, darüber hinaus wurde die Reichsgruppe Industrie (RI) mit ihrem Werkluft-
schutz ausgebaut. Von Seiten des RLM wollte man beide Organisationen als zentrale Träger des Luft-
schutzes festlegen, damit versuchte man die Kontrolle der örtlichen Polizei und Gemeinde zumindest
teilweise zu umgehen. Der Entwurf zur 1. DVO räumte dem RLB und der Reichsgruppe Industrie weit-
gehende Befugnisse für die Durchführung des Luftschutzes und die dazugehörigen Übungen ein. Für
den RLB war außerdem die Durchführung des erweiterten Selbstschutzes vorgesehen, er sollte damit
unter anderem in dieser Sache für Behörden, Beamte und Angestellte zuständig sein. Da die beiden
Organisationen rechtlich gesehen private Vereine waren, die nun umfassende behördliche Aufgaben
erfüllen sollten, regte sich Widerstand in den anderen Ministerien. Die folgenden Verhandlungen führ-
ten zu keiner Einigung, RFM und RMI lehnten ein Treffen zuerst sogar ab. Die Gemeinden kritisierten
die Übertragung behördlicher Aufgaben sowie die weitgehenden Befugnisse des örtlichen Luftschutz-
leiters, denn dieser konnte bei der Vorbereitung des Luftschutzes auf Dienstleistungen, Material und
Einrichtungen der Gemeinden zurückgreifen. Sie befürchteten ein Chaos aufgrund der verschiedenen
Befehlsgewalten auf örtlicher Ebene. Im Entwurf zur 1. DVO waren keine konkreten Zuständigkeiten
geregelt, RLB und RI konnten ohne Rücksprache mit dem RLM Anordnungen treffen. Die Definitionen
der rechtlichen Ermächtigungen wurden als ebenso chaotisch angesehen, da im Entwurf enthaltene
Begriffe wie Leitung, Aufgaben, Sichbedienens, Weisungen, Inanspruchnahme, Verkehrens und Ver-
treten der Belange das Auftreten verschiedener Befehlsgewalten nebeneinander geradezu erforder-
ten. Stattdessen forderte man eine einfache und klare Regelung mit möglichst wenig Befehlsgewalten,

235
Vgl. Lemke (2005), S. 347.
51
nicht zuletzt wegen der Befürchtung, die Gemeindekassen würden durch die zahlreichen Stellen über-
lastet werden.236

Ähnlich wie beim Entwurf des Rahmengesetzes konnte auch in diesem Fall keine schnelle Einigung
erzielt werden, da das RLM nicht davon abrückte, RLB und RI als unabdingbar für den Luftschutz ein-
zustufen. Erst Besprechungen zwischen Milch und dem Chef des Hauptamtes Ordnungspolizei, Kurt
Daluege, konnten eine Lösung herbeiführen. RLB und RI wurden in der 1. DVO als hoheitliche Träger
bestimmt, jedoch durfte der RLB in Angelegenheiten anderer Behörden nur auf Ersuchen eine rein
beratende Tätigkeit durchführen. Die Position des örtlichen Luftschutzleiters, der im Frieden quasi
ohne Befehlsbefugnis war, blieb unverändert. Am 7. Mai 1937 erschien schließlich die 1. DVO zum
Luftschutzgesetz, damit waren viele der nicht genau geregelten Punkte des Rahmengesetzes nun
rechtlich normiert. Das RLM erreichte somit seine angestrebten Ziele – der RLB und die RI bekamen
die Aufgabe, Werkluftschutz und Selbstschutz zu organisieren und durchzuführen, die Gemeinden
mussten ihre Einrichtungen und Mittel zur Verfügung stellen und die Polizeiverwalter wurden in ihrer
Tätigkeit eingeschränkt.237 Der für den zivilen Luftschutz gebildete Sicherheits- und Hilfsdienst unter-
stand dem RLM, die taktische Führung und Ausbildung lagen aber beim Hauptamt Ordnungspolizei
und somit bei der Polizeiverwaltung.238 Die Organisation des Luftschutzes teilte man auf zwei verschie-
dene Ebenen auf: den hoheitlichen Luftschutz mit Luftschutzwarndienst und SHD sowie den zivilen
Selbstschutz mit Selbstschutz, erweitertem Selbstschutz und Werkluftschutz. Vereinfacht gesagt
wurde die Zuständigkeit an der Haustür oder am Fabriktor festgemacht, im Inneren des Gebäudes galt
der Selbstschutz, außerhalb der hoheitliche Luftschutz.239

Nicht geregelt war allerdings die Frage der Kostenaufteilung, obwohl sie ständig für Auseinanderset-
zungen zwischen den Ministerien sorgte. In den folgenden Verhandlungen dazu konnten bereits vor-
handene Abkommen wie das für die sogenannten besonderen Kosten als Grundlage eines Kostenka-
talogs verwendet werden. Die Gemeinden hatten demnach für jene Kosten aufzukommen, für die sie
bis dahin sowieso zuständig waren, also die Sicherung der Versorgung, die Feuerwehren, den Luft-
schutz im Gemeindegebiet; alle darüberhinausgehenden Aufwendungen finanzierte das RLM. Am 15.
Juli 1938 erschien ein klar geregelter Kostenkatalog, der die besonderen Kosten definierte. Das RLM
musste für die Ausbildung der örtlichen Luftschutzleiter und höheren Führer aufkommen, ferner für
zusätzliches Löschgerät, Großalarmanlagen, Errichtung von öffentlichen Luftschutzräumen und alle

236
Vgl. ebda., S. 349.
237
Vgl. ebda., S. 354f.
238
Vgl. Neufeldt, Hans-Joachim (1957): Entstehung und Organisation des Hauptamtes Ordnungspolizei. In: Hans-
Joachim Neufeldt, Jürgen Huck und Georg Tessin (Hrsg.): Zur Geschichte der Ordnungspolizei 1936–1945. Als
Manuskript gedruckt. Koblenz: Breuer (= Schriften des Bundesarchivs 3), S. 5–115, hier S. 29.
239
Vgl. Hampe (1963), S. 19.
52
Ausgaben für die öffentliche Sicherheit, die über friedensmäßige Ausgaben und Anforderungen hin-
ausgingen.240 Mit der 1. DVO erschienen gleichzeitig zwei weitere Durchführungsverordnungen, die
unter anderem den Schutzraumbau und die Gestaltung von Dachböden regelten. Weitere DVOs nor-
mierten die Anforderungen des kommenden Kriegs. Am 1. September 1939, dem Tag des Überfalls auf
Polen, erschien schließlich die 10. DVO, die das luftschutzmäßige Verhalten der Zivilbevölkerung fest-
legte.241

Die 1. DVO teilt sich in drei Teile; der erste befasst sich mit der Begriffsbestimmung des Luftschutzes
und organisatorischen Fragen.242 § 1 legt die Aufgaben des Luftschutzes fest. Dieser sollte das Gebiet
des Deutschen Reichs vor den Folgen von Luftangriffen schützen und Maßnahmen treffen, um
„a) Bevölkerung, Dienststellen und Betriebe zu warnen (Luftschutzwarndienst),
b) bei Personen- und Sachschäden Hilfe zu leisten und bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicher-
heit und Ordnung, soweit sie durch Luftangriffe gestört oder gefährdet wird, mitzuwirken (Sicherheits-
und Hilfsdienst),
c) industrielle und gewerbliche Betriebe und die in diesen tätigen Personen zur Aufrechterhaltung eines
ungestörten Ganges des Betriebes zu schützen (Werkluftschutz),
d) öffentliche und private Gebäude, Dienststellen und Betriebe sowie die in ihnen befindlichen Personen
zu schützen (Selbstschutz),
e) öffentliche und private Dienststellen und Betriebe, soweit für sie der Selbstschutz nicht ausreicht, ein
Werkluftschutz aber nicht notwendig ist, sowie die in ihnen befindlichen Personen zu schützen (erweiter-
ter Selbstschutz).“243

Der Luftschutz gliederte sich demnach in den Luftschutzwarndienst, den Sicherheits- und Hilfsdienst,
den Werkluftschutz, den Selbstschutz und den erweiterten Selbstschutz. Die Begriffe stammten bereits
aus der Vorläufigen Ortsanweisung für den Luftschutz der Zivilbevölkerung, erhielten aber in der 1.
DVO eine genauere gesetzliche Definition, da die organisatorische Einteilung und die Aufgaben des
Luftschutzes die Grundlage für weitere gesetzliche Maßnahmen bildeten.244

§ 2 regelt die Durchführung des Luftschutzes, in ihm sind die Zuständigkeit und die Inanspruchnahme
der notwendigen Organisationen normiert. Grundsätzlich konnte sich der RdL und ObdL aller Dienst-
stellen der Luftwaffe bedienen, um den Luftschutz durchzuführen. Die Dienststellen der Luftwaffe
führten vor allem den Luftschutzwarndienst für den Luftschutz durch. Bediente Göring sich jedoch
nicht der Luftwaffe, führte die zuständige Polizeibehörde den Luftschutz durch. Dazu durfte sie zur
Koordination des SHD Einrichtungen von Polizei, Feuerlösch-, Gesundheits- und Bauwesen, Straßen-
reinigung und Versorgungsbetrieben in Anspruch nehmen. Ebenso durfte sie sich des Deutschen Roten

240
Vgl. Lemke (2005), S. 357.
241
Vgl. ebda., S. 358.
242
Vgl. Knipfer, Kurt (1937): Die Durchführungsbestimmungen zum Luftschutzgesetz. In: Gasschutz und Luft-
schutz Nr. 5, Jg. 7 (1937), S. 113–116, hier S. 113. Online verfügbar unter http://down-
load.gsb.bund.de/BBK/BBKNV193705.PDF, zuletzt geprüft am 6.4.2021.
243
Erste Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz. Vom 4. Mai 1937. RGBl. I, Nr. 58 vom 7. Mai 1937, S.
559–565, hier S. 559. Online verfügbar unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&da-
tum=1937&page=665&size=45, zuletzt geprüft am 30.3.2021.
244
Vgl. Knipfer (1937), S. 113.
53
Kreuzes und der Technischen Nothilfe bedienen.245 Der Werkluftschutz fiel, wie in den Entwürfen des
RLM vorgesehen, in die Zuständigkeit der RI. Darüber hinaus gehörten dem Werkluftschutz von nun
an nicht nur die dem RI angegliederten Betriebe an, sondern sämtliche Betriebe, für die der Werkluft-
schutz angeordnet wurde.246 Der Selbstschutz der Bevölkerung blieb in der Zuständigkeit des RLB, fest-
gehalten wurde aber, dass der RLB auf allen übrigen Gebieten des Selbstschutzes nur eine beratende
Tätigkeit ausüben sollte. Damit war das Zugeständnis des RLM an die anderen Ministerien gesetzlich
verankert. Der erweiterte Selbstschutz wurde wie vorgesehen unter der Leitung des örtlichen Polizei-
verwalters durchgeführt, auch hier durfte der RLB nur beratend tätig sein. Die Anwendung von Zwangs-
mitteln in Bereichen des zivilen Luftschutzes legt der letzte Absatz von Paragraph 2 fest: Diese durften
nur ordentliche Polizeibehörden anwenden.247

Die Paragraphen 3, 4 und 5 regeln Vergütung und Entschädigung im Luftschutz, außerdem werden die
Begriffe Luftschutzort und örtlicher Luftschutzleiter erklärt. Der Luftschutzort wird dadurch dem Orts-
polizeibezirk gleichgesetzt, der örtliche Luftschutzleiter war demnach der Ortspolizeiverwalter, in Städ-
ten mit staatlicher Polizeiverwaltung der staatliche Polizeiverwalter.248

§ 6 regelt die Aufgaben des örtlichen Luftschutzleiters, der innerhalb des Luftschutzortes den SHD und
die Durchführung des erweiterten Selbstschutzes übertragen bekommen hatte. Zwar erhielt der örtli-
che Luftschutzleiter die Führung im Luftschutzort und musste für die Koordination von SHD, Werkluft-
schutz, Selbstschutz und erweitertem Selbstschutz sorgen, jedoch war er für Werkluftschutz und
Selbstschutz nicht direkt verantwortlich – dafür waren RLB und RI zuständig.249

Die Verordnung geht in § 7 auf die Auferlegung von Verpflichtungen der Zivilbevölkerung durch die
Polizeibehörden ein. Im Text heißt es, dass solange es keine entsprechende Durchführungsverordnung
gäbe, den luftschutzpflichtigen Personen durch polizeiliche Verordnungen Handlungen, Duldungen
und Unterlassungen auferlegt werden können, die zur Durchführung des Luftschutzes notwendig
seien.250 Die Verordnungen der örtlichen Polizeibehörden durften sich jedoch nicht auf Anordnungen
zur Verpflichtung zu Sachleistungen und auf dem Gebiet des Bauwesens erstrecken, da hier Sonderbe-
stimmungen vorgesehen waren.251

245
Vgl. Erste Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz. Vom 4. Mai 1937, S. 559.
246
Vgl. Hampe (1963), S. 19.
247
Vgl. Erste Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz. Vom 4. Mai 1937, S. 559.
248
Vgl. ebda.
249
Vgl. Knipfer (1937), S. 114.
250
Vgl. Erste Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz. Vom 4. Mai 1937, S. 560.
251
Vgl. Knipfer (1937), S. 114.
54
§ 8 greift die Deckung der im Werkluftschutz und erweiterten Selbstschutz entstandenen Kosten auf.
Die dazugehörigen Dienststellen und Betriebe haben Beiträge zu jenen Kosten zu leisten, die dem RI
und dem RLB bei der Verwaltung entstehen.252

Die Luftschutzpflicht bestand aus drei einzelnen Teilen: Luftschutzdienstpflicht (§ 9 1. DVO), Luft-
schutzsachleistungspflicht (§ 24 1. DVO) und Verpflichtung zum luftschutzmäßigen Verhalten (§ 9 1.
DVO).253 Der zweite Teil der 1. DVO enthält wichtige Bestimmungen über die Heranziehung zu persön-
lichen Dienstleistungen im Rahmen der Luftschutzdienstpflicht. § 9 bestimmt, dass die Polizeibehörden
die für den Luftschutz notwendigen Kräfte mittels Verfügung heranzuziehen haben. Im Werkluftschutz
wird die Heranziehung durch den Werkluftschutzleiter durchgeführt.254 Absatz 4 dieses Paragraphen
weist abschließend auf die Verpflichtung zur gewissenhaften Erfüllung aller Dienstobliegenheiten, ins-
besondere die Teilnahme an Ausbildungen und Übungen, hin.255

§ 10 bestimmt den Kreis der zu erfassenden Dienstpflichtigen. Wie die Gedanken zum Luftschutzgesetz
gehen die Vorschriften davon aus, dass nur solche Personen zur Luftschutzdienstpflicht herangezogen
werden sollen, die im Fall eines Angriffs für diese Tätigkeiten zur Verfügung stehen. Dabei bestimmt
Absatz 2 die Unfähigkeit zum Luftschutz: Personen, die mit Zuchthaus bestraft sind, nicht im Besitz der
bürgerlichen Ehrenrechte sind, den Maßregeln der Sicherung und Besserung nach § 42a des Strafge-
setzbuchs unterworfen sind, durch militärgerichtliches Urteil die Wehrwürdigkeit verloren haben oder
wegen staatsfeindlicher Betätigung gerichtlich bestraft sind, sind vom Luftschutzdienst ausgeschlos-
sen. Auch für Juden gibt es eigene Bestimmungen, demnach durften diese im Werkluftschutz, im
Selbstschutz und im erweiterten Selbstschutz zur Luftschutzdienstpflicht herangezogen werden, an-
sonsten war ihre Heranziehung nur aufgrund besonderer Bestimmung des RdL und ObdL zulässig. Bei
Angehörigen der Wehrmacht war laut Absatz 4 für die Heranziehung die Zustimmung der vorgesetzten
Dienststelle notwendig. Die Heranziehung von Ausländern und Staatenlosen normiert § 11: Diese kön-
nen, wenn sie deutschstämmig sind, im Luftschutzwarndienst und im SHD dienen, ansonsten im
Werkluftschutz bei Werksangehörigkeit und im Selbstschutz und erweiterten Selbstschutz.256

Die folgenden §§ 12 bis 16 gehen hauptsächlich auf verwaltungstechnische Aspekte des Luftschutzes
ein, zum Beispiel auf Vergütung und Entschädigung für persönliche Dienste, Ausbildungsveranstaltun-
gen, Beurlaubungen und Unfallversicherung. Erst ab § 17 tritt wieder die polizeiliche Komponente im

252
Vgl. Erste Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz. Vom 4. Mai 1937, S. 561.
253
Vgl. Hampe (1963), S. 22.
254
Vgl. Knipfer (1937), S. 114.
255
Vgl. Erste Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz. Vom 4. Mai 1937, S. 559.
256
Vgl. ebda., S. 562.
55
Luftschutz in den Vordergrund, dieser regelt die Strafverfügungen im zuständigen Polizeibezirk. Dabei
durften die Behörden die Strafhöhe selbst festsetzen. § 18 geht auf die Beamtenhaftung ein.257

§ 19 regelt den Aspekt der Hilfspolizei im Luftschutz. Laut ihm können Angehörige des SHD, des
Werkluftschutzes, des Selbstschutzes und des erweiterten Selbstschutzes bei Bedarf durch die vorge-
setzte Polizeibehörde zu Hilfspolizeibeamten bestellt werden.258

§ 20 legt jenen Personen eine Meldepflicht auf, die für die Luftschutzdienstpflicht herangezogen wer-
den. Sie müssen bei ihren polizeilichen An- und Abmeldungen für den Dienst ihre Verwendung ange-
ben. Nähere Bestimmungen sollten erst durch den RMI im Einvernehmen mit dem RLM erlassen wer-
den. Als Hintergrund verfolgt die Regelung den Zweck, die Personalerfassung für den Luftschutz zu
erleichtern und übersichtlicher zu gestalten.259

Den Abschluss von Teil 2 bildet § 21, der das Einlegen von Rechtsmitteln gegen polizeiliche Verfügun-
gen und die Heranziehung zur Luftschutzdienstpflicht normiert. Dabei war nur ein Beschwerdeverfah-
ren zugelassen, eine Klage in einem Verwaltungsstreitverfahren war ausgeschlossen.260

Teil 3 der Verordnung hat den Luftschutz von Wehrmacht, Reichspost, Reichswasserstraßenverwal-
tung, Reichsbahn und Reichsautobahn zum Inhalt. Diese sollten den Luftschutz nach den Weisungen
des RLM selbst durchführen. § 23 betrifft den Flugmeldedienst, den die Dienststellen der Wehrmacht
durchführen. Die definierte Aufgabe bestand darin, Luftfahrzeuge festzustellen, zu beobachten und zu
melden. Grundsätzlich blieb der Flugmeldedienst in den Händen der Luftwaffe; durch diesen Paragra-
phen schuf man jedoch die Möglichkeit, auch Zivilisten heranzuziehen. Dies musste wieder über die
zuständigen Polizeibehörden geschehen. Der Hintergrund dieser Bestimmung war insbesondere die
Sicherstellung weiblicher Kräfte für den Flugmeldedienst.261

4.2 Die Zweite Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz


Während die 1. DVO hauptsächlich Begriffe, Zuständigkeiten und Verpflichtungen klärt, befasst sich
die 2. DVO mit den Bestimmungen des baulichen Luftschutzes. Die Verordnung fiel sehr knapp aus, da
sie nur drei Paragraphen umfasste. Grundsätzlich beschränkte sich laut 2. DVO der bauliche Luftschutz
auf Neu-, Um- und Zubauten; in den letzten beiden Fällen musste der Luftschutz jedoch nur berück-
sichtigt werden, wenn das Gebäude dadurch eine erhebliche Wertsteigerung erfahren würde.262 Die

257
Vgl. ebda., S. 564.
258
Vgl. ebda.
259
Vgl. Knipfer (1937), S. 115.
260
Vgl. Erste Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz. Vom 4. Mai 1937, S. 562.
261
Vgl. Knipfer (1937), S. 115.
262
Vgl. Zweite Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz. Vom 4. Mai 1937. RGBl. I, Nr. 58 vom 7. Mai
1937, S. 566. Online verfügbar unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&da-
tum=1937&page=672&size=45, zuletzt geprüft am 31.3.2021.
56
Vorschriften sollten eine erhebliche wirtschaftliche Belastung der Betroffenen vermeiden, da vom bau-
lichen Luftschutz bei Altbauten zunächst abgesehen wurde.263

Rechtlich übertrug man die Überwachung der Durchführung dieser Verordnung auf die zuständigen
Baupolizeibehörden264, darüber hinaus verwies die DVO auf die näheren Vorschriften, die der Reichs-
arbeitsminister und der RdL und ObdL als Erste Ausführungsbestimmung zum § 1 der Zweiten Durch-
führungsverordnung zum Luftschutzgesetz (Schutzraumbestimmungen) erließen.265 Diese Ausfüh-
rungsbestimmungen enthielten genaue Anweisungen über die Errichtung von Schutzräumen, etwa be-
treffend Planung, Konstruktion, Ausbau, Kennzeichnung, Benützung etc.266

4.3 Die Dritte Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz


Die 3. DVO regelt die Gestaltung von brandgefährdeten Gebäudeteilen. Das Ziel dieser DVO war es, die
Feuergefahr im Fall eines Luftangriffs möglichst herabzusetzen. Die Paragraphen 1 bis 4 regeln die La-
gerung und Aufbewahrung von Gegenständen, darüber hinaus bestimmen sie, welche Gebäudeteile
als brandgefährlich einzustufen sind.267

Die Paragraphen 5 bis 7 bestimmen die Überwachung der Umsetzung dieser Verordnung, diese fiel
wieder in die Zuständigkeit des örtlichen Polizeiverwalters, der, wie in fast allen Belangen in Friedens-
zeiten, nur eine koordinierende und überwachende Tätigkeit ausüben sollte.268

Während die 1. und 2. Durchführungsverordnung bereits mit dem Tag nach ihrer Verkündung im
Reichsgesetzblatt in Kraft traten, ließ § 8 der 3. DVO diese erst mit 1. September rechtsgültig werden.
Dafür nannte Knipfer folgende Gründe als maßgebend: Der Bevölkerung soll Gelegenheit gegeben wer-
den, die Entrümpelung der brandgefährlichen Gebäudeteile freiwillig durchzuführen, darüber hinaus
soll eine schlagartige Entrümpelung überall zugleich vermieden werden. Auch die große Zahl der an-
fallenden Gegenstände und die Verwertung im Sinne des Vierjahresplans würden einige organisatori-
sche Vorarbeit benötigen.269

263
Vgl. Knipfer (1937), S. 116.
264
Vgl. Zweite Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz. Vom 4. Mai 1937, S. 566.
265
Vgl. Knipfer (1937), S. 116.
266
Vgl. Erste Ausführungsbestimmungen zum § 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz
(Schutzraumbestimmungen). Vom 4. Mai 1937. RGBl I, Nr. 58 vom 7. Mai 1937, S. 568–574. Online verfügbar
unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1937&page=674&size=45, zuletzt geprüft am
31.3.2021.
267
Vgl. Dritte Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz. Vom 4. Mai 1937. RGBl. I, Nr. 58 vom 7. Mai 1937,
S. 566–567. Online verfügbar unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&da-
tum=1937&page=672&size=45, zuletzt geprüft am 31.3.2021.
268
Vgl. ebda.
269
Vgl. Knipfer (1937), S. 116.
57
5. Der Sicherheits- und Hilfsdienst
Im Sicherheits- und Hilfsdienst wurden alle staatlichen, kommunalen und privaten Organisationen zu-
sammengefasst, die für den Schutz der Allgemeinheit von Relevanz waren. Die Führung lag beim örtli-
chen Luftschutzleiter und seinem Stab. Hauptaufgaben waren die Hilfeleistung für die Bevölkerung und
die Instandsetzung der Infrastruktur nach Luftangriffen.270 Der SHD sollte dann zum Einsatz kommen,
wenn die Selbstschutzkräfte zur Bewältigung eines Schadensereignisses nicht mehr ausreichten. Den
Begriff Sicherheits- und Hilfsdienst in dieser Form gibt es seit der Vorläufigen Ortsanweisung für den
Luftschutz in der Zivilbevölkerung von 1932, die Idee eines Katastrophenschutzes in ähnlicher Gestalt
reicht jedoch weiter zurück.271

5.1 Kompetenzstreitigkeiten
Laut Verordnung war in den Luftschutzorten I. Ordnung ein Sicherheits- und Hilfsdienst aufzustellen.
Dieser baute auf der Grundlage der vorherrschenden Polizeiorganisation im Luftschutzort auf. Der Ka-
tastrophenschutz war seit jeher im Aufgabenbereich der Polizei angesiedelt, so hielt man es für nahe-
liegend, die Führung des Luftschutzes ebenfalls der Polizei zu übertragen. Ausschlaggebend war au-
ßerdem die vorhandene Befehlsorganisation mit den benötigten Nachrichtenverbindungen. Darüber
hinaus sah man die Erfahrung des Polizeioffizierskorps bei der Führung von Verbänden und im Umgang
mit Großeinsätzen als weitere maßgebliche Faktoren an.272 Hauptakteur der Gestaltung des Aufgaben-
bereichs der Polizei war Heinrich Himmler, der nach der SA-Entmachtung im Juli 1934 schrittweise
begann, den Polizeiapparat für sich zu beanspruchen. Der erste interne Kampf entwickelte sich mit
Reichsinnenminister Wilhelm Frick, der seinen Einfluss durch die Verschmelzung von Reichsinnenmi-
nisterium und Preußischem Innenministerium zunächst noch ausbauen konnte. Mittels geschickter
Intrigen und Hitlers Hilfe setzte sich Himmler gegenüber Frick durch.273 Durch den Führererlass vom
17. Juni 1936 wurde Himmler zum Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei (RFSSuChdDtPol)
und erhielt sämtliche Funktionen, die mit der Leitung und dem Einsatz der Polizei zu tun hatten.274 Der
Erlass beinhaltete jedoch auch folgende Passage: „Er [Himmler] ist dem Reichs- und Preußischen Mi-
nister des Innern persönlich und unmittelbar unterstellt.“275 Himmler war Frick und dem Reichsminis-
terium des Innern zwar offiziell unterstellt, konnte aber wesentlich mehr Macht anhäufen; auf Frick

270
Vgl. Klinge (2016), S. 123.
271
Vgl. Linhardt (2002), S. 69.
272
Vgl. Hampe (1963), S. 61.
273
Vgl. Klinge (2016), S. 110.
274
Vgl. Erlass über die Einsetzung eines Chefs der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern. Vom 17.
Juni 1936. RGBl. I, Nr. 55 vom 17. Juni 1936, S. 487–488, hier S. 487. Online verfügbar unter
https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1936&page=577&size=45, zuletzt geprüft am
9.3.2021.
275
Ebda.
58
musste er aufgrund seines engen Bezugs zu Hitler keine Rücksicht mehr nehmen.276 Die Einsetzung
Himmlers unterstützte auch Joseph Goebbels, der ihn als klug, energisch und kompromisslos bezeich-
nete.277 Unter Himmlers Führung wurde die deutsche Polizei in zwei Teile gegliedert und in je einem
Hauptamt zusammengefasst. Auf der einen Seite gab es die Sicherheitspolizei (Sipo), die aus Kriminal-
polizei (Kripo) und Geheimer Staatspolizei (Gestapo) bestand, und den SD (Sicherheitsdienst des
Reichsführers SS) (ab 1939) im Reichssicherheitshauptamt unter Reinhard Heydrich. Auf der anderen
Seite wurde die Ordnungspolizei im Hauptamt Ordnungspolizei zusammengefasst.278 Zweiteres unter-
stand nun Himmlers Stellvertreter als Chef der Deutschen Polizei, Kurt Daluege, der den SHD als Luft-
schutzpolizei disziplinarisch integrierte und somit aus dem RLM ausgliederte.279 Die Mitwirkung beider
Hauptämter bei Angelegenheiten von Reichsverteidigung und Wehrmacht war so geregelt, dass alle
Abwehrfragen der Sicherheitspolizei zufielen und alle Angelegenheiten des Polizeischutzes wie Luft-
schutz, Ortsschutz, Feuerwehr und Technische Nothilfe in den Bereich der Ordnungspolizei kamen.280

Hier zeigte sich das Bestreben Himmlers, sämtliche Agenden von Polizei und Behörde im zivilen Bereich
unter seine Kontrolle zu bekommen. Himmler selbst übte auf die Belange des Luftschutzes nur wenig
gestalterischen Einfluss aus. Zwar ließ er sich durch seinen Stab und Daluege regelmäßig unterrichten,
jedoch blieben Interventionen seinerseits eher die Ausnahme.281 Die Bestrebungen zur Machtausdeh-
nung Himmlers führten aber zu Schwierigkeiten mit anderen Beteiligten, in dem Fall des Luftschutzes
mit dem RLM und dem RLB. Der Luftschutz war wie bisher nicht rechtlich abgesichert, nach wie vor
stützte man sich auf die aktualisierte Vorläufige Ortsanweisung. Besonders die Stellung des Polizeiver-
walters als örtlicher Luftschutzleiter war problematisch, da die Polizei noch nicht per Gesetz für die
Kontrolle im Luftschutz zuständig war. Erst durch das Reichsluftschutzgesetz von 1935 und die 1.
Durchführungsverordnung wurde die rechtliche Grundlage dazu geschaffen. Die Vorläufige Ortsanwei-
sung war nach wie vor nur eine Empfehlung ohne rechtliche Bindung. Auch nach der Publikation des
Luftschutzgesetzes wurde die Ortsanweisung nie wirklich abgeschafft, sondern nur nach und nach
durch neue Durchführungsverordnungen ersetzt.282 Während die Aufteilung der Zuständigkeiten sich
in der Weimarer Republik hauptsächlich um den Gegensatz ziviler-militärischer Luftschutz gedreht

276
Vgl. Lehnstaedt, Stephan (2006): Das Reichsministerium des Innern unter Heinrich Himmler 1943–1945. In:
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte Jg. 54 (2006), S. 639–672, hier S. 642.
277
Vgl. Reuth, Ralf Georg (Hrsg.) (1992): Joseph Goebbels Tagebücher. Band 3: 1935–1939. Orig.-Ausg. München:
Piper (= Serie Piper 11411). Eintrag vom 19. Juni 1936, S. 962.
278
Vgl. Müller, Philippe (2019): Polizisten oder „Polizeisoldaten“. Planung und Einsatz der Ordnungspolizei wäh-
rend des Dritten Reiches. Frankfurt am Main: Verlag für Polizeiwissenschaft (= Schriftenreihe der Deutschen Ge-
sellschaft für Polizeigeschichte e.V. 23), S. 38.
279
Vgl. Lemke (2007), S. 74.
280
Vgl. Neufeldt (1957), S. 23.
281
Vgl. Brinkhus (2010), S. 132f.
282
Vgl. Lemke (2005), S. 323.
59
hatte, wurde die Zuständigkeit im zivilen Luftschutz im NS-Staat durch weitere Akteure zusätzlich ver-
kompliziert. Der RLB hatte sämtliche privaten Luftschutzaktivitäten der Zivilbevölkerung zu seinem
Aufgabenfeld erklärt, dazu gehörte zum Beispiel der Selbstschutz. Der behördliche Luftschutz in Ge-
stalt des SHD, dem sich zahlreiche (Unter-)Organisationen wie Ordnungspolizei, Rotes Kreuz, Feuer-
wehr und Technische Nothilfe angliederten, war Sache der Polizei.283 Dazu kam der erweiterte Selbst-
schutz der Bevölkerung. Den Luftschutz der Industrie, den sogenannten Werkluftschutz, und jenen der
Sonderverwaltungen wie Reichsbahn, Reichspost und Wehrmacht führten die betroffenen Stellen
selbst durch. Die Polizei sollte als Aufsichtsinstrument jedoch beteiligt sein.284 Somit waren alle Ange-
legenheiten der Polizei im Rahmen der Reichsverteidigung Sache des Hauptamtes Ordnungspolizei.
Die Orpo vollzog vor Kriegsbeginn traditionell polizeiliche Aufgaben, sie sollte für die öffentliche Si-
cherheit und Ordnung sorgen. Darunter fielen unter anderem die Preisüberwachung festgelegter Ta-
rife, der Verkehrsordnungsdienst und Pass- und Ausweiskontrollen. Gleichzeitig musste sie auch Un-
terstützungsarbeiten für die NSDAP leisten; unter anderem hatte sie ausgeschiedene Parteimitglieder
zu überwachen und gegebenenfalls dem SD zu melden.285

Nach der Kundmachung des Reichsluftschutzgesetzes sah sich die Ordnungspolizei zunächst auch für
den Selbstschutz der Zivilbevölkerung zuständig, andererseits beanspruchte auch der RLB die Ausbil-
dung der höheren Verwaltungsträger für sich und bestellte u.a. Regierungspräsidenten und Ortspoli-
zeiverwalter zu Lehrgängen in die Luftschutzschulen ein. Die andauernde Unklarheit wurde erst im Juni
1938 durch ein Gespräch zwischen Himmler und Milch beendet, das die notwendige Abgrenzung zu-
mindest auf der unteren Zuständigkeitsebene herbeiführte. Der RLB erhielt die Zusicherung, für die
Tätigkeiten des zivilen Luftschutzes der Hausbevölkerung zuständig zu sein. Die Ordnungspolizei durfte
hingegen ihre Führungskräfte selbst ausbilden und errichtete dazu einen Luftschutz-Lehrstab. Die Aus-
bildung der Ordnungspolizei im Luftschutz war sehr umfangreich, was folgende Auflistung aus den
Lehrplanunterlagen veranschaulicht:

„A. Theoretische Ausbildung.

