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VS Modes of Performance
LV-Leiterin: Dr. Ulrike Davis-Sulikovski
KSA WS 2016
Christophe Novak
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Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung 3
1.1. Kontextualisierung 3
1.2. Methodologischer Rahmen 5
1.3. Fragestellung 6
1.4. Inhaltliche Struktur 7
2. Bewusste Räume: Räume des Bewusstseins 8
2.1. Der Reise-Modus: Liminalität und Anti-Struktur 8
2.2. Die Festival-Sphäre: Liminalität und Anti-Struktur 10
2.3. Das Fremde als Resonanzboden des Eigenen 11
2.4. Bewusste Wahrnehmung: Eine Frage vom Wie des Was 13
3. Der magische Raum 14
3.1. Selbsterfahrung, Eingrenzung und Arbeitshypothese 14
3.2. Das Sinn-Sein: Selbst-Performance im Einklang mit Umwelt 17
3.3. Eine systemtheoretische Perspektive auf Bewusstsein 19
3.4. Das Prisma als Schnittstelle zwischen Innen und Außen 20
3.5. Das Psychoide als Bindeglied zwischen Psyche und Materie 22
4. Der Weg dorthin: Eine innere Landkarte 24
4.1. Die Zirkambulation der Intention 24
4.2. Innen-Außen-Dissonanz: Eine Latenz in der Selbsterfahrung 26
4.3. Der rationale Limes 28
4.4. Das Tap-In 29
4.5. Der magische Raum als Quell des Schöpferischen 30
4.6. Die intentionale Verankerung des Bewusstseins 30
4.7. Das Paradox als Ordnung höherer Komplexität 32
4.8. Innen-Außen-Resonanz: Synchronisation Ich-Selbst-Umwelt 33
4.9. Die Intuition als Wegweiser im Entscheidungsprozess 34
5. Geist und Materie in schöpferischem Tanz 36
5.1. Erleuchteter Wille entspringt starkem Fundament 36
5.2. Das Symbol: Ein kreativ-intuitiver Ausdruck des Erlebten 38
6. Conclusio 39
Literaturverzeichnis 41
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1. Einleitung
1.1. Kontextualisierung
Die vorliegende Arbeit ist ein autoethnographisches Experiment und ein erster Versuch,
Außenwelt aus der Perspektive des Ich-Erlebens im Rahmen einer bestimmten sozialen
Umwelt zu beschreiben. Ich verstehe „autoethnographisch“ im Sinne von Ellis als ‘‘an au-
tobiographical genre of writing and research that displays multiple layers of conscious-
Der Spätsommer 2016 war für mich eine Zeit tiefster Einsicht in die Wirkungsweisen
meiner kognitiven Welt und die daraus hervorgehende Konstruktion von Wirklichkeit. Im
Kerne dieser Erfahrung stand ein intensives Flow-Erlebnis, mit dem gleichzeitigen Erleben
einer starken Resonanz von Ich mit Umwelt. Der hochgradig komplexe Sachverhalt, den
ich hier versuche auszulegen, geht ans Fundament des Subjekt-Objekt-Verhältnisses und
darüber hinaus. Ich argumentiere, dass der magische Raum dort aufgeht, wo die Grenze
sich zusammenfallen, und illustriere dies mit verschiedenen Beispielen aus meiner eige-
nen Lebenswelt. Diese Selbsterfahrung war mir der zündende Impuls für eine umfangre-
iche und spontane Ideengenese, eines breiten Geflechts an neuen Gedanken und Ideen,
deren Synthese sich in dieser Arbeit findet. Ich brauchte, in einer ersten Phase der Inte-
gration, einen guten Monat zur Verinnerlichung des Erlebten. Am 9. Oktober schließlich
fand ich die Zeit und die innere Bereitschaft das Erlebte zur Erfahrung zu machen, indem
Wieviele Worte ich auch hierüber schreiben werde, sie werden vielleicht gerade einmal an der Oberfläche kratzen.
Diesen Sommer habe ich mein Selbst erfahren - und seither ist alles anders. Ich kann es 'the homeport' nennen, meine
'Wurzeln' oder den 'Boden'. Diese eine, total unerwartete Woche inmitten eines wahrhaftigen Hippie-Clans in idyllischer
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Dieser Abschnitt sollte mir in der Tat ‚Geistesnahrung’ für das gesamte darauf folgende
Wintersemester sein. Noch nie in meinem Leben habe ich die Dissonanz zwischen dem
innersten Wesen so intensiv verspürt wie diesen Winter. Die Auseinandersetzung mit
diesem Metathema fand auf einer existenziellen Ebene statt, und es kostete mich viel
Kraft, alles zusammenzuhalten. Ich fragte mich unablässig: Wie ist es möglich, zwei so
Es fühlte sich an, als stießen die zwei äußersten Gegensätze in totaler Unvereinbarkeit mit
mir in der Mitte zusammen - deren unablässiges Aneinanderreiben mein bisheriges Selb-
stverständnis von ‚Leben‘ erodierte und mich dazu zwang, zum Kerne des Lebendigen
vorzudringen, um das Wesentliche, das Qualitative des Lebens zu erfassen. Ich ahnte,
nein ich wusste, dass da ein größerer Prozess im Gange ist, und so ließ ich mich mitge-
hen, währenddem ich mein Bestes gab, die äußeren Erfordernisse zu bewältigen.
Eine starke Intuition bewegte mich dazu, mir für das Wintersemester 2016 das Thema
„Fokus, Form und Struktur“ zu geben - und dazu gehörte auch, mich intensiv mit dem
präzisen Sprache, mit dem Anspruch, das Unsagbare ein wenig mehr ‚sagbar‘ machen zu
können. Im Rahmen meiner drei Seminararbeiten zeichnete sich langsam ein Muster ab,
das viele meiner brennendsten Interessen miteinander verband - und wie es so meine Art
ist, ließ ich die Ideen in ihrer Prozessualität reifen, darauf vertrauend, dass das
Wesentliche meiner Tiefenerfahrung im Sommer sich aus sich selber heraus, auf natürliche
Weise, gestalten und sich in Form von Gedanken und Ideen langsam aus den Tiefen des
Jetzt wo ich diese Arbeit hier schreibe, sehe ich die zusammenhängende und aufeinander
aufbauende Leitidee klar vor mir, welche ich anfangs dunkel erahnte, und wofür meine
erste Arbeit Das Flow-Prinzip: Perspektiven einer Ökologie des Lebendigen das Funda-
ment stellt, wo ich die inneren und äußeren Bedingungen von flow skizziert habe. In
einem rituellen Raum der Anti-Struktur habe ich die äußeren Bedingungen für flow
beleuchtet, indem ich das Boom-Festival als einen soziorituellen, qualitativ aufgeladenen
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Raum der Offenheit, der Potenzialität und der Selbsterfahrung darstellte, welcher dem
Teilnehmer die Möglichkeit eines freien Selbstausdrucks bis hin zu persönlichen Erlebnis-
sen der Katharsis bietet. Mit dieser dritten Arbeit schließt sich der Kreis, indem ich mich
auf die inneren Bedingungen für flow konzentriere und die Auffaltung vom inneren
Ich werde im Laufe dieser Arbeit immer wieder auf die Prozessualität und die Qualität des
Werdenden zurückkommen, u.a. weil diese Art der Anschauung so fremd in unserer auf
meinen drei Arbeiten inhärent ist, fügte sich also im Laufe seines Werdens wie ein Puzzle
Es handelt sich bei dieser Arbeit also um einen Versuch der Erforschung von Bewusstsein-
szuständen, -prozessen, -strukturen oder -qualia, basierend auf einem konkreten Gegen-
stand der Selbsterfahrung, fokussiert auf die Beschreibung nicht-rationaler Arten des Be-
wusstseins. Ich beziehe mich dabei auf De Pari’s systemtheoretisches Modell von Be-
wusstsein, welches sich aus seiner Intention, „an wissenschaftliche Diskurse an-
Peter Sloterdijk spricht vom Zustand der „vorsprachlichen Stille“ und der mystischen
lichkeit“ ist normal geworden - aber in bestimmten Momenten gelingt es „gewissen Indi-
Ich versuche hier, eine innere Landkarte zu zeichnen, und den Weg durch den rationalen
Limes (analog zum „inneren Lärm“) hin zum magischen Raum (analog zur „vorsprach-
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lichen Stille“) zu beschreiben, wie ich ihn erfahren habe - im Sinne einer Autoethnografie
Wenn Mystik in der Moderne als Grenzwert einer normalen Welterfahrung aufgefaßt werden muß … dann muß
eine Beschreibung des Menschen möglich sein oder versucht werden, die mystische Zustände als allgemeine
Geburtsrechte in ruhigem Tone anerkennt. Eine Anthropologie des Mystischen müßte die Natürlichkeit mystischer
C.G. Jung hat mich dazu inspiriert, die eigenen Gipfelerlebnisse parallel zur schriftlichen
Erfassung in symbolischer Form auszudrücken. Dabei sehe ich in Jungs "Das Rote Buch"
einen hochinteressanten Ansatz zur explorativen Auseinandersetzung nicht nur mit sich
das gesamte Spektrum von kreativen Ausdrucksmöglichkeiten. Ich werde also hier als
Ergänzung zum Text drei Zeichnungen vorstellen - symbolische Verdichtungen der Inhalte
meiner Erfahrungen - die eine andere, non-verbale Perspektive auf die erfahrenen
entsprechen.
Nach Bateson offenbart der richtige Blick auf Kunst einen Code, der gerade zum nicht-
Geistes“ stellt er die Frage: „Welche Komponenten dieses Botschaftsmaterials hatten für
1.3. Fragestellung
Hochgradig inspiriert von dieser Fragestellung, möchte ich sie um den Aspekt von Per-
formance erweitern und formuliere (ausgehend von den Fragestellungen, welche ich in
den beiden vorigen Arbeiten behandelt habe: Was ist die qualitative Wesenheit des
Lebendigen? Was sind die Bedingungen für Lebendigkeit? In welchem Verhältnis steht
Arbeit:
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• Was sind die Bedingungen für die Resonanz von Ich mit sozialer Umwelt?
