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Hans-Dieter Hermann
Mentales Training
und Wirtschaft
Mentales Training
Grundlagen und Anwendung in Sport,
Rehabilitation, Arbeit und Wirtschaft
123
Professor Dr. Jan Mayer
Coaching Competence Cooperation
Rhein-Neckar
Schwetzingen
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte
bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Zu unserer großen Freude erscheint nun schon die dritte Auflage dieses Buches – sechs Jahre
nach der Erstausgabe. Unser Anspruch war es, in der dritten Auflage den aktuellen Stand der
Praxis und Forschung zum Mentalen Training darzustellen.
Im deutschsprachigen Raum wird das Mentale Training insbesondere mit der Person
von Prof. Dr. Hans Eberspächer in Verbindung gebracht. Hans Eberspächer gilt als Pionier
der praktischen Sportpsychologie und hat sportpsychologische Trainingsmethoden, wie das
Mentale Training, praxistauglich aufbereitet. Er bezeichnet das Mentale Training als eine uni-
verselle Drehscheibe, die in nahezu allen Situationen, in denen Handlungsabläufe auf höchs-
tem Niveau gefordert sind, zur Lern- und Leistungssteigerung beitragen kann. Wir beide,
Hans-Dieter Hermann und Jan Mayer, haben lange Jahre im Team von Hans Eberspächer
mitgearbeitet und viele seiner Ideen, Vorgehensweisen und Ansichten zur praktischen Sport-
psychologie übernehmen dürfen. Insofern soll das vorliegende Buch die Heidelberger Tra-
dition der praktischen Sportpsychologie fortsetzen, den aktuellen wissenschaftlichen Stand
zum Mentalen Training zusammenfassen, neue Entwicklungen aufzeigen und die vielfältige
Anwendung des Mentalen Trainings anhand praktischer Beispiele verdeutlichen.
In den vergangenen beiden Jahren wurde das Mentale Training weiter intensiv wissen-
schaftlich untersucht und bearbeitet, so dass auch neue Aspekte und Untersuchungen in
diese Auflage Eingang fanden.
Aktuell dominieren Untersuchungen zum
4 Transfer des Mentalen Trainings in die außersportliche Rehabilitation, insbesondere im
Bereich der neurologischen Rehabilitation und zum
4 Transfer des Mentalen Trainings in leistungsorientierte Anwendungsfelder außerhalb des
Sports (z. B. Musik oder Chirurgie).
Im Rahmen der Recherche zu dieser dritten Auflage wurden über 300 Untersuchungen aus
den Jahren 2011 und 2014 gesichtet und relevante Ergebnisse in den Text integriert. Insofern
meinen wir, dem Anspruch der Aktualität gerecht geworden zu sein.
Auch die Verwirklichung dieser dritten Auflage ist nur durch die intensive Unterstützung
von weiteren Personen möglich gewesen. Herr Dr. Psych. Thorsten Leber hat auch für die
Neuauflage viel Zeit und Mühen investiert, ebenso Frau Katrin Schäfer. Beiden danken wir
herzlich!
Frau Sigrid Janke und Frau Monika Radecki sei für die gute Betreuung und die freundli-
che, partnerschaftliche und unkomplizierte Zusammenarbeit gedankt.
Ganz besonderer Dank gebührt unseren Familien, denn auch die Überarbeitung einer
bestehenden Auflage geschieht für uns als lehrende und praktizierende Sportpsychologen vor
allem in vielen Stunden und Tagen, die eigentlich als Freizeit vorgesehen waren und damit
den Familien zugestanden hätten.
Mai 2015
Jan Mayer
Hans-Dieter Hermann
VII
Foto
oto: Jaana Ka
K ay
Prof. Dr. Jan Mayer und Prof. Dr. Hans-Dieter Her- Pädagogik an der Hochschule für Prävention und
mann sind anerkannte Experten im Bereich der Gesundheitsmanagement in Saarbrücken.
Sportpsychologie und seit Jahren in der sportpsy- Arbeitsschwerpunkt im gemeinsam geleiteten
chologischen Praxis tätig. Durch ihre Arbeit mit Institut CCC Rhein-Neckar in Schwetzingen (www.
namhaften Spitzensportlern und Nationalmann- ccc-network.de) ist die Beratung von Spitzensport-
schaften, u.a. des Deutschen Fußballbundes, sind sie lern und Führungskräften aus der Wirtschaft sowie
einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. Sie Diagnostik und Forschung.
sind Hochschullehrer im Fachbereich Psychologie/
IX
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 6 Wirkmechanismen des Mentalen
Trainings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
6.1 Den Wirkmechanismen auf der Spur:
Periphere Begleiterscheinungen des
I Grundlagen Mentalen Trainings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
6.1.1 Studien zur EMG-Aktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
6.1.2 Zeitliche Äquivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
2 Leistung zum definierten 6.1.3 Kardiovaskuläre Begleiterscheinungen
Zeitpunkt: Anforderungen an des Mentalen Trainings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
sportpsychologisches Training . . . . . . . . . . . 7 6.2 Theorieansätze zu möglichen
2.1 Grundprinzipien des sportpsycho- Wirkmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
logischen Trainings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 6.2.1 Hypothesen zu den Wirkmechanismen . . . . 51
2.2 Mentales Training – ein sportpsycho- 6.2.2 Weitere Erklärungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . 53
logisches Trainingsverfahren . . . . . . . . . . . . . . 12
2.3 Vorstellungen als Prüf- und Führungs- 7 Neurophysiologische Erklärungs-
größe für menschliches Handeln . . . . . . . . . . 13 ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
2.3.1 Vorstellungen an situative Gegeben- 7.1 Neuronale Plastizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
heiten anpassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 7.2 Motorisches Lernen und neuronale
2.3.2 Vorstellungen vom Bewältigen kritischer Plastizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
Situationen ergänzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 7.3 Neurophysiologische Ansätze zur
Erklärung der Wirksamkeit des Mentalen
3 Psychologische Grundlagen des Trainings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
Mentalen Trainings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 7.3.1 Funktionale Äquivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
3.1 Wahrnehmung und Repräsentation
von Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
3.2 Bewegung und Wahrnehmung als System . . 21
II Anwendungsfelder
4 Mentales Training erlernen und
anwenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
4.1 Aufbau von Bewegungsvorstellungen . . . . . 26 8 Mentales Training im Leistungssport . . . . 69
4.1.1 Sprachlich-symbolische Ansätze . . . . . . . . . . . 26 8.1 Vorstellungen entwickeln mit Leistungs-
4.1.2 Räumlich-bildhafte Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . 28 sportlern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
4.1.3 Kinästhetische Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 8.1.1 Beschreiben der Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . 70
4.2 Arten des Vorstellungstrainings . . . . . . . . . . . 30 8.1.2 Bewegungsbeschreibung durch
4.2.1 Mental-sprachliches Training . . . . . . . . . . . . . . 31 Videobeobachtung konkretisieren und
4.2.2 Mentales Training aus der Beobachter- differenzieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 8.1.3 Bewegungsbeschreibung durch die
4.2.3 Mentales Training aus der Innen- eigene praktische Durchführung
perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 konkretisieren und differenzieren . . . . . . . . . . 71
4.3 Die Rolle der Vorstellungsfähigkeit . . . . . . . . 32 8.1.4 Erarbeitung von Knotenpunkten – Redu-
zierung der Knotenpunkte auf Schlagwörter
5 Wirksamkeit des Mentalen Trainings . . . . 35 – Rhythmisierung der Schlagwörter . . . . . . . . 72
5.1 Wirksamkeitsstudien, Metaanalysen 8.1.5 Überprüfung der zeitlichen Äquivalenz von
und Reviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 vorgestellter und praktisch durchgeführter
5.2 Beeinflussende Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
X Inhaltsverzeichnis
Anhang
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223
Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . 245
1
Einleitung
Mentales Training ist Vorstellungstraining, also das tersuchungen vorgestellt, die zeigen, dass bereits
1 Durchspielen von Bewegungen und Handlungen in vor vielen Jahren versucht wurde, die Wirkung
der Vorstellung, ohne dass gleichzeitig die entspre- des Mentalen Trainings zu erklären. Diese Un-
chende Bewegung praktisch durchgeführt wird. tersuchungen vermitteln bereits wesentliche Er-
Im vorliegenden Buch steht die praktische Durch- kenntnisse zu den Wirkmechanismen des Menta-
führung des Mentalen Trainings in verschiedenen An- len Trainings. Darüber hinaus werden mögliche
wendungsbereichen im Vordergrund. Dennoch sollen Erklärungen (Hypothesen) für Wirkmechanismen
auch die theoretischen Grundlagen, Wirkungen und diskutiert.
Wirkmechanismen des Mentalen Trainings ausführlich 7 Kap. 7 thematisiert neuere, insbesondere
dargestellt werden. Einleitend wird kurz die Struktur neurophysiologische Erkenntnisse zum Mentalen
des Buches erläutert. Training. Hier ist die Theorie zur neuronalen Plas-
tizität der Ausgangspunkt, um aktuelle Studien
Das Buch ist in zwei Teile gegliedert: vorzustellen, die eine funktionale Äquivalenz zwi-
4 In Teil I: »Grundlagen« sollen die wesent- schen vorgestellter und praktisch durchgeführter
lichen wissenschaftlichen Grundlagen zum Bewegung nachweisen.
Verständnis des Mentalen Trainings vermittelt
werden. Allerdings wird auch hier die Rele- Überblick Teil II: Anwendungsfelder
vanz für die praktische Anwendung im Vor- In 7 Kap. 8 wird die Anwendung des Mentalen
dergrund stehen. Trainings im Leistungssport beschrieben. Dabei
4 In Teil II: »Anwendungsfelder« werden vielfäl- werden Studien und konkrete Praxisbeispiele zur
tige Anwendungsmöglichkeiten des Mentalen Anwendung des Mentalen Trainings in verschie-
Trainings vorgestellt. Eberspächer et al. (2002) denen Sportarten, die nach ihrer Komplexität zu
bezeichnen das Mentale Training als univer- Sportartengruppen zusammengefasst sind, vorge-
sale Drehscheibe, die in fast allen leistungs- stellt.
und lernrelevanten Situationen zur Anwen- Das 7 Kap. 9 ist dem Anwendungsfeld Rehabili-
dung kommen kann. Hier sollen insbesondere tation gewidmet. Die erfolgreiche Anwendung des
die Anwendungsfelder dargestellt werden, Mentalen Trainings bei verletzten Leistungssport-
für die ausreichend praktische Erfahrung ei- lern eröffnete vielfältige Einsatzmöglichkeiten des
nerseits und entsprechende wissenschaftliche Mentalen Trainings in der Rehabilitation. In den
Nachweise andererseits vorliegen. letzten Jahren sind hier verschiedene Ansätze er-
probt und evaluiert worden. Der Transfer in die
Überblick Teil I: Grundlagen (außersportliche) Rehabilitation erscheint vielver-
Nach der in 7 Kap. 2 erfolgten Einführung in die sprechend, da im Rahmen der neurologischen
Thematik werden in 7 Kap. 3 die psychologischen und orthopädischen Rehabilitation empirisch gesi-
Grundlagen des Mentalen Trainings themati- cherte Ergebnisse vorliegen.
siert. Ausgangspunkt ist die Wahrnehmung und Das Anwendungsfeld Arbeit und Wirtschaft
Speicherung von Information, die letztlich auch wird in 7 Kap. 10 besprochen. Insbesondere in der
Grundlage jeglicher Vorstellung ist. In 7 Kap. 4 Aus- und Weiterbildung von Chirurgen und Zahn-
werden gängige Durchführungsformen des Men- ärzten, aber auch im Rahmen des Trainings von
talen Trainings vorgestellt und besprochen. Piloten und Musikern werden positive Ergebnisse
Die Wirksamkeit des Mentalen Trainings ist berichtet. Für den Einsatz des Mentalen Trainings
Gegenstand von 7 Kap. 5. Wie wirkungsvoll ist das in der Produktion an Fertigungsanlagen liegen
Mentale Training, und welche Faktoren beeinflus- ebenfalls vielversprechende Erkenntnisse vor.
sen die Wirksamkeit? Mehrere Metaanalysen ge- In ▶ Kap. 11 finden Sie weiterführendes Ma-
ben Aufschluss über derartige Fragestellungen und terial für die Anwendung und das Verständnis
werden in diesem Kapitel vorgestellt. des Mentalen Trainings. Zunächst werden dort
In 7 Kap. 6 werden die Wirkmechanismen des neuroanatomische und neurophysiologische
Mentalen Trainings skizziert. Es werden hier Un- Grundlagen zum tieferen Verständnis des Men-
Kapitel 1 · Einleitung
3 1
talen Trainings dargestellt (7 Kap. 11.1). Darüber
hinaus finden sich eine Übersicht über die mo-
dernen bildgebenden Verfahren der Neurowissen-
schaft (7 Kap. 11.2) sowie eine Praxisanleitung zur
Durchführung der Progressiven Muskelrelaxation
(7 Kap. 11.3). Eine deutsche Version des Fragebo-
gens zur Bewegungsvorstellung (MIQ; 7 Kap. 11.4)
schließt das Kapitel ab.
Zum Schluss noch ein sprachlicher Hinweis:
Nach reiflicher Überlegung haben wir uns ent-
schlossen, der Kürze und besseren Lesbarkeit we-
gen für allgemeine Aussagen und Beispiele grund-
sätzlich die maskuline Form zu verwenden (der/
die Sportler, der Trainer, die Therapeuten etc.).
Selbstverständlich sind Sportlerinnen, Trainerin-
nen, Therapeutinnen und Leserinnen hier stets
mitgemeint und mitangesprochen.
I
I Grundlagen
Im ersten Teil des Buches werden die theoretischen Grundlagen zum Mentalen Training dar-
gestellt. Dabei sollen der aktuelle Stand der Wissenschaft und die Ergebnisse aus den relevan-
ten wissenschaftlichen Studien und Analysen einbezogen werden.
Zunächst erfolgt eine grundlegende Einführung in die Thematik des sportpsychologischen
Trainings und des Mentalen Trainings. Anschließend werden folgende Bereiche erörtert:
4 die psychologischen Grundlagen des Mentalen Trainings,
4 die Durchführungsformen des Mentalen Trainings,
4 die Wirksamkeit des Mentalen Trainings,
4 die Wirkmechanismen des Mentalen Trainings,
4 die neurophysiologischen Erklärungsansätze zum Mentalen Training.
7 Neurophysiologische Erklärungsansätze – 55
2
Mentales Training ist ein Trainingsverfahren im Rahmen z. B. bei einem Tagtraum – überhaupt kein Trai-
des sportpsychologischen Trainings, das insbesondere ningscharakter erkennbar wäre (Immenroth et al.,
zur Lern- und Leistungsoptimierung im Spitzensport 2008).
eingesetzt wird. Grundlage des Mentalen Trainings
2 sind Bewegungsvorstellungen, die auch als Prüf- und
> Unter Mentalem Training ist die planmäßig
wiederholte und bewusst durchgeführte
Führungsgröße des menschlichen Handelns aufgefasst
Vorstellung einer Bewegung oder Handlung
werden können. Beim Mentalen Training geht es also
ohne deren gleichzeitige praktische Ausfüh-
darum, adäquate Bewegungsvorstellungen aufzubauen
rung zu verstehen (Eberspächer, 2001).
und diese dann regelmäßig zu trainieren.
Bevor im Folgenden ausführlich auf das Mentale
In den Medien werden immer wieder Sportler in Training, die ihm zugrunde liegende Theorie und
der Wettkampfvorbereitung dargestellt, die in Ge- die Anwendungsmöglichkeiten auch außerhalb des
danken versunken ihren Lauf, die Bahn oder die Sports eingegangen wird, soll kurz die Zielstellung
gleich geforderten Handlungen in der Vorstellung des sportpsychologischen Trainings im Allgemei-
durchgehen (. Abb. 2.1). Diese Sportler trainieren nen und damit auch des Mentalen Trainings als
mental. einer zentralen Technik des sportpsychologischen
Mentales Training ist Vorstellungstraining, also Trainings besprochen werden.
das Durchspielen von bestimmten Handlungsab-
läufen in der Vorstellung, ohne dass gleichzeitig
die entsprechende Bewegung praktisch durchge- 2.1 Grundprinzipien des sport-
führt wird (Eberspächer, 2001). Im Gegensatz zur psychologischen Trainings
angloamerikanischen Begrifflichkeit (hier wird
in der Regel von »motor imagery« oder »mental Sportpsychologische Trainingsverfahren sind im
practice« gesprochen) verdeutlicht der deutsche Spitzensport mittlerweile etablierte und anerkannte
Begriff, dass die alleinige Vorstellung einer Bewe- Verfahren zur Lern- und Leistungssteigerung. Ath-
gung noch nicht als Mentales Training bezeichnet leten sollen durch das Erlernen und das Training
werden kann. Zentral ist der Trainingsbegriff, da sportpsychologischer Techniken in die Lage ver-
ansonsten jede – mehr oder weniger – bewusste setzt werden, sich insbesondere in Wettkampfsi-
Bewegungsvorstellung als Mentales Training be- tuationen kognitiv so zu regulieren, dass optimale
zeichnet werden könnte, auch wenn dabei – wie Leistungen abgerufen werden können. Ziel ist
Fokus
zeitig mit hoher Aufmerksamkeit verfolgen
können, springt unsere Aufmerksamkeit tat-
sächlich ständig zwischen beiden Tätigkeiten
hin und her (Klein, 2006). Und der menschliche
Verstand bewältigt – im Gegensatz zu einem
Computer – diese ständigen Unterbrechungen Jetzt!
sehr schlecht. Dies hat auch damit zu tun, dass a
das Arbeitsgedächtnis begrenzt ist und nur
Informationen für die gerade aktuelle Aufgabe
Fokus
bereithalten kann. Wird die Aufgabe unterbro-
chen und wendet man sich einer anderen zu,
müssen alle dafür benötigten Informationen
von Neuem aus dem Langzeitgedächtnis oder
der Umwelt erstellt werden. Nach Klein (2006,
S. 195) ist das Multitasking eine Falle. Er zitiert Jetzt!
den amerikanischen Literaturnobelpreisträger b
John Steinbeck, der einmal hierzu bemerkt hat:
»Man verliert am meisten Zeit damit, dass man
Zeit gewinnen will!«
Fokus
> Geteilte Aufmerksamkeit für zwei bewusste
Tätigkeiten kann das menschliche Gehirn
nicht erbringen, vielmehr springt die Auf-
merksamkeit zwischen beiden Tätigkeiten hin
und her (Klein, 2006).
Jetzt!
c
Da das Arbeitsgedächtnis ein begrenztes Fassungs-
vermögen hat, kann es nur die Informationen . Abb. 2.4 Fokus – Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt: Wenn
für die gerade aktuelle Anforderung bereithalten. es darauf ankommt, ist Konzentration (Fokus) auf die aktuelle
Wenn wir eine Tätigkeit unterbrechen und unsere Aufgabe gefordert (a). Gerade in derartigen Situationen erle-
Aufmerksamkeit etwas anderem widmen, sind ben Sportler, dass sie sich mit Dingen aus der Vergangenheit
oder möglichen Folgen in der Zukunft beschäftigen (b). Der
die Informationen zur ersten Tätigkeit verloren.
Sportler muss erkennen, wann er den Fokus verlässt, und
Wollen wir dann den Faden wieder aufnehmen, eigeninitiativ zurück zum Hier und Jetzt finden (c)
müssen wir die Informationen von Neuem aus der
Langzeiterinnerung oder aus der Umwelt zusam-
menstellen (Klein, 2006). nächsten Moment Einfluss nehmen (Abend, 2005).
