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Vogelfänger
im Salzkammergut
Ein alter Brauch stellt sich vor
©Franz Killmeyer
Vogelfang im Salzkammergut Kaiserliche Urkunde von 1579
Brauchtum als gelebte Tradition Hierzulande bedeutend war eine Instruktion
und Ausdruck von Naturverbundenheit Kaiser Rudolf II vom 20. Dezember 1579,
welche den Vogelfang erlaubte. Im
von Dipl. Ing. Dr. Ludwig WIENER Salzkammergut kann man seit diesem
Zeitpunkt eine Entwicklung verfolgen,
welche sich im Vergleich zu anderen
Vogelfang inmitten Europas am Anfang des alpinen und außeralpinen Regionen immer
21. Jahrhunderts? Für viele unverständlich deutlicher unterschied. Schließlich setzte
– verbindet man doch heute den Vogelfang sich der Fang einzelner, besonders schöner
mit längst vergessenen (Un)Sitten Exemplare gegenüber dem Massenfang
vergangener Zeiten oder mit Massenfängen durch. Die Freude am bunten Gefieder
in Südeuropa als Ausdruck von Vogelliebe, wurde wichtiger als der Geschmack des
welche durch den Magen geht. Dennoch Fleisches und der Wunsch nach einem
hat sich im Salzkammergut eine Tradition schönen, unversehrten und gesunden Vogel
erhalten, welche sich eigenständig wurde zum wichtigsten Ziel überhaupt. Die
entwickelt hat und, ständig an die jeweilige Vögel will man nun nach Schönheit reihen
Zeit angepasst, sich im reichhaltigen und der Bevölkerung die kleine Wunderwelt
Brauchtumskalender des Salzkammergutes unserer Wälder zeigen. Im Winter erfreut
einen fixen Platz erworben hat. man sich am Gesang und im Frühjahr
werden die gefiederten Freunde wieder in
die freie Natur entlassen.
Der Brauch geht weit zurück. Schon
früh hatten Vögel ihren fixen Platz im „Jagd des kleinen Mannes“
Volksglauben und in der Volkskultur. Das Privileg Kaiser Rudolf II erlaubte im
Sie wurden mit Krankheiten und deren Gegensatz zur Jagd, deren Ausübung nur
Abwehr in Verbindung gebracht, dienten der oberen Schicht vorbehalten war, allen
als Fruchtbarkeitssymbol und boten Schutz Bevölkerungsschichten den Vogelfang.
von Haus und Hof. Besonders wichtig war Dieser wurde dadurch bald als “Jagd des
immer die Freude, welche mit den Vögeln Kleinen Mannes” bezeichnet. Mittlerweile
verbunden war: sei es als willkommene hat der Vogelfang mit dem eigentlichen
Bereicherung des Speiseplanes, am Anblick Begriff der “Jagd” schon lange nichts mehr
des bunten Gefieders oder beim Hören des zu tun!
vielseitigen Gesanges.
Die begehrten Vogelarten
Gefangen werden dürfen im
Salzkammergut einzelne Exemplare
der “Allerweltsarten” Erlenzeisig,
Distelfink oder Stieglitz, Gimpel und der
Fichtenkreuzschnabel. Es handelt sich
um Finkenvögel. Ihre Nahrung besteht
vorzugsweise aus Sämereien, Körnern, denen der Vogel von einem kleinen Netz
Knospen und Früchten. Diese Vogelarten umgeben wird, wenn sich dieser auf die
sind weit verbreitet und in Österreich Sitzstange setzt. Die Engmaschigkeit des
weder in ihrer Verbreitung noch in ihrer Netzes verhindert ein Hängenbleiben oder
Populationsdichte gefährdet oder bedroht. ein Einhaken der Flügel. Das Netz wird nicht
Sie sind Teilzieher (auch Strich- oder fest zusammengehalten, sondern oben
Zigeunervögel genannt), d.h. sie sammeln überkreuzt, sodass ein Befreiungsversuch
sich außerhalb der Brutzeit im Herbst zu das Netz schließt und nicht öffnet. Ein
kleineren oder größeren Trupps zusammen Vogel, der nicht zur Gänze vom Netz
und ziehen umher. Dies geschieht umgeben ist, kann sich leicht von selbst
vorwiegend zum Auskundschaften ohne Verletzungsgefahr befreien. Die Vögel
©Franz Killmeyer
geeigneter Fraßplätze. zeigen in diesem Fall keine Anzeichen von
Sie dienen Raubtieren (hier vor allem Schmerz oder gar Verletzung.