• Wie können die Konzepte vom flow-Zustand (nach Csikszentmihalyi), der Sys-
temtheorie (nach Luhmann) und vom Tao (nach Lao Tse) zusammenwirken, um dieses
Mich treibt besonders die Faszination für die vielen Gemeinsamkeiten an, die in der man-
men Gestalt angenommen haben. Ich möchte diese in den jeweiligen geografischen, kul-
turellen und zeitlichen Raum, oder abstrakter, in das jeweilige Bezugssystem, eingebet-
unterschiedlichen Foki auf dasselbe Phänomen sehe. Und mit dem richtigen Blick lassen
sich ihre Grenzen verschmelzen und offenbaren die Sicht auf ein buntes, aber in sich
Abschließend möchte ich kurz auf die Ordnungsstruktur der vorliegenden Arbeit einge-
hen. Konträr zu den linearen Denkprozessen des Alltagsbewusstseins laufen die kognitiv-
und folgen einer faszinierenden Dynamik der Rekursivität. Diese tieferen kognitiven
Prozesse, die sich am Rande der bewussten Wahrnehmung abspielen, scheinen einer in-
Begriffs- und Ideensträngen, die sich in schlaufenartiger, periodischer Weise dem Be-
wusstsein annähern - jedoch meist am Rande des bewussten Erfassens verbleiben, sofern
die Wahrnehmung dafür nicht sensibilisiert wurde. Da der gesamte Prozess der Genese
des hier skizzenhaft dargestellten Ideengeflechts aus sich selber heraus auf dieser
grundlegenden nicht-rationalen Ebene entstand, wird die erste Ordnungsstufe des vor-
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liegenden Materials, die sich in dieser Arbeit vollzieht, diese Non-Linearität immer noch
im Ansatz widerspiegeln. Mir geht es in erster Linie darum, in dieser Arbeit weit Entfer-
ntes ihn Beziehung zu setzen, neue Möglichkeiten der Wahrnehmung und Kommunikation
zu erproben und ein spannendes Themenfeld zu eröffnen, dessen grobe Musterung fol-
gendermaßen aussieht:
Zuerst beschreibe ich die äußeren, sozialen Rahmenbedingungen und ihren wesentlichen
Einfluss auf meine persönliche Lebenswelt. Dann versuche ich eine phänomenologische
Erfassung und Beschreibung des magischen Raums und seiner Charakteristik als tiefere
stellung, welche sich der Resonanz mit der inneren Stille annähert. Abschließend setze ich
die gewonnen Erkenntnisse in Bezug zum Konzept des Tao, welches ich als Einklang, Syn-
Ich möchte hier nun kurz auf die Charakteristika von diesem schwierig zu fassenden, psy-
cho-sozio-geo-rituellen Raum eingehen, der sich langsam und progressiv in und um mich
herum aufbaute im Laufe meiner einmonatigen Reise - die mich zuerst im Rahmen einer
zweiwöchigen Intensivtour quer durch Indien führte, unmittelbar danach nach Portugal,
wo ich ein paar Tage das Boom-Festival besuchte, um dann eine total unerwartete Woche
Diese Reise einmal um die halbe Welt und zurück war geprägt von einer kontinuierlichen
Fremd-Erfahrung, einer ständigen Überstimulation von Reizen und dem steten Einpras-
seln von neuem Input. Ich habe mich in einem intensiven und abenteuerlichen ‚Journey-
Modus‘ befunden, zuerst in einem sehr strikten Rahmen mit strammem Programm und
lungsmöglichkeiten und ehe ich mich versah, befand ich mich in einer Gruppe gänzlich
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unbekannter Menschen, die mir eine Lebenserfahrung schenkten, die von einer tiefen
menschlichen Ergriffenheit begleitet war, und dessen begriffliche Erfassung mit „Commu-
nitas“, „Antistruktur“ und „Liminalität“ ich erst ein halbes Jahr später entdecken sollte.
Diese Erfahrung kann nur als Ganzes betrachtet werden, denn keiner der Inhalte, die ich
hier versuche darzulegen, kann für sich isoliert, aus dem Kontext gerissen, begriffen wer-
den.
Diese Reise war der Katalysator für die hier vorgestellten Ideen. Da der Reise-Modus
eigentlich ein Modus der Antistruktur in sich ist, birgt er ein hohes Potenzial für die spon-
tane Entstehung von Communitas auf dem Beschreiten des ‚Weges’ - und ist demnach
Hinzu kommt die ewige Begegnung mit dem Fremden, dem Unerwarteten und dem
Neuen. In der Einstellung des ‚Reisenden‘ gegenüber der ‚Reise‘ (im Sinne einer
Wertschätzung der inneren, qualitativen Wesenheit des Reise-Modus und der inneren
Bereitschaft der Erfüllung der im Reise-Modus inhärenten Forderungen) und seiner bere-
itwilligen Haltung, sich vom ‚Fluss des Lebens‘ tragen zu lassen und offen zu sein für was
auch immer geschehe, liegt der Schlüssel für das wesentliche Verständnis des Themas
dieser Arbeit. Wer den Solo-Reise-Modus einmal intensiv erlebt und erfahren hat, wird ein
phänomenologisches Verständnis dieser Seins-Qualität und vielleicht ein Gespür für die
innere Haltung entwickelt haben, die so wichtig ist für ein erfolgreiches Reise-Erlebnis.
sung und Differenzierung nun ist das Thema dieser Arbeit gewidmet. Ich versuche, die in
auf den magischen Raum definiere. Wie genau diese Bewusstseinseinstellung aussieht,
was der magische Raum ist, und wie deren Zusammenwirken mit Performance zu tun hat,
hältnis: „Bei der Begegnung zwischen differenten Sinnwelten stoßen […] unterschiedliche
Konzepte und Wahrnehmungstraditionen von dem aufeinander, was als fremdartig er-
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scheint“, wobei die Art der Fremdheit dabei nur „ausnahmsweise bewusst“ ist (vgl.
Schäffter 1991: 2). Die Begegnung mit dem Fremden, Unbekannten und Neuen gleicht
„Verhaltensunsicherheit“, die dazu führt, „dass Fremderleben in Bezug auf seine situative
wird“ (vgl. Schäffter 1991: 3). Es ist genau diese Reflexion des eigenen Verhältnisses zum
„Fremderleben löst sich dabei auf in ein Oszillieren zwischen Innen und Außen“, das den
entzieht (vgl. Schäffter 1991: 3). Dies entspricht der Struktur im turnerschen Sinne. Die Er-
fahrung der Bodenlosigkeit ist also analog zu verstehen zu Turner’s Anti-Struktur und Lao
Tse’s Leere in der Mitte des Wagenrades - deren Zustand der Unbestimmtheit durchaus
unangenehme Gefühle zum Vorschein bringen kann. Gleichzeitig jedoch entwickelt sich
aus demselben Zustand der Unbestimmtheit die zeitlose Wertigkeit der Communitas.
Der in Boom und Lost Theory ersichtliche und spürbare kollektive Zugang zum Fremden
deutsamer Erfahrung“ (Schäffter 1991: 12). Es liegt also ganz am Teilnehmer selber, wie er
mit der Flut von neuen Eindrücken umgeht. Je nachdem, wo jemand steht im Leben,
welche Erfahrungen er gemacht oder nicht gemacht hat, wie offen seine Einstellung zum
Neuen, zum Unbekannten, zum Fremden ist, wie abenteuerlustig und flexibel er ist, kann
er mehr oder weniger damit anfangen. Diese begrüßende und offene Haltung in der Au-
seinandersetzung mit Neuem ist wohl eines der größten Merkmale, die den Festival-Be-
suchern in ihrer Gesamtheit gemeinsam ist. Eine solch positive Einstellung zu Fremdheit,
zu Antistruktur, zum Anderen, kommt nicht von heute auf morgen, sondern ist das Resul-
tat eines tief in der persönlichen Lebensgeschichte eines jeden Teilnehmers verankert
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liegenden Erfahrungsschatzes, der in hoher Resonanz mit der Begegnung zum Fremden
steht. Demnach ist Fremdheit also „ein Beziehungsmodus, in dem wir externen
Phänomenen begegnen“ und ein „historisch gebundenes Phänomen“, in dem Sinne als
das Erkenntnisvermögen beim Kontakt mit dem Fremden vom eigenen, im Laufe seines
Lebens erlangten Erfahrungshorizont abhängig ist (vgl. Schäffter 1991: 2). In der Festival-
Gemeinschaft ist also das Element des „Fließenden“ besonders stark ausgeprägt, als
danach sehnt „loszulassen, sich zu bewegen, das Unerwartete zu erfahren und das Un-
zwischen westlicher und indigener Sinnwelt liegen die impliziten und scharf getrennten
auch dadurch, dass die meisten Besucher Weiße sind, aus einem westlichen Lebenskon-
text kommen und die Rolle der Performer (Musiker, Schamanen, Künstler, Workshop-Leit-
er, Heiler, etc.) darin besteht, die Menschen mit neuen kulturellen Praktiken und Einflüssen
zu konfrontieren. Auf der Metaebene sind sie somit Akteure für die Umkehrung sozialer
die nebeneinander bestehen und einander abwechseln“ (vgl. Turner 1981: 96):
Das erste Modell stellt Gesellschaft als strukturiertes, differenziertes und oft hierarchisch gegliedertes System poli-
tischer, rechtlicher und wirtschaftlicher Positionen mit vielen Arten der Bewertung dar, die die Menschen im Sinne
eines „Mehr“ oder „Weniger“ trennen. Das Zweite Modell, das in der Schwellenphase deutlich erkennbar wird, ist
das der Gesellschaft als unstrukturierte oder rudimentär strukturierte und relativ undifferenzierte Gemeinschaft,
ihrem “Hintergrund“, vor dessen Unbestimmtheit diese erst als Bestimmtheit in Erschein-
ung treten kann.“ Das Fremde wird hier als “abgetrennte Ursprünglichkeit“ oder „Funk-
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tion des Ursprünglichen, des “Urgrundes“ oder eines allgemeinen Bedingungszusam-
Die Grenzlinie … bezieht sich … auf ein Verhältnis spannungsreicher Verbundenheit, einen Gleichklang von Un-
terschiedlichem oder eine existenzielle Teilhabe. Resonanz als Modus der Innen-Außen-Verschränkung läßt Fremd-
heit über Affinität, Verständnis, Einfühlung, Liebe, Mitleid oder Empathie als prinzipiell verstehbar erscheinen, ohne
dabei die Grenze vernachlässigen oder leugnen zu müssen. … Das „Eigene“ geht erst durch ein Heraustreten,
durch eine Trennung oder einen „Abfall“ aus der ursprünglichen, undifferenzierten Ganzheit hervor, die nun als
Außenseite und Hintergrund verfremdet wird und hierdurch der eigenen Identität die Kontrastfläche bietet …
Während Schäffter also das Fremde als „das Ursprüngliche, ohne das die Eigenheit nicht
möglich wäre“ (vgl. Schäffter 1991: 17) definiert, sieht Turner in der Communitas „die An-
erkennung einer essentiellen und generellen menschlichen Beziehung, ohne die es keine
Gesellschaft gäbe“ (vgl. Turner 1981: 96). Schäffters Ursprünglichkeit und Urgrund verste-
he ich synonym mit Turners Beschreibung der communitaristischen Anti-Struktur als Raum
Struktur entsteht - im abstrakten Sinne in Form von Eigenheit, Identität und Individualität,
im sozialen Sinne in Form von Gesellschaft als dynamisches Ganzes und höhere Ordnung
von Teilbeziehungen.