Wir können also sehr wohl mehrere Dinge Demnach sollte der Sportler im entscheidenden
gleichzeitig machen (z. B. Auto fahren und telefo- Augenblick seine Aufmerksamkeit auf das Wesent-
nieren), allerdings nur auf einem mittleren Leis- liche, den Handlungsablauf, fokussieren können
tungsniveau. Wenn die Anforderung steigt und (. Abb. 2.4).
Höchstleistung von uns erwartet wird, können wir Viele Sportler beschäftigen sich gerade im Wett-
uns nur noch mit einer Sache beschäftigen. kampf mit möglichen Szenarien in der Zukunft
Das Phänomen, dass viele Sportler in Wett- (positiv wie negativ) oder auch mit Ereignissen
kampfsituationen Schwierigkeiten haben, sich auf aus der Vergangenheit (z. B. Erinnerungen an ver-
das Wesentliche zu konzentrieren, lässt sich auch gleichbare – positive oder negative – Erlebnisse).
anhand eines Zeitstrahls verdeutlichen. Wir le- Die situativen Bedingungen sind dabei häufig ur-
ben im Hier und Jetzt und können nur auf den sächlich dafür, dass der Sportler den Fokus verliert.
12 Kapitel 2 · Leistung zum definierten Zeitpunkt: Anforderungen an sportpsychologisches Training
> Die Fertigkeit, in bestimmten Situationen der tatsächlichen Erfahrung sein kann, nur dass
Denk- und Vorstellungsprozesse aktiv zu diese Erfahrung sich komplett in der Vorstellung
gestalten, kann man sich aneignen. Das ist abspielt (Weinberg & Gould, 2007). Ziel ist es,
2 anstrengend, kostet Energie und muss erlernt durch das intensive Vorstellen eines Bewegungs-
und trainiert werden. oder Handlungsablaufs die Bewegungsausführung
positiv zu beeinflussen.
Gerade in den entscheidenden Phasen des Wett- Das Mentale Training soll dabei so viele Sinnes-
kampfs darf die Bewegungsausführung nicht modalitäten wie möglich einbeziehen. Auch wenn
durch störende Gedanken wie z. B. negatives Kon- die bildliche Vorstellung zunächst naheliegend er-
sequenzdenken beeinflusst werden. Der Athlet scheint, sind Aspekte wie Bewegungsgefühl, aber
soll vielmehr die Kompetenz erlangen, sich wett- auch Tastempfindungen, auditive (das Hören be-
kampfbezogen konzentrieren zu können, indem er treffende) und sogar olfaktorische (den Geruchs-
seine Bewegungsausführung im Wettkampf mittels sinn betreffende) Inhalte einer Vorstellung relevant.
leistungsförderlichen Gedanken und Vorstellun- Die Vorstellung von Bewegungsgefühl ist beim
gen stützt. Dazu müssen sportpsychologische Trai- Mentalen Training von elementarer Bedeutung für
ningsverfahren erlernt und trainiert werden – auch die Effektivität des Trainings (vgl. Voisina et al.
unter ansteigendem Stress, sodass Sportler und 2011). Insofern geht es auch beim Entwickeln einer
Trainer davon ausgehen können, dass der Sportler adäquaten Bewegungsvorstellung immer auch da-
unter Wettkampfbedingungen die entsprechenden rum, möglichst intensive kinästhetische Bewe-
Strategien zuverlässig anwenden kann. gungsinformationen einfließen zu lassen (7 Kap. 4).
Tiger Woods beschreibt sehr anschaulich, wie
diese kinästhetische Perspektive die rein optische
2.2 Mentales Training – sinnvoll ergänzt: »You have to see the shots and
ein sportpsychologisches feel them through your hands« (zit. nach Weinberg
Trainingsverfahren & Gould, 2007, S. 297)
Auch die akustische Sinnesmodalität kann
Im Rahmen des sportpsychologischen Trainings für die Vorstellung von bestimmten Handlun-
werden unterschiedliche kognitive Fertigkeiten gen wesentliche Zusatzinformationen enthalten.
vermittelt bzw. optimiert (z. B. Eberspächer, 2001; Tennisspieler beschreiben die unterschiedlichen
7 Übersichtskasten »Sportpsychologische Trainings- Geräusche, die auf eine bestimmte Art und Weise
verfahren«). Neben den Verfahren der Selbstge- gespielte Bälle kennzeichnen. So hören sich als
sprächsregulation und der Aktivationsregulation Slice gespielte Bälle ganz anders an als Topspins.
nimmt das Mentale Training eine Sonderstellung Beim Vorstellen der Bewegung – beispielsweise
ein, da diese sportpsychologische Trainingsform einer optimalen Topspin-Rückhand – ist es also
bereits seit langem Gegenstand wissenschaftlicher für Tennisspieler wichtig, die entsprechenden Ge-
Untersuchungen ist und schon sehr früh in der räusche in die Vorstellung zu integrieren. Die
sportpsychologischen Praxis eingesetzt wurde Vorstellung wird damit genauer und differen-
(Morris et al., 2005). Außerdem hat sich das Men- zierter.
tale Training in vielen weiteren Anwendungsfel- Ähnliches berichten Skifahrer: Auch ein opti-
dern bewährt, sodass es als disziplinübergreifendes maler Carving-Schwung erzeugt ganz bestimmte
Verfahren zur Lern- und Leistungssteigerung auf- Geräusche. Motorradrennfahrer integrieren ent-
gefasst werden kann (Immenroth et al., 2008). sprechende Motorgeräusche in die Vorstellung,
Das Mentale Training wird nach Eberspächer weil diese sehr handlungsrelevant sind (wie hört
(2001) definiert als das planmäßig wiederholte sich ein Motor bei einer bestimmten Drehzahl
und bewusste Sichvorstellen einer Bewegung ohne kurz vor dem anvisierten Bremspunkt an?). Golfer
deren gleichzeitige praktische Ausführung. Das haben eine ganz differenzierte Vorstellung davon,
Mentale Training ist dabei auch als eine Art Si- wie sich beispielsweise ein Drive anhört, wenn er
mulation zu verstehen, die durchaus identisch mit voll getroffen wird.
2.3 · Vorstellungen als Prüf- und Führungsgröße für menschliches Handeln
13 2
> Die Integration verschiedener Sinnesmoda-
litäten in die Bewegungsvorstellung führt Jacobson; vgl. zusammenfassend Hermann
zu einer weiteren Ausdifferenzierung und & Eberspächer, 1994) erlernt und – unter
Optimierung dieser Vorstellung und damit zu ansteigenden Stressbedingungen – trainiert
einer gesteigerten Effektivität des Mentalen werden.
Trainings. 4 Mentales Training: die Fertigkeit, lern-
und leistungsoptimierende Vorstellungen
zu entwickeln und zu trainieren.
Sportpsychologische Trainingsverfahren Beim Mentalen Training geht es um das
4 Selbstgesprächsregulation: die Fertig- Vorstellen von Bewegungen, ohne sie
keit, Selbstgespräche (handlungsbeglei- gleichzeitig praktisch durchzuführen.
tende Gedanken) zu regulieren.
Selbstgespräche sind Gedanken, die Hand-
lungen und Bewegungen begleiten. Diese
Selbstgespräche können die Handlung bzw. 2.3 Vorstellungen als Prüf-
Bewegung entweder unterstützen oder stö- und Führungsgröße für
ren. Sie beeinflussen die Konzentration auf menschliches Handeln
die Handlungsausführung, die Motivation
und die Befindlichkeit. Bei vielen Sportlern Es ist beim Mentalen Training wichtig, eine opti-
kann beobachtet werden, dass störende male, differenzierte und intensive Bewegungs- bzw.
Selbstgespräche insbesondere in kritischen Handlungsvorstellung aufzubauen. Das ist nicht auf
Wettkampfsituationen dominieren. Mittels sportliche Handlungen begrenzt. In nahezu jeder
der Selbstgesprächsregulation soll dies ver- Anforderungssituation spielen Vorstellungen eine
hindert und ein kontinuierlich handlungslei- wesentliche Rolle, und man kann durch das Trai-
tendes Selbstgespräch erlernt und – unter ning dieser Vorstellungen eine Lern- und Leistungs-
ansteigendem Stress – trainiert werden. steigerung erreichen (7 Teil II: Anwendungsfelder).
4 Aktivationsregulation: die Fertigkeit, Vorstellungen sind im täglichen Leben so etwas
Spannungs- und Entspannungszustände wie Schablonen des Handelns. Von allen Gegeben-
anforderungsgerecht zu regulieren. heiten, die man bereits erlebt hat, besitzt man eine
Oftmals wird die optimale Umsetzung der Vorstellung. Aber auch von Situationen und Gege-
Trainingsleistung in den Wettkampf auch benheiten, die zukünftig bevorstehen, macht man
durch ein inadäquates Aktivationsniveau sich Vorstellungen. Diese Vorstellungen kann man
verhindert. So besagt das Yerkes-Dodson- auch als Prüf- und Führungsgröße des menschli-
Gesetz, dass zu jeder Leistungsanforderung chen Handelns verstehen (Eberspächer, 2001). Wir
ein optimales Aktivationsniveau passt versuchen stets, uns entsprechend unserer Vorstel-
und demnach auch für jede Leistungsan- lung zu verhalten. Gelingt dies nicht, erleben wir
forderung ein Zuviel oder ein Zuwenig uns enttäuscht, denn wir haben nicht den eigenen
an Aktivation zu verhindern ist (Yerkes & Vorstellungen entsprochen.
Dodson, 1908). Das bedeutet: Leistungsori- Es kann auch passieren, dass man seine ei-
entierte Sportler müssen in der Lage sein, genen Vorstellungen übertrifft. Äußerungen wie
durch systematische und zielgerichtete »Das war viel besser, als ich gedacht habe!« weisen
Relaxation oder Mobilisation eigeninitiativ darauf hin. Wichtig für das Handeln in Situationen
das optimale Aktivationsniveau einrichten mit Leistungscharakter ist es daher, eine entspre-
zu können. Dazu können entsprechende chend optimale und realistische Vorstellung des
Mobilisations- bzw. Relaxationstechniken eigenen Handelns zu entwickeln.
(z. B. Progressive Muskelrelaxation nach Wie beim Training anderer psychologischer
6 Fertigkeiten wird man auch beim Mentalen Trai-
ning feststellen, dass das Vorstellen der eigenen
14 Kapitel 2 · Leistung zum definierten Zeitpunkt: Anforderungen an sportpsychologisches Training
Handlungen anfangs nicht unbedingt gleich ein- ten Bahn vorstellt. Dabei werden Zuschauer, of-
wandfrei funktioniert. In der Praxis berichten fizielle Wettkampfrichter, Gegner und bestimmte
Sportler auch von fehlerhaften Vorstellungen, Wettkampfsituationen vorgestellt. Patienten in der
2 wenn beispielsweise die Vorstellung unvollständig Rehabilitation sollen sich Alltagsbewegungen in
ist, Lücken aufweist oder die Bewegung in der verschiedenen Situationen vorstellen, z. B. das Hi-
Vorstellung zu schnell, zu langsam oder gar rück- nabgehen einer belebten Treppe ohne Geländer.
wärts abläuft. Insofern muss auch beim Mentalen
Training von einer Fertigkeit gesprochen werden,
die sich im Laufe der Anwendung weiterentwickelt 2.3.2 Vorstellungen vom Bewältigen
und perfektioniert. kritischer Situationen ergänzen
Die Entwicklung einer passenden Bewegungs-
vorstellung ist daher eine wesentliche Vorausset- Beim Mentalen Training kann auch ein optima-
zung für das Mentale Training. Denn auch das les Verhalten in unerwünschten Situationen trai-
Trainieren von fehlerhaften oder unzweckmäßigen niert werden. So werden Piloten angeleitet, eine
Vorstellungen hat einen Trainingseffekt – hier wer- Notlandung ohne Fahrwerk mental zu trainieren.
den allerdings die fehlerhaften oder unerwünsch- Auch wenn diese Situation äußerst unerwünscht
ten Bewegungen oder Handlungsmuster trainiert. ist, muss ein Pilot sie auch auf hohem Stressniveau
Wie entsprechende Vorstellungen aufgebaut wer- zuverlässig beherrschen, um auf mögliche Krisen-
den können, wird in 7 Kap. 4 ausführlich erläu- situationen vorbereitet zu sein.
tert. Auch Sportler versuchen, sich durch Menta-
les Training auf kritische Wettkampfsituationen
vorzubereiten, denn letztlich sollen sie in der Lage
2.3.1 Vorstellungen an situative sein, in allen möglichen Situationen die optimale
Gegebenheiten anpassen Leistung abzurufen.
Insofern kann das Mentale Training auch dazu
Bei der Beschreibung der Anwendungsfelder des beitragen, dass die Überzeugung wächst, auch in
Mentalen Trainings wird darauf hingewiesen, dass widrigen oder kritischen Situationen bestehen und
je nach Anwendungsfeld, Anforderung und Ziel- bestimmte Handlungsmuster durchführen zu kön-
gruppe unter Umständen ganz unterschiedliche nen. Man nennt diese Überzeugung auch Kompe-
Vorgehensweisen zum Aufbau einer adäquaten Be- tenzüberzeugung (Bandura, 1977). Dieser Aufbau
wegungsvorstellung beitragen können. So haben von Kompetenzüberzeugung ist wahrscheinlich der
wir es im Leistungssport mit sehr bewegungser- Grund, warum sich das Mentale Training bei vielen
fahrenen und in vielen Fällen auch eher jüngeren Sportlern zu einem wesentlichen Teil der Wett-
Anwendern zu tun, wohingegen im Anwendungs- kampfvorbereitung entwickelt hat. Beim Mentalen
feld Rehabilitation gerade ältere und bewegungs- Training geht der Sportler vor dem Wettkampf die
unerfahrene Patienten vom Mentalen Trainieren relevanten Bewegungsabläufe nochmals in Gedan-
profitieren können. ken durch und hat dadurch in der Vorstellung die
Der Transfer einer isolierten Bewegungs- und bevorstehende Anforderung bereits erfolgreich be-
Handlungsvorstellung in unterschiedliche situative wältigt. Daraus resultiert eine ansteigende Kompe-
Gegebenheiten ist ein weiterer Schritt zur Intensi- tenzüberzeugung für den anstehenden Wettkampf.
vierung des Mentalen Trainings. Sportler werden Im Sport wird daher das Mentale Training sowohl
dazu angeleitet, sich ein ganz bestimmtes Verhal- im Training und zu dessen Vor- und Nachberei-
ten, z. B. an einer bestimmten Wettkampfstätte tung als auch im Wettkampf und dessen Vor- und
und in einer ganz spezifischen Wettkampfsitua- Nachbereitung eingesetzt.
tion, vorzustellen. So berichtet ein Rodler, dass er
sich beim Mentalen Training nicht nur seine opti-
male Körperlage auf dem Schlitten, sondern auch
einen optimalen Lauf auf einer ganz bestimm-
3
Psychologische Grundlagen
des Mentalen Trainings
Mentales Training ist eine Trainingsmethode, die eine unseres Gedächtnisses, Wahrnehmungen neuronal
Bewegungsvorstellung voraussetzt und die darauf zu speichern, zu repräsentieren und aktiv auf diese
abzielt, durch das geistige Wiederholen einer motori- Repräsentationen zurückzugreifen. Wir können
schen Aktion diese zu optimieren und zu stabilisieren uns Vorstellungen machen von Dingen, die wir
(Eberspächer et al., 2002). Die Bewegungsvorstellung bereits erlebt haben, und daraus können sich wie-
ist damit die zentrale kognitive Komponente des Men- derum Vorstellungen bilden von Ereignissen, die
3 talen Trainings. In 7 Kap. 2 wurden Vorstellungen be- auf uns zukommen.
reits als Prüf- und Führungsgröße des menschlichen Wenn ein ganz bestimmtes Ereignis bevorsteht,
Handelns vorgestellt. Im Folgenden soll hieran ange- wird aus dem, was man schon erlebt hat, aktiv eine
knüpft und differenzierter auf die Generierung und Vorstellung erzeugt. Man erfährt dann in der tat-
Entwicklung von Vorstellungen bzw. Bewegungsvor- sächlich erlebten realen Situation, ob diese den
stellungen eingegangen werden. eigenen Vorstellungen entspricht. Vorstellungen
können dabei unterschiedliche Qualitäten besit-
zen, sie können vage bis sehr differenziert ausfal-
3.1 Wahrnehmung und len, sie können individuell positiv oder negativ
Repräsentation von Bewegung bewertete Ausgänge haben.
Die Basis von Vorstellungen sind demnach
Grundlage aller Vorstellungen ist nach Munzert Erlebnisse der Vergangenheit. Diese Erfahrungen
(2001) die Aktualisierung von Gedächtnisbesitz. Auf sind im Gedächtnis gespeichert, und wir kön-
dieser Grundlage entstehen sowohl auf die Vergan- nen uns daran erinnern. Dabei ist dieses Erinnern
genheit als auch auf die Zukunft gerichtete Vorstel- schon ein aktiver und konstruktiver Prozess. Un-
lungen. Vorstellungen sind hierbei von Wahrneh- tersuchungen zur Übereinstimmung von Zeugen-
mungen dadurch abzugrenzen, »dass sie auf wahr- aussagen haben dies eindrucksvoll bestätigt (7 Kas-
nehmungsartigen Erscheinungen basieren, ohne ten). Ein und dasselbe Ereignis wird von verschie-
dass entsprechende externe Wahrnehmungsstimuli denen Personen ganz unterschiedlich erinnert.
vorliegen« (Munzert, 2001, S. 42). Eine Vorstellung
ist eine Erfahrung, die die reale Erfahrung imitiert,
wobei sie sich von Träumen dahingehend unter- Problematik von Zeugenaussagen
scheidet, dass sie bewusst erzeugt und gesteuert Wenn ein glaubwürdiger Zeuge angibt, sich zwei-
werden kann (White & Hardy, 1998). felsfrei an einen bestimmten Tathergang oder ein
Der Ablauf, wie eine Vorstellung zustande Ereignis erinnern zu können, dann erscheinen
kommt, lässt sich mithilfe eines Grundmodells, des Zweifel an der Aussage normalerweise nicht an-
»neuropsychologischen Modells des Vorstellungs- gebracht. Dass glaubwürdige Zeugenaussagen
prozesses« (Farah, 1984; Munzert, 2001), erklären. dennoch häufig anzuzweifeln sind, wurde nach
Der Prozess der Generierung einer Vorstellung Erdfelder (2003) schon in der Frühphase der Aus-
ergibt sich nach Farah aus Inhalten des Langzeitge- sagenpsychologie erkannt. Die Quellen dieser
dächtnisses, die abgerufen und ins Arbeitsgedächt- verzerrten Gedächtnisurteile sind nach Erdfelder:
nis transformiert werden. Dort entstehen darauf- 4 suggestive Einflüsse in der Abrufphase
hin die wahrnehmungsartigen Erscheinungen. Die (frühe Studien zeigten, dass sich die Zahl
Transformation beschreibt den Prozess des Verän- fehlerhafter Gedächtnisurteile durch sug-
derns der Vorstellung, worin nach Munzert (2001, gestive Frageformulierungen und Konformi-
S. 43) die »Grundlage des kreativen Potenzials von tätsdruck in Gruppensituationen drastisch
Vorstellungen« besteht. Das Bewusstmachen von erhöhen kann),
Vorstellungen, das Beschreiben, Kopieren und 4 Aufmerksamkeitszuwendung in der
Vergleichen, wird schließlich unter dem Begriff Einprägungsphase
der Inspektion subsumiert. (eingeschränkte Aufmerksamkeit in der
Eine wesentliche Voraussetzung für die Exis- 6 Einprägungsphase hat nicht unbedingt sehr
tenz von Vorstellungen ist demnach die Fähigkeit
3.1 · Wahrnehmung und Repräsentation von Bewegung
17 3
Wahrnehmung an sich ist ein konstruktiver Pro-
dürftige, sondern eher sehr fehlerhafte Erin- zess. Wir spiegeln nicht eine objektive Umwelt in
nerungsurteile zur Folge) unserem Gehirn ab, wir konstruieren eine eigene
und und individuelle Wirklichkeit. Diese Ansicht geht
4 verfälschende Informationen in der auf die Philosophie des Konstruktivismus zurück
Phase zwischen dem Ereignis und der (von Foerster, 1993).