1.) Die Luftbedrohung Deutschlands.

2.) Begriff ‚Luftempfindlichkeit‘ allgemein. Die Luftempfindlichkeit Deutschlands.

3.) Die verschiedenen Flugzeugarten der deutschen Luftwaffe und ihre Verwendung im Luftangriff.

4.) Grundformen des Fluges.

5.) Die verschiedenen Arten der Luftangriffe gegen Erdziele.

6.) Angriffsmittel allgemein und insbesonders gegen das Hauptkampfmittel gegen Erdziele: die Flieger-
bomben, ihre Arten und Wirkungsweise.

283
Vgl. Boog (1990), S. 440.
284
Vgl. Lemke (2005), S. 325.
285
Vgl. Müller (2019), S. 41.
60
7.) Chemische Kampfstoffe:

a) Verwendungsweise und Zweck.

b) Schutz und Hilfe.

8.) Abwehrmittel der deutschen Luftwaffe.

9.) Die Organisation ‚ziviler Luftschutz‘ allgemein; die Unterschiede der Luftschutzmaßnahmen in Luft-
schutzorten I., II. und III. Ordnung.

10.) Flugmelde- und Luftschutzwarndienst; die verschiedenen Warnmeldungen.

11.) Der Sicherheits- und Hilfsdienst eines Luftschutzortes I. Ordnung allgemein und seine Gliederung.

12.) Die Tätigkeiten der Polizei im Luftschutz allgemein und a) bei Aufruf des Luftschutzes, b) bei ‚Luftge-
fahr‘, c) bei ‚Fliegeralarm‘, d) während eines Angriffs und unmittelbar danach, e) bei ‚Luftgefahr vorbei‘
und danach.

13.) der Feuerlöschdienst und seine Aufgaben.

14.) Der Luftschutzsanitätsdienst und seine Aufgaben.

15.) Der Instandsetzungsdienst und seine Aufgaben.

16.) Der Entgiftungsdienst und seine Aufgaben.

17.) Die Fachtruppe und ihre Aufgaben.

18.) Der Luftschutzveterinärdienst und seine Aufgaben.

19.) Der Selbstschutz.

20.) Der erweiterte Selbstschutz.

21.) Der Werkluftschutz, der Eisenbahn- und Postluftschutz.

22.) Die ‚eingeschränkte Beleuchtung‘ und ‚Verdunkelung‘.

23.) Zweck und Mittel der ‚Tarnung‘.

24.) Der Luftschutz in Häfen, auf Wasserstraßen, Schiffen und Reichsautobahnen.

B. Praktische Ausbildung.

[…]

1.) Die Tätigkeit im Räumungsdienst.

2.) […] als Beobachter.

3.) […] im Erkundungs- und Meldedienst.

4.) […] im Absperrdienst und im Sichern von Schadstellen.

5.) Die erste Hilfeleistung bei Verletzten.

6.) Die Tätigkeit bei der Alarmierung und bei der stillen Entwarnung.

7.) Die Ausbildung im Gebrauch des Gasschutzgeräts.

8.) Die Tätigkeit als Hilfsgasspürer.“286

286
Bundesarchiv Deutschland [folgend als BAD zitiert] R 19/308, Bl. 11 vom 10. Oktober 1937: Ausbildung im
Luftschutz. Digitalisiertes Archivgut.
61
Nach Kriegsbeginn ging der Kampf um Zuständigkeiten zwischen Himmler und Göring weiter, diesmal
entstand ein Konflikt um den SHD. Himmler brachte schlussendlich die ortsfesten SHD-Gruppierungen
in seinen Machtbereich, da er diese ab 1942 in die Ordnungspolizei eingliedern ließ. Bereits 1936 ord-
nete er die Einsetzung von Inspekteuren der Sicherheitspolizei und von Inspekteuren der Ordnungspo-
lizei an, diese waren auf der Ebene der Landesregierungen und Reichsstatthalter angesiedelt. Der Hin-
tergrund war die Sicherung der Kontrolle durch die Schaffung einer speziellen Verwaltung für die Poli-
zei. Die Inspekteure hatten zwar im Frieden keine Kommandobefugnis, sie waren aber befugt, die Ar-
beit der Polizei in ihrem jeweiligen Bereich zu kontrollieren.287 Himmler dachte nicht daran, im Kriegs-
fall die Leitung der zivilen Kriegsführung dem Militär zu überlassen, insbesondere nicht den Luftschutz.
Die Inspekteure wurden im Krieg zu Befehlshabern der Ordnungspolizei ernannt. Sie waren damit die
taktischen Führer und Einsatzleiter im Luftschutz ihres Zuständigkeitsgebiets – nicht die Luftgaukom-
mandos der Luftwaffe. Diese waren vorwiegend für den technischen und militärischen Bereich des
Luftschutzes zuständig.288

Weiter verkompliziert wurde die Zuständigkeit im Luftschutz durch die Einsetzung der Höheren SS- und
Polizeiführer (HSSPF) ab 1937, denn diese waren den Inspekteuren übergeordnet. Die Besetzung der
Stellen der HSSPF behielt sich Himmler selbst vor, sie sollten für die organisatorische Integration von
SS und Polizei sorgen, die durch die verschiedenen Teilorganisationen zersplittert waren.289 Den Luft-
schutz ordnete Himmler seinem Machtkomplex unter; zur leichteren Kontrollausübung wurden vor-
handene Sparten wie der SHD 1942 in die Luftschutzpolizei umgewandelt, ähnlich waren bereits 1938
Feuerwehren unter der Bezeichnung Feuerschutzpolizei in die Ordnungspolizei eingegliedert worden.
Durch eine Verordnung des Ministerrats für die Reichsverteidigung vom 7. Oktober 1939 wurde im
Lauf des Krieges der SHD der Sondergerichtsbarkeit der SS unterworfen und er erhielt darüber hinaus
die Berechtigung zum Tragen von Waffen.290 Die Sondergerichtsbarkeit der SS stützte sich auf das Mi-
litärstrafgesetzbuch und die Militärstrafgerichtsordnung, allerdings gab es zahlreiche Abweichungen
davon. Eine typische Abweichung war der Umstand, dass nicht zwischen Soldaten und Beamten unter-
schieden wurde, somit waren sämtliche Polizeiangehörige (damit auch der SHD als Teil der Ordnungs-
polizei) der SS-Sondergerichtsbarkeit unterworfen.291

287
Vgl. Lemke (2005), S. 325.
288
Vgl. ebda., S. 326.
289
Vgl. Buchheim, Hans (1999): Die SS – das Herrschaftsinstrument. In: Buchheim, Hans; Broszat, Martin; Jacob-
sen, Hans-Adolf [u.a.] (Hrsg.): Anatomie des SS-Staates. 7. Aufl. München: Dt. Taschenbuch-Verlag (= dtv 30145),
S. 15–212, hier S. 113.
290
Vgl. ebda., S. 153.
291
Vgl. ebda., S. 157.
62
5.2 Aufgaben und Organisation
Der zivile Luftschutz hatte nicht nur jene Aufgaben vorzubereiten, die von Selbsthilfekräften zu bewäl-
tigen waren, er musste zudem Maßnahmen treffen, um Luftangriffe größeren Ausmaßes abschwächen
zu können. Als Grundbedingung der Bewältigung eines solchen Szenarios wurde das Vorhandensein
einer behördlichen Organisation unter einheitlicher Führung angenommen.292 Diese behördliche Or-
ganisation stellte der SHD dar, der dem örtlichen Polizeiverwalter unterstand. Unter der Führung der
Polizei sollte das jeweilige Verwaltungsgebiet luftschutzbereit gemacht werden.293 Der SHD hatte Auf-
gaben im exekutiven Bereich, im Brandschutz, in der Instandsetzung, in der Entgiftung, im Sanitäts-
und Veterinärdienst und in der Obdachlosenfürsorge zu bewältigen.294

Die Agenden des SHD waren in der 1. DVO zum Luftschutzgesetz festgehalten, genauso wie seine Glie-
derung. Demnach wurden seit dem 4. Mai 1937 folgende Hauptgruppen unterschieden: Luftschutz-
warndienst, Sicherheits- und Hilfsdienst, Werkluftschutz, Selbstschutz und erweiterter Selbstschutz.
Die ersten beiden Gruppen waren Luftschutzdienste, deren Träger vorwiegend öffentliche Dienststel-
len waren. Organisiert wurde der Luftschutzwarndienst von der Polizei in Zusammenarbeit mit dem
Flugmeldedienst der Wehrmacht.295

Als unterste Einheit des SHD war das Polizeirevier definiert, das im Fall der Ausrufung des Luftschutzes
die Bezeichnung Luftschutzrevier erhielt. Dabei sollte es Unterstützung durch mindestens einen Feu-
erwehr- und Bergungstrupp, einen Rettungstrupp und einen Gasspürer erhalten. Je nach Größe des
betroffenen Ortes lag die Führung des Luftschutzreviers beim örtlichen Polizeiverwalter, zusätzlich
wurde aber die Möglichkeit der Bildung von Luftschutzabschnitten geschaffen. An der Spitze dieser
Abschnitte stand ein Kommandeur, dem eine gewisse Zahl von Reservekräften und Fachberatern un-
terstand.296 Eine weitere organisatorische Teilung der Gebiete war die Aufteilung in Luftschutz-Grup-
penkommandos und Luftschutz-Abschnittkommandos.297

292
Vgl. Knipfer, Kurt; Burkhardt, Werner (Hrsg.) (1935): Luftschutz in Bildern. Eine gemeinverständliche Darstel-
lung des gesamten Luftschutzes für jeden Volksgenossen. Berlin: Landsmann, S. 22.
293
Vgl. Reichsluftschutzbund (1939): Luftschutz ist Selbstbehauptungswille. Aufgaben und Erfahrungen über die
Ausbildung im zivilen Luftschutz. 4. Aufl. Berlin, S. 5.
294
Vgl. Knipfer; Burkhardt (1935), S. 22.
295
Vgl. Prescher, Rudolf (1955): Der hochrote Hahn über Braunschweig. Luftschutzmaßnahmen und Luftkriegser-
eignisse in der Stadt Braunschweig 1927 bis 1945. Braunschweig: Waisenhaus-Buchdruckerei, S. 12.
296
Vgl. Knipfer; Burkhardt (1935), S. 22.
297
Vgl. Klinge (2016), S. 124.
63
Abbildung 6: Organisation des zivilen Luftschutzes in einer Großstadt.

Der Polizeiverwalter, der in Luftschutzbelangen Luftschutzleiter hieß, hatte dafür zu sorgen, dass die
Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Teilen des SHD reibungslos funktionierte. Mittels ver-
pflichtenden Dienstes, meistens am Sonntag und in den Abendstunden, sollte diese Aufgabe umge-
setzt werden.298 Die 1. DVO regelte die Aufgaben und Befugnisse des Luftschutzleiters. Dieser konnte
durch polizeiliche Verordnungen den ortsansässigen Personen Verpflichtungen in Luftschutzangele-
genheiten auferlegen.299

„Durch polizeiliche Verfügung oder Verordnung kann, solange nicht entsprechende Durchführungsver-
ordnungen zum Luftschutzgesetz ergangen sind, den nach § 2 des Luftschutzgesetzes luftschutzpflichtigen
Personen die Verpflichtung zu luftschutzmäßigem Verhalten, d.h. zu Handlungen, Duldungen und Unter-
lassungen auferlegt werden, die zur Durchführung des Luftschutzes, insbesondere zur Durchführung von
Ausbildungsveranstaltungen, Übungen und technischen Maßnahmen notwendig sind.“ 300

Die Auferlegung von Luftschutzpflichten erfolgte bereits mit dem Inkrafttreten des Luftschutzgesetzes
vom 26. Juni 1935, das in § 2 mit wenigen Ausnahmen alle Deutschen sowie Ausländer und Staatenlose
als luftschutzpflichtig einstufte.301

298
Vgl. Prescher (1955), S. 13.
299
Vgl. Grimme (1937), S. 37.
300
Erste Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz. Vom 4. Mai 1937, S. 560.
301
Vgl. Luftschutzgesetz. Vom 26. Juni 1935, S. 827.
64
Der Luftschutzleiter trug die Verantwortung dafür, seinen Bereich so vorzubereiten, dass im Ernstfall
das öffentliche und wirtschaftliche Leben nach einem Luftangriff so schnell als möglich wieder in die
Normalität zurückkehren konnte. Unterstützung erhielt er durch seinen Arbeitsausschuss, der aus Ver-
tretern von Stadtverwaltung, Behörden und Organisationen der einzelnen Teile des SHD, Industrie und
RLB bestand. Um die Vorbereitungen zu erleichtern, gab der RdL und ObdL Göring Luftschutzpläne
heraus, die nach einem einheitlichen Schema aufgebaut waren. Ein Luftschutzplan enthielt genaue
Pläne der jeweiligen Stadt, verschiedene Versorgungsleitungen wie die des Löschwassers, Gefahren-
punkte, einen Überblick über die Lage aller Befehlsstellen, Nachrichtenverbindungen, Unterkünfte,
ortsfeste Einrichtungen aller dem Luftschutz angeschlossenen Gliederungen, Lotsen, ferner die Orga-
nisation des Werkluftschutzes und des Selbstschutzes.302 Die einzelnen Gemeinden waren dazu ange-
halten, dass bei Bauvorhaben Luftschutzräume mitgebaut wurden, bereits vorhandene Räume wurden
zu öffentlichen Luftschutzräumen umgestaltet. Auch die Versorgungsbetriebe mussten ihre Infrastruk-
tur so gestalten, dass sie möglichst gegen Bombenabwürfe geschützt waren und bei Ausfällen eine
Notversorgung sichergestellt war. So mussten zum Beispiel nach den gegebenen Richtlinien im Bereich
der Löschwasserversorgung Neuanlagen errichtet werden.303 Der Luftschutzplan beinhaltete außer-
dem einen Luftschutzkalender, der, den Erkenntnissen aus Übungen folgend, alle in zeitlicher Reihen-
folge zu treffenden Maßnahmen für den Luftschutzfall enthielt. Besonderes Augenmerk musste der
Luftschutzleiter auf die örtlichen Gefahrenquellen richten, zum Beispiel die chemische Industrie. Nicht
nur die augenscheinlich gefährlichen chemischen Stoffe, sondern auch zeitlich bedingte Gefahren, wie
die Abstimmung der Schichtwechselzeiten, waren zu berücksichtigen, um in diesem Fall zu vermeiden,
dass sich eine große Zahl von Menschen gleichzeitig auf den Straßen befand. Der örtliche Luftschutz-
leiter hatte seinen Sitz in der Regel im Keller der jeweiligen Polizeiverwaltung, hierfür war das Vorhan-
densein der Nachrichtenverbindungen ausschlaggebend. Da die Polizeiverwaltungen aber meistens in
der Innenstadt angesiedelt waren, erwies sich dieser Standort bei Bombenangriffen nicht immer als
vorteilhaft.304

Ursprünglich bestand der SHD aus unterschiedlichen Hilfsorganisationen, die aber unter der Führung
des Luftschutzleiters zu einer neuen Organisation umgeformt werden sollten. Dieser Umformungspro-
zess wird vor allem in der Einführung einer eigenen Dienstkleidung und eines Dienststellungssystems
deutlich. Der SHD stützte sich in erster Linie auf ortsfeste Einrichtungen, die je nach Bedarf von beweg-
lichen Einheiten unterstützt wurden.305 Die Führung des Luftschutzortes war so vorbereitet, dass die

302
Vgl. Hampe (1963), S. 62.
303
Vgl. Prescher (1955), S. 13.
304
Vgl. Hampe (1963), S. 62f.
305
Vgl. Klinge (2016), S. 124.
65
einzelnen Stellen sich zunächst selbst helfen mussten. Erkundungsstreifen des jeweiligen Luftschutz-
reviers rückten nach einem Luftangriff aus, um den entstandenen Schaden festzustellen. Wenn Selbst-
schutzkräfte und erweiterter Selbstschutz zur Schadensbewältigung nicht mehr ausreichten, wurde
das Luftschutzrevier mit seinen Einsatzkräften an den Schadensort beordert. Aufgaben des Reviers
waren unter anderem die Betreuung von Verletzten und die Feststellung der Lage von Blindgängern
und Kampfmitteln. Der übergeordnete Luftschutzabschnitt war der Hauptträger der Schadensbewälti-
gung, da er über die Bereitschaftskräfte verfügte. Die Aufgaben des Abschnitts waren der zweckent-
sprechende Kräfteeinsatz, das Erkennen der Angriffsschwerpunkte, die Veranlassung von Absperrun-
gen und Räumungen, die Anforderung weiterer Hilfe im Bedarfsfall und die Betreuung der eingesetz-
ten Kräfte.306 Darüber hinaus hatte er Sorge dafür zu tragen, dass die Toten aus den Trümmern gebor-
gen und in geschützte Räume transportiert wurden. Dadurch sollten die Toten unter anderem vor
Plünderungen bewahrt werden. Sogar den Familienmitgliedern war eine Begleitung der Leichen unter-
sagt, alle öffentlichen Zeichen der Zerstörung sollten so schnell wie möglich beseitigt werden.307 Der
örtliche Luftschutzleiter sorgte außerdem für die Reservenbildung: Bestimmte Einheiten wurden für
eine bewegliche Verwendung zurückgehalten und konnten die Kräfte vor Ort im Bedarfsfall unterstüt-
zen. Er hatte zudem die Befugnis, Wehrmachtshilfekommandos heranzuziehen und weitere Kräfte bei
den Luftkreis- oder Luftgaukommandos anzufordern.308

Die folgende Tabelle soll die dem SHD zugehörigen Dienste und Träger veranschaulichen. Sie basiert
auf Erich Hampe und wurde von Klinge grafisch aufbereitet:

Abbildung 7: Dienste und Träger des SHD.

306
Vgl. Hampe (1963), S. 63.
307
Vgl. Süß (2011), S. 558f.
308
Vgl. Hampe (1963), S. 63.
66
Die sicherheitsdienstliche Aufgabe der Polizei im Luftschutz umfasste die genannte Leitung des SHD
durch den örtlichen Polizeiverwalter, aber auch Aufgaben wie Verkehrsregelung, Überprüfung allge-
meiner Luftschutzauflagen, Absperrungen und Erkundung von Schadensstellen und weitere in dem
Lehrplanauszug genannte Tätigkeiten.309

Im Feuerlöschdienst wurden die örtlichen Feuerwehren personell vergrößert, danach als Bereitschafts-
kräfte in den SHD eingegliedert. Die Aufstockung des Personals lässt sich auf Erfahrungen aus früheren
Brandkatastrophen zurückführen: Es hatte sich gezeigt, dass die örtlichen Feuerwehren ohne Verstär-
kung nicht ausreichten, um Großbrände verhindern zu können. Im Fall eines Bombenangriffs war von
zahlreichen Einzelbränden auszugehen, deshalb wurde der Feuerlöschdienst über das Stadtgebiet ver-
teilt untergebracht, so konnten lange Anfahrtszeiten vermieden werden. Jeder Luftschutzort I. Ord-
nung erhielt für jedes Luftschutzrevier einen Feuerwehr- und Bergetrupp zugeteilt, bestehend aus ei-
nem Führer und acht Mann, die sich aus aktiven Feuerwehrmitgliedern und entsprechend ausgebilde-
ten Hilfsfeuerwehrleuten zusammensetzten. Ausgerüstet waren die Trupps standardmäßig mit Lösch-
fahrzeugen, Werkzeug, Beleuchtungsgerät und Entgiftungsmitteln, dazu erhielten sie durch die Göring
unterstellte L In 13 Spezialfahrzeuge wie Schlauchwagen und Drehleiterfahrzeuge. Auffüllungskräfte,
die aus Wehrersatzdienstleistenden und sonstigen luftschutzpflichtigen Personen bestanden, dienten
entweder zur Verstärkung der vorhandenen Trupps oder zur Aufstellung neuer Einheiten. Während es
in kleineren Orten kaum zu Problemen kam, bereitete die Eingliederung der Feuerwehren in den SHD
in größeren Luftschutzorten teilweise Schwierigkeiten, da hier Luftschutzabschnitte zu bilden waren
und dies eine Abweichung von der im Frieden gewohnten zentralen Führung der Feuerwehr bedeu-
tete.310 Die taktische Gliederung des Feuerlöschdienstes erfolgte in Halbzügen, Zügen, Bereitschaften
und Abteilungen, die möglichst dezentral in ihren zugewiesenen Abschnitten untergebracht waren.311

Da bei Luftangriffen neben Brandschäden mit zahlreichen zusammengestürzten Gebäuden, beschädig-


ter Infrastruktur und Verkehrshindernissen zu rechnen war, benötigte man Spezialisten mit umfassen-
den bautechnischen Kenntnissen und speziellem Gerät.312 Der Instandsetzungsdienst hatte folgende
Aufgaben zu erfüllen: Bergungsmaßnahmen, Beseitigung der Verkehrshindernisse, Wiederherstellung
von Verkehrsverbindungen, Behebung der Einsturzgefahren, Schaffung von behelfsmäßigen Schutz-
möglichkeiten und Beseitigung von Blindgängern. Im Einsatzfall wurde nach der Dringlichkeit der zu
bewältigenden Tätigkeiten unterschieden: Planaufgaben verlangten eine vorherige Planung der ein-
zelnen Arbeiten und waren zeitlich umfangreicher, konnten jedoch von Hilfstrupps ohne Ausbildung
bewerkstelligt werden; während Sofortaufgaben, wie die Rettung verschütteter Personen oder die

309
Vgl. Klinge (2016), S. 125.
310
Vgl. Hampe (1963), S. 65.
311
Vgl. Klinge (2016), S. 125.
312
Vgl. ebda.
67
provisorische Abstützung von Gebäudeteilen, nur fachmännisch ausgebildete Mitglieder durchführen
konnten.313 Für die Erledigung der genannten Aufgaben mussten die Instandsetzungstrupps ferner in
der Lage sein, Schutzräume oder Deckungsgräben anzulegen.314 Eine professionelle Organisation fand
man mit der Technischen Nothilfe, die schon seit Anfang der 1930er Jahre für diesen Einsatzbereich
vorgesehen war, sie wurde nun auch für den SHD damit beauftragt. Dazu gründete die Technische
Nothilfe eine neue Abteilung für den Luftschutzdienst, die mit entsprechenden Fachbeauftragten auf
Orts- und Landesebene angegliedert wurde.315 Die Kräftezahl der Instandsetzungstrupps richtete sich
nach den Stärkeanforderungen für die Luftschutzorte I. Ordnung. Vom notwendigen Personal wurden
volle körperliche und geistige Eignung, zahlreiche praktische und technische Vorkenntnisse sowie die
ausschließliche Verpflichtung für den Instandhaltungsdienst gefordert. Die Trupps rüstete man mit Ar-
beitsgeräten nach den Kategorien leicht, mittel und schwer aus, dazu wurden ihnen Ergänzungsfahr-
zeuge zugewiesen, die für den Transport von Mannschaft und Gerät nötig waren. Spezialeinheiten der
Technischen Nothilfe bildeten die Sprengtrupps. Ein solcher wurde von einem Sprengmeister, Feuer-
werker oder einer Person mit ähnlicher Ausbildung geführt. Jedem Luftschutzort und jedem Abschnitt
wurde nur ein Sprengtrupp zugeteilt, da mit Bombenabwürfen größeren Umfangs nicht gerechnet
wurde und Langzeitzünder noch unbekannt waren.316

Neben dem Feuerlösch- und Instandsetzungsdienst stellte der Sanitätsdienst die wichtigste Säule des
Sicherheits- und Hilfsdienstes dar. Seine Aufgaben bestanden in der Leistung der Ersten Hilfe und der
fachgemäßen Versorgung der Verletzten. Ein leitender Luftschutzarzt koordinierte den Einsatz der an-
deren Ärzte, Helfer und Einrichtungen des Sanitätsdienstes in den jeweiligen Abschnitten. Außerdem
oblagen ihm die Erste-Hilfe-Ausbildung der Selbstschutzkräfte und Werkluftschutzkräfte sowie die
Luftschutzmaßnahmen in den Krankenhäusern.317 Aufgebaut war der Sanitätsdienst aus den vorhan-
denen öffentlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens, die für den Luftschutz personell und mate-
riell erweitert wurden. Dabei griff man hauptsächlich auf die Organisation des Deutschen Roten Kreu-
zes zurück. Der Ablauf der Tätigkeiten nach einem Luftangriff sah wie folgt aus: Verletzte wurden durch
die Sanitätstrupps der Luftschutzreviere und Sanitätsabteilungen so schnell wie möglich zu sogenann-
ten Luftschutz-Rettungsstellen gebracht, von denen in jedem Revier mindestens eine vorhanden sein
musste. Die Erste Hilfe erfolgte dann erst in den Rettungsstellen. Nach dem Ende der Luftgefahr
brachte man die Verletzten in Krankenanstalten oder entließ sie nach Möglichkeit nach Hause. Als
Krankenanstalten dienten nur jene Einrichtungen, die sich nicht in einer besonders gefährdeten Lage

313
Vgl. Hampe (1963), S. 65.
314
Vgl. Knipfer; Burkhardt (1935), S. 29.
315
Vgl. Klinge (2016), S. 125.
316
Vgl. Hampe (1963), S. 65.
317
Vgl. Klinge (2016), S. 126.
68
befanden, somit waren längere Transportzeiten vorhersehbar.318 Aus diesem Grund waren die Führer
des Sanitätsdienstes dazu angehalten, Hilfslazarette, provisorische Operationsräume und genügend
Bettenreserven zu schaffen. Unter die Aufgaben der Sanitätstrupps fiel außerdem die Schaffung von
Desinfektionsanstalten für die Entgiftung von Personen und deren Kleidung nach einem Gasangriff. 319
Die Luftschutz-Rettungsstellen in jedem Luftschutzrevier waren trümmer-, splitter- und gassicher zu
gestalten, in der Regel wurden sie in Kellerräumen öffentlicher Gebäude oder Schulen eingerichtet.320
Für jede Rettungsstelle waren zusätzlich zum Arzt zwei bis vier männliche und sieben bis zehn weibli-
che Hilfskräfte vorgesehen, dazu zwei Melder. Die Ärzte im Sanitätsdienst erhielten ihre Ausbildung
für den Luftschutz an der Reichsanstalt der Luftwaffe für den Luftschutz und waren danach für die
Ausbildung ihres Hilfspersonal verantwortlich. Die Lagerung von größerem Sanitätsmaterial auf Vorrat
erfolgte wegen der Luftgefahr in der Nähe der Luftschutzorte, geleitet wurde dieses Lager von Apo-
thekern. Bewegliche Einheiten im Luftschutzsanitätsdienst waren die Sanitätstrupps, die Sanitätsab-
teilungen und die Krankentransportabteilungen. Jedes Luftschutzrevier verfügte über einen Luft-
schutzsanitätstrupp, der entsprechend dem Feuerwehr- und Bergetrupp aus einem Führer und acht
Mann bestand; er erhielt zum Transport von Mannschaft und Material ein Ergänzungsfahrzeug. In je-
dem Abschnitt wurde eine Luftschutz-Sanitätsabteilung eingerichtet, bestehend aus einem Arzt als
Führer und drei Sanitätstrupps.321

Bereits bei den ersten Schritten des Luftschutzes war der Gedanke an einen Luftkrieg mit Gaskampf-
stoffen eine der größten Befürchtungen. Durch die schrecklichen Erfahrungen des Ersten Weltkrieges
bedingt, ergab sich der Bedarf nach einer Einheit, die umfassend in chemischen Kampfstoffen geschult
war. Dem Luftschutz-Entgiftungsdienst wurde eine sehr hohe Bedeutung zugemessen, da damit zu
rechnen war, dass die chemischen Kampfmittel in der Lage waren, sowohl die Zivilbevölkerung als auch
die Leistungsfähigkeit der Industrie erheblich zu treffen. Darüber hinaus war bekannt, dass zur Zeit der
deutschen Rüstungsbeschränkungen viele andere Länder in den Ausbau chemischer Waffen investiert
hatten. Die Aufgabe des Entgiftungsdienstes bestand darin, die durch Luftangriffe ausgesetzten che-
mischen Kampfstoffe und die daraus resultierenden Gefahren für Menschen, Tiere und Sachwerte
schnell zu beseitigen. Der Entgiftungsdienst musste in der Lage sein, Häuserfronten, Innenräume und
Geländeteile zu entgiften sowie gasvergifteten Menschen und Tieren Erste Hilfe zu leisten. Gegliedert
war der Dienst in einen beweglichen und in einen ortsfesten Teil. Zu Ersterem gehörten Gasspürer und

318
Vgl. Knipfer; Burkhardt (1935), S. 29.
319
Vgl. BAD RW 1/83, Bl. 34 o.D.: Aufgabenverteilung auf die einzelnen Organe des öffentlichen Sicherheits- und
Hilfsdienstes. Städtischer Rettungsdienst und sanitäre Verbände. Digitalisiertes Archivgut.
320
Vgl. Klinge (2016), S. 126.
321
Vgl. Hampe (1963), S. 69.
69
Entgiftungstrupps, zu Zweiterem Untersuchungsanstalten für chemische Kampfstoffe, Sachentgif-
tungsanstalten und Entgiftungsparks.322 Die Aufgabe der Gasspürer bestand darin, nach einem Angriff
gasförmige Stoffe ausfindig zu machen und mittels spezieller chemischer Reagenzien örtlich einzugren-
zen.323 Nach der Feststellung der Art der Chemikalie kamen die Entgiftungstrupps zum Einsatz, die die
verteilte Substanz fachgemäß beseitigen sollten.324 An Ausrüstung verfügten die Entgifter über leichte
und schwere Gasschutzbekleidung in Verbindung mit der Heeresgasmaske, während für die Bevölke-
rung die Volksgasmaske entwickelt wurde. Zuerst transportierte man die spezielle technische Ausrüs-
tung auf angeforderten Lastkraftwagen, später wurden spezielle Entgiftungsfahrzeuge verwendet.
Nach der Beendigung der Entgiftung mussten die Entgiftungstrupps den nächsten Entgiftungspark an-
fahren, zuvor waren jedoch Fahrzeuge und Geräte so gut wie möglich zu reinigen. In den Parks sollte
dann eine gründliche Reinigung stattfinden und die Bereitschaft des Trupps wiederhergestellt werden.
Sämtliche kontaminierten Kleidungsstücke mussten in eine Sachentgiftungsanstalt gebracht werden,
diese war meistens in einem Betrieb der chemischen Reinigung eingerichtet.325

Der Luftschutz-Veterinärdienst kam zum Einsatz, wenn alle Maßnahmen des Selbstschutzes innerhalb
der Häuser oder Bauernhäuser nicht mehr ausreichten, um den wertvollen Tierbestand vor Bedrohun-
gen schützen zu können. Dazu zählten die Versorgung durch einen ausgebildeten Tierarzt und die Ent-
giftung durch Entgiftungstrupps. Gegliedert war der Veterinärdienst ähnlich wie der Luftschutz-Sani-
tätsdienst.

Der ortsfeste Veterinärdienst umfasste die Tierrettungsstellen, das Tiersammellazarett, die Veterinä-
runtersuchungsstelle und das Veterinärmittellager. Zum beweglichen Veterinärdienst zählten die Ve-
terinärtrupps und die Tiertransporttrupps. Das Personal und die Fahrzeuge rekrutierte man aus den
vorhandenen veterinären Einrichtungen, aber auch aus Schlacht- und Viehhöfen. Der leitende Luft-
schutztierarzt stand an der Spitze des örtlichen Luftschutzveterinärdienstes, er war für die Ausbildung
des Personals im Luftschutz, die Luftschutzmaßnahmen für Zoologische Gärten und für die Veranlas-
sung der Tötung gefährlicher Tiere verantwortlich.326

322
Vgl. ebda., S. 67.
323
Vgl. Klinge (2016), S. 127.
324
Vgl. Knipfer; Burkhardt (1935), S. 34.
325
Vgl. Hampe (1963), S. 68.
326
Vgl. ebda., S. 70.
70
Abbildung 8: Behandlung einer durch Grünkreuzvergiftung lungenkranken Kuh mit Sauerstoff.

Für die Versorgung der Bevölkerung war es notwendig, nach Luftangriffen auftretende Schäden an
Gas-, Wasser-, Kanal- und elektrischen Leitungen möglichst schnell zu beheben. Die Fachtrupps der
Versorgungsbetriebe hatten die Aufgabe, behelfsmäßig alle Schäden zu beseitigen, durch die entwe-
der Teile der Bevölkerung unmittelbar gefährdet, Verteilungsanlagen nachhaltig gestört oder die Auf-
rechthaltung lebenswichtiger Betriebe bedroht waren. Nach der provisorischen Behebung kamen ei-
gene Störungstrupps der jeweiligen Sparte selbst zum Einsatz, um eine umfassende Reparatur durch-
zuführen. Man unterschied Fachtrupps der Elektrizitäts-, Gas-, Wasser- und Kanalisationsversorgung.
Der einzelne Fachtrupp bestand aus einem fachkundigen Führer und ein bis sechs Helfern, die aus der
Technischen Nothilfe und dem Personal der zuständigen Sparten stammten.327

Aufgrund ihrer besonderen wirtschaftlichen Funktionen gehörten Häfen zu den luftgefährdetsten Plät-
zen im Deutschen Reich. Große Mengen an kriegswichtigen Gütern, Schiffe und Transportmittel be-
fanden sich auf einem eng begrenzten Raum, aus diesem Grund waren Häfen bevorzugte Ziele für
Luftangriffe. Häfen wurden deswegen in eigenen Luftschutz-Abschnitten organisiert, dies sollte eine
schnelle Hilfeleistung gewährleisten. Die Hafen-Luftschutz-Einheiten des SHD sollten nach Bombenan-
griffen die Häfen instand setzen, um den Betrieb wieder aufnehmen zu können. An landseitigen Anla-
gen kamen Fachtrupps des Hafenbaus zum Einsatz, für wasserseitige Anlagen die Fachtrupps Havarie.