Die sozialen „Bruchlinien, die (in der gesellschaftlichen Umwelt) zunächst als Differenzen
vorgefunden werden“ verleihen dieser Umwelt ihren „besonderen Sinn“. Mit der Offen-
heit für die Andersartigkeit des Fremden, d.h. dem reflektierten Umgang mit Fremdheit,
entsteht die Forderung nach der „Klärung […] aus welchen Grenzsetzungen heraus eine
Boom und Lost Theory sind in dem Sinne Räume der Antistruktur, der durch den im Hin-
tergrund wirkenden Schwellenzustand der Liminalität für die Teilnehmer erfahrbar wird,
und fungiert 1) als „Resonanzboden von Eigenheit“, 2) als „Chance zur Ergänzung und
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Vervollständigung“ der Eigenheit und 3) als „Zusammenspiel sich wechselseitig hervor-
rufender Kontrastierungen“ von Eigenheit und Fremdheit (vgl. Schäffter 1991: 15).
Wie wir wahrnehmen ist allen Menschen gemeinsam - und bedingt durch die Verankerung
des Menschen in der menschlichen Subjektposition. Jeder Mensch nimmt aufgrund seines
Mensch-Seins die Welt auf eine spezifisch menschliche Weise wahr. Dies geht so weit,
dass wir uns, dank einer unserer Wahrnehmung präexistenten Struktur, auf eine gemein-
same Basis stützen können, auf der wiederum unser kollektives Realitätskonstrukt ruht,
Diese unserer Wahrnehmung zugrunde liegenden Strukturen bilden einen Rahmen, der
Menschen und durch dieses wirkt und so einen Kontext hervorbringt, in dem ein für die
Menschheit spezifisches Realitätskonstrukt seinen Platz findet. In dem Sinne schafft dieser
Kontext die Bedingung für einen fruchtbaren kommunikativen Austausch - wobei die bei-
den Ur-Kräfte des Bedingenden und des Bewegenden durchscheinen. Das Bedingende
ist in diesem Fall die notwendige Einschränkung, die sich durch ein be-wirkendes und
ordnendes Regelsystem manifestiert, die gegeben sein muss damit die prozessuale Dy-
namik des bewegenden Elements sich klar und deutlich entwickeln kann. Fokus verlangt
nach Limitation, nach einer Definition von Prioritäten und dem Ausblenden von Un-
wichtigem. Es ist eine Frage der Relevanz - und was relevant ist und was nicht, wird bes-
timmt durch den Sinn. Was ist denn nun sinnhaft und was nicht - und wodurch wird Sinn
definiert? Das wunderbare am Sinn ist, dass er seiner Natur gemäß sich selber genügt.
Was wir wahrnehmen ist jedem Individuum eigen - und besteht einerseits aus allem bisher
subjektiv Wahrgenommenen. Andererseits stellt der Inhalt der Wahrnehmung eine eigene
Dimension, also eine eigene Realität in sich selber dar. Der Imagination sind keine Gren-
zen gesetzt, selbes gilt für den Akt der Konstruktion und Synthese des Wahrgenomme-
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nen. Kraft seines Willens kann der Mensch seine Wahrnehmung bewusst fokussieren, und
darüber hinaus noch die Form des Fokus bewirken - und nicht nur das. Durch den be-
wusst bewirkten Einklang von Wille, Fokus und Wahrnehmung ergibt sich die Möglichkeit
der Exploration eines jedweden Objektes in jedweder Tiefe, wobei die Tiefenschärfe von
der Klarheit des Fokus abhängt. In diesem Sinne kann der bewusste Mensch auf sein ihm
innewohnendes Potenzial zum Schöpfen zugreifen, dessen Dasein bisweilen noch latent
im Unbewussten schlummerte. Wenn wir nun endlich davon abkommen würden, endlos
das Was zu debattieren, hin zur Wertschätzung des im Was wohnenden Potenzials einer
Darin nun liegt der Kern dieser Arbeit: Den schöpferischen Impuls in jedem
Selbsterfahrung
Der folgende Abschnitt ist ein retrospektiver Versuch der Beschreibung der Bewusstseins-
dynamik, wie ich sie Ende August auf dem Psytrance-Festival Lost Theory in Spanien er-
fahren habe, und ergänzt den kurzen Abschnitt aus der Einleitung. Ausgehend von dieser
ersten Beschreibung, werde ich anschließend die zentralen Punkte isolieren und aus-
bauen.
i. Ich konnte meine kognitive Welt bei der Aufrechterhaltung einer flatternd-stabilen Megakognition beobachten.
Mein Sein und Handeln innerhalb des Rahmens meiner Umwelt empfand ich wie eine Sinuswelle, die um den
Jetzt-Attraktor oszilliert, der gleichzeitig mit einer meditativen Stille und damit einer Abwesenheit von Gedanken
einherging. Mit dieser Selbsterfahrung kam auch ein gewaltiges Flowerlebnis, gekoppelt mit der Wahrnehmung
von Synchronizitäten und einer wesentlich verschärften Intuition. Ich empfand mich in meinem Sein tief verwurzelt
im Jetzt, und ich nahm eine deutliche Co-Emergenz zwischen Innen- und Außenwelt wahr.
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ii. Wahrnehmung der Interdependenz und des Wechselverhältnisses von Innen und Außen: Widerspiegelung von
Gedanken in äußeren Ereignissen. Entsprechung von Gedanke, Gefühl und Selbsterfahrung im Außen. Direkte Ab-
hängigkeit äußerer Erfahrungen von innerer Verfassung. Wechselverhältnis von mentaler Hygiene mit äußeren
Begebenheiten. Bestimmte Gedanken finden ihren Weg in äußere Manifestationen. Bestimmte Erfahrungen
iii. Wichtigkeit von Augenkontakt für wahre Verbindung mit dem Anderen. Offenherzige Wertschätzung des An-
deren durch direkte Kommunikation: 'You are such a beautiful being’. Freier Körperkontakt, viele Umarmungen,
Küsse, Ermunterungen. Wertschätzung und Anerkennung meiner Talente durch andere. Gefühl zu etwas beizutra-
gen, durch mein Wissen, meine Talente, und am allermeisten: einfach dadurch, wie ich bin. Diese Einsichten aktiv
nach außen vermitteln, sie in anderen aktivieren und nähren. Wissen vermitteln, Lehren.
iv. Barfußlaufen als Verstärker für Intuition und Erdung: Augen auf den Horizont gerichtet, bewusstes Ertasten der
Erde, periphäre oder (un)bewusste Wahrnehmung der Strukturen und Hindernisse im Boden, intuitive Anpassung
des Ganges ohne direkte Sicht auf den Boden (cf. Bateson: Beispiel mit Freund, Wahrnehmung, Sehen: Peripherie!)
Tiefenreinigung vom Flusswasser und Bedeutung von täglichem Zugang zu sauberem, natürlich fließenden Wasser
allgemein.
Eingrenzung
• Verschärfte Intuition
• Freier Selbstausdruck
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Wahrnehmen • Wahrnehmung der Co-Emergenz von Innen- und Außenwelt
Interaktionen, Umwelt)
Arbeitshypothese
Das Eintreten in flow, als Verschmelzung von Ich und Umwelt, öffnet die Tore zum magis-
chen Raum: einer mysteriösen Zwischenwelt, die aus der Annäherung von Innen- und
Außenwahrnehmung entsteht, und getragen wird von der Resonanz zwischen Innen und
Außen. Diese Resonanz ist wahrnehmbar, kann aber nur mithilfe einer Intention verstärkt
werden, welche das Bewusstsein gezielt auf die Vertiefung dieser Resonanz und auf den
harmonischen Einklang zwischen Selbst und Umwelt, zwischen individuellem Handeln und
größerem Ganzen fokussiert. Der magische Raum ist somit durch die Dimension der Ethik
Mensch seine Intention darauf ausrichtet, seinen eigenen Lebensfluss in den größeren
deln, das den Kern der Weisheit in sich trägt und seinen qualitativen Ursprung in der
tiefen, non-dualen, antistrukturellen Stille des magischen Raumes hat - ein erhöhter Be-
wusstseinszustand mit wesentlichen Qualitäten von Samadhi (vgl. Schmidt 2017: 32:45 -
33:12). Dies entspricht der jungschen Konzeption vom Übersinn, und der chinesischen
Gordon Hampton, laut Eigenbezeichnung „acoustic ecologist“, hat sein Leben der Suche
nach den „seltensten Naturklängen“ gewidmet, und hat viel Zeit mit der Erforschung,
Aufzeichnung und Wertschätzung von „Stille“ verbracht (vgl. URL3). Hampton „defines
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real quiet as presence — not an absence of sound, but an absence of noise" (vgl. URL2).