Erinnerung daran Üblicherweise werden die Begriffe »Erkennt-
(zwischenzeitliches Geschehen). nis« und »Erkenntnistheorie« so verstanden, als
handele es sich um ein Erfassen einer schon vor
Die dritte Quelle fehlerhafter Gedächtnisurteile dem Erkenntnisakt gegebenen, objektiven Wirk-
wurde in den 1970er-Jahren aufgedeckt. Die lichkeit. Man ist der Überzeugung, dass die Dinge
von Loftus und Palmer (1974) durchgeführten nur so sind, wie man sie sieht.
Experimente begannen typischerweise mit Erkenntnis ist jedoch nach der konstruktivisti-
einem Film oder einer Diaserie über einen Ver- schen Philosophie keine Abbildung einer objekti-
kehrsunfall. Die beiden Wissenschaftler fragten ven Wirklichkeit, sondern eine individuelle Konst-
einige studentische Probanden anschließend, ruktion (Balgo, 1998). Wirklichkeit ist somit nicht
wie schnell die Autos fuhren, als sie »ineinander- vom Beobachter zu trennen, Wirklichkeit wird
krachten« (Gruppe 1). Andere Probanden wur- konstruiert (u. a. Maturana, 1982; Watzlawick,
den gefragt, wie schnell die Autos fuhren, als sie 1998; Watzlawick & Kreuzer, 1998). Dies bedeutet
»aufeinandertrafen« (Gruppe 2). Obwohl beide auch, dass jeder seine eigene Wirklichkeit konst-
Gruppen denselben Film gesehen hatten, lagen ruiert. So wird ein und dieselbe Situation, z. B. ein
die mittleren Schätzurteile in der ersten Gruppe Fußballspiel, von den beteiligten Personen unter
bei 41 Meilen pro Stunde, in der zweiten Gruppe Umständen ganz unterschiedlich erlebt.
dagegen nur bei 34 Meilen pro Stunde (Myers, Natürlich vermittelt uns unsere alltägliche
2005). Dieses Ergebnis belegt einen schon zuvor Erfahrung oft den Eindruck, es gäbe eine vom
gefundenen Effekt suggestiver Fragen. Beobachter unabhängige, objektive Wirklichkeit.
Eine Woche später wurden die Probanden Wenn man z. B. die Bewegungen und Handlungen
erneut befragt, diesmal danach, ob sie zer- anderer beobachtet, bekommt man den Eindruck,
brochenes Glas in dem Film gesehen hätten. als ginge das Verhalten eines Menschen aus dem
Tatsächlich kam zerbrochenes Glas in dem Film Operieren seines Nervensystems mit objektiven
nicht vor. 86 % der Probanden aus Gruppe 2 Abbildungen der Umwelt hervor. Anscheinend
antworteten korrekt mit Nein, jedoch nur 68 % orientieren sich alle Menschen an der gleichen,
der Probanden aus Gruppe 1. objektiven Wirklichkeit, ansonsten wäre ein ab-
Offenbar können also auch Informationen gestimmtes und geordnetes Verhalten nur schwer
verfälschend wirken, die zwischen dem zu erin- verständlich. Besonders eindrücklich wird dieser
nernden Ereignis und dem späteren Gedächt- Sachverhalt, wenn man sich den geordneten und
nistest präsentiert werden; dies gilt auch dann, weitgehend reibungslosen Ablauf im Straßenver-
wenn beim abschließenden Gedächtnistest kehr vor Augen führt (. Abb. 3.1).
suggestive Einflüsse (das Wort »ineinanderkra- Nach Daugs (1994) argumentieren auch Ver-
chen« suggeriert sehr viel eher das Zerbrechen treter der Theorie des Informationsverarbeitungs-
von Glas als der Begriff »aufeinandertreffen«) ansatzes entsprechend. Der Informationsverarbei-
vermieden werden. Dieses wichtige Ergebnis tungsansatz betrachtet das Nervensystem als ein In-
wurde in den letzten 25 Jahren immer wieder strument, über das der Organismus Informationen
bestätigt (Erdfelder, 2003). aus der Umwelt aufnimmt. Diese Informationen
benutzt er, um eine Abbildung oder Repräsentation
der Umwelt aufzubauen, die ihm das Errechnen ei-
Nicht nur das, was wir speichern, oder das, was nes angemessenen, dem Überleben dienlichen Ver-
wir erinnern, ist subjektiv geprägt, sondern die haltens erlaubt. Diese Ansätze der Informations-
18 Kapitel 3 · Psychologische Grundlagen des Mentalen Trainings
verarbeitung entwickelten sich aus den Annahmen Doch hier stellt sich die Frage, wie denn dann
der Test-Operate-Test-Exit-(TOTE-)Einheit nach die außerordentliche operationale Effektivität
Miller et al. (1960) und sehen den Menschen als des Menschen (und auch der Tiere) sowie deren
Informationsverarbeitungssystem. enorme Fähigkeit zum Lernen und zum Manipu-
Zentrale Begriffe wie »Informationsauf- lieren der Welt entstehen, wenn das Nervensystem
nahme«, »Informationsaufbereitung«, »Soll-Ist- nicht mit einer Repräsentation der umliegenden
wert-Vergleich«, »Programm«, »Ausführung«, Welt operiert? Wenn man die Objektivität einer er-
»Kontrolle« und »Rückinformation« basieren auf kennbaren Welt negiert, muss dies doch ins Chaos
einer Mensch-Computer-Analogie. Entsprechend völliger Willkürlichkeit führen, da dann alles mög-
geht dieser Ansatz davon aus, dass Informationen lich ist (Maturana & Varela, 1987). Hier lauert ein
über die Umwelt aufgenommen, intern verarbeitet anderes Extrem: Eine Umwelt völlig zu negieren
und abgebildet, d. h. intern repräsentiert werden mit der Annahme, dass das Nervensystem in ei-
(z. B. Wiemeyer, 1996). Verhalten wird demnach nem Vakuum funktioniert, führt zur absoluten ko-
als Resultat von Prozessen aufgefasst, die aus einer gnitiven Einsamkeit des Solipsismus (von Foerster,
internen Repräsentation einer objektiven Umwelt 1993; Maturana & Varela, 1987).
hervorgehen. Der Informationsverarbeitungsan- Nach Maturana und Varela (1987) ist die Ar-
satz geht davon aus, dass die Umwelt dem Ner- beitsweise des Nervensystems keiner der beiden
vensystem seine eigenen Merkmale eingibt und Extremkategorien zuzuordnen: Sie ist weder reprä-
das Nervensystem diese benutzt, um Verhalten zu sentationistisch noch solipsistisch.
erzeugen. Sie ist nicht solipsistisch, da das Nervensys-
Auch wenn mehrfach Plausibilitätsargumente tem als Teil des Organismus an dessen Inter-
für diesen Ansatz angeführt wurden, steht er insbe- aktionen mit seiner Umgebung teilnimmt. Dies
sondere wegen seiner Mensch-Computer-Analogie folgt z. B. auch aus Beobachtungen an Tieren,
und dem dahinterstehenden reduktionistischen deren Verhaltensweisen im Allgemeinen ihren
Menschenbild in der Kritik. Weitere Kritikpunkte Lebensumständen angemessen erscheinen. Tiere
sind nach Daugs (1994) der Zeitverbrauch der verhalten sich nicht, als würden sie ihrer eigenen
Informationsverarbeitung und die begrenzte Ka- und einzigen Welt unabhängig von einer Umwelt
pazität der Informationsverarbeitung. folgen.
3.1 · Wahrnehmung und Repräsentation von Bewegung
19 3
Die Arbeitsweise des Nervensystems ist aller-
dings auch nicht repräsentationistisch, da das Ner-
vensystem bei jeder Interaktion mit der Umwelt
Veränderungen unterworfen ist. Das Nervensys-
tem »empfängt« jedoch keine »Information«, wie
man häufig sagt. Es bringt vielmehr eine Welt
hervor, indem es nach einer internen, auf Erfah-
rungswerten beruhenden Logik bestimmt, welche
Konfigurationen der Umwelt Veränderungen im
Organismus auslösen. Die populäre Metapher vom
Gehirn als Computer ist nach Maturana & Varela
(1987, S. 185) »nicht nur missverständlich, son-
dern schlichtweg falsch«.
Spitzer (2003, S. 59f.) zitiert Hermann von
Helmholtz mit der Aussage, »dass Wahrnehmung
ein komplexes Wechselspiel ist zwischen dem, was
wir intern schon wissen (d. h. gespeichert haben),
und dem, was von außen an unsere Sinnesorgane
herankommt«.
Diese theoretischen Überlegungen lassen sich
an Beispielen zu visuellen Sinnestäuschungen ganz
gut nachvollziehen. . Abb. 3.2 zeigt ein populäres
Beispiel für eine solche Sinnestäuschung.
Wenn wir das »Kippbild« in . Abb. 3.2 betrach- . Abb. 3.2 Kippbild
ten, versucht unser Verstand, Sinn zu erzeugen. Er
sucht in der Vergangenheit (d. h. in den Repräsen-
tationen der individuell erfahrenen und gespei-
cherten Wirklichkeit) nach Erfahrungen, die mit
diesen Sinneseindrücken in Verbindung gebracht Wahrnehmung ist letztlich eine Konstruktion
werden können – ein aktiver, konstruktiver Pro- des Gehirns, die auf besonderen Fähigkeiten un-
zess. Besonders deutlich wird dies, wenn man die seres Wahrnehmungssystems basiert. Diese kön-
partiell eingefärbten Varianten des Kippbildes in nen lernunabhängig (phylogenetisch) sein oder
. Abb. 3.3 betrachtet. Sie liefern jeweils eine sinn- aus Lern- und Prägungsprozessen resultieren und
stiftende Erfahrung für das zweideutige Kippbild sind daher zu den nicht bewusstseinsgesteuerten
und erhöhen so die Wahrscheinlichkeit, das Kipp- Leistungen des Gehirns zu zählen. Somit können
bild in einer bestimmten Weise zu interpretieren. sie auch durch aktuell erworbene Erfahrungen be-
Auch aus der menschlichen Anatomie und stimmt werden. Der Wahrnehmungsleistung liegt
Physiologie ist bekannt, dass unsere Augen kein folglich auch Information zugrunde, die unser Ge-
objektiv gegebenes Bild, sondern zwei leicht ver- hirn bereits in der Vergangenheit als eine sinnvolle
setzte Bilder erstellen. Sie werden vom linken und Einheit im Gedächtnis abgelegt hat. Nur eine im
vom rechten Auge erzeugt – die Voraussetzung Verhalten erprobte und für »richtig« oder »wich-
für räumliches Sehen. Die beiden erzeugten Bilder tig« erachtete Wahrnehmung wird im Gedächtnis
sind jeweils mit einem blinden Fleck versehen (die verankert und liefert auf diese Weise wieder eine
Stelle, an der der Sehnerv das Auge verlässt; hier Basis für neue Wahrnehmungen bzw. neues Ver-
sind keine Rezeptorzellen vorhanden). Erst unser halten (Roth & Menzel, 2001).
Gehirn erzeugt das zusammenhängende, harmo- Auch die Aufnahme von Reizen ist bereits ein
nische Bild, das wir für die Wirklichkeit halten selektiver Prozess. Es strömt jederzeit so viel Infor-
(Myers, 2005). mation in unser Wahrnehmungssystem ein, dass
20 Kapitel 3 · Psychologische Grundlagen des Mentalen Trainings
. Abb. 3.3 Dasselbe Kippbild mit eingefärbten Partien (junge Frau/alte Frau)
wir gar nicht in der Lage sind, alles zu beach- und Haut. Diese sensorische Information wird an
ten, aufzunehmen und zu interpretieren. Das, was verschiedene Ebenen des Nervensystems (Gehirn
letztlich wahrgenommen wird, wurde aus der Flut oder Rückenmark) rückgekoppelt. Im Normalfall
von umgebenden Reizen ausgewählt. Wahrneh- stimmt die Information, die aus der Peripherie
mung ist damit ein selektiver und konstruktiver (Körper) an das Gehirn rückgekoppelt wird, in
Prozess. Foerster und Pörksen (2006) wählen da- groben Zügen mit dem Erwartungshorizont, der
für die pointierte Formulierung: Wahrheit ist die hierfür »festgelegt« wurde, überein: Die Bewegung
Erfindung eines Lügners! läuft reibungslos ab, wie Mulder (2007, S. 1) ein-
Für die Entstehung von Bewegungs- oder drucksvoll beschreibt:
Handlungsvorstellungen bedeutet dies, dass auch
hier viele individuelle Erfahrungen nötig sind, da- » Ich laufe schnell und ich wundere mich.
mit sich eine stabile und differenzierte neuronale […] Meine Füße berühren den Boden und heben
Bewegungsrepräsentation bildet (Olsson & Nyberg, wieder ab, ich weiche einem herumliegenden Ast
2010). Mit den Worten Spitzers (2002) kann man und losgelösten Gehwegplatten aus, ich berück-
auch von stabilen und breiten Gedächtnisspuren sichtige im Voraus ein parkendes Auto und eine
sprechen (7 Kap. 7), die eine derartige repräsen- Ampel in der Ferne. Mal blicke ich auf den Boden
tierte Bewegung oder Handlung ausmachen. und dann wieder nicht, ich sehe meine Füße, bin
Mulder (2007) bezeichnet solche Gedächtnis- mir ihrer aber gleichzeitig kaum bewusst. Doch
spuren auch als »Idee« einer Relation zwischen kann ich meine Augen nicht schließen, ich benö-
Bewegung und rückgekoppelter Information. Er tige die Information also, die Information, die ich
spricht von einem Erwartungshorizont und be- so achtlos aus der sich bewegenden Welt unter
schreibt den Normalfall so: Sobald eine Bewegung mir und um mich herum aufschnappe. […] Warum
in Gang kommt, entsteht ein ganzes Ensemble kann ich das, warum stürze ich nicht, und warum ist
an Informationen u. a. aus Muskeln, Gelenken das so normal? «
3.2 · Bewegung und Wahrnehmung als System
21 3
Nach Munzert (2001) sind für die Bewegungsvor- sind dann auch von vergangenem Bewegen und
stellung im Speziellen zwei Aspekte von besonde- Wahrnehmen, also der individuellen Erfahrungs-
rer Bedeutung: das Vorhandensein eines Aktors geschichte abhängig. Jedes Bewegen und Wahr-
sowie dessen Relation zur Umwelt. Daraus ergibt nehmen geht demnach aus einer internen Erfah-
sich dann die Vorstellung von Bewegung in einer rungsgeschichte des Bewegens und Wahrnehmens
komplexen dynamischen Situation. Es kommt bei hervor.
der Bewegungsvorstellung darauf an, sich die Be-
wegung nicht nur bezogen auf die Körperwahr- > Erst die Wahrnehmung ermöglicht es, In-
nehmung, sondern eben auch in Bezug zur re- formationen über Bewegung einzuholen
levanten Situation und zu deren Anforderungen und damit Bewegung zu optimieren oder
vorzustellen. zu differenzieren. Bewegung und Wahrneh-
Wie in 7 Kap. 7 noch detailliert ausgeführt mung sind untrennbar miteinander ver-
wird, ist somit auch jede Bewegungsvorstellung in- bunden und können als System aufgefasst
dividuell und ein Ergebnis aus vielen Bewegungs- werden.
erfahrungen, die entsprechende Spuren im Gehirn
hinterlassen. Jedem aktuellen Bewegen/Wahrnehmen geht in-
ternes Bewegen/Wahrnehmen voraus. Das be-
deutet, das interne Bewegen/Wahrnehmen führt
3.2 Bewegung und Wahrnehmung zu einem erwarteten Ergebnis, das mit dem tat-
als System sächlich verwirklichten Ergebnis verglichen wird.
Ergibt der Vergleich zwischen Erwartung und Er-
Ein interessanter Zusammenhang zwischen gebnis einen Unterschied, der auch im Erleben
4 Wahrnehmung, des Systems einen Unterschied ausmacht, dann
4 neuronaler Bewegungsrepräsentation und führt dies zu einer Anpassung in Form einer Ver-
4 Bewegung änderung des Systems Bewegung/Wahrnehmung
wird von Balgo (1998) vorgeschlagen – er betrach- (Balgo, 1998).
tet Bewegung und Wahrnehmung systemtheore- Operiert das System Bewegung/Wahrnehmung
tisch. erfolgreich, so besagt dies, dass seine Konstruktion
Wenn – wie oben bereits erörtert – Wahr- möglich, passend oder angemessen in Bezug auf
nehmung nach einer eigenen, durch Erfahrung seine intern konstruierten Bewegungs- und Wahr-
geprägten Logik funktioniert, somit das Nerven- nehmungserwartungen oder -vorstellungen ist.
system keine Information im Sinne von Abbil- Scheitert das System hingegen mit seinen Bewe-
dungen der Umwelt empfängt, sondern autonom gungen und Wahrnehmungen, so erfährt es ledig-
bestimmt, welche Einflüsse aus der Umwelt als lich etwas darüber, wie seine Umwelt nicht ist, d. h.
relevant eingeschätzt werden und welche Verän- welche seiner Konstruktionen nicht durchführbar
derungen diese intern auslösen, dann bedeutet sind.
dies nach Balgo (1998) für die Erklärung von
Bewegung, dass jedes Bewegen Wahrnehmen und > Das Bewegungs-Wahrnehmungs-System
jedes Wahrnehmen Bewegen ist. Denn mit jeder prüft kontinuierlich, ob eine ausgeführte
Bewegung nimmt das System Informationen auf, Bewegung, die eine Konstruktion aus Bewe-
die es gemäß seiner eigenen Logik verarbeitet und gungsmöglichkeiten darstellt und die auf-
aufgrund derer es sich verändert. Somit hat auch grund angenommener Umweltbedingungen
jede Wahrnehmung einen direkten Einfluss auf vom System als angemessen eingeschätzt
Bewegung. Wenn also jedes Bewegen Wahrneh- wird, für die tatsächliche Umweltanforderung
men ist und jedes Wahrnehmen Bewegen, dann passend ist.
sind Bewegung und Wahrnehmung untrennbar
miteinander verbunden und können als System Stellt das System fest, dass eine Bewegungskons-
aufgefasst werden. Bewegen und Wahrnehmen truktion unangemessen war, erfährt es lediglich,
22 Kapitel 3 · Psychologische Grundlagen des Mentalen Trainings
der Informationsverarbeitungsansatz insbeson- Schack (2007) fasst die in letzter Zeit stag-
dere wegen seiner Mensch-Computer-Analogie nierende Debatte zwischen den beiden Ansät-
in der Kritik. So betont beispielsweise Daugs zen mit den Worten Summers (1998, zit. nach
(1994, S. 19), dass die »… sich immer deutlicher Schack, 2007, S. 111) zusammen: »with both
abzeichnende Krise der ‚Psychologie der Infor- sides agreeing to disagree«.
mationsverarbeitung‘ … inzwischen nicht nur
die Kognitionspsychologie, sondern auch die
Motorikforschung erfasst« habe. »Aktuell sieht Bezogen auf die oben beschriebene Frage der Re-
sich das Informationsverarbeitungs-Paradigma präsentation von Bewegung kann zusammenfas-
geradezu einem inneren Aufstand und einem send mit den Worten von Engelkamp und Pech-
gleichzeitigen Vielfrontenkrieg ausgesetzt. mann (1993, S. 8) festgestellt werden: »Nicht die
Empirische und theoretische Widersprüche Annahme, dass externe Informationen intern re-
in nahezu allen Grundannahmen und Einzelt- präsentiert werden, ist strittig, sondern wie solche
hemen stiften große Unruhe, und alternative Informationen repräsentiert werden.«
Ansätze … fordern das Informationsverarbei- Dieser Kontroverse liegt also die unstrittige
tungs-Paradigma heraus.« generelle Annahme zugrunde, dass Informationen
der Außenwelt systemintern repräsentiert werden.