327
Vgl. ebda.
71
Zu den Aufgaben der Havarietrupps zählten die Beseitigung von Hindernissen im Wasser, die Bekämp-
fung von Ölschäden und Reparaturarbeiten unter Wasser. Hafentrupps hatten Ladeeinrichtungen und
andere wasserbautechnische Anlagen wiederinstandzusetzen.328

6. Der Luftschutz nach 1938 in Österreich und Deutschland


Nach der Annexion Österreichs am 12. März 1938 musste sich der ÖLB dem deutschen RLB angliedern.
Dabei begrüßten viele Mitglieder des ÖLB die Übernahme, da die geschaffenen Luftschutzmaßnahmen
im Deutschen Reich nun auch für sie gelten sollten. Die Angleichung an die deutsche Gesetzgebung
sahen Luftschutzvertreter sehr positiv, davon bestärkt traten sie in der Volksabstimmung vom 10. April
für den „Anschluss“ ihres Landes an das Deutsche Reich ein.329 Zu diesem Zeitpunkt verhandelte die
österreichische Regierung bereits mehr als vier Jahre lang über ein eigenes Luftschutzgesetz, das RLM
bewertete die jahrelangen Beratungen jedoch als ergebnislos und kritisierte das geplante Gesetz als
völlig unzureichend. Auch die mangelnde praktische Luftschutzarbeit und die geringe Mitgliederzahl
des ÖLB bemängelte man. Aus diesem Grund sollte das deutsche Luftschutzrecht möglichst schnell in
der „Ostmark“ eingeführt werden. Einen Entwurf zur Einführung hatte das RLM bereits ausgearbeitet,
die Verhandlungen mit den anderen beteiligten Reichsministerien standen aber noch aus. Laut diesem
Entwurf sollte der Luftschutzwarndienst nach den gleichen Grundsätzen und in enger Verbindung mit
der im Deutschen Reich vorhandenen Organisation aufgebaut werden. Die Einführung eines SHD sah
man wesentlich abhängig vom Neuaufbau der Polizei. Da der Inspekteur der Ordnungspolizei seine
Tätigkeit in Österreich aber bereits aufgenommen hatte, war man der Ansicht, dass der SHD keine
Schwierigkeiten bereiten würde. Als problematischer empfand das RLM den Aufbau eines Werkluft-
schutzes – in Österreich war dieser bis dato kaum vorhanden und beschränkte sich auf die Verdunke-
lung als einzige Maßnahme. Die RI sollte nun den Werkluftschutz vorantreiben, dazu richtete das RLM
beginnend mit Wien sogenannte Vertrauensstellen ein, die dem organisatorischen Aufbau dienten.
Darüber hinaus war die Schaffung von fünf bis sechs Bezirksgruppen des RLB in Österreich geplant, die
der Landesgruppe Österreich unterstehen sollten. Der RLB stellte die finanziellen und personellen Mit-
tel für den Aufbau und die Durchführung zur Verfügung, somit konnte auf dem Gebiet des Selbstschut-
zes rasch die Arbeit aufgenommen werden. Der bauliche Luftschutz musste bei neu gebauten Anlagen
ebenfalls berücksichtigt werden, dasselbe galt hinsichtlich des Luftschutzes der Reichspost, der bishe-
rigen österreichischen Bundesbahn, Reichsautobahn und der Wasserstraßen.330

328
Vgl. Klinge (2016), S. 127.
329
Vgl. La Speranza (2019), S. 61.
330
Vgl. Knipfer, Kurt (1938): Grundsätzliches über den Aufbau des zivilen Luftschutzes in Oesterreich. In: Gas-
schutz und Luftschutz Nr. 5, Jg. 8 (1938), S. 119–120. Online verfügbar unter http://down-
load.gsb.bund.de/BBK/BBKNV193805.PDF, zuletzt geprüft am 6.4.2021.
72
Am 13. April 1938 versandte das RLM einen Entwurf über die Einführung des deutschen Luftschutz-
rechts in Österreich an den Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deut-
schen Reich, den pfälzischen Gauleiter Bürckel.331 Mit 25. Juli 1938 trat daraufhin im annektierten Ös-
terreich aufgrund des Gesetzes über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich das
deutsche Luftschutzgesetz mit seinen Durchführungsverordnungen in Kraft.332

Bereits im April 1938 nahm der Nachfolger Grimmes als Präsident des RLB, Generalleutnant Karl von
Roques, seine Tätigkeit in der Landesgruppe Österreich auf und trieb die Entwicklung des österreichi-
schen Luftschutzes tatkräftig voran. Insbesondere Albert Speer, ab Februar 1942 Reichsminister für
Bewaffnung und Munition, erkannte das durch die Eingliederung Österreichs entstandene Potenzial.
Er ließ neue Rüstungsinspektionen und Rüstungszentren einrichten, um an luftgeschützten Standorten
kriegswichtige Güter produzieren zu können. Österreich erhielt die Bezeichnung Luftschutzkeller des
Reiches, da hier die Produktion verhältnismäßig gut vor Fliegerangriffen geschützt werden konnte.333

Der zivile Luftschutz sollte parallel zum restlichen Deutschen Reich nun auch in der „Ostmark“ durch-
geführt werden. Dieser unterstand dem RLM in Berlin, die Organisation und Durchführung lagen aber
bei der neu geschaffenen Ordnungspolizei mit dem SHD. Der militärische Luftschutz war grundsätzlich
vom zivilen getrennt, trotzdem blieb eine Zusammenarbeit notwendig, etwa im Flugmeldedienst und
im Luftschutzwarndienst. Allerdings kam es innerhalb der militärischen Organisation zu Unstimmigkei-
ten, vor allem in Bezug auf die angeordneten Luftschutzbauten. Insbesondere neu gebaute Kasernen
der Luftwaffe bevorzugte man hinsichtlich der Gestaltung und des Standards der Schutzräume, was zu
Unmut bei den anderen Wehrmachtsteilen führte.334 Zahlreiche Veränderungen im Militär sollten eine
Angleichung an die Wehrmacht erleichtern, so zum Beispiel im Bereich der Luftabwehr. Im März 1938
schuf man das Luftgau- und Ersatzkommando Wien, ihm unterstellte man alle bisherigen Flieger- und
Flugabwehr-Teile des Bundesheeres. Unter dem Kommandanten des Waffenkommandos Österreich
(später Waffenkommando Ostmark) und Kommandanten der Luftflotte IV, Generalleutnant Alexander
Löhr, setzte sich die Umorganisation weiter fort, was sich etwa an der Eingliederung der Flugnachrich-
tenkompanie in die Luftgau-Nachrichtenabteilung zeigt. Bis zum 30. Juni 1938 erfolgte außerdem die
Eingliederung der österreichischen Luftstreitkräfte in die deutsche Luftwaffe. Gleichzeitig richtete das
RLM spezielle Offizierskurse für österreichische Offiziere zwecks Angleichung des Ausbildungsstandes

331
Vgl. La Speranza (2019), S. 61.
332
Vgl. Verordnung über die Einführung des Luftschutzrechts im Lande Österreich. Vom 25. Juli 1938. RGBl. I, Nr.
115 vom 26. Juli 1938, S. 919–920. Online verfügbar unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&da-
tum=1938&page=1097&size=45, zuletzt geprüft am 8.4.2021.
333
Vgl. La Speranza (2019), S. 62.
334
Vgl. ebda., S. 64.
73
ein. Die Kurse fanden an der höheren Luftwaffenschule in Berlin-Gatow und bei verschiedenen Ein-
satzverbänden statt.335

Aus zahlreichen internen Verordnungen und dem Schriftverkehr verschiedener Wiener Magistratsab-
teilungen lässt sich belegen, dass sich ab Mitte 1938 die Vorbereitungen auf einen bevorstehenden
Krieg intensivierten. Vor allem für den Fall eines Angriffs einer feindlichen Luftwaffe trafen die Behör-
den Vorkehrungen, welche die Schäden durch Bombenabwürfe möglichst gering halten sollten.336 Ein
Problem stellte jedoch die mangelnde Ausrüstung des Wiener Gaues mit Luftschutzsirenen dar, was in
einer Besprechung des Luftgau- und Ersatzkommandos festgehalten wurde. Daraufhin plante man die
Aufstellung von 250 Luftschutzsirenen, die an das Feuermeldenetz der Stadt Wien angeschlossen wer-
den sollten. In folgenden Ausarbeitungen der Luftschutz-Planungen erhielten selbst kleinste Details
die Aufmerksamkeit der Behörden. So legte zum Beispiel das Polizeipräsidium im Vorfeld einer Ver-
dunkelungsübung die genauen Maße und das Gewicht der zu verwendenden Papierrollen für die Ver-
dunkelung fest.337

Die städtischen Behörden zeigten sich aufgrund der zahlreichen neuen Verordnungen und Gesetze
überfordert, denn die im Deutschen Reich über Jahre hinweg eingeführten Maßnahmen mussten in
Österreich in kürzester Zeit umgesetzt werden. Die Folge war eine Material- und Personalknappheit.
Erst die Niederlassungen deutscher Firmen konnte etwa die Produktion von Luftschutzartikeln sicher-
stellen.338

Gleich wie im restlichen Deutschen Reich war in Österreich der örtliche Luftschutzleiter der zuständige
Polizeiverwalter. In Wien war dies ab 1940 der dortige Höhere SS- und Polizeiführer, SS-Gruppenführer
Dr. Ernst Kaltenbrunner. Die Angleichung an die reichsdeutsche Gesetzgebung bedingte zudem eine
Einstufung der Luftschutzorte in die drei Kategorien. In der „Ostmark“ erklärte man neben Wien die
Städte Donawitz, Graz, Kapfenberg, Klagenfurt, Leoben, Linz, St. Pölten, Salzburg, Steyr, Villach und
Wiener Neustadt zu Luftschutzorten I. Ordnung. Auch hier sah die Einstufung vor allem höhere Be-
darfszuweisungen für das Luftschutzbauprogramm vor. Als Luftschutzorte II. Ordnung stufte man
Städte wie Judenburg, Zeltweg, Knittelfeld oder Wels ein. Im Luftschutzbauprogramm sollten zunächst
öffentliche Schutzräume gebaut werden, vor allem in städtischen Amtshäusern und anderen öffentli-
chen Räumen wie in Schulen.339

335
Vgl. Zecha; Hirnschall (1994), S. 87.
336
Vgl. La Speranza (2007), S. 66.
337
Vgl. ebda.
338
Vgl. ebda., S. 68.
339
Vgl. La Speranza (2019), S. 66.
74
Die 9. DVO verpflichtete dann ab 1939 alle Hausbewohner dazu, einen Luftschutzkeller einzurichten.
Grundsätzlich blieb die Einrichtung der Luftschutzkeller und weiterer Bauwerke für den Luftschutz aber
weiterhin ein Problem. Noch immer war entsprechendes Material Mangelware, daneben kam es auch
in der „Ostmark“ zu Kämpfen um die Zuständigkeiten und zu Reibungen zwischen den Behörden. Die
Stadt Wien blieb deshalb noch am Vorabend des Zweiten Weltkriegs eine sehr ungeschützte Stadt, die
im Fall eines Luftkriegs ihren Einwohnern nur unzureichend Schutz bieten konnte. Der umfassende
Ausbau des Luftschutzes, egal ob militärisch oder zivil, kam sehr schleppend voran.340

Von militärischer Seite setzte man Maßnahmen, um die „Ostmark“ vor Luftangriffen besser schützen
zu können. Vor allem Umbauten an vorhandenen Kasernen sollten neben der Umgliederung der Ein-
heiten zur Erfüllung dieses Ziels beitragen. Göring ließ die Standorte der Fliegerhorste in Dringlichkeits-
stufen kategorisieren, je nach Priorität waren diese entsprechend aus- und umzubauen. Die Dringlich-
keitsstufe 1a erhielten die Fliegerhorste Wiener Neustadt, Vöslau-Kottingbrunn, Wels, Markersdorf,
Tulln-Langenlebarn, Hörsching, Zwölfaxing, Trausdorf-Eisenstadt und Schwechat. Die Fertigstellung
dieser Umbauten erfolgte dadurch bereits im Oktober 1940. Neubauten von Kasernen der Flak wie in
Wien-Küniglberg und die Aufstellung weiterer Flak-Regimenter und -Abteilungen sollten die Verteidi-
gung des Luftraums ebenfalls verbessern.341

Als besonders anfällig für feindliche Luftangriffe in der „Ostmark“ sah man vor allem Werke der Rüs-
tungsindustrie, zum Beispiel die Messerschmidt-Werke in Wiener Neustadt, Hörsching, Klagenfurt und
Jenbach; die Heinkel-Werke in Schwechat, Zwölfaxing und Hinterbrühl; die Flugmotorenwerke in Hal-
lein, Bad Vöslau und Steyr; die Betriebe der Panzer- und Kfz-Industrie in Wien, Wiener Neustadt, Linz
und St. Valentin; ferner die chemische Industrie und die Treibstoffproduktion in Wien, Linz, Zistersdorf,
Korneuburg, Vösendorf, Schwechat und Moosbierbaum. Zur besseren Verteidigung gliederte man
diese Gebiete in drei sogenannte Hauptbedrohungsräume; diese waren Wien – vom Tullner Feld über
Schwechat bis Wiener Neustadt; Linz – mit Hörsching, St. Valentin und Steyr; Innsbruck – mit Jenbach;
eingeschränkt außerdem Klagenfurt.342

Wie in jedem Luftschutzort I. Ordnung entstanden auch in Wien die Haus-Luftschutzgemeinschaften.


Ab Juni 1938 mussten die Hausbewohner an den von der Polizeibehörde bestimmten Abenden zur
Luftschutzausbildung erscheinen; wer absichtlich den Treffen fernblieb, machte sich strafbar. Nach

340
Vgl. ebda., S. 69.
341
Vgl. Zecha; Hirnschall (1994), S. 88.
342
Vgl. ebda., S. 91.
75
Kriegsausbruch am 1. September 1939 intensivierten sich die Vorbereitungen auf den erwarteten Luft-
krieg. Neben passiven Maßnahmen wie den strengen Verdunkelungsvorschriften gab es aktive in Form
von Flakschießübungen.343

Mitte September 1939 legte die Wiener Magistratsstelle für Bauwesen und Gemeindeverwaltung eine
Aufstellung vor, in der für den Luftschutz relevante Objekte aufgelistet waren. Demnach gab es in Wien
700 infrage kommende Objekte, die bereits mit 43.000 Gerätschaften wie Schutzbekleidung, Spritzen,
Helmen, Sanitätstaschen, Hausapotheken und Schaufeln ausgestattet worden waren. Für 1938 veran-
schlagte der Gemeinderat 275.000 Reichsmark (RM) für den Luftschutz der Stadt, im Rechnungsjahr
1939 erhöhte sich die Summe auf 297.000 RM. Vor allem in die notwendigen Luftschutzausbauten
sollte investiert werden, jedoch bestand nach wie vor ein Mangel an den benötigten Baustoffen. Gö-
ring verfügte schließlich einen Baustopp für Luftschutzbauten, da die wirtschaftlichen Ressourcen für
die Wehrmacht zur Verfügung stehen sollten.344

Hitler wollte ebenfalls die Aufrüstung des Militärs vorantreiben und befahl im Herbst 1938 die Verfünf-
fachung der Luftwaffe. Die aktive Luftabwehr war im Vergleich zu den Fliegertruppen der Luftwaffe
bereits gut aufgestellt, da zum Beispiel die Flakartillerie mit ihren 21 Flakregimentern im Sommer 1939
über nahezu ein Drittel (107.000 Mann) der Gesamtstärke (373.000) der Luftwaffe verfügte.345 Somit
verschoben sich die angestrebten Ziele des Luftschutzes von der Heimatfront zur kämpfenden Front.
Mit dem Einmarsch in Polen kam das Bauprogram fast völlig zum Erliegen. Erst als in Folge des Luft-
krieges mit Großbritannien die Royal Air Force deutsche Städte angriff, erhielt es wieder eine höhere
Bedeutung.346

6.1 Das Führer-Sofortprogramm


Ab 1940 sollten aufgrund des Führer-Sofortprogramms vom 10. Oktober 1940 bombensichere Luft-
schutzräume in ausgewählten Großstädten errichtet werden. Dies war Hitlers Antwort auf die verein-
zelten britischen Angriffe auf die Reichshauptstadt. Im Einklang mit Hitler hielt Goebbels einen kurzen
Luftkrieg mit England für sehr unwahrscheinlich und befürwortete den Ausbau des Luftschutzes unter
Einsatz aller Kräfte.347 Goebbels ließ auch keine Gelegenheit aus, um die alliierten Luftangriffe zu Pro-
pagandazwecken auszuschlachten. Als bei einem fehlgeleiteten britischen Bombenangriff am 18./19.

343
Vgl. La Speranza (2007), S. 70.
344
Vgl. La Speranza (2019), S. 72.
345
Vgl. Deist, Wilhelm (2017): Die Aufrüstung der Wehrmacht. In: Wilhelm Deist; Manfred Messerschmidt; Hans-
Erich Volkmann [u.a.] (Hrsg.): Ursachen und Voraussetzungen der deutschen Kriegspolitik. 6. unveränderte Auf-
lage. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt (= Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg 1), S. 367–532, hier S.
496.
346
Vgl. La Speranza (2019), S. 72.
347
Vgl. Reuth, Ralf Georg (Hrsg.) (1992): Joseph Goebbels Tagebücher. Band 4: 1940–1942. Orig.-Ausg. München:
Piper (= Serie Piper 11414). Eintrag vom 11. Oktober 1940, S. 1485.
76
September 1940 auf die Krankenanstalten in Bethel bei Bielefeld zwölf behinderte Kinder starben, ver-
anlasste er die mediale Berichterstattung im In- und Ausland dazu, diesen Angriff als besonders grau-
samen Terrorakt einzustufen. Zu dieser Zeit lief jedoch der befohlene Massenmord, die Aktion T-4, an
zehntausenden Behinderten und psychisch Kranken bereits auf Hochtouren.348

Allein in Berlin war die Errichtung von bis zu 2.000 Bunkern geplant, dazu kamen noch gigantische
Flaktürme, die auch für den Schutz der Zivilbevölkerung gedacht waren. Das gesamte Bauprogramm
verzögerte sich durch die weitverzweigte Bürokratie und musste bald reduziert werden.349 Das Projekt
in Berlin fiel durch einen Erlass Hitlers in die Zuständigkeit des Generalbauinspektors für die Reichs-
hauptstadt, Albert Speer, und nicht in jene Hermann Görings und des RLM. Damit ermächtigte der
Diktator Speer, zur Durchführung dieses Projekts sämtliche benötigten Ressourcen aufzubieten, seien
es Bauarbeiter, Baustoffe oder Transportmittel. Speer erhielt außerdem die Vollmacht, die Keller-
räume in den Gebäuden der Reichsministerien und aller anderen öffentlichen und privaten Gebäude
zum Zweck des Luftschutzes zu nutzen.350 Die Verantwortung für das restliche Projekt außerhalb Ber-
lins übertrug Hitler dem damaligen Rüstungsminister Fritz Todt, der dazu außerordentliche Kompeten-
zen erhielt. Damit überging Hitler wieder einmal die eigentlich zuständigen Apparate und bediente sich
eines seiner Vertrauten.351

Auslöser des Führer-Sofortprogramms waren unter anderem die genannten Bombardierungen Berlins,
die auf den versehentlichen deutschen Bombenangriff auf London am 24./25. August folgten. Berlin
galt als die am stärksten mit Flak verteidigte Stadt im Deutschen Reich, der Krieg hatte bis zu diesem
Zeitpunkt weit außerhalb stattgefunden. Dem ersten Angriff auf Berlin folgten im September 15 wei-
tere, jede zweite Nacht heulten die Luftschutzsirenen auf. Als Folge dessen kam man zum Entschluss,
dass an der bisherigen Luftverteidigung, die vor allem aktiv mit Flak und Jägern erfolgte und nur durch
den passiven, nachgeordneten Luftschutz ergänzt wurde, nicht mehr festzuhalten war.352

Die Planungen sahen ein gigantisches Bauprogramm vor, das die gesamte deutsche Bauwirtschaft ca.
20 Jahre beschäftigen und letztlich bei einem Verbrauch von 200 Millionen Kubikmetern Beton mehr
als 120 Milliarden RM kosten würde. Neben den Schutzräumen für die Zivilbevölkerung in Hoch- oder

348
Vgl. Blank, Ralf (2004): Kriegsalltag und Luftkrieg an der „Heimatfront“. In: Jörg Echternkamp (Hrsg.): Die deut-
sche Kriegsgesellschaft 1939 bis 1945. Erster Halbband. Politisierung, Vernichtung, Überleben. München: Deut-
sche Verlags-Anstalt (= Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg 9/1), S. 357–461, hier S. 364.
349
Vgl. Müller, Rolf-Dieter [folgend als Müller, R. zitiert] (2004): Der Bombenkrieg 1939–1945. 2. Aufl. Berlin:
Links, S. 134.
350
Vgl. Anordnung des Führers über die Durchführung des Luftschutzes in Berlin. Vom 30.9.1940. In: Moll, Martin
(2011): Führer-Erlasse 1939–1945. Edition sämtlicher überlieferter, nicht im Reichsgesetzblatt abgedruckter, von
Hitler während des Zweiten Weltkrieges schriftlich erteilter Direktiven aus den Bereichen Staat, Partei, Wirt-
schaft, Besatzungspolitik und Militärverwaltung. Genehmigte Lizenzausgabe. Hamburg: Nikol, S. 143.
351
Vgl. Brinkhus (2007), S. 31.
352
Vgl. Klinge (2016), S. 146.
77
Tiefbauweise sollten spezielle Anlagen für Mütter, Kinder und Krankenhäuser gebaut werden. Auch
der SHD und der LS-Warndienst sollten in den Bau einbezogen werden. Aufgrund wirtschaftlicher As-
pekte musste jedoch massiv eingespart werden, sodass nur ausgewählte Städte I. Ordnung und beson-
ders relevante Gemeinden berücksichtigt wurden. Wegen der nach wie vor bestehenden beschränkten
Rohstoffversorgung mit Eisen, Holz und Beton entschieden die Verantwortlichen, den Bau in mehreren
Wellen durchzuführen. Die erste und größte Welle umfasste 61 Städte und Gebiete mit insgesamt ca.
20 Millionen Einwohnern. Schließlich entstanden bis Ende 1941 gerade einmal 839 Bunker. Im Sommer
1941 begannen die Arbeiten der zweiten Welle, die 889 Bunker vorsah, davon war aber bis Ende Jänner
1942 die Hälfte noch nicht fertiggebaut. Aus den Erfahrungen der alliierten Bombenangriffe musste
man in der zweiten Welle die Stärke von Wänden und Decken erheblich verstärken, was zu einem
erhöhten Verbrauch von Beton führte. Im Mai 1943 musste aufgrund des verstärkten Bombenkriegs
ein neues Zusatzprogramm, die dritte Welle, in Angriff genommen werden. Dieses sollte vor allem
kriegswichtige Luftschutzorte II. Ordnung erfassen; hauptsächlich war die Errichtung materialsparen-
der Luftschutzstollen vorgesehen.353

Bis Mitte 1943 konnte man in 76 Städten insgesamt nur etwa 2.000 Bunker fertigstellen, oft durch
sowjetische Kriegsgefangene gebaut. Die rund 5 Millionen Kubikmeter Beton machten nur die Hälfte
jener Menge aus, die der Errichtung des Atlantikwalls diente. Die Bevölkerung konnte dadurch bei
Weitem nicht ausreichend geschützt werden: Durchschnittlich fanden 5 % in den höchstgefährdeten
Städten Schutz in Bunkern. Die überwiegende Mehrheit musste Schutz in Kellern, Stollen oder Split-
terschutzgräben suchen.354 Ein Scheitern des 1940 begonnenen Sofortprogramms lässt sich bereits im
zweiten Jahr nach Beginn feststellen, da die erforderlichen Rohstoffe und Arbeitskräfte im benötigten
Umfang nicht mehr zur Verfügung standen. Ebenso wenig war der Plan einer provisorischen Unter-
bringung von ausgebombten Obdachlosen erfolgreich, der Bedarf konnte in keiner Weise gedeckt wer-
den.355

Der mangelnde Schutz der Bevölkerung und die ständig zunehmenden Bombenangriffe führten zu ei-
ner anhaltenden Vertrauenskrise, der Hitler nichts entgegenzusetzen hatte, so sehr er auch den wei-
teren Ausbau von Bunkeranlagen forderte. Der Großteil der Zivilbevölkerung erlebte den Bombenkrieg
nicht in Bunkern, sondern in ihren eigenen Luftschutzkellern. Wegen des Einsatzes von Brandbomben

353
Vgl. ebda.
354
Vgl. Müller, R. (2004), S. 134.
355
Vgl. Blank (2004), S. 358.
78
boten diese jedoch kaum mehr Schutz, die Menschen mussten in die wenigen Bunker und Stollen flüch-
ten, wo die Überbelegung zu unerträglichen Zuständen führte.356 Eine drei- bis fünffache Überbele-
gung war dabei die Regel, die hygienischen Verhältnisse und die medizinische Versorgung waren oft-
mals eine Katastrophe.357

Neben dem Führer-Sofortprogramm verfügte Hitler im Oktober 1940 eine weitere Maßnahme, die vor-
wiegend zur Beruhigung der Bevölkerung beitragen sollte: die Kinderlandverschickungen. Es entsprach
bereits der Tradition, Stadtkinder zur Sommerfrische in ländliche Regionen zu schicken, diesmal sollte
dies zu Evakuierungszwecken geschehen. Das unter dem Begriff Erweiterte Kinderlandverschickung an-
geordnete Programm sorgte nach Goebbelsʼ Einschätzung für eine Stimmungskrise im deutschen Volk.
Dieses erkannte anscheinend sofort, dass die verlängerte Verschickung nichts anderes als eine Zwangs-
evakuierung darstellte. Diese Aktion stand in starkem Kontrast zur ständigen Propaganda zur militäri-
schen Überlegenheit des Deutschen Reichs.358

Die Beschwernisse des Krieges machten sich auch bei der Bevölkerung in Österreich bemerkbar. Die
Hausluftschutzgemeinschaften mussten die ständig neuen Anordnungen aus Berlin befolgen, kontrol-
liert wurde dies von Luftschutz- und Blockwarten. Die strengen Luftschutzwarte waren in der Bevölke-
rung meistens unbeliebt, da sie durch ihre Funktion in den privaten Bereich eindringen konnten. Sie
bestimmten zudem die Ordnung in den Luftschutzkellern. Darüber hinaus wurde die zivile Bevölkerung
rigoros zum Luftschutzdienst herangezogen, die Heimatfront mutierte im Sinne der Propaganda zur
Luftschutzfront. Mit den zahlreichen neuen Anweisungen fühlten sich viele Menschen überfordert; in
Besprechungen mit den Behörden entlud sich der Frust oft in Form hitziger Konfrontationen.359 Als der
Luftkrieg die Städte der „Ostmark“ erreichte, musste auch hier das Luftschutz-Bauprogramm ausge-
weitet werden. In Wien waren die Behörden dazu angehalten, eine totale Verbunkerung durchzufüh-
ren, dies war realistisch betrachtet kaum zu bewältigen.360

Ebenso nahmen die organisatorischen Maßnahmen im Verlauf des Krieges immer mehr zu. Mittels
eigener Luftschutzmappen, die für jedes Gebäude anzulegen waren, sollten die Luftschutzwarte sämt-
liche für den Luftschutz relevanten Informationen über das jeweilige Haus festhalten. In diesen Map-
pen mussten unter anderem die Keller mit den Luftschutzräumen, Mauerdurchbrüche, Notausstiege,

356
Vgl. Müller, R. (2004), S. 135.
357
Vgl. Klinge (2016), S. 149.
358
Vgl. Klee, Katja (1999): Im „Luftschutzkeller des Reiches“. Evakuierte in Bayern 1939–1953: Politik, soziale
Lage, Erfahrungen. München: Oldenbourg (= Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 78), S. 44f.
359
Vgl. La Speranza (2019), S. 76.
360
Vgl. ebda., S. 78.
79
Wasser- und Gashaupthähne, die Namen aller dort wohnhaften Personen, deren Berufe, Geburtsjahr-
gänge, Funktionen im Luftschutz (z.B. Laienhelfer, Sanitäter etc.) und eine Auflistung der Geräte für
den Luftschutz verzeichnet werden.361

Zur Schätzung der Entfernung anfliegender Bomberverbände hatte der Luftschutzwart im Luftschutz-
raum eine Übersichtskarte anzubringen. Ausgehend von der jeweiligen Stadt, war der geographische
Raum in konzentrische Kreise und Sektoren eingeteilt, die Position der Flugzeuge konnte laufend mit-
tels der Radiomeldungen des Luftschutz-Warndienstes verfolgt werden.362 Die Positionsmeldungen
aus dem Radio bezogen sich dabei nie auf konkrete Orte, sondern nur auf die auf der Karte verzeich-
neten Zahlen, die die im Keller Versammelten erst auf der Karte lokalisieren mussten. Der Grund dafür
war die Angst vor feindlicher Abhörung.363

Abbildung 9: Übersichtskarte für den Einflug feindlicher Flugzeuge.