Stille ist also nicht Abwesenheit von Ton, sondern Abwesenheit von Lärm, und in dem
Sinne die Präsenz vom Wesentlichen. Indem Hampton „wahre“ Stille mit „Präsenz“ und
gegenüber einem quantitativen hervor. Er bezeichnet „quiet“ als “think tank of the soul”
und deutet damit auf das in der Stille liegende inspirative und intuitive Potenzial hin (vgl.
URL2). Dieses Bild lässt sich hervorragend auf das Konzept vom magischen Raum ex-
trapolieren: Demnach schafft die Abwesenheit von mentalem Lärm die innere Klarheit
und eröffnet einen mentalen Raum, der - aufgrund einer resistenzlosen Wahrnehmung,
die nun, ungefiltert durch das begriffliche Netzwerk von Gedanken, unmittelbar mit der
Welt in Verbindung treten kann - das Eintauchen in tiefere Schichten des Bewusstseins
ermöglicht.
Ich sehe flow weniger als Zustand, sondern als dynamischen Bewusstseinsprozess, der
von einer besonders hohen Qualia durchwoben ist. Im vorliegenden Kontext also verste-
he ich flow, bezogen auf seinen performativen Aspekt, nicht als peak performance, son-
dern als peak experience. Am besten kann ich das mit dem qualitativen Erfahren vom Tao
heit eingebetteten Selbst, das sich gleichzeitig mit sich selbst und mit dem größeren
In dem Sinne unterscheidet sich diese spezielle flow-Erfahrung von der ‚allgemeinen‘
amoralischer Natur ist, weil flow sowohl beim Kochen, beim Musizieren, aber auch beim
Töten von Menschen erfahren werden kann - demnach genauso gut in einem „produktiv-
en, aufbauenden, humanen“ wie in einem „destruktiven und völlig asozialen“ Sinne (vgl.
ist für Csikszentmihalyi folgende: „Wie sinnvoll ist dein Tun und welche Konsequenzen hat
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Deshalb gilt es, diese ethische Dimension im flow-Zusammenhang mit zu berücksichtigen. Flow zu erfahren, ist nicht an
sich schon gut und lobenswert, sondern erst dann, wenn diese Erfahrung dich und deine Umgebung bereichert und in
der Entwicklung weiter bringt. (Csikszentmihalyi 2012: 43) Wenn aber flow über den Moment hinausgeht und dich wirk-
lich durch das Leben trägt, dann gibt es nichts, was für dich und andere fruchtbarer sein könnte. (Csikszentmihalyi 2012:
94)
Mit diesem Verständnis von flow, das um die Dimension der Ethik vertieft ist, steht nicht
mehr das Individuum und sein selbstbezogenes Handeln im Sinne einer reinen Selbstper-
seiner Umwelt als Einheit wahrzunehmen, mag sich dem im Prozess der Ultraindividual-
isierung befindenden westlichen Konsum- und Leistungsgefüge wie eine schreiende Blas-
Keiner ist wirklich frei davon, so wie ich nicht frei davon bin, und doch lässt es sich fest-
Peter Sloterdijk spricht vom „Krieg der kämpfenden Ich-Träger“ als Anspielung auf diesen
besonders vom Westen ausgehenden Ich-Kult, der genau genommen eigentlich ein
„Ego-Kult“ ist (vgl. Sloterdijk 1993: 39). Wir sind so identifiziert mit unseren Ego-Konstruk-
ten, nach denen wir unser Wollen ausrichten, dass wir stampfenden Schrittes und mit
Scheuklappenblick durch die Welt rasen - haben wir doch unserer Fixiertheit auf die struk-
vergessen, das so wesentlich für die Erkenntnis des wechselseitig konstituierenden Ver-
sigkeit“ bringt Sloterdijk den Prozess des Erwachsenwerdens, bestehend in der Suche
nach dem „Festland“ und begleitet von der „Aufrichtung relativ fester Ich-Strukturen“, als
mythischen Archetypus auf den Punkt (vgl. Sloterdijk 1993: 38). Er sieht in der Mystik den
Versuch, die „Arena-Ontologie“ der heroisch kämpfenden Ich-Träger „als solche zu en-
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tkräften“ indem gezeigt wird, „daß das Etwas, in dem wir uns »aufhalten«, in Wahrheit ein
unmarkierter Raum ist, in dem kein Unterschied, der einen Unterschied macht, in Kraft
Es ist dieser „unmarkierte Raum“, den ich als magischen Raum verstehe - als der Raum, in
dem der Mensch als Einheit durch den Ozean des Lebens fließt, wobei immer eine
mitschwingt:
Der mystische Zustand … erweist sich als die Erinnerung des Gehirns an seinen Zustand vor seinem Kampf um die Iden-
tifizierung des Etwas, in dem es zum Aufenthalt bestimmt ist. Das schwebende In-Etwas-Sein des kampflosen Gehirns
erinnert gleichsam sich selbst an den flüssigen Anfang seiner Geschichte. … Was an der Mystik, gerade in einer immer
mehr verwahrlosenden Gesellschaft, zu denken gibt, ist die progressive Heraufhebung der extremen »Erinnerung« in das
Ich verstehe unter flow also die dynamische Gesamtheit der oben erläuterten Bewusst-
seinsqualia, welche einen qualitativen Bewusstseinsraum konstituieren, der die Tore zum
gegeben sein.
topoietischer Ereignisnexus“, der eine „sich selbst erhaltende Ordnung aufweist (vgl. De
Pari 2015: 18f). Das Zusammenwirken von Gedanken bildet Ordnungsstrukturen, die
wiederum mit anderen Gedanken sowie der Gesamtstruktur der Psyche wechselwirken
(vgl. De Pari 2015: 19). „Autopoietische Organisation bezieht sich lediglich auf den
tonom, aber keineswegs autark. Sie sind auf eine Umwelt angewiesen, die Abgabe bzw.
Aufnahme von Energie und Materie wird jedoch durch die Gesetze des Systems bes-
timmt“ (De Pari 2015: 20). Autopoietische Systeme, zu welchen das Bewusstsein hier
gezählt wird, sind also einerseits operational geschlossen und kognitiv offen. Dies wird als
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„Interpenetration“ bezeichnet und „bezieht sich insbesondere auf die gemeinsame Her-
vorbringung sozialer und psychischer Systeme“, wobei Systeme einerseits „stets durch
ihre Umwelten irritierbar“ sind, während sie andererseits „ihre Operationen […] zu den
Bedingungen der Autopoiesis des jeweiligen Systems“ fortsetzen (De Pari 2015: 27).
Da Umwelt und System stets konstitutiv füreinander sind könnten psychische Systeme nicht ohne biologische Sys-
teme und … auch nicht ohne soziale Systeme entstehen. Der Mensch ist weder ein bloßes Element, noch eine zen-
trale Steuerinstanz biologischer, psychischer und sozialer Systeme. Diese Systeme sind jeweils Umwelten füreinan-
der und entstehen daher gemeinsam, durch die jeweilige Differenz zwischen System und Umwelt. (De Pari 2015:
28)
Die gemeinsame Konstitution von System und Umwelt ist hier hervorzuheben. Da sowohl
Ich-Bewusstsein (die inneren Bedingungen) und soziale Umgebung (die äußeren Bedin-
gungen) in einem engen wechselseitigen Bezug zueinander stehen, kann der Grad deren
das Bewusstsein mithilfe einer bestimmten Intention nun auf den Grad der Resonanz mit/
von Etwas ausgerichtet, so kommt dies dem Bild einer Antenne gleich, welche auf ein
bestimmtes Signal sensibilisiert wurde. Sobald das System Bewusstsein eine Irritation (ein
Unterschied, der einen Unterschied macht) registriert, welche der intentionalen Ausrich-
tung (dem Grad der Resonanz von Ich mit Umwelt) entspricht, wird diese in die bewusste
Wahrnehmung mit einbezogen und führt zu einer strukturellen Kopplung zwischen dem
Bewusstsein und seiner angepeilten Umwelt (im großen Sinne): „Strukturelle Kopplung
zwischen Systemen und ihrer Umwelt entsteht dann, wenn das jeweilige System Er-
darum geht, sich das innere seines Kopfes als Himmel zu visualisieren. Alle mentalen
Äußerungen, in Form von Gedanken, Bildern oder Gefühlen, sind Wolken und ver-
schleiern den klaren blauen Himmel und das belebende Licht der Sonne. Je klarer der
!20
Himmel, desto höher ist die belebende und wärmende Sonneneinstrahlung auf den Bo-
den.
Dieses Bild nun symbolisiert die schöpferische Urkraft, die dem Menschen in jedem Mo-
men, die die Manifestation des Willens in eine Handlung regieren. Die geballte und zer-
störerische Kraft, die eine Blockade generieren kann, wenn sie genau an der Schnittstelle
zwischen dem Willen per se und der Ausführung dieses Willens liegt, ist dieselbe Kraft,
aus der, wenn sie bewusst ‚gerichtet‘ wird, große schöpferische Energie gezogen werden
kann.