Action Approach (Ansatz des ökologischen Repräsentationen können als systeminterne Platz-
Realismus) halter, Stellvertreter bzw. Abbildungen systemex-
Der Ansatz des ökologischen Realismus wurde terner Zustände verstanden werden (Immenroth
in die Motorikforschung als Action Approach et al., 2008).
übertragen, dessen Ursprünge auf den russi- Eine für die praktische Umsetzung relevante
schen Wissenschaftler Bernstein zurückgehen. Entsprechung dieses Ansatzes findet sich in der
Nach dem ökologischen Realismus wird das Theorie der subjektiven Anatomie (von Uexküll
Mensch-Umwelt-System als funktionale Einheit et al., 1994). Grundlegendes Ziel im Ansatz der
aufgefasst. Information entsteht demnach in subjektiven Anatomie ist es, aus dem Erleben des
der Person-Umwelt-Interaktion; Repräsenta- Körpers ein individuelles Konzept zu entwickeln.
tions- und Gedächtnisprozesse werden bestrit- Der Bewegungsapparat liefert dem System Infor-
ten (Daugs, 1994; Kassat, 1998). Die Bewegung mation, einen Gefühlscode, der als Zeichen für
des Menschen entsteht infolge einer indivi- sich selbst interpretiert werden kann und von
duellen aufgabenbezogenen Person-Umwelt- Head (1926) Körperschema genannt wurde. Die-
Interaktion und beruht auf zirkulären, selbstor- ses Körperschema ist im Allgemeinen unbewusst
ganisierten Prozessen (Munzert, 1992). und beruht neurophysiologisch auf der Tiefensen-
Der Action-Approach-Ansatz gilt für das sibilität. Sherrington (1906) hat hierfür den Begriff
Verständnis von Bewegung als dem Motor »Proprio-reception« oder Propriozeption geprägt.
Approach unterlegen, besonders weil wichtige Propriozeption drückt aus, dass der Körper sich
Phänomene der Motorikforschung, wie das selbst empfindet, sie ermöglicht, dass »der Kör-
Phänomen der motorischen Variabilität, das per sich selbst erkennt« (von Uexküll et al., 1994,
Phänomen der motorischen Äquivalenz und S. 18), oder, wie oben in der Terminologie nach
das Phänomen der motorischen Flexibilität Balgo (1998) ausgedrückt, dass durch Wahrneh-
(Munzert, 1992) damit nur unzureichend zu mung Bewegung entsteht.
erklären sind. Dennoch wird diesem Ansatz das Eine subjektive Anatomie, vergleichbar mit ei-
Potenzial zugeschrieben, wichtige Ergänzungen ner Körper- oder Bewegungsvorstellung, resultiert
zum Repräsentationalismus zu liefern (Munzert, aus einem bewussten Erleben von Propriozeption.
1992; Wiemeyer, 1994). Eine Bewegungsvorstellung ist der aktive Nach-
6 vollzug einer Bewegungsrepräsentation, der am
Erleben orientiert ist. Diese Bewegungsvorstel-
24 Kapitel 3 · Psychologische Grundlagen des Mentalen Trainings
Beim Mentalen Training geht es darum, durch das in- (2001, 2004; 7 Kasten: Stufenmodell des Mentalen
tensive Vorstellen eines Bewegungsablaufs die Bewe- Trainings (nach Eberspächer, 2001)).
gungsausführung positiv zu beeinflussen. Wie eine
adäquate Bewegungsvorstellung erzeugt werden kann
und wie diese Bewegungsvorstellung schließlich Ge- Stufenmodell des Mentalen Trainings
genstand des Mentalen Trainings wird, ist in diesem (nach Eberspächer, 2001)
Kapitel beschrieben. 1. Detaillierte Beschreibung der Bewegung.
2. Hervorhebung der Knotenpunkte.
4 3. Symbolische Markierung und Rhythmisie-
4.1 Aufbau von rung der Knotenpunkte.
Bewegungsvorstellungen 4. Mentales Training der symbolisch markier-
ten und rhythmisierten Knotenpunkte.
Die Voraussetzung für Mentales Training ist die
Entwicklung einer entsprechend intensiven und dif-
ferenzierten Bewegungsvorstellung. Wie in 7 Kap. 3 Detaillierte Beschreibung der Bewegung
dargestellt, liegen die relevanten Bewegungsinfor- Nach dem Stufenmodell von Eberspächer (2001)
mationen in einer neuronalen Bewegungsrepräsen- geht es zunächst darum, dass sich der Sportler den
tation vor, sind aber im Allgemeinen unterbewusst. zu trainierenden Bewegungsablauf über das An-
sprechen möglichst vieler Sinnesmodalitäten ins
> Die bloße Aufforderung zum Vorstellen von
Gedächtnis ruft, ihn nachvollziehbar beschreibt
Handlungen oder Bewegungen kann noch
und in Worte fasst. Hierbei ist die für den jeweili-
nicht die Qualität und Differenzierung der
gen Sportler optimale und angemessene Beschrei-
Vorstellung sicherstellen, die zu einer Lern-
bung der Bewegung relevant, denn ein und die-
oder Leistungssteigerung führt! Deshalb ist
selbe Bewegung wird von verschiedenen Sportlern
ein systematisches Vorgehen zum Aufbau
unter Umständen völlig unterschiedlich erlebt.
einer Bewegungsvorstellung zu empfehlen.
Die Vorstellung der Bewegung muss mit der
Mit dem Ziel, in der Praxis eine Bewegungsvor- tatsächlichen Bewegungsausführung abgeglichen
stellung zu erarbeiten oder zu entwickeln, müssen werden. Nur bei diesem Abgleich können sinn-
durch entsprechende Verfahren die motorischen volle Korrekturen vorgenommen werden (beispiel-
Abläufe bewusst gemacht werden. Hierzu bieten weise durch den Trainer), um so frühzeitig Fehler-
sich verschiedene Vorgehensweisen an. In der Pra- und Störquellen aufzudecken. 7 Beispiel 4.1 zeigt
xis kommen in der Regel folgende Ansätze zur An- die Bewegungsbeschreibung des optimalen Drives
wendung, hier unterschieden in der Terminologie eines professionellen Golfspielers.
nach Heuer (1985):
4 sprachlich-symbolische Ansätze, Beispiel 4.1: Detaillierte Bewegungs-
4 räumlich-bildhafte Ansätze, beschreibung: Drive (Golfabschlag)
4 kinästhetische Ansätze. »Wenn ich über dem Ball stehe, spüre ich zuerst
meine Ausgangsstellung – wie ich dastehe. Das
passt. Ich fühle, dass sich eine gerade Linie über
4.1.1 Sprachlich-symbolische Ansätze meinem Rücken bildet. Und jetzt beginnt der
Schwung. Ich habe einen sehr leichten Griffdruck
Bei sprachlich-symbolischen Ansätzen werden in der Hand. Die Hand liegt auf dem Schläger, ich
häufig in Stufenmodellen Vorstellungsinhalte ver- rotiere mit meinem linken Unterarm, leichte Hüf-
balisiert, meist schriftlich fixiert, auf wesentliche trotation bei 45°. Mein linkes Bein bleibt steif – ich
Punkte reduziert und dann dem Bewegungsrhyth- drehe mich weiter, mein linker Arm bleibt gerade.
mus angepasst. Ein bekanntes und besonders in Jetzt fühle ich in der oberen Position eine Spannung
der sportpsychologischen Praxis ausgewiesenes im Rumpf und in der linken Schulter, und ich fühle
Verfahren ist das Stufenmodell von Eberspächer mich richtig geladen, als wenn ich Spannung hätte.
4.1 · Aufbau von Bewegungsvorstellungen
27 4
Jetzt beginnt die Transition, ich habe eine laterale nem Rücken bildet. Und jetzt beginnt der Schwung.
Verschiebung in meinem Hüftbereich und rotiere Ich habe einen sehr leichten Griffdruck in der Hand.
gleichzeitig. Jetzt fühle ich, wie mein rechter Ellbo- Die Hand liegt auf dem Schläger, ich rotiere mit mei-
gen unter meinen linken kommt. Ich release unten, nem linken Unterarm, leichte Hüftrotation bei 45°.
mein Schläger kommt genau auf die Trefflinie, Mein linkes Bein bleibt steif – ich drehe mich weiter,
meine rechte Hüfte bleibt in der Position, und mein mein linker Arm bleibt gerade. Jetzt fühle ich in der
Arm streckt sich. Jetzt rotiere ich nur noch durch oberen Position eine Spannung im Rumpf und
und vollende ein langes und hohes Finish.« in der linken Schulter, und ich fühle mich richtig
geladen, als wenn ich Spannung hätte. Jetzt beginnt
Wichtig bei der Beschreibung einer Bewegung ist, die Transition, ich habe eine laterale Verschiebung
das Erleben der Bewegung nachzuvollziehen. Es in meinem Hüftbereich und rotiere gleichzeitig.
geht nicht darum, eine »objektive« Beschreibung des Jetzt fühle ich, wie mein rechter Ellbogen unter mei-
Bewegungsablaufs von außen zu erstellen, wie man nen linken kommt. Ich release unten, mein Schläger
sie aus Lehrbüchern kennt, sondern die individuelle kommt genau auf die Trefflinie, meine rechte Hüfte
Innensicht, das individuelle Erleben der Bewegung bleibt in der Position, und mein Arm streckt sich.
steht im Vordergrund. Die gesamte Bewegungsbe- Jetzt rotiere ich nur noch durch und vollende ein
schreibung ist dann eine sinnvolle Grundlage des langes und hohes Finish.«
Mentalen Trainings, wenn Wissenslücken geschlos-
sen und Fehler entfernt werden und alle bewusst- Abschließend werden die Knotenpunkte der zu
seinsfähigen Anteile in der Beschreibung enthalten trainierenden Bewegung symbolisch markiert,
sind (Immenroth et al., 2008). Der in Schriftform d. h., sie werden in individuelle Kurzformeln um-
vorliegende Bewegungsablauf soll im Anschluss per benannt. Ziel ist die Verdichtung der Information
Selbstgespräch vergegenwärtigt werden. (Chunking). Die Vorstellung soll so an die Dyna-
mik und den zeitlichen Ablauf der Realbewegung
Hervorhebung der Knotenpunkte angenähert werden (7 Beispiel 4.3).
Die nächste Stufe des Modells von Eberspächer bein-
haltet die Herausarbeitung der zentralen Punkte des Beispiel 4.3: Symbolische Markierung und
Bewegungsablaufs, die sogenannten Knotenpunkte Rhythmisierung der Knotenpunkte beim Drive
der Bewegung. Knotenpunkte einer Bewegung sind (Golfabschlag)
die entscheidenden Stellen eines Bewegungsablaufs, 4 »Setup«
die unbedingt durchlaufen werden müssen. Wo die 4 »Spann«
entscheidenden Stellen einer Bewegungsausführung 4 »Rumm«
sind, kann nur der Ausführende selbst entscheiden, 4 »Lang«
und die Knotenpunkte können sich auch im Lauf Um der Dynamik des Drives und der runden Ge-
des Trainingsfortschritts verändern. samtbewegung auch in der Vorstellung näher zu
kommen, wurden die Kurzformeln dem Bewe-
Symbolische Markierung und gungsrhythmus entsprechend zusammengesetzt:
Rhythmisierung der Knotenpunkte 4 »Setup – Schrrrrummmmmmm – Lang.«
In 7 Beispiel 4.2 hat der Sportler zunächst die für
> Von entscheidender Bedeutung beim Aufbau
ihn relevanten Stellen der Bewegung (Drive beim
einer Bewegungsvorstellung ist deren stän-
Golf) markiert. Die Markierungen sind hier durch
diger Abgleich mit der tatsächlichen prakti-
Fettdruck hervorgehoben.
schen Bewegungsrealisierung.
Beispiel 4.2: Markierung und Rhythmisierung der Eine Bewegungsvorstellung, die mit der realis-
Knotenpunkte beim Drive (Golfabschlag) tisch optimal durchführbaren Bewegung nicht de-
»Wenn ich über dem Ball stehe, spüre ich zuerst ckungsgleich ist, kann nicht zu einer Bewegungs-
meine Ausgangsstellung – wie ich dastehe. Das optimierung führen. Nur das Mentale Training mit
passt. Ich fühle, dass sich eine gerade Linie über mei- einer passenden oder zweckmäßigen Bewegungs-
28 Kapitel 4 · Mentales Training erlernen und anwenden
vorstellung führt zur Differenzierung und Stabili- Grundlage des visuellen Ansatzes sind die Er-
sierung der Bewegungsrepräsentation (Frank et al., kenntnisse zu Spiegelneuronen, die auf die Ar-
2014), die schließlich die Prüf- und Führungsgröße beiten von Rizzolatti et al. (1996) zurückgehen.
der Bewegungsausführung ist (Wei & Luo, 2009). Rizzolatti und Kollegen fanden im prämotorischen
Kortex von Affen Neuronen, die bereits bei der rei-
Mentales Training der symbolisch markierten nen Beobachtung einer Tätigkeit aktiviert waren,
und rhythmisierten Knotenpunkte so, als würden die zuschauenden Affen die Aktion
Im nächsten Schritt des Stufenmodells von Ebers- selbst ausführen. Das bedeutet: Während der Affe
4 pächer wird die entwickelte Bewegungsvorstellung sieht, wie ein anderer Affe eine Erdnuss nimmt
mental trainiert. Der Vorteil dieses sprachlich- und verzehrt, »spielt« er diese Situation innerlich
symbolischen Zugangs besteht darin, dass durch nach: Er spiegelt das motorische Verhalten seines
das Aufschreiben der Bewegungsvorstellung der Artgenossen und zeigt damit, dass er es nachvoll-
Trainer und der Athlet ihre Kommunikation im ziehen kann (Bauer, 2006).
Trainingsprozess verbessern können. Der Trainer Dass auch der Mensch motorische Gehirnregi-
kann dann Korrekturen exakter formulieren, und onen allein über das Beobachten von Bewegungen
der Athlet hat einen schriftlich fixierten Bewe- aktiviert, konnten Iacoboni et al. (1999) zeigen,
gungsablauf, der weiter optimiert und modifiziert indem sie die Hirnaktivität bei Probanden maßen,
werden kann und so eine externe Stütze der Bewe- die Fingerbewegungen beobachteten. Handlungen,
gungsvorstellung darstellt. Insofern sollte im tägli- die bei anderen Menschen wahrgenommen wer-
chen Trainingsablauf auch das Erleben des Sport- den, aktivieren im Gehirn des Beobachters ein
lers im Vordergrund stehen. Der Trainer sollte eigenes motorisches Schema, und zwar genau das-
versuchen, an dieses Erleben anzuknüpfen. Somit selbe, das zuständig wäre, wenn er die beobachtete
ist das Zuhören ein wesentliches Kommunikations- Handlung selbst ausgeführt hätte (Avikainen et
instrument im Trainingsalltag. al., 2002; Ram et al., 2007). Von der wahrge-
Allerdings ist hierbei immer zu bedenken, dass nommenen Handlung wird eine interne neuronale
einige Athleten Schwierigkeiten haben, nichtvisu- Kopie hergestellt, so, als vollzöge der Beobachter
elle Vorstellungsinhalte, insbesondere kinästheti- die Handlung selbst (Bauer, 2006). Auch aus lern-
sche Erfahrungen, zu verbalisieren. Es fällt in der theoretischen Ansätzen wird die besondere Ef-
Praxis immer wieder auf, dass in solchen Fällen fektivität des Beobachtungslernens hervorgehoben
nur raum-zeitliche Bewegungsinformationen in (Sweller, 1988; Sweller & Sweller, 2006).Wie das
die Bewegungsbeschreibung einfließen. Hier bietet System der Spiegelneurone funktioniert, erklärt
es sich an, eher über räumlich-bildhafte oder kin- Bauer (2006) anschaulich am Beispiel eines Flugsi-
ästhetische Ansätze den Aufbau der Bewegungs- mulators (7 Kasten).
vorstellung anzugehen.
Dass das Beobachten von Handlungen sich ins- 4.1.3 Kinästhetische Ansätze
besondere zur Entwicklung einer Bewegungsvor-
stellung eignet, betont Bauer (2006). Ihm zufolge Beim kinästhetischen Ansatz wird versucht, durch
ist eine raum-zeitliche Vorstellung einer Bewe- die Erinnerung an bestimmte, intensive Bewe-
gung das Mindeste, was die Beobachtung oder das gungserfahrungen eine Bewegungsvorstellung zu
Miterleben einer Handlung anderer Personen in generieren, in die insbesondere kinästhetische In-
jedem Fall auslöst. Dies gilt grundsätzlich auch für formationen einfließen.
beobachtete Bewegungen, die dem Beobachter bis- Mulder (2007) bemerkt hierzu, dass der
her noch nicht bekannt waren. Der Vorstellungs- Mensch über die Fähigkeit verfügt, von seinen Er-
aufbau über die Beobachtung eines Modells oder innerungen und Emotionen Gebrauch zu machen,
einer Videoaufzeichnung bietet sich insbesondere um seinem gegenwärtigen Verhalten eine Form
. Abb. 4.1 Videogestützte Bewegungsanalyse der Absprungbewegung bei Skispringern, © Peter Dick
30 Kapitel 4 · Mentales Training erlernen und anwenden
zu geben. Mulder knüpft in seiner Argumenta- Sportler wird direkt nach einer optimalen Bewe-
tion an die Traumaforschung an, aus der bekannt gungsausführung aufgefordert, das gerade wahr-
ist, wie stark negative Erlebnisse und Erfahrun- genommene Bewegungserlebnis in der Vorstellung
gen das Verhalten eines Menschen verändern kön- noch einmal ablaufen zu lassen.
nen. Wenn negative Erinnerungen zu einer Reihe Nach Wriessnegger et al. (2014) ist das Men-
physiologischer Symptome und Vermeidungsre- tale Training nach vorangegangener praktischer
aktionen führen können, warum sollten positive Durchführung besonders effektiv, auch weil die
Erinnerungen dann nicht für das Erlernen von Sportler berichten, dass ihnen diese Methode zur
4 Verhaltensweisen genutzt werden können? Mulder Vorstellungsgenerierung sehr leicht fällt.
(2007) schildert hierzu ein eindrucksvolles Beispiel
> Häufig wird in der praktischen Anwendung
aus seiner therapeutischen Praxis (7 Beispiel 4.4).
eine Kombination der drei Ansätze genutzt.