dem Sperber oder dem Sperlingskauz)
als Nahrung und zeigen als normale
ökologische Reaktion auf Verluste
eine erhöhte Vermehrungsrate. Diese
hängt außerdem vom dargebotenem
Nahrungsangebot und der Brutplatzqualität
ab. In optimalen Jahren können die
genannten Arten 3 mal pro Jahr jeweils 3 -
6 Eier ausbrüten. Die Neststerblichkeit kann
allerdings außerordentlich hoch sein, sodass
nur wenige Jungvögel den ersten Winter
überleben. Die Gesamtlebensdauer geht
nur selten über 2 Jahre hinaus. In Kombination mit einem Lockvogel (das
ist ein unversehrter, sehr gesangsbegabter
Der Fang Vogel derselben Gattung) und einem
Zum Vogelfang muss man früh auf die „Leckerbissen“ als Anreiz, ist mit dieser
Beine. Es ist noch mitten in der Nacht, Fangmethode ein selektiver Fang einzelner
wenn man im Zeitraum von Mitte Vögel möglich, da pro Falle nur ein Vogel
September bis Ende November in die auf einmal gefangen werden kann. Ein
Wälder zieht, um seine Geschicklichkeit zufälliger Fang eines vorbeikommenden
mit jener der begehrten Vögel zu messen. Vogels einer anderen Art nur sehr selten
Noch vor Tagesanbruch muss man den ist. Der Fänger ist ständig anwesend und
Fangplatz erreichen, mitunter nach beobachtet die Vorgänge ganz genau. Im
einem stundenlangen Anmarsch, um die Fall eines Fangerfolgs kann er sofort die
benötigten Fallen und Lockvögel richtig zu Falle aufsuchen und den Vogel, ohne ihn
platzieren. zu berühren, weiterfliegen lassen - oder ihn
Zum Fang verwendet man heute behalten.
“Netzkloben”, das sind kleine Fallen, bei Hier findet sich das Eigentümliche an
der Entwicklung des Vogelfangs im meist ein bemalter Teller oder ein
Salzkammergut. Von Leimruten und Kloben geschnitzter Vogelfänger, die zwar von
ausgehend, entwickelte man sich nicht zum geringem materiellem Wert, dafür aber von
für den Massenfang geeigneten Japannetz, hohem ideellem Wert sind.
sondern zur äußerst selektiv fangenden Eine Woche danach dürfen am 1.
Netzklobe, welche den Wunsch, nur einen Adventsonntag die jeweils erstgereihten
bestimmten, schönen Vogel zu fangen, Vögel nochmals zur Salzkammergut
am besten entspricht. Es ist eine große Kokurrenzausstellung, wo der im jeweiligen
Herausforderung an die Verhaltenskenntnis Jahr schönste im gesamten Salzkammergut
des Fängers über die Vogelart, welche in ausgestellte Vogel ermittelt wird. Als „Preis“
Zusammenschau mit dem intensiven winkt das „Fahndl“, eine Trophäe, welche
Naturerlebnis die Leidenschaft auslöst. zu erwerben, wohl das Höchste im Leben
eines Vogelfängers ist.
Derzeitige Gesetzeslage
In Übereinstimmung mit der europäischen
Vogelschutzrichtlinie dürfen im O.Ö.
Salzkammergut pro Fänger und Saison
jeweils ein Exemplar der Vogelarten
www.vogelfreunde.eu
www.menschhorn.at
©Franz Killmeyer ©Franz Killmeyer