Zentrales Element ist das Prisma, welches sinnbildlich steht für die Schnittstelle zwischen
rung, kurz: zwischen Innen und Außen. Je klarer der Kristall (meditative Stille im Kopf),
desto reiner das Prisma (Schnittstelle zwischen Innen- und Außenwelt), umso größer seine
Außen (Welt). Diese Qualität eines resistenzlosen Fließens aus sich selber heraus, durch
die Welt und mit der Welt, und eines im Jetzt ruhenden Gewahrseins entspricht dem psy-
!21
desto weniger Resistenz besteht zwischen Ich und Umwelt und umso höher wird die Sen-
sibilität der Wahrnehmung und die Sensitivität gegenüber subtilen Irritationen. Aus
diesem flow state heraus gestaltet sich nun der magische Raum, dessen wesentliche
Anstelle der „Lärm- und Spannungspersönlichkeit“ von welcher Sloterdijk spricht, tritt ein
Jede Entscheidung ist somit ein wahrhaftiger Schöpfungsakt. Und mit jeder Entscheidung
ein Inneres nach Außen zu manifestieren, wird ein Samen gepflanzt, der im Nährboden
des jeweiligen Kontextes wachsen und Konsequenzen haben wird. Unter diesem Gesicht-
spunkt liegt die Essenz oder das Wesenhafte einer Entscheidung darin, von wo aus die
Der Mittelpunkt ist nicht wesentlich, wesentlich ist der Tanz - wie ich mich im Leben bewege, wie ich Dinge anpacke, wie
und worauf ich meine Aufmerksamkeit lenke. … Ich glaube, dass es ein System gibt, das uns alle trägt und verbindet:
dass ich im Bewusstsein dessen handle, dass das, was ich jetzt tue, Folgen und Konsequenzen haben kann. Ich versuche
an diesem System, von dem ich mich getragen fühle, teilzuhaben und es weiterzubringen. Für mich ist daher nicht der
feste, eingefrorene Mittelpunkt, sondern der „Tanz“ selber im Leben wichtig. Der Wissenschaftler muss beweglich
bleiben. Durch die Fixierung auf einen Mittelpunkt büßt man immer die Offenheit für die sich stets verändernde Welt
ein - das sieht man ja am Beispiel der institutionalisierten Religionen. In der Wissenschaft ist der „Tanz“, d.h. die Aktivität
selbst der Motor und impulsgebende Faktor für alles andere - wir wollen neu verstehen lernen, immer aus jeweils an-
deren Perspektiven Dinge betrachten. Es ist ein nie enden wollender Prozess, und das ist das Schöne daran. (Csikszent-
Alles im Kosmos ist Energie - und äußert sich auf verschiedenen Ebenen in verschiedenen
Weisen. So auch die schöpferische Kraft, welche der Psyche innewohnt - alleine kraft
meiner Gedanken kann ich eine Handlung vollziehen und meine Finger bewegen. Da letz-
tendlich alles Seiende auf energetischen Gesetzen beruht, die überall sowohl in der un-
belebten wie in der belebten Materie wirken und wonach sich alles Stoffliche in seiner
strukturellen Ausprägung organisiert, können Form und Struktur als in der Zeit ‚einge-
!22
frorene‘ Energie betrachtet werden. Je weniger Energie in materieller Form verfestigt ist,
umso mehr ‚verflüssigt‘ sie sich. Emotionen und Gedanken in dem Sinne befinden sich am
anderen Ende des Spektrums, sind subtile, flüchtige Energieformen. Da Psyche prinzipiell
auch eine Form von Energie ist, richtet sie sich nach denselben Prinzipien, wie C.G. Jung
Wie alle Energie aus dem Gegensatz hervorgeht, so besitzt auch die Seele ihre innere Polarität als unabdingbare Voraus-
setzung ihrer Lebendigkeit. Theoretisch sowohl wie praktisch ist sie allem Lebendigen inhärent. Dieser mächtigen Bedin-
gung steht die leicht zerbrechliche Einheit des Ich gegenüber, die nur mit Hilfe unzähliger Schutzmaßnahmen allmäh-
lich im Laufe der Jahrtausende zustande gekommen ist. Dass ein Ich überhaupt möglich war, scheint davon herzurühren,
dass alle Gegensätze sich auszugleichen streben. Dies geschieht im energetischen Prozess, der im Zusammenstoß von
Heiß und Kalt, Hoch und Tief, seinen Anfang nimmt. Die dem bewussten seelischen Leben zugrunde liegende Energie
ist diesem präexistent und darum zunächst unbewusst. (Jung 2013: 376f)
Ich versuche also hier, das Phänomen der Resonanz von Ich mit Umwelt mit dem Ver-
ständnis von Bewusstsein als Form von Energie anzugehen. Das Bewusstsein als autopoi-
etisches System ist einerseits operational geschlossen und erzeugt mittels seiner in-
härenten Rekursivität ein stabiles Moment, eine Identität in der Zeit, woraus das Ich her-
vorgeht. Das Bewusstsein ist andererseits kognitiv offen und befindet sich in einem engen
Austauschprozess mit dem Außen. Um die beschriebene Qualität vom magischen Raum
vom Grad der kognitiven Offenheit des eigenen Bewusstseins. Eine Intention, im Sinne
einer Ausrichtung des Bewusstseinsfokus auf einen Gegenstand, entspricht demnach ein-
!23
4. Der Weg dorthin: Eine innere Landkarte
4.1. Die Zirkambulation der Intention
Die vorliegende Zeichnung ist eine überarbeitete und detailliertere Version der Skizze,
besteht, ein- und dasselbe Phänomen aus unterschiedlichen Perspektiven und unter Zuhil-
Den magischen Raum gilt es im Alltagsleben aufrecht zu erhalten und ihn bewusst wahrzunehmen. Das Selbst als der
Attraktor, um den Ich zirkambuliert, wie eine Motte um's Licht. So muss das Selbst ertastet werden, auf chaotisch-fraktale
Weise. Retrospektiv gesehen postuliere ich, dass meine eigenen Wachstumstendenzen diese chaotisch-fraktalen
Grundmuster aufweisen, welche im Zeichen von Li stehen. So gibt es ein charakteristisches Grundgerüst nach dem jeder
Mensch sich entwickelt, ein anleitendes, aus dem sein psychisches Wachstum hervorgeht. Und so weist ein jeder ganz
individuelle fraktale Muster auf, die sich durch sein Leben ziehen, die ihn wirken und nach denen er wirkt. Er bestimmt
sie und sie kommen zurück auf ihn; ein reziprokes Wechselverhältnis, das sich gegenseitig bedingt und bewirkt. Diese
Muster nun gilt es auszumachen, ein jeder für sich, weil diese den Weg zum Zentrum weisen. Zum Selbst, zum Sinn.
!24
Sind alle fraktalen Wege bis zu Ende gegangen, alle Blüten zurückverfolgt zu ihrem Ursprung, alle Ecken und Kanten der
Blume durchleuchtet, so wartet das Selbst bei jedem Wegende und steht im Zentrum von allem.
Es gibt größere Bruchlinien und kleinere, besonders relevant sind hier die großen Linien, nach deren morphogenetis-
chem Grundprinzip sich die ganz individuellen Hauptaspirationen eines jeden Menschen richten. Diese verlangen alle
volle Widmung und Aufmerksamkeit, so sein Leben ein vollkommenes sein soll im Lichte seines Selbst. In jedem Sub-
Selbst wohnt ein anderer Bewusstseinszustand und ein anderer Raum und ein anderes Lebendiges. Die Macht der Imag-
ination wird viel zu oft vergessen im Alltag. Wer sich ihrer wirklich annehmen kann, vermag schöpferisch zu sein in un-
vorstellbaren Maßen. Er ist ein Meister, ein Alchemist des Lebens. Fokus-Flow. Fokus ist primordial. Flow aber auch. 110%
präsent sein, das ist Wahrheit leben. In einen Raum schlüpfen, in ein Subselbst eintauchen, im Spiel aufgehen, das ist
Wahrheit leben. Offen zu sein ohne einzulassen. Gesichert ohne geschlossen zu sein. Das ‚Tapping-In'.
Interessant ist der Umstand, dass ich diesen Text anderthalb Monate vor der hier als
14.07.2016. Dies veranschaulicht sehr deutlich, was ich in der Einleitung mit dem „Ver-
trauen auf den natürlichen Werdensprozess“ und die „non-lineare Entwicklung von
Ideen“ meinte. Dass ich im Spätsommer die empirische Erfahrung einer anterioren
Leitidee machte, ist mit dem hier formulierten Weltverständnis ein zu erwartendes Ereig-
nis. Da ich mich extensiv und intensiv mit dieser Thematik befasse, ich meine Aufmerk-
samkeit also bewusst darauf ausrichte und darin einen „sinnvollen“ Zeitvertreib sehe, ist
ein wesentlicher Teil meiner „Sinnstrukturen“, wonach sich mein Handeln in der Welt
entiell (wiederholte Beschäftigung mit Interessensinhalten) insofern, als sie ihre eigene
sich selbst als eine unter vielen Möglichkeiten weiteren Erlebens und Handelns wieder
!25
4.2. Innen-Außen-Dissonanz: Eine Latenz in der Selbsterfahrung
Manchmal befinde ich mich in Situationen, wo ich mir des Möglichkeitshorizonts beson-
ders gewahr werde - eine Erkenntnis, die mich schlagartig trifft und meine Aufmerk-
samkeit auf die Grenzen meiner Begrenztheit zieht. Ich befinde mich in einer Gruppe von
Menschen und bemerke eine mir sehr auffallende Diskrepanz zwischen kontextuellem So-
Sein (Ich in Bezug zu Gruppe in Bezug zu Umwelt) und sozialem So-Sein (Gruppendy-
Einerseits gibt es also dieses sehr klare Erkennen von Grenzen. Andererseits ist da eine
Forderung drin, die nach Lösung verlangt; eine starke Dissonanz in meiner Wahrnehmung
der Situation, ausgehend von dem Aufeinanderprallen der beiden Gegensätze von Ist-
Wert und (empfundenem) Soll-Wert, die nach Ausgleich streben. Zur Veranschaulichung
Wir befinden uns in einer Gruppe von Menschen, wo einige befreundet sind, die meis-
ten sich kennen und einige wenige niemanden kennen. Unsere gegenseitige soziale
Historie ist also sehr begrenzt, und das erschwert die gegenseitige Einschätzung. Sys-
temtheoretisch bedeutet dies einen rasanten Anstieg an Komplexität, weil so viel Un-
schärfe vorherrscht und so wenig Kommunikationen vorliegen, von denen aus eine
nun hebt sich besonders empor, zieht aufgrund einer besonders extravertierten
Episode alle Aufmerksamkeit auf sich, und nach einer Weile lässt sich ein Unbehagen
baut sich auf. Das gruppendynamische Gleichgewicht läuft aus dem Ruder, weil viele
auch zu Wort kommen möchten, aber keiner die Entscheidung trifft, sich explizit zu
Es ist diese Unausgesprochenheit, die verantwortlich für die situative Spannung ist. Hier
Umgang mit einem Gefühl oder einer Situation der Unangenehmheit, welche die
!26
abzweigt und einen handlungshemmenden Stau im Wahrnehmungsprozess verursacht.