So werden im Sport beispielsweise Bewe-
Beispiel 4.4: Physiotherapie bei Reflexdystrophie
gungsbeschreibungen verfasst, und man
(nach Mulder, 2007)
versucht, diese durch intensives Videostu-
Vor einigen Jahren lernte Mulder in Nijmegen eine 75-
dium zu differenzieren. Häufige Nachfragen
jährige Frau kennen, die mit der Diagnose Reflexdys-
des Trainers nach gelungenen Handlungsse-
trophie schon sechs Jahre im Rollstuhl verbracht hatte.
quenzen und den Empfindungen des Athle-
Mulder beschreibt ihren Gang als mühsam, schlurfend
ten während des Bewegungsablaufs sollen
und schmerzhaft. Das Fußgelenk schien vollkommen
schließlich dazu beitragen, dass die Bewe-
unbiegsam an ihrem Fuß befestigt zu sein. Viele The-
gungsvorstellung der aktuellen Leistungsent-
rapeuten hatten sich im Laufe der Jahre schon an
wicklung stetig angepasst wird.
diesem Krankheitsbild die Zähne ausgebissen. Aus Ge-
sprächen mit der Dame erfuhr Mulder, dass sie früher
eine leidenschaftliche Tänzerin und 1945 hoffnungslos
in einen kanadischen Offizier verliebt gewesen war. 4.2 Arten des
Mulder versuchte nun, diese viele Jahre alten Vorstellungstrainings
Erinnerungen für das Aufbrechen ihrer Pathologie
einzusetzen. Er besorgte Musik, wie sie 1945 gespielt Um in der Praxis erfolgreich mit Mentalem Trai-
worden war, und konstruierte einen Kontext, in dem ning zu arbeiten, sind folgende Vorbedingungen
die Erinnerungen der Frau eine dominante Rolle spiel- hilfreich (Eberspächer, 2001), wenn auch keine
ten. Langsam und über Umwege (aufstehen, sich fest- zwingenden Voraussetzungen:
halten, sich drehen) brachte Mulder die Dame dazu, 4 Der Trainierende muss mit der zu trainieren-
wieder zu tanzen, während sie von damals erzählte den Bewegung bereits Eigenerfahrung haben
und sich an die Gegebenheiten erinnerte. (Olsson & Nyberg, 2011; Wriessnegger et al.,
Mulder schildert, wie dieser Therapieansatz der 2014). Das bedeutet, die Bewegung muss be-
Frau Tag für Tag ein wenig weiter aus ihrem Rollstuhl kannt sein. Neu zu erlernende Bewegun-
heraushalf. Zusätzlich sang sie die Melodien mit und gen können jedoch in bekannte Bewegungs-
war oft tief ergriffen. Langsam, aber sicher verbes- teile aufgeteilt werden, und diese Bewegungs-
serte sich ihr motorischer Zustand. Die Erinnerung teile können separat oder in bestimmter
und die Musik schienen den Zugang zu ihrer Motorik Reihung vorgestellt werden. In einer Studie
zu eröffnen und zu beeinflussen. Das Resultat nach von Mulder et al. (2004) konnte gezeigt wer-
nur sechs Wochen täglichen Trainings war beeindru- den, dass so auch völlig unbekannte Bewegun-
ckend: Die Patientin tanzte mit dem Therapeuten gen mithilfe des Mentalen Trainings gelernt
und führte viele Aufgaben aus, die vorher undenkbar werden können.
gewesen waren. 4 Mentales Training funktioniert am besten,
wenn der Trainierende in der Lage ist, sich
Der kinästhetische Ansatz eignet sich insbesondere den Bewegungsablauf, den er trainieren will,
für den Einsatz vor Ort, z. B. am Trainingsort. Der außerordentlich lebhaft vorzustellen. Derart
4.2 · Arten des Vorstellungstrainings
31 4
lebhafte Vorstellungen können körperliche führung immer am individuellen Optimum ori-
Reaktionen auslösen, wie man sie z. B. vom entiert. In der Praxis spricht man hier auch vom
körperlichen Training kennt – z. B. auch »Kopfkino«, einem inneren Film von der eigenen
kleine Mitbewegungen. Guillot et al. (2013) Person, der im Kopf abläuft.
berichten dementsprechend, dass diese leich-
ten Mitbewegungen beim Mentalen Training
einen positiven Einfluss auf den Effekt des 4.2.3 Mentales Training aus der
Mentalen Trainings haben (7 Kap. 6). Innenperspektive
4 Das Mentale Training erzielt seine lern- und
leistungssteigernden Wirkungen am effektivs- Bei dieser Form des Mentalen Trainings ruft man
ten, wenn es im Wechsel mit motorischem sich die Innenperspektive einer Bewegung ins
Training eingesetzt wird (7 Kap. 5). Bewusstsein. Das bedeutet, man erlebt die Be-
wegungsausführung, vollzieht sie unter Einbezug
Beim mentalen Trainieren unterscheidet man nach möglichst vieler Sinnesmodalitäten nach.
Eberspächer (2001) folgende Arten des Vorstel- Hier sind sportartspezifische Variationen zu
lungstrainings: beobachten. So berichten z. B. Skifahrer, Rodler
4 mental-sprachliches Training, und Motorradfahrer häufig von akustischen Vor-
4 Mentales Training aus der Beobachterperspek- stellungsinhalten wie unterschiedlichen Motoren-
tive, geräuschen, den Geräuschen der Skier auf der
4 Mentales Training aus der Innenperspektive. Piste oder der Kufen auf dem Eis.
Voraussetzung für das Mentale Training aus
der Innenperspektive ist es, sich intensiv in die
4.2.1 Mental-sprachliches Training inneren Prozesse, die für eine möglichst optimale
Ausführung der Bewegung notwendig sind, hin-
Beim mental-sprachlichen Training vergegenwär- einzuversetzen, um diese Prozesse später in der
tigt sich der mental Trainierende den entsprechen- Vorstellung abrufen zu können. Je lebhafter die
den Bewegungsablauf per Selbstgespräch. Dieses Vergegenwärtigung gelingt (insbesondere hin-
Selbstgespräch sollte exakt so lange dauern wie sichtlich der kinästhetischen Bewegungsanteile),
die tatsächliche Bewegungsdurchführung, und es desto intensiver ist die Wirkung des Mentalen
sollte an den Bewegungsrhythmus angepasst sein. Trainings.
Zu diesem Zweck empfiehlt es sich, die zum Auf-
> Das mental-sprachliche Training eignet sich
bau der Bewegungsvorstellung entwickelten Kurz-
am besten für den Einstieg in das Mentale
formeln der Bewegung (wie sie bei den sprach-
Training, wobei häufig das Mentale Training
lich-symbolischen Ansätzen beschrieben wurden;
aus der Innenperspektive als Zieltrainings-
7 Kap. 4.1.1) anzuwenden.
form angegeben wird (Eberspächer, 2001).
Wie effektiv ist das Mentale Training im Vergleich zum Ziel der Leistungssteigerung lassen sich aufgaben-
praktischen Training – kann man genauso wirksam im übergreifend die im 7 Kasten zusammengefassten
Kopf trainieren, oder hat praktisches Training entschei- Ergebnisse feststellen (Murphy, 1994; Munzert,
dende Vorteile? 2001).
Gerade zu dieser Fragestellung wurden etliche Un-
tersuchungen in den verschiedensten Anwendungsfel-
dern und bei unterschiedlichen Bewegungsaufgaben Ergebnisse von Wirksamkeitsuntersuchungen
durchgeführt. Im Anwendungsteil (7 Kap. 8–10) des zum Mentalen Training
Buches wird detailliert erläutert, wie und auf welche 4 Mentales Training ist wirksamer als kein
Art und Weise das Mentale Training in den Anforde- Training.
rungsbereichen Sport, Rehabilitation und Arbeit/Wirt- Das bedeutet, es gibt einen grundsätzlichen
5 schaft eingesetzt wird und welche Wirkung man sich Effekt des Mentalen Trainings. Dies ist natür-
davon versprechen kann. lich relevant für alle Anwendungsbereiche,
Im Folgenden soll zunächst allgemeiner über Ana- in denen kein praktisches Training möglich
lysen berichtet werden, die Aufschluss darüber geben, ist, wie z. B. in trainingsfreien Zeiten im
inwieweit die Effektivität des Mentalen Trainings über- Sport, Regenerationszeiten, Verletzungs-
haupt als empirisch fundiert angesehen werden kann oder Rehabilitationsphasen.
und welche allgemeinen Einflussgrößen beachtet wer- 4 Der Effekt des Mentalen Trainings ist gerin-
den müssen. ger als der Effekt des praktischen Trainings.
Dies ist sehr zentral für den praktischen
Umgang mit dem Mentalen Training: Men-
5.1 Wirksamkeitsstudien, tales Training kann und soll das praktische
Metaanalysen und Reviews Training nicht ersetzen, sondern vielmehr
ergänzen.
Mentales Training kann unter verschiedenen Ge- 4 Die Kombination von Mentalem Training
sichtspunkten eingesetzt werden, z. B. zum be- und praktischem Training verspricht den
schleunigten Erlernen neuer Bewegungen, zur Op- größten Leistungszuwachs.
timierung, Stabilisierung und Automatisierung Insofern wird auch deutlich, dass es sich
von Bewegungen, zur Emotionsregulation (z. B. beim Mentalen Training in der Praxis um ein
bei Ängsten) oder zur Steigerung der Kompetenz- zusätzliches Training handeln soll. Nur in
überzeugung. wenigen Ausnahmen sollte Mentales Trai-
Vor allem in den 1970er-Jahren wurde eine ning auch praktisches Training ersetzen, um
Vielzahl von Untersuchungen zum Mentalen z. B. die Belastung zu reduzieren.
Training durchgeführt. Zur Untersuchung der
Wirksamkeit des Mentalen Trainings hat sich im
methodischen Vorgehen folgendes Vier-Gruppen- Diese Wirkungen des Mentalen Trainings erschei-
Messwiederholungsparadigma durchgesetzt: nen vielleicht auf den ersten Blick nicht sonderlich
4 Gruppe 1 (Kontrolle): Kein Training (in der spektakulär, da bereits aus der Alltagserfahrung
Regel Beschäftigung mit irrelevantem Stimu- erwartet wird, dass eine – wie auch immer gear-
lus), tete – Mehrbeschäftigung mit einer (Bewegungs-)
4 Gruppe 2: Mentales Training, Aufgabe auch mehr Lern- bzw. Leistungszuwachs
4 Gruppe 3: Praktisches Training, versprechen sollte. Dennoch wird die Erkenntnis,
4 Gruppe 4: Mentales und praktisches Training dass ein systematisches Vorstellen von Bewegungs-
im Wechsel. elementen zur Lern- und Leistungssteigerung
führt, in vielen Anwendungsbereichen noch un-
In diesem Untersuchungsparadigma ist die Wir- zureichend genutzt. Eine weitere Etablierung wird
kung des Mentalen Trainings bei unterschiedli- nur durch den wissenschaftlichen Nachweis der
chen Bewegungsaufgaben nachgewiesen. Mit dem Wirksamkeit und eine möglichst exakte Beschrei-
5.1 · Wirksamkeitsstudien, Metaanalysen und Reviews
37 5
bung der zu erwartenden Effektgröße erreicht wer- Es bestätigt sich weitgehend, dass Mentales Trai-
den können. ning effektiver ist, als gar nicht zu trainieren, aller-
Nach Munzert (2001) ist es daher auch aus an- dings wird die Effektivität von praktischem Trai-
wendungsorientierter Perspektive interessant, den ning nicht erreicht.
»reinen« Effekt mentalen Trainings demonstrieren Grouios (1992a) kommt in einem Review zu
und bestimmen zu können. Hierzu wurden Meta- dem Fazit, dass Mentales Training, kombiniert
analysen durchgeführt, in denen jeweils eine mehr oder im Wechsel mit praktischem Training, effek-
oder minder große Anzahl von experimentellen tiver ist als eine der beiden Trainingsformen allein.
Studien zusammengefasst wurde und aufgaben- Mentales Training kann physisches Training nicht
übergreifende Effekte festgestellt werden sollten. ersetzen, aber dieses zumindest wesentlich ergän-
zen. Zudem scheint es besonders zu Beginn und
Studienergebnisse am Ende eines Lernprozesses effektiv zu sein.
Die am häufigsten zitierte Metaanalyse von Feltz u. Diese Trends bestätigt die bislang umfas-
Landers (1983), erweitert durch Feltz et al. (1988), sendste Metaanalyse, die 1994 von Driskell et al.
hat den Nachteil, dass sie sehr heterogene Trai- vorgelegt wurde. Neben dem bereits erwarteten
ningsmaßnahmen (u. a. kombinierte Verfahren, Befund, dass Mentales Training ein effektives Trai-
z. B. Mentales Training in Kombination mit Ent- ningsverfahren zur Leistungsoptimierung darstellt,
spannungsverfahren und positiven Selbstinstruk- das allerdings weniger effektiv ist als praktisches
tionen) unter Mentalem Training zusammenfasst Training, kommen Driskell et al. (1994) ebenfalls
(Immenroth et al., 2008). Damit ist es natürlich zu dem Ergebnis, dass Mentales Training umso
schwer, dem Mentalen Training an sich eine iso- stärker wirkt, je größer die kognitiven Anteile der
lierte Wirkung zuzuschreiben. Aufgaben sind. Allerdings ist ein Effekt auch bei
Dennoch sei erwähnt, dass Feltz und Landers eher motorischen Aufgaben nachgewiesen. Um-
(1983) und Feltz et al. (1988) Mentalem Training gekehrt ist die Wirkung des Mentalen Trainings
grundsätzlich Wirksamkeit attestieren, allerdings umso geringer, je mehr Kraft und Koordination
mit der Einschränkung, dass das Mentale Training eine Aufgabe beansprucht. Dieser Effekt ist aller-
bei Bewegungsaufgaben, die mehr kognitive Anteile dings für Anfänger stärker als für Fortgeschrittene.
enthalten, wirkungsvoller ist als bei Aufgaben mit Bei Fortgeschrittenen gibt es hinsichtlich des zu
vermehrt motorischen Anteilen. Eine eher kognitive erwartenden Effekts keinen Unterschied zwischen
Bewegungsaufgabe ist eine Aufgabe, bei der z. B. be- kognitiven oder motorischen Aufgaben.
stimmte zeitliche und räumliche Parameter durch- Um die Wirkung eines Verfahrens möglichst
laufen werden müssen, beispielsweise das Durch- genau bestimmen zu können, bedient man sich des
laufen eines Labyrinths oder das Durchfahren eines Wertes der Effektstärke. Diese ist ein standardisier-
Slaloms. Eine eher motorische Aufgabe wäre z. B. tes statistisches Maß, das das Ausmaß der Wirkung
das Sitzen in einem Rennkajak, ohne umzukippen. eines Verfahrens angibt, wobei Effektstärken um
In eine Metaanalyse von Hinshaw aus dem Jahr d = 0,2 als klein und Effektstärken um d = 0,8 als
1991 wurden 21 Studien einbezogen, die nach be- groß eingeschätzt werden (Bortz & Döring, 1995).
stimmten, die methodische Qualität betreffenden Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Effekt-
Auswahlkriterien veröffentlicht worden waren. Es stärken von diversen Faktoren beeinflusst werden.
konnte gezeigt werden, dass Beim Mentalen Training ist dies in erster Linie die
4 die Leistungsentwicklung in der praktischen Art der trainierten Bewegungsaufgabe (bei eher
Trainingsgruppe generell höher ist als in der kognitiven Aufgaben sind höhere Effektstärken
mentalen Trainingsgruppe zu erwarten als bei eher motorischen Aufgaben).
und Dennoch haben einige Autoren versucht, allge-
4 beide Trainingsformen für sich einen signifi- meine Effektstärken des Mentalen Trainings zu
kant größeren positiven Einfluss auf die Leis- bestimmen.
tung haben als die Kontrollbedingung (kein Feltz und Landers (1983) berichten in ihrer
Training). Metaanalyse von einer durchschnittlichen Effekt-
38 Kapitel 5 · Wirksamkeit des Mentalen Trainings
stärke von 0,48. In der methodisch optimierten et al. (2004) zeigen diesen Effekt auch für eine
Überarbeitung der Metaanalyse von Feltz et al. größere Muskelgruppe (Ellbogenbeuger), und Zij-
(1988) wurde eine Effektstärke von 0,43 berech- dewind et al. (2003) berichten diesen Effekt bei der
net. Hinshaw (1991) konnte in ihrer Metaanalyse Plantarflexion des Sprunggelenks, auch wenn die
(21 Studien wurden einbezogen) eine allgemein- Effekte weniger deutlich ausfallen.
durchschnittliche Effektstärke des Mentalen Trai- Ranganathan et al. (2002) zeigen, dass die
nings von 0,68 ermitteln. Driskell et al. (1994) Größe des Effekts von der gewählten Vorstellungs-
finden höhere Effektstärken bei kognitiven Bewe- modalität beeinflusst wird. Vorstellungen, die ki-
gungsaufgaben (0,69) als bei motorischen Bewe- nästhetische Informationen beinhalten, führen
gungsaufgaben (0,34). demnach zu stärkeren Effekten als rein visuelle
Vorstellungen.
5 Zusammenfassung der Ergebnisse. Die wich- Mit dieser Erklärung sind auch widersprüch-
tigsten Ergebnisse der zitierten Studien lassen sich liche Ergebnisse, beispielsweise von Herbert et al.
wie folgt zusammenfassen: (1998), einzuordnen. Herbert et al. (1998) konnten
4 Bei kognitiven Bewegungsaufgaben zeigen in ihrer Untersuchung eines achtwöchigen men-
sich höhere Effektstärken als bei motorischen talen Trainingsprogramms, keinen signifikanten
Bewegungsaufgaben. Kraftzuwachs gegenüber einer Kontrollgruppe
4 Die Größe des Effekts wird dabei auch von der nachweisen. Nach Reiser (2005) ist dies mögli-
gewählten Vorstellungsmodalität beeinflusst. cherweise darin begründet, dass in der eingespiel-
Vorstellungen, die kinästhetische Informatio- ten Instruktion zur Vorstellung (»Get ready to
nen beinhalten, führen demnach zu stärkeren imagine producing a maximal contraction«) un-
Effekten als rein visuelle Vorstellungen. klar blieb, was genau sich die Versuchspersonen
vorstellen sollten, und eben nicht – wie in den Stu-
Effekte des Mentalen Trainings bei rein dien, die positive Effekte berichten – ausdrücklich
motorischen Aufgaben auf die Vorstellung von Kinästhetik hingewiesen
Die Effekte des Mentalen Trainings, wie sie bis wird (7 Kap. 4).
hierher dargestellt wurden, beziehen sich auf das In einer Studie von Reiser (2005) wurde die
Lernen und Optimieren von Bewegungen. Insbe- Wirkung des Mentalen Trainings auf die isometri-
sondere die Metaanalyse von Driskell et al. (1994) sche Maximalkraft im Verlauf eines vierwöchigen
kommt zu dem Ergebnis, dass durchaus auch bei Trainings untersucht. Vor, während und am Ende
Aufgaben mit motorischem Charakter Mentales der Trainingsphase wurde die Relativkraft (isome-
Training sinnvoll eingesetzt werden kann, auch trische Maximalkraft, relativiert am Körperge-
wenn die Effekte weniger stark ausgeprägt zu sein wicht) erfasst. Im Gegensatz zur Kontrollgruppe
scheinen. An dieser Stelle sind Befunde erwäh- (kein Training) verzeichnete die mental übende
nenswert, die sogar deutliche Effekte des Mentalen Gruppe einen signifikanten Kraftgewinn (5,7 %).
