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Neuroleadership
Was Führungskräfte aus der
Hirnforschung lernen können

Karsten Drath

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Inhalt
Von der Hirnforschung zur optimalen Führung 5
J Neuroleadership: neues Führungsprinzip mit viel
Potenzial 6
J Warum Sie Mitarbeiter hirngerecht führen sollten 9
J Die Neurowissenschaften: Hype oder Heilsbringer? 11
J Sich selbst besser verstehen und managen 15

Wie das Gehirn funktioniert 19


J Warum ein Mensch tatsächlich drei Gehirne hat 20
J Wie unser Denken das Gehirn formt 21
J Der wahre Chef im Gehirn: das Unbewusste 26
J Was das Gehirn bewegt: Schmerz und Wohlbefinden 29

Irrtümer und Fakten rund um Führung 35


J Irrtum Nr. 1: Angst macht produktiv 36
J Irrtum Nr. 2: Wir entscheiden rational, und das ist
gut so 40
J Irrtum Nr. 3: Stress ist schlecht 52
J Irrtum Nr. 4: Achtsamkeit ist nur etwas für Esoteriker 67
J Irrtum Nr. 5: Druck erhöht die Leistungsfähigkeit 71
J Irrtum Nr. 6: Wer länger arbeitet, schafft mehr 74

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Die Prinzipien hirnorientierter Führung 77


J Was hirnorientierte Führung ausmacht 78
J Zugehörigkeit & Verbundenheit 81
J Wachstum & Entwicklung 84
J Selbstwert & Status 87
J Orientierung & Kontrolle 90
J Autonomie & Selbstwirksamkeit 94
J Fairness & Angemessenheit 96

Neuroleadership im Führungsalltag 99
J Hirnorientierte Führung strebt nach Kongruenz 100
J Ziele und Strategien entwickeln 102
J Mitarbeiter auf Ziele einschwören und inspirieren 103
J Priorisieren und Fokus geben 104
J Innovation und Verbesserungen vorantreiben 105
J Unsicherheiten managen 107
J Vorbild sein 109
J Mitarbeiter entwickeln 110
J Arbeitsklima konstruktiv gestalten 112
J Arbeitsintensität managen 114
J Entscheidungen treffen und Hindernisse überwinden 116

J Stichwortverzeichnis 122

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Vorwort
Wie funktioniert unser Gehirn? Wie „ticken“ Menschen wirk-
lich? Die Antworten auf diese Fragen sind nicht nur für
Wissenschaftler interessant. Kein Wunder also, dass die Hirn-
forschung immer populärer und einflussreicher wird. Dabei
geht es nicht nur um medizinische Bereiche. Mittlerweile
erlangen die Neurowissenschaften auch immer mehr Bedeu-
tung im Unternehmenskontext. Sie helfen mit ihren Erkennt-
nissen überall dort, wo es darum geht, sich selbst und andere
Menschen besser zu verstehen.
Führungskräfte können dabei besonders vom Wissen der Hirn-
forscher profitieren. Wer weiß, wie das Gehirn funktioniert,
und die neurobiologischen Grundbedürfnisse der Menschen
kennt und auf sie eingeht, kann seine Mitarbeiter und Teams
hirnorientiert und damit besser führen.
Dieser TaschenGuide zeigt Führungskräften, welche Vorteile
Neuroleadership, die hirngerechte Führung, tatsächlich bietet.
Er räumt mit alten Vorurteilen rund um die Mitarbeiterfüh-
rung auf und weiht leicht verständlich ein in die Geheimnisse
des Gehirns. Zahlreiche Checklisten, Übersichten und Bei-
spiele verdeutlichen, wie dieses Wissen in die Führungspraxis
umgesetzt werden kann.
Viel Spaß bei der Lektüre wünscht Ihnen
Karsten Drath

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Von der Hirnforschung zur


optimalen Führung

Wie gerne würden wir in den Kopf anderer blicken, um deren


Handeln und Denken besser verstehen zu können. Wie hilf-
reich wäre es zu verstehen, was sie wirklich antreibt. Die
Neurowissenschaften versprechen, genau dies möglich zu
machen. Sie liefern Erkenntnisse, die sich vor allem Führungs-
kräfte zunutze machen können.
In diesem Kapitel erfahren Sie u. a., warum
J Führungskräfte von der Hirnforschung profitieren,
J die Neurowissenschaften immer populärer werden,
J hirnorientiertes Führen Unternehmen erfolgreich macht.

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6 V o n d e r H i r n fo r sc h u n g z u r o p t i m a l e n F üh r u n g

Neuroleadership: neues
Führungsprinzip mit viel Potenzial
Wir leben in einer Zeit, in der globale Märkte immer trans-
parenter werden und leistungsfähige Mitarbeiter sich jeder-
zeit zwischen zahlreichen attraktiven Unternehmen entschei-
den können. Daher werden vermeintlich weiche Faktoren wie
gute Führung und eine angenehme Unternehmenskultur im-
mer bedeutsamer für die Wettbewerbsfähigkeit einer Organi-
sation und damit für den nachhaltigen Unternehmenserfolg.
Doch was ist eigentlich objektiv „gut“, wenn es um das
Anleiten von Mitarbeitern geht?

Nicht nur graue Theorie


Was Führungsprinzipien anbelangt, waren verschiedenste
Vordenker in den letzten Jahrzehnten sehr kreativ. Im Ange-
bot sind autoritäre oder transaktionale, demokratische, par-
tizipative oder gar dienende Stile, Laissez-faire-Führung bzw.
situative oder gar sog. transformationale Ansätze. Alle Kon-
zepte versprechen eine Steigerung von Produktivität, Effekti-
vität und Innovationsfähigkeit. Alle waren zu einer gewissen
Zeit modern. Doch objektiv nachweisbar waren die verspro-
chenen positiven Effekte dieser Führungsstile zumeist nicht.
Wissenschaftlich belegbar ist hingegen der Ansatz von Neu-
roleadership – ins Deutsche übersetzt: hirngerechtes oder
hirnorientiertes Führen. Er fußt auf den immer mehr im Fokus
stehenden Neurowissenschaften. Diese erfreuen sich nicht
nur zunehmender Beliebtheit, sondern sie geben uns auch

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N e u ro l e a d e r sh i p : n e u e s F üh r u n g s p r i n z i p m i t vi e l P o t e nz i al 7

die Möglichkeit, tiefer in das menschliche Gehirn zu blicken,


um die tatsächlichen hirnbiologischen Grundlagen guter Füh-
rung zu verstehen.
Und die Erwartungshaltung ist groß. So schreiben nach einer
Umfrage aus dem Jahr 2015 unter 218 internationalen Füh-
rungskräften und Coaches spektakuläre 96 % den Neurowis-
senschaften die Fähigkeit zu, relevante Erkenntnisse darüber
zu liefern, wie Mitarbeiter optimal geführt werden sollten. Ein
großer Anteil der Studienteilnehmer wäre sogar bereit, sein
Führungsverhalten gemäß den Erkenntnissen der Hirnfor-
schung in hohem bzw. sehr hohem Maße anzupassen, um
dadurch eine bessere Führungskraft zu werden. Die Frage ist
nur: Wie geht das?

Was gutes Führen mit dem


Unternehmenserfolg zu tun hat
Doch eins nach dem anderen: Macht gute Führung Unterneh-
men überhaupt erfolgreich? Schließlich gibt es auch genug
Unternehmen, die sich trotz eher schlechter Führung am
Markt behaupten können. Es leuchtet zwar ein, dass sich
gute Führung positiv auf die Mitarbeiter auswirkt. Viele
Manager zweifeln jedoch daran, dass sie messbaren Einfluss
auf den Unternehmenserfolg hat.
Ein entsprechendes Indiz dafür kommt von der Harvard Busi-
ness School, die ziemlich unverdächtig ist, wenn es darum
geht, die Gesetze der freien Marktwirtschaft zu bejahen. In
einer Studie aus dem Jahr 1998 wurde dort erstmals gezeigt,

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8 V o n d e r H i r n fo r sc h u n g z u r o p t i m a l e n F üh r u n g

dass die US-amerikanischen Unternehmen mit der besten


Aktienperformance bestimmte Führungsprinzipien beachten:
J Sie wechseln ihre Mitarbeiter nicht in Hire-and-Fire-Ma-
nier aus, sondern betreiben ein langfristiges Personalma-
nagement.
J Sie setzen auf Dezentralisierung, flache Hierarchien und
Transparenz.
J Sie fördern Selbstmanagement bei ihren Mitarbeitern und
investieren in die Weiterbildung.
Diese Prinzipien decken sich zu einem beachtlichen Teil mit
den Grundlagen hirngerechter Führung, wie ich später noch
zeigen werde.
Ein weiteres Indiz kommt aus dem Bertelsmann-Konzern, der
mit einem Umsatz von über 16 Milliarden Euro eines der
weltweit größten Medienunternehmen ist. Bei einer Unter-
suchung der Profitabilität der 163 größeren Tochterfirmen im
Jahr 2007 stellte sich heraus, dass die Firmen mit einer stark
ausgeprägten partnerschaftlichen Führung und einer hohen
Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen die beste
Umsatzrendite aufwiesen. Beide Faktoren sind mit dem Kon-
zept der hirngerechten Führung eng verknüpft.

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W a r um S ie M i t a r b e i t e r h ir n g e r e c h t f ü hr e n s o l lt e n 9

Zusammenhang zwischen Umsatzrendite und Führungsstil


Es gibt also durchaus Grund zu der Annahme, dass eine
Führungskultur, die die neurobiologischen Grundbedürfnisse
von Mitarbeitern bewusst oder unbewusst berücksichtigt,
gleichzusetzen ist mit guter Führung, was langfristig auch zu
finanziellem Erfolg führt.

Warum Sie Mitarbeiter hirngerecht


führen sollten
Führungskräfte führen keine Unternehmen, sie führen Men-
schen. Was wie eine Binsenweisheit klingt, ist in vielen
Firmen weit von der betrieblichen Realität entfernt. Das ist
bedauerlich, denn dadurch bleibt eine Menge an Potenzial

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10 V o n d e r H i r n fo r sc h u n g z u r o p t i m a l e n F üh r u n g

ungenutzt und wird teilweise unnötig verschlissen. Tatsächlich


ist die Führung von Menschen der schwierigste Teil der Arbeit
eines Managers – und gleichzeitig der am meisten unterschätz-
te. Die Art der Führungskultur beeinflusst nachweislich signifi-
kant das Maß an Identifikation der Belegschaft mit den Unter-
nehmenszielen. Dieses Engagement der Mitarbeiter erklärt
dabei bis zu 30 % der Unterschiede im Erfolg verschiedener
Unternehmen, wie Studien zeigen. Ein hohes Maß an emotio-
naler Identifikation mit dem eigenen Unternehmen resultiert in
einer geringeren Zahl von Krankheitstagen, in verminderter
Fluktuation sowie in höherer Leistungsfähigkeit und Arbeits-
qualität. Auch die Kundenzufriedenheit ist deutlich höher bei
Unternehmen, deren Mitarbeiter eine starke Bindung zur Firma
haben.

Neuroleadership schafft Vertrauen und


Identifikation
In Deutschland empfinden laut einer Untersuchung des Gal-
lup-Instituts aus dem Jahr 2013 nur 15 % aller Beschäftigten
eine starke Bindung zu ihrem Unternehmen. 61 % haben
dagegen eine mittelmäßige und 24 % haben keinerlei emo-
tionale Bindung zu ihrem Unternehmen. Das bedeutet, dass
statistisch gesehen knapp ein Viertel der Belegschaft eines
Unternehmens bestenfalls Dienst nach Vorschrift macht.
Es besteht kein Zweifel daran, dass die Identifikation der
Mitarbeiter mit dem Unternehmen zusammenhängt mit dem
Führungsverhalten des Vorgesetzten. Schließlich folgen Men-
schen keinen Rollen oder Funktionen, sondern Menschen, die

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D i e N e u r o w i s se n s c h a f t e n : H y p e o d e r H e i l sb ri n g e r ? 11

sie respektieren und denen sie vertrauen. Viele Manager


sehen sich dabei selbst als Opfer des Systems „Unternehmen“,
das sie willentlich oder unwillentlich dazu bringt, sich ent-
gegen ihren eigenen Überzeugungen zu verhalten. Dies mag
teilweise zutreffen, sollte aber nicht als Entschuldigung dafür
dienen, die Gestaltungsspielräume, die man als Führungskraft
hat, nicht zu nutzen. Viele Manager, mit denen wir im
Coaching arbeiten, verwenden viel Zeit und Energie darauf,
sich über die Faktoren zu beklagen, die sie nicht beeinflussen
können. Sie vergessen darüber, die Spielräume zu nutzen, die
sie in der Tat haben.
Genau dort setzt hirnorientierte Führung an. Bei Neuroleader-
ship geht es darum, eine Balance zu finden zwischen einer
positiven Beziehungsgestaltung, verstehender Zuwendung
und Unterstützung einerseits und fordernder Führung mit
anspruchsvollen Zielen, offener Kommunikation sowie klaren
Regeln und Erwartungen andererseits. Dies klingt kompliziert,
ist es aber nicht, wenn man die einfachen Prinzipien dahinter
versteht.

Die Neurowissenschaften: Hype oder


Heilsbringer?
Keine Frage, Hirnforschung und Neurobiologie sind in aller
Munde und hip. Die Neurowissenschaften wurden in den
letzten Jahren zum Teil der Popkultur. Hirnforscher schreiben
populärwissenschaftliche Bücher, plaudern in Talkshows und
sprechen vor großem Publikum über ihre Erkenntnisse zum

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12 V o n d e r H i r n fo r sc h u n g z u r o p t i m a l e n F üh r u n g

menschlichen Gehirn und die diversen Paradigmenwechsel,


die diese in Bereichen wie Marketing, Verkauf oder Führung
zur Folge haben werden. Das Ganze wird flankiert von tollen
bunten Bildern, die hochwissenschaftlichen Apparaten ent-
stammen und, zugegebenermaßen, irgendwie cool und sehr
glaubhaft aussehen. Von den Medien werden die neuen
Erkenntnisse dank ihres hohen Unterhaltungswertes und der
vermeintlichen empirischen Unantastbarkeit dankbar auf-
genommen und publikumswirksam gepusht („Ist der freie
Wille eine Illusion?“; „Depressionszentrum entdeckt!“), mit-
unter über die Grenzen der Wissenschaftlichkeit und selbst
des gesunden Menschenverstandes hinaus. Die Zahl der Ver-
öffentlichungen zum Thema Neurowissenschaften hat sich in
der Zeit von 2000 bis zum Jahr 2010 nahezu verdoppelt.

Warum man sehr genau hinsehen sollte


Bei näherem Hinsehen sind viele dieser Erkenntnisse, oder
besser Deutungen, jedoch entweder an den Haaren herbei-
gezogen oder nicht neu und schon gar nicht bahnbrechend,
was immer mehr Kritiker auf den Plan ruft. Schlimmer noch:
Vielen in Versuchen gewonnenen Erkenntnissen über das
Gehirn fehlt die statistische Belastbarkeit, auch Validität
genannt. Das bekannteste Beispiel dafür ist wohl der „Salmon
of Doubt“, der Lachs des Zweifels.
Beispiel:

Ü Der britische Hirnforscher Craig Bennett legte einen Lachs in


einen fMRI-Scanner (fMRI = functional Magnetic Resonance
Imaging), einen Kernspintomograf, und zeigte ihm Bilder von
Menschen in sozialer Interaktion, so wie das in Studien der

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D i e N e u r o w i s se n s c h a f t e n : H y p e o d e r H e i l sb ri n g e r ? 13

„sozialen Neurowissenschaften“ üblich ist. Die Forscher um Ben-


nett fanden in ihrer Untersuchung einige Regionen mit erhöhter
Aktivität im Lachsgehirn und veröffentlichten die Ergebnisse. Der
Witz dabei: Der Lachs im Scanner war tot.

Längsschnitt des Schädels mittels fMRI-Scanner


Die Forscher konnten damit demonstrieren, dass man bei der
Arbeit mit einem fMRI immer etwas findet, wenn man es
unterlässt, sauber zu arbeiten und in den statistischen Daten
echte Hirnaktivität von Grundrauschen zu trennen. Viele Hirn-
forscher fühlten sich daraufhin ertappt, und es gab hitzige
Diskussionen in der Szene. Das Lachs-Beispiel zeigt zum
einen, dass britische Hirnforscher zu einem etwas skurrilen
Humor neigen. Zum anderen lehrt es uns aber auch, dass
bunte Bilder gekoppelt mit unwissenschaftlicher Arbeitsweise
und ausgeprägter Deutungshoheit zu falschen oder nicht
belegbaren Rückschlüssen führen können. Gründe dafür sind
die hohe Erwartungshaltung der Öffentlichkeit, die wiederum

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14 V o n d e r H i r n fo r sc h u n g z u r o p t i m a l e n F üh r u n g

zu einem hohen Publikationsdruck auf Seiten der Wissen-


schaftler im Kampf um Forschungsgelder führt.

Ganz so einfach ist es nicht


Ein weiterer Kritikpunkt an der populärwissenschaftlichen
Neurowissenschaft ist ihr Hang zu übermäßiger Verein-
fachungen.
Die Tendenz, ähnlich wie bei den Organen spezifische Hirn-
funktionen einzelnen, klar umrissenen Hirnarealen zuzuwei-
sen, ist verlockend aber meist falsch. Ebenso verlockend ist es,
hirnbiologische Beobachtungen mit übermäßig plakativen
Schlussfolgerungen medienwirksam zu machen.
Beispiel:

Ü Einerseits ist es zutreffend, dass bei Hirnstrommessungen wäh-


rend Entscheidungsprozessen über bestimmten Arealen der
Großhirnrinde sog. Bereitschaftspotenziale entstehen, bevor die
Versuchsperson die dazugehörige Handlung durch eine bewusste
Entscheidung einleitet. Andererseits ist es aber sehr weit her-
geholt daraus abzuleiten, dass alle menschlichen Handlungen
neuronal vorbestimmt sind und es damit keinen freien Willen
gibt. Richtiger, aber weniger aufregend dürfte vielmehr die Aus-
sage sein, dass alle Entscheidungsprozesse auf neuronalen Pro-
zessen und Interaktionen beruhen.

Je mehr geforscht wird, je besser die verwendeten Verfahren


und je diffiziler die Versuchsaufbauten werden, desto deutli-
cher wird es werden, dass hochkomplexe Netzwerke die Hirn-
vorgänge steuern, die wir noch nicht mal annähernd begrei-
fen.

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Sich s elb st be sser ve rste hen und manag en 15

Unser Wissensstand zum Gehirn ist heute wahrscheinlich so weit ent-


wickelt wie die Kenntnis des menschlichen Körpers zur Zeit Leonardo da
Vincis um 1500.

Was ist also wirklich dran an der Hirnforschung und welche


relevanten Erkenntnisse liefert sie für den Bereich Führung?
Was muss eine Führungskraft über das Gehirn und seine
Funktionsweise wissen, um Menschen besser, d. h. hirnorien-
tiert, führen zu können?

Sich selbst besser verstehen


und managen
Die Aufgabe einer Führungskraft ist es vor allem, Mitarbeiter,
Teams, Funktionen oder ganze Organisationen zu führen.
Allerdings wird von vielen Managern vergessen, dass all dies
mit der Führung von sich selbst beginnt. Von dem ehemaligen
Vorstandssprecher der Deutschen Bank Alfred Herrhausen
stammt der Ausspruch: „Wer sich selbst nicht zu führen
versteht, kann auch andere nicht führen.“

Die besten Chefs sind Meister der


Selbstführung
Bevor wir also andere führen, ist es hilfreich, zunächst die
Vorgänge und Mechanismen, die sich in unserem eigenen
Bewusstsein abspielen und somit unser Handeln beeinflussen,
genauer zu verstehen. Tatsächlich wird die Fähigkeit, die
eigene Leistungs- und Widerstandsfähigkeit positiv zu beein-

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16 V o n d e r H i r n fo r sc h u n g z u r o p t i m a l e n F üh r u n g

flussen und damit als Vorbild für die eigenen Mitarbeiter zu


dienen, in den nächsten Jahrzehnten eine immer größere
Bedeutung für den Erfolg von Unternehmen haben. Sie wird
damit auch für die Karriere von Managern an Relevanz
gewinnen. Wer es schafft, sich selbst und die Menschen in
seiner Umgebung in Zeiten der Unsicherheit und des Wandels
geistig agil, emotional belastbar und körperlich gesund zu
erhalten, der ist nicht bloß ein idealistischer Philanthrop,
sondern handelt in Zeiten des „War for Talent“ ökonomisch
klug und umsichtig. Auch hier liefert die Hirnforschung über-
zeugende Ansätze, da sie die neurobiologischen Grundbedürf-
nisse des Gehirns entschlüsseln kann.

Der Sprung ins kalte Wasser


In den modernen Branchen der Informationsgesellschaft sind
etwa 15 bis 25 % aller Mitarbeiter mit Führungsaufgaben be-
traut, d.h., sie sind qua Aufgabe Führungskraft. Leider haben die
allermeisten davon das Führen nie gelernt, denn Führungskraft
ist ein Beruf ohne Ausbildung. In der Betriebswirtschaftslehre
kommt Führungstheorie zwar vor. Sie wird aber akademisch
verklausuliert und treibt dadurch mitunter merkwürdig welt-
fremde Blüten. Alles Weitere wird unter dem Begriff „Soft Skills“
subsumiert und kommt selbst an renommierten Business Schools
nur als Randgebiet vor. Die Erkenntnisse der Hirnforschung
bleiben dabei natürlich gänzlich unberücksichtigt.
Die Führungskräfte einer Industrienation steuern so ziemlich
alles, was einer Gesellschaft lieb und teuer ist, und dennoch
werden sie nicht darauf vorbereitet. Niemand würde in einen

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Sich s elb st be sser ve rste hen und manag en 17

Zug steigen, wäre da nicht die Überzeugung, dass der Zug-


führer gut ausgebildet ist. Gleiches gilt für den Piloten im
Flugzeug oder auch bereits für den Fahrer im Taxi. Manager
hingegen verrichten häufig ihren Job, ohne in Bezug auf
Führung eine solide Grundlage zu haben, insbesondere was
die Führung der eigenen Person angeht.

Warum eine Führungskraft auch an sich


selbst arbeiten sollte
Aus meiner Arbeit mit Executives weiß ich, dass die meisten
Manager vor allem Gesprächsbedarf bezüglich ihrer „inneren
Führung“ haben. Natürlich klingt das am Beginn der Zusam-
menarbeit, wenn vielleicht noch die Personalabteilung oder
der Vorgesetzte zugegen ist, jeweils ganz anders. Da dreht
sich alles um Reflexion, um Strategie und um Positionierung.
Ist der vertrauliche Rahmen aber erst einmal da, dann geht es
in aller Regel zunächst um Selbstzweifel, fehlendes Vertrauen,
überschießende Emotionen, unterdrückte aggressive Impulse,
fehlende Empathie, Wertekonflikte oder fehlende Anerken-
nung. Und damit wir uns richtig verstehen: Das ist gut so!
Strategie und Positionierung kommen anschließend. Durch
die Arbeit an sich selbst werden die blinden Flecken kleiner
und haben damit weniger unbewussten Einfluss auf das
eigene Führungsverhalten und die Entscheidungen. Erst
wenn man die eigenen neurobiologischen Muster erkannt
hat und versteht, wie sich diese verändern lassen, verlieren
diese ihr Schadenspotenzial. Das Gehirn bietet dabei quasi die
Bühne, auf der diese Arbeit an sich selbst stattfindet.