Die Wahrnehmung hängt förmlich in der Schwebe, abgelenkt vom Wesentlichen durch
Etwas zwischen Ich-System, sozialem System und Umwelt ist also nicht stimmig, und es ist
größeren Ganzen der Umwelt die sich als Dissonanz in mir gestaltet. Ich sehe dann auf
die mir als Mensch innewohnt, auf die ich immer zugreifen kann, aber die meistens wie
automatisch abläuft. Indem ich meine Willenskraft bündle und sie in die Form einer Inten-
tion gieße, schöpfe ich vom ewig währenden kreativen Impuls. In solchen Momenten
zeigt sich mir die immanente Potenzialität, die immer bereit steht, angezapft zu werden.
So stehe ich als Beobachter da und beobachte mich beim Beobachten von Gedanken-
prozessen, die mich auf die Allmöglichkeit hinweisen, auf welche ich jeden Moment zu-
griff habe. Der reine Wille jedoch, wie der reine Glaube, führen zu nichts und enden im
reinen Schein. Ihnen fehlt die empirisch verankerte Substanz im Sein. In solchen Mo-
menten umschwebt mich der drängende Impuls, bewusst eingreifen zu wollen, Kraft
meines Willens und im Lichte meines inneren Antriebs mich selber als Kontext für die Un-
terstützung der Gesamtsituation heraufzubeschwören. Eins aber bleibt mir bitterlich ver-
borgen: Wie das denn nun genau zu bewerkstelligen ist. Der Handlungsimpuls ist da,
übermächtig - aber sie verpufft, die Energie dahinter, weil ich aus den Myriaden
Möglichkeiten die richtige und relevante nicht herauszufiltern vermag. Als würde mir die
nötige innere Gewissheit fehlen, die entscheidende Intuition welche im Einklang mit dem
Wird das Potenzial des Ichs nun als Kontext für Veränderung, Inspiration und Bewusstsein
wahrgenommen, deutet dies auf völlig neue Horizonte von Interaktion an, die uns Men-
schen zumindest visionär zur Verfügung stünden. Dies bedeutet die Überwindung der
des individuellen Willens mit dem kollektiven Willen gleichkommt. Es bedeutet auch eine
!27
ich mit der Bezeichnung „Latenz in der Selbstwahrnehmung“ versucht habe zu umreißen.
Bei genauerer Analyse dieser ‚Dissonanz‘ zwischen Innen-Außen, wird klar, dass der Kern
der Dissonanz (oder der Resistenz, welche die fließende Aufmerksamkeit abkoppelt und
in einer energetischen Endlos-Schlaufe fixiert) die eigene Gedankenwelt ist, die sich wie
ein Schleier zwischen die sinnliche Wahrnehmung und das unmittelbare bewusste Erleben
davon zieht. Den Gedanken-Schleier, welcher aus der ständigen Aktivität des Verstandes
hervorgeht, verstehe ich als „Limes“, worauf ich im folgenden Abschnitt näher eingehe.
Mit einer Bewusstseinseinstellung, die sich an den Konzepten von flow, vom Tao und dem
Ganzen. Damit wird die Brücke geschlagen zwischen Hier und Dort und der Limes des ra-
tionalen Bewusstseins unterwandert und temporär aufgehoben. Der rationale Limes ist
der ständig vorhandene Gedankenschleier, durch dessen Filter wir Welt erfahren. Er ist
somit die Schwelle zwischen den Welten, zwischen Innen und Außen - und diesen Schleier
gilt es aufzuheben, so der magische Raum erfahren werden soll. Die Intensität des Limes
vom Geschehen, d.h. dem Grad der Nicht-Präsenz mit dem aktuell Erlebten. Systemisch
Input und seiner internen kognitiven Verarbeitung. In dem Sinne ist dies eine Latenz in
präferiere ich den ersteren Begriff, da er mir neutraler scheint und ohne Wertung
wird man sehr schnell feststellen, dass dies ein kollektives Symptom unserer Zeit ist - das
wohl zum großen Teil dem Phänomen der Beschleunigung und Kompression vom Raum-
Zeit-Kontinuum entstammt, von dem unser Zeitalter der Globalisierung und Digital-
Wird der externe Input jedoch schnell genug verarbeitet, so dass sich die Wahrnehmung
in gefühlter Echtzeit einklinken kann, sind die Weichen gestellt für flow. Neuere Erkennt-
!28
nisse aus der Neuropsychologie stellen das alte Modell, nach dem mehr Gehirnaktivität
gleich mehr Leistung bedeutet, auf den Kopf. Es verhält sich genau umgekehrt: Das
Areal des präfrontalen Cortex, der u.a. für die Regulierung der Gedankenwelt, des Selbst-
Bewusstseins und des Zeitempfindens zuständig ist. Das physische, biochemische und
psychische Grundgerüst des hochkomplexen Gebildes das wir „Gehirn“ nennen folgt also
und ökologischen Energiehaushalts. Wie aber so vieles andere beim Menschen, muss er
den richtigen Umgang mit dem Werkzeug, das ihm in die Wiege gelegt wurde, in seinem
Den Moment, in dem das Bewusstsein sich darüber bewusst wird, dass es sich im flow
befindet, bezeichne ich hier als Tap-In, im Sinne von tapping into the Zone. Es ist jedoch
mehr ein neutrales Wahrnehmen als ein wertendes Bemerken oder Feststellen. Mit jedem
Akt des Feststellens nämlich geht automatisch die Erzeugung eines Gedankens einher,
wodurch der Limes wieder an Substanz gewinnt. Geschieht dies zu markant, wird flow un-
terbrochen. Da ich flow weniger als Zustand und mehr als Dynamik mit einer räumlichen
Qualität wahrnehme, bevorzuge ich von der flow-Sphäre zu sprechen. Flow passiert also
ab dem Moment, wo die prozessuale Dynamik dieses Feedback Loops sich selber trägt
und mündet im spontanen Wahrnehmen einer neuen Bewusstseinsqualia: “Jetzt bin ich
drin!“ Und erst wenn man ‚drin‘ (in der Flow-Sphäre), oder ‚drüber‘ (über den Limes) ist,
wird man sich der vorherigen Einschränkung bewusst - ähnlich der überraschenden ‚dröh-
aufhört. Man wundert sich über die ungekannte und unerwartete Weite seines Bewusst-
seinshorizonts; der auf einmal Innen und Außen gemeinsam beinhaltet. Die Aufmerk-
samkeit breitet sich aus, die Wahrnehmung geht auf, und der Möglichkeitshorizont entfal-
!29
4.5. Der magische Raum als Quell des Schöpferischen
Der magische Raum kann als liminaler Bewusstseinsraum im Sinne von Turner’s Schwellen-
zustand als mentaler Raum der Antistruktur verstanden werden, wo die immanente Poten-
gefühlt und empfunden wird - ein Quell des primordialen Eins-Seins, der angezapft und
The call is … a complementarity, a song: a call of harmony to the harmony of union that enriches by increasing Being. …
I can suggest or create anything … provided that this assembling … is ordered and … rhythmical. For it is rhythm …
that gives the work of art its beauty. Rhythm is simply the movement of attraction or repulsion that expresses the life of
the cosmic forces; symmetry asymmetry, repetition or opposition… (Senghor 1993: 34)
Ähnlich Senghor’s Analyse der afrikanischen „Philosophy of Being“, geht es um das Zur-
Welt-Kommen des Menschen und sein aktives Eingreifen in den Lauf der Welt, indem er
sich in Eigeninitiative vom höheren Selbst leiten lässt (vgl. Senghor 1993: 30). Der
schöpferische Mensch trägt zur Verwirklichung des Kosmos bei, indem er sich selber ver-
wirklicht. Indem der Mensch im Sinne seiner Natur lebt, bringt er die in ihm wirkenden
Verbindung in sich gleichzeitig seine Verbindung zum Kosmos, und damit den Kosmos an
sich: „in reinforcing them, he reinforces himself; that is, he passes from existing to
Da die intentionale Ausrichtung des Bewusstseins erst in der Stille vom magischen Raum
Früchte tragen kann und der Qualität des Seins bedarf um zu sich zu finden, erweitere ich
Der magische Raum entsteht aus der prozessualen Dynamik einer Art Feedback Loop, der
lung, über eine bestimmte Zeit aufrechterhalten wird. Die Einstellung des Bewusstseins-
!30
fokus entlang der oben genannten Leitlinien ist präkonditional, weil sie notwendige
Vorbedingung ist für das Eintreten in den meditativen oder liminalen Bewusstseinsraum,
in dem der magische Raum als Potenzial vorhanden ist. Ähnlich der chaotischen Zirkam-
bulation einer Motte ums Licht, oder der sinusoidalen Approximation einer Funktion an
eine Gerade x, gestaltet sich die Tendenz des Bewusstseinsfokus im Versuch der An-
näherung an die intendierte Qualität, welche ich vage mit den Worten ‚absolutes Jetzt‘,
holten Betonung von „absolut“ liegt der Kern der intentionalen Einstellung. Denn gerade
Sachverhaltes stellt den idealen Leitfaden dar, an dem eine solche Intention sich orien-
tieren kann.
einen glühenden Anker, den man in großem Bogen in die Höhen (oder Tiefen) der Psyche
verweilt. Die Position des Ankers im Raum-Zeit-Kontinuum ist nicht eindeutig feststellbar
in quantitativer Hinsicht, und doch, aller Unschärfe zum trotz, lässt sich seine Position
qualitativ erahnen entlang solchen Markern wie oben/unten, nahe/fern, warm/kalt. Dies
kommt auf erstaunliche Weise dem unter Kindern (wie Erwachsenen) so beliebten Rate-
Spiel nahe, wo ein Geschenk oder beliebiges Objekt gefunden werden muss anhand von
nur zwei Variablen: kalt oder warm. Analog dazu, versucht der meditierend-Intendierende,
das Objekt seiner Intention zu finden, im vollen Bewusstsein darüber, dass sein Unterfan-
gen am Gipfel der Futilität grenzt, indem er versucht, den Boden des Bodenlosen erre-
ichen zu wollen. Das Paradox besteht nun genau darin, dass der Sprung ins Bodenlose
trotz allem zum Boden führen kann, weil der Anker der Intentionalität in seiner Setzung
hinaus schwingt, wozu auch die logische Eingrenzung der Möglichkeiten in „entweder“
und „oder“ überwunden wird. Er kann jetzt beides zugleich sein, oder nichts, oder alles,
!31
Dies ist der selbstreflexive Prozess, der sich dadurch, dass er mit Energie getragen wird,
d.h. Intentionalität, auf sich selber bezieht - ein Feedback Loop, der so schnell oszilliert,
dass auf einmal die Synchronizitäten oder Echos von Gedanken und Umwelt offenbar
werden.