Trainings bei rein motorischen Aufgaben wie Ma- Die Kraftgewinne der praktisch trainierenden
ximalkraftaufgaben berichten (z. B. Reiser, 2005; Gruppe (14,1 %) werden allerdings nicht erreicht.
Reiser et al., 2011). Der stärkste Vorstellungseffekt findet sich dabei zu
Yue u. Cole (1992) haben in einer Untersu- Beginn der Trainingsphase. Der Kraftanstieg in-
chung zeigen können, dass das Vorstellen maxi- folge des Mentalen Trainings wird als Verbesserung
maler Muskelkontraktionen (hier wurde die Ab- der muskulären Aktivierung und somit als Anpas-
duktion des kleinen Fingers trainiert) zu einer sung der zentralen Programmierung interpretiert.
vergleichbaren Verbesserung der isometrischen Für einen Kraftanstieg in der frühen Trai-
Maximalkraft führt wie ein tatsächlich durchge- ningsphase spricht auch eine Studie von Shackell
führtes Krafttraining. Smith et al. (2003) berich- und Standing (2007). Sie zeigten mit einer Un-
ten ebenfalls, dass durch ein reines Vorstellungs- tersuchung an 30 Leistungssportlern verschiede-
training die Abduktionskraft des kleinen Fingers ner Sportarten (Football, Basketball, Rugby), dass
signifikant gesteigert werden kann. Ranganathan ein Mentales Training einer Kräftigungsübung der
5.2 · Beeinflussende Variablen
39 5
Hüftbeuger über zwei Wochen mit fünf Trainings- gewinnen, bei der Siegerehrung einen Pokal in
einheiten pro Woche zu einem Kraftanstieg führte Empfang zu nehmen),
(praktisches Training: 28 %, Mentales Training: 4 kognitiv/generell (Vorstellungsinhalte, die sich
24 %, keine Verbesserung bei der Kontrollgruppe). auf situationsübergreifende Wettkampfstrate-
gien beziehen, z. B. allgemeintaktisches offensi-
Zusammenfassung der Ergebnisse. Bei Aufga- ves/defensives Vorgehen im Mannschaftssport),
ben mit motorischem Charakter kann Mentales 4 kognitiv/spezifisch (Vorstellungsinhalte, die
Training sinnvoll eingesetzt werden. Es wurden sich auf einen konkreten Bewegungs- oder
positive Effekte auch bei rein motorischen Aufga- Handlungsablauf beziehen).
ben wie Maximalkraftaufgaben festgestellt.
Die kognitiven Funktionen des Mentalen Trainings
> Insgesamt können folgende Ergebnisse zur
besitzen im Vergleich zu den motivationalen Funk-
Wirkung des Mentalen Trainings festgehalten
tionen für die grundlagenwissenschaftliche und an-
werden: Bei kognitiven Bewegungsaufgaben
wendungsbezogene Sportpsychologie eine wesent-
zeigen sich höhere Effektstärken als bei mo-
lich höhere Relevanz (vgl. Immenroth et al., 2008).
torischen Bewegungsaufgaben. Aber auch
Allerdings gibt es auch entsprechende Nach-
bei Aufgaben mit motorischem Charakter
weise für die motivationale Funktion des Mentalen
kann Mentales Training sinnvoll eingesetzt
Trainings. So konnten Page et al. (1999) in einer
werden. Es wurden sogar positive Effekte
Untersuchung an 40 Leistungsschwimmern fest-
bei rein motorischen Aufgaben wie Maxi-
stellen, dass Mentales Training die wahrgenom-
malkraftaufgaben gezeigt. Die Effekte bei
mene Wettkampfangst reduziert und zu einer Stei-
motorischen Aufgaben sind allerdings weni-
gerung des Selbstvertrauens führt. Der Einfluss des
ger stark ausgeprägt als die Effekte bei kog-
Mentalen Trainings auf die wettkampfbezogene
nitiven Aufgaben. Die Größe des Effekts des
Kompetenzüberzeugung ist schon mehrfach Ge-
Mentalen Trainings wird dabei auch von der
genstand wissenschaftlicher Untersuchungen ge-
gewählten Vorstellungsmodalität beeinflusst.
wesen. Durchgängig werden positive Effekte be-
Vorstellungen, die kinästhetische Informatio-
schrieben (Morris et al., 2005; Weinberg 2008;
nen beinhalten, führen zu stärkeren Effekten
Levy et al., 2011).
als rein visuelle Vorstellungen.
Diese Effekte des Mentalen Trainings auf leis-
Neben der Optimierung von Handlungs- und Be- tungsrelevante psychologische Variablen sind si-
wegungsabläufen werden in der anwendungsbezo- cherlich auch damit zu erklären, dass die Vorstel-
genen Sportpsychologie noch weitere Funktionen lung und das Nachvollziehen des eigenen positiven
des Mentalen Trainings unterschieden. Dabei wird und optimalen Handelns auch negatives Konse-
im Allgemeinen die Kategorisierung von Paivio quenzdenken unterbindet, das häufig als Auslöser
(1985) herangezogen, in der die zwei unabhän- für Wettkampfängste oder unzureichende Selbst-
gigen Dimensionen kognitiv/motivational und wirksamkeitserwartung angesehen wird.
spezifisch/generell unterschieden werden (vgl.
Immenroth et al., 2008). Aus diesem Kategori-
sierungssystem ergeben sich vier Funktionen des 5.2 Beeinflussende Variablen
Mentalen Trainings (vgl. dazu auch Munroe et al.,
2000; Short et al., 2005): Vorstellungsfähigkeit
4 motivational/generell (Vorstellungsinhalte, die Bisherige Arbeiten (u. a. Hinshaw, 1991) zeigen,
sich auf emotionale Zustände beziehen, z. B. dass für die Wirksamkeit des Mentalen Trainings
die Bewältigung von schwierigen Wettkampf- ganz unterschiedliche vermittelnde Variablen von
situationen), Bedeutung sind. Einen entscheidenden Einfluss
4 motivational/spezifisch (Vorstellungsinhalte, hat die Vorstellungsfähigkeit (Morris et al., 2005).
die sich auf spezielle motivierende Ziele be- Nach Bell (1983) scheinen diesbezüglich große
ziehen, z. B. einen bestimmen Wettkampf zu interindividuelle Unterschiede vorzuliegen, wo-
40 Kapitel 5 · Wirksamkeit des Mentalen Trainings
bei hier in erster Linie das Fertigkeitsniveau aus- auf die Effektivität des Mentalen Trainings aus. Au-
schlaggebend sein dürfte. Um die Vorstellungsfä- ßerdem ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Wirk-
higkeit zu erfassen und die methodischen Schritte samkeit des Mentalen Trainings über alle Fertig-
bei der Einführung des Mentalen Trainings darauf keitsstufen hinweg homogen ist, d. h., ein Novize
abzustimmen, empfehlen sich die bereits oben vor- wird bei ein und derselben Aufgabe einen anderen
gestellten Verfahren (7 Kap. 4.3). Nutzen für sich erzielen als ein Fortgeschrittener.
Dennoch zeigen die vorliegenden Befunde, dass
Wirksamkeitserwartung Mentales Training auch von Anfängern sinnvoll
Eine wichtige Rolle für die Entstehung intensiver eingesetzt werden kann (Blair et al., 1993). So muss
und lebhafter Vorstellungen spielt die Wirksam- beispielsweise die zu erlernende Gesamtbewegung
keitserwartung (Gray et al., 1984; Bandura, 1977), nicht vollständig bekannt sein, um sie effektiv men-
5 also die Überzeugung, lern- und leistungsoptimie- tal zu trainieren. Es ist es oft ausreichend, die we-
rende Vorstellungen auch selbst erzeugen zu kön- sentlichen Teilbewegungen zu kennen und diese in
nen. Wie in 7 Kap. 4.3 bereits angedeutet, erscheint der Vorstellung aneinanderzureihen (diese Methode
die Ausprägung der Wirksamkeitserwartung für wird z. B. häufig in kompensatorischen Sportarten
den langfristigen Erfolg des Mentalen Trainings zum Erlernen neuer Bewegungsmuster angewandt).
sogar wesentlicher zu sein als die Vorstellungsfä-
higkeit an sich (Short et al., 2005). Alter der Trainierenden
Es stellt sich an dieser Stelle die grundsätzliche
Aktivierungsgrad Frage, ab welchem Alter Mentales Training eine
Als weiterer wichtiger Einflussfaktor im Hinblick sinnvolle Trainingsmethode darstellt und inwie-
auf die Wirksamkeit des mentalen Trainings wird weit z. B. auch der Kinder- und Jugendhochleis-
der Aktivierungsgrad diskutiert. In Abhängigkeit tungssport davon profitieren kann.
von den Inhalten des Mentalen Trainings und dem Nach Munzert et al. (2000) haben entwick-
aktuellen Erregungszustand liegen sowohl positive lungspsychologische Studien (Kosslyn et al., 1990;
als auch negative (z. B. Gray et al., 1984) Zusam- Marmor, 1975) gezeigt, dass sich Vorstellungsleis-
menhänge zwischen Aktivierungsgrad und Wirk- tungen schon sehr früh herausbilden. So können
samkeit des Mentalen Trainings vor. Aufgaben zur mentalen Rotation von vorgestellten
Ein entspannter Wachzustand ist keine not- Gebilden schon mit sechs Jahren problemlos be-
wendige Voraussetzung für eine effektive Durch- wältigt werden, und auch das Vorstellen von Bewe-
führung des Mentalen Trainings (Louis, Collet & gungen ist bereits ab dem fünften Lebensjahr
Guillot, 2011). Allerdings ist in vielen Anwen- möglich, auch wenn die Qualität der Bewegungs-
dungsbereichen eine kurze Entspannungsphase vorstellung zu diesem Zeitpunkt noch großen
vor dem eigentlichen Mentalen Training durchaus Schwankungen unterworfen ist (vgl. Gabbart,
hilfreich und zu empfehlen, um sich stärker auf die 2009; Caeyenberghs et al., 2009; Hoyek et al.,
Innenwelt konzentrieren zu können (Eberspächer, 2009). Munzert et al. (2000) können zeigen, dass in
2001). Damit ist die Entspannungsphase als Hin- dem für viele Sportarten wichtigen Alter von zehn
führung zum Mentalen Training zu verstehen, die Jahren detaillierte und lebendige sportspezifische
eine entsprechende Aufmerksamkeitsfokussierung Vorstellungen gebildet werden können.
ermöglicht.
In der Medizin wurde bereits relativ früh erkannt, dass 6.1 Den Wirkmechanismen
sich Krankheiten oder Beschwerden bessern können, auf der Spur: Periphere
obwohl nur Placebos statt echten Medikamenten ver- Begleiterscheinungen
abreicht wurden. Der Begriff »Placebo« bedeutet: »Ich des Mentalen Trainings
werde gefallen«. Es handelt sich dabei um Tabletten,
Säfte, Kapseln usw., die wie ein echtes Medikament Um zu erklären, wie Vorstellungen sich auf das
aussehen, aber keine Wirksubstanz enthalten (Beecher, Bewegen und Handeln auswirken, und somit auch
1955; Harrington, 1999). Allein die Vorstellung, etwas die Anwendungsmöglichkeiten des Mentalen Trai-
Wirksames erhalten zu haben, kann demnach beim nings zu prüfen und ggf. zu rechtfertigen, wurden
Heilungsprozess eine wichtige Rolle spielen (Harring- schon früh zahlreiche Untersuchungen durchge-
ton, 1999). führt. Ziel dieser Studien war es zu zeigen, dass die
Als Grundprinzip des Placebo-Phänomens kann zentralen Prozesse beim Mentalen Training denen
festgehalten werden, dass auf systematische Weise Vor- der praktisch durchgeführten Bewegung entspre-
6 stellungen beim Patienten in Gang gesetzt werden, die chen. Dazu wurden folgende Ansätze verfolgt:
die körpereigenen Abwehr- und Heilkräfte mobilisieren. 4 Vergleich der elektromyographischen (EMG-)
Mittlerweile gibt es eine Reihe von systematischen The- Aktivität in der Muskulatur bei real durchge-
rapieverfahren auf der Basis von Vorstellungsprozessen, führter und vorgestellter Bewegung,
wie sie beispielsweise von Simonton et al. (1996) im 4 Vergleich der zeitlichen Dauer von real durch-
Rahmen der Onkologie beschrieben werden (7 Kap. 9). geführter und vorgestellter Bewegung,
Der Ursprung der wissenschaftlichen Beschäf- 4 Vergleich der peripheren, physiologischen
tigung mit Vorstellungen und deren Auswirkungen (kardiovaskulären) Begleiterscheinungen bei
auf Bewegungen, bezogen auf die Lern- oder Leis- real durchgeführter und vorgestellter Bewe-
tungssteigerung, sind wohl die Untersuchungen von gung.
Lotze Mitte des 19. Jahrhunderts (Immenroth et al.,
2008). Lotze (1852) beschrieb das Phänomen, dass die
Bewegungsvorstellung bzw. -wahrnehmung zum Mit- 6.1.1 Studien zur EMG-Aktivität
vollzug »mit leisen Bewegungen« (Lotze, 1852, S. 293)
führen kann. Bekannt geworden ist dieses Phänomen Eine der ersten Studien, die den 1894 von Car-
unter dem Begriff des »Carpenter-Effekts«. Carpenter penter vorgestellten Effekt (s. oben) belegen sollte,
stellte 1894 ein ideomotorisches Prinzip vor, wonach dass bei der intensiven Vorstellung einer Bewe-
bei der intensiven Vorstellung einer Bewegung äqui- gung ähnliche Muskelpotenziale messbar seien wie
valente Muskelpotenziale messbar seien wie bei der bei der tatsächlichen Durchführung dieser Bewe-
tatsächlichen praktischen Durchführung dieser Bewe- gung, geht auf Jacobson (1932) zurück.
gung (Hinshaw, 1991; Immenroth et al., 2008). Jacobson maß während des Mentalen Trai-
Jastrow führte 1892 eine Studie zu sogenannten nings die Aktionspotenziale in den entsprechen-
unfreiwilligen Bewegungen durch. Dazu entwickelte er den Muskelgruppen. Dabei bekamen Probanden
den Automatographen, der sämtliche Bewegungen der nach einer Entspannungsphase (= gerade Linie auf
Hand in horizontaler Ebene aufzeichnete. Das Ergebnis dem Messgerät) Anweisungen wie »Stell Dir eine
der Untersuchung war, dass die Hand unbewusst dem Beugung des rechten Arms vor!«, mit dem Er-
Aufmerksamkeitsfokus (visuell, akustisch und/oder ima- gebnis, dass die Nadel des Messgeräts ausschlug.
ginär) folgte. Somit, so folgerte er, müsse eine Beziehung Anschließend wurden die Spuren der mentalen
zwischen den Muskeln und den Gedanken – oder anders Bewegungen, die das Messgerät erstellt hatte, mit
ausgedrückt: zwischen Körper und Geist – bestehen. den Spuren der realen Bewegungen verglichen. Es
Die ersten experimentellen Untersuchungen zum zeigte sich, dass die Verläufe der Spuren vergleich-
Mentalen Training begannen während der 30er-Jahre bar waren und sich lediglich hinsichtlich der Span-
des vergangenen Jahrhunderts. In diesem Kapitel nung (bei der tatsächlichen Bewegungsausführung
werden einige dieser Untersuchungen exemplarisch war diese bedeutend größer als bei mentaler Aus-
dargestellt. führung) unterschieden.
6.1 · Den Wirkmechanismen auf der Spur: Periphere Begleiterscheinungen
45 6
Um auszuschließen, dass bei Mentalem Trai- ler Zustände mit der EMG-Aktivität beim rea-
ning im ganzen Körper Aktionspotenziale fließen len Durchleben dieser Zustände verglichen wird.
und nicht nur in den Gliedmaßen, in denen man In einer Studie von Schwartz et al. (1980) wur-
sich die Bewegung vorstellt, wurde auch im lin- den Emotionen wie Glück, Traurigkeit, Wut und
ken Arm das Aktionspotenzial gemessen. Es zeigte Angst untersucht. Es zeigte sich, dass die mentalen
sich, dass nur am rechten Arm derartige Spannun- EMG-Aktivitäten »Miniaturen« der aktiven (nicht
gen festzustellen waren. Jacobson konnte somit mentalen) EMGs waren und die verschiedenen
demonstrieren, dass eine spezifische Veränderung emotionalen Zustände unterschiedliche EMG-
der Muskelinnervation jeweils mit einer spezifi- Diagramme lieferten. So wurden beispielsweise
schen vorgestellten Bewegung zusammenhängt. So glückliche Vorstellungen mit einer hohen zygoma-
führt die Vorstellung, einen schweren Gegenstand tischen Aktivität (Jochbeinfalte) und sehr geringer
anzuheben, zu einer erhöhten Innervation der ent- Stirnfaltenaktivität in Verbindung gebracht, wäh-
sprechenden Armmuskulatur, allerdings zu einer rend traurige Vorstellungen genau das umgekehrte
deutlich geringeren Innervation als bei tatsächlich Aktivierungsmuster auslösten.
ausgeführter Bewegung. Des Weiteren ließ sich feststellen, dass derar-
In weiteren, ähnlichen Untersuchungen fand tige emotionale Vorstellungsbilder auch zu ent-
Jacobson heraus, dass die Vorstellung rhythmi- sprechenden kardiovaskulären Veränderungen
scher Bewegungen auch zu rhythmischen Verläu- führen. Schwartz et al. (1980) konnten beispiels-
fen von Aktionspotenzialen führt im Vergleich zu weise zeigen, dass die Vorstellung von Angst oder
kurzen, azyklischen Bewegungsvorstellungen, die Ärger mit einer Beschleunigung des Herzschlags
nur für ein kurzes Auftreten von Aktionspotenzial und einem ansteigenden systolischen Blutdruck in
sorgen. Zusammenhang gebracht werden kann.
In einer von Bird (1984) durchgeführten Un- Diese Erkenntnisse sind uns aus dem Alltag
tersuchung an fünf Sportlern wurden die EMG- bekannt: Allein die Vorstellung z. B. einer Beleidi-
Werte bei praktischem Training und bei Mentalem gung löst entsprechenden Ärger und – damit ver-
Training aufgezeichnet und verglichen. In fast al- bunden – körperliche Erregung (ansteigender Puls
len Fällen entsprachen die mentalen EMG-Dia- und erhöhter Blutdruck) aus. Insofern erscheint es
gramme sowohl zeitlich und rhythmisch als auch durchaus plausibel, dass die Vorstellung von z. B.
hinsichtlich der Intensität den EMG-Diagrammen anstrengenden Handlungen oder Bewegungen
bei entsprechendem praktischem Training (ledig- ähnliche physiologische Erscheinungen auslösen
lich die Ausprägung war geringer). Bei einer ein- könnte.
zigen Sportlerin stimmte der zeitliche Ablauf des Untersuchungen zur EMG-Aktivität bei der
Mentalen Trainings nicht mit der für die prakti- Vorstellung sportlicher Bewegungen kommen zu
sche Ausführung benötigten Zeit überein, was auf ähnlichen Ergebnissen. So konnten Bakker et al.
ihre geringe Erfahrung in der Sportart zurückge- (1996) in einer Untersuchung feststellen, dass beim
führt werden konnte. Mentalen Training einer Oberarmbewegung (Bi-
Die Autorin weist darauf hin, dass durch die zeps-Curls) die EMG-Aktivität im Vergleich zum
Kontrolle des Mentalen Trainings per EMG auch anderen Arm deutlich anstieg und dass es auch
Fehler in der Vorstellung einer Bewegung oder Unterschiede bei verschiedenen Gewichten gab.