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18 V o n d e r H i r n fo r sc h u n g z u r o p t i m a l e n F üh r u n g

Auf einen Blick: Von der Hirnforschung zur Führung


J Die Hirnforschung liefert wichtige Informationen darü-
ber, wie Menschen denken und fühlen und welche neu-
robiologischen Grundbedürfnisse sie haben.
J Neuroleadership ist ein Führungsprinzip, das diese Er-
kenntnisse berücksichtigt. Übersetzt bedeutet es hirnge-
rechtes Führen.
J In Studien wurde nachgewiesen, dass Unternehmen, die
die Prinzipien hirngerechten Führens leben, mehr wirt-
schaftlichen Erfolg haben als andere Unternehmen.
J Hirnorientiertes Führen beginnt zunächst immer bei der
Führungskraft selbst: Nur derjenige, der weiß, wie er
selbst „tickt“, kann andere dazu bewegen, ihm gerne zu
folgen.

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19

Wie das Gehirn


funktioniert

Was bewegt Menschen? Was veranlasst sie zu bestimmten


Handlungen? Was beeinflusst ihr Denken? Wer die Antworten
auf diese Fragen kennt, kann seine Mitarbeiter, Kollegen und
auch sich selbst besser verstehen.
In diesem Kapitel erfahren Sie u. a.,
J welche Akteure in unserem Gehirn eine Rolle spielen,
J wie unser Denken das Gehirn formt,
J warum uns das Unbewusste regiert,
J wie uns Schmerzareal und Belohnungszentrum bestimmen.

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20 W i e d a s G e h i r n f u n kt i o n i e r t

Warum ein Mensch tatsächlich drei


Gehirne hat
Die Entwicklung des menschlichen Gehirns begann vor 2 bis 3
Millionen Jahren. Sie durchlief verschiedene Phasen. Im Zuge
dieser Entwicklung hat sich das Gewicht des Gehirns annä-
hernd verdreifacht. Noch heute lassen sich drei entwicklungs-
geschichtlich bedeutsame Anteile im Aufbau des Gehirns
unterscheiden:
J Reptilien-Gehirn: Der älteste Teil des Gehirns besteht aus dem
Stammhirn, das Verdauung, Atmung und Herzschlag kontrol-
liert. Es ist außerdem zuständig für grundlegende Emotionen
wie Hunger, Angst, Erregung, Freude und Wut.
J Säugetier-Gehirn: Der zweitälteste Teil des Gehirns, das
sog. limbische System, entstand zur selben Zeit, als die
ersten Säugetiere auf der Bildfläche erschienen. In dieser
Hirnstruktur sind auch der Hippocampus und die Amygdala
verortet, zwei Areale, die für die Steuerung von Emotionen
wie Schmerz, Freude, Angst und Begehren und für die
emotionale Bewertung von Gedächtnisinhalten zuständig
sind. Diese Emotionen waren für Säugetiere evolutionär
notwendig geworden, um die lange Aufzucht des Nach-
wuchses und das Zusammenleben mit anderen Artgenos-
sen in einem Rudel oder einer Herde zu ermöglichen.
J Menschen-Gehirn: Der jüngste Teil des Gehirns wird auch
als Großhirnrinde oder Neocortex bezeichnet. Er entstand
vor rund 100.000 Jahren. Im Gegensatz zu den uns am
nächsten verwandten Primaten hat sich vor allem dieses

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W i e u n s e r D e n k e n d a s Ge h i r n fo r m t 21

Areal beim Menschen dramatisch vergrößert. Dies erlaubte


der aufkommenden menschlichen Rasse zu planen, Ent-
scheidungen zu treffen, zu lernen und sich anzupassen.
Außerdem schuf es die Voraussetzung für die Entwicklung
von Sprache und auch für empathisches und altruistisches
Verhalten, eine weitere Kernvoraussetzung für das Zusam-
menleben in größeren Gruppen.
Von allen drei Hirnteilen hat der Neocortex den höchsten
Energieverbrauch. Er ermüdet daher schneller als die anderen
Teile, z. B. wenn er zu viele Informationen oder einen zu hohen
Level an Stress verarbeiten muss.

Wesentliche funktionale Systeme des Gehirns

Wie unser Denken das Gehirn formt


Die neuronalen Strukturen jedes Gehirns bestehen stark ver-
einfacht aus Neuronen (Gehirnzellen) und Synapsen (Verbin-
dungen zwischen den Zellen). Die Anzahl der Neuronen im

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22 W i e d a s G e h i r n f u n kt i o n i e r t

Gehirn wird auf etwa 100 Milliarden geschätzt. Jedes Neuron


ist mit bis zu 10.000 Synapsen mit anderen Neuronen ver-
bunden. In einer Hirnmasse von der Größe eines Streichholz-
kopfes befindet sich geschätzt die ehrfurchtgebietende
Menge von einer Milliarde Synapsen.

Netzwerke und Autobahnen im Kopf


Das menschliche Gehirn ist höchst individuell und unabhängig
vom Alter veränderbar, d.h., jedes Gehirn ist einzigartig in
seiner Vernetzung und hört nicht auf, sich individuell zu
entwickeln. Dies gilt sogar für die Gehirne von eineiigen
Zwillingen. Bei der Geburt werden wesentlich mehr Neuronen
und Synapsen zur Verfügung gestellt, als jemals gebraucht
werden. Von diesen haben nur diejenigen fortwährend Be-
stand, die vom Gehirn in neuronale Netzwerke eingebunden
werden. Der kanadische Psychologe Donald Hebb stellte be-
reits im Jahre 1949 dazu eine Gesetzmäßigkeit auf, die noch
heute Gültigkeit besitzt und wissenschaftlich erwiesen ist:
„What fires together, wires together“.
Das Hebb'sche Gesetz bedeutet, dass Neuronen verschiedener
Hirnareale, die regelmäßig gemeinsam erregt werden, mit der
Zeit immer stärkere Vernetzungen ausbilden, bis sie schließ-
lich zu einem eigenständigen Erregungsmuster geworden
sind. Diese Erregungsmuster kann man sich am besten als
neuronale Autobahnen vorstellen, die vom Gehirn häufig
frequentiert werden, wenn es bestimmte Situationen zu be-
wältigen gilt. Umgekehrt gilt aber ebenso die trivial klingende
Regel „Use it or loose it“. Sie besagt, dass jegliche Erregungs-

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W i e u n s e r D e n k e n d a s Ge h i r n fo r m t 23

muster und zumindest teilweise die damit verbundenen Neu-


ronen auch wieder vom Hirn abgebaut werden, wenn sie nicht
regelmäßig in Gebrauch sind bzw. erregt werden.
Beispiel:

Ü Eine Sprache, die wir in der Schule gelernt haben, verlernen wir
allmählich wieder, wenn wir sie nicht regelmäßig sprechen.

Die Vorstellung vieler, dass das Gedächtnis einer Festplatte


gleicht, deren Inhalte lediglich abgerufen werden müssen, ist
daher nicht zutreffend. Vielmehr werden als unbedeutsam
erlebte Gedächtnisinhalte mit der Zeit vom Gehirn getilgt.
Der deutsche Hirnforscher Gerald Hüther hat sich über viele
Jahre damit beschäftigt, wie Lernen bei Kindern und Erwach-
senen funktioniert. Er kommt zu dem Ergebnis, dass nur das
dauerhaft erlernt wird, was buchstäblich „unter die Haut“
geht, d. h. eine emotionale Resonanz beim Lernenden auslöst.
Damit Neues nachhaltig gelernt werden kann, müssen die
Erfahrungen für die erlebende Person also bedeutsam sein.
Ist dies nicht der Fall, werden die neuronalen Strukturen vom
Gehirn entweder gar nicht angelegt, oder bald nach dem
Ereignis wieder abgebaut, und die Erfahrung wird vergessen.
Dies passiert zumeist mit Belanglosem wie Routinen oder
auswendig gelernten Inhalten, die nicht regelmäßig abge-
rufen werden.

Lernfähig bis ins hohe Alter


Lange ging man davon aus, dass Neuronen bei der Reifung des
kindlichen Gehirns gebildet werden und danach nicht mehr.

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24 W i e d a s G e h i r n f u n kt i o n i e r t

Eine jüngere Erkenntnis ist, dass das Gehirn tatsächlich in


bestimmten Arealen Zeit seines Lebens tausende von neuen
Nervenzellen täglich generiert. Eine dieser Hirnstrukturen ist
der Hippocampus, dem eine zentrale Rolle beim Abspeichern
von Erinnerungen zugeschrieben wird. Die beiden Hippocampi
– einer in jeder Hemisphäre bzw. Gehirnhälfte – sind unter
anderem dafür zuständig, neue Gedächtnisinhalte in das
Langzeitgedächtnis zu überführen. Die meisten von diesen
neugebildeten Zellen sterben jedoch bereits nach wenigen
Wochen wieder ab, es sei denn, sie sind daran beteiligt, mit
einem gewissen Aufwand etwas Neues und Bedeutsames zu
erlernen.
Stimulierende Impulse durch neues Handeln, Denken oder
Fühlen verändern also die Verschaltungsmuster des Gehirns.
Je öfter die neuartigen Impulse auftreten und die Aufmerk-
samkeit darauf gelenkt wird, desto eher wird etwas Neues
gelernt. Dadurch werden neue Verschaltungsmuster auf-
gebaut und gefestigt. Entscheidend dabei ist das Maß an
emotionalem Engagement, das mit neuen Erfahrungen asso-
ziiert wird.
Beispiel:

Ü Jeder kann sich sicherlich noch an seinen ersten Kuss erinnern,


während die Inhalte der ersten Schulstunde in Geschichte nur
noch den wenigsten in Erinnerung sein dürften.

Diese Fähigkeit des Gehirns, sich beständig durch Lernen


weiterzuentwickeln, wird auch als Neuroplastizität bezeich-
net.

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W i e u n s e r D e n k e n d a s Ge h i r n fo r m t 25

Dr. Moritz Helmstaedter vom Max-Planck-Institut für Neuro-


biologie forscht u.a. zu diesem Gebiet. In Versuchen konnte er
belegen, dass das Gehirn im Alter von 60 Jahren noch so
leistungsfähig in Bezug auf Lernen ist, wie das Gehirn im Alter
von 10 Jahren (siehe hierzu auch die Grafik). Dies bedeutet
nicht weniger, als dass individuelle Muster für unser Denken,
Fühlen und Handeln jederzeit und bis ins hohe Alter bewusst
durch wiederholte Verarbeitung anderer Muster veränderbar
sind.

Lernerfolg in Abhängigkeit vom Lebensalter (nach M. Helms-


taedter)
Unser Hirn bestimmt unser Denken, aber unser Denken formt auch unser
Gehirn.

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26 W i e d a s G e h i r n f u n kt i o n i e r t

Der wahre Chef im Gehirn:


das Unbewusste
Von den menschlichen Sinneszellen ziehen etwa 2 bis 3
Millionen Nervenfasern zu unserem Gehirn, von denen jede
bis zu 100 Impulse pro Sekunde „abfeuert“. Um diese Un-
menge an Impulsen überhaupt sinnvoll zu verarbeiten, hat das
Gehirn im Laufe seiner Evolution ein ausgeklügeltes Verfahren
zur Erregung und Hemmung spezifischer Hirnareale ent-
wickelt. So verwendet das Gehirn z. B. unterschiedliche neu-
ronale Strukturen, um bewusste und unbewusste Vorgänge zu
verarbeiten. Neurowissenschaftler sprechen hier von implizi-
ten bzw. expliziten Gedächtnisinhalten.

Warum das Unbewusste unser Handeln


und Fühlen dominiert
Die Areale, die mit bewussten Denkvorgängen befasst sind,
wie z.B. der präfrontale Cortex im Stirnlappen der Großhirn-
rinde, benötigen sehr viel mehr Energie als die Strukturen, die
im limbischen System für unbewusste Prozesse zuständig
sind. Bewusste Denkvorgänge finden zudem in Hirnarealen
statt, die aufgrund geringerer Dichte wesentlich mehr Platz in
Anspruch nehmen. Aus Gründen der Energieeffizienz und
auch aus Platzmangel – in der Schädelhöhle steht nur ein
Volumen von 1.200 Kubikzentimetern für ein Gehirn von 1,5
Kilogramm Gewicht zur Verfügung – läuft daher der Großteil
aller Prozesse im Gehirn unbewusst bzw. implizit und damit
außerhalb der Wahrnehmung ab.

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D e r w ah r e C h e f im G e h i r n : d a s U n b e w u ss t e 27

Bei all dem ist es wichtig zu wissen, dass sowohl bewusste als
unbewusste Prozesse unser Denken, Fühlen und Handeln
beeinflussen können. Wenn unser Verhalten durch unbewuss-
te, implizite Verarbeitungsprozesse beeinflusst wird, z. B.
durch Worte, Bilder, Farben, Töne oder Gerüche, spricht man
von Bahnung oder Priming. Hierbei werden bestimmte Erre-
gungsmuster unbewusst gebahnt, also quasi „vorgewärmt“,
was dazu führt, dass darauffolgende bewusste Entscheidun-
gen assoziativ nach dem phnlichkeitsprinzip getroffen bzw.
dass Handlungen von dem gebahnten Erregungsmuster beein-
flusst werden.
Beispiel:

Ü Personen, die in einem Versuch negativ belegte Begriffe zu


Kündigung, Konflikten und Krankheit sortieren mussten, gingen
anschließend nachweislich langsamer als ihre Kollegen, die die
gleiche Übung mit neutral oder positiv besetzten Begriffen
durchführten.

Ein Phänomen des Unbewussten:


Empathie
Ein weiteres Beispiel für unbewusste Verarbeitungsprozesse
ist das Phänomen der Empathie. Es beschreibt die Fähigkeit,
die durch Körpersprache, Gesichtsausdruck und Stimme aus-
gedrückten Emotionen seines Gegenübers wahrzunehmen und
sich in diese einzufühlen bzw. diese im eigenen Körper wahr-
zunehmen. Im Jahr 1995 entdeckte der italienische Neuro-
physiologe Giacomo Rizzolatti die sog. Spiegelneuronen in der
Großhirnrinde von Rhesusaffen. Rizzolatti fand heraus, dass

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28 W i e d a s G e h i r n f u n kt i o n i e r t

diese Nervenzellen die erstaunliche Eigenschaft haben, immer


dann aktiv zu werden, wenn der Affe eine Handlung entweder
selber ausführt, oder wenn er diese Handlung bei einem
Artgenossen beobachtet. Dies gilt entsprechend auch für
Mimik und Gestik und könnte erklären, warum Menschen,
die sich intensiv unterhalten, dazu neigen, die Körperhaltung
ihres Gegenübers einzunehmen, z. B. verschränkte Arme.
Heute sind Spiegelneuronen auch beim Menschen nach-
gewiesen. Man weiß außerdem, dass noch weitere Hirnstruk-
turen am Phänomen der Empathie beteiligt sind, das als
hirnbiologische Grundlage für altruistisches Verhalten ande-
ren gegenüber gesehen wird. Weitere Faktoren für das Emp-
finden von Empathie sind Gruppenzugehörigkeit und die Fair-
ness des Verhaltens des Gegenübers.

Kontrollinstanz: der Thalamus


Das Gehirn analysiert beständig seine Umwelt und trifft
Prognosen über zukünftige Entwicklungen. Diesen Mechanis-
mus bezeichnet man in der Hirnforschung auch als „Default
Mode Network“. Er ist ein Sicherungsmechanismus, um jeder-
zeit in der Lage zu sein, Prozesse aus dem Unbewussten ins
Bewusstsein zu heben und das eigene Überleben zu sichern.
Es gibt also bewusste und unbewusste Verarbeitungsprozesse
im Gehirn und eine Instanz, die darüber entscheidet, welcher
Impuls oder Sinnesreiz ins Bewusstsein gehoben werden soll.
Diese Hirnstruktur, der Thalamus, agiert weitgehend autonom,
d. h. ohne die Steuerung des Bewusstseins. Wenn die Ereig-
nisse sich im Rahmen bestimmter Parameter bewegen, blei-
ben sie im Unbewussten, z. B. beim Fahren auf der Autobahn

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W a s d a s G e h ir n b e w e g t : S c hm e r z u n d W o h l b e f i n d e n 29

mit normaler Geschwindigkeit (normaler Reiz). Erst wenn die


Parameter überschritten werden, z. B., wenn ein Auto kurz vor
uns abrupt auf unsere Spur wechselt, wird dieses Ereignis dem
Fahrer bewusst und das Stresszentrum wird aktiviert (außer-
gewöhnlicher Reiz).
Beispiel:

Ü Ist ein Chef in seinem Führungsstil beständig und für seine


Umgebung berechenbar, so löst er bei seinen Mitarbeitern weit
weniger Stress und Unruhe aus, als wenn sein Verhalten deutlich
schwankt und für andere damit nicht kalkulierbar ist.

Was das Gehirn bewegt: Schmerz


und Wohlbefinden
Der amerikanische Hirnforscher Evian Gordon und viele seiner
Kollegen sind überzeugt davon, dass sich das menschliche
Gehirn in seinem Handeln und Entscheiden daran orientiert,
körperlichen aber auch seelischen oder sozialen Schmerz bzw.
Stress zu vermeiden und Wohlbefinden zu erreichen.
Verschiedene Formen von Stress (z. B. körperliche Verletzun-
gen, emotionale Konflikte, mangelnde Vorhersagbarkeit von
Ereignissen, soziale Isolation oder Statusverlust) werden vom
Gehirn nicht unterschieden, sondern in denselben neuronalen
Strukturen verarbeitet. Ebenso ist es bei den unterschiedli-
chen Arten von Wohlbefinden (z. B. körperliches Wohlbefin-
den, Harmonie, Zugehörigkeit, Liebe, Sex). Als Schmerz- oder
Stressareal wird dabei die sog. Insula, eine Vertiefung der

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Großhirnrinde, bezeichnet, während der Nucleus accumbens


als wesentlicher Bestandteil des Belohnungszentrums gilt.
Matthew Liebermann, ein Vorreiter der sozialen Neurowissen-
schaften an der University of California, konnte in zahlreichen
Versuchsreihen mittels fMRT-Technologie nachweisen, dass
das Belohnungssystem in gleicher Weise bei körperlichem
wie bei emotionalem Wohlbefinden aktiviert wird.
Beispiel:

Ü Egal ob wir fein essen, Sex haben, mit anderen prima zusammen-
arbeiten oder aber Geld für einen guten Zweck spenden: Es
werden stets dieselben Hirnstrukturen des Belohnungszentrums
aktiviert.

Umgekehrt führen sowohl körperlicher Schmerz als auch


soziale Ausgrenzung nachweislich zu einer Aktivierung des
Schmerzareals. Wie eng die verschiedenen Formen von
Schmerz im Gehirn miteinander verknüpft sind, zeigt auch
die Tatsache, dass Schmerzmittel nicht nur gegen körperliche
Schmerzen helfen, sondern auch gegen emotionales Leiden.
Die Erkenntnis, dass das menschliche Handeln durch Schmerzvermeidung
und Wohlbefinden gesteuert wird, ist nicht neu. Bereits Sigmund Freud
definierte vor knapp 100 Jahren diese beiden Kräfte als die wesentlichen
Triebfedern menschlichen Handelns, obgleich er Wohlbefinden noch sehr
stark im sexuellen Sinne interpretierte.

Auch wenn jedes gesunde Gehirn über ein Schmerzareal und


ein Belohnungszentrum verfügt, heißt das übrigens nicht,
dass jedes Gehirn gleich auf dieselben Anlässe reagiert.

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W a s d a s G e h ir n b e w e g t : S c hm e r z u n d W o h l b e f i n d e n 31

Beispiel:

Ü Für das Gehirn des einen mag öffentliche Anerkennung eine sehr
starke Aktivierung des Belohnungszentrums auslösen, während
sie bei einem anderen durchaus auch das Schmerzareal aktivieren
kann.

Warum uns Negatives kopflos werden


lässt
Wird das Schmerzzentrum erst einmal aktiviert, werden auto-
matisch die höheren Hirnfunktionen, die für reflektiertes,
planvolles und rationales Denken und Handeln zuständig sind,
heruntergefahren oder, neurobiologisch gesprochen, ge-
hemmt.
Dies können Sie gut nachvollziehen, wenn Sie sich die letzte
Restrukturierung in Ihrem Unternehmen, die Reaktionen Ihrer
Mitarbeiter darauf und die damit verbundenen Produktivitäts-
einbußen vor Augen führen. Die Einführung neuer Prozesse
oder Strukturen oder gar die Veränderung der Unternehmens-
kultur erfordert aus neurobiologischer Sicht seitens der Mit-
arbeiter und Führungskräfte die Ausprägung und Festigung
neuer Erregungsmuster, die dem gewünschten Verhalten ent-
sprechen. Die Ausprägung neuer neuronaler Strukturen ist
aber erheblich aufwendiger als die Nutzung bereits etablierter
Netzwerke. Die einzige Möglichkeit für die Unternehmens-
führung, dieses Dilemma zu überwinden, ist es, den Status -
quo mit der Erregung des Schmerzareals in Verbindung zu
bringen, indem z. B. nachvollziehbar verdeutlicht wird, dass
die Existenz der Firma gefährdet wird, wenn alles so bleibt,

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32 W i e d a s G e h i r n f u n kt i o n i e r t

wie es ist. Gleichermaßen sollte das gewünschte Zielverhalten


mit der Erregung des Belohnungszentrums in Verbindung
gebracht werden, indem z. B. möglichst plastisch und emo-
tional ansprechend die zukünftige Entwicklung beschrieben
wird. Ein neudeutscher Begriff für eben dieses Konzept ist
Storytelling, also die Kunstfertigkeit, Emotionen in Geschich-
ten einzubetten. Hirngerechte Führung scheint viel damit zu
tun zu haben, Mitarbeiter emotional anzusprechen und sie so
„abzuholen“.

Die Sucht nach Positivem


Das menschliche Handeln und Entscheiden ist neurobiolo-
gisch darauf ausgerichtet, negativen Stress zu vermeiden
und stattdessen positive Stimuli anzustreben. Diese entste-
hen, wenn die neuronale Struktur des Belohnungszentrums im
Gehirn durch verschiedenartige Impulse aktiviert wird, z. B.
durch die Bewältigung von Herausforderungen, die Sicherheit
gebende Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die Berechenbarkeit
von Entwicklungen, durch soziale Anerkennung, entgegen-
gebrachtes Vertrauen oder die Verbesserung des eigenen
sozialen Status. Die Aktivierung des Belohnungszentrums,
u.a. dem sog. Nucleus accumbens im Zwischenhirn, und die
damit verbundene Ausschüttung der Neurotransmitter Dopa-
min, Oxytocin und Endorphinen sind für das Hirn ganz offen-
sichtlich sehr erstrebenswert.
Beispiel:

Ü Der deutsche Epileptologe Christian Elger berichtet von Tierver-


suchen, in denen Mäusen die Möglichkeit gegeben wurde, ihr

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Belohnungszentrum mittels Elektroden selbst zu stimulieren. Die


Tiere konnten oder wollten bald nichts mehr anderes tun und
zeigten starkes Suchtverhalten. Der Impuls sich selbst zu beloh-
nen war dabei stärker als der Impuls zur Nahrungsaufnahme oder
gar der Fortpflanzung.

Anders als bei anderen Hirnarealen, tritt beim Belohnungs-


zentrum auch bei häufiger Stimulation kein Gewöhnungs-
effekt ein. Wir streben also zwar stets nach Wohlbefinden,
brauchen aber anders als bei herkömmlichen Suchtmitteln
nicht ständig mehr externe Reize, um dasselbe wohlige Ge-
fühl zu erreichen.