auf das Prinzip der Paradoxie hin. Ein Paradox ist nur solange paradox, wie seine hinter-
eines Sachverhaltes mit einem Begriff wie „Paradox“ oder „Dualismus“ jedoch wird die
froren. Das Phänomen spricht nicht mehr von sich selbst aus, sondern wird von nun aus
aufgrund eines vorstrukturierten Urteils „gebildet“ und danach „beurteilt“. Dieses Ein-
frieren vom Urphänomen in einen für den Verstand greifbaren Rahmen ist aus der Per-
spektive der Systemtheorie ein Akt der Reduktion von Komplexität vonseiten des psychis-
chen Systems, und ein Ausdruck für die im lebendigen System verankerte Notwendigkeit
Mit jedem Akt der Benennung wird jedoch automatisch das Nicht-Benannte in Entste-
hung gerufen und eine künstliche Trennlinie geschaffen zwischen X und der Menge von
allem nicht-X. Das Benannte, in einer Benennung eingefroren, kann fortan nur aus der
Einseitigkeit dieser Benennung erfasst werden. In der Benennung eines Phänomens mit
dem Begriff „Paradox“ wird also nur das Unvermögen unterstrichen, diesen Sachverhalt
mit den aktuell zur Verfügung stehenden Kapazitäten zu erfassen. Denn im Begriff „Para-
dox“ schwingt implizit das Verlangen nach seiner Auflösung mit, d.h. der Auflösung der
Trennlinie, welche die Illusion von Polarität und Unvereinbarkeit mit sich zieht. Ein Paradox
kann niemals mit denselben Mitteln, unter denen es entstanden ist, gelöst werden, son-
dern verlangt nach einem radikalen Perspektivenwechsel und einem Ausflug der
wahrnehmen lernt.
!32
Dabei geht es nicht so sehr um das Erreichen einer vollkommenen Synthese der Gegen-
sätze, als um die stetige Annäherung an diese abstrakte Qualität, das in der Anerkennung
und Außen fokussieren, verkleinert sich auch die Latenz in der Selbstwahrnehmung und -
erfahrung. Je kleiner die Amplitude dieser Latenz wird, desto mehr öffnet sich der magis-
che Raum. Weil Bewusstsein ein selbstreflexiver Prozess ist, also eine Rückspiegelung vom
schnelleren Datenverarbeitung. Es geht hier also um die höchste Qualia von Bewusstsein,
die darin besteht, dass sie besonders Energie-intensiv ist, da sie einen dermaßen hohen
Zustand von Schwingung benötigt. Je schneller die Schwingung, desto größer die Auflö-
sung, desto kleiner die Latenz. Je kleiner die Schwingung, umso ein größerer Teil des In-
puts kann verarbeitet werden. Die Lichtstärke des intentional gerichteten Bewusstsein
beruht direkt auf der aus der Intensität der Intention kommenden Energie, welche den
Limes überbrückt, der die innere und äußere Welt voneinander trennt. Wird diese Tren-
Die „Reise“, Boom oder Lost Theory sind also äußere Räume oder Umwelten, welche
diese speziellen externen Bedingungen herstellen, unter denen der magische Raum
aufgehen kann, soweit der innere Bewusstseinsraum in Resonanz damit steht - was ab-
hängig ist von der psychischen Kapazität (die auf dem Erfahrungshorizont und der persön-
diesen Raum suchen, sich ihm in ständiger Reflexivität von Ist- und Sollwert anpassen und
die optimalen Bedingungen für Resonanz herstellen muss - eine Aktivität, die ein inten-
zt, welche den Nährboden für eine fruchtbare Verschränkung von Innen und Außen bere-
iten). Der magische Raum ist prinzipiell ein Schwellenzustand, eine Sphäre der Liminalität.
!33
4.9. Die Intuition als Wegweiser im Entscheidungsprozess
wollen, liegt nun der Performance-Aspekt. Intentionalität ist also in dem Sinne eine Per-
formance, als der Handelnde sein Handeln nach einer bestimmten Anleitung richtet, oder,
nach bestimmten inneren Bedingungen richtet, die danach zielen, den eigenen Lebens-
fluss mit dem Ereignisfluss zu synchronisieren. Der Handelnde handelt also einmal für sich,
und einmal für den Gesamtkontext. Der Einwand der Beliebigkeit liegt natürliche nahe.
Aber hier geht es nicht um die rationalen Kategorien richtig oder falsch, sondern es geht
um die abstrakte Annäherung und das empirische Erspüren der subtilen Resonanz von Ich
und Umwelt oder der Synchronisierung von Ich-Fluss mit Welt-Fluss. Ich performe also
meine eigene Intentionalität mit einer bestimmten Destination. Es gibt kein Ziel in dem
Sinne, dass ich in rigider Absichtshaltung versuche dorthin zu kommen, so dass ich im
Angesicht des Ziels über meine eigenen Füße stolpere - sondern das Ziel wird bewusst
unscharf belassen, und aus dem klaren Ziel wird eine ungefähre Destination, welcher ich
unter ständiger Rückbesinnung auf die gesetzte Intention und im ständigen Dialog mit
der Intuition folge. Letztere muss natürlich erprobt, kultiviert und differenziert werden in
Das wichtigste Element der Intuition ist das Erlernen und Trainieren der eigenen Unter-
Bewusstseins, oder dem Verstand, besteht darin, dem Organismus Orientierung in seiner
zu isolieren, Dinge voneinander zu unterscheiden und auf der darauf beruhenden Ein-
ismus abhängt. Als einer der großen und wichtigen Errungenschaften des Menschen,
haben wir dieser unseren evolutionären Weg zu verdanken. Wobei der Verstand uns
dieser Tage jedoch eher im Weg steht und eine seltsame Deformierung, gar eine In-
vertierung der ursprünglichen Funktion vollzogen zu haben scheint: Wo die reine, oder
überzogene Rationalität unser Überleben nun nicht mehr sichert, sondern tatsächlich zu
!34
einer existenziellen Bedrohung für das menschliche Kollektiv und seine Lebenswelt
geworden ist.
Oft ist es nicht offensichtlich, sich im Entscheidungsprozess klar darüber zu sein, welche
Entscheidung es zu treffen gilt - und wie viel Wert der Intuition, der Eingebung oder dem
Bauchgefühl beigemessen werden sollte. Es ist schwierig zu wissen, ob ein Gefühl oder
eine emotionale Empfindung, besonders bei ‚negativen‘ wie Unwohlsein, innerer Unruhe
oder Angst, eine echte Prämonition ist, d.h. die echte, vor-bewusste Wahrnehmung einer
feststellt) oder ob es nur die Komfortzone ist die da spricht, und mir ein auf
falschen Berechnungen beruhendes Gefühl der Angst einflößt. Darin liegt eine beson-
ferenzieren, und das Unwohlsein, die Angst und den Schmerz nicht rein negativ zu sehen,
sondern als in sich selber kontrastiert. So ist es möglich, innerhalb vom Unangenehmen
Regelhaftigkeiten und Gesetzmäßigkeiten festzustellen und so lernt man der wahren Intu-
ition zu folgen.
Oft liegt uns Menschen die Tendenz inne, das Unangenehme jedoch zu meiden. Daraus
machen wir es aber automatisch zum Fremden, und beschwören im Prozess des othering
die künstlichen Grenzen der moralischen Polarität herauf. Das Fremde wird zum Anderen,
zum Unbekannten, zum Dunklen - und in ultimativer Hinsicht, zum Bösen. Jung, der sich
nach eigener Aussage intensiv mit dem Problem von Gut/Böse befasst hat, sieht im In-
nehaben von Bewusstsein die kosmische Aufgabe, Licht ins Dunkle zu bringen und die
Welt ihrer Schatten zu beheben - das Unbekannte kraft des inneren Lichtes zu erforschen.
Dies ist keine leichte Aufgabe, und nicht jedem steht sie zu. Wer aber beharrlich den Weg
zum Selbst geht und dem Feuer seiner inneren Vision folgt, wird die wahre Intuition von
der vorgemachten Intuition zu unterscheiden vermögen, die letztendlich eine Illusion ist:
Die Erkenntnis der Intuition als Weg zum Sinn-Sein, führt zum Verständnis der
wichtigsten Frage der Intentionalität: Von wo aus handle ich? In den Worten der alten
!35
Chinesen: Es gilt die Stimme des höheren Selbst wahrnehmen zu erlernen, und hört man
das höhere Selbst und handelt im Einklang mit ihm, so ist man mit dem Tao - und wird ge-
tragen und durchflossen von der geballten schöpferischen Lebenskraft, die ihren Aus-
Im Lichte all des bisherigen Gesagten, möchte ich nun die dritte symbolische Zeichnung
vorstellen, die als abschließende Veranschaulichung der hier skizzierten Art der Selbst-in-
fundamentale Gemeinsamkeit,
!36
davon ab, von welcher Perspektive aus man schaut. Im praktisch-alltäglichen Sinne ver-
verstehe ich die ganze Wirklichkeit durchzogen von Lebendigkeit, von Kommunikation,
von Bewegung. Allem Lebendigen wohnt die Kapazität zum Wachsen und zur Entwick-
lung inne.