Technik aufgedeckt und anschließend verringert Die vorliegenden Ergebnisse können schon als
oder ausgeschaltet werden können. Nicht über- ein erster Hinweis darauf betrachtet werden, dass
einstimmende Spuren der EMGs weisen auf Vor- beim Mentalen Training die zentralen Prozesse
stellungsfehler oder Stress hin und können durch denen der praktisch durchgeführten Bewegung
Korrekturen der Vorstellung verringert oder aus- entsprechen.
geschaltet werden. In der Praxis kommen beim Mentalen Training
Vergleichbare Ergebnisse werden berichtet, Mitbewegungen von Gliedmaßen oder auch Kopf-
wenn die EMG-Aktivität von Gesichtsmuskeln bewegungen durchaus häufig vor. Im Allgemeinen
bei der Vorstellung verschiedener emotiona- kann man sagen: Je intensiver und lebhafter die
46 Kapitel 6 · Wirkmechanismen des Mentalen Trainings
Vorstellung ist, umso eher lassen sich Begleitbewe- Durchführung entsprach der gleichen wie im ers-
gungen in der Peripherie beobachten, was grund- ten Experiment, mit dem Zusatz, dass die Proban-
sätzlich dafür spricht, dass entsprechende Muskel- den diesmal einen 25 kg schweren Rucksack tra-
potenziale beim Mentalen Training messbar sind. gen mussten. Die praktischen Laufzeiten blieben
Wir hatten oben bereits darauf hingewiesen, dass weitgehend unverändert, während sich die für die
das Mentale Training mit derartigen Begleitbewe- mentale Durchführung benötigten Zeiten verlän-
gungen auch effektiver zu sein scheint (Gouillot, gerten. Dieses Ergebnis widerlegte sowohl die Hy-
Moschberger & Collet, 2013). pothese der Zeitabspeicherung als auch die eines
gleichen Mechanismus. Eine mögliche Erklärung
für dieses Ergebnis lieferten die Probanden selbst,
6.1.2 Zeitliche Äquivalenz indem sie angaben, bei der mentalen Durchfüh-
rung eine sehr große Anstrengung verspürt zu ha-
Wie sich bereits in der Studie von Bird angedeutet ben, die mit der Distanz zunahm. Diese Anstren-
6 hat, besteht zwischen den mentalen Abläufen einer gung sei ihnen bei der praktischen Durchführung
Bewegung und der praktischen Ausführung eine nicht in diesem Maße aufgefallen.
zeitliche Äquivalenz. In weiteren Untersuchungen In einer weiteren Studie untersuchten Decety
stand diese zeitliche Übereinstimmung im Mittel- und Michel (1989) die zeitliche Übereinstimmung
punkt des Interesses. bei der mentalen und praktischen Durchführung
von Schreib- und Zeichenbewegungen. Die Pro-
Studien banden sollten einen Satz aufschreiben und einen
In einer Untersuchung von Decety et al. (1989) Würfel zeichnen, einmal praktisch, einmal in der
sollten Probanden aus zwei Testgruppen (einmal Vorstellung. Dies wurde für beide Hände und un-
mit und einmal ohne Mentales Training) drei un- terschiedliche Schreib- und Zeichengrößen unter-
terschiedlich lange Strecken (5, 10 und 15 m) mit sucht. Es zeigten sich hohe Übereinstimmungen
verbundenen Augen zurücklegen. Die Experimen- der mentalen und realen Bewegungsdurchführung.
talgruppe sollte die Strecken nicht nur praktisch Um die Hypothese, dass mentale und prakti-
(wie die Kontrollgruppe), sondern auch in der sche Ausführungen von dem gleichen Mechanis-
Vorstellung durchlaufen. mus gesteuert werden, zu belegen, führten Decety
Ein Ergebnis dieser Studie war, dass sich das und Jeannerod (1996) einen Versuch in einer vir-
Mentale Training positiv auf die Genauigkeit der tuellen Realität durch. Dabei wurde untersucht, in-
Laufrichtung (sowohl hinsichtlich der Länge als wieweit das Fitt’sche Gesetz (Fitt’s Law = Zunahme
auch hinsichtlich der seitlichen Abweichung) aus- des Schwierigkeitsgrades bedeutet Abnahme der
wirkte. Ein weiteres – und wesentlich bedeutende- Durchführungsgeschwindigkeit) auch bei der
res – Ergebnis war, dass zwischen den gemessenen mentalen Bewegungsdurchführung bestätigt wer-
Zeiten von mentalem und praktischem Ablaufen den kann.
der verschiedenen Streckenlängen kein wesentli- Der Versuch wurde mit 16 Probanden durch-
cher Unterschied festgestellt werden konnte. De- geführt, die in einer dreidimensionalen virtuel-
cety et al. (1989) sahen dafür zwei mögliche Erklä- len Szene drei simulierte Gatter unterschiedlicher
rungen: Zum einen könnte es sein, dass die für die Breite und Distanz mental durchlaufen sollten,
praktische Durchführung benötigte Zeit abgespei- während die Zeit gemessen wurde. Ziel war es,
chert und bei der mentalen Durchführung wieder zu beweisen, dass die Zeit sowohl mit der Distanz
abgerufen wird. Alternativ könnte bei der mentalen der Gatter als auch mit deren Weite korreliert. Die
wie bei der praktischen Durchführung der gleiche erhobenen Messungen ergaben eine Abhängigkeit
Mechanismus beteiligt sein, was die Vergleichbar- der Laufgeschwindigkeit sowohl von der Gatter-
keit der Zeiten ebenfalls erklären würde. breite als auch von der Entfernung: Bei weiter ent-
Um die beiden Annahmen zu überprüfen, fernten Gattern und bei engeren Gattern (erhöhte
wurde ein zweites, ähnliches Experiment mit der Schwierigkeit) benötigten die Probanden mehr
mental trainierenden Gruppe durchgeführt. Die Zeit zur Aufgabenbewältigung.
6.1 · Den Wirkmechanismen auf der Spur: Periphere Begleiterscheinungen
47 6
Fitt’s Law scheint auch bei vorgestellter Bewe- noch nicht automatisiert sind (z. B. beim Erler-
gungsausführung bestätigt: Die Aufgabenschwie- nen des Golfabschlags), passiert es beim Mentalen
rigkeit hat ebenso Einfluss auf eine real ausgeführte Training häufig, dass die vorgestellte Bewegung
wie auf eine mental simulierte Bewegung. Diese sehr viel länger dauert als die reale Durchführung
Ergebnisse stützen die Annahme, dass bei der men- der Bewegung.
talen Bewegungsausführung die gleichen Systeme Sind Bewegungen hoch automatisiert entspre-
beteiligt sind und somit die gleichen Programme chen sich Vorstellungs- und Ausführungsdauer
ablaufen wie bei der praktischen Ausführung. eher. So konnten bspw. Louis et al. (2012) an Alpi-
Maruff et al. (1999) bestätigten die Ergebnisse nen Skifahrern und »equestrian riders« feststellen,
von Decety und Jeannerod (1996). Sie verglichen dass die zeitliche Äquivalenz von vorgestellter und
die Bewegungsgenauigkeiten der dominanten und tatsächlicher Bewegung bei Experten besser ist als
der nicht dominanten Hand (praktisch und mental) bei Novizen. Dies bestätigen auch Studien mit Be-
und berichteten von sehr hohen zeitlichen Überein- zug auf Grafik-, Zeichen- und Zeigeaufgaben (z. B.
stimmungen zwischen vorgestellter und praktisch Watson & Rubin, 1996; Papaxanthis et al., 2002b;
durchgeführter Bewegung, insbesondere bei der do- Radulescu et al., 2010) sowie auf gemessene Geh-
minanten Hand. Bei der nicht dominanten Hand zeiten (beispielsweise Berthoz, 1996; Papaxanthis et
wurde auch bei der Bewegungsvorstellung eine ent- al., 2002b).
sprechend verlangsamte Durchführung festgestellt.
> Die zeitliche Übereinstimmung von realer
Papaxanthis et al. (2002a) führten ein weiteres
und vorgestellter Bewegungszeit kann nur
Experiment zum Timing von mental und praktisch
als eines von vielen Kriterien und nicht als
durchgeführten Bewegungen durch. Dabei wur-
der alleinige Indikator für die Qualität einer
den Armbewegungen mit unterschiedlichen Rich-
Bewegungsvorstellung betrachtet werden.
tungsvorgaben und unterschiedlicher Gewichtsbe-
lastung (1 kg und 1,5 kg) von Probanden praktisch
und mental durchgeführt. Auch hier stellte sich Unter- und Überschätzung der eigentlichen
heraus, dass die Dauer der vorgestellten Bewegung Bewegungsdauer beim Mentalen Training
nahezu identisch mit der Dauer der tatsächlich Es ist offensichtlich, dass beim Mentalen Trai-
durchgeführten Bewegung war, unabhängig von ning kein adäquater Vergleichsmechanismus, z. B.
der Gewichtsbelastung. das Feedback aus der Umwelt, zur Einschätzung
der zeitlichen Genauigkeit zur Verfügung steht.
Zusammenfassung der Ergebnisse. Die Ergeb- Es wird daher bei ansteigender Komplexität der
nisse der Studien zur zeitlichen Äquivalenz lassen Bewegung für den mental Trainierenden immer
sich wie folgt zusammenfassen: schwieriger, eine zeitliche Äquivalenz zu erzielen.
4 Zwischen der praktischen Durchführung und Einige Untersuchungen geben Grund zu der An-
der Vorstellung einer Bewegung besteht kein nahme, dass hierbei verschiedene Einflussfaktoren
wesentlicher Zeitunterschied. zu beachten sind (Ceritelli et al., 2000; Munroe et
4 Das für die praktische Bewegungsdurchfüh- al., 2000; Calmels & Fournier, 2001).
rung bestehende Gesetz, dass die Zunahme Zu einer Unterschätzung der Bewegungsdauer
des Schwierigkeitsgrades die Abnahme der während des Mentalen Trainings kommt es z. B.
Durchführungsgeschwindigkeit nach sich 4 direkt vor einem Wettkampf, da der oft be-
zieht, gilt auch für vorgestellte Bewegungen. grenzte zeitliche Rahmen zu einer Beschleuni-
gung der Vorstellung beiträgt,
Es scheint demnach nachgewiesen, dass die men- 4 wenn nur ganz besondere Aspekte der Bewe-
tale Bewegungsausführung genauso viel Zeit in gung vorgestellt werden, z. B. nur die Ausfüh-
Anspruch nimmt wie die tatsächliche praktische rungsphase oder bestimmte anspruchsvolle
Durchführung. Dieses Phänomen setzt allerdings Abschnitte der Handlung, nicht aber Vorberei-
– insbesondere bei komplexeren Bewegungen – tungs-, Konzentrationsphasen und Pausen.
einige Trainingszeit voraus. Bei Bewegungen, die
48 Kapitel 6 · Wirkmechanismen des Mentalen Trainings
Zu einer Überschätzung kommt es dagegen Lauferlebnis sehr intensiv. Später wurden sie aufge-
4 im Falle von relativ schnellen und komplexen fordert, diese Aufgabe mental durchzuführen: Sie
Bewegungen, wie z. B. dem Golfabschlag, ei- bekamen die Laufbandgeräusche vorgespielt und
ner Turnübung oder dem Tennisaufschlag, sollten sich dabei vorstellen, in den unterschiedli-
4 mit zunehmendem Schwierigkeitsgrad der Be- chen Tempi zu laufen. In beiden Durchgängen wur-
wegungsaufgabe. den u. a. die Herzfrequenz und das Atemvolumen
gemessen. Beim Mentalen Training stiegen sowohl
> Allgemein werden Über- und Unterschätzung
die Herzfrequenz als auch das Atemvolumen pro-
vermehrt bei weniger erfahrenen Athleten
portional zur vorgestellten Laufgeschwindigkeit.
festgestellt, da diese aufgrund fehlender Auto-
Die in Studien festgestellten körperlichen Ver-
matisierung oder mangelhaften Wissens über
änderungen beim Mentalen Training sind eigent-
die korrekte Ausführung größere Probleme bei
lich vegetativ nicht erforderlich. Damit stützen
der zeitlich akkuraten Bewegungssimulation
auch diese Ergebnisse die Annahme einer funktio-
haben (u. a. Isaac, 1992; Reed, 2002; Louis et
6 al., 2012).
nalen Äquivalenz von vorgestellter und praktischer
Bewegung.
In einer Studie von Mulder et al. (2005) konnte
allerdings gezeigt werden, dass diese körperlichen
6.1.3 Kardiovaskuläre Begleiterschei- Begleiterscheinungen beim Mentalen Training
nungen des Mentalen Trainings nicht ohne Weiteres zu beobachten sind. Es ist
nicht die körperliche Anforderung der vorgestell-
Wenn es erste Hinweise dafür gibt, dass beim ten Übung an sich, die die entsprechenden Begleit-
Mentalen Training vergleichbare Muskelpotenziale erscheinungen hervorruft, sondern es spielen eben
messbar sind wie bei praktischer Bewegung und auch motivational-emotionale Faktoren der Person
wenn außerdem die zeitliche Dauer beim Menta- eine Rolle, die sich die Bewegung vorstellt. Diese
len Training äquivalent zur Dauer der praktischen Ergebnisse sind ein Hinweis darauf, dass nur das
Durchführung ist, stellt sich die Frage, ob auch individuelle, lebhafte und intensive Vorstellen kör-
weitere periphere Begleiterscheinungen, wie z. B. perliche Begleiterscheinungen auszulösen scheint.
Reaktionen des vegetativen Nervensystems auf Be- Unter Umständen wurde die erhöhte Intensität der
wegungsanforderungen (Herzfrequenz, Blutdruck Vorstellung in der Studie von Decety et al. (1991)
etc.), bei praktischer und vorgestellter Bewegungs- dadurch erreicht, dass die (kurz vorher erlebten)
ausführung übereinstimmen. Geräusche des sich bewegenden Laufbands das
Mentale Training unterstützten.
Studien Calabrese et al. (2004) versuchten nachzuwei-
White et al. (1977) konnten im Rahmen früher sen, dass insbesondere kardiovaskuläre Begleiter-
Untersuchungen zur Wirksamkeit von Biofeedback scheinungen beim Mentalen Training abhängig
feststellen, dass die Vorstellung durchaus Einfluss auf von der praktischen Erfahrung in der Tätigkeit
die physiologischen Reaktionen (hier: Herzfrequenz) sind. Dies ließ sich aber nicht bestätigen: Auch un-
hat, dass allerdings die Art und Intensität der Vor- geübte Ruderer zeigten bei der bloßen Vorstellung,
stellung eine relevante Einflussgröße darstellt. Die ein Ruderrennen durchzuführen, entsprechende
Untersuchung von White et al. (1977) wies bereits kardiovaskuläre Veränderungen.
darauf hin, dass, je lebhafter und intensiver man sich Untersucht wurden die Herzfrequenz und At-
eine Bewegung vorstellen kann, desto eher periphere mung beim Beobachten und beim Vorstellen eines
Begleiterscheinungen messbar sein werden. Ruderrennens. Dabei unterschieden Calabrese et
Eine Untersuchung von Decety et al. (1991) al. vier Probandengruppen:
konnte entsprechende Effekte bei einem Laufband- 4 Ruderer (Leistungssportler),
test zeigen: Zunächst mussten die Probanden je 3 4 Leistungssportler (keine Ruderer),
Minuten in drei unterschiedlichen Tempi (5, 8 und 4 Studenten (22–30 Jahre alt),
12 km/h) laufen, d. h., die Probanden erfuhren das 4 Senioren (50–60 Jahre alt).
6.1 · Den Wirkmechanismen auf der Spur: Periphere Begleiterscheinungen
49 6
Im Versuchsablauf wurde zunächst ein Video von 1. Messung: 3 Min. Hindu-Squats (. Abb. 6.1).
einem olympischen 2000-Meter-Ruderrennen ge- Anschließend Pulsmessung.
zeigt, danach hatten die Probanden die Aufgabe, 2. Messung: Sitzen auf einen Stuhl, ca. 2 Min.
sich in einen Ruderer zu versetzen und sich das Entspannung. Anschließend Pulsmessung.
Rennen aus der Innenperspektive vorzustellen. 3. Messung: 3 Min. Hindu-Squats in der Vorstel-
Auch hier wurde die Intensität des Mentalen Trai- lung (. Abb. 6.1). Anschließend Pulsmessung.
nings dadurch unterstützt, dass die Geräusche der Es ist darauf zu achten, dass die Vorstellung so
Startvorbereitung bis zum Startschuss des Video- lebhaft wie möglich ist. Die Probanden sollten
tapes auch in der Vorstellungsbedingung vorge- versuchen, in der Vorstellung die Bein- und Rü-
spielt wurden. Es konnte festgestellt werden, dass ckenmuskulatur zu spüren.
alle Gruppen deutliche Veränderungen in den
kardiovaskulären und respiratorischen Variablen Höchstwahrscheinlich ist folgendes Ergebnis fest-
aufwiesen. Tendenziell war dabei der Effekt beim stellbar:
Vorstellen stärker als beim bloßen Zuschauen. 4 Im entspannten Zustand wird ungefähr der
Ruhepuls gemessen.
Beispiel 6.1: Versuch zur Überprüfung der 4 Nach 3 Min. Hindu-Squats wird nahezu Maxi-
kardiovaskulären Begleiterscheinungen von malpuls gemessen.
tatsächlicher und vorgestellter Bewegung 4 Nach der erneuten Entspannungsphase wird
4 Material: Pulsmesser wieder ungefähr der Ruhepuls gemessen.
4 Durchführung: 4 Beim bloßen Vorstellen der Hindu-Squats
Base-Line: Sitzen auf einem Stuhl, ca. 2 Min. erhöht sich der Pulsschlag wieder leicht
Entspannung. Anschließend Pulsmessung. (ca. 5–10 Schläge pro Minute).
Bisherige Studien beziehen sich allerdings nur auf den Wirkmechanismen. Zur Beantwortung dieser
die Bewegungsvorstellung im Allgemeinen, es wird Frage sind eine Vielzahl an theoretischen Erklä-
also nicht zwischen verschiedenen Vorstellungs- rungsansätzen vorgeschlagen worden (7 Übersicht
perspektiven unterschieden. im Kasten; Grouios, 1992a; Hinshaw, 1991).