Warum das Management von


Erwartungen so wichtig ist
Wolfram Schultz, ein Hirnforscher an der Cambridge Univer-
sity in England, machte gemeinsam mit seinem Team die
folgende Beobachtung: Ausgehend von der Erkenntnis, dass
ein als positiv empfundenes Ereignis zur Aktivierung des
Belohnungszentrums und damit zur Ausschüttung des Neuro-
transmitters Dopamin führt, untersuchte er die Zusammen-
hänge mit der Erwartungshaltung der Versuchsperson. Dabei
stellte er fest, dass Stimuli, die für eine Person überraschend
kommen, wie z. B. ein unerwartetes Lob, anschließend zu sehr
viel höheren Dopamin-Konzentrationen führen, als ein Stimu-
lus, den man bereits erwartet hat, wie z. B. eine lang erwar-
tete Gehaltserhöhung. Umgekehrt führt ein erwarteter positi-
ver Stimulus, der ausbleibt oder weniger attraktiv ist als
gedacht, dazu, dass die Dopamin-Konzentration stark abfällt.
Das richtige Management von Erwartungen scheint also von

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34 W i e d a s G e h i r n f u n kt i o n i e r t

entscheidender Bedeutung zu sein. Dabei gilt es vor allem,


unrealistische Erwartungen beizeiten zu dämpfen, und statt-
dessen regelmäßig mit ausgewogenem Feedback und Lob zu
arbeiten. Dieser Zusammenhang macht auch deutlich, dass
herkömmliche Performance-Management-Prozesse und Bo-
nussysteme weit weniger nachhaltig wirksam sind als bisher
angenommen.

Auf einen Blick: Wie das Gehirn funktioniert


J Das menschliche Gehirn hat in seiner Millionen Jahre
andauernden Entwicklung sein Gewicht verdreifacht. Da-
bei haben sich vor allem solche Areale weiterentwickelt,
die für rationales Entscheiden und Lernen zuständig sind.
J Jedes Gehirn ist einzigartig in seiner Vernetzung und hört
nicht auf, sich individuell zu entwickeln. So ist Lernen bis
ins hohe Alter möglich.
J Areale, die mit bewussten Denkvorgängen befasst sind,
benötigen sehr viel mehr Energie als die Gehirnstruktu-
ren, die für unbewusste Prozesse zuständig sind. Das
Gehirn ist auf Energiesparen eingestellt. Daher dominie-
ren uns die unbewussten Abläufe.
J Unser Gehirn ist darauf ausgerichtet, Schmerz zu ver-
meiden und nach Wohlbefinden zu streben. Diese zwei
Faktoren beeinflussen unser gesamtes Denken und Han-
deln.

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35

Irrtümer und Fakten rund


um Führung

Es gibt unzählige Theorien und Meinungen, die sich rund um


Führung ranken. Nur wenige davon stimmen, viele davon sind
falsch, wie die Neurowissenschaftler belegen.
In diesem Kapitel erfahren Sie u. a., warum
J Menschen produktiver sind, wenn sie sich wohlfühlen,
J niemand rein rational entscheiden kann,
J sich Stress positiv und negativ auswirken kann,
J lange Arbeitszeiten gute Leistungen verhindern.

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36 I r r t ü m e r u n d F ak t e n ru n d u m F üh r u n g

Irrtum Nr. 1: Angst macht produktiv


Noch heute regiert in vielen Unternehmen Unsicherheit und
Angst, vor allem bei Umstrukturierungen und in Krisensitua-
tionen. Führungskräfte, die ihre Mitarbeiter darüber im Un-
klaren lassen, was eine anstehende Veränderung für sie be-
deutet, handeln dabei nicht nur unsensibel, sie reduzieren
auch messbar die Qualität der von den Mitarbeitern getroffe-
nen Entscheidungen und senken dadurch die Erfolgswahr-
scheinlichkeit jeder noch so gut gemeinten Veränderung.
Ist unserer Schmerzzentrum aktiviert, z. B. bei Stress, hat dies
negative Auswirkung auf die Balance der hirninternen Boten-
stoffe und damit das körperliche, geistige und emotionale
Gleichgewicht. Die Aktivierung des Schmerzzentrums führt
dazu, dass die Produktivität sinkt und komplexe Problemstel-
lungen weniger souverän bewältigt werden können. Des Wei-
teren nehmen die Leistung des Immunsystems und die emo-
tionale Stabilität ab. Dafür wird aber der Körper optimal auf
Flucht oder Kampf vorbereitet – Reaktionen, die wir im
heutigen Leben jedoch nicht mehr ausleben können.
Beispiel:

Ü Srini Pilay, ein Assistenz-Professor an der Harvard Medical


School, konnte gemeinsam mit seinem Team nachweisen, dass
bei Entscheidungen unter Druck und Unsicherheit die neuronalen
Zentren stimuliert werden, die auch aktiviert sind, wenn eine
Person Angst und Ekel empfindet.
In einer Studie, die vom amerikanischen Psychologen Ronald
Friedman durchgeführt wurde, sollten Versuchspersonen auf ei-
nem Blatt Papier einer Maus in einem Labyrinth den Weg ins
Freie aufzeichnen. In einem Versuchsaufbau erwartete die Maus

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I r r t u m N r . 1 : An g s t m a c ht p ro d u k t i v 37

vor dem Labyrinth ein Stück Käse, in einem anderen Setting


lauerte dort ein Raubvogel. Anschließend wurden die Probanden
Kreativitätstests unterzogen. Die Gruppe, die die Maus zum Käse
geführt hatte, konnte dort deutlich mehr Punkte erzielen als die
Gruppe, die die Maus in Lebensgefahr brachte.

Die Aktivierung des Belohnungszentrums im Gehirn versetzt


Menschen besser in die Lage, komplexe Probleme mit Kreati-
vität zu bewältigen und ihre volle geistige Leistung abzurufen,
als im Normalzustand. Außerdem fördert sie die seelische und
körperliche Widerstandsfähigkeit.
Ein aktiviertes Schmerzareal Ein aktiviertes Belohnungszentrum
(z. B. bei Stress) ... ...
hemmt höhere Hirnfunktionen, stimuliert höhere Hirnfunktionen
die für das rationale Entschei- und fördert damit Kreativität und
den, die Kreativität und Produk- Leistungsvermögen
tivität zuständig sind
bereitet den Körper auf Kampf
oder Flucht vor
beeinträchtigt das Immunsys- fördert körperliche Widerstands-
tem fähigkeit
beeinträchtigt die emotionale fördert die emotionale Stabilität
Stabilität

Warum Menschen, die sich wohlfühlen,


besser arbeiten können
Matthew Liebermann, ein bekannter Neurowissenschaftler an
der University of California, stellt die These auf, dass das
menschliche Gehirn sich vor allem deswegen so stark von
anderen Säugetiergehirnen unterscheidet, weil der Mensch

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38 I r r t ü m e r u n d F ak t e n ru n d u m F üh r u n g

als Spezies in einem sehr viel stärkeren Maße von gut funk-
tionierender sozialer Interaktion abhängig ist. Kooperation,
Kollegialität und Altruismus, d. h. Handlungen, die sich nicht
direkt oder kurzfristig positiv auf eine handelnde Person
auswirken, sind laut Liebermann von elementarer Wichtigkeit
für den kollektiven Erfolg des Menschen. Dies macht die
Fähigkeit notwendig, sich in andere Personen hineinzufühlen
und ihre Gedanken nachzuvollziehen, und es erfordert die
Fähigkeit zur Kontrolle egoistischer Impulse, um andere nicht
zu verärgern. Gute Beziehungen sind laut Liebermann für
einen Menschen mindestens genauso wichtig wie Nahrung
oder Schlaf.
Ein gutes Betriebsklima mit vertrauensvollen und kollegialen
Beziehungen und einer offenen Kommunikationskultur leistet
damit einen wichtigen Beitrag zur Aktivierung des Beloh-
nungszentrums bei Mitarbeitern. Es sorgt dafür, dass ein
Maximum an Engagement, Kreativität und Problemlösungs-
kompetenz zur Verfügung steht. Führungskräfte, die hirnge-
recht führen wollen, sollten ihre Mitarbeiter also inspirieren,
indem sie sie ermutigen, anleiten, coachen und wertschät-
zendes Feedback geben. Schwelende Konflikte, die nicht an-
gegangen werden, oder Kritik, die vom Mitarbeiter als unfair
empfunden oder gar einschüchternd empfunden wird, sorgen
hingegen hirnbiologisch nachweislich zu einer Abnahme der
kognitiven Leistungsfähigkeit und damit für schlechtere Ent-
scheidungen.

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I r r t u m N r . 1 : An g s t m a c ht p ro d u k t i v 39

Warum Kritik länger wirkt als Lob


Sie kennen das sicherlich: Jemand gibt Ihnen Feedback mit
mehreren guten Aspekten und einer negativen Beobachtung.
Woran werden Sie sich am nächsten Tag noch erinnern?
Tatsächlich scheint uns Kritik stärker und länger zu berühren,
als Lob dies vermag. Durch Kritik wird das Schmerzareal im
Gehirn aktiviert, was über einen mehrstufigen Prozess zur
Ausschüttung des Hormons Cortisol führt.
Umgekehrt führen Anerkennung und Lob dazu, dass das
Belohnungszentrum im Gehirn anspringt, was über komplexe
Abläufe u. a. die Produktion des Hormons Oxytocin anregt.
Letzteres wird vom Körper jedoch sehr viel schneller wieder
abgebaut als Cortisol. Das könnte der neurobiologische Grund
dafür sein, dass uns kritische Rückmeldungen länger beschäf-
tigen als positives Feedback. All diese Mechanismen wirken
natürlich auch, wenn es um Feedback an Mitarbeiter geht.
Judith Glaser, eine Anthropologin, hat in mehreren Unter-
suchungen mit Managern die Häufigkeit bestimmter Füh-
rungsverhalten untersucht, die entweder Stress oder Wohl-
befinden induzieren. Auch wenn die positiven
Verhaltensweisen bei den befragten Entscheidern überwogen,
räumten doch 85 % ein, dass sie mitunter Verhaltensweisen
an den Tag legen, die das Vertrauensverhältnis zu ihren
Mitarbeitern dauerhaft schädigen könnten.

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40 I r r t ü m e r u n d F ak t e n ru n d u m F üh r u n g

Häufigkeit von Führungsverhalten


Hirngerechte Führung hat also viel mit dem konkreten Ver-
halten und damit mit der inneren Haltung und der Impuls-
kontrolle eines Managers zu tun. Das Knifflige dabei ist, dass
stressinduzierendes Führungsverhalten wesentlich länger
nachwirkt, als Handlungen, die das Wohlbefinden eines Mit-
arbeiters fördern. Führungskräfte, die innerlich ausgeglichen
sind, sind hier daher deutlich im Vorteil.

Irrtum Nr. 2: Wir entscheiden


rational, und das ist gut so
Wohl die meisten Führungskräfte glauben daran, dass sie ihre
Entscheidungen rein aufgrund rationaler Erwägungen treffen.
Doch das ist ein Irrtum.
Ab einer gewissen Komplexität gibt es keine menschlichen
Handlungen und Entscheidungen mehr, die allein auf rationa-
len, objektiven Fakten beruhen. Die Belohnungs- und

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I r r t u m N r . 2 : W ir e n t s c h e i d e n r a t i o n a l , u n d d a s i s t g u t s o 41

Schmerzzentren bewerten anstehende Entscheidungen nach


bereits gemachten Erfahrungen. Sie sind an allen Verarbei-
tungsprozessen bewusst oder unbewusst beteiligt und beein-
flussen diese. Rationale Argumente, die die emotional ge-
färbte Entscheidung oder Handlungen für die eigene Person
und die Außenwelt nachvollziehbar machen, werden nach-
weisbar erst später von den höheren Hirnfunktionen generiert.
Beispiel:

Ü In jedem größeren Unternehmen ist dies alljährlich im Budget-


prozess nachzuvollziehen. Prognosen hinsichtlich Umsatz und
Kosten oder Entscheidungen für oder gegen Investitionsprojekte
fallen je nach Tagesform, politischer Absicht und ausgeübtem
Druck von oben anders aus. Die rationale Rechtfertigung dieser
Entscheidungen ist dagegen in den meisten Fällen ein nachgela-
gerter Schritt. Das hat mit Objektivität nur wenig zu tun.

Dies führt zu allerlei strukturellen Fehlern im menschlichen


Entscheidungsverhalten, die u. a. vom Nobelpreisträger in
Ökonomie Daniel Kahnemann in seinem Buch „Schnelles
Denken, langsames Denken“ anschaulich beschrieben wurden.

Empathie macht erfolgreich


Gute Führungskräfte scheinen neben der rationalen Fakten-
lage auch emotionale und soziale Aspekte in ihre Entschei-
dungen mit einfließen zu lassen. Eine zentrale Rolle spielt
dabei offenbar die Fähigkeit, sich in die Personen hineinzuver-
setzen, die von einer bestimmten Entscheidung betroffen
sind, und deren emotionale Reaktionen und die Auswirkun-
gen, die diese auf das Unternehmen als Ganzes haben, mit ins
Kalkül zu ziehen.

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Roderick Gilkey, Professor für Management und Psychiatrie an


der Emory University im US-amerikanischen Atlanta, hat mit
seinem Team untersucht, was passiert, wenn Manager strate-
gische Entscheidungen treffen. Sie konfrontierten eine
Gruppe von erfahrenen Führungskräften mit verschiedenen
Entscheidungsproblemen, baten sie um ihre Analyse und
Empfehlungen und scannten währenddessen ihre Gehirne in
einem fMRT. Verschiedene Regionen des präfrontalen Cortex
sind für abstraktes Planen und Handeln zuständig. Gilkey und
sein Team erwarteten also eine erhöhte Aktivität in diesen
Bereichen. Tatsächlich waren bei den Führungskräften, die die
besten Lösungsansätze zu den Problemszenarien fanden,
nicht nur diese Areale aktiviert, sondern auch verschiedene
andere neuronale Netzwerke, die mit sozialen und emotiona-
len Erwägungen in Verbindung gebracht werden.

Gute Führungskräfte können ihre


Emotionen steuern
Ein weiterer Aspekt guter Führung scheint der richtige Um-
gang mit den eigenen Emotionen zu sein. Eine Führungskraft
hat nicht nur in der Sacharbeit eine Vorbildfunktion, sondern
auch, was Emotionen anbelangt. Emotionen, gleichwohl ob
negativ oder positiv, sind, bedingt durch das menschliche
Empathie-System (siehe hierzu das Kapitel „Der wahre Chef
im Gehirn: das Unbewusste“), ansteckend. Dies gilt in beson-
derem Maße für die Emotionen von Menschen, die als mäch-
tiger oder einflussreicher eingeschätzt werden als man selbst.

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Beispiel:

Ü Ein cholerischer Chef, der Angst und Schrecken verbreitet, kann


sich nicht darauf verlassen, dass eine lautstarke Entgleisung von
seinen sensibleren Mitarbeitern ebenso schnell vergessen wird
wie von ihm selbst. Dadurch dass seine Emotionen mit ihm
durchgegangen sind, hat er womöglich nicht nur schlechte Ent-
scheidungen getroffen, sondern er hat auch das Vertrauen seiner
Mitarbeiter in ihn erschüttert.

Tatsächlich ist das bewusste Steuern der eigenen Emotionen


und Gedanken keine besonders leichte Aufgabe. Die meisten
Führungskräfte lernen im Lauf der Jahre, ihre Emotionen zu
unterdrücken wie ein Pokerspieler. Das führt jedoch, wenn es
denn überhaupt funktioniert, im Wesentlichen dazu, dass sie
häufig als nicht authentisch wahrgenommen werden und ihre
Mitarbeiter dadurch irritieren.
Matthew Liebermann, ein Hirnforscher an der University of
California, konnte in Untersuchungen nachweisen, dass die
Unterdrückung der eigenen Emotionen bei Entscheidungsträ-
gern zu erhöhtem Puls und Blutdruck führt und damit das
Herz-Kreislauf-System belastet.
Führungskräfte, die in der Lage sind, ihre Emotionen zu
benennen, also fähig sind auszudrücken, dass sie z. B. über-
rascht, verärgert oder enttäuscht sind, treffen dagegen nicht
nur nachweislich bessere Entscheidungen, sie aktivieren auch
die Schmerzareale ihrer Mitarbeiter in geringerem Maße.

Unser Gehirn denkt sozial


Der Erfolg einer Führungskraft hängt unter anderem davon ab,
wie gut sie Entscheidungen treffen und Betroffene in den

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Entscheidungsprozess mit einbinden kann. Ebenso spielt es


eine Rolle, wie gut sie das Ergebnis an andere kommuniziert.
All dies ist maßgeblich dafür, wie fair eine Entscheidung
letztlich von anderen wahrgenommen wird. Häufig müssen
Entscheidungen jedoch von Mitarbeitern „ausgebadet“ wer-
den, die in die Entscheidungsfindung nicht ausreichend ein-
gebunden waren und nur deren Ergebnis mitgeteilt bekom-
men haben. Dies führt nicht selten zu Unsicherheit und
Widerstand, was auf aktivierten Schmerzzentren gründet.
Nach dem Neurowissenschaftler Matthew Liebermann verfügt
das Gehirn über verschiedene Netzwerke, die für soziales und
nicht-soziales, d. h. rationales Denken zuständig sind. Wenn
eines dieser Netzwerke aktiv ist, wird das jeweils andere
gehemmt. Mittels fMRI-Untersuchungen konnte dabei nach-
gewiesen werden, dass das Gehirn nach Beendigung eines
rationalen Gedankengangs, bei dem das Netzwerk für nicht-
soziales Reflektieren aktiv war, stets reflexartig das Verschal-
tungsmuster aktiviert, das für soziale Erwägungen zuständig
ist. Umgekehrt tritt dieses Phänomen dagegen nicht auf. Das
Gehirn ist evolutionsbiologisch also offenbar darauf aus-
gelegt, zwischen sozialem und nicht-sozialem Denken hin
und her zu wechseln und sicherzustellen, dass Entscheidun-
gen auch immer durch eine soziale Brille betrachtet werden.
Dennoch tun dies viele Führungskräfte nicht in ausreichen-
dem Maße. Dies könnte zum einen an individuellen Präferen-
zen für einen spezifischen Denkstil liegen, aber auch in der
Gruppendynamik einer Entscheidungssituation begründet
sein. Oft spielt daher bei der Entscheidungsfindung die Aus-
wirkung der Entscheidung auf die Betroffenen eine nur sehr

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untergeordnete Rolle. Leider, muss man sagen, denn die


Fähigkeit, die Auswirkungen der eigenen Entscheidungen auf
die Betroffenen und damit auf das Betriebsklima vorzudenken,
ist sicherlich eine Eigenschaft, die gute Führungskräfte aus-
zeichnet.

Was unsere Entscheidungen beeinflusst


Entscheidungen beruhen neben Fakten, emotionalen Bewer-
tungen und sozialen Abwägungen immer auch auf den Erfah-
rungen, die man gemacht hat. Diese Erfahrungen werden im
episodischen Gedächtnis abgelegt. Das episodische Gedächt-
nis besteht dabei aus einzelnen Erinnerungen, sog. Engram-
men, die in Bildern und Geschichten organisiert sind. Der
Begriff Engramm leitet sich aus dem Griechischen ab: en
bedeutet „hinein“ und gramma steht für „Inschrift“. Er be-
schreibt die neurologische Spur, die das Durchleben einer
Situation als dauerhafte strukturelle Veränderung im Gehirn
hinterlässt. Die Gesamtheit aller Engramme bildet das Ge-
dächtnis. Engramme entstehen also als Reaktion darauf, dass
eine als bedeutsam empfundene Situation durchlebt wird.
Dabei zeichnet unser Gehirn aber keinen Videomitschnitt auf,
sondern es werden verschiedene Arten von Informationen und
Metainformationen abgelegt.

Unsere Erinnerung
Wenn sich jemand an eine für ihn bedeutsame Situation, z. B.
eine negative Leistungsbeurteilung oder gar eine Kündigung
durch den Vorgesetzten, erinnert, so ruft er dazu eine Reihe
von Erinnerungen mit Handlung und Akteuren auf (Geschich-

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te), die sich szenisch vor dem inneren Auge abspielen (Bilder).
In dieser Szenerie spielt die sich erinnernde Person eine
bestimmte Rolle, z.B. als Held, Beobachter oder Opfer (Wech-
selwirkung mit eigener Person). Das Engramm enthält dabei
zahlreiche Sachinhalte wie Personen, Orte und Geschehnisse
(sog. deklarative Inhalte) sowie Geräusche, Gerüche oder
optische Reize (Sinneseindrücke), die mit Gefühlen wie Angst,
Unsicherheit und Nervosität (emotionalen Bewertungen) und
Erinnerungen an körperliche Reaktionen wie feuchte Hände
und schnellen Herzschlag einhergehen (sog. somatische Mar-
ker). Die Erinnerungen sind außerdem über Assoziationen mit
ähnlich gelagerten Situationen in Relation gesetzt, d.h., die
negative Situation wird als so ähnlich empfunden wie das
Versagen in der Schule (Referenz zu anderen Erfahrungen).

Elemente von Gedächtnis-Engrammen


Erinnerungen werden stark von Emotionen beeinflusst. Das lässt sich gut
nachvollziehen, wenn man die Aussagen von Unfallzeugen vergleicht. Sie
haben alle denselben Unfallhergang beobachtet, schildern jedoch meist
völlig unterschiedliche Beobachtungen.

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Wann immer ein Mensch sich an etwas erinnert, z. B., wenn er


einen Teil seiner Lebensgeschichte erzählt, werden die En-
gramme mit all ihren Aspekten aktiviert. Dabei durchlebt das
Gehirn dieselben Erregungsmuster wie zu dem Zeitpunkt der
eigentlichen Erinnerung.

Wie uns frühere Erfahrungen im Hier und


Jetzt beeinflussen
Viele westliche Manager und ihre Mitarbeiter glauben, dass
Entscheidungen immer aufgrund rationaler Analysen und
nach nüchterner Bewertung aller vorliegenden Fakten auf
der Grundlage von Logik und der Abwägung von Kosten und
Nutzen vom Gehirn getroffen werden. Diese Fehleinschätzung
liegt auch darin begründet, dass wir dazu neigen, Entschei-
dungen zu treffen, ohne bewusst auf unseren Körper zu
„hören“, den wir aufgrund unserer Sozialisation in keinster
Weise für kompetent halten, uns in komplexen Fragestel-
lungen zu beraten (siehe hierzu auch das Kapitel „Irrtum
Nr. 4: Achtsamkeit ist nur etwas für Esoteriker“).
Hier liefern die Erkenntnisse des aus Portugal stammenden
Hirnforschers Antynio Damvsio einen interessanten neuen
Blickwinkel für Entscheider. Damvsio, heute Professor für
Neurowissenschaften an der University of Southern Califor-
nia, hat mit seiner Arbeit nachgewiesen, dass Entscheidungen
immer auch basierend auf der eigenen Biografie getroffen
werden. Das liegt daran, dass vergangene Entscheidungs-
situationen und die mit den Ergebnissen einhergehenden
emotionalen Assoziationen stets auf aktuelle Problemstellun-
gen angewandt werden.

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Beispiel:

Ü Wenn eine Führungskraft entscheiden muss, ob sie sich vor die


Belegschaft stellen soll, um eine schwerwiegende Konzernentschei-
dung zu erläutern, werden im Gehirn blitzschnell die neuronalen
Strukturen aktiviert, die Assoziationen zu ähnlichen Situationen
beinhalten. Gab es in der Vergangenheit unangenehme Fragen aus
dem Publikum, die den Manager in Verlegenheit gebracht haben, so
wird die Erinnerung daran ein schwächeres Abbild der damaligen
Emotionen aktivieren, welche die anstehende Situation emotional
„einfärben“.