Unter dem Gesichtspunkt ist der Mensch prinzipiell wesensgleich mit der Pflanze durch
ihre gemeinsame Wesenheit des Wachsens. Wie eine Pflanze unmittelbar in Beziehung
zum Boden steht in dem sie wurzelt, so wurzelt der Mensch, mitsamt seiner Identität, im
Kontext seiner geografischen, psychosozialen und historischen Umwelt. Wie die Gesund-
heit der Pflanze vom Nährstoffgehalt ihres Substrates abhängt, so ist die im Menschen
fließende Lebendigkeit abhängig von der Qualität seiner Beziehung zu sich, zu Anderen,
zur Welt. Dies ist sein Fundament, aus welchem heraus er in der Welt agiert. Indem der
Mensch sein existenzielles Verhältnis zur Umwelt im weitesten Sinne erkennt, kann er nicht
Als Bewusstseinsträger, und mit der Fähigkeit, aus seinem Spieltrieb, seiner Imagination
und Neugier heraus immer neue Möglichkeitshorizonte zu überfliegen, trägt der Mensch
einzusetzen. Dazu gehört ein grundlegender Respekt im Umgang mit allen Manifestatio-
nen des Lebens und des Kosmos - und ein im Selbstverständnis ruhender Mensch, dass er
sich „verbunden mit der ganzen Welt“ fühlt, sich sowohl als Individuum wie als „Teil eines
universellen Systems versteht“ und „aus diesem Gefühl der Verbundenheit heraus als In-
dividuum handelt und […] als solches verwirklicht“. Sein Tun entspringt also nicht mehr
der Vorstellung von Getrenntheit und der Angst, alles „im Alleingang erreichen und
erkämpfen“ zu müssen, sondern „aus dem Bewusstsein heraus, dass er umgeben ist von
vielen anderen, an die er sich wenden kann […]. Individuelle Freiheit“ erwächst somit „aus
Alles Lebendige ist prinzipiell geotrop und phototrop: So wie die Pflanze, vom Boden her,
dem äußeren Licht der Sonne emporstrebt, so folgt der Mensch, aus dem Wurzelgeflecht
!37
seines Werdens, dem inneren Licht seiner Gedanken, Gefühle und Visionen, die ihn er-
füllen - und die ihm den Sinn geben, den er in sie hineingelegt hat.
Hiermit möchte ich den Bogen schließen und komme zum Anfang zurück, und zu Bate-
son’s Frage: „welche Komponenten welche Ordnungen des Unbewussten in sich tragen“.
Die symbolisch verdichtete Visualisierung einer Idee durch das Medium einer Metapher
birgt ein großes Potenzial, was die Anschauung von Welt in einer holistischen, sema-
des Bewusstseins mit der Welt und sich selbst ermöglicht eine Erfahrung der qualitativen
Ebenen der Wirklichkeit abseits der Einschränkung durch die Linearität der Sprache. Der
Irrweg unseres modernen Geistes, die „Differenz als Sache zu behandeln […] ist in der
erzwingt“ (vgl. De Pari 2014: 15). Der unablässige Hang des Verstandes zur Verd-
inglichung der Welt hat uns zur rationalistischen Auffassung geführt, die Welt sei erfassbar
durch ein begriffliches, quantitatives Netzwerk, das die Wirklichkeit durch immer feinere
Maschen filtert und so zu be-greifen versucht. Durch ihre ewige Selbstbezüglichkeit kann
die Ratio, als eine Art des Bewusstseins, jedoch niemals das erfassen, was sich außerhalb
Ausgehend von Luhmann’s Systemtheorie geht es nun darum, die Entstehung von psy-
chischen Systemen „in einem Verhältnis der Ko-Evolution durch die Konstitution von
Sinn“ zu verstehen (De Pari 2015: 20) und unter Berücksichtigung von Csikszentmihalyi’s
und seiner symbolischen Ausprägung zu treten, und kraft der Intentionalität den numi-
Symbols auf die Spur zu kommen. Hier gilt es nun, sich tragen zu lassen und auf die re-
flexive Natur der Psyche und auf ihre Tendenz zur Selbstorganisation ihrer Bewusst-
seinsinhalte zu vertrauen, die sich in der spontanen Emergenz von Assoziationen und
die ihren Ausdruck hier in den vorliegenden Zeichnungen, Notizen und Texten fand.
!38
6. Conclusio
In dieser Arbeit, als logische Verknüpfung zu den beiden vorigen Arbeiten über das Flow-
Prinzip und die Boom-Antistruktur, habe ich mich also mit den inneren Bedingungen, die
zum magischen Raum führen, befasst. Der magische Raum kann als Erweiterung oder Ver-
tiefung des flow-Zustandes verstanden werden, jedoch um die ethische Dimension er-
weitert und darin verankert. Csikszentmihalyi betont, dass flow allein für sich prinzipiell
amoralisch ist und keiner ethischen Grundlage folgt, weswegen es einer präkonditionalen
Dieses Prinzip finden wir im Tao. Das Tao an sich aber kann nicht gefunden und nicht
beschrieben werden. Aber es ist da, fühlbar für den, der anders wahrnehmen lernt, d.h.
Wahrnehmung oder In-Beziehung-Treten mit der Welt vorbei an einer vereinseitigten ra-
tionalen Erfassung. Das Tao will nicht begriffen werden, aber es will ertastet werden, mit-
tels einer subtilen Intention, die eher im Horchen und im Schauen besteht, als im Hören
und im Sehen. Die hintergründig wirkende Intentionalität in diese Richtung sehe ich im
Sinn-Sein: eine Haltung, die daran orientiert ist, Bewusstsein und Handeln auf den
Zusammenhang mit dem großen Ganzen zu fokussieren um deren Einklang miteinander
zu bewirken. Der Schlüssel liegt in einer subtilen, flexiblen und spielerischen Intention,
die niemals zu rigide und seriös werden darf - ganz im Sinne von folgendem buddhistis-
chen Spruch: „Handle immer so, als würde die Erlösung des Universums von deiner
Handlung abhängen. Und lache dabei immer über dich selbst, dass du glaubst, du kön-
ntest überhaupt etwas mit deinem Tun bewirken.“ (vgl. Csikszentmihalyi 2012: 15).
Eine Selbst-Performance in dem Sinne kommt also einem bewusst angestrebten embod-
iment von Selbst gleich - und mündet im besten Fall in der Verkörperung einer kon-
textuell relevanten und eingebetteten Sinnhaftigkeit. Die Aktivität ist eine spielerische:
Die Erspürung der eigenen sinnbehafteten Resonanz, verbunden mit dem Erleben von
flow, führt schließlich zur Lokalisierung und zum direkten Erfühlen vom Selbst, dem
ganzheitlichen Wesen, das nicht durch die Kognitionen des Weltlichen begrenzt ist: Das
Selbst als Attraktor, um das Ich zirkambuliert. Dies ist der Urgund, aus dem alles her-
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Fließen, im Einklang mit dem großen Fluss. Diese Sinnhaftigkeit ist der Lebensweg, und
folgt man dem Gefühl der Ergriffenheit, so weist sie den Weg dorthin. Die Ergriffenheit,
aus dem Brunnen des Lebens zu schöpfen, die Ekstase der geballten Stille am Nabel der
Welt - ihre Resonanz gilt es zu erspüren und ihr nachzugehen, und sich ihrer zu ergeben,
voll und ganz. Dann wird das Leben zum Tanz und der magische Raum lebt, als
Bindeglied zwischen Innen- und Außenwahrnehmung, als das Psychoide, das Jung pos-
Die Verbindung zwischen Antistruktur und Struktur, zwischen Liminalität und Definität,
kraft des im Menschen wohnenden Potenzials zum freien Schöpfen aus jedem Moment,
ist die Kondition, die es fertig bringt, den Limes zu überbrücken, der die Welten
voneinander trennt: „Ein ekstatisches Leben zu führen, heißt […] sein individuelles Leben
gestalten“, d.h. „stets zu entscheiden, worauf ich meine Aufmerksamkeit richten, worauf
ich mich in meinem Tun fokussieren möchte“ (vgl. Csikszentmihalyi 2012: 15). Der Schlüs-
sel liegt in einer holistischen Anerkennung und Beobachtung der Wirkungsweisen des
Kosmos, als Einheit in der Vielheit und Einheit hinter Innen und Außen. Alles ist vernetzt,
nur hängt es von der Sensibilität des Mess- oder Wahrnehmungsinstruments ab, wie viel
Der vorliegenden Skizzierung vom magischen Raum als Raum der Resonanz von Ich mit
Umwelt, bei aller Unvollständigkeit, liegt ein Ruf nach mehr Qualität und weniger Quan-
tität in unserer modernen Lebensführung inne. Es ruft nach einem neuen ökologischen
dingungen einnimmt und so den äußeren und inneren Raum für eine interaktive, kreativ-
dem Aufwachen vom Homo oecologicus im Menschen, aus den Trümmern welche der
Der Kern meiner Aussage liegt in der Einladung, ein intensives In-Beziehung-Treten mit
der Welt zu üben. Unter meinen zahlreichen Feldnotizen sticht eine besonders hervor und
illustriert dieses Gefühl, als Mensch „zur Welt zu kommen“: La curiosité palpable - die
greifbare Neugier, wie nur ein Mensch sie haben kann, der fasziniert und ehrfürchtig vor
dem großen Mysterium des Lebens steht. Wieder fühlen und aktiv wahrnehmen zu ler-
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nen, und die ganze Flut von Sinneseindrücken zu erleben, ungefiltert durch die begrif-
fliche Matrix unseres Verstandes. Kleinigkeiten Sinn zu verleihen indem ich ihnen
Aufmerksamkeit schenke. Und fließend durch’s Leben zu gehen, weil dies mein Anspruch
an mich selber als bewusster Mensch ist. Einer Quelle der Kraft zu folgen, die nach Er-
weiterung ruft, und mit meinem Tun zum Bewusst-Kommen der Welt beizutragen.
So wie ein inspirierter Musiker im Rausch der Improvisation seine Melodie schon kennt,
bevor er sie spielt, so kennt der inspirierte Mensch seinen Weg, bevor er ihn geht. Von
Moment zu Moment horchend, nachfühlend, vorahnend, webt er die Melodie aus der
Stille des Moment heraus - und schöpft aus dem Nichts der Antistruktur eine vol-
… the work of art, like the act of knowing, expresses the confrontation, the embrace, of subject and object: ‚That penetra-
tion‘, wrote Bazaine, ‚that great common structure, that deep resemblance between Man and the world, without which
Literaturverzeichnis
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