361
Vgl. ebda., S. 76.
362
Vgl. ebda., S. 80.
363
Vgl. Nestroy, Othmar (2020): Es rissen alle Stricke – doch wir überlebten. Episoden aus der Kriegs- und Nach-
kriegszeit in Wien in einer nicht streng chronologischen Abfolge. Graz: Verlag der Technischen Universität Graz
(= Archiv und Bibliothek der TU Graz 5), S. 45.
80
Der durch die zunehmenden Angriffe steigenden Kriegsmüdigkeit der Bevölkerung war sich Goebbels
bewusst, dies zeigt zum Beispiel ein Tagebucheintrag nach einem verheerenden Luftangriff auf Wup-
pertal:
„Wir haben dort schon über 2000 Tote zu verzeichnen. Es handelt sich um den, was die Menschenverluste
anbelangt, schwersten Angriff, den wir bisher zu erleiden hatten. […] Ich halte heute jede deutsche Stadt
für angreifbar. Die Engländer und Amerikaner besitzen so vorzügliche technische Instrumente, daß es ge-
radezu lächerlich wirkt, wenn wir abends bei Einflügen die Rundfunksender abschalten, damit die engli-
schen Flugzeuge, wie wir glauben, Berlin oder Leipzig oder Köln nicht finden könnten. […] Die Berichte der
Reichspropagandaämter sprechen nicht nur von einem Stimmungs-, sondern auch von einem Haltungs-
einbruch, der nun große Teile des deutschen Volkes umfasse. Insbesondere wird das aus Bochum und
anderen Städten, die letzthin Luftangriffe haben über sich ergehen lassen müssen, gemeldet. Dort mache
sich vor allem in den Nächten ein ziemlich weitgehender Kriegsdefaitismus in den Bunkern bemerkbar. Er
dauere zwar nicht länger als die Nacht selbst an, sei aber doch sehr beachtlich als Symptom des augen-
blicklichen Zustandes des deutschen Volkes. Die Siegeszuversicht sei allgemein ins Schwinden gekom-
men.“364

6.2 Der Interministerielle Luftkriegsschäden-Ausschuss


Die gesetzliche Regelung des Luftschutzes stützte sich bis 1941/42 im Wesentlichen auf das Luftschutz-
gesetz mit seinen Durchführungsverordnungen; die Intensivierung des Luftkrieges machte allerdings
weitreichende Veränderungen und eine Neuorganisation notwendig. Bisher erfolgten die Versorgung
der Bevölkerung und der Einsatz der Hilfsmannschaften über die zuständigen Polizeiverwalter. Der so-
genannte 1.000-Bomber-Angriff auf Köln am 30./31. Mai 1942 markierte aber eine Wende.365

Seit der NS-Machtergreifung lag der zivile Luftschutz in der Hand Görings und des RLM. Mit der Aus-
dehnung des Luftkrieges stand die bisherige Organisation, die zwischen Polizei, Luftwaffe und kommu-
nalen Behörden aufgeteilt war, aber unter Belastungen, denen sie kaum standhalten konnte. Bren-
nende Städte wie Lübeck, Rostock oder Köln und die Kritik an der passiven Haltung des RLM führten
zu immer lauteren Rufen nach neuen Strukturen. Im Mai 1942 gab es erste Versuche von RLM, Reich-
sinnenministerium, Reichskanzlei und Propagandaministerium, die unklaren Befehls- und Organisati-
onsstrukturen neu zu gliedern.366

Der stellvertretende Gauleiter von Düsseldorf, Carl Overhues, stellte in einem Bericht an die Partei-
Kanzlei die Defizite der Koordinierung nach Luftangriffen sowie jene der Evakuierungsmaßnahmen be-
sonders vernichtend dar. Er forderte den Leiter der Partei-Kanzlei, Martin Bormann, dazu auf, endlich
die Initiative für wirkungsvolle und zentrale Maßnahmen zu ergreifen. Overhues lieferte konkrete Vor-

364
Reuth, Ralf Georg (Hrsg.) (1992): Joseph Goebbels Tagebücher. Band 5: 1943–1945. Orig.-Ausg. München:
Piper (= Serie Piper 1515), Eintrag vom 5. Juni 1943, S. 1936.
365
Vgl. Blank (2004), S. 391.
366
Vgl. Süß, Dietmar (2006): Steuerung durch Information? Joseph Goebbels als „Kommissar der Heimatfront“
und die Reichsinspektion für den zivilen Luftschutz. In: Rüdiger Hachtmann; Winfried Süß (Hrsg.): Hitlers Kom-
missare. Sondergewalten in der nationalsozialistischen Diktatur. Göttingen: Wallstein (= Beiträge zur Geschichte
des Nationalsozialismus 22), S. 183–206, hier S. 187.
81
schläge zum Schutz der Bevölkerung: Neben Maßnahmen vor Ort sollten administrativ alle verfügba-
ren Wohnräume auf Reichsebene erfasst werden, um die Voraussetzung einer zentralen Koordinierung
bei einer Evakuierung zu schaffen. Frauen und Kinder würden dadurch ein weiter entferntes Ausweich-
quartier erhalten, während in der Industrie arbeitende Personen eine Ersatzunterkunft möglichst nahe
am Arbeitsort erhalten sollten. Weiters sah er eine zentrale Koordination der Luftschutzpolitik als bes-
sere Lösung als die bisherige Vorgehensweise an. Bisher setzten sich jeder Gau und jede Stadt einzeln
mit den infrage kommenden Reichsstellen in Verbindung und jede Stelle entschied ihre Vorgehens-
weise selbst.367 Die regionalen Initiativen der betroffenen Städte scheiterten seiner Meinung jedoch
an den Zuständigkeitsgrenzen der Gaue und Wehrkreise. Laut Overhues war der Höhepunkt des Krie-
ges noch nicht erreicht. Er schlug deswegen einen Strategiewechsel hin zu einer zentralen Hilfesteue-
rung vor. Diese sollte in Form einer Zentralstelle auftreten, die als Anlaufstelle für alle Behörden und
Parteiapparate fungiert und Maßnahmen gegen Feindeinwirkungen trifft.368

Bei Vorbereitungen auf Luftangriffe musste die mit hinreichenden Vollmachten ausgestattete Stelle
tätig werden, die die Koordination der Krisenbewältigung der Regionen und Städte übernehmen
konnte. Da immer wieder Probleme mit der Bereitstellung von Gütern wie Pappe, Dachziegel, Glas
oder Schläuchen auftraten, sollte die Zentralstelle die Güterverteilung organisieren und gleichzeitig die
eingesetzten Arbeitskräfte lenken. Städte, die vom Luftkrieg bisher verschont geblieben waren, sollten
ihre Vorräte der betroffenen Region zur Verfügung stellen.369

Die verursachten Schäden nahmen ein derart großes Ausmaß an, dass die betroffenen Städte selbst
bei Ausschöpfung sämtlicher verfügbarer Mittel unmöglich weiterhin die Katastrophen bewältigen
konnten. Die zuständigen regionalen Stellen baten vielfach um Hilfe bei verschiedenen Reichsbehör-
den. Daraufhin erfolgte nach einigen Vorbesprechungen der Ministerien im Jänner 1943 die Gründung
des Interministeriellen Luftkriegsschäden-Ausschusses (ILA). Sämtliche bevollmächtigten Vertreter der
obersten Reichsbehörden, die bei der Beseitigung von Luftkriegsschäden mitwirkten, gehörten dem
Ausschuss an. Dazu kamen die zugehörigen Zentralorganisationen. Zum ILA gehörten: das Reichsmi-
nisterium des Innern, das Reichswirtschaftsministerium, das Reichsministerium für Ernährung und
Landwirtschaft, das Reichsverkehrsministerium, das Reichspostministerium, das Oberkommando des
Heeres, das Reichsluftfahrtministerium, das Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion, das
Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, das Reichsfinanzministerium, die
Reichsgesundheitsführung, der Reichsarbeitsdienst, die NS-Volkswohlfahrt, die Reichsjugendführung,
die Partei-Kanzlei, der Generalbevollmächtigte für die Bauwirtschaft, der Generalbevollmächtigte für

367
Vgl. Klee (1999), S. 98.
368
Vgl. Süß (2006), S. 187.
369
Vgl. ebda., S. 188.
82
die Energiewirtschaft, der Reichslastenverteiler, die Organisation Todt und das Statistische Reich-
samt.370

Ursprünglich sollte Wilhelm Frick als Reichsminister des Innern den ILA leiten, nachdem er aber darauf
verzichtet hatte, ernannte Hitler Goebbels zum Vorsitzenden des ILA.371 Goebbels erhielt im Vorfeld
Unterstützung durch Albert Speer und Reichskanzlei-Chef Hans-Heinrich Lammers, während Martin
Bormann sich für Robert Ley, den Reichskommissar für Wohnungsbau, einsetzte.372 Der ILA verfügte
zwar über keine legislative Funktion, für Goebbels jedoch war diese Stelle in der Innenpolitik sehr wich-
tig. Durch die steigende Luftbedrohung stieg auch die Bedeutung seiner Position, da sie weit über die
Steuerung der Propaganda hinausging. Dadurch konnte sein Ministerium, in dem der ILA angesiedelt
war, deutlich mehr Einfluss erlangen.373

Eine der wichtigsten Aufgaben des ILA war es, Städte nach Luftangriffen zu Schadensgebieten zu er-
klären, was die Voraussetzung für die Hilfeleistungen und eventuelle Evakuierungen war. Vorauspla-
nend entwickelte der ILA umfangreiche Einsatzpläne für Organisationen wie die Nationalsozialistische
Volkswohlfahrt, die NS-Wohlfahrtsorganisation, die betroffene Gebiete rasch unterstützen sollten.374
Nach Bombenangriffen erfolgte über den ILA der Einsatz motorisierter Hilfszüge mit Lebensmitteln,
Kleidung, Gegenständen des täglichen Bedarfes, mobilen Werkstätten und Küchen. Die Vollmachten
berechtigten sogar zur Beschlagnahmung von Wehrmachtlagern, um die Notversorgung sicherzustel-
len.375 Durch seinen direkten Kontakt mit den betroffenen Gebieten saß der Ausschuss an der Quelle
zu wichtigen Informationen auf dem Gebiet des Luftschutzes. Diese teilte er mit seinen Mitgliedern
und initiierte somit einen Erfahrungsaustausch.376

Die Vertreter der einzelnen Behörden und Organisationen im Ausschuss erhielten die Befugnis, be-
schlossene Maßnahmen mit allen Mitteln und mit größter Schnelligkeit zur Durchführung zu bringen
und die Ausführung zu überwachen. Von ihnen verlangte man ständige Erreichbarkeit, egal ob bei Tag
oder bei Nacht. Da die Bevollmächtigten diese Vorschrift streng einhielten, konnte betroffenen Städ-
ten rasch Hilfe geleistet werden. Die zuständigen Einsatzleiter merkten bald, dass ihre Ersuchen um
Hilfsmaßnahmen schnell und zuverlässig erledigt wurden. Als Vertreter der Behörden fungierten
hauptsächlich erfahrene Beamte im Rang von Ministerialräten, als Beauftragte der Wehrmacht Stabs-

370
Vgl. Hampe (1963), S. 607.
371
Vgl. Blank (2004), S. 391.
372
Vgl. Süß (2006), S. 188.
373
Vgl. ebda., S. 189.
374
Vgl. Brinkhus (2010), S. 134.
375
Vgl. Blank (2004), S. 391.
376
Vgl. Brinkhus (2010), S. 134.
83
offiziere und als Vertreter der sonstigen Organisationen meistens die Stellvertreter der Leiter und be-
sonders erfahrene Abteilungsleiter.377 Die enge Zusammenarbeit der Behörden führte zu einem Zu-
sammenhalt der Mitglieder, Kompetenzstreitigkeiten klammerte man ausdrücklich aus. Die normaler-
weise gegeneinander intrigierenden Parteien verbanden sich zum Zweck der Hilfeleistung, die negati-
ven Auswirkungen der NS-Polykratie mit ihren Machtkonflikten traten in diesem Fall nicht auf. Gleich-
zeitig untergrub der Ausschuss aber die bisherige Führungsstruktur des Luftschutzes, da er in die Kom-
petenzen des RdL und ObdL eingriff.378

Nicht zuletzt durch Goebbelsʼ Einfluss entwickelte sich der ILA zu einem zentralen Instrument auf
Reichsebene zur Lenkung der überregionalen Hilfeleistung. Im Zuge seiner Tätigkeiten stellte Goebbels
jedoch fest, dass eine ständige Überprüfung der Luftschutzmaßnahmen und der Vorbereitungen auf
den Bombenkrieg im ganzen Reichsgebiet dringend notwendig war. Nach Beginn der schweren Luft-
angriffe auf Berlin im November 1943 konsultierte er zum Beispiel den von ihm geschätzten Gauleiter
und Luftkriegsexperten Albert Hoffmann, der in Fragen der Evakuierung von Bevölkerungsteilen aus
Luftkriegsnotgebieten und der Menschenführung im Krieg als kompetenter Fachmann galt. Hoffmann
reiste auf Veranlassung Goebbelsʼ nach Wien, um die getroffenen Luftschutzmaßnahmen und Vorbe-
reitungen vor Ort zu überprüfen. Sein Bericht über die festgestellten Unzulänglichkeiten war nieder-
schmetternd, sodass Goebbels gegen Gauleiter Baldur von Schirach, der bereits bei Hitler in Ungnade
gefallen war, intrigieren konnte.379

6.3 Die Reichsinspektion für zivile Luftkriegsmaßnahmen


Neben dem ILA entstand per Führer-Erlass vom 21. Dezember 1943 die Reichsinspektion zur Durchfüh-
rung ziviler Luftkriegsmaßnahmen.380 Mit der Leitung beauftragte Hitler erneut Goebbels, der seinen
Einfluss gegenüber Göring ausbauen konnte. Göring war durch die Versäumnisse im Luftschutz bereits
angeschlagen und verlor nach und nach an Bedeutung in diesem Sektor. Als der RLB gegen Ende des
Krieges aus dem RLM aus- und in die NSDAP eingegliedert wurde (da diese das Feld der Menschenfüh-
rung beanspruchte), verlor Göring zwar einen erheblichen Machtfaktor, doch stellte diese Maßnahme
eine Entlastung für ihn dar, da er mit anderen Aufgaben ausgelastet war.381 Bereits mit Kriegsbeginn
erlitt Görings RLB eine Schwächung, da seine Mitglieder fortwährend Einberufungen zur Wehrmacht
erhielten. Schließlich eignete sich im Juli 1944 die NSDAP die Zuständigkeit für den Selbstschutz an und
stufte den RLB zu einer betreuten Organisation herab, die auf der jeweiligen Ebene dem Gau-, Kreis-

377
Vgl. Hampe (1963), S. 608.
378
Vgl. Brinkhus (2007), S. 35.
379
Vgl. Blank (2004), S. 393.
380
Vgl. Erlass des Führers über die Einrichtung einer Reichsinspektion der zivilen Luftkriegsmaßnahmen. Vom
21.12.1943. In: Moll (2011), S. 380.
381
Vgl. Hampe (1963), S. 251.
84
oder Ortsgruppenleiter unterstand. Der Machtverlust des RLM im zivilen Luftschutz stellte das Ende
eines Prozesses dar, der in den Kriegsjahren schrittweise vonstattenging. Gau- und Kreisleitungen
mischten sich in vielen Orten in den Luftschutz ein und höhlten somit die Zuständigkeit des RLB aus.
Dazu kamen zahlreiche Erlasse der Partei-Kanzlei, die anderen NS-Organisationen umfangreiche Hand-
lungsmöglichkeiten einräumten, jedoch Rahmenbedingungen wie die Finanzierung oder Zuständigkei-
ten, etwa von RLB, Polizei oder Gemeinden, ausklammerten.382

„Die Partei übernimmt die Führung des Selbstschutzes, die Mobilisierung aller einsatzfähigen Kräfte, den
Ausbau der Organisation und den praktischen Einsatz im Schadensfall. Hierbei sind die luftschutztechni-
schen Weisungen des RMdL zu berücksichtigen. […] Die ‚Selbstschutz-Einheiten‘ unterstehen führungs-
und einsatzmäßig dem jeweiligen Hoheitsträger der NSDAP. […] Die Führung der einzelnen Selbstschutz-
Einheiten übernehmen geeignete Persönlichkeiten (z.B. Politische Leiter, Gliederungsführer, Parteigenos-
sen oder Gliederungsangehörige). […] Der Erweiterte Selbstschutz bleibt dem Örtlichen Luftschutzleiter
unterstellt. […] Die dem RLB übertragenen Aufgaben im erweiterten Selbstschutz sind weiterhin wahrzu-
nehmen.“383

Auch auf höchster Ebene wurde der RLB der NSDAP unterstellt, die dadurch gegenüber dem Präsidium
weisungsbefugt wurde; gleichzeitig konnte Göring weiterhin in den technischen Fragen Anordnungen
geben: „Das LS-Präsidium untersteht dem Leiter der Partei-Kanzlei. In luftschutztechnischen Fragen
ergehen Weisungen des Reichsministers der Luftfahrt an das RLB-Präsidium.“384

Im Erlass zur Schaffung der Reichsinspektion hielt Hitler fest, dass die Aufgaben des RdL und ObdL
davon zwar nicht berührt werden, was aber dennoch zu einem störenden Faktor im RLM führte. Die
Überprüfungen der Reichsinspektion sorgten zum Beispiel für Eingriffe in die Ausrüstung der Luft-
schutzorte, die bereits seit Langem durch den RdL und ObdL planmäßig erhoben und geregelt wurden.
Die Informationen und Vorschläge der Reichsinspektion erhielt Hitler direkt durch Berichte von Goeb-
bels, Änderungswünsche des RLM berücksichtigte man nur teilweise.385

Der Einfluss des RLM schwand nicht nur bei der direkten Menschenführung in Gestalt des RLB, sondern
auch bei der Aufsicht über den baulichen Luftschutz, also über den Bau von Bunkern, die Nutzung von
Luftschutzräumen etc. Das RLM hatte sein Handeln mit einer weiteren einflussreichen Persönlichkeit
abzustimmen, dem Generalbeauftragten für die Regelung der Bauwirtschaft. Fritz Todt und sein Nach-
folger Albert Speer konnten dadurch alle Baustoffe verwalten und nach ihrem Dafürhalten anderen

382
Vgl. Brinkhus (2010), S. 135.
383
BAD NS 6/347, Bl. 145–147 vom 24. August 1944: Anordnung 200/44: Ausführungsbestimmungen zu dem
Erlaß des Führers vom 25. Juli 1944. Selbstschutz – Führung und Konzentration der zivilen Abwehrkräfte im Luft-
krieg. Digitalisiertes Archivgut.
384
BAD NS 6/347, Bl. 148 vom 24. August 1944: Anordnung 201/44: Ausführungsbestimmungen zu dem Erlaß
des Führers vom 25. Juli 1944 über den Reichsluftschutzbund. Digitalisiertes Archivgut.
385
Vgl. Hampe (1963), S. 252.
85
Organisationen zuteilen. Durch den 1942 ernannten Reichswohnungskommissar Ley entstand eine
weitere Zuständigkeit, da sein Betätigungsfeld sich ebenso mit dem Luftschutz (etwa in der Frage der
Unterkunftsmöglichkeiten und des Wohnungshilfswerks) überschnitt.386 Goebbels befürwortete eine
Übernahme der Luftwaffenrüstung durch Speer, da er diese an „allen Ecken und Enden“ stocken sah.387
Hitler war das völlige Versagen Görings auf diesem Gebiet ebenfalls bekannt.388

Die Reichsinspektion zur Durchführung ziviler Luftkriegsmaßnahmen hatte die Aufgabe, alle örtlich ge-
troffenen Maßnahmen zur Bekämpfung von Luftkriegsschäden zu überprüfen. Sollten Verbesserungen
notwendig sein, mussten diese nach den neuesten Erkenntnissen aus dem Luftkrieg unter Mitwirkung
der örtlich verfügbaren Kräfte umgesetzt werden. Neben dem von Goebbels selbst vorzuschlagenden
Stellvertreter musste jeweils ein Beauftragter vom Reichsminister und Chef der Reichskanzlei, vom
Chef der Partei-Kanzlei, vom ILA, vom Reichsführer-SS, vom Reichsminister des Innern und vom Reich-
minister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe zur Reichsinspektion abgeordnet wer-
den.389

Im Unterschied zum ILA entwickelte sich die Reichsinspektion zu einem Ort, an dem die Machtkonflikte
offen ausgetragen wurden. Besonders die Frage, welche Informationen in den Berichten für Hitler ent-
halten sein sollten, war sehr umstritten. Statt kurzen und prägnanten Informationen erhielt Hitler
stattdessen unwichtige Ratschläge, die vor allem seine persönlichen Vorlieben ansprachen. So gab es
zum Beispiel die Empfehlung, Schützengräben für das Festspielhaus in Bayreuth anzulegen, da Hitler
ein großer Liebhaber der Wagner-Festspiele war. Eine sachliche und unvoreingenommene Berichter-
stattung war aus diesem Grund nicht gegeben, vielmehr diente die Reichsinspektion neuerlich als Bei-
spiel der NS-Polykratie und des Werbens der Beteiligten um Hitlers Anerkennung.390

Mit dem Fortschreiten des Krieges zersplitterte der Luftschutz immer weiter, eine Koordination und
Integration der zahlreichen und unterschiedlichen Zuständigkeiten, Entscheidungsträger und Pla-
nungszentren lässt sich nicht feststellen. Einen weiteren Höhepunkt stellen die Auflösung der L In 13
und die Entlassung ihres Leiters Kurt Knipfer im August 1944 dar, der von Hitler persönlich abgesetzt
wurde. Die Entscheidung Hitlers erfolgte wahrscheinlich wieder durch Beeinflussung von Goebbels,
der Knipfer ablehnend gegenüberstand. Damit verlor die Luftwaffe den Großteil ihrer Federführung.
Bis Kriegsende gab es eine Vielzahl wechselnder politischer Akteure, die weiterhin unkoordiniert ne-
ben- und gegeneinander agierten.391 Insgesamt herrschte in den Jahren bis 1945 vor allem im Krieg ein

386
Vgl. Brinkhus (2010), S. 135.
387
Vgl. Reuth (1992): Eintrag vom 6. Februar 1944, S. 1981.
388
Vgl. ebda., Eintrag vom 4. März 1944, S. 2008.
389
Vgl. Moll (2011), S. 380.
390
Vgl. Brinkhus (2007), S. 37.
391
Vgl. Brinkhus (2010), S. 136.
86
unübersehbares Chaos an Kompetenzen. Der Aufbau des NS-Regimes bestimmte auch seinen Grund-
charakter: Anstatt einer wechselseitigen Abstimmung auf der Basis der legalen Verfassung gab es ein
fortdauerndes Gerangel um die Gunst Hitlers und die entsprechenden Sondervollmachten.392

7. Die Feuerwehr im Luftschutz


Wie viele andere Organisationen hatte auch die Feuerwehr in der Zeit unmittelbar nach dem Ersten
Weltkrieg mit schweren Problemen zu kämpfen. Die Kriegsverluste bedingten einen starken Rückgang
der Mitgliederzahlen, darüber hinaus hatten viele Zurückgekehrte vom militärischen Drill und den Uni-
formen genug. Die schlechte wirtschaftliche Situation wirkte sich vor allem auf die Mitgliedschaft von
traditionell stark vertretenen sozialen Schichten aus: Handwerker und Kaufleute waren in der Nach-
kriegszeit kaum mehr zum Eintritt zu bewegen. Erst durch den Versailler Vertrag erhöhten sich die
Mitgliederzahlen, da die Feuerwehr mit ihren militärischen Strukturen jenen einen Ersatz bot, die von
der Beschränkung des Heeres auf 100.000 Mann betroffen waren. Die Mentalität blieb soldatisch, eine
Demokratisierung fand in den Reihen der Feuerwehren keine Anhänger. Vielmehr rühmte man sich
der Heldentaten im Krieg, die militärischen Werte und Traditionen sollten zum erzieherischen Vorbild
der Jugend werden.393

Organisiert waren die Freiwilligen Feuerwehren bis 1934 als nicht rechtsfähige Vereine, die in ihrer
Stadt oder Gemeinde den Feuerschutz übernahmen. Im gesamten Reich gab es dadurch keine Einheit-
lichkeit, egal ob bei der Uniformierung oder den verwendeten Geräten.394 Das Fehlen reichseinheitli-
cher Richtlinien verhinderte eine Angleichung der Feuerwehren, jede Wehr beschaffte jene Geräte, die
sie sich leisten konnte und die für ihre Zwecke geeignet schienen.395 In der Mehrzahl bildeten die Frei-
willigen Feuerwehren auf Kreisebene Verbände, die sich wieder in Provinzial- oder Landes-Feuerwehr-
verbände gliederten. An der Spitze der Gliederung stand der Deutsche Feuerwehr-Verband (DFV) (bis
1928 Deutscher Reichs-Feuerwehr-Verband), der bereits 1853 gegründet worden war.396

Auf der Seite der Berufsfeuerwehren standen als Vertreter der Reichsverein Deutscher Feuerwehrin-
genieure, der Verband Deutscher Berufsfeuerwehrmänner und die Fachgruppe Feuerwehr des Reichs-
bunds der Kommunalbeamten und -angestellten. Neben diesen einzelnen Vereinigungen gab es über-
greifende Zusammenschlüsse wie den Preußischen Feuerwehr-Beirat, der ein Beratungsgremium aus

392
Vgl. Lemke (2007), S. 75.
393
Vgl. Engelsing (1999), S. 114f.
394
Vgl. Schnell, Walter (2000): Abriß aus der Geschichte der Freiwilligen Feuerwehren 1933–1945. In: Hans Kern-
mayr (Hrsg.): Der goldene Helm. Werden, Wachsen und Wirken der Feuerwehren. 3. Aufl. Landsberg/Lech: eco-
med, S. 274–285, hier S. 274.
395
Vgl. Linhardt (2002), S. 32.
396
Vgl. ebda., S. 42.
87
Vertretern der Feuerwehrverbände und berufener Spezialisten beim Preußischen Innenminister war,
und die Arbeits- und Interessensgemeinschaft Deutscher Feuerwehrorgane.397

Trotz der Bemühungen der Verbände um eine Vereinheitlichung bestand vor allem im Gegensatz
Stadt-Land ein großes Gefälle der Ausstattung, Ausbildung und des Organisationsgrads. Während die
Berufsfeuerwehren in den Städten eigene Werkstätten hatten und ihre Fahrzeuge selbst kaufen konn-
ten, war die Motorisierung von Feuerwehren in ländlichen Gebieten durch den Ersten Weltkrieg und
die Inflation stark verzögert. Vor allem finanzielle Gründe waren die Ursache für das Ausbleiben ver-
bindlicher Normen, die eine Zusammenarbeit mehrerer Wehren deutlich erleichtert hätten. Die Ein-
führung einheitlicher Schlauchkupplungen und eine ökonomische Serienfertigung von Feuerwehrfahr-
zeugen sind nur einige der Vorschläge, die aufgrund der Investitionskosten abgelehnt wurden.398

Im Sommer 1932 erging schließlich aus Kreisen der Feuerwehr ein Vorschlag zum Aufbau einer Reichs-
feuerwehr auf Milizbasis. Die zuständigen Stellen lehnten den Vorschlag jedoch ab, da sie fanden, die
Feuerwehren sollten örtlich tätig sein und daher von örtlichen Behörden kontrolliert werden. Eine
Reichsfeuerwehr sei zu kostspielig, da sie komplett vom Reich finanziert werden müsse. Somit konnte
auch dieser Vorschlag keine Vereinheitlichung herbeiführen.399

Das ideologische Programm der Nationalsozialisten bot für die Feuerwehren viele Anknüpfungspunkte,
die in der Weimarer Republik nicht gegeben waren. Militärische Traditionen, Unterordnung, Einheit
der Gruppe, ein gemeinsames Ziel und das Postulat, zum Wohl der vaterländischen Sache über den
Parteien zu stehen, bildeten die Grundlagen der Verständigung.400 Als eine traditionell konservative
und patriotische Organisation erhofften sich die Wehren von der Herrschaft der Nationalsozialisten
einen Bedeutungsgewinn, der ihnen bisher vorenthalten geblieben war.401 Auch der zivile Luftschutz,
ein von den Nationalsozialisten stark besetztes Thema, bot eine Überschneidung mit der Feuerwehr.
Veranstaltungen der Feuerwehren, etwa Tagungen oder Vorstandssitzungen, dienten bald als Forum
für Befürworter des Luftschutzes aus Luftschutzvereinen, Ministerien und anderen Organisationen.402

Bei der Machtergreifung der Nationalsozialisten am 30. Jänner 1933 hofften viele Mitglieder, wieder
eine wichtige Rolle in der Gesellschaft einnehmen zu können. Die erwähnte Überparteilichkeit der Feu-
erwehren lässt sich auf die Absicht der aus dem liberalen Bürgertum stammenden Feuerwehrgründer

397
Vgl. ebda., S. 37.
398
Vgl. ebda., S. 32.
399
Vgl. Lemke (2005), S. 171.
400
Vgl. Engelsing (1999), S. 124.
401
Vgl. Klinge (2016), S. 91.
402
Vgl. Linhardt (2002), S. 38.
88
zurückführen, den Feuerwehrverein zu einem Ort der bürgerlichen Integration ohne traditionelle Stan-
desschranken zu machen.403 Von Überparteilichkeit im Sinne der Feuerwehrgründer war jedoch im
Programm der Nationalsozialisten keine Rede, die bisherigen Strukturen der Organisation sollten am
Gedankengut der NSDAP ausgerichtet werden. Darunter fielen unter anderem die einheitliche politi-
sche Ausrichtung mit dem Bekenntnis zum Nationalsozialismus, die Einführung des Führerprinzips und
die Militarisierung, die Verstaatlichung der Feuerwehren, die Vereinheitlichung von Ausrüstung und
Ausbildung und die Erreichung der Luftschutzfähigkeit.404

Nach dem Erlass des Ermächtigungsgesetzes drängte der DFV auf eine Selbstreinigung seiner Mitglied-
sorganisationen. Das Prinzip der überparteilichen Harmonie war zu Ende, da die Anhänger der Links-
parteien verfolgt und zu Landesverrätern gestempelt wurden. Den Ausschluss dieser Mitglieder recht-
fertigte man mit nationalem Interesse; man sah darin keine parteipolitische Einstellung, sondern viel-
mehr eine notwendige Pflicht im Interesse des Vaterlandes.405

Reichsinnenminister Wilhelm Frick erklärte am 22. Juni 1933 die Sozialdemokratische Partei Deutsch-
lands zu einer volksfeindlichen Partei und wies die Landesregierungen an, Maßnahmen gegen sie zu
treffen. Die in der Folge erlassene Verordnung zur Sicherung der Staatsführung sorgte unter anderem
dafür, dass SPD-Mitglieder keine staatsbürgerlichen Ehrenämter mehr ausüben durften.406 Dadurch
verloren die sozialdemokratischen Wehrführer ihre Ämter an der Spitze der jeweiligen Feuerwehr. Die
Mitgliedschaft von Sozialdemokraten sollte nur dann weiterbestehen dürfen, wenn sie das Vertrauen
sämtlicher Feuerwehrmitglieder genossen. Der im Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamten-
tums enthaltene Paragraph 3, der sogenannte Arierparagraph, sorgte ebenfalls für den Ausschluss
nicht arischer Mitglieder.407 Eine Ausnahme gab es für jene, die seit dem 1. August 1914 entweder
ununterbrochen Mitglieder der Wehr oder Frontkämpfer und/oder Freikorps-Soldaten gewesen wa-
ren.408

403
Vgl. Engelsing (1999), S. 92.
404
Vgl. Jarausch, Dieter (2004): Das Feuerwehrwesen im Deutschen Reich von 1933–45. Umorganisation des
Feuerwehrwesens aufgrund geänderter Gesetzgebung. In: Internationale Arbeitsgemeinschaft für Feuerwehr-
und Brandschutzgeschichte (Hrsg.): Brandschutz unter autoritären Regimes. Auswirkungen auf: die Organisati-
onsstrukturen, den Alltag, die Einsätze. 12. Tagung der Internationalen Arbeitsgemeinschaft für Feuerwehr- und
Brandschutzgeschichte mit Sitz in Pribyslav vom 6. bis zum 8. Oktober 2004 in Fulda, Hessen, Deutschland. Fulda:
o.V., S. 29–35.
405
Vgl. Engelsing (1992), S. 125.
406
Vgl. Verordnung zur Sicherung der Staatsführung. Vom 7. Juli 1933. Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer
Staatsanzeiger, Nr. 157 vom 8. Juli 1933, S. 1. Online verfügbar unter https://digi.bib.uni-mannheim.de/perio-
dika/reichsanzeiger/ausgaben/1933/5/157, zuletzt geprüft am 6.4.2021.
407
Vgl. Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums. Vom 7. April 1933. RGBl I, Nr. 34 vom 7. April
1933, S. 175–177, hier S. 175. Online verfügbar unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&da-
tum=1933&page=300&size=45, zuletzt geprüft am 6.5.2021.
408
Vgl. Engelsing (1992), S. 125.
89
Bereits im Mai 1933 war die Arbeits- und Interessensgemeinschaft Deutscher Feuerwehrorgane mit
einem Antrag an Hermann Göring an die Öffentlichkeit getreten. Darin ersuchte sie um eine Verein-
heitlichung des Feuerwehrwesens im ganzen Reich, gleichzeitig wies der Vorsitzende Adolf Ecker auf
die Bedeutung der Feuerwehren für den Luftschutz hin:

„Wenn wir uns so mit diesem Antrage an den Herrn Reichsminister für Luftfahrt wenden, so geschieht
dies in der Überzeugung, daß dortseits im Hinblick auf die Verbundenheit der Feuerwehrarbeit mit der
Regelung des Luftschutzes für die von uns angeschnittenen Frage ein besonderes Interesse bestehen
wird.“409

Dieser Antrag gab den Anstoß zur Auflösung der Feuerwehrverbände und zur Einführung des Führer-
prinzips in der Feuerwehr.410

„Das Feuerlöschwesen hat sich in den einzelnen Ländern, Provinzen, Städten und Landgemeinden sehr
verschieden entwickelt. Das Reich hat sich mit diesem Zweige des öffentlichen Dienstes bisher noch nicht
in nennenswertem Maße beschäftigt. […]
Wir erlauben uns daher, folgende Anregungen zu unterbreiten: a) Die Oberaufsicht über das Feuerlösch-
und Brandschutzwesen übernimmt das Reich.
b) Die Organisation der Freiwilligen Feuerwehren in Stadt und Land, die Einrichtung von Berufsfeuerweh-
ren in großen Städten und die Einrichtung von Werkfeuerwehren bei großen Industrieunternehmungen
bleiben in ihren Grundzügen in bisheriger Weise bestehen.
c) Die rechtliche Stellung, Beaufsichtigung, Unfallfürsorge und der gesetzliche Kostenaufwand für das Feu-
erlöschwesen werden einheitlich durch das Reich geregelt.
d) Zur verantwortlichen Mitarbeit der Feuerwehrorganisationen wird ein Reichs-Feuerwehr-Beirat (R.F.B.)
gebildet, der von dem zuständigen Reichsministerium gebildet wird.“ 411

Göring und die Reichsregierung waren sich allerdings bewusst, dass eine Einheitlichkeit nicht über die
Köpfe der Länder hinweg erreicht werden konnte.412 Für die Feuerwehren bedeutete die Herrschaft
der Nationalsozialisten einen großen Konkurrenzdruck. Parteiformationen wie SA, SS, NSKK oder Flie-
gerkorps warben um die Mannschaft, sodass viele Mitglieder nicht nur einer, sondern mehreren Orga-
nisationen angehörten. Darüber hinaus brachten die Parteiformationen den Feuerwehren Gering-
schätzigkeit und Missachtung entgegen, was vor allem zwischen der SA und der Feuerwehr zu offenen
Fehden führte. Vorwürfe wie unsoldatische Haltung führten zu einer strengen Handhabung des
Dienstbetriebs, vor allem auf das Exerzieren und das Auftreten legten die Wehrführer nun mehr
Wert.413 Es gab sogar die Überlegung, dass Feuerwehren bestimmten Parteiformationen angegliedert
werden sollten, was jedoch wieder verworfen wurde.414

Die Gleichschaltung aller Vereine und Verbände betraf auch die bisherige parteiliche Neutralität der
Feuerwehren. Kreisleiter der NSDAP traten an die Wehrführer heran und warben für einen Eintritt in

409
Vgl. Bürger, Albert (1983): Dokumentation über das Feuerwehrwesen in Baden-Württemberg. Geislingen an
der Steige: C. Maurer, S. 57.
410
Vgl. Blazek (2009), S. 18.
411
Vgl. Bürger (1983), S. 58.
412
Vgl. Blazek (2009), S. 20.
413
Vgl. Schnell (2000), S. 275.
414
Vgl. Jarausch (2004), S. 29.
90
die Partei, bei Verweigerung legte man ihnen den Rücktritt nahe. Da viele Wehrführer die Prinzipien
der NSDAP als dem Reich dienend empfanden, erklärten sie sich überwiegend zum Eintritt bereit. Auch
die Verwendung entsprechender Schlagworte wie Einer für alle, alle für einen zu nationalsozialistischen
Zwecken sah man in der Feuerwehr überaus positiv.415 Die politische Veränderung in den Freiwilligen-
und Berufsfeuerwehren lässt sich jedoch nicht verallgemeinern. In Industriestädten mit zahlreichen
sozialdemokratischen Mitgliedern verlief die Gleichschaltung sicher anders als in konservativ gepräg-
ten Beamtenstädten. Pauschal ist dies aber nicht feststellbar, es gab sowohl Zustimmung als auch Ab-
lehnung.416 Vor allem die Führung des DFV bemühte sich jedoch um die Gunst der neuen Machthaber;
zum Beispiel betonte der erste Vorsitzende des Verbandes „Eckert“ [sic, gemeint ist wahrscheinlich
Adolf Ecker], dass die „Wehren vorbehaltlos und freudig mit der neuen Zeit, mit SA. und SS. und Sani-
tätskolonne marschieren.“417