In der Hirnforschung spricht man in einem solchen Fall auch


von einer „Bahnung“, da eine Entscheidung in ihrer Tendenz
durch Aktivierung entsprechender neuronaler Muster beein-
flusst wird. Im Beispielfall würde die Führungskraft sich
möglicherweise gegen eine Ansprache entscheiden und dieses
nun, da die eigentliche Entscheidung getroffen ist, mit ratio-
nalen Argumenten unterfüttern.

Somatische Marker: unser Körpergedächtnis


Aber Damvsio geht in seiner Arbeit noch weiter und behaup-
tet, dass wir nicht nur Gefühle mit unseren Erinnerungen
speichern, sondern auch Körperwahrnehmungen, wie Bauch-
ziehen, Gänsehaut oder den „Kloß im Hals“. Wenn Menschen
mit einer Entscheidung konfrontiert sind, erwägt ihr Gehirn
also nicht nur die verschiedenen Reaktionsmöglichkeiten und
die daraus resultierenden Ergebnisse, sondern es liefert auch
die passenden Körperzustände dazu. Damvsio bezeichnet die-
ses Phänomen als somatische Marker und die Summe aller
Marker als das Körpergedächtnis eines Menschen, das Teil

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seiner Intuition ist. Der Begriff der Somatik leitet sich dabei
vom griechischen Wort „soma“ ab, das „Körper“ bedeutet.
Beispiel:

Ü Die Erinnerung an eine bestimmte frühere Entscheidung, die das


Gedächtnis mit der aktuellen Situation assoziiert, kann z. B. ein
Ziehen im Bauch mit sich bringen.

Somatische Marker weisen Menschen darauf hin, dass eine


geplante Handlung unangenehme Folgen für sie haben könn-
te. Genauso markieren sie aber auch positive Vorstellungen,
etwa wenn eine Situation in der Erinnerung wohlige Schauer
über den Rücken laufen lässt. Somatische Marker dienen also
dazu, Entscheidungen und ihre möglichen Resultate aus Sicht
des Individuums in „positiv“ und „negativ“ zu unterteilen.
Bedeutsam für das Verständnis der somatischen Marker ist
das tragische Unglück des Bahnarbeiters Phineas Gage, das in
die Geschichte der Hirnforschung einging.
Beispiel:

Ü Im Jahr 1848 erlitt Gage bei einer von ihm durchgeführten


Sprengung einen Unfall. Eine etwa 1,10 m lange und 3 cm dicke
Eisenstange durchstieß dabei mit großer Wucht seinen Kopf vom
Wangenknochen zur Schädeldecke. Überraschenderweise über-
lebte Gage und blieb sogar die gesamte Zeit bei Bewusstsein.
Seine Wunden verheilten gut, und anfangs schien nur ein Auge
einen bleibenden Schaden davongetragen zu haben. Während
seine intellektuellen Fähigkeiten, einschließlich Wahrnehmung,
Gedächtnis, Intelligenz, Sprachfähigkeit, sowie seine Motorik
nach seiner Genesung völlig intakt waren, kam es jedoch in den
folgenden Wochen zu auffälligen Persönlichkeitsveränderungen.
Aus dem stets besonnenen Gage wurde in der Folge ein impulsi-
ver, verantwortungsloser Mensch, der dazu neigte, Entscheidun-
gen zu treffen, die für ihn und andere unvorteilhaft waren.

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Durch eine aufwendige Rekonstruktion der Verletzung mit


Methoden der modernen Hirnforschung konnte nachgewiesen
werden, dass die Eisenstange u. a. ein bestimmtes Areal im
präfrontalen Cortex zerstört hatte. Damvsio ging davon aus,
dass diese Gehirnstruktur dafür zuständig ist, die Verbindung
von Erinnerungen, Emotionen und Körperempfindungen her-
zustellen und für Entscheidungsfindungen zur Verfügung zu
stellen. Gage hatte durch seinen Unfall also den Zugriff auf
sein Körpergedächtnis und sein Gewissen verloren. Diese
Erkenntnis wurde mittlerweile in zahlreichen vergleichbaren
Fällen von Verletzungen des Stirnhirns bestätigt. Somatische
Marker sind also ein unwillkürliches körpereigenes System zur
Bewertung von anstehenden Entscheidungen, dessen Steue-
rungszentrale im präfrontalen Cortex angesiedelt ist.
Aber warum gibt es überhaupt so etwas wie somatische
Marker? In den allermeisten Fällen sind viel mehr Informatio-
nen für eine Entscheidung zu berücksichtigen, als von den
höheren Gehirnfunktionen gleichzeitig verarbeitet werden
können. Um dennoch zu schnellen Entscheidungen in der
Lage zu sein, dienen die somatischen Marker entwicklungs-
geschichtlich wohl dazu, die Anzahl der möglichen Hand-
lungsoptionen durch Bahnung entsprechender Hirnareale zu
reduzieren, indem sie die aus Sicht des Individuums unvor-
teilhaften Optionen unbewusst eliminieren.
Somatische Marker sind die Sprache des Körpers, die dem Bewusstsein
Auskunft über die eigenen Bedürfnisse und Präferenzen gibt. Diese Kom-
munikationsform zu beherrschen, ist Teil der bewussten, achtsamen
Wahrnehmung, die mitunter auch als Intuition oder „Bauchgefühl“ be-
zeichnet wird.

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Warum unsere Erinnerungen sich im


Laufe der Zeit ändern
Erinnerungen werden bei jedem erneuten Durchleben vom
Gehirn zu einer in sich schlüssigen Geschichte verwoben, die
wiederum von der aktuellen Gemütsverfassung und den Er-
fahrungen abhängt, die der Erlebende seither gemacht hat.
Beispiel:

Ü Eine negative Leistungsbeurteilung oder eine Kündigung, die eine


Person vor vielen Jahren erlebt hat, kann damals als sehr belas-
tend empfunden worden sein. Aus Sicht ihrer heutigen Erfahrung
gibt es aber vielleicht wesentlich Schlimmeres, das einem wider-
fahren kann als dieses Ereignis. Wenn die Person also heute über
das damalige Unglück berichtet, wird ihr dieses weniger drama-
tisch erscheinen als noch vor einigen Jahren.

Gedächtnisinhalte werden im Gehirn also nicht statisch und


objektiv wie auf einer Festplatte gespeichert, sondern sie sind
zum einen emotional eingefärbt und verändern sich zudem
noch mit jedem „Aufrufen“ bzw. „Durchleben“. Dabei werden
jeweils die Gehirnstrukturen aktiviert, die auch aktiv waren,
als der Gedächtnisinhalt gebildet wurde, also z. B. auch das
Schmerzareal oder das Belohnungszentrum.
Wenn wir uns erinnern, wird zudem das Sehzentrum, der
visuelle Cortex, aktiviert. Dies mag auch erklären, warum nur
rund 17 % der Neuronen des visuellen Cortex überhaupt eine
Verbindung zur Außenwelt haben. Das führt dazu, dass von
geschätzten 10 Milliarden Bits pro Sekunde an externen
Reizen gerade einmal 100 im Gehirn ankommen. Daraus ließe
sich sicher keine visuelle Wahrnehmung erzeugen, wären da

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nicht die nach innen gerichteten Netzwerke, die die Bilder für
uns konstruieren helfen. Dies hat zur Konsequenz, dass ein
neuer Blickwinkel auf ein bereits erlebtes Ereignis z. B. durch
Coaching oder durch einen guten Mentor im Nachhinein die
emotionale Einfärbung und die Detailgestaltung des Gedächt-
nisinhaltes selbst verändern kann.

Irrtum Nr. 3: Stress ist schlecht


Der Begriff „Stress“ ist wahrscheinlich einer der am meisten
falsch verstandenen und falsch verwendeten Begriffe unserer
Zeit. Stress, abgeleitet vom lateinischen Wort „stringere“ (=
anspannen), beschreibt die Reaktion von Geist und Körper auf
äußere Reize, sog. Stressoren. Stress gehört zum Leben dazu.
Er ist zunächst einmal wertneutral zu verstehen und nicht mit
einem negativen Beigeschmack im Sinne von „Überforde-
rung“. Der Freiburger Professor Joachim Bauer, seines Zei-
chens u. a. Neurobiologe, Arzt und Psychotherapeut, hat sich
in seinem äußerst lesenswerten Buch „Arbeit“ dieses Themas
sehr fundiert und gut lesbar angenommen.

Warum wir Stress brauchen


Das menschliche Gehirn, so Bauer, braucht Herausforderun-
gen zur Aktivierung des Belohnungszentrums. Nur so kann es
sein volles Potenzial entwickeln. Herausforderungen führen
immer dann zu persönlichem Wachstum, wenn sie vom Ge-
hirn als bewältigbar empfunden werden. In diesem Fall spricht
man auch von Eu-Stress oder in einer idealen Konstellation,

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bei der man völlig in der Arbeit aufgeht und Raum und Zeit
vergisst, von Flow.

Di-Stress, Eu-Stress und Flow


Eu-Stress wird erst dann schädlich, wenn die Menge an
positiver Herausforderung zu viel oder aber deutlich zu wenig
wird. Erst wenn die Menge an Problemstellungen vom Gehirn
als nicht mehr machbar eingeschätzt wird oder aber wenn viel
zu wenig Anforderungen an das Gehirn gestellt werden, hat
dies verschiedene negative Auswirkungen auf den mensch-
lichen Organismus. In beiden Fällen spricht man auch von
Di-Stress.
Heute wird der Begriff Stress häufig mit Di-Stress im Sinne der Über-
forderung gleichgesetzt, was zum einen falsch ist, zum anderen aber auch
dazu beiträgt, dass sich immer mehr Menschen überhaupt erst gestresst
fühlen.

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Die Neurobiologie weiß heute, dass es zwei deutlich verschie-


dene Stress-Systeme gibt, die gesamthaft zu sehen sind,
wenn man die wachsenden Probleme von Führungskräften
und ihren Mitarbeitern im Umgang mit Stress begreifen will.
J Das erste, seit Anfang des 20. Jahrhunderts bekannte
„klassische“ Stress-System, kommt zum Einsatz, wenn es
um die Aktivierung von Hirn und Körper für die Bewälti-
gung konkreter Aufgaben oder Problemstellungen geht,
z. B. das Behaupten der eigenen Position vor Kritikern.
J Das zweite, erst vor wenigen Jahren entdeckte System, das
auch als „Default Mode Network“ bezeichnet wird, kommt
dagegen immer dann zum Einsatz, wenn das Gehirn gerade
an keiner konkreten Problemstellung arbeitet, sondern die
Umwelt mit diffuser Aufmerksamkeit überwacht, z. B. wenn
man allein am Schreibtisch sitzt und den Gedanken freien
Lauf lässt.

Das klassische Stress-System


Die Stressforschung begann mit einer Entdeckung des öster-
reichischen Mediziners Hans Selye. Er stellte in den 1930er
Jahren fest, dass so unterschiedliche Reize wie Kälte, Hitze,
Arzneimittel, Kummer, Freude etc. zunächst eine vollkommen
identische Reaktion im Gehirn hervorrufen. Wenn es eine
konkrete Problemstellung zu bewältigen gilt, stimuliert das
Gehirn den Körper dazu, aus dem Ruhezustand, der durch ein
normales Niveau von Atmung, Puls, Blutdruck und Muskelto-
nus gekennzeichnet ist, in einen aktivierten Zustand zu
wechseln. Entwicklungsgeschichtlich war diese Aktivierung

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lebenswichtig, um auf eine Bedrohung wie einen angreifen-


den Säbelzahntiger oder bei der Jagd nach Mammuts blitz-
schnell und mit optimaler Leistungsbereitschaft zu reagieren,
d. h. mit Kampf, Flucht oder Erstarrung. Binnen weniger Se-
kunden musste der Level der Vitalfunktionen und des Hirn-
treibstoffs Glucose massiv erhöht werden, was durch die
Ausschüttung der Neurotransmitter Noradrenalin und Adre-
nalin erreicht wurde. Innerhalb weniger Minuten stieg darauf-
hin die Konzentration von Cortisol im Blut an, einem Hormon,
das eingelagerte Energie freisetzt und den Muskeln zur Ver-
fügung stellt und in Gefahrensituationen unnötige Körper-
funktionen wie die Verdauung und das Immunsystem dämpft.
Die Sauerstoffsättigung des Blutes und die Blutgerinnung
steigen ebenfalls kurzfristig an. Von besonderer Bedeutung
für die Verarbeitung dieser heftigen Alarmreaktion ist die
subjektive Wahrnehmung der Situation:
J Wenn die Situation als positive Herausforderung verstan-
den wird, hilft die Energie der Stressreaktion, Leistungs-
reserven zu mobilisieren.
J Wird die Situation allerdings als Überforderung wahr-
genommen, treten Gefühle der Hilflosigkeit und des Aus-
geliefertseins ein.
Auch heute, nach Millionen Jahren der Evolution, werden
Konflikte, hoher Zeitdruck, große Arbeitsmengen, parallele
Projekte und unrealistische Erwartungen von unserem Gehirn
– in abgemilderter Form – als lebensbedrohliche Situationen
wahrgenommen, so wie bei unseren in Felle gehüllten Vor-
fahren. Anstatt aber nach erfolgreicher Bewältigung des Pro-

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blems bzw. nach Erledigung der Aufgabe zur Ruhe zu finden,


wie das beim Eu-Stress der Fall ist, bleibt die Stressreaktion
beim Di-Stress aktiv. Der heutige Mensch kann, im Gegensatz
zum Tier und zum Urmenschen, meist weder fliehen noch
kämpfen. Die frei werdenden Energien richten sich jedoch,
wenn sie nicht genutzt werden, oft gegen den eigenen Körper.
Geht die als negativ empfundene Stresssituation schnell vo-
rüber, fängt der Körper die Auswirkungen der Mobilmachung
auf. Hält sie aber dauerhaft an, kann sie sich hochschaukeln
und langfristig zu Schädigungen führen, so z. B. zu Herz-
Kreislauf-Erkrankungen, chronischen Schmerzen, Schlafstö-
rungen oder Burnout.

Verlauf der Stressreaktion

Das Default-Mode-Network
Eine Forschergruppe um den Professor Bharat Biswal am
Lehrstuhl für Functional Imaging am Medical College of
Wisconsin entdeckte 1995, dass unser Gehirn nicht nur über

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das klassische Stress-System verfügt, sondern dass es ein


zweites System besitzt. Es wird immer dann aktiviert, wenn
eine diffuse, breite und zugleich oberflächliche Wachsamkeit
gefordert ist. Es handelt sich dabei um ein neuronales System,
welches in der Fachliteratur als „Default Mode Network“, also
als Ruhezustand-Netzwerk, bezeichnet wird. Die Forscher
kamen ihm auf die Spur, als sie sich erstmals dafür interes-
sierten, was das Gehirn eigentlich in Zeiten der Ruhe tut. In
der Vergangenheit hatte man alle Erregungsmuster, die das
Gehirn im Ruhezustand zeigt, als Grundrauschen bzw. Daten-
fehler interpretiert und herausgefiltert. Allerdings war den
Hirnforschern seit jeher ein Rätsel, warum das Gehirn im
Ruhezustand gerade einmal 5 % weniger Energie verbraucht
als unter Volllast. Die Ergebnisse von Biswal waren erstaun-
lich. Sie zeigten ein System bestehend aus Teilen des präfron-
talen Cortex, des Scheitel- und Schläfenlappens, die mit einer
sehr geringen Frequenz alle 10 Sekunden miteinander kom-
munizieren, während andere Hirnareale normalerweise mit bis
zu 100 Impulsen pro Sekunde feuern.

Interne Netzwerke im Gehirn


Wenn unser Gehirn keine konkreten Aufgaben hat, schaltet es
in diesen Zustand der unspezifischen Wachsamkeit, der übri-
gens nichts mit dem Schlafzustand zu tun hat. Es achtet dann
wie ein Radar nach allen Richtungen auf eine Vielzahl von
externen und internen Reizen, die es z. B. in Form von Gedan-
ken oder Sinneswahrnehmungen aus der Außenwelt errei-
chen. Hirnforscher nehmen an, dass dieses Netzwerk eine
starke koordinierende und ausgleichende Funktion für das

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gesamte Gehirn hat und es von daher bedeutsam ist, dass das
Gehirn immer wieder in diesen Ruhezustand kommt.
Man geht heute davon aus, dass das Gehirn 60 bis 80 %
seiner Energie für interne Netzwerke aufwendet, die nicht
direkt mit der Außenwelt verbunden sind. Das Ruhezustand-
Netzwerk ist ein Teil davon. Diese Struktur hat ihren entwick-
lungsgeschichtlichen Sinn wahrscheinlich in der Identifizie-
rung von bedrohlichen Situationen. Das leuchtet ein, wenn
man bedenkt, dass Menschen sich Millionen von Jahren ihren
Lebensraum mit lebensgefährlichen Raubtieren teilen muss-
ten. Eine andere Situation herrscht jedoch heute an vielen
Arbeitsplätzen. In der Arbeitswelt von heute kommt es nicht
mehr darauf an, sich auf eine einzige Aufgabe zu konzen-
trieren und diese möglichst gut zu machen. Es müssen per-
manent eine Vielzahl von Reizen vom Gehirn verarbeitet
werden, die zwar größtenteils ohne Bedeutung sind, aber
dafür sorgen, dass das Gehirn nicht in einen Ruhezustand
kommt, sondern immer „auf dem Sprung“ ist.
Beispiel:

Ü Beispiele hierfür in Unternehmen sind Großraumbüros, sog. Open


Space Offices, Multitasking und die Always-on-Mentalität vieler
Manager, die sich permanent mit moderner Kommunikations-
elektronik umgeben.

Auch wenn die genaue Funktionsweise des Default-Mode-


Networks noch nicht vollständig erforscht ist, so ist davon
auszugehen, dass eine permanente Konfrontation mit exter-
nen Reizen diese Struktur hemmt. Auf Dauer kann dies die
Konzentration, das Kurzzeitgedächtnis und die Fähigkeit zu

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planvollem, strategischen Denken und Handeln negativ beein-


flussen. Dieser Zusammenhang ist mittlerweile zumindest für
intensive Multitasker mittels bildgebender Verfahren nach-
gewiesen.

Warum negativer Stress krank macht


Stark vereinfacht sorgt das Immunsystem dafür, dass der
Mensch nicht krank wird. Es spürt Krankheitserreger, Mikro-
organismen, körperfremde Substanzen und abgestorbene oder
degenerierte körpereigene Zellen auf, identifiziert sie, um
dann eine geeignete Immunabwehr zu stimulieren, die die
schädlichen Eindringlinge abtötet und entsorgt. Die Immun-
abwehr funktioniert dabei zum einen unspezifisch, d.h. breit
gestreut, und zum anderen spezifisch für bestimmte Krank-
heitserreger, wie z. B. Viren. Unser Immunsystem lernt im
Laufe des Lebens mit jeder Infektion dazu. Es besteht aus
einem sehr komplexen Netzwerk verschiedener Organe, Zell-
typen und Botenstoffe, das erst in den 1980er Jahren erstmals
vollständig beschrieben wurde.

Ablauf der Immunabwehr


1. Transport zu gefährdeten Bereichen
2. Identifikation von Erregern
3. Stimulation der Immunabwehr
4. Bekämpfung der Erreger
5. Beseitigung der Abfallprodukte

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Wie sich Stress auf unser Immunsystem


auswirkt
Robert Ader, ein US-amerikanischer Professor für Psychologie
an der University of Rochester, konnte 1974 zusammen mit
seinem Kollegen, dem Immunologen Nicholas Cohen, nach-
weisen, dass das Immunsystem über die Wechselwirkung
bestimmter Botenstoffe mit dem zentralen Nervensystem
direkt in Verbindung steht. Dies wird im Rückblick als die
Geburtsstunde der Psycho-Neuro-Immunologie bezeichnet.
Sie hilft, Zusammenhänge zu verstehen, die dazu führen,
dass Grundeinstellungen, innere Haltung, Werte, Ressourcen
und Bewältigungsstrategien sich nachweisbar auf körperliche
Funktionen auswirken. Im Mittelpunkt steht dabei die Wir-
kung der Psyche auf das Immunsystem und hier insbesondere
die Folgen von positiv oder negativ empfundenem Stress.
Auch heute sind noch nicht alle Wirkzusammenhänge restlos
geklärt. Es ist jedoch mittlerweile in zahlreichen Studien
nachgewiesen, dass die Psyche und damit das Gehirn mit
dem Immunsystem auf zwei verschiedenen Wegen in Verbin-
dung stehen. Diese Hirn-Körper-Achse macht sich immer
dann bemerkbar, wenn sich eine Veränderung in der wahr-
genommenen Belastungssituation bzw. dem Stress-Level des
Menschen ergibt.
1 Zum einen kommunizieren Immunsystem und Gehirn über
die Blutbahn, die das Stresshormon Cortisol transportiert,
dessen Produktion vom Hirn über eine Erregung des
Stressareals angestoßen wird.

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2 Zum anderen steht das Gehirn über das Zentrale Nerven-


system mit dem Immunsystem in Verbindung, so dass es
bestimmte Immunzellen direkt über die Neurotransmitter
Adrenalin und Noradrenalin anregen bzw. hemmen kann.
Beide Kommunikationswege laufen dabei autonom, d. h. ohne
Zutun des Bewusstseins ab.

Das Open-Window-Phänomen: Wenn das


Immunsystem schlappmacht
Eine externe Herausforderung wird vom Menschen dann als
Belastung erlebt, wenn er das Gefühl hat, sie nicht beein-
flussen zu können, und zudem nicht ausreichend Ressourcen
zu haben glaubt, um die Situation zu bewältigen. Nimmt der
wahrgenommene negative Stress-Level im Gehirn zu oder
bleibt er über eine längere Zeit auf einem erhöhten Niveau,
so hat das Auswirkungen auf das Immunsystem. Sie reduzie-
ren die Effektivität bei der Bekämpfung von Viren und Bakte-
rien. Durch diese verschlechterten Immunfaktoren steigt das
Risiko einer Erkrankung bzw. der Verlauf bestehender Krank-
heiten kann sich verschlechtern oder sogar zum Tod führen.
Dies wird auch als Open-Window-Phänomen bezeichnet: Er-
regern stehen Tür und Tor buchstäblich offen.
Die folgenschweren Auswirkungen von Di-Stress auf das
Immunsystem sind heute allesamt durch zahlreiche wissen-
schaftliche Versuchsreihen belegt. Diese Untersuchungen
wurden an Menschen durchgeführt, die mit einem dauerhaft
hohen Level an Di-Stress leben müssen, z. B. Partner von
Alzheimer-Patienten, die wegen der Pflege nicht nur eine

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hohe Arbeitsbelastung rund um die Uhr haben, sondern auch


tatenlos zusehen müssen, wie ihr langjähriger Lebensgefährte
allmählich vergisst, wer sie sind. Folgende Auswirkungen
konnten bei vergleichbaren Personengruppen nachgewiesen
werden.

So beeinträchtigt Di-Stress das Immunsystem


J Verminderte Effektivität von Impfungen, d.h. höhere In-
fektionsgefahr
J Verringerte Wirksamkeit von Medikamenten, d.h. ver-
schlechterter Krankheitsverlauf
J Verzögerte Wundheilung, d. h. höheres Entzündungsrisiko
J Förderung von entzündlichen Prozessen, d. h. erhöhtes
Erkrankungsrisiko
J Aktivierung von im Körper ruhenden Viren
J Förderung von Tumor-Wachstum
J Förderung von autoaggressiven Erkrankungen, z.B. Mul-
tiple Sklerose
J Verstärkte Neigung zur Erkrankung des Herz-Kreislauf-
Systems, z. B. Herzinfarkt
J Verstärktes Auftreten von depressiven Symptomen

Positiver Stress stärkt den Körper


Während lang anhaltender und als negativ empfundener
Stress das Immunsystem schwächt, können kurze, eher als
positive Herausforderung wahrgenommene Phasen von Stress,
wie z. B. Sport oder körperliche Aktivität im Allgemeinen, das

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Immunsystem nachweislich dauerhaft stärken, insbesondere


die Anzahl der natürlichen Killerzellen. Wichtig ist dabei nur,
dass auf die Phase der Anspannung eine Phase der Entspan-
nung folgt.
Verschiedene Experimente mit Menschen, die zum ersten Mal
mit einem Fallschirm aus einem Flugzeug in 4.000 Meter
Höhe springen, zeigen übereinstimmend, dass akuter Stress
die Aktivität des unspezifischen, angeborenen Immunsystems
steigert. Es kann innerhalb weniger Minuten aktiviert werden
und ist daher viel schneller als das spezifische Immunsystem.
Evolutionsbiologisch war diese Reaktion von Vorteil, da in
gefährlichen Situationen, die Kampf oder Flucht verlangten,
um zu überleben, kleinere Verletzungen und dadurch Kontakt
mit Krankheitserregern häufiger vorkamen. Eine erhöhte Ein-
satzbereitschaft des unspezifischen Immunsystems war in
solchen Situationen ein effektiver Schutz.

Faktoren, die Führungskräfte stressen


Im Stressreport der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Ar-
beitsmedizin wird seit 1979 u. a. der Zusammenhang von
Stress und der Widerstandsfähigkeit von Managern und ihren
Mitarbeitern sehr gründlich untersucht. Auch in der sechsten
Welle dieser Erhebung im Jahr 2012 wurde die Häufigkeit von
stressauslösenden Faktoren am Arbeitsplatz erforscht. Gegen-
über 2010 zeigte sich dabei eine weitgehende Stabilisierung
der Werte mit Ausnahme der Dimension „Starker Leistungs-
druck“. Hier hat die Häufigkeit um 5 % zugenommen, was von
rund einem Drittel der Führungskräfte als belastend empfun-

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den wird. Von 75 % der Führungskräfte wird zudem das


„Arbeiten an der Grenze der Leistungsfähigkeit“ als belastend
erlebt. Je größer die Führungsspanne, also die Anzahl der
geführten Mitarbeiter ist, desto größer ist zudem der von
Führungskräften durchschnittlich wahrgenommene Stress.
Die drei häufigsten von Chefs mit mehr als 10 Mitarbeitern
angegebenen Stressauslöser sind:

Multitasking 79 %
Starker Leistungsdruck 68 %
Unterbrechungen 64 %

Kommt es im Unternehmen zudem zu Restrukturierungen, so


steigt der wahrgenommene Level an Stress weiter an. Neben
Erschöpfung ist eine der wesentlichen Folgen bei Führungs-
kräften die Abnahme der Fähigkeit, nach der Arbeit abzu-
schalten. Die Tendenz ist hier steigend: Während in der
IT-Branche 2001 noch 49 % der Mitarbeiter angaben, nach
der Arbeit nicht abschalten zu können, waren es 2009 bereits
71 %.
Dauerhaft empfundener Stress wirkt sich dabei deutlich auf
die Widerstands- und Leistungsfähigkeit von Managern aus.
So berichten Führungskräfte, für die alle der drei oben ge-
nannten Faktoren zutreffen, in 27 % der Fälle deutliche see-
lische oder körperliche Beschwerden. Trifft hingegen bei Chefs
keiner der Faktoren zu, ist dies nur zu 10 % der Fall.

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Alles eine Frage der Widerstandsfähigkeit


Aber so valide diese Daten über die Auswirkung von Stress auf
Führungskräfte auch sind: Sie bilden lediglich Durchschnitts-
werte ab. Nicht alle Entscheider sind aus dem gleichen Holz
gemacht. Aus meiner Arbeit als Coach kenne ich zahlreiche
Chefs, denen Probleme oder Konflikte buchstäblich den Schlaf
rauben, während andere in ähnlicher oder noch schlimmerer
Situation die Ruhe selbst zu sein scheinen. Das Empfinden von
Stress ist in hohem Maße subjektiv. Menschen reagieren auf
eine vergleichbare Anforderung höchst individuell mit unter-
schiedlichen neurobiologischen Stressreaktionen. Das Maß an
objektiven Belastungsfaktoren ist daher keinesfalls gleich-
zusetzen mit dem subjektiv empfundenen Stress, den ein
Mensch biologisch und emotional deswegen erlebt. So sind
denn auch die Anteile der Führungskräfte, die von zahlreichen
Belastungsfaktoren wie Multitasking, starkem Leistungsdruck
sowie häufigen Unterbrechungen betroffen sind, in aller Regel
nicht komplett deckungsgleich mit den Anteilen derjenigen,
die sich durch die jeweiligen Faktoren auch stark belastet
fühlen. Wie sensibel oder robust das Stress-System einer
Führungskraft auf eine Herausforderung von außen reagiert,
hängt im Wesentlichen von der Ausprägung seiner individu-
ellen Widerstandsfähigkeit ab. Diese wird auch als Resilienz
bezeichnet.

Ausgeglichene Menschen sind leistungsfähiger


Das Center for Creative Leadership (CCL) ist eine interna-
tionale Non-Profit-Organisation, die sich seit 1970 mit der

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Erforschung und Verbreitung guter Führung beschäftigt. In


vielen tausenden 3608-Feedbacks wurden von CCL über die
Jahre anonymisierte Daten gesammelt, die beschreiben, wie
Manager von ihren Mitarbeitern, Kollegen und Vorgesetzten
in Bezug auf Führung wahrgenommen werden. In einer ak-
tuellen Studie von Joan Gurvis, einer Mitarbeiterin von CCL,
wurde die landläufige Vermutung untersucht, ob Manager mit
hohen Werten bei Leistung und Führungsqualität tatsächlich
automatisch im Bereich „Work-Life-Balance“ schlecht ab-
schneiden. Dabei machte sie die überraschende Beobachtung,
dass diejenigen Führungskräfte mit den höchsten Werten für
„Effektivität“ tatsächlich im Schnitt 16 % bessere Werte in
der Kategorie „Balance“ hatten als weniger effektive Mana-
ger. Leistungsfähigkeit und Ausgeglichenheit scheinen sich
also nicht gegenseitig auszuschließen, sondern bedingen sich
möglicherweise sogar zum Teil.
Neben der genetischen Disposition haben vor allem biogra-
fische Erfahrungen in der Kindheit einen starken Einfluss
darauf, ob ein Mensch sich von Herausforderungen eher
angespornt oder überwältigt fühlt. Aber auch eigene Glau-
benssätze und die innere Haltung gegenüber Problemen spie-
len hier eine herausragende Rolle. Ebenso ist das Umfeld für
die Resilienz von Mitarbeitern und Führungskräften von zen-
traler Bedeutung. Kann man darauf vertrauen, bei Bedarf
Unterstützung von Kollegen und Chefs zu erhalten, so redu-
ziert dies deutlich die Wahrnehmung von Stress. Will man
also Führungskräfte und ihre Mitarbeiter im Umgang mit
Stress stärken, so ist der vielversprechendste Hebel die Ver-
besserung ihrer Resilienz.

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Irrtum Nr. 4: Achtsamkeit ist nur


etwas für Esoteriker
Renz Descartes, ein französischer Philosoph und Naturwissen-
schaftler aus dem 17. Jahrhundert, postulierte die Trennung
zwischen Geist und Materie als zwei vollständig voneinander
unabhängige „Substanzen“. Diese Behauptung, die auch als die
Cartesianische Trennung bezeichnet wird, hat das westliche
Menschenbild und unser Verhältnis zu unserem Körper, der
auch Materie ist, entscheidend geprägt. So ist der Körper für
viele in der westlichen Welt im Wesentlichen ein Transportve-
hikel und Anschauungsobjekt, das in keinerlei Verbindung zu
unserem geistigen und emotionalen Innenleben steht.
Die Erkenntnisse der modernen Hirnforschung sowie verwandter
Forschungsrichtungen, wie der Psycho-Neuro-Immunologie und
der Epigenetik, weisen jedoch unwiderruflich nach, dass die
Theorie von Descartes nicht zutrifft. Nicht nur beeinflusst die
Psyche über das Gehirn zahlreiche Vorgänge im menschlichen
Körper, wie z.B. das Immunsystem und sogar Teile der Erbanla-
gen. Auch der Körper beeinflusst den Gehirnstoffwechsel und
damit die seelische Balance, z.B. über Sport oder Meditation.
Diese Wechselwirkung hat entscheidende Auswirkungen auf die
individuelle Widerstandsfähigkeit eines Menschen gegen Stress.
Diese Erkenntnisse sind dabei keinesfalls neu, höchstens für die
Schulmedizin und die westliche Naturwissenschaft. Im Prinzip
sind sie bereits seit mehreren tausend Jahren Teil vieler asiati-
scher Philosophien und Heilslehren, wie z.B. des Hinduismus,
Buddhismus und der chinesischen Medizin.

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Das Gegenkonzept zum Dualismus von Körper und Geist ist


Achtsamkeit, ein Schlagwort, das auch in den Chefetagen immer
mehr an Bedeutung erlangen wird. Der damit verbundende
Begriff der „Ganzheitlichkeit“, der die Ebenen von Körper, Kogni-
tion und Emotion als eng miteinander verbunden zusammen-
fasst, ist keineswegs Esoterik und „Bäumeumarmen“. Das Kon-
zept der Achtsamkeit stößt vor allem deswegen oft auf
Widerstand, weil es gedanklich mit fernöstlicher Spiritualität
verquickt ist. Doch die Faktenlage aus verschiedenen Studien ist
eindeutig.
Beispiel:

Ü Der amerikanische Psychologe Richard Davidson von der Univer-


sity of Wisconsin konnte bereits 2007 nachweisen, dass ein
dreimonatiges Meditationstraining die Aufmerksamkeit schärft.
Die Teilnehmer erkannten Zahlen, die auf einem Bildschirm
zwischen zahlreichen Buchstaben versteckt waren, schneller als
vor dem Training.

Was ist mit Achtsamkeit gemeint?


Achtsamkeit oder Mindfulness, wie es im Englischen heißt,
lässt sich umschreiben mit einer nicht-wertenden Form von
absichtsvoller Aufmerksamkeit, die sich auf den gegenwärti-
gen Moment, d. h. weder auf die Zukunft noch auf die Ver-
gangenheit, bezieht. Dabei versucht man, sich selbst und alle
Aspekte der Umgebung möglichst intensiv und ohne Wertun-
gen wahrzunehmen, um innerlich klar zu werden und im Hier
und Jetzt anzukommen. Im Moment zu sein, erscheint zwar
auf den ersten Blick wie eine triviale Angelegenheit, ist jedoch
schwerer, als man zunächst denkt. Im Wachzustand pendelt

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der menschliche Geist gedanklich permanent zwischen Ver-


gangenheit und Zukunft. Wir bewerten diese Gedanken wie-
derum auf Grundlage von vergangenen Erfahrungen und
handeln mit Blick auf zukünftige Konsequenzen.
Entwicklungsgeschichtlich ist dieses Verhalten zwar durchaus
sinnvoll, da es bei der Identifikation möglicher Gefahrenquellen
hilft. Im heutigen Arbeitsleben ist es jedoch oft hinderlich und
erhöht den Level an negativ empfundenem Stress. Menschen
erkennen, indem sie Wahrnehmungen permanent mit bereits
bekannten wiederkehrenden Mustern vergleichen, was die
Wahrnehmung einschränkt und so weniger offen für Neues
macht. Durch diesen Mechanismus sind Menschen selten nur
auf eine Sache konzentriert, sondern gedanklich meist schon
zwei Schritte voraus oder aber zurück. Achtsamkeit hilft dabei,
Ruhe und Ordnung in die innere Unruhe zu bringen, ohne diese zu
bewerten.
Beispiel:

Ü Zindel Segal, ein Professor für Psychologie an der University of


Toronto, gilt als einer der Begründer von MBCT, einer Methode
der Psychotherapie, die stark auf Achtsamkeit und Meditations-
praktiken setzt. In einer Studie konnte er an Probanden, die eine
Depression erfolgreich überstanden hatten, nachweisen, dass
Meditation ein ebenso wirksamer Schutz gegen einen erneuten
Ausbruch dieser Krankheit ist wie die Gabe von Antidepressiva.

Was Sie mit Achtsamkeit erreichen


können
Das bewusste Innehalten hilft dabei, eine innere Distanz zu den
Anforderungen zu schaffen, die an einen gestellt werden. Die

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Entkopplung von Reiz und Reaktion macht es zudem möglich,


aufbauende Gedankenmuster und die dahinterliegenden eige-
nen Motive zu erkennen und, falls nötig, auch zu durchbrechen.
Letztlich soll Achtsamkeit Führungskräfte dazu befähigen, die
eigenen Denkmuster zu durchschauen und damit stereotype
Reaktionen wie z.B. Reflexe und Vorurteile zu vermeiden und
bessere, d.h. eigenständigere Entscheidungen zu treffen. Diese
Kompetenz ist nicht nur bei Entscheidungen hilfreich, sondern
auch, wenn eine Person mit Veränderungen von außen kon-
frontiert wird. Manager berichteten, dass sie sich durch regel-
mäßige Achtsamkeitsübungen ruhiger, klarer und den Anforde-
rungen deutlich besser gewachsen fühlen. Psychologen
betrachten Achtsamkeit als eine Fähigkeit, die jeder Mensch in
sich trägt. Um sie hervorzuholen und im Alltag anwenden zu
können, muss sie jedoch systematisch trainiert werden.
Beispiel:

Ü Einer der Pioniere dieses Konzepts in der westlichen Welt ist der
US-amerikanische emeritierte Professor für Medizin Jon Kabat-
Zinn. Ende der 1970er Jahre nahm er an einem Retreat des
vietnamesischen Buddhisten-Mönches, Autors und spirituellen
Lehrers Thich Nhat Hanh in den USA teil. Dort entdeckte er die
Wirkungsweise dieser Methode und ihre Anwendbarkeit für
Menschen, die mit großen Belastungen umgehen müssen, wie
z.B. Führungskräfte. Kabat-Zinn übernahm die wesentlichen
Konzepte Hanhs, löste sie jedoch von jeglichen religiösen Ele-
menten und strukturierte die Übungen in einem reproduzierbaren
achtwöchigen Programm, das seither als Mindfulness Based
Stress Reduction (MBSR) zunehmend bekannter wird. MBSR
bietet dabei einen pragmatischen Fahrplan für das Erlernen der
Meditationspraktiken an, die aus jeweils zweieinhalbstündigen
Gruppensitzungen pro Woche und einem Tag der Achtsamkeit
bestehen. Das Konzept wurde mittlerweile vielfach wissenschaft-

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lich in Studien überprüft und gilt als anerkannt. Es ist inzwischen


über globale Konzerne zumindest auf der Ebene der Mitarbeiter
auch in Deutschland angekommen. Unternehmen wie BMW,
Bosch, SAP und Siemens bieten ihren Mitarbeitern in den letzten
Jahren MBSR-Kurse an und stellen teilweise sogar eigene Medita-
tionsräume zur Verfügung. Vorreiter waren allerdings, wie so oft,
US-amerikanische Unternehmen wie General Mills, Target oder
Google, die bereits seit Mitte des letzten Jahrzehntes Meditations-
angebote für ihre Mitarbeiter bereitstellen, und das mit großer
Nachhaltigkeit. So durchliefen das MBSR-Programm bei Google,
das den sehr passenden Namen „Search inside yourself“ trägt,
bereits mehr als 1.000 Mitarbeiter und Führungskräfte.

Auch Topmanager wie der Medienmogul Rupert Murdoch und


der Ford-CEO Bill Ford berichten davon, wie ihnen Achtsam-
keit bei der Bewältigung ihrer Aufgaben hilft. Es ist also an
der Zeit, dass sich auch in Deutschland Führungskräfte inten-
siver mit diesem Konzept auseinandersetzen.

Irrtum Nr. 5: Druck erhöht die


Leistungsfähigkeit
Viele Führungskräfte sind überzeugt davon, dass Zeitdruck gut
für die Fokussierung auf das Wesentliche sowie für Kreativität
und Inspiration ist. Aktuelle Forschungsergebnisse legen je-
doch nahe, dass dem nicht unbedingt so ist. Richard Boyatzis,
Professor für Organizational Behavior, Psychologie und Kogniti-
onsforschung an der Case Western Reserve University in Ohio,
hat gemeinsam mit seinem Team herausgefunden, dass nahende
Deadlines zwar die empfundene Dringlichkeit einer Aufgabe und
damit den Stresspegel im Gehirn anheben. Doch das hat keines-

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falls Innovation zur Folge, sondern führt vielmehr zum Beharren


auf bereits bewährten traditionellen Vorgehensweisen.

Druck hemmt das freie Denken


Tatsächlich nimmt die Offenheit für neue Problemlösungs-
varianten offenbar mit zunehmendem Druck ab, da ein hoher
Stresslevel die Teile des Gehirns hemmt, die für Intuition,
Kreativität und Innovation zuständig sind. Aktiviert werden
hingegen Areale, die für Regeln, Logik und Problemlösung
zuständig sind und dabei auf stark vernetzte neuronale Er-
regungsstrukturen zurückgreifen, in denen etablierte Verhal-
tensmuster abgelegt sind.
Beispiel:

Ü Steht ein Vertriebsleiter unter starkem Druck, um die Quartals-


zahlen zu erreichen, so wird er eher traditionelle Lösungsansätze
wählen und seine Mitarbeiter dazu anhalten, schneller und mehr
zu arbeiten. Unter Umständen wäre es für ihn aber zielführender,
sich über gänzlich andere Vertriebskanäle oder alternative Wege
der Kundenansprache Gedanken zu machen, d. h. die Effektivität
seines Handelns zu überdenken.

Was tun Mitarbeiter, wenn die kreativen Teile ihres Gehirns


durch einen erhöhten Stresslevel gehemmt sind? Richtig! Sie
strengen sich mehr an, um so doch noch intuitiv, kreativ und
innovativ zu sein. Häufig bleibt dies jedoch erfolglos. Die
Erkenntnisse der Hirnforschung legen nahe, dass es in solchen
Sackgassen-Situationen am effektivsten ist, sich innerlich von
dem Druck und dem Problem zu distanzieren, z. B. durch
Achtsamkeitsübungen wie bewusstes Atmen und Meditation
(siehe hierzu den TaschenGuide Achtsamkeit in Beruf und

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Alltag). Diese Übungen versetzen die Mitarbeiter in einen


Gemütszustand, in dem die kreativen Strukturen des Gehirns
stimuliert werden.

Warum wir nicht Detailarbeit erledigen


und gleichzeitig visionär denken können
J. P. Guilford, ein amerikanischer Psychologe, stellte bereits
1967 die These auf, dass verschiedene Hirnstrukturen für
unterschiedliche Formen der Problembewältigung zuständig
sind. So sei z. B. das kreative Erarbeiten einer Vision, das er als
divergentes Denken bezeichnet, nicht mit denselben neuro-
nalen Netzwerken zu bewerkstelligen wie konvergentes Den-
ken, d. h. das Lösen von Detailfragen. Der Versuch, die beiden
Hirnareale gleichzeitig zu nutzen, bedeutet laut Guilford
Stress für die jeweilige Person. Es empfiehlt sich also, sich
vor Augen zu führen, dass Kreativität und Innovation nach
anderen Regeln funktionieren als effiziente Detailarbeit. Das
mag auch der Grund sein, warum Klausurtagungen von Füh-
rungsteams effektiver zu sein scheinen, wenn sie an einem
ungewohnten Ort stattfinden, der nicht mit alltäglicher Arbeit
in Verbindung gebracht wird.
Beispiel:

Ü Der noch recht wenig verbreitete Kreativitätsansatz des Design


Thinking, der heute vor allem in Technologieunternehmen zum
Einsatz kommt, berücksichtigt diese Erkenntnis. Er sieht Arbeits-
weisen und auch -umgebungen vor, die Kreativität und unstruk-
turiertes, assoziatives Denken ermöglichen sollen.

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Irrtum Nr. 6: Wer länger arbeitet,


schafft mehr
Führungskräfte sind für ihre Disziplin und ihr Engagement
bekannt. 80-Stunden-Wochen sind im Topmanagement die
Regel und gelten nicht selten als pquivalent für Hochleistung.
Das färbt natürlich auch auf die Mitarbeiter ab: Wer einen
solchen Chef hat und irgendwann selbst Karriere machen will,
macht ebenfalls nicht um 17 Uhr Feierabend, sondern arbeitet
oft bis tief in die Nacht.
Beispiel:

Ü Bill McDermott, CEO von SAP, beschreibt in seinem lesenswerten


Buch „A Winners Dream“, wie er sich aus sehr einfachen Verhält-
nissen an die Spitze eines Global Players gearbeitet hat. Sein
Arbeitstag beginnt um 5 Uhr und geht nicht selten bis weit nach
Mitternacht.

Aus der Hirn- und Schlafforschung wissen wir allerdings


mittlerweile, dass diese Form der Selbstausbeutung nicht zu
optimaler Leistungsfähigkeit führt. Diese hängt nämlich u. a.
direkt davon ab, wie viele Stunden wir an mehreren aufeinan-
derfolgenden Tagen schlafen. Ein weiterer Faktor ist die
Qualität des Schlafs, d.h., inwieweit wir ohne Unterbrechung
durchschlafen können. Die amerikanische National Sleep
Foundation hat 2015 folgende Richtwerte für die durch-
schnittliche Schlafmenge von Erwachsenen herausgegeben.

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Alter Akzeptabel (Stunden) Optimal (Stunden)


Junger Erwachsener
6 8
(18 bis 25 Jahre)
Erwachsener
6 8
(26 bis 64 Jahre)
Alter Erwachsener
5,5 7,5
(65 bis 99 Jahre)

Werden diese Richtwerte über einen längeren Zeitraum un-


terschritten, sinkt die kognitive Leistungsfähigkeit rapide ab.
Das hat Auswirkungen auf Kreativität, Aufmerksamkeitsspan-
ne, emotionale Stabilität und die Qualität der getroffenen
Entscheidungen. Mit fortschreitendem Alter dauert es zudem
länger, ein angesammeltes Schlafdefizit wieder auszugleichen
– was Kaffee weltweit zur zweitwichtigsten Ressource nach
Öl macht. Reisen über Zeitzonen hinweg verschärfen das
Problem noch, denn während die Menge an benötigtem Schlaf
im Alter leicht abnimmt, sinkt die Fähigkeit, sich an eine
andere Zeitzone anzupassen, ebenfalls.
Charles Czeisler, ein Schlafforscher an der Harvard Medical School, hat in
zahlreichen Versuchsreihen festgestellt, dass 4 Stunden Schlaf pro Nacht
über 5 Tage das Denkvermögen genauso beeinträchtigen wie 24 Stunden
ohne Schlaf. 4 Stunden Schlaf über einen Zeitraum von 10 Tagen beein-
flussen die Entscheidungskompetenz so sehr wie 48 Stunden ohne Schlaf.