Als sich die Festigung der Macht der Nationalsozialisten abzeichnete, drängten viele Mitglieder der SA
in die Freiwilligen Feuerwehren, obwohl sie deren Organisation als Verein ablehnten. Dies geschah
auch in anderen Organisationen wie bei der Technischen Nothilfe oder beim Deutschen Roten Kreuz.
Da man die SA als Instrument der Agitation nicht mehr so stark wie vor der Machtergreifung benötigte,
gerieten viele Mitglieder in eine Sinnkrise. Um eine neue Betätigung zu finden, lenkten diese ihre Auf-
merksamkeit auf die genannten Organisationen, die sie nach und nach infiltrierten.418 Dabei kam es zu
zahlreichen Auseinandersetzungen. Die Berufsfeuerwehren gerieten ebenfalls in deren Strudel: Nach
dem Austausch der Führungskräfte musste die Mannschaft die NSDAP-Mitgliedschaft vorweisen kön-
nen, was zur vermehrten Einstellung von SA-Männern führte. Etwa ein Drittel der Leiter der Berufsfeu-
erwehren wurde im ersten Jahr nach der NS-Machtergreifung ausgetauscht.419 Eine Aufsichtsbehörde
ernannte die neuen Leiter, die ganz im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie tätig sein sollten.420
Gleichzeitig blieb die Missachtung bestehen, die besonders durch die Konkurrenz um die Mitglieder
ausgelöst wurde. In Folge dessen wandelte sich die anfängliche Zustimmung der Feuerwehren zum
Machtwechsel zu einem vorsichtigen Taktieren, äußerlich blieb man jedoch vollkommen angepasst.
Beispiele wie die Schicksale der deutschnationalen Parteien und Verbände veranschaulichten, dass es

415
Vgl. Schnell (2000), S. 275.
416
Vgl. Engelsing (1992), S.127.
417
Der 31. Badische Feuerwehrtag in Pforzheim (1933). In: Badischer Beobachter Nr. 215, Jg. 71 vom 14. August
1933, S. 3. Online verfügbar unter https://digital.blb-karlsruhe.de/blbz/periodical/pageview/2283179, zuletzt
geprüft am 7.5.2021.
418
Vgl. Linhardt (2002), S. 77.
419
Vgl. Jarausch (2004), S. 29.
420
Vgl. Schamberger, Rolf (2012): Feuerwehren im Nationalsozialismus. Manuskript zum Vortrag Stolpersteine.
Deutsches Feuerwehrmuseum. Fulda, 8. November 2012. Online verfügbar unter http://www.dfm-fulda.de/30-
ausstellung/PDF/Vortrag_Stolpersteine.pdf, zuletzt geprüft am 10.5.2021.
91
keine Garantie für Eigenständigkeit unter nationalsozialistischer Herrschaft gab. Die Anlehnung an die
Partei strebte man aus diesem Grund vor allem als Überlebensnotwendigkeit an.421

7.1 Das Preußische Gesetz über das Feuerlöschwesen


Im Sommer 1933 verkündete der Rundfunk, dass die preußische Regierung sich in Kürze des Feuer-
löschwesens annehmen und es auf eine neue Grundlage stellen werde. Der Großteil der Feuerwehr-
mitglieder nahm diese Nachricht freudig auf, da vor allem einheitliche und neue Ausrüstungsgegen-
stände und ein Bedeutungszuwachs erwartet wurden.422

Die Freiwilligen Feuerwehren waren als Vereine organisiert, die mit Staatsaufgaben betraut waren.
Diese bis dato staatlich kaum kontrollierte Institution sahen die neuen Machthaber als überholte Struk-
tur an, deren hoheitliche Befugnisse Überreste des Liberalismus darstellten. Alle öffentlichen Aufga-
ben sollten nach Ansicht der NSDAP wieder zurück an den Staat fallen, Tätigkeiten außerhalb seiner
Kontrolle duldete man nicht.423

Nach der Ankündigung im Rundfunk vergingen Monate ohne weitere Informationen, bis die preußi-
schen Feuerwehrverbände eine Einladung zu einer Versammlung nach Hannover erhielten, wo ein Mi-
nisterialbeamter über die beabsichtigte Gesetzesänderung berichtete.424 Schließlich erließ die NS-Re-
gierung für Preußen am 15. Dezember 1933 das Gesetz über das Feuerlöschwesen, das massiv in die
gewachsenen Strukturen der Feuerwehren eingriff. Es kam der Einheitlichkeit entgegen, die Organisa-
tion als Verein blieb noch bestehen. Die Freiwilligen Feuerwehren sollten verstaatlicht werden, das Ziel
bestand darin, die Feuerwehren durch zentrale gesetzliche Bestimmungen für ihre Rolle in einem Krieg
einsatzfähig zu machen. Mit der Änderung der bisherigen Rechtsgrundlage endeten auch die traditio-
nellen zivilrechtlichen Strukturen. Anstatt Wahlen ernannte nun wie zuvor bei den Berufsfeuerwehren
eine Aufsichtsbehörde die Wehrführer. Mitgliederversammlungen gab man zugunsten von Dienst-
oder Bataillons-Appellen auf, auf denen Beschlüsse und Befehle bekanntgeben wurden.425

Die Schaffung des Gesetzes begründete das Preußische Staatsministerium (unter Göring als Minister-
präsident) mit Mängeln der bisherigen Regelung des Feuerlöschwesens.426 Insgesamt 27 Paragraphen
in sechs Abschnitten regelten das Feuerlöschwesen komplett neu.

Abschnitt I des Gesetzes betrifft die örtlichen Feuerwehren. Das Wirkungsgebiet der Feuerwehr wird
laut § 1 dem des Ortspolizeibezirks angeglichen; besteht ein Bezirk aus mehreren Gemeinden, soll in

421
Vgl. Linhardt (2002), S. 78.
422
Vgl. Schnell (2000), S. 275.
423
Vgl. Engelsing (1992), S. 131.
424
Vgl. Schnell (2000), S. 275.
425
Vgl. Engelsing (1992), S. 131.
426
Vgl. Blazek (2009), S. 24.
92
jeder Gemeinde für genügenden Feuerschutz gesorgt werden. In § 2 wird die Zuständigkeit des Orts-
polizeiverwalters genannt, in seinem Auftrag haben die Feuerwehren Gefahren abzuwehren. § 3 regelt
die Organisation der Feuerwehr, demnach gibt es die Berufsfeuerwehr, die Freiwillige Feuerwehr und
die Pflichtfeuerwehr.427

§ 4 legt die Einstellung von Berufsfeuerwehrmännern für Gemeinden über 100.000 Einwohner fest,
die jeweilige Zahl der einzustellenden Personen ist von der Polizeiaufsichtsbehörde zu bestimmen.
Uniformierung, Ausbildung und Amtsbezeichnung der Berufsfeuerwehrmänner bleiben unter der di-
rekten Regelung des Ministers des Innern.428

§ 5 betrifft die Rechtsstellung der Freiwilligen Feuerwehren. Diese sind als Vereine deklariert, deren
Zweck in der Bekämpfung von Feuergefahren liegt. Vor der Anerkennung als Verein müssen jedoch die
Vereinssatzung von der Polizeiaufsichtsbehörde genehmigt und die erlassenen Vorschriften erfüllt
werden. Der Minister des Innern hat über die Ausbildung der Freiwilligen Feuerwehren, deren Unifor-
mierung und die Bezeichnung der Führer zu bestimmen. § 6 regelt die Bildung von Pflichtfeuerwehren,
die zu bilden sind, wenn die aufgrund der §§ 4 und 5 gebildeten Feuerwehren den örtlichen Verhält-
nissen nicht entsprechen. Hier entscheidet aber die Polizeiverordnung über die Rechte und Pflichten,
die Uniformierung und Ausbildung und nicht direkt der Minister des Innern.429

Abschnitt II regelt die Verbandsstruktur der Feuerwehren. Der Kreisfeuerwehrverband wird als Kör-
perschaft öffentlichen Rechts definiert, Gleiches gilt für den Provinzialfeuerwehrverband. Zusammen
bilden die Provinzialverbände den Feuerwehrbeirat, die Vorstandsmitglieder werden vom Minister des
Innern ernannt und abberufen. § 12 legt die Aufgaben des Beirats fest, diese umfassen unter anderem
die Beratung des Ministers des Innern und die Prüfung und Begutachtung von Feuerlöschgeräten.430
Der Feuerwehrbeirat erhielt vor allem die Aufgabe, Einheitlichkeit bei Geräten und Armaturen herzu-
stellen, was viele Feuerwehren schon oft gefordert hatten.431

Die Aufsicht über die Feuerwehrverbände regelt Abschnitt III. Diese wird im Kreisfeuerwehrverband in
Landstreifen vom Landrat, in Stadtstreifen vom Regierungspräsidenten und den vorgesetzten Polizei-
aufsichtsbehörden durchgeführt. In Berlin sind der Oberpräsident und der Minister des Innern selbst

427
Vgl. Gesetz über das Feuerlöschwesen. Vom 15. Dezember 1933. Preußische Gesetzsammlung, Nr. 79 vom 19.
Dezember 1933, S. 484–480, hier S. 484. Online verfügbar unter https://jbc.bj.uj.edu.pl/dlibra/publica-
tion/531087/edition/505424/content, zuletzt geprüft am 10.5.2021.
428
Vgl. ebda., S. 485.
429
Vgl. ebda.
430
Vgl. ebda., S. 486.
431
Vgl. Schnell (2000), S. 276.
93
für die Aufsicht zuständig, das Gleiche gilt für die Provinzialverbände; den Feuerwehrbeirat beaufsich-
tigt der Minister des Innern allein.432

Abschnitt IV geht auf die Ausrüstung der Feuerwehren ein. Die Gemeinde ist demnach für Löschgerät-
schaften, Ausrüstungsgegenstände, Alarmeinrichtungen und Gerätehäuser verantwortlich. § 17 legt
Vorschreibungen durch Polizeiverordnungen oder -verfügungen fest, demnach können u.a. die Bildung
von Werksfeuerwehren, die Bereitstellung von Löschwasser und Feuerlöschgeräten, der Zusammen-
schluss von Hausbewohnern zu Feuerlösch- und Luftschutzzwecken oder die Bereitstellung von Fahr-
zeugen vorgeschrieben werden.433

Abschnitt V hat das Verhalten in Brandfällen zum Inhalt. Darin wird die Leitung der Lösch- und Ret-
tungsarbeiten dem Wehrführer des Brandortes übertragen, wenn der Ortspolizeiverwalter oder des-
sen Stellvertreter nicht selbst die Leitung übernehmen. Weiters wird die nachbarschaftliche Hilfeleis-
tung der Feuerwehren geregelt. Grundeigentümer und -besitzer werden dazu verpflichtet, der Feuer-
wehr Zutritt zu gewähren und Wasservorräte und Geräte für die Löscharbeiten zur Verfügung zu stel-
len.434

Im letzten Absatz wird das Gesetz vom 21. Dezember 1904, das die bisherige Befugnis der Polizeibe-
hörden zum Erlass von Polizeiverordnungen im Brandfall regelte, außer Kraft gesetzt.435

Vom Gesetz unerwähnt blieben die Abschaffung der Wahlen und die Einführung des Führerprinzips.
Da es die Freiwilligen Feuerwehren explizit als Vereine deklarierte, entstand ein Konflikt mit dem Ver-
einsgesetz, das die Wahl der Führer forderte. Vereinzelt gab es deswegen Einsprüche gegen den recht-
lichen Status als Grundlage der Organisation, die auch im Rahmen der Landesverteidigung aktiv war.436
Für die Feuerwehren bürgerte sich aufgrund der Zuständigkeit des Ortspolizeiverwalters der Begriff
Feuerlöschpolizei ein, obwohl dieser im Gesetz nicht erwähnt ist.437

Da viele außerpreußische Feuerwehren die Bestimmungen des Gesetzes freiwillig übernahmen, kann
der Versuch als gelungen gelten. Zudem zogen viele andere Länder ohne eigene landesgesetzliche Re-
gelungen des Feuerwehrwesens nach und setzten in Erlassen die wichtigsten Bestandteile der preußi-
schen Gesetzgebung um. Damit konnten sich nationalsozialistische Ansichten wie Führerprinzip und
Gleichschaltung rasch in den Feuerwehren durchsetzen.438 Um das Gesetz auch in anderen Ländern

432
Vgl. Gesetz über das Feuerlöschwesen, S. 486.
433
Vgl. ebda., S. 487.
434
Vgl. ebda., S. 488.
435
Vgl. ebda.
436
Vgl. Schnell (2000), S. 277.
437
Vgl. ebda., S. 276.
438
Vgl. Engelsing (1992), S. 131.
94
rasch einführen zu können, übten die Nationalsozialisten Druck aus, was jedoch teilweise auf heftigen
Widerstand traf.439

Der gesetzlichen Umgestaltung folgte eine Änderung der bisherigen Uniformierung. Der Grundton war
Blau, Berufsfeuerwehren und Freiwillige Feuerwehren unterschied nur mehr die Farbe der Uniform-
spiegel.440 1935 führte man als Kopfschutz den Wehrmachtshelm mit Kamm und Nackenleder ein. 441
Vereinzelt erhielten Feuerwehrfahrzeuge die Aufschrift Feuerlöschpolizei, die rote Lackierung blieb je-
doch vorerst erhalten.442

Mit dem Erscheinen der Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Feuerlöschwesen erhielten
alle Kreis- und Provinzialverbände, sofern sie keine rechtsfähigen Vereine waren, die juristische Eigen-
schaft einer Körperschaft öffentlichen Rechts verliehen. Die Kreis- und Provinzialverbände, die rechts-
fähige Vereine waren, erhielten diese Einstufung nicht und sollten bis zu ihrer Selbstauflösung so ver-
bleiben.443

Für die Feuerwehren erarbeitete das Preußische Ministerium des Innern Mustersatzungen aus, die an
die Stelle der bisherigen Satzungen treten sollten. Die Einführung des Führerprinzips geschah nun of-
fiziell und verpflichtete zur bedingungsloser Treue gegenüber Hitler als oberstem Führer. Die Wahl der
Wehrführer schafften die Satzungen ab, ab nun sollten diese im Einvernehmen mit dem Ortspolizei-
verwalter und Kreisfeuerwehrführer vom Provinzial-Feuerwehrführer ernannt und abberufen werden
können.444 Durch diese Maßnahme erhielten nur mehr als geeignet geltende Personen die Möglichkeit
Wehrführer zu werden.

Da die Nationalsozialisten die Feuerwehr zu einer effizienten Organisation des Luftschutzes formen
wollten, galt es, weitere Voraussetzungen zur überörtlichen Hilfeleistung zu schaffen. Das größte Hin-
dernis stellten dabei die unterschiedlichen Schlauchtypen und Kupplungssysteme dar, die eine rasche
Löschwasserförderung verhinderten. Um dem entgegenzuwirken, setzte das Reichsinnenministerium
eine feuerwehrtechnische Normenstelle ein, die die Ausrüstung der Feuerwehren vereinheitlichen
sollte. Da das Reichsluftfahrministerium für den Luftschutz verantwortlich war, siedelte man die Nor-
menstelle dort an.445

439
Vgl. Blazek (2009), S. 26.
440
Vgl. Schnell (2000), S. 276.
441
Vgl. Jarausch (2004), S. 30.
442
Vgl. Blazek (2009), S. 27.
443
Vgl. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über das Feuerlöschwesen. Vom 1. Jänner 1934. Preußische
Gesetzsammlung, Nr. 2 vom 6. Jänner 1934, S. 10–11. Online verfügbar unter
https://jbc.bj.uj.edu.pl/dlibra/publication/531207/edition/505544/content, zuletzt geprüft am 13.5.2021.
444
Vgl. Blazek (2009), S. 28.
445
Vgl. ebda., S. 31.
95
Auch in den nichtpreußischen Ländern sollte die Vereinheitlichung vorangetrieben werden, dazu ar-
beitete das preußische Innenministerium einen Entwurf zur gesetzlichen Regelung für das Feuerlösch-
wesen im ganzen Reich aus. Die Vorschriften des preußischen Feuerlöschgesetzes sollten demnach auf
das ganze Deutsche Reich ausgeweitet werden. Zur Veröffentlichung dieses Entwurfs kam es jedoch
nie, da die Regierung zuerst die einheitliche Polizeiorganisation durch das Reichspolizeiverwaltungsge-
setz abwarten wollte, das mit anderen Organisationsgesetzen in Verbindung stand. Eine andere Mög-
lichkeit bot die Angleichung im Verwaltungsweg in Form des Gesetzes über den Neuaufbau des Reiches
vom 30. Jänner 1934. Eine wirkliche Reichseinheitlichkeit des Feuerwehrwesens konnte man aber erst
mit dem Gesetz über das Feuerlöschwesen vom 23. November 1938 erreichen.446

Zuvor erschien eine Reihe von Ministerialerlassen, die unter anderem den Mitgliederschwund in den
Reihen der Feuerwehren verhindern sollten. Da viele Kameraden den zahlreichen Parteiorganisationen
den Vortritt gaben, war die Mitgliederzahl stark gesunken. In einem Erlass wird angemerkt, dass es im
Interesse der Leistungsfähigkeit der Feuerwehren unerwünscht sei, dass Feuerwehrmänner gleichzei-
tig in der SA oder SS tätig sind.447 Auch Ernst Röhm, der Stabschef der SA, stellte in einer Verordnung
klar, dass dem Feuerwehrdienst der Vorrang zukam.448

7.2 Der Weg zum Reichsfeuerlöschgesetz


Durch das Gesetz über den Neuaufbau des Reiches, das die Souveränität der Länder aufhob und diese
direkt der Reichsregierung unterstellte, ging auch die Polizeihoheit auf das Reich über. Für die Polizei
und die Feuerwehren sollte jedoch erst ein entsprechender Verwaltungsapparat aufgebaut werden. In
der Übergangszeit musste das Reichsministerium des Innern mit den vorhandenen Gliederungen ar-
beiten.449 Der Aufbau erfolgte schrittweise: Als eine der ersten Maßnahmen stellte man die obersten
Landesbehörden (darunter die Polizeibehörden) unter das Weisungsrecht der jeweils fachlich zustän-
digen Reichsministerien.450

Der Reichsminister des Innern, Frick, machte von seinen neuen Befugnissen intensiv Gebrauch. In sei-
nem Erlass vom 5. Februar 1934 verfügte er, dass zu allen grundsätzlichen Anordnungen in Bezug auf
Beamtenrecht, Organisation, Personal und Ausbildung der staatlichen Polizei die Länder von nun an
seine Zustimmung einholen müssten. Das Gleiche galt für die Bereitschaftspolizei, für die sich die Be-
zeichnung Landespolizei eingebürgert hatte.451 Die Weisungen Fricks stellten zwar eine Möglichkeit

446
Vgl. Bürger (1983), S. 61.
447
Vgl. Blazek (2009), S. 36.
448
Vgl. Linhardt (2002), S. 82.
449
Vgl. ebda., S. 126.
450
Vgl. Erste Verordnung über den Neuaufbau des Reichs. Vom 2. Februar 1934. RGBl I, Nr. 13 vom 3. Februar
1934, S. 81. Online verfügbar unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&da-
tum=1934&page=195&size=45, zuletzt geprüft am 19.5.2021.
451
Vgl. Neufeldt (1957), S. 8.
96
dar, die Vereinheitlichung in gewisser Weise zu erreichen, trotzdem versuchte man eine rechtliche
Lösung in Form eines Gesetzes zu finden.452 Das RMI trieb die Zentralisierungsbestrebungen intensiv
voran, in der Folge entstanden verschiedene Entwürfe für ein Gesetz zur Überleitung der staatlichen
Polizei, das im Kern vorsah, die Polizei der Länder in eine Reichspolizei zu übernehmen. Darüber hinaus
sollten die Landespolizeien in die Wehrmacht eingegliedert werden.453

Die Zentralisierungen betrafen auch die außerpreußischen Feuerwehren: Um vom RMI als öffentliche
Feuerwehr anerkannt zu werden, sollten sich diese freiwillig den Ortspolizeiverwaltern unterstellen
und zur Übernahme der preußischen Vorschriften bereit erklären. Die Begründung des RMI, die Feu-
erwehren in die Polizeiorganisation zu überführen, lautete, dass dies eine stärkere Disziplinierung er-
mögliche und einen Dualismus im Feuerwehrwesen vermeide. Ein weiterer Vorteil der Unterstellung
war laut RMI die Rolle im zivilen Luftschutz.454 Dazu erging am 26. Juni 1935 das Luftschutzgesetz, das
die Arbeit der Feuerwehren enorm ausdehnte, gleichzeitig aber auch fast die gesamte Feuerlöschtech-
nik im Deutschen Reich standardisierte.455

Durch einen Runderlass wollte das RMI eine reichseinheitliche Satzung für die Freiwilligen Feuerweh-
ren einführen, diese zeigte für die Angleichung jedoch nur wenig Wirkung.456 Die Überleitung aller Feu-
erwehren in die Polizei stellte ohne eine reichsgesetzliche Regelung eine große Schwierigkeit dar,
Fricks Erlasse zum Gesetzesentwurf stifteten mehr Verwirrung als Klarheit. Vor allem mittels zahlrei-
cher Möglichkeiten der Interpretation konnten die Länder Verwaltungsmaßnahmen nach ihren Vor-
stellungen auslegen. Das RMI ließ aus diesem Grund Ende 1936 die Anpassungsmaßnahmen stoppen
und vertrat nun die Auffassung, dass nur ein Reichsfeuerlöschgesetz eine Vereinheitlichung für alle
Länder herbeiführen könne.457 Zuvor musste sich der Deutsche Feuerwehrverband auflösen, da die
nationalsozialistische Regierung das Verbandswesen beseitigen wollte und mit dem Feuerwehrbeirat
eine von ihr kontrollierte Institution geschaffen hatte.458 Bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes blieben
die Feuerwehren nominell Sache der Länder.459

Für die Umorganisation der Feuerwehr zu einer Hilfspolizei im gesamten Deutschen Reich war die Er-
nennung Himmlers zum Chef der Deutschen Polizei am 17. Juni 1936 von enormer Bedeutung, da
dadurch der gesamte Polizeiapparat in seiner Hand zentralisiert und vereinheitlicht war.460 Himmler

452
Vgl. Linhardt (2002), S. 126.
453
Vgl. Neufeldt (1957), S. 8.
454
Vgl. Linhardt (2002), S. 89.
455
Vgl. Blazek (2009), S. 42.
456
Vgl. ebda., S. 46.
457
Vgl. Linhardt (2002), S. 89.
458
Vgl. Blazek (2009), S. 48.
459
Vgl. Linhardt (2002), S. 114.
460
Vgl. Müller (2019), S. 38.
97
griff wie Frick zu mehreren Runderlassen, um die Feuerwehr reichseinheitlich zu gestalten. Mittels Er-
lasses vom 1. März 1937 änderte sich die traditionell rote Farbe der Feuerwehrfahrzeuge, diese waren
von nun an tannengrün zu lackieren, zudem mussten darauf angebrachte Stadtwappen durch das Ho-
heitszeichen der Polizei ersetzt werden.461

Kurt Daluege, Chef der Ordnungspolizei und Himmlers Stellvertreter als Chef der Deutschen Polizei,
war neben allen Polizeibereichen nun auch für alle Feuerwehrsparten zuständig. Innerhalb des Haupt-
amtes Ordnungspolizei entstand ein Kommandoamt, das sich mit zentralen Aufgaben beschäftigte.
Darin schuf Daluege das Amt F für die zur Feuerschutzpolizei umgebildeten Berufsfeuerwehren.462 Eine
Angleichung an die Ordnungspolizei erfolgte sowohl äußerlich mit Uniformen und Dienstgraden als
auch hinsichtlich der Besoldung und Versorgung.463 Für die Freiwilligen Feuerwehren entstand eben-
falls ein eigenes Amt. Beide Ämter durchliefen wegen Zuständigkeitsänderungen immer wieder Um-
strukturierungen und Umbenennungen.464

Die Überführung der Freiwilligen Feuerwehren in eine zentrale Selbstverwaltung unter Polizeiaufsicht
gestaltete sich im Gegensatz zu den Berufsfeuerwehren schwieriger. Daluege erwog sogar, diese der
SA anzugliedern, was die SA-Führung jedoch ablehnte.465 Eine Denkschrift des RMI zum geplanten
Reichsfeuerlöschgesetz zeigte die künftige Rolle der Freiwilligen Feuerwehren auf: Eine Hilfspolizeit-
ruppe, die sich bis zur Kreisebene selbst verwalten, ab da aber mit Offizieren der Feuerschutzpolizei
besetzt sein sollte.466

Im Hauptamt Ordnungspolizei entstand als Aufsicht die Stelle eines Inspekteurs Feuerlöschwesen, die
mit Dr. Johannes Meyer von der Berufsfeuerwehr Karlsruhe besetzt wurde. Meyer setzte Daluege ge-
genüber durch, dass die Feuerwehr-Ämter Fachpersonal aus den Feuerwehren erhielten.467 Daluege
wollte wiederum diejenigen altgedienten Funktionsträger aus den Freiwilligen Feuerwehren entfer-
nen, die nicht der ersten Gleichschaltungswelle von 1933/34 zum Opfer gefallen waren.468 Ein Befehl
sollte eine Verjüngung der Führungsebene erreichen, gleichzeitig blieb jedoch der Nachwuchs weitge-
hend aus. Die Zugehörigkeit zu den politischen Verbänden erschien für den eigenen beruflichen Auf-
stieg nützlicher als der Dienst in einer Freiwilligen Feuerwehr. Bis Anfang 1938 ging die Mitgliederzahl

461
Vgl. Blazek (2009), S. 52.
462
Vgl. Jarausch (2004), S. 32.
463
Vgl. Neufeldt (1957), S. 28.
464
Vgl. Jarausch (2004), S. 32.
465
Vgl. Schnell (2000), S. 279.
466
Vgl. Linhardt (2002), S. 130.
467
Vgl. Jarausch (2004), S. 32.
468
Vgl. Linhardt (2002), S. 131.
98
deswegen um etwa ein Drittel zurück.469 Zur fachlichen und ideologischen Ausbildung des Nachwuch-
ses an Feuerwehr-Führern richtete man nordöstlich von Berlin die Reichsfeuerwehrschule Eberswalde
ein, die jedoch erst im Krieg unter dem Eindruck der Luftangriffe stark besucht war.470 Die benötigte
Zahl an ausgebildetem Führungspersonal für den Luftschutz konnte aber nie erreicht werden, da auch
die Zahl der Ausbilder begrenzt war.471

Zu fachlichen und ideologischen Zwecken erschien ab Oktober 1937 die Zeitschrift Die Feuerlösch-Po-
lizei, ab Mitte 1939 unter dem Namen Deutscher Feuerschutz. Die Zeitschrift war auf direkten Auftrag
Himmlers tätig und diente als amtliches Organ für das gesamte Feuerwehrwesen. Die Feuerwehren
mussten aufgrund der zahlreichen Verlautbarungen die Zeitschrift verpflichtend abonnieren.472 Viele
andere Fachzeitschriften, lokale oder von den Ländern herausgegebene, verschwanden in der Folge
von der Bildfläche.473

Die Ideologisierung der Feuerwehren mit den Vorstellungen der nationalsozialistischen Machthaber
machte sich besonders zu einem Zeitpunkt bemerkbar: der Reichspogromnacht. Der Leitspruch der
Feuerwehr war seit jeher Gott zur Ehr – dem Nächsten zur Wehr. Gemäß diesem Motto verpflichteten
die Feuerwehren sich selbst, jedem, der Hilfe benötigt, Hilfe zu leisten. Die von den Nationalsozialisten
veranlasste Zerstörung jüdischen Eigentums führte auch zu Brandstiftungen an Synagogen. Vielerorts
befahl man den Feuerwehren, diese Brände nicht zu löschen und nur die Nachbarschaft zu schützen.474
Der sogenannte Volkszorn sollte nicht behindert, gleichzeitig jedoch deutsches Eigentum nicht zerstört
werden.