Dauerhafter Schlafmangel ist also bestenfalls eine Methode,


um Hochleistung zu verhindern. Hirnorientierte Führung sollte
daher berücksichtigen, dass Leistung sich definiert als Arbeit
pro Zeiteinheit. Hochleistung sollte per Definition nicht mit
ausufernden Arbeitszeiten verwechselt werden. Sie sind bes-
tenfalls ein Indikator für Karrierewillen und Belastbarkeit, was

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zwar wichtig ist, aber noch keine gute Führungskraft aus-


macht.

Auf einen Blick: Irrtümer und Fakten rund um Führung


J Angst hemmt die Produktivität. Nur wenn sich Mitarbei-
ter wohlfühlen, können sie das Beste geben.
J Rein rationale Entscheidungen gibt es nicht. Wir werden
in unserem Tun und Denken immer auch beeinflusst von
unseren Erfahrungen und Emotionen. Je besser wir sie
steuern können, desto besser können wir andere führen.
J Menschen brauchen ein gewisses Quantum an Heraus-
forderung, um leistungsfähig zu sein. Erst eine als negativ
empfundene Dauerbelastung, in der die Balance zwischen
Erholung und Anspannung nicht mehr gewahrt ist, wirkt
sich als sog. Di-Stress schädlich auf die Gesundheit aus.
J Der Körper beeinflusst den Gehirnstoffwechsel und damit
die seelische Balance, z. B. über Sport oder Meditation.
Diese Wechselwirkung hat Auswirkungen auf die indivi-
duelle Widerstandsfähigkeit eines Menschen gegen
Stress.
J Zeitdruck lässt den Stresspegel steigen und hemmt damit
die Kreativität. Die Arbeit unter Deadlines schafft also
keine Innovation, sondern eher den Rückzug auf Bewähr-
tes.
J Lange Arbeitszeiten führen nicht automatisch zu mehr
Leistung. Sie können, wenn sie einhergehen mit Schlaf-
mangel, sogar zum gegenteiligen Effekt führen.

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Die Prinzipien
hirnorientierter Führung

Wer hirngerecht führt, berücksichtigt die neurobiologischen


Grundbedürfnisse seiner Mitarbeiter. Er erreicht damit, dass
sie sich wohlfühlen. Und nur wer sich wohlfühlt und nicht
überfordert wird, ist dauerhaft produktiv und motiviert.
In diesem Kapitel erfahren Sie u. a.,
J welche neurobiologischen Grundbedürfnisse Ihre Mitarbei-
ter haben,
J wie Sie diesen Prinzipien Rechnung tragen können.

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78 D ie P ri n z ip i e n h i r n o r i e n t i e r t e r F üh r u n g

Was hirnorientierte Führung


ausmacht
In den Kapiteln zuvor haben Sie erfahren, wie das Gehirn
funktioniert und wie es unser Handeln und Denken beein-
flusst. Was aber ist nun hirngerechte Führung genau? Wie
lassen sich die Erkenntnisse der Neurobiologie für die hirn-
orientierte Führung von Mitarbeitern und Unternehmen nutz-
bar machen?
Aus neurobiologischer Sicht ist die Bereitschaft von Men-
schen, sich in einem Unternehmen zu engagieren, in der
Stimulierung des Belohnungszentrums zu suchen. Laut dem
Stressreport 2012 der deutschen Bundesanstalt für Arbeits-
schutz und Arbeitsmedizin fühlen sich knapp 60 % der Füh-
rungskräfte von ihren Chefs nicht gut geführt, d.h., ihr Be-
lohnungszentrum wird nicht aktiviert. Das bleibt nicht ohne
Folgen. In Studien wurde nachgewiesen, dass Mitarbeiter von
„schlechten“ Chefs signifikant mehr körperliche und psycho-
somatische Beschwerden entwickeln als Mitarbeiter, die von
ihrem Vorgesetzten regelmäßige Unterstützung erhalten
(79 % gegenüber 65 %).

Alles dreht sich um die Stimulation des


Belohnungszentrums
Wie erreicht man als Vorgesetzter aber eine Stimulation des
Belohnungszentrums bei den Mitarbeitern? Verschiedene
Fachleute mit internationalem Ruf kommen hier zu unter-
schiedlichen Ergebnissen, mit einer Ausnahme: Alle sind sich

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W a s h ir n o r i e nt i e r t e F ü h r u ng a u sm a c ht 79

darin einig, dass die Vermeidung von Schmerz, d. h. die Hem-


mung des Schmerzareals, und das Streben nach Wohlbefin-
den, d. h. die Erregung des Belohnungszentrums, die fun-
damentalen Grundbedürfnisse des menschlichen Gehirns sind.
Uneinig ist man sich dagegen darin, welche Ereignisse, Ent-
scheidungen, Gedanken und Emotionen dazu geeignet sind,
dies zu erreichen.

Neurobiologische Grundbedürfnisse
Gerald Hüther, ein bekannter deutscher Neurobiologe und
Autor mit großem gesellschaftskritischen Anspruch, geht da-
von aus, dass vor allem die Erfahrung von enger Verbunden-
heit und Zugehörigkeit gekoppelt mit der Erfahrung eigenen
Wachstums und zunehmender Kompetenz das menschliche
Handeln bestimmt. Können beide Kräfte sinnvoll integriert
werden, so wird nach Hüther das Belohnungszentrum akti-
viert.
Beispiel:

Ü Das Belohnungszentrum wird aktiviert, wenn ein Mitarbeiter eine


große Verantwortung übertragen bekommt und es ihm dabei
gelingt, von seinen Kollegen weiterhin geschätzt und als einer
von ihnen angesehen zu werden.

David Rock, ein vielzitierter US-amerikanischer Wissen-


schaftsautor, Unternehmensberater und Mitbegründer des
Begriffs „Neuroleadership“, geht dagegen davon aus, dass
fünf klar umrissene Faktoren das menschliche Handeln be-
stimmen. Diese bezeichnet er als das Streben nach Status,

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Gewissheit, Autonomie, Verbundenheit und Fairness. Nach


Rock wird das Belohnungszentrum aktiviert, wenn eine dieser
fünf sozialen Bedingungen eintritt. Wird dagegen eine der
Bedingungen verletzt, so wird das Schmerz- oder Stressareal
aktiviert. Der 2005 verstorbene deutsche Psychotherapiefor-
scher Klaus Grawe, der in einer umfassenden, aber schwer zu
lesenden Arbeit den aktuellen Kenntnisstand der Neurobiolo-
gie für die psychologische Beratung aufbereitet hat, betonte
wiederum, dass vor allem die Stimmigkeit bzw. Kongruenz im
Ausleben der verschiedenen menschlichen Grundbedürfnisse
aus Sicht des Gehirns von ausschlaggebender Bedeutung sei
und zur Aktivierung des Belohnungssystems führe. Als Grund-
bedürfnisse postulierte Grawe das Bedürfnis nach Orientie-
rung und Kontrolle, das Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung
und Selbstwertschutz sowie das Bedürfnis nach Lustgewinn
und Unlustvermeidung. Seine Theorie geht davon aus, dass
das menschliche Gehirn danach strebt, möglichst oft eine
Übereinstimmung oder Vereinbarkeit zwischen den verschie-
denen Grundbedürfnissen zu erreichen und umgekehrt das
Erleben fehlender Stimmigkeit bzw. Vereinbarkeit zwischen
den verschiedenen Bedürfnissen möglichst zu vermeiden.
Meiner Ansicht nach sind alle diese Konzepte sehr gut fun-
diert und haben große Relevanz für die hirnorientierte Füh-
rung. Zudem sind sich alle Experten darin einig, dass sinnvolle
Führung immer zum Ziel haben muss, neurobiologisches
Wohlbefinden beim Mitarbeiter zu erzeugen und die Entste-
hung von vom Gehirn wahrgenommenem Stress zu vermei-
den. Darüber hinaus ergänzen sich die Konzepte gegenseitig
um wesentliche Punkte, ohne sich dabei zu widersprechen.

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Z u g e h ö r i g k e it & V e rb u nd e n h e i t 81

Modell: Neurobiologische Grundbedürfnisse


Im abgebildeten Modell habe ich daher die zuvor beschriebe-
nen Theorien integriert. Es bietet eine sehr gute Grundlage,
um das eigene Führungsverhalten an den neurobiologischen
Bedürfnissen von Mitarbeitern zu orientieren.

Zugehörigkeit & Verbundenheit


Bei keiner Spezies sonst sind die Nachkommen beim Erlernen
dessen, was für ihr Überleben wichtig ist, so sehr und für so
lange Zeit auf die Fürsorge und den Schutz der Familie
angewiesen. Entwicklungsbiologisch war es für den Menschen
daher stets von grundlegender Bedeutung, Teil einer sozialen
Gruppe, d. h. einer Familie oder eines Stammes zu sein. Die
Ausstoßung daraus bedeutete für unsere Vorfahren viele
Millionen Jahre lang den sicheren Untergang und Tod.

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Beispiel:

Ü Naomi Eisenberger, eine amerikanische Hirnforscherin, konnte in


verschiedenen Untersuchungen nachweisen, dass die neurobio-
logischen Erregungsmuster, die sich zeigten, nachdem eine Ver-
suchsperson von einer Gruppe ausgeschlossen worden war, in Art
und Intensität den Mustern ähnelten, die üblicherweise bei
starken körperlichen Schmerz auftreten.

Die hirnbiologische Entsprechung dieses Urtriebs nach Zuge-


hörigkeit ist das Hormon Oxytocin. Es wird von Hirnforschern
mit psychischen Zuständen wie Liebe, Vertrauen und Gebor-
genheit in Zusammenhang gebracht. Oxytocin scheint aber
auch das Aggressionsverhalten gegenüber Personen zu beein-
flussen, die der eigenen Gruppe nicht angehören. Auch im
Unternehmen suchen wir nach dem Gefühl der Verbunden-
heit, natürlich jeder in unterschiedlichem Maße, abhängig von
der individuellen Persönlichkeits- bzw. Hirnstruktur.

Zugehörigkeit und Verbundenheit:


Die Dos & Don`ts
Folgendes Führungsverhalten sollten Sie vermeiden, da es das
Stressareal Ihrer Mitarbeiter aktiviert:
J Desinteressierter, arroganter Umgang mit Mitarbeitern
J Mitarbeiter nicht in Entscheidungsfindungsprozesse ein-
binden, z. B. indem man ihr Expertenwissen nicht abfragt
J Mitarbeiter kühl, distanziert und wie austauschbare Res-
sourcen behandeln

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Z u g e h ö r i g k e it & V e rb u nd e n h e i t 83

Das folgende Führungsverhalten aktiviert das Belohnungszen-


trum Ihrer Mitarbeiter:
J Mitarbeitern mit Interesse begegnen, deren Stärken und
Schwächen kennenlernen und sie als Menschen wertschätzen
J Mitarbeiter bei wesentlichen Entscheidungen aktiv um
ihren Input und ihre Meinung bitten unter der Prämisse,
dass die letztendliche Entscheidung von Ihnen kommt
J Ehrliche Wertschätzung und Interesse am Mitarbeiter zei-
gen und adäquat mit seinen und den eigenen Emotionen
umgehen. Beispiel für wertschätzenden Umgang: Mitarbei-
ter fragen, wie es ihm geht und seiner Antwort interessiert
und mit Anteilnahme zuhören
Zugehörigkeit & Verbundenheit: So führen Sie hirnorientiert
Interessieren Sie sich für Ihre Mitarbeiter. Schaffen Sie Gele-
genheiten zum informellen Austausch. Hören Sie zu, wenn Ihre
Mitarbeiter z.B. vom Wochenende berichten.
Geben Sie Dinge über sich preis, um Vertrauen zu schaffen.
Lernen Sie die Werte, Motivatoren und Antreiber Ihrer Mit-
arbeiter kennen, indem Sie Ihre eigenen offenlegen.
Zeigen Sie Wertschätzung für geleistete Beiträge. Bedanken Sie
sich für gute Arbeit. Loben Sie, wenn es angemessen ist.
Beziehen Sie Ihre Mitarbeiter ein, wenn es etwas Schwerwie-
gendes zu entscheiden gibt. Fragen Sie nach Input, lassen Sie
Diskussionen zu und hören Sie zu. Machen Sie allerdings vorab
deutlich, ob es um eine demokratische Abstimmung oder
lediglich um eine Konsultation geht.

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Zugehörigkeit & Verbundenheit: So führen Sie hirnorientiert


Holen Sie sich das Feedback Ihrer Mitarbeiter: Fragen Sie sie
regelmäßig, wie es läuft und wie es ihnen dabei geht. Interes-
sieren Sie sich für die Herausforderungen, mit denen sie kon-
frontiert sind. Zuhören um zu verstehen, ist hier die Devise. Es
geht nicht darum, die Probleme der Mitarbeiter zu lösen oder
kleinzureden.
Sprechen Sie offen über Ihre Stärken und Schwächen. Fördern
Sie Gespräche, in denen es darum geht, wie man individuelle
Stärken von Kollegen für das gesamte Team nutzbar machen
kann, z.B. um Ihre Schwächen zu kompensieren.
Fördern Sie das Wirgefühl in Ihrem Team oder Bereich. Organi-
sieren Sie gemeinsame Aktivitäten. In vielen Unternehmen gibt
es hierfür kein Budget. Da heißt es kreativ sein. Wenn Ihre
Mitarbeiter dies wollen, ist so gut wie alles möglich.

Wachstum & Entwicklung


Aus neurobiologischer Sicht hat die Evolution das mensch-
liche Gehirn nicht zum Abarbeiten von Routinen, sondern für
das kreative Lösen von Problem optimiert, meint der Hirn-
forscher Gerald Hüther. Genau dies war in der Entwicklungs-
geschichte des Menschen die Kernkompetenz, die ihn dazu in
die Lage versetzte, sich in einer widrigen Umwelt gegen wilde
Tiere zur Wehr zu setzen, die sehr viel stärker und mit
besseren Sinnesorganen ausgestattet waren als er selbst. Da
sich aufgrund des Hebb'schen Gesetzes je nach Nutzung die
Verschaltungsmuster von Neuronen entweder erweitern und
festigen oder aber verkümmern und auflösen, braucht das
Gehirn auch in unserer heutigen Arbeitswelt stets neue an-

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W a c h stu m & E n t w ic k l u n g 85

dersartige Herausforderungen, damit es sein volles Potenzial


entfalten kann (siehe hierzu das Kapitel „Wie unser Denken
das Gehirn formt“). Es ist auf neue, bedeutsame Probleme
angewiesen, die für die Steuerungszentrale auch emotional
relevant sind, bei denen es also um etwas geht. Ist das Gehirn
mit solch einer Herausforderung konfrontiert, entsteht in
seinen komplexen Verschaltungen eine Erregung, die sich
ausbreitet, auf die tiefer liegenden Bereiche des limbischen
Systems überspringt und dort eine emotionale Aktivierung
auslöst. Um diese emotionale Erregung wieder zu beruhigen,
fängt das Hirn an, ernsthaft nach einer Lösung zu suchen.
Solche Lösungen entstehen, wenn mittels kreativer Prozesse,
auch Ideen genannt, verschiedene bestehende Gedächtnis-
inhalte mit neuen Impulsen verknüpft werden.

Wachstum und Entwicklung:


Die Dos & Don'ts
Folgendes Führungsverhalten sollten Sie vermeiden, da es das
Stressareal Ihrer Mitarbeiter aktiviert:
J Mitarbeiter kleinhalten und sie als Bedrohung für die
eigene Position sehen
J Mitarbeiter um der Harmonie oder Bequemlichkeit willen
über ihre Leistung im Unklaren lassen
J Keine Risiken eingehen und Mitarbeiter ausschließlich
gemäß ihren aktuellen Fähigkeiten und Erfahrungen ein-
setzen

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Das folgende Führungsverhalten aktiviert das Belohnungszen-


trum Ihrer Mitarbeiter:
J Sie aktiv in ihrer eigenen langfristigen persönlichen und
professionellen Entwicklung fördern
J Mitarbeitern regelmäßig entwicklungsorientiertes, ehr-
liches und konstruktives Feedback geben
J Kalkulierte Risiken eingehen und ihnen neue anspruchs-
volle Herausforderungen (sog. Stretch-Assignments) über-
tragen, sie dabei mit Coaching oder Mentoring in ihrer
Kompetenzentwicklung unterstützen
Wachstum und Entwicklung: So führen Sie hirnorientiert
Ein Teil Ihres Erfolgs als Führungskraft besteht darin, wie gut
Sie Ihre Mitarbeiter entwickeln. Machen Sie sich das bewusst
und vermeiden Sie es, Mitarbeiter mit großem Potenzial als
Bedrohung für Ihre Position wahrzunehmen.
Interessieren Sie sich für die langfristige Entwicklung Ihrer
Mitarbeiter. Geben Sie wertschätzendes und ehrliches Feedback
und helfen Sie so bei der Positionsbestimmung.
Halten Sie Ihre Mitarbeiter nicht klein, sondern seien Sie
Sparringspartner, um deren langfristige persönliche und beruf-
liche Entwicklung zu fördern.
Menschen wachsen an Herausforderungen. Vertrauen Sie Ihren
Mitarbeitern und gehen Sie von Zeit zu Zeit kalkulierte Risiken
ein, indem Sie ihnen anspruchsvolle Verantwortlichkeiten
übertragen. 70 % aller professionellen Entwicklung findet
durch „Learning on the Job“ statt.

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Se lbst wert & S tatus 87

Wachstum und Entwicklung: So führen Sie hirnorientiert


Stehen Sie Ihren Mitarbeitern als Coach bzw. Sparringspartner
zur Seite, wenn diese auf Widerstände oder Komplikationen
stoßen oder Entscheidungsbedarf haben. Lösen Sie nicht die
Probleme Ihrer Mitarbeiter, sondern lassen Sie sich von ihnen
Lösungsalternativen und Handlungsempfehlungen präsentieren.
Wo gelernt wird, passieren hin und wieder Fehler. Eine negative
Fehlerkultur, in der die vermeintlich Schuldigen an den Pranger
gestellt werden, führt dazu, dass künftig niemand mehr etwas
riskieren möchte. Setzen Sie sich mit Fehlern gemeinsam kon-
struktiv auseinander, um daraus für die Zukunft zu lernen.
Entwickeln Sie zusammen mit Ihren Mitarbeitern Visionen und
Strategien für Ihren Bereich. Achten Sie darauf, dass diese
gemeinsamen Pläne emotional aufgeladen sind.
Machen Sie sich selbst zum stärksten Promotor dieser Ideen
und identifizieren Sie Multiplikatoren in der Belegschaft, die
sich mit Ihnen für die Umsetzung dieser Visionen stark machen.

Selbstwert & Status


Menschen streben danach, die Bedeutung der eigenen Person
im Vergleich zu einer sozialen Gruppe zu verbessern. Wenn
Menschen in einer Gruppe zusammen sind, aktiviert ihr Ge-
hirn Verschaltungsmuster, die den Status der eigenen Person
im Vergleich zu anderen widerspiegeln, so der Wissenschafts-
autor David Rock. Hierfür wird dieselbe Hirnstruktur aktiviert,
die auch mit der Verarbeitung von Zahlen in Verbindung
gebracht wird. Man könnte also sagen, dass das Gehirn im
Kontakt mit anderen stets damit beschäftigt ist, den eigenen

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Status zu „berechnen“ und daraus auch den Selbstwert der


eigenen Person abzuleiten.
Beispiel:

Ü Robert Sapolsky, ein amerikanischer Hirnforscher, konnte in


Untersuchungen an Primaten nachweisen, dass der soziale Status
von männlichen und weiblichen Affen in direktem Zusammen-
hang mit ihrem Stresslevel sowie ihrer Gesundheit und Lebens-
erwartung steht. Das Streben nach einem hohen Status könnte
also indirekt mit dem Überlebensinstinkt höher entwickelter
Lebewesen verbunden sein.

Führt ein Ereignis zu einer wahrgenommenen Erhöhung des


eigenen Status, wie es z.B. bei positivem Feedback der Fall ist,
so wird das Belohnungszentrum, insbesondere der Nucleus
accumbens aktiviert, was zu Wohlbefinden und einer Steige-
rung der Leistungsfähigkeit führt. Umgekehrt führt eine
wahrgenommene potenzielle Verminderung des eigenen Sta-
tus, z. B. durch Kritik in der Öffentlichkeit, zu einer starken
Aktivierung des Schmerzareals, vergleichbar mit dem Erleben
körperlicher Schmerzen. Dies kann durch Aktivierung pri-
mitiverer Hirnstrukturen zu deutlich irrationalem Verhalten,
wie z. B. defensivem Lamentieren, Starre oder Selbstmitleid,
führen, das jeweils zum Ziel hat, die Gefahr des Statusver-
lustes zu vermindern.

Selbstwert und Status: Die Dos & Don'ts


Folgendes Führungsverhalten sollten Sie vermeiden, da es das
Stressareal Ihrer Mitarbeiter aktiviert:
J Arroganz

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Se lbst wert & S tatus 89

J Mitarbeiter demütigen oder Kritik auf die Person anstatt


das Verhalten beziehen
J Unklares Erwartungsmanagement oder Ungerechtigkeit in
Bezug auf Gehaltsentwicklung, Boni oder andere Status-
elemente, z. B. um Konflikten aus dem Weg zu gehen
J Leistung und Engagement der Mitarbeiter als selbstver-
ständlich ansehen
Das folgende Führungsverhalten aktiviert das Belohnungszen-
trum Ihrer Mitarbeiter:
J Freundliche Umgangsformen
J Nachvollziehbares, faktenorientiertes und auf Entwicklung
bedachtes Feedback
J Transparenz bei organisatorischen Rahmenbedingungen
schaffen und die Erwartungen der Mitarbeiter frühzeitig
und klar managen
J Ungerechtigkeiten so gering wie möglich halten und bei
Bedarf die Verantwortung dafür übernehmen
J Wertschätzende Rückmeldung und ehrlich gemeinter Dank
für das Engagement und den Beitrag von Mitarbeitern
Wachstum und Entwicklung: So führen Sie hirnorientiert
Höflichkeit, Zugewandtheit und gute Manieren sind nichts
Neues, aber aus Sicht der hirngerechten Führung enorm wir-
kungsvoll. Grüßen Sie Ihre Mitarbeiter, lächeln Sie und seien Sie
zuvorkommend.
Geben Sie Ihren Mitarbeitern das Gefühl, dass sie wichtig für
Sie sind. Das gelingt am besten, wenn Sie davon auch tatsäch-
lich überzeugt sind.

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Wachstum und Entwicklung: So führen Sie hirnorientiert


prger und Zorn sind schlechte Begleiter in einem Feedback-
gespräch. Führen Sie solche Gespräche erst, wenn der erste
prger verraucht ist. Versuchen Sie stets Rückmeldung zum
Verhalten zu geben und nicht zur Person.
Enttäuschungen haben viel mit dem erwarteten Ergebnis zu
tun. Seien Sie realistisch und ehrlich, wenn es darum geht, die
Erwartungen Ihrer Mitarbeiter zu steuern, z.B. was einen Bonus
oder eine Beförderung angeht.
Machen Sie die organisatorischen Rahmenbedingungen deut-
lich. Sie sind die Leitplanken, innerhalb derer Sie und Ihre
Mitarbeiter frei gestalten können.
Manche Entscheidungen „von oben“ werden von Mitarbeitern als
ungerecht empfunden. Begründen Sie Ihre Entscheidung nach-
vollziehbar. Erliegen Sie nicht der Versuchung, die Verantwor-
tung dafür auf die Unternehmensleitung abzuwälzen. Damit
untergraben Sie nur Ihre Glaubwürdigkeit und Autorität bei den
Mitarbeitern.
Bedanken Sie sich für gute Leistungen und loben Sie, wenn es
angemessen ist.