„[…] a) Es dürfen nur solche Maßnahmen getroffen werden, die keine Gefährdung deutschen Lebens oder
Eigentums mit sich bringen (z.B. Synagogenbrände nur, wenn keine Brandgefahr für die Umgebung ist).
[…]
6.) Der Inhalt dieses Befehls ist an die zuständigen Inspekteure und Kommandeure der Ordnungspolizei
und an die SD-Ober- und Unterabschnitte weiterzugeben mit dem Zusatz, daß der Reichsführer SS. und
Chef der Deutschen Polizei diese polizeilichen Maßnahmen angeordnet hat. Der Chef der Ordnungspolizei
hat für die Ordnungspolizei einschließlich der Feuerlöschpolizei entspr. Weisungen erteilt. In der Durch-
führung der angeordneten Massnahmen ist engstes Einvernehmen zwischen der Sicherheitspolizei und
der Ordnungspolizei zu wahren. […]“475

469
Vgl. Hampe (1963), S. 367.
470
Vgl. Linhardt (2002), S. 131.
471
Vgl. Hampe (1963), S. 366.
472
Vgl. Linhardt (2002), S. 131.
473
Vgl. Jarausch, Dieter (2013): Das Feuerwehrwesen im Deutschen Reich von 1933–1945 – Umorganisation auf-
grund geänderter Gesetzgebung. In: Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes e.V. (Hrsg.): Zwi-
schen Gleichschaltung und Bombenkrieg. Symposium zur Geschichte der deutschen Feuerwehren im National-
sozialismus 1933–1945. 8./9. Dezember 2012. Führungs- und Schulungszentrum der Berufsfeuerwehr Köln. 3.
Aufl. Köln: VdS Schadenverhütung, S. 37–49, hier S. 44.
474
Vgl. Rassek, Bernd-Dietrich (2016): „Feuerswehren“ [sic]. Das Entstehen der Freiwilligen Feuerwehren in
Deutschland. Deutsche Originalausgabe. Wuppertal: Edition Köndgen, S. 96.
475
Blitz-Fernschreiben von Reinhard Heydrich zur Reichspogromnacht. In: Döscher, Hans-Jürgen (2000): „Reichs-
kristallnacht“. Die Novemberpogrome 1938. 3. Aufl. München: Econ-Ullstein-List-Verlag (= Propyläen-Taschen-
buch 26753), S. 95.
99
Die Feuerwehren rückten zwar zu Brandeinsätzen aus, griffen aber teilweise nicht ein und schützten,
wie von Heydrich befohlen, nur die Umgebung. Besonders die Freiwilligen Feuerwehren in den Klein-
städten nahmen selbst an Brandstiftungen teil, da zum Beispiel der Wehrführer gleichzeitig SA-Sturm-
führer war.476 Fanatismus spielte dabei jedoch weniger eine Rolle, es waren vielmehr die Angst vor
Sanktionen und die anerzogene Befehlshörigkeit, die das Löschen der jüdischen Gebäude verhinder-
ten. Aus Prozessakten nach 1945, sofern erhalten geblieben, lässt sich die Beteiligung der Feuerwehren
rekonstruieren. Ein Beispiel für aktive Brandstiftung findet man bei der Feuerwehr der Stadt Detmold,
die auf ihren Fahrzeugen Benzinkanister in die Synagoge transportierte und diese mittels Signalpistole
entzündete. Daneben gab es jedoch Widerstand von Seiten der Feuerwehren. Als Beispiel lässt sich
hier die Feuerwehr von Steinbach, einer Gemeinde nahe Schwäbisch Hall, anführen. Nachdem die
Löscharbeiten der Synagoge angelaufen waren, riss ein örtliches NSDAP-Mitglied einem Feuerwehr-
mann das Strahlrohr aus der Hand, dieser drohte ihm mit Gewalt, wenn er die Störversuche nicht un-
terlasse. Erst ein übermittelter Befehl beendete die Löscharbeiten der Synagoge, anwesende Passan-
ten verhinderten durch Zerstörung der Schläuche anschließend auch den Schutz der umliegenden Ge-
bäude.477

Einsatzprotokolle, die Polizeidienststellen nach den Bränden anfertigten, verschleierten die wirklichen
Brandursachen, sodass der Eindruck entstand, dass keine Verbrechen geschehen waren. Dazu kam der
vorangegangene Befehl Dalueges an die Ordnungspolizei, der diese anwies, die Ausschreitungen nur
mit schwachen Kräften und in Zivil zu begleiten.478

7.3 Das Gesetz über das Feuerlöschwesen vom 23. November 1938
Nur zwei Wochen nach den Novemberpogromen beschloss die Reichsregierung am 23. November
1938 das Gesetz über das Feuerlöschwesen (Reichsfeuerlöschgesetz). Dessen Ziel war es, im Zuge der
Kriegsvorbereitungen das Feuerwehrwesen im Deutschen Reich auf eine einheitliche Basis zu stel-
len.479 Mit diesem Gesetz fand die durch das preußische Feuerwehrgesetz begonnene Umformung der
Feuerwehren ihren Abschluss. Unter der Aufsicht der Ordnungspolizei zentralisierte man das Feuer-

476
Vgl. Strumpf, Günter (2014): Kurze Geschichte der Feuerwehr. Köln: Vereinigung zur Förderung des Deutschen
Brandschutzes e.V., Referat 11 Brandschutzgeschichte (= Brandschutzgeschichte 23).
477
Vgl. Engelsing (1992), S. 149f.
478
Vgl. Adam, Uwe Dietrich (1999): Wie spontan war der Pogrom? In: Uwe Dietrich Adam; Walter H. Pehle (Hrsg.):
Der Judenpogrom 1938. Von der „Reichskristallnacht“ zum Völkermord. Orig.-Ausg., 9. Aufl. Frankfurt am Main:
Fischer-Taschenbuch-Verlag (= Die Zeit des Nationalsozialismus 4386), S. 118–152, hier S. 128.
479
Vgl. Blazek (2009), S. 58.
100
wehrwesen, damit ging eine Abkehr von der traditionellen Unabhängigkeit der örtlichen Feuerwehr-
vereine einher. Die offiziell in die Hilfspolizei eingegliederte Freiwillige Feuerwehr konnte nun aufgrund
präziser Gesetze und Verordnungen tätig werden.480

Grundsätzlich war das Feuerlöschwesen in den Jahren 1933 bis 1938 eine nicht genau geklärte Ange-
legenheit zwischen den Zuständigkeiten von RLM und RMI. Beide Ministerien stimmten überein, die
Feuerwehren im Hinblick auf den Luftschutz reichseinheitlich zu organisieren und unter eine zentrale
Führungsinstanz zu stellen, jedoch gab es Differenzen betreffend die Art und Weise und die Zeitpla-
nung der dafür getroffenen Maßnahmen. Schlussendlich kam es sogar zu zwei parallel verlaufenden
und kaum koordinierten Entwicklungen. Ein reichseinheitliches Gesetz weckte große Hoffnungen in
den Ministerien, da es die nötige Klarheit in strittigen Fragen schaffen sollte.481 Es sollte vor allem die
Umgliederung des Feuerwehrwesens zu einem Instrument des Luftschutzes vollenden.482

Fünf Jahre dauerten die Planung und Ausarbeitung des Gesetzes, immer wieder mussten die Entwürfe
zurückgestellt und überarbeitet werden.483 Ein Grund der Verschiebung war etwa die Eingliederung
Österreichs in das Deutsche Reich.484

An ihr Ende kam auch die beinahe hundertjährige Vereinstätigkeit der Freiwilligen Feuerwehren –
diese waren jetzt eine Hilfspolizei mit Befugnissen im Bereich des vorbeugenden und abwehrenden
Brandschutzes. Dadurch erlosch die Selbstverwaltung, die Führer und Offiziere bestimmte der Bürger-
meister, die Aufsicht führte jedoch das RMI. Aus den Berufsfeuerwehren entstand die Feuerschutzpo-
lizei, eine Vollzugspolizei ebenfalls unter Aufsicht des RMI.485 Diese gliederte sich dann als vierte Sparte
der Ordnungspolizei an, die anderen Sparten waren die Schutzpolizei der Gemeinden und des Reiches
sowie die Gendarmerie.486

Im Entwurf wird in der Präambel auf die hohe Bedeutung des Luftschutzes hingewiesen, auch im ver-
öffentlichten Text blieb dieser Passus als Rechtfertigung des Gesetzes erhalten:

„Die wachsende Bedeutung des Feuerlöschwesens vor allem für den Luftschutz erfordert, dass schon
seine friedensmässige Organisation hierauf abgestellt wird. Hierzu ist nötig die Schaffung einer straff or-
ganisierten, vom Führerprinzip geleiteten, reichseinheitlich gestalteten, von geschulten Kräften geführten
Polizeitruppe (Hilfspolizeitruppe) unter staatlicher Aufsicht. Zur Erreichung dieses Zieles hat die Reichsre-
gierung das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:“ 487

480
Vgl. Engelsing (1993), S. 140.
481
Vgl. Linhardt (2002), S. 134.
482
Vgl. Klinge (2016), S. 94.
483
Vgl. BAD R 43-II/394, Bl. 34 vom 16. August 1938: Entwurf eines Gesetzes über das Feuerlöschwesen. Digita-
lisiertes Archivgut.
484
Vgl. Jarausch (2013), S. 45.
485
Vgl. Engelsing (1993), S. 140.
486
Vgl. Jarausch (2013), S. 45.
487
BAD R 43-II/394, Bl. 34 vom 16. August 1938.
101
Wie das Luftschutzgesetz war das Gesetz über das Feuerlöschwesen ein Rahmengesetz, dem insge-
samt sieben Durchführungsverordnungen zur genaueren Regelung folgten.488 Wie erwähnt, dauerten
die Planungen über fünf Jahre. Das Ziel bestand darin, primär die Grundlagen für die reichseinheitliche
Organisation zu schaffen.489

Das Reichsgesetz gliederte sich in drei Abschnitte. Der erste regelte die Aufgaben der neuen Feuer-
schutzpolizei als Nachfolger der Berufsfeuerwehren. Der zweite Abschnitt definierte die übrigen Feu-
erwehren als Hilfspolizeitruppen und der dritte enthielt gemeinsame Vorschriften zur Durchführung
des Gesetzes.490

§ 1 hat die Umgestaltung der Berufsfeuerwehren zum Thema, die Zentralisierung wird durch dessen
Absatz 1 deutlich: „Der Reichsminister des Innern bestimmt, welche Gemeinden eine Feuerschutzpo-
lizei einrichten müssen. Er bestimmt ferner, inwieweit die bisherigen Berufsfeuerwehren in die Feuer-
schutzpolizei übergeleitet werden.“491 In der Regel mussten Feuerschutzpolizeien in Gemeinden mit
mehr als 100.000 Einwohnern geschaffen werden.492 Der zweite Absatz legt den Polizeibeamtenstatus
der Feuerschutzpolizei fest, auch die nun geltenden Vorschriften der Polizei werden erwähnt.493

In § 2 wird das übrige Feuerwehrwesen neu definiert, demnach sind Feuerwehren „a) die Freiwilligen
Feuerwehren, b) die Pflichtfeuerwehren, c) die Werkfeuerwehren.“494

§ 3 regelt die Aufstellung einer Pflicht- oder Freiwilligen Feuerwehr für jene Gemeinden, in denen eine
Feuerschutzpolizei nicht vorhanden war. Die Gemeinden hatten entweder eine Pflicht- oder eine Frei-
willige Feuerwehr oder beide nebeneinander aufzustellen.495 Ebenso änderten sich die Grenzen der
Löschgebiete, diese waren nicht wie vorher im Preußischen Feuerlöschgesetz die Ortspolizeibezirke,
sondern nun die Gemeinden. Diese Festlegung sollte einerseits die Verbundenheit der Gemeinden mit
den Feuerwehren betonen, andererseits sollte dadurch Einfachheit entstehen, da der Begriff Ortspoli-
zeibezirk je nach Region zahlreiche verschiedene Gebiete umfassen konnte.496

488
Vgl. Linhardt (2002), S. 135.
489
Vgl. Bürger (1983), S. 63.
490
Vgl. Linhardt (2002), S. 135.
491
Gesetz über das Feuerlöschwesen [folgend als Gesetz über das Feuerlöschwesen (1938) zitiert, um Verwechs-
lungen mit dem preußischen Gesetz zu vermeiden]. Vom 23. November 1938. RGBl I, Nr. 199 vom 26. November
1938, S. 1662–1663, hier S. 1662. Online verfügbar unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&da-
tum=1938&page=1840&size=45, zuletzt geprüft am 2.6.2021.
492
Vgl. Blazek (2009), S. 59.
493
Vgl. ebda.
494
Ebda.
495
Vgl. ebda.
496
Vgl. Bürger (1983), S. 63.
102
§ 4 sieht die letztliche Entscheidung einer Aufsichtsbehörde über die Schaffung einer Feuerschutzpoli-
zei zusätzlich zu vorhandenen Feuerwehren vor. Die genannte Aufsichtsbehörde wird jedoch im Ge-
setzestext nicht weiter erklärt.497

§ 5 legt die Gemeinde als Unterhalter der Freiwilligen Feuerwehren und Pflichtfeuerwehren fest. Diese
haben die Feuerwehren mit den erforderlichen Löschgeräten, der Bekleidung, Ausrüstung, Alarmein-
richtung, Wasserversorgung und Gerätehäusern auszustatten. Ebenso müssen die Gemeinden die Kos-
ten für Lehrgänge übernehmen und den Lohnausfall im Einsatz erstatten. Eine genauere Regelung der
Kosten wird in Aussicht gestellt, diese soll der RMI im Einvernehmen mit den anderen Ministerien tref-
fen.498

Aufgrund des ersten Abschnitts von § 6 werden die von den Freiwilligen Feuerwehren gebildeten Ver-
eine und Verbände nun endgültig aufgelöst. Der RMI kann die Rechtsnachfolge und den Zeitpunkt der
Auflösung bestimmen. Die Rechtsnachfolge ist bereits in Absatz 2 geregelt. Wie in der Präambel aus-
geführt, tritt an die Stelle der Vereine eine „nach Löscheinheiten gegliederte Hilfspolizeitruppe, deren
Organisation der Reichsminister des Innern bestimmt.“499 Absatz 2 versucht im Anschluss auch den
Stellenwert der Freiwilligen Feuerwehren hervorzuheben: „Der freiwillige Dienst in dieser Hilfspolizeit-
ruppe ist ein ehrenvoller, opferbereiter Einsatz für die deutsche Volksgemeinschaft.“500

Im vorletzten § 7 ist die Zuständigkeit des Reichsministers des Innern für das gesamte Feuerlöschwesen
nochmals festgehalten. Der Paragraph will dem Reichsminister eine möglichst umfassende gesetzliche
Ermächtigung geben, damit er das Feuerlöschwesen einschließlich der Brandschau regeln kann, um
die reichseinheitliche Hilfspolizeitruppe errichten zu können. Im Einzelnen bedeutete das die Schaf-
fung von reichseinheitlicher Ausrüstung, Uniformierung, Bezeichnung der Dienstgrade und Besoldung
(sofern nicht durch andere Gesetze und Normen bereits vorgesehen).501

Nach der Veröffentlichung des Rahmengesetzes, einen Monat nach seiner Verkündung502, erschienen
in rascher Folge mit den Durchführungsverordnungen, zahlreichen Ausführungserlassen, Ausbildungs-
vorschriften, Runderlassen und Verwaltungsanordnungen insgesamt etwa 30 verschiedene gesetzliche
Modifikationen und Interpretationen des Gesetzes.503

497
Vgl. Gesetz über das Feuerlöschwesen (1938), S. 1662.
498
Vgl. ebda.
499
Ebda.
500
Ebda.
501
Vgl. Bürger (1983), S. 64.
502
Vgl. Gesetz über das Feuerlöschwesen (1938), S. 1663.
503
Vgl. Bürger (1983), S. 64.
103
Die Begründung des neu geschaffenen Gesetzes ist in seinem letzten Entwurf festgehalten, den man
zuerst den Mitgliedern der Reichsregierung und dann Hitler zur letztinstanzlichen Zustimmung vor-
legte.504

In der Begründung ist zuerst die unterschiedliche Landesgesetzgebung erwähnt, auf der das Feuer-
löschwesen bisher beruhte. Aufgrund des Gesetzes über den Neuaufbau des Reiches sollten außer-
preußische Länder angehalten sein, die preußischen Vorschriften einzuführen, was aber nur teilweise
erfolgreich war. So gab es Länder wie Württemberg, die die Angleichung sofort übernahmen, aus an-
deren Ländern kam jedoch heftiger Widerstand. Zu dieser Zeit sah man eine einheitliche Regelung in
Form des Reichsfeuerlöschgesetzes noch als unmöglich an, vor allem die Freiwilligen Feuerwehren be-
trachteten nur eine schrittweise Vereinheitlichung als Lösung. Zur einheitlichen Ausrichtung und Ziel-
setzung mussten aber die Grundlagen der Neuorganisation gesetzlich verankert werden. Wieder argu-
mentierte man mit dem erwarteten Krieg, der die Feuerwehren vor ungeahnte Anforderungen stelle,
denen sie derzeit nicht gewachsen sind.505

Ein Abschnitt der Begründung enthält auch den „inneren Grund“ für die Umgestaltung der Berufsfeu-
erwehr zur Feuerschutzpolizei. Es heißt dort, dass die Feuerschutzpolizei eine „staatliche Auftragsan-
gelegenheit“ ist und als vierte Sparte der Ordnungspolizei auftreten soll. Als Ordnungspolizei hört sie
damit auf „eine Selbstverwaltungsangelegenheit der Gemeinden zu sein“.506

Als weiterer Grund werden die Anforderungen erwähnt, denen die Berufsfeuerwehren nicht entspre-
chen würden. Darüber hinaus fordert man für den umfangreichen Luftschutz neben wenigen akade-
misch-wissenschaftlich geschulten Feuerwehringenieuren höherer Dienstgrade auch eine größere Zahl
„soldatisch erzogener Führungspersönlichkeiten“ mittlerer und unterer Dienstgrade. Dies sei jedoch
nur möglich, wenn die Aufstellung reichseinheitlich erfolge, das Gleiche gilt für die Ausrüstung der
Berufsfeuerwehren.507

Zu § 1 wird erwähnt, dass für die Einrichtung der Feuerschutzpolizeien die Zahl der Einwohner nicht
maßgebend sei, vielmehr sei von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zu ent-
scheiden. Diese sind unter anderem industrielle Verhältnisse, die bauliche Entwicklung und die Finanz-
lage der Gemeinde. Als Entscheidungsträger steht im Gesetz zwar der Reichsminister des Innern, im
Kommentar werden jedoch genauer die Kommunalaufsichtsbehörden erwähnt. Diese liegen wie die

504
Vgl. BAD R 43-II/394, Bl. 40 vom 31. August 1938.
505
Vgl. ebda., Bl. 36.
506
Vgl. ebda.
507
Vgl. ebda.
104
Polizeiaufsichtsbehörden in der Hand des Landrats bzw. des Regierungspräsidenten. Der Oberbürger-
meister soll für die Feuerschutzpolizeien in seiner Funktion als Ortspolizeiverwalter der direkte Vorge-
setzte sein.508

Eine genauere Erläuterung zur neuen Grenze des Zuständigkeitsgebietes (Löschgebietes) liefert die
Anmerkung zu § 3. Vor allem wegen der unterschiedlichen Auffassungen über den Begriff des Ortspo-
lizeibezirks wird nun das Gemeindegebiet verwendet. Ortspolizeibezirke sind laut Erläuterung auf dem
Land unter anderem Amtsbezirke und Ämter, denen zum Beispiel in Süddeutschland und Sachsen die
Landgemeinden, in Hannover wiederum Landkreise gegenüberstehen. Ausgeschlossen wird jedoch
nicht, dass mit der nunmehrigen Abstellung der Feuerwehren auf die Gemeinden diese nach wie vor
als Organe und im Auftrag des Ortspolizeiverwalters tätig werden.509

Zu § 6, der Auflösung der Vereinsorganisation, wird angemerkt, dass dies dem eigenen Wunsch der
Freiwilligen Feuerwehren entspricht. Diese würden nicht mehr in einem Verein, sondern in einer „ge-
schlossen geführten soldatischen Truppe“ dienen wollen. Auch auf einen „totalen Krieg“ wird Bezug
genommen, in diesem Fall wird

„es der Gegner als eine seiner wichtigsten Aufgaben ansehen, das Wirtschaftsleben des gesamten Landes
zu beunruhigen und zu erschüttern. Es werden daher unter allen Umständen auch Luftangriffe […] zu
erwarten sein. Hier ist es Aufgabe der Freiwilligen Feuerwehren, die Folgen derartiger unvermeidbarer
Luftangriffe auf ein möglichst geringes Ausmass zu beschränken. Dieser Aufgabe ist nur eine straff orga-
nisierte, vom Führerprinzip geleitete Hilfspolizeitruppe gewachsen.“ 510

Die Vereinsbeschlüsse werden für den Krieg als untragbar angesehen, gleichzeitig steht eine Abhän-
gigkeit der Wahl des Führers von Mehrheitsbeschlüssen und Mitgliederversammlungen zu „fundamen-
talsten Grundsätzen der nationalsozialistischen Weltanschauung in Widerspruch“ und „schlägt dem
Führerprinzip ins Gesicht“.511 Die Umgestaltung der Vereine zur Hilfspolizeitruppe wird in Absatz 2 des
Paragraphen genauer erläutert. Demnach liegt der Zweck in der Bekämpfung von Feuergefahren.
Rechte und Pflichten sollen kommende Durchführungsverordnungen näher festlegen. Die Hilfspolizei
muss „auf den Führer und Reichskanzler zur gewissenhaften Erfüllung aller Dienstobliegenheiten ver-
pflichtet werden […].“ Außerdienstlich besteht für die Feuerwehren die Möglichkeit, sich zu Kamerad-
schaften zusammenzuschließen, deren Satzungen erlässt der Reichminister des Innern. Die Aufgabe
der Kameradschaften wird in diesem Absatz genau erklärt, diese sind
„a) die Kameraden im Geiste nationalsozialistischer Weltanschauung zu opferwilliger Gefolgschaft, zu
mutvollem und unermüdlichem Einsatz ihrer Kräfte für die Volksgemeinschaft und zu getreuer Kamerad-
schaft und Pflichterfüllung zu erziehen,
b) sie durch sportliche Übungen an Körper und Geist zu ertüchtigen.“ 512

508
Vgl. BAD R 43-II/394, Bl. 36 vom 31. August 1938.
509
Vgl. ebda., Bl. 38.
510
Vgl. ebda., Bl. 39.
511
Vgl. ebda.
512
BAD R 43-II/394, Bl. 39 vom 31. August 1938.
105
Kameradschaften erhalten darüber hinaus die Aufgabe der „Förderung der vaterländischen und kame-
radschaftlichen Gesinnung in den Feuerwehren im Geiste nationalsozialistischer Weltanschauung“
übertragen. Neben der Auflösung der Vereine wird die Aufhebung der Feuerwehr-Verbände festge-
legt, ihre öffentlich-rechtlichen Aufgaben sollen auf andere, nicht näher genannte Rechtsträger über-
gehen.513

Der Kommentar zu § 7 erwähnt die Vollmacht des Reichsministers des Innern, der sämtliche Belange
der Feuerwehren regeln konnte, sei es im Bezug auf rechtliche Organisation, Gliederung, Ausrüstung,
Ausbildung, Uniformierung, Besoldung oder die Dienstgradbezeichnungen.514

Den Entwurf und die Begründung erhielten die Mitglieder der Reichsregierung zur finalen Begutach-
tung vorgelegt. Nachdem kein Reichsminister Widerspruch erhoben und auch Hitler dem Gesetz zuge-
stimmt hatte, konnte es zur Veröffentlichung im Reichsgesetzblatt vorbereitet werden.515

Daluege bekam anschließend von Himmler den Befehl, das Gesetz in der Presse anzukündigen. Dazu
sprach er vor Vertretern der Presse, um die Notwendigkeit des neuen Gesetzes zu begründen:
„Das Feuerlöschwesen hat im Rahmen seiner bisherigen Organisation die ihm gestellten gemeinnützigen
Aufgaben bei einer ständigen Steigerung der Leistungen erfolgreich gelöst. Aber auch für die allgemeine
Landesverteidigung sind auf diesem Gebiete Aufgaben und Pflichten erwachsen, die bei dem Grundsatz
sparsamster Menschenverteilung im Falle eines Krieges und bei der entsprechenden friedensmäßigen
Vorbereitungsarbeit nur gelöst werden können, wenn die Organe des Feuerlöschwesens mit den anderen
für die allgemeine Sicherheit und Ordnung zuständigen staatlichen Stellen und ihren Hilfsorganen füh-
rungsmäßig und organisatorisch klar zusammengefaßt werden.“ 516

Auch Himmler kommentierte das Gesetz in der Presse, sein Aufruf galt den Feuerwehren selbst:

„Mit dem von der Reichsregierung beschlossenen und nunmehr verkündeten Gesetz über das deutsche
Feuerlöschwesen ist ein neuer Stein auf dem Wege zum Gesamtaufbau des deutschen Polizeikorps ge-
setzt worden. Ihr seid nunmehr Angehörige der Deutschen Polizei als Feuerschutzpolizei oder freiwillige
Hilfspolizei mit allen gesetzlichen Vollmachten und Pflichten. Eure selbstlose durch Zahlen der Leistungen
bewiesene, stets aufs Neue in der Stille geleistete Arbeit seit Uebernahme der Macht im Dritten Reich
durch unseren Führer Adolf Hitler, die Toten und Schwerverletzten unter Euch, zeugen von dem national-
sozialistischen Geiste in Euren Reihen, zeugen von der Erfüllung des Gelöbnisses: Freund und Helfer jedes
Volksgenossen zu sein! Ich begrüße Euch in den Reihen der Polizei. Ich erwarte von Euch, daß Ihr nunmehr
die Organisation in allen Teilen und die Leistungen der deutschen Feuerwehren auf allen Gebieten zur
höchsten Stufe bringt.“517

Mit der Veröffentlichung dieses Gesetzes war die Basis für eine einheitliche Feuerwehr im Deutschen
Reich gelegt. Die folgenden Runderlässe und Durchführungsverordnungen regelten nicht nur organi-

513
Vgl. ebda.
514
Vgl. ebda.
515
Vgl. ebda., Bl. 40.
516
Ebda., Bl. 42.
517
BAD R 43-II/394, Bl. 42 vom 31. August 1938.
106
satorische und personelle Angelegenheiten, sondern unter anderem die Einführung verbindlicher Nor-
men im Feuerlöschwesen, den Bau von Feuerwehrfahrzeugen, den vorbeugenden Brandschutz, die
einheitliche Bekämpfung von Hochwasser- und Eisgefahr, den Feuerschutz und vieles mehr.518

7.4 Die Durchführungsverordnungen zum Gesetz über das Feuerlöschwesen


Die dem Rahmengesetz folgenden Durchführungsverordnungen (DVO) regelten die Organisation und
Aufgaben der Feuerwehren vor allem im Hinblick auf das Kriegsgeschehen und die Funktion im Luft-
schutz. Zwischen dem 27. September 1939 und dem 17. September 1940 erschienen sieben Durchfüh-
rungsverordnungen, dazu kamen zahlreiche Verordnungen. Der ersten DVO zum Gesetz über das Feu-
erlöschwesen, Organisation der Feuerschutzpolizei, folgte am 9. Oktober Verhalten bei Brandfällen und
die dritte DVO regelte die Organisation der Freiwilligen Feuerwehr vor allem in Bezug auf den Luft-
schutz. Diese DVO betraf auch den Ausschluss jüdischer Feuerwehrmänner von der Mitgliedschaft. Die
vierte DVO, Organisation der Pflichtfeuerwehr, regelte ebendiese Aufstellung genauer. Durch den An-
stieg an Einsätzen bedingt, erschien die fünfte DVO mit dem Titel Erstattung des Lohnausfalls an die
Mitglieder der Feuerwehren, anschließend folgte die 6. DVO, die das Amt für Freiwillige Feuerwehren
schuf. Die am 17. September 1940 erlassene 7. DVO regelte die Organisation der Werkfeuerwehr.

Die durch den ersten Paragraphen des Rahmengesetzes geschaffene Feuerschutzpolizei erfährt in der
ersten DVO eine genauere Definition. Sie wird hier als eine technische Hilfstruppe deklariert, die „fer-
ner die Aufgaben zu erfüllen [hat], die ihr zur Durchführung des Luftschutzes gestellt werden.“ Danach
folgt in § 2 der DVO eine Auflistung von Gemeinden, die eine Feuerschutzpolizei einzurichten haben.
An österreichischen Städten sind u.a. Graz und Wien verzeichnet. Offen bleibt die Sollstärke der auf-
zustellenden Feuerschutzpolizei, hier wird auf eine vom Reichsminister des Innern noch zu erlassende
Bestimmung hingewiesen. Anschließend folgen Regelungen zur Anstellung der Beamten, diese dürfen
zum Beispiel nicht bei gemeindlichen Betrieben beschäftigt sein oder diese leiten. Abschließend zeigt
die DVO einige neue Vorschriften des Polizeibeamtengesetzes auf, die ebenso für Feuerschutzpolizei-
beamte relevant sind.519

Die zweite DVO Verhalten bei Brandfällen beschäftigt sich vorwiegend mit der technischen Leitung von
Lösch- und Rettungseinsätzen. Diese Regelungen sollen Streitigkeiten über die Einsatzleitung vermei-
den. Als Beispiel lässt sich die in § 1 Absatz 2 vorkommende Leitung der Löscharbeiten von Wald-,
Moor- und Heidebränden anführen, diese sollen Forstbeamte übernehmen. Ebenso legt die DVO der

518
Vgl. Blazek (2009), S. 65.
519
Vgl. Erste Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Feuerlöschwesen (Organisation der Feuerschutz-
polizei). Vom 27. September 1939. RGBl I, Nr. 195 vom 3. Oktober 1939, S. 1983–1984. Online verfügbar unter
https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1939&page=2214&size=45, zuletzt geprüft am
10.6.2021.
107
Zivilbevölkerung gewisse Pflichten im Umgang mit Feuer und Einsätzen der Feuerwehren auf, etwa die
Meldung von Schadfeuern oder die Zurverfügungstellung von Fahrzeugen.520

Die dritte DVO definiert die Freiwillige Feuerwehr als „technische Hilfspolizeitruppe für Hilfeleistungen
bei öffentlichen Notständen aller Art“. In 20 Paragraphen wird die Organisation grundlegend refor-
miert und dazu den nationalsozialistischen Vorstellungen angepasst. § 1 legt, wie im Rahmengesetz
vorgesehen, die Zuständigkeit des Ortspolizeiverwalters fest. In seinem Namen hat die Hilfspolizeit-
ruppe tätig zu werden und Gefahren abzuwehren, dazu die Aufgaben zu erfüllen, die ihr zur Durchfüh-
rung des Luftschutzes gestellt sind.521 Da die Gemeinden für die Ausstattung und den Unterhalt der
Feuerwehren verantwortlich waren, diese jedoch als Hilfspolizei eine Reichsangelegenheit war, ergab
sich eine organisatorische Zwitterform aus Kommunal- und Reichseinrichtung.522

§ 2 betrifft die Aufstellung der Freiwilligen Feuerwehr in einer Gemeinde, die nur erfolgen kann, wenn
mindestens 18 Mann verfügbar sind. Als Ausnahme werden 14 Mann bei kleinen Gemeinden festge-
legt, jedoch ist nicht vermerkt, welche Einwohnerzahl für eine solche Gemeinde schlagend wird.523

§ 3 legt die Kriterien für die Aufnahme in die Freiwillige Feuerwehr fest. Demnach können nur „gesunde
und kräftige Männer deutscher Staatsangehörigkeit aufgenommen werden, die den Anforderungen
des Dienstes gewachsen sind, als Volksgenossen einen guten Ruf haben und die Gewähr dafür bieten,
daß sie jederzeit rückhaltlos für den nationalsozialistischen Staat eintreten.“524

Laut Absatz 2 dürfen Freiwillige Feuerwehrmänner nur in der Organisation der Freiwilligen Feuerwehr
tätig sein, zusätzliche Mitgliedschaften wie bei der Technischen Nothilfe, dem Deutschen Roten Kreuz
oder einer Werkfeuerwehr sind untersagt.525

Der vierte Paragraph legt den Ausschluss jüdischer Mitglieder fest. Eine Ausnahme gab es für jüdische
Mischlinge, die zwar vorerst Mitglieder bleiben, jedoch keine Vorgesetzten sein durften. Alle beitritts-
willigen Personen mussten über den Begriff des Juden aus der Ersten Verordnung zum Reichsbürger-
gesetz unterrichtet werden, danach musste dem Aufnahmegesuch folgende Erklärung beigefügt wer-
den: „Mir sind nach sorgfältiger Prüfung keine Umstände bekannt, die die Annahme rechtfertigen

520
Vgl. Zweite Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Feuerlöschwesen (Verhalten bei Brandfällen).
Vom 9. Oktober 1939. RGBl I, Nr. 202 vom 16. Oktober 1939, S. 2024–2026. Online verfügbar unter
https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=19390004&seite=00002024, zuletzt geprüft am
10.6.2021.
521
Vgl. Dritte Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Feuerlöschwesen (Organisation der Freiwilligen
Feuerwehr). Vom 24. Oktober 1939. RGBl I, Nr. 212 vom 27. Oktober 1939, S. 2096–2099. Online verfügbar unter
https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=19390004&seite=00002096, zuletzt geprüft am
10.6.2021.
522
Vgl. Linhardt (2002), S. 138.
523
Vgl. Dritte Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Feuerlöschwesen, S. 2096.
524
Ebda.
525
Vgl. ebda.
108
könnten, daß ich Jude bin. […] Mir ist bekannt, daß ich die sofortige Entlassung aus der Wehr zu ge-
wärtigen habe, falls diese Erklärung sich als unrichtig erweisen sollte.“526 Nach erfolgreicher Aufnahme
war ein Eid auf Hitler abzulegen.527

§ 7 legt die Pflichten eines Feuerwehrmannes fest, diese sind unter anderem der regelmäßige Dienst-
besuch, vorbildliches Verhalten und Einhaltung der Ausbildungsvorschriften. In den folgenden Para-
graphen 8 bis 15 werden Austritt und Ausschluss sowie die Ernennung und Befugnisse der Wehr- Kreis-
und Bezirksführer näher beschrieben.528 Ein Erlass Himmlers nahm Bezug auf § 11, der in Absatz 4 die
Bezeichnungen Truppmann, Obertruppmann und Haupttruppmann enthält.529 Der Erlass vom 27. De-
zember 1939 regelte die Dienstgradbezeichnungen und die dazugehörigen Dienstgrade der Freiwilli-
gen Feuerwehren neu. Demnach lauteten die neuen Bezeichnungen: Truppmann, Obertruppmann,
Haupttruppmann, Truppführer, Obertruppführer, Haupttruppführer, Zugführer, Oberzugführer und
Hauptzugführer.530

§ 16 geht auf die Auflösung der Vereine ein, demnach sind mit dem Inkrafttreten sämtliche gebildeten
Vereine und Verbände als aufgelöst zu betrachten. Neu ist, dass dieser bereits im Rahmengesetz ent-
haltene Paragraph weitere Absätze zur Regelung von Vermögens- und Streitfragen enthält. Laut Absatz
2 geht das Vermögen der Vereine auf die Gemeinden, das Vermögen der Verbände auf die Gemeinde-
verbände oder die Länder über. Das Vermögen muss jedoch zweckgebunden für das Feuerlöschwesen
verwendet werden. Auf die übliche Gebühr für die Löschung aus dem Vereinsregister wird in diesem
Fall verzichtet.531

Die Errichtung einer Reichsfeuerwehrschule ist Gegenstand des § 17, der Reichsminister des Innern
hat dazu noch genauere Bestimmungen zu erlassen.532

§ 18 legt die Geltung der Vorschriften der DVO und ihrer Verordnungen sinngemäß auch für den geo-
graphischen Raum der Gutsbezirke fest.533

Abschließend setzt § 19 jene Ländervorschriften zu den Freiwilligen Feuerwehren außer Kraft, die vom
Gesetz über das Feuerlöschwesen betroffen sind.534

526
Ebda.
527
Vgl. ebda., S. 2097.
528
Vgl. ebda., S. 2098f.
529
Vgl. ebda.
530
Vgl. Blazek (2009), S. 93.
531
Vgl. Dritte Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Feuerlöschwesen, S. 2099.
532
Vgl. ebda.
533
Vgl. ebda.
534
Vgl. ebda.
109
Vor dem Erlass der 3. DVO trat noch eine Maßnahme in Kraft, die das Prinzip der Freiwilligkeit ad ab-
surdum führte, die Mitgliederzahlen nach den Vorstellungen der politischen Machthaber aber wieder
heben sollte. Alle in den sechs Monaten vor dem Erlass ausgesprochenen Austritte erklärte man für
wirkungslos, die betroffenen ehemaligen Mitglieder zwang man dadurch zum Verbleib in den Feuer-
wehren. Diesen Mitgliedern legte man danach die Verpflichtung auf, sich als Hilfspolizeibeamte neu
vereidigen zu lassen.535

Die 4. DVO zum Gesetz über das Feuerlöschwesen regelte die Organisation der Pflichtfeuerwehr. Diese
wird wie zuvor die Feuerlöschpolizei und die Freiwillige Feuerwehr als technische Hilfspolizeitruppe
definiert. Auch sie musste im Auftrag des Ortspolizeiverwalters tätig werden und Aufgaben im Luft-
schutz erfüllen. Im Reichsgesetzblatt erschienen ist die 4. DVO zeitgleich mit der 3. DVO.536

§ 2 regelt die Grundlage der Aufstellung einer Pflichtfeuerwehr, demnach ist diese in einer Gemeinde
aufzustellen, wenn „a) eine Freiwillige Feuerwehr nicht zustandekommt oder b) die bestehende Frei-
willige Feuerwehr allein keinen ausreichenden Feuerschutz gewährleistet.“ Eine Aufstellung konnten
laut Absatz 3 die Verwaltungsbehörden anordnen, bei der Berücksichtigung spielte eine bereits vor-
handene Werkfeuerwehr jedoch keine Rolle.537

§ 5 legt die Dienstpflicht für männliche Einwohner einer Gemeinde fest, diese gilt vom vollendeten 17.
bis zum vollendeten 65. Lebensjahr. Darüber hinaus muss der Dienstpflichtige die deutsche Staatsan-
gehörigkeit besitzen. Ausnahmen von der Dienstpflicht legt Absatz 2 fest, demnach sind davon befreit:

„a) Die Amtsvorstände der Behörden und deren ständige Stellvertreter.


b) Die Angehörigen des aktiven Wehrdienstes und des Reicharbeitsdienstes.
c) Die Polizeivollzugsbeamten sowie die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren, der Technischen Not-
hilfe und des Roten Kreuzes.
d) Personen, die infolge von körperlichen oder geistigen Gebrechen untauglich sind. […]
e) Personen, deren Heranziehung mit ihrer haupt- oder ehrenamtlichen Tätigkeit in der NSDAP, ihren
Gliederungen und angeschlossenen Verbänden nicht zu vereinbaren ist. […]
f) Personen, deren Heranziehung mit ihren Berufspflichten gegenüber der Volksgemeinschaft […] nicht zu
vereinbaren ist. […]“538

Den Ausnahmen folgen in § 6 Bestimmungen zur Dienstunfähigkeit von Personen. Ausgeschlossen sind
unter anderem Personen, die keine bürgerlichen Ehrenrechte besitzen, mit Zuchthaus bestraft sind,
wegen staatsfeindlicher Betätigung bestraft sind oder die Wehrwürdigkeit verloren haben.539

535
Vgl. Linhardt (2002), S. 139.
536
Vgl. Vierte Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Feuerlöschwesen (Organisation der Pflichtfeuer-
wehr). Vom 24. Oktober 1939. RGBl I, Nr. 212 vom 27. Oktober 1939, S. 2100–2102. Online verfügbar unter
https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1939&page=2331&size=45, zuletzt geprüft am
11.6.2021.
537
Vgl. ebda., S. 2100.
538
Vierte Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Feuerlöschwesen, S. 2100.
539
Vgl. ebda.
110
Wie auch die DVOs zur Feuerlöschpolizei und Freiwilligen Feuerwehr, enthält die DVO zur Pflichtfeu-
erwehr einen Paragraphen zum Ausschluss jüdischer Mitglieder. § 7 beruft sich auf die Verordnungen
zum Reichsbürgergesetz von 1935, die den Begriff Jude definieren.540

Die 5. DVO regelt die Erstattung des Lohnausfalls für die Feuerwehrmitglieder im Einsatzfall.541

Aufgrund der 6. DVO entstand im Hauptamt Ordnungspolizei das Amt Feuerwehren.542 Als Aufgabe
erhielt das Amt die selbstständige Regelung des allgemeinen und technischen Dienstbetriebs im Be-
reich der Freiwilligen Feuerwehren. Dazu gehörten insbesondere die Durchführung des Übungsdiens-
tes und die Verwaltung der Gerätschaften und Bekleidung. Finanzielle Beiträge, die die Feuerwehren
bisher an die Landesverbände entrichtet hatten, erhielt künftig diese neu geschaffene Behörde.543

Die 7. und letzte DVO vom 3. Jänner 1940 regelt die Organisation der Werkfeuerwehr. Die Werkfeuer-
wehr erhält als Einrichtung der Betriebe im Vergleich zu Feuerlöschpolizei und Freiwilliger Feuerwehr
eine spezielle gesetzliche Regelung. Neben den bekannten Formulierungen z.B. zur Mitgliedschaft von
Juden oder der Dienstpflicht ist auch ein Mindestausrüstungsstand im Gesetz enthalten. Demnach
muss nach § 2 die Werkfeuerwehr eine Mindestsollstärke von 18 Mann aufweisen und mit einer Kraft-
spritze ausgestattet sein.544

Inklusive aller späteren Erlasse und Kommentare hatte das Gesetz über das Feuerlöschwesen bis Ende
September 1941 einen Umfang von 672 Seiten, dieser hatte sich vor allem wegen der Kriegsrealität
immer weiter vergrößert.545

7.5. Die Feuerwehr im Kriegsverlauf bis 1945


Das Gesetz über das Feuerlöschwesen war erst wenige Monate in Kraft, als der Angriff der Deutschen
auf Polen begann. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine Durchführungsverordnungen, die die Aufga-
ben der Feuerwehren regelten. Somit kam der Beginn des Zweiten Weltkriegs überraschend, die Über-
führung in die Zuständigkeit der Polizei war in vielen Fällen selbst den eigenen Stellen noch unbekannt.

540
Vgl. ebda.
541
Vgl. Fünfte Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Feuerlöschwesen (Erstattung des Lohnausfalls an
die Mitglieder der Feuerwehren). Vom 6. November 1939. RGBl I, Nr. 222 vom 9. November 1939, S. 2172. Online
verfügbar unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1939&page=2403&size=45, zuletzt ge-
prüft am 11.6.2021.
542
Vgl. Sechste Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Feuerlöschwesen (Amt für Freiwillige Feuerweh-
ren). Vom 3. Jänner 1940. RGBl I, Nr. 3 vom 5. Jänner 1940, S. 20. Online verfügbar unter
https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1940&page=66&size=45, zuletzt geprüft am
11.6.2021.
543
Vgl. Blazek (2009), S. 93.
544
Vgl. Siebente Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Feuerlöschwesen (Organisation der Werksfeu-
erwehr). Vom 17. September 1940. RGBl I, Nr. 168 vom 24. September 1940, S. 1250–1252. Online verfügbar
unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1940&page=1286&size=45, zuletzt geprüft am
11.6.2021.
545
Vgl. Blazek (2009), S. 92.
111
So lehnte etwa die Wirtschaftsdienststelle der Ordnungspolizei einen Nachschubantrag der Feuer-
schutzpolizei Hamburg mit der Bemerkung ab, dass die Beschaffungen für den Brandschutz Sache des
Luftschutzes und damit des RLM seien. Die Luftwaffenbehörden stellten dann klar, dass die Material-
zuweisungen für die Feuerschutzpolizei Sache der Ordnungspolizei wären.546

Der kurze Polenfeldzug erweckte bei den Feuerwehren nicht den Eindruck, dass sie jemals das eigene
Gebiet gegen abgeworfene Bomben schützen müssten.547 In den Luftschutzorten traten nach Kriegs-
beginn zwar einige Maßnahmen in Kraft, wie geplant sollte die Bevölkerung Schäden durch die Luft-
schutzgemeinschaft selbst bekämpfen können. Erst bei nicht mehr beherrschbaren Bränden zog man
den SHD mit der integrierten Feuerschutzpolizei heran.548

Eine Einbindung der Feuerwehren in den Krieg setzte jedoch schon vor den alliierten Bombenangriffen
ein. Zuerst sollten diese wachsam gegenüber einem Feind sein, der aus Verzweiflung Feuer verursa-
chen würde. Im Anschluss an den Aufruf zur Sammlung kriegswichtiger Metalle vom März 1940 erging
ein Erlass an die Feuerwehren. Diese mussten daraufhin ihre Gerätehäuser durchsuchen und Gegen-
stände aus Messing, Bronze und Kupfer an die Rüstungsindustrie abliefern. Ein weiteres Opfer musste
in Form von Mitgliedern erbracht werden. Durch die Einberufungen zur Wehrmacht sank die Zahl der
Kameraden so stark, dass in manchen Städten ein sicherer Brandschutz nicht mehr funktionierte.549

Die Einberufung von Männern zur Pflichtfeuerwehr, wie in der 4. DVO festgelegt, sollte den sinkenden
Mannschaftsstand heben. Diese Maßnahme führte jedoch zu erneuten Rivalitäten zwischen der Feu-
erwehr und der SA. Von Seiten der Feuerwehren gab es Beschwerden, dass zahlreiche Mitglieder we-
gen vormilitärischer Schulungen der SA nicht zum Dienst erschienen, die SA rechtfertigte sich mit ihren
kriegswichtigen Aufgaben. Einzelne SA-Standartenführer bezeichneten die Beschwerden der Feuer-
wehren sogar als Sabotage der Landesverteidigung. Unterstützung erhielten die Feuerwehren durch
die Höheren SS- und Polizeiführer, da diese als ihre Dienstherren fungierten. Als eine Maßnahme zur
Besänftigung der SA forderten einzelne Abschnittsinspekteure der Feuerwehren dazu auf, militärische
Übungen in den Dienstplan aufzunehmen. Daluege stellte sich darauf entschieden gegen solche Zu-
satzübungen, da er den Zweck der Feuerwehren in der Brandbekämpfung sah.550

Nach Kriegsbeginn trat ferner ein Problem der Zuständigkeit bei der Alarmierung auf. Da die Feuer-
wehren nunmehr der Ordnungspolizei angehörten, unternahm man den Versuch, die Direktalarmie-
rung durch Fernsprecher generell abzuschaffen. Eine Alarmierung sollte nur mehr in indirekter Form

546
Vgl. Linhardt (2002), S. 153.
547
Vgl. Engelsing (1999), S. 171.
548
Vgl. Strumpf (2014), S. 85.
549
Vgl. Engelsing (1999), S. 171.
550
Vgl. Engelsing, S. 172.
112
über die Polizei erfolgen, was einen enormen Zeitverlust bei der Ausrückung bedeutete. Nach lebhaf-
ten Protesten der Bevölkerung schwächte man diese Maßnahme jedoch ab.551 Genehmigungen der
örtlichen Luftschutzleiter bewirkten, dass die bewährte Alarmierung in gewohnter Weise fortgesetzt
werden konnte. Einige Feuerwehren ließen sich jedoch auch ohne Genehmigung weiter per Direktalar-
mierung zu den Einsätzen rufen.552

Mit der Ausrufung des zivilen Luftschutzes am 1. September 1939 berief man die Angehörigen der
Feuerschutzpolizeien, Freiwilligen und Pflichtfeuerwehren in die Luftschutzorte I. Ordnung ein, diese
verstärkte man mit notdienstverpflichteten Ergänzungskräften. Die Aufstellung des SHD-Feuerlösch-
dienstes (ab 25. Jänner 1940 Feuerlösch- und Entgiftungsdienst, kurz FE-Dienst) war zwar abgeschlos-
sen, eine einheitliche Ausbildung und Ausrüstung aber noch nicht gegeben. Die Einberufungspraxis der
Wehrmacht ließ den Mitgliederstand weiter sinken, was sich drastisch auf die Einsatzbereitschaft der
Luftschutzeinheiten auswirkte.553 Rund die jüngsten 40% des Personals zog die Wehrmacht ein, mit
älteren Luftschutzdienstpflichtigen versuchten die Feuerwehren diese Lücke wieder zu füllen.554 Da
man den Personalbedarf des zivilen Luftschutzes immer als nachrangig einstufte, kam es in der Folge
zu einer Überalterung der Einsatzkräfte und zu chronischem Personalmangel im FE-Dienst.555

Am 12. Mai 1940 begannen mit dem Angriff der Royal Air Force auf Mönchengladbach die Bombenan-
griffe auf das Deutsche Reich. Die Bombardierungen veränderten auch die Aufstellung der Feuerweh-
ren. Zur Sicherstellung des Brandschutzes in den Luftschutzorten I. Ordnung ordnete das RLM für 18
besonders gefährdete Städte die Aufstellung mobiler SHD-Abteilungen an, genannt SHD-Abteilungen
(mot). Himmler ließ dazu sechs eigene Feuerschutzpolizei-Regimenter aufstellen, die Stärke der Ein-
heiten betrug zwischen 500 und 1.500 Mann. Nach Eingliederung der SHD-Abteilungen (mot) in die
Luftwaffe als LS-Abteilungen (mot) vergrößerte sich diese Zahl auf 27 Regimenter, wegen der steigen-
den Intensität der Luftangriffe ab 1942 war das Defizit an überörtlichen Kräften jedoch deutlich spür-
bar. In der zweiten Jahreshälfte 1942 setzte man Feuerwehren aus Luftschutzorten II. und III. Ordnung
als Feuerwehr-Bereitschaften ein, die bei Bedarf in die Orte I. Ordnung ausrücken sollten.556

551
Vgl. Linhardt (2002), S. 153.
552
Vgl. Hampe (1963), S. 364.
553
Vgl. Linhardt (2002), S. 154.
554
Vgl. Strumpf (2014), S. 85.
555
Vgl. Linhardt (2002), S. 155.
556
Vgl. Haase, Joachim (2013): Die überörtlichen Feuerwehreinheiten im Zweiten Weltkrieg. In: Vereinigung zur
Förderung des Deutschen Brandschutzes e.V. (Hrsg.): Zwischen Gleichschaltung und Bombenkrieg. Symposium
zur Geschichte der deutschen Feuerwehren im Nationalsozialismus 1933–1945. 8./9. Dezember 2012. Führungs-
und Schulungszentrum der Berufsfeuerwehr Köln. 3. Aufl. Köln: VdS Schadenverhütung, S. 141–158, hier S. 141.
113
In Luftschutzabschnitten stellte das RLM FE-Bereitschaften auf, diese setzten sich aus einem Bereit-
schaftsführer, drei Feuerlöschzügen, einem Entgiftungszug und einem Tross mit Drehleiter und Ver-
sorgung zusammen. Als Sollstärke gab man 103 Helfer mit 26 Kraftfahrzeugen und Anhängern an. 557
Diese Bereitschaften gliederten sich als größere Führungseinheit aus dem FE-Dienst und konnten
dadurch viel effektiver in den Schadensgebieten eingesetzt werden.558

Die feindseligen Haltungen zwischen Feuerwehren und Parteiformationen blieben auch im Kriegsver-
lauf weiter bestehen. Selbst als schwere Luftangriffe den Einsatz zahlreicher Luftschutzeinheiten er-
forderten, versuchten die NS-Organisationen, die Mitglieder für ihre angeblich kriegswichtigen Veran-
staltungen zu beanspruchen. Interventionen und Kompromissversuche blieben großteils erfolglos, die
Gegensätze zwischen Feuerwehren und Parteiformationen verschärften sich noch erheblich.559

Eine Möglichkeit, Personal für die Feuerwehr zu rekrutieren, ergab sich in Gesprächen zwischen Himm-
ler und dem Reichsjugendführer Baldur von Schirach. Bereits am 21. April 1939 trafen diese eine Ver-
einbarung über die Ausbildung der HJ zum Feuerlöschdienst. Am 28. Juni folgte der Erlaß über die Ein-
führung der Hitlerjungen in den Wehren, der die Tätigkeiten der HJ in den Feuerwehren regelte. Die
Präambel gleicht der des Feuerlöschgesetzes und lässt erkennen, dass die Vereinbarung den Vorberei-
tungen auf den Kriegsfall diente.560

„Die wachsende Bedeutung des Feuerlöschwesens, vor allem für den Luftschutz, macht erforderlich, daß
die zur Verfügung stehenden Kräfte der Feuerschutzpolizei und der Feuerwehren verstärkt werden. Zur
Erreichung dieses Ziel ist zwischen dem Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei und dem Jugend-
führer des Deutschen Reiches am 21. April 1939 folgende Vereinbarung getroffen worden:

[…] Der Jugendführer des Deutschen Reiches stellt dem Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei
in allen Luftschutzorten I. und II. Ordnung nach Maßgabe des öffentlichen Bedarfs Hilfskräfte aus den
Einheiten der HJ zur Verfügung, die im Feuerlöschdienst ausgebildet werden. […]

Der technische Dienst erstreckt sich auf alle im Feuerlöschdienst vorkommenden Übungen und Arbeiten
mit dem Endziel der Verwendung der Jungen an allen zum Einsatz geeigneten Geräten in Gemeinschaft
mit ausgebildeten Feuerwehrmännern im Anforderungsfalle. […]

Die Leitung der feuerwehrtechnischen Ausbildung liegt in Händen des Kommandeurs der öffentlichen
Feuerschutzpolizei bzw. des örtlichen Feuerwehrführers, der in Zusammenarbeit mit dem Standortführer
oder Standortbeauftragten der HJ einen Dienstplan aufstellt, wobei sowohl Überschneidungen mit dem
übrigen Dienst der HJ als auch dienstliche Überbelastung zu vermeiden sind. Normalerweise soll der Feu-
erwehrdienst 35 Doppelstunden im Jahr nicht übersteigen […].

Die für den Feuerwehrdienst kommandierten Jungen tragen während des Feuerwehrdienstes den Win-
teranzug und die blaue HJ-Dienstmütze.“561

557
Vgl. Klinge (2016), S. 151.
558
Vgl. Strumpf (2014), S. 88.
559
Vgl. Linhardt (2002), S. 155f.
560
Vgl. Blazek (2009), S. 117.
561
Vereinbarung über die Ausbildung der HJ im Feuerlöschdienst vom 28. Juni 1939, zit. nach Bürger (1983), S.
93f.
114
Die Zahl der zur Verfügung gestellten Hitlerjungen betrug in einem Luftschutzort I. oder II. Ordnung 80
Jungen, in Ausnahmefällen konnten bis zu 100 an die Feuerwehr abgestellt werden.562 Obwohl die
überstellten Jungen ihre Ausbildung von Feuerwehrleuten erhielten, blieben diese ihren HJ-Gefolg-
schaftsführern disziplinarisch unterstellt.563 Im Dezember 1939 erkannte man Schwierigkeiten in der
Organisationsform der HJ-Feuerwehrscharen, obwohl sich die Aufstellung als Feuerwehrreserve
grundsätzlich bewährt hatte. In Folge der Einberufungen waren die Luftschutzorte III. Ordnung stärker
betroffen als jene I. und II. Ordnung. Einige Feuerwehren in den Orten III. Ordnung versuchten nun aus
diesem Grund, ohne konkrete Ansuchen oder Anweisungen ihre Reihen durch die Hitlerjugend aufzu-
füllen. Ein weiteres Problem war die fehlende Sonderformation der HJ-Feuerwehrscharen nach vor-
handenem Muster wie Marine- oder Flieger-HJ. Dadurch ergaben sich im Dienstplan der Hitlerjungen
Überschneidungen und doppelte Belastungen. Erst durch die Übertragung der Ausbildung der Hitler-
jugend im Feuerlöschdienst auf die Sonderformation HJ-Streifendienst konnte eine Lösung gefunden
werden.564

Für die Angehörigen der regulären HJ war die Mitgliedschaft in den HJ-Feuerwehrscharen eine Mög-
lichkeit, dem Alltag in der Hitlerjugend mit Fahnenappellen, Geländeschulungen und ideologischen
Schulungen teilweise zu entrinnen. Da die älteren Feuerwehrkameraden sie als ihresgleichen aner-
kannten, war der Zulauf dementsprechend groß.565

Im ersten Kriegsjahr konnte dadurch die Feuerwehr mit Reservekräften aufgefüllt werden, es gab ge-
nug freiwillige Hitlerjungen, die sich zu den Feuerwehrscharen meldeten. Mit dem steigenden Perso-
nalmangel durch die andauernden Einberufungen zur Wehrmacht stieg jedoch der Bedarf an Ersatz-
kräften wieder. Ein Erlass sollte ab 1941 die Verteilung der Hitlerjungen auf die Feuerwehren regeln,
eine freiwillige Meldung war nicht mehr möglich. Die Zuteilung geschah über die Bannführung, die auf
Anforderung des Ortspolizeiverwalters das Personal zu stellen hatte. Als langfristiges Ziel nahm man
die feste Eingliederung in die Feuerwehren an, da man nach dem Krieg über einen jungen Stamm an
ausgebildeten Feuerwehrmännern verfügen wollte. Da die Hitlerjungen aber im Verlauf des Krieges
immer öfter als Luftwaffenhelfer Dienst leisten mussten, konnte das Ziel von vornherein nicht erreicht
werden.566

Ab 1942 sorgte der Führungsanspruch der Partei für weitere Komplikationen im zivilen Luftschutz. Die
am 16. November 1942 zu Reichsverteidigungskommissaren (RVK) ernannten Gauleiter erlangten in
ihren Gauen weitreichende Befugnisse zur Verteidigung. Das RLM versuchte per Erlass, Eingriffe der

562
Vgl. Blazek (2009), S. 117.
563
Vgl. Linhardt (2002), S. 158.
564
Vgl. Blazek (2009), S. 118.
565
Vgl. Linhardt (2002), S. 159.
566
Vgl. Engelsing (1999), S. 177.
115
RVK in die Ordnungspolizei und die Luftschutzleiter zu unterbinden, was jedoch erfolglos war. Die Gau-
leiter richteten zur Brandbekämpfung in vielen Städten eigene NSDAP-Spritzentrupps ein, die keiner
örtlichen Luftschutzleitung unterstanden.567 Selbst den örtlichen Feuerlöschpolizeien war nicht ganz
klar, wie ihre übergeordnete Führungsinstanz nun gegliedert war und welche Stelle welche Kompeten-
zen innehatte.568

Neben dem steigenden Einfluss der Partei erweiterte vor allem Himmlers SS ihren Einfluss auf die
Brand- und Luftschutzkräfte immer weiter. Die Führer der Freiwilligen Feuerwehren und der Feuer-
schutzpolizeien drängte man zum Eintritt in die SS, den Angehörigen der Organisation stand das Recht
zu, an ihrer Feuerwehruniform die SS-Sigrunen (nach der Rune sig) zu tragen. Die Feuerschutzpolizei
erhielt noch mehr einen paramilitärischen Charakter: Nach dem Vorbild der SS mussten sich per Rund-
erlass Himmlers alle Angehörigen der uniformierten Polizei ihre Blutgruppe am linken Oberarm täto-
wieren lassen, wenn sie mit einem auswärtigen Einsatz zu rechnen hatten. Offiziere und Unterführer
der Feuerschutzpolizei durften im Dienst aufgrund ihrer SS-Zugehörigkeit sogar Waffen tragen.569

Himmler ließ gegen Ende des Krieges SS-Dienstpässe und Erkennungsmarken an Mitglieder der Feuer-
schutzpolizei ausgeben, die SS-zugehörigen Feuerwehrmänner hatten nun auch ihren SS-Rang der Po-
lizeidienstbezeichnung voranzustellen.570 Nachdem es ihm gelungen war, den SHD aus dem RLM und
damit aus Görings Zuständigkeit auszugliedern, überführte Himmler das örtliche Personal in die neu
geschaffene Luftschutzpolizei, die ihm unterstand.571 Himmler wollte dem unter Druck geratenen RLM
auch die grundsätzliche Richtlinienkompetenz für den Luftschutz streitig machen. Sein Vorhaben ge-
lang erst Anfang 1945; ihm wurde das alleinige Weisungsrecht gegenüber der Luftschutzpolizei zuge-
sprochen. Der Einfluss des RLM auf die Luftschutzpolizei beschränkte sich im Anschluss nur noch auf
die Festlegung sehr pauschaler Richtlinien.572

Die ständigen Veränderungen in Organisation und Zuständigkeit führten zu einer Vielzahl von Einhei-
ten. 1943 existierten Feuerschutzpolizei, ortsgebundene FE-Bereitschaften, Feuerschutzpolizei-Regi-
menter (die dann zu Abteilungen umgegliedert wurden) und Feuerwehr-Bereitschaften aus Freiwilli-
gen Feuerwehren nebeneinander. Diese Einheiten unterstanden der Zuständigkeit der Ordnungspoli-
zei. Darüber hinaus gab es die LS-Abteilungen (mot) in der Zuständigkeit der Luftwaffe.573

567
Vgl. Linhardt (2002), S. 167.
568
Vgl. ebda., S. 169.
569
Vgl. ebda., S. 173.
570
Vgl. ebda.
571
Vgl. Strumpf (2014), S. 89.
572
Vgl. Linhardt (2002), S. 173.
573
Vgl. Strumpf (2014), S. 91.
116
Da ab 1943 auch die Hitlerjungend nicht mehr genügend Personal für die Feuerwehren abstellen
konnte, versuchte man die schwache Besetzung mit eigenen Abteilungen von Feuerwehrhelferinnen
zu füllen. Die weiblichen Kräfte sollten zum Teil Aufgaben der Brandbekämpfung übernehmen, haupt-
sächlich in Orten unter 1.000 Einwohnern.574 Ein wichtiges Kriterium war, dass die Frauen während des
Tages im Ort verfügbar waren und deswegen die abwesenden Männer im Einsatzfall ersetzen konnten.
Die Frauen sollten jedoch nicht einzelne Männer in den Feuerwehren ersetzen, sondern in eigens ge-
schaffenen Einheiten ausrücken. Ähnlich wie die HJ-Feuerwehrscharen erhielten die Feuerwehrhelfe-
rinnen in allen Bereichen des Brandschutzes eine Ausbildung, mit Ausnahme des Atemschutzes. Die
Ausbildung geschah in Schnellkursen. Ein Unterschied zu den männlichen Kameraden ergab sich auch
in der disziplinarischen Unterstellung. Während Feuerwehrmänner ab Dezember 1942 der SS- und Po-
lizeigerichtbarkeit unterlagen, gab es für Feuerwehrhelferinnen einen Katalog von Ordnungsstrafen.575
Nachdem Himmler die Aufstellung von Versuchseinheiten der Feuerwehrhelferinnen befohlen und
diese sich als erfolgreich erwiesen hatten, ging man zur allgemeinen Aufstellung als Ergänzungskräfte
über. Die Helferinnen erhielten als Dienstbekleidung blaue Kombinationsanzüge, einen Stahlhelm und
einen Schmalgurt zugewiesen, Gummistiefel sollten als Fußbekleidung dienen.576

Die notdienstverpflichteten Frauen erhielten ihre Einberufung in kurzen Mitteilungen, angefügt war
ein Hinweis auf Strafbestimmungen bei Dienstverweigerung. Viele verweigerten dennoch den Dienst,
da sie durch die Abwesenheit der Männer ohnehin schon bis an ihre Grenzen belastet waren. Wehr-
führer verzichteten außerdem auf die Eingliederung von Frauen in ihre Feuerwehr, wenn es Grund zur
Annahme gab, dass diese aufgrund vermuteter Vorstrafen oder schlechten Rufes das Ansehen der Feu-
erwehr schädigen könnten.577

Durch eine große Mobilisierungswelle konnte Ende 1943 das Aufstellungssoll an Feuerwehrhelferin-
nen erreicht werden. Bis Kriegsende 1945 konnten ca. 275.000 Frauen ausgebildet und in den Freiwil-
ligen Feuerwehren und im Luftschutz-Hilfsdienst tätig werden.578

Die weiter andauernden Einberufungen der Feuerwehrmitglieder und Luftschutzeinheiten zur Wehr-
macht konnten jedoch weder HJ noch Feuerwehrhelferinnen ausgleichen. Ab Herbst 1943 sah man
sich deswegen dazu gezwungen, als letzte Reserve auf abkommandierte Ausländer zurückzugreifen.579

574
Vgl. Blazek (2009), S. 104.
575
Vgl. Engelsing (1999), S. 182.
576
Vgl. Bürger (1983), S. 97.
577
Vgl. Engelsing (1999), S. 182.
578
Vgl. Bürger (1983), S. 97.
579
Vgl. Linhardt (2002), S. 180.
117
Diese stellte vorwiegend Ukrainer, Polen und Tschechen dar, die bei der SS in Polizeischützenregimen-
tern verpflichtet waren. Als die Ostfront ständig in Richtung Deutsches Reich zurückwich, löste man
die Regimenter auf und teilte die Männer den Feuerwehren zu.580

Gegen Kriegsende gerieten die Feuerwehren, insbesondere die Feuerschutzpolizei, immer wieder in
direkte Kampfhandlungen. Sie hatten als Infanteristen zunehmend ihre Städte und Feuerwachen zu
verteidigen.581 Mit Flammenwerfern und anderen Waffen ausgerüstet, boten sie im Frontgebiet ein
letztes Aufgebot gegen die alliierten Truppen auf. Im Fall der Gefangennahme bestand vor allem für
die Mitglieder der Feuerschutzpolizei Lebensgefahr, da man sie aufgrund ihrer Blutgruppentätowie-
rungen für Angehörige der Waffen-SS hielt.582 Bei Kriegsende war praktisch in keiner Stadt mehr eine
intakte Feuerwehr vorhanden, tausende Feuerwehrmänner gerieten in Kriegsgefangenschaft.583

II. Fazit
Nachdem sich im Ersten Weltkrieg das Flugzeug als Angriffswaffe durchsetzen konnte, setzte in Folge
die Beschäftigung mit dessen Abwehr ein. Zu diesem Zeitpunkt war die aktive Abwehr mittels Flugab-
wehrkanonen oder Jagdflugzeugen durch das Militär vorherrschend, ein Luftschutz mit passiven Mit-
teln war bis auf wenige Maßnahmen kaum vorhanden. Das Hauptproblem war mangels geeigneter
Meldeeinrichtungen die zeitnahe Warnung der Zivilbevölkerung. Vorschriften dazu, wie im Fall eines
Luftangriffs zu verfahren war, entwickelten sich zuerst regional und unkoordiniert. In den Anfängen
des Luftschutzes dachte man jedoch vorwiegend an den Schutz von Industrie und Verkehrswegen, nur
ein kleiner Bevölkerungsteil kam überhaupt in Kontakt mit den Vorkehrungen. Erst nach der Einrich-
tung eines Kommandeurs des Heimatluftschutzes begannen vereinheitlichende Maßnahmen, auch die
Aufklärung der Bevölkerung im Luftschutz setzte mithilfe von Propagandamaterial ein. Durch die Auf-
wertung des Heimatluftschutzes konnte nun auch deutlicher zwischen den aktiven (militärischen) und
passiven (zivilen) Luftschutzmaßnahmen unterschieden werden, jedoch war in beiden Fällen das Mili-
tär tonangebend.

In Österreich war der Flug des Italieners Gabriele d’Annunzio bis nach Wien 1918 maßgeblich für die
Entwicklung des Luftschutzes verantwortlich. In der Folge traf man sowohl aktive Maßnahmen (Luft-
beobachter, Abwehrflugzeuge) als auch passive Maßnahmen (Verdunkelung, Fliegeralarme) im Luft-
schutz. Für die Bevölkerung sollten eigens ausgearbeitete Anleitungen die Auswirkungen eines Angriffs

580
Vgl. Klinge (2016), S. 95.
581
Vgl. Blazek (2009), S. 110.
582
Vgl. Linhardt (2002), S. 185.
583
Vgl. Strumpf (2014), S. 93.
118
aus der Luft mildern. Im Ersten Weltkrieg hatte der Großteil der Bevölkerung jedoch keinen Kontakt
mit Luftschutzmaßnahmen, die Kämpfe fanden auf weit entfernten Schlachtfeldern statt.

Die Unterzeichnung des Friedensvertrags von Versailles bedeutete für Deutschland ein Verbot aller
Waffen und Abwehrmaßnahmen für den aktiven Luftschutz. Grundsätzlich war die Fortführung eines
passiven Luftschutzes erlaubt, die wirtschaftliche Lage verhinderte aber den Ausbau einige Jahre lang.
Lediglich eine private Initiative in Gestalt des Vereins ehemaliger Angehöriger der Flugabwehr e.V. ver-
suchte, die Idee des Luftschutzes weiter in der Bevölkerung voranzutreiben. Die Debatte um den Luft-
schutz konnte erst Giulio Douhets Werk zur Luftherrschaft wieder entfachen. Abkommen aus interna-
tionalen Konferenzen zum Luftkrieg sollten allerdings nie bindendes Völkerrecht werden, daher be-
trachteten nationalistische Gruppen in Deutschland die Bemühungen um eine friedliche Lösung als
Augenauswischerei. Der Schutz des Landes war ihrer Meinung nach nur mit einem aktiven Luftschutz
zu erreichen, gleichzeitig räumte man auch dem passiven seine Existenzberechtigung ein. Nach der
Besetzung des Ruhrgebiets durch französische und belgische Streitkräfte begann in der Weimarer Re-
publik unter Geheimhaltung die Ausarbeitung eines Konzepts zum Wiederaufbau des Luftschutzes. Die
Auswirkungen feindlicher Luftangriffe sollten dadurch erheblich eingeschränkt werden. Das Reichs-
wehrministerium entwickelte dazu Richtlinien. Erstmals sollte der militärische vom zivilen Luftschutz
getrennt werden. Mit der Unterzeichnung des Pariser Luftschutzabkommens erhielt Deutschland offi-
ziell die Erlaubnis, den passiven Luftschutz voranzutreiben. Diese Agenden übertrug die Regierung dem
Reichsministerium des Innern. Zur gleichen Zeit entstanden in der Weimarer Republik erste Luftschutz-
vereine, unter anderem der Deutsche Luftschutz e.V. Die Vereine sahen ihren Zweck in der Aufklärung
der Bevölkerung und der Weiterentwicklung des zivilen Luftschutzes, sie hatten jedoch stark mit finan-
ziellen Schwierigkeiten und staatlicher Konkurrenz zu kämpfen, da der Staat den Luftschutz durch seine
Behörden forcierte. Ende 1930 legte das Reichsministerium des Innern einen Organisationsplan für
den zivilen Luftschutz vor, der als Basis für den weiteren Aufbau dienen sollte. Darin war die Zustän-
digkeit für den Luftschutz auf örtlicher Ebene den Polizeibehörden übertragen. Eine Erweiterung er-
fuhr dieser Plan mit der Vorläufigen Ortsanweisung für den Luftschutz in der Zivilbevölkerung Ende
1932. Im gleichen Jahr kam es zur Gründung des Sicherheits- und Hilfsdienstes.

Die Bevölkerung sollte nun vollständig in den Luftschutz integriert werden, aus diesem Grund entstan-
den zahlreihe Ratgeber, Bücher und Zeitschriften, die die Idee des Luftschutzes verbreiten sollten.