Orientierung & Kontrolle


Das Gehirn versucht ständig, Vorhersagen zur näheren Zu-
kunft zu treffen, um das eigene Verhalten daran anzupassen.
In dem Moment, in dem die gemachte Sinneserfahrung deut-
lich von der Vorhersage abweicht, wird eine Fehlermeldung
generiert und der Vorgang sofort ins Bewusstsein gehoben.
Dadurch wird Noradrenalin ausgeschüttet, was der Mensch
als Schreck wahrnimmt und was den Organismus belastet.

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O r i e nt i e r u n g & K o nt r o l l e 91

Beispiel:

Ü Sicher kennen Sie das Schreckgefühl, wenn wir eine Treppe


hinabsteigen und davon ausgehen, dass noch eine Stufe folgt,
obwohl man bereits unten angekommen ist. Der Grund dafür ist
der oben beschriebene Mechanismus: Der Fuß tastet nicht jedes
Mal nach der nächsten Treppenstufe, sondern bedient sich über
den visuellen Cortex und das explizite Gedächtnis seiner Erfah-
rung, um den nächsten Schritt zu setzen

Es ist für das Gehirn unerlässlich, Muster abzuleiten und


daraus Vorhersagen zu bilden, um Unsicherheit zu vermeiden.
Ohne diese Vorhersagen müsste das Gehirn all diese Verarbei-
tungsvorgänge im präfrontalen Cortex ablaufen lassen, der
wesentlich mehr Energie verbraucht und daher schneller
ermüdet. Auch in der Arbeitswelt sorgen bereits geringe
Unsicherheiten für eine interne Fehlermeldung des präfronta-
len Cortex, die dazu führt, dass planvolles, reflektiertes Han-
deln durch eine Stressreaktion ersetzt wird. Genau dies tritt
z. B. ein bei unklaren oder unartikulierten Erwartungen des
eigenen Chefs, die sicherlich jeder schon einmal erlebt hat.
Die Erfahrung, dass getroffene Vorhersagen tatsächlich in der
erwarteten Art und Weise eintreten, ist für das Gehirn positiv
und stimuliert je nach Bedeutsamkeit das Belohnungszen-
trum. Das lässt sich in einem Anstieg der Konzentration des
Neurotransmitters Dopamin messen.
Im Unternehmenskontext entwickeln sich viele Dinge sehr
dynamisch und sind nicht selten unvorhersehbar. Hier hilft es,
den Mitarbeitern möglichst gut die wirtschaftlichen Rahmen-
bedingungen, Zukunftsszenarien, Spielregeln und die Erwartun-
gen transparent zu machen, um Unsicherheit zu minimieren.

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Orientierung und Kontrolle: Die Dos &


Don'ts
Folgendes Führungsverhalten sollten Sie vermeiden, da es das
Stressareal Ihrer Mitarbeiter aktiviert:
J Ihnen wesentliche Informationen vorenthalten oder in
ungeeigneter Weise darbieten, insbesondere in Phasen der
Verunsicherung
J Aussitzen von Entscheidungen
J Unberechenbar und nicht nachvollziehbar oder inkonsis-
tent entscheiden
J Informationen und Aufmerksamkeit als „Waffe“ einsetzen
bzw. einzelne Mitarbeiter bevorzugt behandeln
J Mitarbeiter durch gezielte Steuerung von Informationen
gegeneinander ausspielen
Das folgende Führungsverhalten aktiviert das Belohnungszen-
trum Ihrer Mitarbeiter:
J Relevante Informationen in geeigneter Weise aktiv zu-
gänglich machen
J Berechenbares, zeitnahes und nachvollziehbares Treffen
von Entscheidungen, die sich wahrnehmbar an einer kon-
sistenten Richtung orientieren
J Demokratischer, transparenter und gerechter Umgang mit
Informationen
J Den offenen Diskurs mit Mitarbeitern suchen

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O r i e nt i e r u n g & K o nt r o l l e 93

Orientierung und Kontrolle: So führen Sie hirnorientiert


Wissen ist Macht, das gilt auch für Ihre Mitarbeiter. Je infor-
mierter sie sind, desto zielgerichteter können sie arbeiten.
Nutzen Sie die Infos, die Ihnen zugänglich sind, um Ihre Mit-
arbeiter möglichst gut mit Hintergrundinformationen aus-
zustatten.
Seien Sie berechenbar. Nur wenn Sie nachvollziehbar und
vorhersehbar handeln, können sich Ihre Mitarbeiter auf Sie
einstellen.
Fördern und unterstützen Sie selbstständiges Handeln und
Denken Ihrer Mitarbeiter – und fordern Sie es auch ein. Fragen
Sie bei einer Entscheidung stets nach deren Empfehlungen. Nur
wenn Sie dies konsequent tun, ist das ein Signal für Ihre
Mitarbeiter, dass Selbstständigkeit erwünscht ist.
Halten Sie sich bei Ihren Entscheidungen an einen roten Faden.
Heute hü und morgen hott sorgt für Unberechenbarkeit. Die
Mitarbeiter können dann nicht in Ihrem Sinne handeln, weil sie
Ihre Richtung nicht erkennen.
Manchmal gilt es die Richtung zu ändern, z.B. weil die Unter-
nehmensleitung eine bestimmte Entscheidung revidiert hat.
Machen Sie die pnderung transparent und erklären Sie sie,
damit Ihre Mitarbeiter den Kurswechsel verstehen können.
Gestatten Sie Mitarbeitern eine eigene Meinung. Lassen Sie
Diskussionen und Widerspruch zu, ohne dies ausufern zu lassen.
Die schlussendliche Verantwortung liegt bei Ihnen und ist nicht
delegierbar.
Schaffen Sie Ruhezonen und Raum für ungestörtes Arbeiten.
Wenn Sie in einem Großraumbüro arbeiten, können Sie z. B. an
einem oder zwei Tagen in der Woche Homeoffice anbieten.
Schaffen Sie Zeiten, in denen es erlaubt ist, mal nicht erreich-
bar zu sein. Nutzen Sie all dies auch für sich selbst.

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94 D ie P ri n z ip i e n h i r n o r i e n t i e r t e r F üh r u n g

Autonomie & Selbstwirksamkeit


Jeder Mensch strebt danach, ein gewisses Maß an Kontrolle
über seine Umwelt und sein eigenes Schicksal auszuüben. Je
nachdem, wie sehr diesem Grundbedürfnis nach Autonomie
und Selbstwirksamkeit entsprochen wird, empfinden wir an-
stehende Aufgaben als bewältigbar und damit als anspor-
nende Herausforderung oder aber als unmöglich zu schaffen
und damit als starke Belastung und Stress. Wird dieses Grund-
bedürfnis wahrnehmbar befriedigt, wird das Belohnungszen-
trum aktiviert, was wiederum Glücksgefühle auslöst.
Beispiel:

Ü Das wird z.B. erreicht, wenn ein Mitarbeiter eigenständig eine


kreative Lösung zu einem schwierigen Problem erarbeitet hat.
Dagegen löst das Gefühl, vom Vorgesetzten trotz großer eigener
Erfahrung und hoher Motivation mittels Micro-Management
geführt zu werden, eine deutliche Reaktion des Schmerzareals
und ein Gefühl der Machtlosigkeit beim Mitarbeiter aus.

Autonomie und Selbstwirksamkeit:


Die Dos & Don`ts
Folgendes Führungsverhalten sollten Sie vermeiden, da es das
Stressareal Ihrer Mitarbeiter aktiviert:
J Es wird keine größere Verantwortung an Mitarbeiter dele-
giert
J Keine Unterstützung bei Fragen und fehlende Rückmel-
dung zur Qualität der Leistung

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A u t o n o m ie & S e l b s t w i r k s a m k e i t 95

J Mitarbeiter durch Micro-Management bzw. übermäßige


Steuerung und Kontrolle entmündigen und ihrer Kreativität
berauben
J Eigenen Informations-, Erfahrungs- oder Kompetenzvor-
sprung nutzen, um Probleme selbst zu lösen
Das folgende Führungsverhalten aktiviert das Belohnungszen-
trum Ihrer Mitarbeiter:
J Anstatt einzelner Aufgaben größere Verantwortungsberei-
che an Mitarbeiter delegieren – gekoppelt mit klaren
Erwartungen und dem Angebot zur Unterstützung und
Rückmeldung
J Delegation als gezielte Mitarbeiterentwicklung und nicht
nur als Mittel zur Problemlösung begreifen
J Abhängig von Persönlichkeit, Erfahrung und Motivation die
„Länge der Leine“ variieren und Mitarbeitern situativ die
Möglichkeit geben, sich Ihr Vertrauen zu verdienen
J Eigenständige Problemstrukturierung und -lösung einfor-
dern und fördern
Autonomie und Selbstwirksamkeit: So führen Sie hirnorientiert
Wenn Sie möchten, dass Ihre Mitarbeiter Verantwortung über-
nehmen und selbstständig agieren, um sich zu entwickeln, dann ist
es wichtig, dass Sie dies zunächst auch so kommunizieren. Holen
Sie dazu die Zustimmung Ihrer Mitarbeiter ein, denn nicht jeder
mag diese Verantwortung, weil er womöglich Angst vor den Kon-
sequenzen hat.
Machen Sie Ihre Erwartungen deutlich und lassen Sie sich dies von
Ihrem Mitarbeiter im Gespräch bestätigen. Nichts ist unbefriedi-
gender für alle Seiten als Blindleistung aufgrund von unklaren
Erwartungen.

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96 D ie P ri n z ip i e n h i r n o r i e n t i e r t e r F üh r u n g

Autonomie und Selbstwirksamkeit: So führen Sie hirnorientiert


Unterstützen Sie bei Bedarf und Nachfrage, indem Sie als Coach
Ihrer Mitarbeiter fungieren.
Geben Sie regelmäßig Rückmeldung, was aus Ihrer Sicht schon gut
läuft und was noch verbessert werden könnte.
Nicht jeder Mitarbeiter ist bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen.
Manchen fehlt es an der nötigen Erfahrung. Hirngerechte Führung
bezieht die Bereitschaft und den Entwicklungsstand des Mitarbeiters in
die Führung mit ein. So braucht ein Neuling in der Regel deutlich mehr
Anleitung, Kontrolle und Unterstützung als ein alter Hase.
Nutzen Sie jede Gelegenheit, um eigenständiges Denken bei Ihren
Mitarbeitern zu fördern. Delegieren Sie nicht nur die Aufgaben,
sondern auch die Verantwortung für Problemlösungen.

Fairness & Angemessenheit


Unsere Entwicklungsgeschichte hat gezeigt, dass das Zusam-
menleben von Menschen in sozialen Gruppen die Fähigkeit zu
bestimmten Verhaltensweisen, wie Kooperation, altruistisches
Verhalten und Fairness, voraussetzt. Wenn sich Menschen
entgegen ihren egoistischen Interessen für faires Verhalten
entscheiden, wird das Belohnungszentrum in ihrem Gehirn
aktiviert und ein Mix aus Neurotransmittern ausgeschüttet,
die ein Wohlgefühl erzeugen. Dies ist die neurobiologische
Erklärung für die befriedigende und sinnstiftende Wirkung
von sozialem Engagement.
Unfaires oder unangemessenes Verhalten, wie z. B. verbale
Attacken gegen einen rangniedrigeren Kollegen oder die will-
kürliche Bevorzugung einzelner Mitarbeiter, führt dagegen
beim Beobachter zur Aktivierung einer spezifischen Struktur

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F a ir n e s s & A n g e m e s se n h e i t 97

des Schmerzareals in der Inselrinde, einer Region, die auch


mit der Wahrnehmung von Ekel in Verbindung gebracht wird.
Beispiel:

Ü Wenn aus Kostengründen Reisen, Events oder Fortbildungen für


die Mitarbeiter gestrichen werden, Sie jedoch weiterhin in der
Business Class fliegen oder einen protzigen Firmenwagen fahren,
so wird dies von Ihren Mitarbeitern als unangemessen und unfair
wahrgenommen. Obwohl Sie alle Regeln eingehalten haben, kann
solch unachtsames Verhalten dazu führen, dass Ihre Mitarbeiter
mit dem Kopf nicht mehr bei der Sache sind.

Führungskräfte sollten daher vor allem Wert auf Transparenz,


Berechenbarkeit und Nachvollziehbarkeit der eigenen Hand-
lungen und Entscheidungen sowie auf Gerechtigkeit legen.

Fairness und Angemessenheit:


Die Dos & Don`ts
Folgendes Führungsverhalten sollten Sie vermeiden, da es das
Stressareal Ihrer Mitarbeiter aktiviert:
J Intransparente, trotz gleicher Leistung und Erfahrung un-
gleiche oder aus sonstigen Gründen unfaire Vergütung
oder Förderung von Mitarbeitern
J Exorbitante, nicht nachvollziehbare oder nicht am Risiko
orientierte Managergehälter
J Schwerwiegende Personalentscheidungen, wie z. B. Entlas-
sungen, betont emotionslos und ohne ausreichende Be-
gründung vollziehen und innerhalb der Organisation tot-
schweigen

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98 D ie P ri n z ip i e n h i r n o r i e n t i e r t e r F üh r u n g

Das folgende Führungsverhalten aktiviert das Belohnungszen-


trum Ihrer Mitarbeiter:
J Leistungsgerechte, nachvollziehbare und faire Entlohnung
und Förderung von Mitarbeitern
J Managergehälter, die sich am Branchendurchschnitt ori-
entieren und Führungskräfte sowohl an Chancen als auch
an Risiken angemessen beteiligen
J Personalentscheidungen so transparent, nachvollziehbar
und offen wie möglich kommunizieren. Adäquat und kom-
petent mit aufkommenden Emotionen umgehen und das
Gespräch mit den Betroffenen suchen.
Fairness und Angemessenheit: So führen Sie hirnorientiert
Wenn es darum geht, einen Bonustopf auf verschiedene Mit-
arbeiter aufzuteilen, ist der Prozess der Verteilung wichtiger als
der eigentliche Betrag. Wenn ein Mitarbeiter das Gefühl hat,
die Kriterien für die Verteilung mitbestimmen zu können, wird
er auch das Ergebnis als fair empfinden.
Als Führungskraft stehen Sie permanent unter Beobachtung.
Sie werden letztlich nicht an Ihren Reden gemessen, sondern an
Ihrem Handeln: Es gilt als Symbol dafür, inwieweit Sie in Ihrer
Führung authentisch und fair sind.
Folgenreiche Personalentscheidungen, so z. B. Personaleinspa-
rungen, führen bei allen Beteiligten zur Aktivierung des
Schmerzareals über viele Wochen und Monate. Begrenzen Sie
den daraus folgenden Stress, indem Sie Ihre Mitarbeiter über
den Prozess, die Zeitleiste, die Auswahlkriterien und die Kon-
ditionen einer möglichen Trennung ins Bild setzen.
Bleiben Sie in schwierigen Situationen nahbar und gesprächs-
bereit, auch wenn dies emotional belastend sein kann.

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99

Neuroleadership im
Führungsalltag

Die Aufgaben, mit denen eine Führungskraft konfrontiert ist,


sind komplex. Mit Neuroleadership lassen sie sich einfacher
bewältigen. Wer hirnorientiert führt, dem stehen Mitarbeiter
zur Seite, die nicht durch negativen Stress blockiert sind.
In diesem Kapitel erfahren Sie u. a.,
J warum es so wichtig ist, die Grundbedürfnisse Ihrer Mit-
arbeiter im Einklang miteinander zu halten,
J wie das bei verschiedenen Führungsaufgaben gelingt.

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100 N e u r o l e a d e r s h i p im F ü h r u n g s a l l t a g

Hirnorientierte Führung strebt nach


Kongruenz
Wer hirnorientiert führt, schafft Bedingungen, in denen die
neurobiologischen Grundbedürfnisse der Mitarbeiter in mög-
lichst vielen Fällen erfüllt werden. Er gewährleistet damit ein
größtmögliches Maß an Wohlbefinden und damit Leistungs-
fähigkeit. Der Weg dorthin ist das Streben nach neuronaler
Kongruenz. Wie wir gesehen haben, hat das Gehirn Schmerz-
vermeidung und Wohlbefinden zum Ziel. Damit dies erreicht
wird, versucht es, Stimmigkeit bzw. Kongruenz zwischen den
verschiedenen bewusst oder unbewusst ablaufenden internen
Verarbeitungsprozessen zu erzielen. Gelingt dies nicht, wird
das vom Gehirn als Stress erlebt.

Inkongruenz führt zu Schmerz und Stress


Die Erregung von Hirnstrukturen, die verschiedenen, mit-
einander unvereinbaren, neurobiologischen Grundbedürfnis-
sen entsprechen, ist laut dem Psychotherapieforscher Klaus
Grawe im Wesentlichen für das Erleben von Schmerz bzw.
Stress verantwortlich.
Beispiel:

Ü Ein Widerspruch in Erregungsmustern entsteht z. B., wenn ein


Mitarbeiter einerseits seinem Chef seine Überlastung mitteilen
möchte (Grundbedürfnis „Orientierung & Kontrolle“), z. B. weil er
die Arbeitsverteilung als nicht gerecht empfindet (Grundbedürf-
nis „Fairness & Angemessenheit“), er aber andererseits fürchtet,
dadurch als nicht belastbar und daher auch nicht als High
Performer zu gelten (Grundbedürfnis „Selbstwert & Status“).

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H i r n o r ie n t i e rt e F üh r u n g st re b t n a c h K o n g r u e n z 101

Ein menschliches Prinzip zur Vermeidung von emotionalem


Schmerz ist auch das Streben danach, bevorstehende Ereig-
nisse möglichst gut zu kennen und einschätzen zu können
(Grundbedürfnis „Orientierung & Kontrolle“). Inmitten einer
Restrukturierung wird dieses Bedürfnis nicht mehr gestillt,
was zu einer Inkongruenz und zur Aktivierung des Schmerz-
zentrums führt. Dieser „soziale Schmerz“ wird vom Gehirn
nicht von körperlichem Schmerz unterschieden. Er birgt mit-
unter ein erhebliches Potenzial an Irritation und Verunsiche-
rung in sich, das mittels fMRI im Schmerzareal messbar ist.
Alle Entwicklungen im Rahmen einer Umstrukturierung, die
dazu geeignet sind, Sicherheit, Transparenz und Klarheit zu
geben, werden dagegen vom Gehirn als kongruenzfördernd
und damit stresssenkend erlebt.
Ein anderes Beispiel zu erlebter Inkongruenz im Unterneh-
menskontext kann z. B. der Bonus sein, der geringer ausgefal-
len ist als erwartet oder die ausgebliebene Beförderung
(Grundbedürfnis „Fairness & Angemessenheit“). Wichtig ist
dabei nicht das Ereignis an sich, sondern die Erwartungs-
haltung des Mitarbeiters in Bezug auf das Ereignis. Beide
Situationen werden das Schmerzareal stark aktivieren, wenn
der Mitarbeiter fest mit einem bestimmten Bonus oder einer
Beförderung gerechnet hat.
Als Vorgesetzter sollte man bei all seinen Führungsaufgaben
Inkongruenzen in den Grundbedürfnissen seiner Mitarbeiter
auf jeden Fall vermeiden. Wie man das bewerkstelligt, ver-
anschaulichen die folgenden Kapitel, die an den zehn Tätig-
keitsschwerpunkten von Führungskräften ausgerichtet sind.

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102 N e u r o l e a d e r s h i p im F ü h r u n g s a l l t a g

Ziele und Strategien entwickeln


Allzu oft werden Ziele und Strategien in den Vorstands- und
Führungsetagen quasi auf dem Reißbrett entwickelt – ohne
diejenigen zu involvieren, die sie letztlich realisieren und
umsetzen. Nicht so bei der hirnorientierten Führung. Sie
macht die Ziele derjenigen ganz oben zu eigenen Zielen der
Mitarbeiter. Wie das im Einzelnen funktionieren kann, zeigt
die folgende Tabelle.
Neurobiologisches Maßnahmen hirnorientierter Führung
Grundbedürfnis
Zugehörigkeit & Binden Sie Ihre Mitarbeiter in die Entwick-
Verbundenheit lung von Business-Zielen und Strategien
ein. Fragen Sie aktiv deren Input ab und
übernehmen Sie Aspekte, die sinnvoll sind.
Entfachen Sie Begeisterung für die ge-
meinsamen Ziele.
Wachstum & Stellen Sie eine Verbindung zwischen der
Entwicklung Erreichung der gemeinsamen Ziele und der
individuellen (Karriere-)Entwicklung jedes
Mitarbeiters her.
Selbstwert & Ihre Mitarbeiter fragen sich: „Was ist für
Status mich drin?“. Geben Sie eine gute Antwort
auf diese Frage.
Orientierung & Entwickeln Sie zusammen mit Ihren Mit-
Kontrolle arbeitern Umsetzungspläne, um die ge-
meinsamen Ziele zu erreichen. Halten Sie
sie zu diesen Plänen auf dem Laufenden.

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M i t a r b e i t er a u f Z ie l e e i n s c h w ö r e n u n d in s p i r i e r e n 103

Neurobiologisches Maßnahmen hirnorientierter Führung


Grundbedürfnis
Autonomie & Binden Sie Ihre Mitarbeiter aktiv in die
Selbstwirksamkeit Umsetzung der Pläne ein. Vergeben Sie
Verantwortlichkeiten, unterstützen Sie bei
der Realisation und bieten Sie Coaching an.
Fairness & Sorgen Sie dafür, dass alle Mitarbeiter die
Angemessenheit gleichen Chancen haben sich zu beweisen.
Vermeiden Sie Schubladendenken.

Mitarbeiter auf Ziele einschwören


und inspirieren
In der täglichen Routine gerät das Ziel schon mal aus den
Augen. Man fragt sich dann: Wozu der ganze Stress? Hirn-
orientiertes Führen heißt auch, den Mitarbeitern immer wieder
in Erinnerung zu rufen, worauf sie hinarbeiten, und ihnen zu
verdeutlichen, dass es sich lohnt, Energie darauf zu verwenden.
Neurobiologisches Maßnahmen hirnorientierter Führung
Grundbedürfnis
Zugehörigkeit & Zeigen Sie Ihre Emotionen, wenn Sie von
Verbundenheit Ihren Zielen und Visionen berichten. Geben
Sie Ihren Mitarbeitern Gelegenheit, sich
von Ihrer Überzeugung und Begeisterung
anstecken zu lassen.
Wachstum & Zeigen Sie Perspektiven für individuelle
Entwicklung Weiterentwicklung auf. Machen Sie dabei
keine Versprechungen, die Sie nicht halten
können.

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104 N e u r o l e a d e r s h i p im F ü h r u n g s a l l t a g

Neurobiologisches Maßnahmen hirnorientierter Führung


Grundbedürfnis
Selbstwert & Führen Sie Ihren Mitarbeitern deutlich vor
Status Augen, wie wichtig sie für die Erreichung
der gemeinsamen Ziele sind.
Orientierung & Halten Sie Ihre Mitarbeiter auf dem Lau-
Kontrolle fenden, so z.B., wenn sich etwas rund um
die Ziele ändert oder wenn das Ziel erreicht
ist.
Autonomie & Zeigen Sie Ihren Mitarbeitern Möglichkei-
Selbstwirksamkeit ten auf, wie sie sich einbringen können, um
die Zielerreichung zu beeinflussen.
Fairness & Gehen Sie demokratisch und strukturiert
Angemessenheit mit Informationen um. Sorgen Sie dafür,
dass alle Mitarbeiter den gleichen Informa-
tionsstand haben, auch wenn sie z.B. an
einem anderen Standort sind.

Priorisieren und Fokus geben


Das Gehirn kann sich dauerhaft nicht auf viele Dinge gleichzeitig
fokussieren. Hirnorientierte Führung verlangt nach klarer Priori-
sierung, um Überforderung und negativen Stress zu verhindern.
Neurobiologisches Maßnahmen hirnorientierter Führung
Grundbedürfnis
Zugehörigkeit & Geben Sie Ihren Mitarbeitern das Gefühl,
Verbundenheit dass alle gemeinsam an einem Strang ziehen,
um die angestrebten Ziele zu erreichen.
Wachstum & Ein klarer Fokus auf wenige Ziele erhöht die
Entwicklung Wahrscheinlichkeit, diese auch zu erreichen.

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I n n o va t io n u n d V e rb e s se ru n g e n v o ra n t re i b e n 105

Neurobiologisches Maßnahmen hirnorientierter Führung


Grundbedürfnis
Selbstwert & Mess- und erzielbare Erfolge sind für Ihre
Status Mitarbeiter die Bestätigung, dass sie auf dem
richtigen Weg sind, der sich auch für sie
selbst auszahlen wird.
Orientierung & Es ist für die meisten Menschen schwer,
Kontrolle mehr als eine Hand voll Ziele gleichzeitig zu
verfolgen, insbesondere wenn diese sich
ständig ändern. Stellen Sie sicher, dass jeder
Mitarbeiter zu jeder Zeit seine Top-3-Priori-
täten kennt. Sorgen Sie für Kontinuität in
diesen Zielen.
Autonomie & Nichts ist frustrierender für Ihre Mitarbeiter
Selbstwirksamkeit als Blindleistung. Indem Sie eine klare Rich-
tung vorgeben, stiften Sie Sinn für alle die
Mühen.
Fairness & Erläutern Sie die Gründe, warum die Priori-
Angemessenheit täten so und nicht anders gesetzt wurden.
Suchen Sie das offene Gespräch mit Mit-
arbeitern, deren Projekte evt. darunter zu
leiden haben.

Innovation und Verbesserungen


vorantreiben
Menschen können nur kreativ sein, wenn sie Raum haben,
sich zu entfalten, und wenn ein Klima der Eigenverantwor-
tung herrscht. Hirnorientierte Führung gesteht Mitarbeitern
diese Freiräume zu.

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106 N e u r o l e a d e r s h i p im F ü h r u n g s a l l t a g

Neurobiologisches Maßnahmen hirnorientierter Führung


Grundbedürfnis
Zugehörigkeit & Fördern Sie Teamarbeit, insbesondere, wenn
Verbundenheit es um Innovation geht, denn hier sind ver-
schiedene Talente gefragt.
Wachstum & Sich einzubringen und die eigenen Ideen
Entwicklung vorantreiben zu können, ist sehr befriedi-
gend. Fördern Sie das Engagement Ihrer
Mitarbeiter und schützen Sie es vor Stö-
rungen durch bürokratische Prozesse.
Selbstwert & Stellen Sie sicher, dass die richtigen Per-
Status sonen für Ideen gelobt werden. Häufig
werden die stillen Ideengeber zugunsten
der eloquenten Präsentatoren vergessen.
Orientierung & Innovationen aller Art benötigen Flexibili-
Kontrolle tät, gedanklichen Freiraum und Schutz vor
Störungen. Gewährleisten Sie, dass Ar-
beitsbedingungen wie die Büroumgebung,
aber auch der Terminkalender Kreativität
möglich machen.
Autonomie & Nur wenige Dinge sind befriedigender, als
Selbstwirksamkeit Ziele zu verfolgen, die man selbst definiert
hat. Fördern Sie selbstständiges Denken,
Eigeninitiative und ungewöhnliche Ideen.
Hören Sie sich Ideen gründlich an und
lassen Sie diese nicht vorschnell fallen.
Fairness & Seien Sie gerecht mit Lob und Anerkennung.
Angemessenheit Stellen Sie sicher, dass alle, die zu neuen
Erkenntnissen beigetragen haben, erwähnt
werden und nicht nur die „Lautesten“.
Geben Sie regelmäßig konstruktives Feed-
back.

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Un s i c he r h ei te n m an a g e n 107

Unsicherheiten managen
Unsere Arbeitswelt dreht sich immer schneller, Prognosen
werden schwieriger, Wandel ist an der Tagesordnung. Damit
sich Mitarbeiter in ungewohnten Wassern wohlfühlen, brau-
chen sie eine sichere Homebase, in der Vertrauen und Zu-
sammenhalt herrschen.
Neurobiologisches Maßnahmen hirnorientierter Führung
Grundbedürfnis
Zugehörigkeit & Wenn es im Unternehmen drunter und
Verbundenheit drüber geht, sind kollegiale Beziehungen
und ein guter Zusammenhalt im Team
unbezahlbar. Schaffen Sie beizeiten Gele-
genheiten, damit Ihre Mitarbeiter Ver-
trauen zueinander aufbauen und Konflikte
geklärt werden können.
Wachstum & Gemeinsam bewältigte Krisen schweißen
Entwicklung ein Team zusammen. Sie lassen Mitarbei-
ter wachsen. Dazu braucht es Ihre Zuver-
sicht, dass Krisen und Phasen der Unsi-
cherheit auch wieder vorbeigehen. Je
souveräner Sie selbst mit Unsicherheiten
umgehen, desto weniger werden diese
Ihrem Team schaden.

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108 N e u r o l e a d e r s h i p im F ü h r u n g s a l l t a g

Neurobiologisches Maßnahmen hirnorientierter Führung


Grundbedürfnis
Selbstwert & In vielen Unternehmen, die in einer Krise
Status stecken, leidet die Kultur und die Unter-
nehmenswerte werden kompromittiert,
was u. a. den Selbstwert aller Mitarbeiter
beschädigt. Erst in einer Krise zeigt sich,
wofür ein Unternehmen oder eine Füh-
rungskraft wirklich steht. Wenn sich Ihr
Unternehmen also z. B. „Vertrauen“ als
Wert auf die Fahne geschrieben hat, dann
sollten Sie auch Ihr Verhalten danach
ausrichten, wenn die Zeiten schlecht sind.
Orientierung & In rauer, stürmischer See ist es sinnvoll,
Kontrolle wenn der Kapitän das Ziel und den Kurs
dahin kennt. Es ist auch hilfreich, über
Untiefen, Riffe und Strömungen Bescheid
zu wissen. Je besser die Mannschaft ab-
sehen kann, was auf sie zukommt und
wofür das gut ist, umso eher kann sie
Härten und Entbehrungen verkraften und
als etwas Sinnvolles erachten.
Autonomie & Krisen und Unsicherheiten wirken sich
Selbstwirksamkeit umso schädlicher aus, je machtloser sich
die Beteiligten fühlen, daran etwas än-
dern zu können. Suchen Sie gemeinsam
mit Ihrem Team nach Möglichkeiten, die
Situation aktiv zu gestalten.

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Vorbild sein 109

Neurobiologisches Maßnahmen hirnorientierter Führung


Grundbedürfnis
Fairness & Behalten Sie auch im Angesicht von Kri-
Angemessenheit sen und Unsicherheiten Augenmaß bei
Ihren Entscheidungen und Handlungen.
Blinder Aktionismus und überzogene Ent-
scheidungen helfen hier genauso wenig
wie eine Angstlähmung.

Vorbild sein
Besonders erfolgreiche Führungskräfte verfügen über Charis-
ma. Ihnen folgt man gerne, da sie etwas repräsentieren, wofür
man selbst gerne stehen möchte.
Neurobiologisches Maßnahmen hirnorientierter Führung
Grundbedürfnis
Zugehörigkeit & Sorgen Sie für ein starkes Team. Behandeln
Verbundenheit Sie alle Mitarbeiter gleich und fördern Sie
Eintracht unter ihnen, nicht Zwietracht.
Wachstum & Einem Chef, der ein positives Vorbild ist,
Entwicklung gelingt es, Mitarbeiter aus ihrer Komfort-
zone zu führen und über sich hinauswach-
sen zu lassen.
Selbstwert & Teilen Sie Ihren Erfolg und sorgen Sie dafür,
Status dass Ihre Mitarbeiter im Rampenlicht ste-
hen, wenn es etwas zu feiern gibt.

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110 N e u r o l e a d e r s h i p im F ü h r u n g s a l l t a g

Neurobiologisches Maßnahmen hirnorientierter Führung


Grundbedürfnis
Orientierung & Ihr Verhalten, d.h. alles, was Sie tun und
Kontrolle lassen, und auch, wie Sie etwas tun, defi-
niert den Rahmen für das akzeptable bzw.
erwünschte Verhalten Ihrer Mitarbeiter.
Ihre verbalen pußerungen haben dagegen
eine vergleichsweise geringe Auswirkung
auf deren Verhalten.
Autonomie & Ein Vorbild, das unnahbar und unerreichbar
Selbstwirksamkeit zu sein scheint, flößt vielleicht Respekt ein,
entfacht aber keine Sogwirkung. Sprechen
Sie über Ihre Stärken und Schwächen, ar-
beiten Sie an sich, bitten Sie Ihre Mitarbei-
ter um Feedback und unterstützen Sie sie
z. B. durch Coaching in dem, was sie tun,
besser zu werden.
Fairness & Bemühen Sie sich um Gerechtigkeit, Trans-
Angemessenheit parenz und Nachvollziehbarkeit in Ihren
Entscheidungen. Bedenken Sie, dass der
Prozess, um zu einem Ergebnis zu kommen,
nicht selten wichtiger ist als das Ergebnis
selbst.

Mitarbeiter entwickeln
Nur dann, wenn Menschen eine Perspektive für sich selbst in
dem sehen, was sie tun, sind sie motiviert. Hirnorientierte
Führung bereitet den Boden dafür, dass sich Mitarbeiter
entwickeln können.

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Mitarbeiter entwickeln 111

Neurobiologisches Maßnahmen hirnorientierter Führung


Grundbedürfnis
Zugehörigkeit & Sorgen Sie dafür, dass Sie bezogen auf
Verbundenheit Leistung und Mindset die „richtigen“ Mit-
arbeiter im Team haben. Fördern Sie Offen-
heit, gesunden Wettbewerb und Teamgeist.
Wachstum & Fördern und fordern Sie Ihre Mitarbeiter.
Entwicklung Achten Sie darauf, eine Balance zwischen
beiden Aspekten zu halten.
Selbstwert & Ein motivierter Mitarbeiter ist durch nichts
Status zu ersetzen. Lernen Sie die Präferenzen,
Motive und Werte Ihrer Teammitglieder
kennen und führen Sie sie entsprechend.
Orientierung & Werden Sie zum „Menschengärtner“. Be-
Kontrolle trachten Sie die Entwicklung Ihrer Mit-
arbeiter als Ihr gemeinsames Projekt. Füh-
ren Sie regelmäßig eine
Standortbestimmung durch und sprechen
Sie mit ihnen über die Perspektiven inner-
halb und außerhalb Ihres Bereichs. Tun Sie
dies vor allem auch informell und außer-
halb des Jahresgesprächs.
Autonomie & Fördern Sie die Überzeugung in Ihren Mit-
Selbstwirksamkeit arbeitern, dass sie selbst ihres Glückes
Schmied sind. Unterstützen Sie deren ei-
gene Ideen und Initiativen. Widerstehen Sie
der Versuchung, Ihre Mitarbeiter klein zu
halten, damit Sie bei Ihnen bleiben.

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112 N e u r o l e a d e r s h i p im F ü h r u n g s a l l t a g

Neurobiologisches Maßnahmen hirnorientierter Führung


Grundbedürfnis
Fairness & Vermeiden Sie es, einzelne Mitarbeiter
Angemessenheit dauerhaft zu bevorzugen, selbst wenn sie
die High Performer im Team sind.
Sorgen Sie dafür, dass jeder Ihrer Mitarbei-
ter ein Mindestmaß an Interaktion und
Rücksprachemöglichkeit mit Ihnen hat.

Arbeitsklima konstruktiv gestalten


Produktive und kreative Arbeit ist nur möglich, wenn ein
Klima der Offenheit und des Vertrauens herrscht. Hirnorien-
tiertes Führen schafft die Voraussetzungen dafür.
Neurobiologisches Maßnahmen hirnorientierter Führung
Grundbedürfnis
Zugehörigkeit & Sorgen Sie für Offenheit und Vertrauen in
Verbundenheit Ihrem Team, z. B. indem alle Teammitglieder
sich besser kennenlernen. Schaffen Sie
Möglichkeiten, sich auch außerhalb des
Büros zu begegnen.
Wachstum & Fördern Sie ein Klima, in dem es okay ist,
Entwicklung seine Kollegen zu hinterfragen und zu
Hochleistung anzuspornen. Vermeiden Sie
die Tendenz zum Mittelmaß nach dem
Motto „Eine Krähe hackt der anderen kein
Auge aus“.

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A r b e i t s k li m a k o n st r uk t i v ge st al t en 113

Neurobiologisches Maßnahmen hirnorientierter Führung


Grundbedürfnis
Selbstwert & Widerstehen Sie der Versuchung, bei Feh-
Status lern vor allem den Schuldigen zu suchen
und diesen dann noch bloßzustellen. Mit-
telfristig führt eine solche Fehlerunkultur
nämlich dazu, dass keiner Ihrer Mitarbeiter
mehr Verantwortung übernehmen will.
Schlimmstenfalls werden Ihnen Fehler
schließlich gar nicht mehr berichtet. Fo-
kussieren Sie sich auf das, was es aus
einem Fehler als Team zu lernen gibt.
Orientierung & Investieren Sie regelmäßig in die Entwick-
Kontrolle lung Ihres Teams. Fördern Sie Offenheit,
Vertrauen und vor allem Feedback unter
Ihren Mitarbeitern.
Autonomie & Ein Arbeitsklima ist nicht einfach so da, und
Selbstwirksamkeit es ist auch nicht ausschließlich abhängig
von Ihrer Art zu führen. Es entsteht als
Konsequenz aus gemeinsamem Verhalten.
Jedes Teammitglied trägt aktiv dazu bei.
Fördern Sie diese Einsicht und fördern Sie
die Übernahme von Verantwortung für das
Betriebsklima bei Ihren Mitarbeitern.
Fairness & Sprechen Sie Konflikte so bald wie möglich
Angemessenheit an und sorgen Sie für einen offenen und
konstruktiven Umgang damit.

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114 N e u r o l e a d e r s h i p im F ü h r u n g s a l l t a g

Arbeitsintensität managen
Dauerhafte Überlastung macht selbst High Performer irgend-
wann unproduktiv. Hirnorientiertes Führen sorgt dafür, dass
die Belastung sich auf ein noch gesundes Maß beschränkt und
dass nach Phasen der Anspannung wieder eine Phase der
Entspannung folgt.
Neurobiologisches Maßnahmen hirnorientierter Führung
Grundbedürfnis
Zugehörigkeit & Große Aufgaben erfordern gegenseitige
Verbundenheit Unterstützung. Sie lassen sich im Team
besser bewältigen. Unterstützen Sie kolle-
giale Zusammenarbeit, wo immer Sie kön-
nen.
Wachstum & Kaum ein Mitarbeiter beklagt sich darüber,
Entwicklung dass er zu wenig zu tun hat. Eine gewisse
Überlast ist heute normal. Idealerweise
wird dieser Leidensdruck umgesetzt in effi-
zienteren Kommunikationsfluss, bessere
Zusammenarbeit, optimierte Prozesse und
Unterstützung durch IT-Lösungen.
Fördern Sie konstruktives Hinterfragen bei
Ihren Mitarbeitern.
Selbstwert & Generell werden gemeinsame Erfolge viel
Status zu wenig bewusst wahrgenommen, ge-
schweige denn im Team gefeiert. Nutzen
Sie ein erfolgreiches Quartal, eine neue
Systemverbesserung etc., um den gemein-
samen Erfolg zu feiern und sich bei Ihrem
Team dafür zu bedanken.

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A r b e i t s in t en s it ä t m a na g e n 115

Neurobiologisches Maßnahmen hirnorientierter Führung


Grundbedürfnis
Orientierung & Viele Unternehmen stecken heute in der
Kontrolle „Beschleunigungsfalle“ fest, d. h., alles ist
wichtig und muss am besten gestern fertig
sein. Das produziert nicht selten jede
Menge Blindleistung. Setzen Sie klare Prio-
ritäten und sorgen Sie so für eine gute
Orientierung bei Ihren Mitarbeitern. Sorgen
Sie außerdem dafür, dass auf eine Phase
großer Arbeitsbelastung eine ruhigere
Phase folgt.
Autonomie & Heute gibt es in Unternehmen meist mehr
Selbstwirksamkeit zu tun, als man stemmen kann. Dazu
kommt bei vielen die Überzeugung, dass
eigentlich alles sofort und perfekt erledigt
werden sollte. Lassen Sie aktives Nachfra-
gen bei Ihren Mitarbeitern zur wahren
Wichtigkeit und Dringlichkeit von Aufgaben
zu. Hat wirklich jede Aufgabe Priorität 1?
Wenn Projekt A bis morgen fertig werden
soll, welche Projekte können dafür gescho-
ben werden? Nur so können die Mitarbeiter
ihre Arbeitsmenge selbst beeinflussen.
Fairness & Häufig bekommen die Leistungsträger die
Angemessenheit meiste Arbeit auf den Tisch, während die
Schwächeren wenig zu tun haben. Sorgen
Sie für ein Mindestmaß an Ausgewogen-
heit. Setzen Sie Mitarbeiter gemäß ihrem
Potenzial ein und bringen Sie Starke und
Schwache dazu zusammenzuarbeiten.

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116 N e u r o l e a d e r s h i p im F ü h r u n g s a l l t a g

Entscheidungen treffen und


Hindernisse überwinden
Wer Entscheidungen aussitzt oder nicht klar kommuniziert,
verunsichert seine Mitarbeiter. Hirnorientiertes Führen heißt
daher auch, klar und nachvollziehbar zu entscheiden oder
Entscheidungen anzustoßen.
Neurobiologisches Maßnahmen hirnorientierter Führung
Grundbedürfnis
Zugehörigkeit & Setzen Sie sich für die Interessen Ihres
Verbundenheit Teams und Ihrer Mitarbeiter ein.
Wachstum & Lassen Sie es nicht zu, dass Mitarbeiter vor
Entwicklung allem schwierige Aufgaben an Sie zurück
delegieren. Fördern Sie stattdessen Ihre
Mitarbeiter darin, Entscheidungen selbst
vorzubereiten, z. B. indem sie selbstständig
Alternativen durchdenken und Empfehlun-
gen aussprechen.
Selbstwert & Vermeiden Sie Entscheidungen, die Verlierer
Status und Gewinner im Team produzieren. Richten
Sie vielmehr Ihre Argumentation am ge-
meinsamen Ziel und am Interesse des ge-
samten Bereichs aus.
Orientierung & Machen Sie Ihren Mitarbeitern klar, was
Kontrolle diese selbst entscheiden können und sollen
und wo Sie Rücksprache erwarten.
Machen Sie ebenso deutlich, was Sie selbst
entscheiden können und bei welchen Fragen
Sie auf die Entscheidungen anderer ange-
wiesen sind.

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E n t s ch e i d u n g e n t r e ff e n u n d H in d e r n i ss e üb e r w i n d e n 117

Neurobiologisches Maßnahmen hirnorientierter Führung


Grundbedürfnis
Autonomie & Manchmal ist eine Entscheidung besser als
Selbstwirksamkeit gar keine, wenn denn nur die Umsetzung
stimmt. Umgekehrt kann jede gute Ent-
scheidung durch eine schlechte Umsetzung
nutzlos werden. Machen Sie dies Ihrem
Team bewusst und fördern Sie die Einsicht
Ihrer Mitarbeiter, dass diese die Umsetzung
und damit die Qualität des Ergebnisses
maßgeblich mit beeinflussen.
Fairness & Bleiben Sie in Ihren Entscheidungen nach-
Angemessenheit vollziehbar, transparent und für Ihre Mit-
arbeiter berechenbar.

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Stichwortverzeichnis
Bahnung 27, 48 Kongruenz, neuronale 100
Belohnungszentrum 37, 78
Marker, somatischer 46
Cartesianische Trennung 67 Mindfulness 68
Multitasking 64
Default Mode Network 28, 57
Design Thinking 73 Neuroleadership, Definition 6
Di-Stress 53 Neuroplastizität 24

Empathie, Ursprung 27 Open-Window-Phänomen 61


Eu-Stress 52
Psycho-Neuro-Immunologie 60
Feedback, Wirkung 39
Flow 53 Resilienz 65
fMRI-Scanner 12
Salmon of Doubt 12
Gehirn, Struktur 20 Schlaf und Leistungsfähigkeit 75
Grundbedürfnis, neurobiologisches Schmerzzentrum 36
79 Storytelling 32
Stress, positiver 62
Hebb’sches Gesetz 22 Stressforschung 54
Hirnforschung, Kritik 11 Stressor 52
Stressreport 78
Inkongruenz 100 Stress-System 54
Körpergedächtnis 48

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Impressum
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Natio-
nalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de
abrufbar.

Print: ISBN: 978-3-648-07135-9 Bestell-Nr.: 10714-0001


ePub: ISBN: 978-3-648-07136-6 Bestell-Nr.: 10714-0100
ePDF: ISBN: 978-3-648-07137-3 Bestell-Nr.: 10714-0150

Karsten Drath
Neuroleadership – Was Führungskräfte aus der Hirnforschung lernen können
1. Auflage 2015, Freiburg

q 2015, Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Munzinger Straße 9, 79111 Freiburg
Redaktionsanschrift: Fraunhoferstraße 5, 82152 Planegg/München
Telefon: (089) 895 17-0
Telefax: (089) 895 17-290
Internet: www.haufe.de
E-Mail: online@haufe.de
Redaktion: Jürgen Fischer
Redaktionsassistenz: Christine Rüber

Konzeption, Realisation und Lektorat: Nicole Jähnichen, www.textundwerk.de


Satz und Druck: Beltz Bad Langensalza GmbH, 99947 Bad Langensalza
Umschlag: Kienle gestaltet, Stuttgart

Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und
Richtigkeit. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen
Wiedergabe (einschließlich Mikrokopie) sowie der Auswertung durch Datenbanken oder
ähnliche Einrichtungen, vorbehalten.

Bildnachweis: Wesentliche funktionale Systeme des Gehirns: fotolia q natav / Lernerfolg


in Abhängigkeit vom Lebensalter: Christian Elger, Vortrag ICF-Konferenz „Neuro-Lead-
ership“ (2013)

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Der Autor
Karsten Drath
ist Unternehmer, Coach, Autor und Speaker – und ein sehr
stolzer und meist glücklicher Vater und Ehemann. Nach 16
Jahren Tätigkeit als Unternehmensberater, Change Manager
und internationale Führungskraft bei namhaften Industrie-
konzernen und Unternehmensberatungen arbeitet er heute
als Executive Coach und ist einer der Managing Partner von
Leadership Choices, einer europäischen Unternehmensbera-
tung mit Schwerpunkt auf Executive Development. In seiner
Tätigkeit als Coach und Experte für Resilienz arbeitet er
international mit Topmanagern und ihren Teams.

Weitere Literatur
„Coaching-Techniken“, von Karsten Drath, 128 Seiten, EUR
6,95, ISBN 978-3-648-05745-2, Bestell-Nr.: 10104
„Coaching und seine Wurzeln“, von Karsten Drath, 589 Seiten,
EUR 59,00, ISBN 978-3-648-03108-7, Bestell-Nr.: 01338
„Resilienz in der Unternehmensführung“, von Karsten Drath,
360 Seiten, EUR 39,95, ISBN 978-3-648-04947-1, Bestell-
Nr.: 01069

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