Auch Österreich konnte durch den Vertrag von St. Germain nur Maßnahmen des passiven Luftschutzes
durchführen, zum Beispiel die Einrichtung von Referaten des Heimatluftschutzes in Heeresverwal-
tungsstellen. Als besondere Gefahr sah man den Abwurf chemischer Kampfstoffe an, dies war durch
die Erinnerungen an den Gaskrieg während des Ersten Weltkriegs bedingt. Das Ministerium für Heer-

119
wesen schuf das Referat Luftschutz, das jedoch vor allem den aktiven Luftschutz tarnen sollte. In wei-
terer Folge setzte auch in Österreich die mediale Beschäftigung mit dem Luftschutz ein. Der Österrei-
chische Luftschutzbund informierte ab seiner Gründung 1935 die Bevölkerung über Luftschutzfragen,
er erfuhr vor allem vom Kommandanten der österreichischen Luftstreitkräfte Alexander Löhr Unter-
stützung bei der Verbreitung des zivilen Luftschutzes. Das österreichische Militär investierte aber vor-
wiegend in den aktiven Luftschutz, zum Beispiel in Form einer Flugabwehrbatterie und der Flugab-
wehr-MG-Kompanie.

Die Machtergreifung der Nationalsozialisten veränderte fast alle Aspekte des Gemeinwesens tiefgrei-
fend. Kennzeichnend für den Luftschutz ist sicher die immer stärkere Beteiligung diverser Günstlinge
Hitlers. Göring bekam als Reichskommissar für die Luftfahrt die Zuständigkeit für die zivile Luftfahrt
und den Luftschutz übertragen, gleichzeitig führten Vertreter der Heeresleitung und der Luftstreit-
kräfte einen Machtkampf um die Kontrolle der noch jungen Luftwaffe. Durch Görings Stellung bei Hit-
ler etablierte sich schließlich die Luftwaffe als dritter Wehrmachtsteil. Aus Görings Reichskommissariat
entstand das Reichsluftfahrtministerium, hier ließ er unter Erhard Milch die Luftwaffeninspektion 13
einrichten, die sämtliche Agenden des zivilen Luftschutzes übertragen bekam. L In 13 setzte zwar um-
fassende Bemühungen zum zivilen Luftschutz in Gang, dieser blieb jedoch zunächst eine Randerschei-
nung. Der Grund war der Vorrang der Aufstellung der Luftwaffe. Die militärische Sparte im RLM lehnte
L In 13 als zivile Sparte ab, beide waren aber stark miteinander verwoben. Da finanzielle Mittel in die
Luftwaffe investiert wurden, mussten Prioritäten im zivilen Luftschutz gesetzt werden. Eine Maß-
nahme war die Kategorisierung der Orte in Luftschutzorte I., II. und III. Ordnung. In Form des Reichs-
luftschutzbundes sollte der Luftschutz in der Bevölkerung vorangetrieben werden, dies geschah vor
dem Hintergrund eines zukünftigen Krieges. Alle bisherigen Luftschutzvereine mussten sich auflösen,
die Mitglieder traten daraufhin überwiegend dem RLB bei. Mit dem Luftschutzgesetz von 1935 konnte
er reichsgesetzlich verankert werden, was ihm rechtliche Befugnisse einräumte. Seine Tätigkeiten in
Aufklärung und Werbung standen im Zeichen des Selbstschutzes. Jedermann sollte demnach für sich
selbst und sein Umfeld verantwortlich sein. Vorbereitungen auf einen Luftkrieg, wie die Schaffung der
Hausfeuerwehren, sollten im Fall eines Angriffs die Schäden mildern. Bald schon war man imstande,
die breite Bevölkerung im Selbstschutz auszubilden. Zu diesem Zweck schuf man umfassende Schu-
lungsmöglichkeiten. Organisatorisch entsprach der RLB stark dem Aufbau der NSDAP, dienstlich unter-
stellt war er direkt Göring als Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe. Der
RLB entwickelte sich nicht zuletzt aufgrund seiner aggressiven Werbetätigkeit und des geringen Mit-
gliedsbeitrags zu einer Massenorganisation mit einem Ausbildungs- und Überwachungsapparat.

120
Da für den Luftschutz nach wie vor keine reichseinheitliche gesetzliche Regelung existierte, verhandel-
ten die Reichsministerien jahrelang, um juristische Unsicherheiten zu beseitigen. Viele vom RLM vor-
gelegte Entwürfe lehnten die anderen Ministerien ab, erst eine Kompromisslösung ermöglichte das
Rahmengesetz. Von nun waren die Länder nicht mehr für den Luftschutz zuständig, Göring selbst
konnte nun fast im Alleingang den Luftschutz nach seinen Vorstellungen gestalten. Das Gesetz führte
die allgemeine Luftschutzpflicht für alle Deutschen und juristische Personen ein, die zu gewissen Tä-
tigkeiten im Sinne des Luftschutzes verpflichtet werden konnten. Dem erwähnten Rahmengesetz folg-
ten insgesamt 12 Durchführungsverordnungen, die vor allem auf die aktuelle Kriegslage reagierten.
Die Organisation des Luftschutzes teilte man in der Folge auf zwei Ebenen auf: den hoheitlichen Luft-
schutz mit Luftschutzwarndienst und Sicherheits- und Hilfsdienst; und die zivile Ebene mit Selbst-
schutz, erweitertem Selbstschutz und Werkluftschutz. Die Durchführung des Luftschutzes in der Zu-
ständigkeit der Polizei war ebenfalls der Gegenstand der Durchführungsverordnungen, falls Göring sich
nicht der Luftwaffe bediente.

Der behördliche Luftschutz trat in Gestalt des Sicherheits- und Hilfsdienstes auf, ihm gehörten zahlrei-
che Hilfsorganisationen wie Rotes Kreuz, Feuerwehr und Technische Nothilfe an. Da die Führung des
Luftschutzortes der Polizei oblag, erhielt diese die Führung des SHD zugesprochen. Hier war Himmler
maßgeblich beteiligt, da er sämtliche Agenden von Polizei und Behörde im zivilen Bereich kontrollieren
wollte, was zu Auseinandersetzungen mit dem RLM führte. Die Zuständigkeiten im Luftschutz verkom-
plizierten sich im Kriegsverlauf ständig dadurch, dass Himmler in diesem Bereich immer mehr Entschei-
dungsmacht anhäufen konnte und weitere Instanzen schuf. Der SHD unterstand, wie erwähnt, dem
örtlichen Polizeiverwalter. Er kam zum Einsatz, wenn die Kräfte des Selbstschutzes und erweiterten
Selbstschutzes nicht mehr ausreichten. Weitere dem SHD angehörige Kräfte waren unter anderem der
Luftschutz-Entgiftungsdienst, der Luftschutz-Veterinärdienst und die Fachtrupps der Versorgungsbe-
triebe.

Die österreichischen Luftschutzstrukturen gingen nach dem „Anschluss“ 1938 in denen des Deutschen
Reiches auf; auch das Luftschutzgesetz sollte schnellstmöglich in der „Ostmark“ in Kraft treten. Um die
Bevölkerung vor Bombenangriffen der alliierten Luftstreitkräfte schützen zu können, rief Hitler sein
Führer-Sofortprogramm ins Leben. Das gigantische Bunkerbau-Projekt verschlang gewaltige Ressour-
cen und verzögerte sich durch die weitverzweigte Bürokratie des nationalsozialistischen Reiches. Die
angespannte wirtschaftliche Lage führte zu massiven Einschränkungen, sodass nur rund 2.000 Bunker
fertiggestellt werden konnten. Deshalb musste der Großteil der Bevölkerung in Luftschutzkellern
Schutz suchen. Eine weitere Maßnahme Hitlers waren die Kinderlandverschickungen. Kinder aus ge-
fährdeten Städten sollten zum Schutz in ländliche Regionen geschickt werden. Die Bevölkerung er-
kannte die Verschickungen jedoch als Zwangsevakuierung, was laut Goebbels zu einer Stimmungskrise

121
führte. Unbeliebt waren in Österreich auch die ständig neuen Anordnungen aus Berlin, vor allem die
Kontrollen der Luftschutz- und Blockwarte verursachten die größte Verärgerung.

Zur raschen und unbürokratischen Hilfeleistung in schwer betroffenen Städten schuf man zwei Orga-
nisationen: Der Interministerielle Luftkriegsschäden-Ausschuss entstand nach Vorbesprechungen der
Ministerien, diese bestellten auch seine bevollmächtigten Mitglieder. Der ILA stand unter dem Vorsitz
Goebbels‘ und erledigte die geforderten Tätigkeiten streng nach Vorschrift, dadurch konnte er zuver-
lässig und schnell Hilfe leisten. Die enge Zusammenarbeit und das Ausklammern von internen Streitig-
keiten führten ebenfalls zum Erfolg der Arbeit. Dem gegenüber stand die Reichsinspektion zur Durch-
führung ziviler Luftkriegsmaßnahmen. Auch ihr stand Goebbels vor, nachdem sich die NSDAP schritt-
weise die Kompetenzen des RLM angeeignet hatte. Die Reichsinspektion war jedoch geprägt von zahl-
reichen Machtkonflikten, vorwiegend ging es um die Gunst Hitlers, dem man aus diesem Grund un-
wichtige Ratschläge statt Informationen zukommen ließ. Die zwei neuen Organisationen stehen stell-
vertretend für das Fortschreiten des Krieges: Die bisherige Zuständigkeit für den Luftschutz zersplit-
terte immer weiter, neue Machthaber akkumulierten diese und trafen Veränderungen nach ihren Vor-
stellungen.

Viele Aspekte der nationalsozialistischen Ideologie fanden bei den Feuerwehren des Deutschen Rei-
ches Anklang. Auch die Möglichkeit eines Bedeutungsgewinns sorgte für positive Stimmung gegenüber
den Nationalsozialisten. Bereits mit der NS-Machtergreifung waren diese Illusionen zumindest bei den
sozialdemokratischen Wehrführern verflogen, diese durften keine Ehrenämter mehr ausüben. Unter
den Feuerwehrmitgliedern sorgte die große Zahl neuer Organisationen für einen starken Mitglieder-
schwund, zahlreiche Kameraden erhofften sich durch ihre Mitgliedschaft in den Parteiformationen ei-
nen schnelleren beruflichen Aufstieg. Dies führte zu einem großen Konkurrenzdruck und zu Auseinan-
dersetzungen.

Vertreter der Feuerwehren forderten aufgrund der unterschiedlichen Zuständigkeiten und Ausrüstung
eine einheitliche Regelung des Feuerwehrwesens. Diesen Vorschlag nahmen die neuen Machthaber
gerne auf. Die Ersetzung der Wehrführer durch parteizugehörige Personen war eine der ersten Maß-
nahmen zur Vereinheitlichung, bald sollte dies auch für die Mannschaft gelten. Die Schaffung eines
Gesetzes über das Feuerlöschwesen sollte in Preußen einen ersten Schritt zur reichseinheitlichen Ge-
staltung setzen. Im Hintergrund stand, die Feuerwehren für ihre Rolle in einem zukünftigen Krieg ein-
satzbereit zu machen, und zwar im Hinblick auf Zuständigkeit, Organisation, Aufgabenbereiche und
Ausrüstung. Das bisherige Löschgebiet glich man etwa dem Ortspolizeibezirk an, die Verantwortung
für die Ausrüstung trug die jeweilige Gemeinde. Viele außerpreußische Länder übernahmen das neue
Gesetz freiwillig, dadurch konnten sich nationalsozialistische Vorstellungen wie die Gleichschaltung in

122
den Feuerwehren rasch durchsetzen. Spätestens mit der Verabschiedung des reichsweit gültigen Feu-
erlöschgesetzes 1938 waren alle Feuerwehren gleichgestellt. Himmlers Zentralisierung der Deutschen
Polizei hatte auch Auswirkungen auf die Feuerwehren, diese waren nun dem Hauptamt Ordnungspo-
lizei angegliedert.

Mit dem Erlass des Reichsfeuerlöschgesetzes 1938 gelang eine Zentralisierung des gesamten Feuer-
wehrwesens, die Unabhängigkeit der traditionellen Feuerwehrvereine war damit zu Ende. Freiwillige
Feuerwehren sollten als Hilfspolizei tätig werden, die Berufsfeuerwehren als Vollzugspolizei unter dem
Namen Feuerschutzpolizei. Wie das Luftschutzgesetz war auch das Gesetz über das Feuerlöschwesen
ein Rahmengesetz. Eine genauere Regelung des Feuerwehrwesens fand mit den anschließenden sie-
ben Durchführungsverordnungen statt, die vor allem den Luftschutz hervorhoben. Zu Kriegsbeginn sah
es noch nicht danach aus, dass die Feuerwehren gegen abgeworfene Bomben tätig werden müssten,
zuerst hatten sie Aufgaben für die Rüstungsindustrie zu erfüllen. Die Mitgliederzahlen sanken durch
die zahlreichen Einberufungen zur Wehrmacht auf einen äußerst niedrigen Stand, die Einberufungen
zur Pflichtfeuerwehr sollten dieses Problem etwas entschärfen. Auch für den SHD-Feuerlöschdienst
war seine geringe Mitgliederzahl problematisch, vor allem nach Beginn der Bombenangriffe auf das
Deutsche Reich. Zahlreiche Veränderungen in der Organisation sollten Abhilfe schaffen; durch die stei-
gende Intensität des Luftkrieges war das Defizit der Kräfte jedoch deutlich zu spüren. Der Einsatz von
Hitlerjungen in den Reihen der Feuerwehren sollte Abhilfe bringen, diese meldeten sich aufgrund des
nicht so strengen Dienstalltags gern zum Feuerwehrdienst. Später verwandelte der steigende Einfluss
der Partei und Himmlers SS die Feuerwehren in eine paramilitärische Organisation. Im Dienst durften
Offiziere und Unterführer der Feuerschutzpolizei schlussendlich sogar Waffen tragen, darüber hinaus
hatten sich alle Angehörigen ihre Blutgruppe einzutätowieren. Da der Bedarf an Feuerwehrmännern
selbst mit der Hitlerjugend nicht zu befriedigen war, sollten eigene Abteilungen von Feuerwehrhelfe-
rinnen zum Einsatz kommen. Die Frauen waren in der Regel tagsüber in den Orten verfügbar und konn-
ten deswegen die Männer im Einsatzfall ersetzen. Da sie jedoch oft an die Grenze ihrer Belastbarkeit
gelangten, verweigerten viele Frauen den Dienst trotz Strafdrohungen. Die letzte Reserve an Kräften
stellten abkommandierte Ausländer aus den Reihen der SS-Polizeischützenregimenter dar. Aufgrund
der Rückwärtsbewegung der Ostfront löste man die Regimenter auf und teilte die Männer den Feuer-
wehren zu. Gegen Kriegsende erhielten die Feuerwehrleute Waffen ausgehändigt und mussten als In-
fanteristen ihre Städte und Feuerwachen verteidigen. Dabei gerieten sie immer wieder in direkte
Kampfhandlungen. Besonders Angehörige der Feuerlöschpolizei hatten bei Gefangennahme durch die
Alliierten um ihr Leben zu fürchten – aufgrund ihrer Blutgruppentätowierung hielt man sie für Ange-
hörige der Waffen-SS.

123
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setzblatt abgedruckter, von Hitler während des Zweiten Weltkrieges schriftlich erteilter Direktiven aus
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ausgabe. Hamburg: Nikol.

125
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während des Dritten Reiches. Frankfurt am Main: Verlag für Polizeiwissenschaft (= Schriftenreihe der
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Nestroy, Othmar (2020): Es rissen alle Stricke – doch wir überlebten. Episoden aus der Kriegs- und
Nachkriegszeit in Wien in einer nicht streng chronologischen Abfolge. Graz: Verlag der Technischen
Universität Graz (= Archiv und Bibliothek der TU Graz 5).
Neufeldt, Hans-Joachim (1957): Entstehung und Organisation des Hauptamtes Ordnungspolizei. In:
Hans-Joachim Neufeldt; Jürgen Huck; Georg Tessin (Hrsg.): Zur Geschichte der Ordnungspolizei 1936–
1945. Als Manuskript gedruckt. Koblenz: Breuer (= Schriften des Bundesarchivs 3), S. 5–115.
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Reuth, Ralf Georg (Hrsg.) (1992): Joseph Goebbels Tagebücher. Band 4: 1940–1942. Orig.-Ausg. Mün-
chen: Piper (= Serie Piper 11414).
Reuth, Ralf Georg (Hrsg.) (1992): Joseph Goebbels Tagebücher. Band 5: 1943–1945. Orig.-Ausg. Mün-
chen: Piper (= Serie Piper 1515).
Schamberger, Rolf (2012): Feuerwehren im Nationalsozialismus. Manuskript zum Vortrag Stolper-
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http://www.dfm-fulda.de/30-ausstellung/PDF/Vortrag_Stolpersteine.pdf, zuletzt geprüft am
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Avantgarde der modernen ABC-Abwehr und des Zivilschutzes (= Schriftenreihe ABC-Abwehrzentrum),
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Kernmayr (Hrsg.): Der goldene Helm. Werden, Wachsen und Wirken der Feuerwehren. 3. Aufl. Lands-
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träge zur Geschichte des Nationalsozialismus 22), S. 183–206.
Süß, Dietmar (2011): Tod aus der Luft. Kriegsgesellschaft und Luftkrieg in Deutschland und England.
Zugl.: Jena, Univ., Habil.-Schr., 2010. München: Siedler.
Zecha, Wolfgang; Hirnschall, Hans (1994): 200 Jahre Flugabwehr in Österreich. 1794–1994. Wien: Stöhr
(= Österreichische Militärgeschichte Sonderband = Folge 2).

126
IV. Primärquellen
a) Archivgut
Bundesarchiv Deutschland NS 6/347, Bl. 145–147 vom 24. August 1944: Anordnung 200/44: Ausfüh-
rungsbestimmungen zu dem Erlaß des Führers vom 25. Juli 1944. Selbstschutz – Führung und Konzent-
ration der zivilen Abwehrkräfte im Luftkrieg. Digitalisiertes Archivgut.
Bundesarchiv Deutschland R 19/308, Bl. 11 vom 10. Oktober 1937: Ausbildung im Luftschutz. Digitali-
siertes Archivgut.
Bundesarchiv Deutschland R 43-II/394, Bl. 34 vom 16. August 1938: Entwurf eines Gesetzes über das
Feuerlöschwesen. Digitalisiertes Archivgut.
Bundesarchiv Deutschland NS 6/347, Bl. 148 vom 24. August 1944: Anordnung 201/44: Ausführungs-
bestimmungen zu dem Erlaß des Führers vom 25. Juli 1944 über den Reichsluftschutzbund. Digitali-
siertes Archivgut.
Bundesarchiv Deutschland RW 1/83, Bl. 34 o.D.: Aufgabenverteilung auf die einzelnen Organe des öf-
fentlichen Sicherheits- und Hilfsdienstes. Städtischer Rettungsdienst und sanitäre Verbände. Digitali-
siertes Archivgut.

b) Gesetze und Verordnungen


Dritte Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Feuerlöschwesen (Organisation der Freiwilligen
Feuerwehr). Vom 24. Oktober 1939. RGBl I, Nr. 212 vom 27. Oktober 1939, S. 2096–2099. Online ver-
fügbar unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=19390004&seite=00002096,
zuletzt geprüft am 10.6.2021.
Dritte Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz. Vom 4. Mai 1937. RGBl. I, Nr. 58 vom 7. Mai
1937, S. 566–567. Online verfügbar unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&da-
tum=1937&page=672&size=45, zuletzt geprüft am 31.3.2021.
Erlass über die Einsetzung eines Chefs der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern. Vom
17. Juni 1936. RGBl. I, Nr. 55 vom 17. Juni 1936, S. 487–488. Online verfügbar unter
https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1936&page=577&size=45, zuletzt geprüft
am 9.3.2021.
Erste Ausführungsbestimmungen zum § 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zum Luftschutzge-
setz (Schutzraumbestimmungen). Vom 4. Mai 1937. RGBl I, Nr. 58 vom 7. Mai 1937, S. 568–574. Online
verfügbar unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1937&page=674&size=45,
zuletzt geprüft am 31.3.2021.
Erste Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Feuerlöschwesen (Organisation der Feuer-
schutzpolizei). Vom 27. September 1939. RGBl I, Nr. 195 vom 3. Oktober 1939, S. 1983–1984. Online
verfügbar unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1939&page=2214&size=45,
zuletzt geprüft am 10.6.2021.
Erste Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz. Vom 4. Mai 1937. RGBl. I, Nr. 58 vom 7. Mai
1937, S. 559–565. Online verfügbar unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&da-
tum=1937&page=665&size=45, zuletzt geprüft am 30.3.2021.
Erste Verordnung über den Neuaufbau des Reichs. Vom 2. Februar 1934. RGBl I, Nr. 13 vom 3. Februar
1934, S. 81. Online verfügbar unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&da-
tum=1934&page=195&size=45, zuletzt geprüft am 19.5.2021.

127
Fünfte Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Feuerlöschwesen (Erstattung des Lohnausfalls
an die Mitglieder der Feuerwehren). Vom 6. November 1939. RGBl I, Nr. 222 vom 9. November 1939,
S. 2172. Online verfügbar unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&da-
tum=1939&page=2403&size=45, zuletzt geprüft am 11.6.2021.
Gesetz über das Feuerlöschwesen. Vom 23. November 1938. RGBl I, Nr. 199 vom 26. November 1938,
S. 1662–1663. Online verfügbar unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&da-
tum=1938&page=1840&size=45, zuletzt geprüft am 2.6.2021.
Gesetz über das Feuerlöschwesen. Vom 15. Dezember 1933. Preußische Gesetzsammlung, Nr. 79 vom
19. Dezember 1933, S. 484–480. Online verfügbar unter https://jbc.bj.uj.edu.pl/dlibra/publica-
tion/531087/edition/505424/content, zuletzt geprüft am 10.5.2021.
Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums. Vom 7. April 1933. RGBl I, Nr. 34 vom 7. April
1933, S. 175–177. Online verfügbar unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&da-
tum=1933&page=300&size=45, zuletzt geprüft am 6.5.2021.
Luftschutzgesetz. Vom 26. Juni 1935. RGBl. I, Nr. 69 vom 4. Juli 1935, S. 827–828. Online verfügbar
unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1935&size=45&page=969, zuletzt ge-
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Sechste Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Feuerlöschwesen (Amt für Freiwillige Feuer-
wehren). Vom 3. Jänner 1940. RGBl I, Nr. 3 vom 5. Jänner 1940, S. 20. Online verfügbar unter
https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1940&page=66&size=45, zuletzt geprüft am
11.6.2021.
Siebente Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Feuerlöschwesen (Organisation der Werks-
feuerwehr). Vom 17. September 1940. RGBl I, Nr. 168 vom 24. September 1940, S. 1250–1252. Online
verfügbar unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1940&page=1286&size=45,
zuletzt geprüft am 11.6.2021.
Verordnung über den Reichskommissar für die Luftfahrt. Vom 2. Februar 1933. RGBl. I, Nr. 8 vom 6.
Februar 1933, S. 35. Online verfügbar unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&da-
tum=1933&page=160&size=45, zuletzt geprüft am 17.2.2021.
Verordnung über die Einführung des Luftschutzrechts im Lande Österreich. Vom 25. Juli 1938. RGBl. I,
Nr. 115 vom 26. Juli 1938, S. 919–920. Online verfügbar unter https://alex.onb.ac.at/cgi-con-
tent/alex?aid=dra&datum=1938&page=1097&size=45, zuletzt geprüft am 8.4.2021.
Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über das Feuerlöschwesen. Vom 1. Jänner 1934. Preußi-
sche Gesetzsammlung, Nr. 2 vom 6. Jänner 1934, S. 10–11. Online verfügbar unter
https://jbc.bj.uj.edu.pl/dlibra/publication/531207/edition/505544/content, zuletzt geprüft am
13.5.2021.
Verordnung zur Sicherung der Staatsführung. Vom 7. Juli 1933. Deutscher Reichsanzeiger und Preußi-
scher Staatsanzeiger, Nr. 157 vom 8. Juli 1933, S. 1. Online verfügbar unter https://digi.bib.uni-mann-
heim.de/periodika/reichsanzeiger/ausgaben/1933/5/157, zuletzt geprüft am 6.4.2021.
Vierte Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Feuerlöschwesen (Organisation der Pflichtfeu-
erwehr). Vom 24. Oktober 1939. RGBl I, Nr. 212 vom 27. Oktober 1939, S. 2100–2102. Online verfügbar
unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1939&page=2331&size=45, zuletzt ge-
prüft am 11.6.2021.
Zweite Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Feuerlöschwesen (Verhalten bei Brandfällen).
Vom 9. Oktober 1939. RGBl I, Nr. 202 vom 16. Oktober 1939, S. 2024–2026. Online verfügbar unter
https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=19390004&seite=00002024, zuletzt geprüft
am 10.6.2021.
128
Zweite Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz. Vom 4. Mai 1937. RGBl. I, Nr. 58 vom 7. Mai
1937, S. 566. Online verfügbar unter https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&da-
tum=1937&page=672&size=45, zuletzt geprüft am 31.3.2021.

c) Zeitgenössische Bücher und Zeitschriften


Bundesministerium für Landesverteidigung (1936): Luftschutz-Unterricht an den Schulen. Lehrbehelf.
Wien: o. V.
Der 31. Badische Feuerwehrtag in Pforzheim (1933). In: Badischer Beobachter Nr. 215, Jg. 71 vom 14.
August 1933, S. 3. Online verfügbar unter https://digital.blb-karlsruhe.de/blbz/periodical/page-
view/2283179, zuletzt geprüft am 7.5.2021.
Douhet, Giulio (1935): Luftherrschaft. Übersetzt aus dem Italienischen von Rittmeister a.D. Roland
Strunk. Berlin: Drei Masken Verlag.
Grimme, Hugo (1933): Der Luftschutz nach dem Weltkrieg bis zur Bestellung des Reichskommissars für
die Luftfahrt (1933). In: Gasschutz und Luftschutz Nr. 11, Jg. 13 (1943), S. 270–277. Online verfügbar
unter http://download.gsb.bund.de/BBK/BBKNV194311.PDF, zuletzt geprüft am 27.1.2021.
Grimme, Hugo (1937): Der Reichsluftschutzbund. Aufgaben, Organisation, Tätigkeit, Berlin: Junker und
Dünnhaupt (= Schriften der Deutschen Hochschule für Politik 9).
Grimme, Hugo (1943): Der Luftschutz nach dem Weltkrieg bis zur Bestellung des Reichskommissars für
die Luftfahrt (1933). II. Tätigkeit der Vereine. In: Gasschutz und Luftschutz Nr. 12, Jg. 13 (1943), S. 301–
309. Online verfügbar unter http://download.gsb.bund.de/BBK/BBKNV194312.PDF, zuletzt geprüft
am 29.1.2021.
Grimme, Hugo (1944): Der Luftschutz nach dem Weltkrieg bis zur Bestellung des Reichskommissars für
die Luftfahrt (1933). 2. Fortsetzung. In: Gasschutz und Luftschutz Nr. 1, Jg. 14 (1944), S. 10–16. Online
verfügbar unter http://download.gsb.bund.de/BBK/BBKNV194401.PDF, zuletzt geprüft am 27.1.2021.
Knipfer, Kurt (1933): Der Weg zum Reichsluftschutzbund. In: Gasschutz und Luftschutz Nr. 6, Jg. 3
(1933). Online verfügbar unter http://download.gsb.bund.de/BBK/BBKNV193306.PDF, zuletzt geprüft
am 22.2.2021.
Knipfer, Kurt (1935): Zum neuen Luftschutzgesetz. In: Gasschutz und Luftschutz Nr. 7, Jg. 5 (1935), S.
170–172. Online verfügbar unter http://download.gsb.bund.de/BBK/BBKNV193507.PDF, zuletzt ge-
prüft am 25.3.2021.
Knipfer, Kurt (1937): Die Durchführungsbestimmungen zum Luftschutzgesetz. In: Gasschutz und Luft-
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Knipfer, Kurt (1938): Grundsätzliches über den Aufbau des zivilen Luftschutzes in Oesterreich. In: Gas-
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Knipfer, Kurt; Burkhardt, Werner (Hrsg.) (1935): Luftschutz in Bildern. Eine gemeinverständliche Dar-
stellung des gesamten Luftschutzes für jeden Volksgenossen. Berlin: Landsmann.
Krohne, Rudolf (1932): Luftschutz als Volksschutz und Selbstschutz. In: Luftschutz-Rundschau Nr. 1/2,
Jg. 1 (1932), S. 1–2. Online verfügbar unter http://gsb.download.bva.bund.de/BBK/LR/Luftschutz-
Rundschau_1932_1-2.pdf, zuletzt geprüft am 29.1.2021.
Reichsluftschutzbund (1939): Luftschutz ist Selbstbehauptungswille. Aufgaben und Erfahrungen über
die Ausbildung im zivilen Luftschutz. 4. Aufl. Berlin.

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Roskoten, Richard (1932): Ziviler Luftschutz. Ein Buch für das deutsche Volk. Mit einem Geleitwort von
Präsident Heinrich Paetsch, Berlin (Polizeiinstitut für Technik und Verkehr). Düsseldorf: Industrie-Ver-
lag.
Zimmer, Arthur (1935): Gas über Österreich. Schutzmaßnahmen und ärztliche Hilfeleistung gegen che-
mische Kampfstoffvergiftungen. Wien: Hans Fleischmann & Co.

V. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Plakat: Wie verhalte ich mich bei Fliegergefahr?
Stadtarchiv Darmstadt (2021): Wie verhalte ich mich bei Fliegergefahr? Plakat über das richtige Ver-
halten bei Luftangriffen (StadtA DA Best. 54 Nr. 1010). Online verfügbar unter https://ausstellun-
gen.deutsche-digitale-bibliothek.de/brandnacht/items/show/1, zuletzt geprüft am 23.1.2021.

Abbildung 2: Zeitschrift „Der Luftschutz“. Ausgabe Juni 1934. Luftschutzübung in St. Pölten.
Unbekannter Autor: Der Luftschutz. Ausgabe Juni 1934. Luftschutzübung in St. Pölten. Privatsamm-
lung. Marcello La Speranza. Online verfügbar unter https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Da-
tei:3_Der_Luftschutz,_Juni_34.jpg, zuletzt geprüft am 5.2.2021.

Abbildung 3: Werbeaufruf: „Hinein in den Luftschutzverein!“


Unbekannter Autor: ÖLB – Hinein in den LS-Verein. Werbung zum Eintritt in den Österreichischen Luft-
schutzverein, um 1935. Privatsammlung. Marcello La Speranza. Online verfügbar unter
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Datei:2_%C3%96LB_Hinein_in_den_LS-Verein.jpg, zuletzt ge-
prüft am 5.2.2021.

Abbildung 4: Organisationsschema für größere Orte.


Reichsluftschutzbund (1939): Luftschutz ist Selbstbehauptungswille. Aufgaben und Erfahrungen über
die Ausbildung im zivilen Luftschutz. 4. Aufl. Berlin, S. 8.

Abbildung 5: Organisation des zivilen Luftschutzes und des Reichsluftschutzbundes.


Grimme, Hugo (1937): Der Reichsluftschutzbund. Aufgaben, Organisation, Tätigkeit, Berlin: Junker und
Dünnhaupt (= Schriften der Deutschen Hochschule für Politik 9), S. 39.

Abbildung 6: Organisation des zivilen Luftschutzes in einer Großstadt.


Bundesarchiv Deutschland RW 1/83, Bl. 1 o.D.: Aufgabenverteilung auf die einzelnen Organe des öf-
fentlichen Sicherheits- und Hilfsdienstes. Städtischer Rettungsdienst und sanitäre Verbände. Digitali-
siertes Archivgut.

Abbildung 7: Dienste und Träger des SHD.


Klinge, Godeke (2016): Schutz und Hilfe. Die Geschichte der Entwicklung des Schutzes der Bevölkerung
in Deutschland bei Katastrophen und kriegerischen Auseinandersetzungen von 1871–1945, S. 124. On-
line verfügbar unter https://www.geschichtsspuren.de/images/downloads/schutzundhilfe.pdf, zuletzt
geprüft am 19.6.2021.

Abbildung 8: Behandlung einer durch Grünkreuzvergiftung lungenkranken Kuh mit Sauerstoff.


Knipfer, Kurt; Burkhardt, Werner (Hrsg.) (1935): Luftschutz in Bildern. Eine gemeinverständliche Dar-
stellung des gesamten Luftschutzes für jeden Volksgenossen. Berlin: Landsmann, S. 42.

Abbildung 9: Übersichtskarte für den Einflug feindlicher Flugzeuge.


Wellek, Atelier (1944): Übersichtskarte für den Einflug feindlicher Flugzeuge. Schematische Darstellung
mit Wien im Mittelpunkt. Online verfügbar unter https://onb.digital/result/BAG_11292118, zuletzt ge-
prüft am 22.4.2021.

130
VI. Abkürzungen
DFV: Deutscher Feuerwehr-Verband

DLS: Deutsche Luftschutz

DLSV: Deutscher Luftschutzverband e.V.

DVO: Durchführungsverordnung

FE-Dienst: Feuerlösch- und Entgiftungsdienst

HSSPF: Höherer SS- und Polizeiführer

ILA: Interministerieller Luftkriegsschäden-Ausschuss

Kripo: Kriminalpolizei

L In 13: Luftwaffeninspektion 13

ÖLB: Österreichischer Luftschutzbund

Orpo: Ordnungspolizei

RdL und ObdL: Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe

RFM: Reichsfinanzministerium

RFSSuChdDtPol: Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei

RI: Reichsgruppe Industrie

RLB: Reichsluftschutzbund e.V.

RLM: Reichsluftfahrtministerium

RMI: Reichsministerium des Innern

SD: Sicherheitsdienst des Reichsführers SS

SHD: Sicherheits- und Hilfsdienst

Sipo: Sicherheitspolizei

131

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