Wang und Morgan (1992) untersuchten da-
her physiologische Korrelate der Innenperspek-
tive und der Beobachterperspektive. Bei einem Theorieansätze zur Erklärung der
mentalen Hanteltraining wurden beide Pers- Wirkmechanismen des Mentalen Trainings
pektiven unterschieden. Die Ergebnisse zeigen (nach Morris et al., 2005)
hier, dass sich während des Mentalen Trainings
aus der Innenperspektive ähnlich wie beim vo- Klassische Theorien:
rausgehenden physischen Training Herz- und 4 Psychoneuromuskuläre Theorie (Carpenter,
Atemfrequenz sowie Blutdruck entsprechend Jacobsen, Richardson): Mentales Training
6 verändern; zwar geringer als beim praktischen steigert die Leistung durch die dabei
Training, aber stärker als bei der Beobachterper- entstehenden aufgabenspezifischen
spektive. minimalen elektrischen Signale in der
An einfachen Übungen wie dem vorgestellten Muskulatur, die das gleiche Muster auf-
Versuch (7 Beispiel 6.1) kann nachvollzogen wer- weisen wie bei einer tatsächlichen Bewe-
den, inwieweit beim Vorstellen anstrengender Be- gungsausführung.
wegungen kardiovaskuläre Begleiterscheinungen 4 Theorie des symbolischen Lernens (Sackett):
messbar sind. Bewegungen und Aufgaben enthalten
Es kann an dieser Stelle festgehalten werden, immer eine Komponente symbolischer Re-
dass die hier vorgestellten Studien erste Hinweise präsentanz. Das Mentale Training stellt eine
darauf geben, dass beim Mentalen Training der Möglichkeit dar, die Bewegungssequenzen
gleiche zentrale Prozess abläuft wie beim aktiven symbolisch einzuüben und dadurch das
Bewegungsvollzug. Grundsätzlich erweist es sich Abspeichern von Bewegungsmustern in re-
als schwierig, die Frage der funktionalen Äquiva- levanten Strukturen des Gehirns zu erleich-
lenz über periphere Begleiterscheinungen zu erfas- tern.
sen; es wurden schließlich auch widersprüchliche
Ergebnisse erzielt. Dennoch lassen die vorliegen- Kognitive Theorien:
den Ergebnisse die Vermutung zu, dass die Lebhaf- 4 Dual-code-Theorie (Paivio): Information
tigkeit oder Intensität der Bewegungsvorstellung kann entweder als Wort oder als Bild abge-
eine erhebliche Rolle spielt. speichert werden. Mentales Training sorgt
Diese Vermutung lässt sich schlüssig in ent- dafür, dass beide Kodierungen genutzt
sprechende theoretische Ansätze einbetten, wobei werden. Aufgrund der Unabhängigkeit der
hier festzustellen ist, dass lange Zeit bestimmte beiden Repräsentationen steigt die Chance,
theoretische Ansätze und Hypothesen die Diskus- die Information bei Bedarf erfolgreich abru-
sion um die Wirkmechanismen des Mentalen Trai- fen zu können.
nings dominieren. 4 Bioinformational Theory (Lang): Bilder sind
nicht nur eine sensorische Wahrnehmung,
sondern auch immer mit einer bestimmten
6.2 Theorieansätze zu möglichen Bedeutung verknüpft. Die Bedeutungen
Wirkmechanismen sind in drei verschiedene Klassen von Aus-
sagen zu gliedern: Stimulus (Umwelt), Reak-
Wie in 7 Kap. 5 ausführlich dargelegt, ist nicht die tion, Interpretation der Vorgänge. Mentales
Frage, ob Mentales Training wirkt, zentraler Ge- Training stärkt die Verbindung zwischen
genstand der wissenschaftlichen Auseinanderset- 6 Stimulus und Reaktion.
zung gewesen, sondern vielmehr die Frage nach
6.2 · Theorieansätze zu möglichen Wirkmechanismen
51 6
6.2.1 Hypothesen zu den
4 Triple-Code-Theorie (Ahsen): Mentales Wirkmechanismen
Training hat Einfluss auf drei verschiedene
leistungsrelevante Komponenten: Die zahlreichen in der Literatur diskutierten theo-
– Vorstellung: innere Repräsentation aller retischen Ansätze (7 Übersicht im Kasten), die zur
mit der Bewegung in Zusammenhang Erklärung der Wirkmechanismen des Mentalen
stehenden Wahrnehmungen. Trainings herangezogen werden, lassen sich nach
– Somatische Reaktion: Veränderung psy- Heuer (1985) drei Kategorien von Hypothesen zu-
chophysiologischer Faktoren durch die ordnen:
Vorstellung. 4 kurios,
– Bedeutung der Vorstellung: Die individu- 4 unspezifisch und
ellen Erfahrungen führen zu interpersonell 4 spezifisch.
unterschiedlichen Repräsentationen bei
gleichen Instruktionen. Gerade die Kom- Auf die ausführliche Darstellung der kuriosen
ponente der Bedeutung wird nach Ahsen Hypothesen, in denen das Mentale Training als
in anderen Theorien häufig vernachlässigt. spezieller Fall des Nachahmungslernens verstan-
4 Gross Framework or Insight Theory (Grouios, den wird, und der unspezifischen Hypothesen, bei
Hale): Mentales Training wirkt vor allen denen die Effekte des Mentalen Trainings lediglich
Dingen unterstützend bei der Entwicklung auf erhöhte Motivation bzw. Aufmerksamkeit zu-
eines ganzheitlichen Bildes von einer Fähig- rückführt werden, soll hier verzichtet werden, da
keit, weniger bei der detaillierten Betrach- die bisherigen empirischen Befunde zum Menta-
tung von Bewegungen. Die Wurzeln dieser len Training diesen Erklärungsansätzen widerspre-
Theorie liegen in der Gestaltpsychologie. chen. So können die durch das Mentale Training
bewirkten Leistungsverbesserungen nicht durch
Zustandsbezogene psychologische Theorien: die kuriosen Hypothesen erklärt werden, und die
4 Attention-Arousal Set Theory (Schmidt): spezifischen Wirkungen des Mentalen Trainings
Mentales Training ist ein Element der Leis- bei kognitiven Bewegungsaufgaben sind auch nicht
tungsvorbereitung. Der Beitrag besteht allein auf Motivations- oder Aufmerksamkeitsstei-
darin, den Athleten durch die notwendige gerung (unspezifische Hypothesen) zurückzufüh-
Aufmerksamkeit auf das optimale Erre- ren (Immenroth et al., 2008).
gungsniveau zu bringen. Effekte außerhalb
der direkten Leistungsvorbereitung bleiben Spezifische Hypothesen
dabei unberücksichtigt. Spezifisch werden Hypothesen genannt, denen die
4 Selbstwirksamkeit/Selbstbewusstsein (Ban- Annahme zugrunde liegt, dass Mentales Training
dura, Grouios): Durch Mentales Training spezifische (im Gegensatz zu unspezifischen) Wir-
wird die Erfolgs- bzw. Selbstwirksamkeits- kungen erzielt. Zu den spezifischen Hypothesen
erwartung gesteigert, was wiederum die zählen
tatsächliche Performance verbessert. 4 die kognitive Hypothese,
4 Motivationale Ansätze (Paivio): Mentales Trai- 4 die ideomotorische Hypothese und
ning hat vorwiegend motivationale und kog- 4 die Programmierungshypothese.
nitive Effekte bei der Leistungsverbesserung.
4 Funktionale Äquivalenz (Farrah, Finke, Jean- Bevor die Hypothesen jedoch im Einzelnen be-
nerod): Mentales Training, verbunden mit schrieben werden, sei ein Postulat vorangestellt:
Wahrnehmung bzw. mit Bewegung, bean- Bewegungen, genauer Bewegungsmuster, können
sprucht gemeinsame Strukturen im Gehirn. auf unterschiedliche Arten beschrieben und damit
Bei Mentalem Training wird lediglich die auch auf unterschiedliche Arten gelernt werden.
tatsächliche Ausführung blockiert. Demnach postuliert Heuer (1985, S. 193), »daß
innere Repräsentationen eines Bewegungsmusters
52 Kapitel 6 · Wirkmechanismen des Mentalen Trainings
entwickelt werden können, die diesen Beschrei- ten Bewegung sein können, ist diese Hypothese
bungen entsprechen«. Es gibt vier unterschiedliche kaum haltbar.
Arten, Bewegungsmuster zu beschreiben:
4 die motorische, Programmierungshypothese
4 die kinästhetische, Ein weiterer Ansatz, diesen »nicht kognitiven
4 die räumlich-bildhafte sowie Rest« zu erklären, führt zur Programmierungshy-
4 die symbolische oder auch sprachliche Be- pothese, die letztlich eine Modifikation der ideo-
schreibung. motorischen Hypothese darstellt. Im Rahmen der
Programmierungshypothese wird angenommen,
Dabei erfolgt die motorische Beschreibung über dass die zentralen motorischen Prozesse, die bei
das raum-zeitliche Muster efferenter Kommandos, der Vorstellung einer Bewegung ablaufen, weit-
die kinästhetische über das Bewegungsgefühl, die gehend identisch mit den Prozessen sind, die der
räumlich-bildhafte über die raum-zeitlichen Ver- Bewegungsausführung zugrunde liegen. Dies be-
6 laufsmerkmale und die symbolische über Sprache stätigen neurophysiologische Untersuchungen
(Heuer, 1985). (7 Kap. 7). Es wird daher auch von einer funktio-
nalen Äquivalenz zwischen Bewegungsvorstellung
Kognitive Hypothese und -ausführung gesprochen (Daugs & Blischke,
»Der kognitiven Hypothese nach ist die mentale 1996). Der Grundgedanke dabei ist, den zentra-
Übung auf die kognitiven Anteile motorischer Fer- len Prozess, der durch Bewegungsvorstellungen
tigkeiten beschränkt.« (Heuer, 1985, S. 193) induziert wird, als wesentlich für die Wirkung des
Mentalen Trainings anzunehmen (Heuer, 1985).
Die Wirkungen Mentalen Trainings beziehen sich Eine Bewegungsvorstellung ist in diesem Sinne
nach dieser Hypothese also auf die kognitiven An- eine Bewegung mit blockiertem Endglied. Der Un-
teile einer Bewegungsaufgabe, also die symbolische terschied zwischen Bewegung und Bewegungsvor-
und räumlich-bildhafte Repräsentation. Dieser Er- stellung besteht darin, dass die zentral erzeugten
klärungsansatz wirft aber die Frage nach jenem Kommandos im ersten Fall an die Körperperi-
»nicht kognitiven Rest« einer Bewegungsaufgabe pherie weitergeleitet werden, im zweiten Fall aber
auf. Erklärt die kognitive Hypothese die Wirkung nur ansatzweise (Heuer, 1985).
des Mentalen Trainings komplett, oder gibt es Ef- Die Wirkungsweise des Mentalen Trainings
fekte, die nicht auf die kognitiven Anteile einer Be- wird nun dahingehend interpretiert, dass Mentales
wegungsaufgabe und somit auf das Erlernen sym- Training entweder ein vorhandenes Bewegungs-
bolischer oder räumlich-bildhafter Repräsentatio- programm festigt oder sogar die im Programm
nen von Bewegungsmerkmalen zurückzuführen gespeicherten Informationen vervollständigt. Die
sind (Heuer, 1985)? Diese Frage führt zu einer wei- trainierende Wirkung des wiederholten Ablaufs
teren Hypothese, der ideomotorischen Hypothese. wird auf zwei Faktoren zurückgeführt (Schlicht,
1992):
Ideomotorische Hypothese 1. auf die übende Wirkung einfacher Wieder-
Gemäß der ideomotorischen Hypothese sind holung entsprechend dem Thorndike-Gesetz
hauptsächlich die minimalen, peripheren musku- der Übung, welches besagt, dass Verbindun-
lären Effekte von Bewegungsvorstellungen für die gen zwischen Reizen und Reaktionen dann
Effekte mentaler Übung verantwortlich. Grund- gestärkt werden, wenn sie häufig, in kurzen
lage hierfür ist das ideomotorische Prinzip, wel- Abständen und mit Elan geübt werden;
ches auch als »Carpenter-Effekt« bekannt ist und 2. auf die Korrektur des Bewegungsprogramms:
von Jacobson untersucht wurde (7 Kap. 6.1.1). Da – Die Korrektur beruht auf der Grundlage ei-
jedoch im Muskel selbst kein sensomotorisches ner inneren Rückmeldung, die vergleichbar
Lernen stattfinden kann und auch die kinästheti- ist mit dem »Knowledge-of-Results«-Para-
schen Rückmeldungen einer Vorstellung nicht an- digma (Adams, 1971). Dieses Paradigma
nähernd die gleichen wie die einer real ausgeführ- besagt, dass der Lernende eine interne
6.2 · Theorieansätze zu möglichen Wirkmechanismen
53 6
Bewegungsreferenz hat, die Abweichungen
von der Ideallinie vorgibt.
– Nach der »Schematheorie des motorischen
Lernens« (Schmidt, 1975) läuft nach einer
Programmauslösung durch einen internen
oder externen Auslöser das motorische
Programm ab.
Neurophysiologische
Erklärungsansätze
Die Erkenntnisse der neurophysiologischen Forschung Hemisphäre befallen hatte, also jene Region, in der
haben auch weitreichende Folgen für das Verständnis die sprachlichen Fähigkeiten angesiedelt sind. Weil
der Wirkmechanismen des Mentalen Trainings. Durch die linke Hemisphäre die rechte Körperseite kontrol-
entsprechende bildgebende Verfahren ist es möglich, liert, würde die Operation – das wussten die Ärzte
neuronale Vorgänge beim Mentalen Training darzu- – die Sehkraft ihres rechten Auges einschränken,
stellen. Untersuchungen zum Mentalen Training mit ihre rechte Hand lähmen und sie zum rechtsseitigen
modernen bildgebenden Verfahren bestätigen weitest- Humpeln zwingen. Wann und wie sie wieder spre-
gehend die These der funktionalen Äquivalenz von chen können würde, vermochte niemand zu sagen.
vorgestellter und praktisch durchgeführter Bewegung. Als das Mädchen aus der Narkose erwachte,
konnte es »danke«, »bitte« und »Ich liebe dich« sagen
– »Reflexsprache« nennen das die Ärzte. Auf Fragen
7.1 Neuronale Plastizität wie »Der Himmel ist ...?« schüttelte sie jedoch ratlos
den Kopf. Sie kannte die Wörter »Tasse« oder »Jeans«
Eine wichtige Voraussetzung für das motorische nicht mehr. Aus einer Einserschülerin war eine kaum
Lernen, also die Veränderung, Optimierung, Sta- des Lesens mächtige 14-Jährige geworden. Noch zwei
7 bilisierung und Automatisierung von Handlungen Jahre nach der Operation musste sie oft nach Wörtern
und Bewegungen unter wechselnden situativen suchen. Ihre Sätze waren noch immer einfach, und
Anforderungen, ist die Eigenschaft der neuronalen häufig musste sie Gesten zur Hilfe nehmen. Doch sie
Plastizität (7 Beispiel 7.1). bereute die Operation nicht und konnte bereits ein
Borgstein und Grootendorst (2002) berichten Jahr später wieder auf ihre alte Schule gehen.
von einem (allerdings erst dreijährigen) Mädchen
mit Rasmussen-Syndrom, bei dem die dominante Nach Spitzer (2002) zeigen diese und ähnliche Bei-
Hirnhemisphäre operativ entfernt wurde. Im Alter spiele von Kindern mit Rasmussen-Syndrom und
von sieben Jahren war das Mädchen problemlos in anschließender Hemisphärektomie eindrucksvoll,
der Lage, zwei Sprachen zu sprechen und ein nor- wie flexibel und anpassungsfähig das Gehirn ist:
males Leben fast ohne Einschränkungen zu führen. »Das Gehirn hat gelernt, seine fehlende Hälfte zu
kompensieren.« (Spitzer, 2002, S. 15) Diese Fä-
Beispiel 7.1: Fallbeispiel: Rasmussen-Enzephalitis higkeit des Gehirns, sich sowohl neuen Anforde-
(nach: Die Zeit, 28/1999) rungen der Umwelt als auch internen Prozessen
1993 bekam ein damals zehnjähriges Mädchen aus immer wieder anzupassen, nennt man neuronale
Oklahoma plötzlich epileptische Anfälle. Kein Me- Plastizität.
dikament konnte sie kurieren. Erst Monate später Das Gehirn ist zudem eine sich beständig
fanden die Ärzte heraus, warum: Das Mädchen litt selbst optimierende Struktur (Spitzer, 1996), die
an Rasmussen-Enzephalitis, einer Erkrankung, die nach eigenen Organisationsprinzipien funktioniert
die befallene Hirnhälfte nach und nach zerstört, und sich kontinuierlich weiterentwickelt. Das Ge-
Muskelzuckungen und Krampfanfälle auslöst. hirn des Kleinkindes ist besonders formbar und
Die einzige bisher bekannte langfristig wirksame dynamisch, während das erwachsene Gehirn als
Therapie gegen das Rasmussen-Syndrom besteht in relativ statisch und stabil gilt (Braus, 2004). Die
der Entfernung der befallenen Gehirnhälfte (Hemisphä- Annahme einer »festen Verdrahtung« von Ner-
rektomie). Eine solche Operation kann man nur des- venzellen im adulten Gehirn wurde jedoch in den
halb überleben, weil das Großhirn aus zwei getrennten 80er- und 90er-Jahren des 20. Jahrhunderts auf-
Hemisphären besteht. Fällt eine Hälfte aus, kann die grund von neueren Erkenntnissen revidiert. Es
andere deren Funktionen zumindest teilweise über- konnte der für die Hirnforschung und viele weitere
nehmen. Diese Neuprogrammierung der Gehirnareale Wissenschaftsbereiche bedeutsame Nachweis er-
gelingt umso besser, je jünger der Patient ist. bracht werden, dass eine gewisse Verformbarkeit
Bei der Operation war das Mädchen bereits neuronaler Verbindungen nicht nur ein Privileg
14 Jahre alt. Erschwerend kam bei ihr hinzu, dass der frühen Kindheit darstellt. Vielmehr handelt
die Rasmussen-Enzephalitis ihre dominante linke es sich hier um eine grundsätzliche, lebenslange
7.1 · Neuronale Plastizität
57 7
Fähigkeit: Nervenzellnetzwerke unterliegen zeitle- Das Ausmaß dieser Veränderungen steht in
bens kontinuierlichen Umwandlungsprozessen. engem Zusammenhang mit der Art und Weise
sowie der Intensität, mit der Afferenzen aus der
> Verbindungen zwischen Neuronen können
Peripherie innerhalb des sensorischen Systems ge-
unabhängig vom Lebensalter einer Person je-
nutzt werden (7 Kap. 11.1). Je nachdem, wie hoch
derzeit neu entstehen oder abgebaut werden.
der Benutzungsgrad ist, kommt es zu systema-
Auch das Gehirn des Erwachsenen zeichnet sich tischen Veränderungen innerhalb des jeweiligen
durch eine deutliche Dynamik aus. Die sich per- Neuronennetzwerkes (Reichert, 2000). Da sich die
manent verändernden Umweltbedingungen und Umwelt eines jeden Menschen ganz variabel gestal-
entsprechenden sensorischen Reize greifen zum tet und sich ihm über zahlreiche Reize und Reiz-
einen modulierend in die Architektur und Qua- kombinationen darbietet, ist es nicht weiter ver-
lität des Neuronennetzwerkes ein (z. B. über die wunderlich, dass die funktionelle Hirnarchitektur
Stärke der Verbindung zwischen den Neuronen), im Rahmen des genetisch Möglichen durch diese
zum anderen ist von diesen Vorgängen auf zellu- Vielfalt entscheidend geprägt wird und individuelle
lärer Ebene auch die gesamte damit einhergehende Verknüpfungsmuster entstehen (Kandel, 1996).
funktionelle Hirnstruktur auf höherer Ebene be- Tierexperimentelle Studien von Jenkins et al.
troffen (Elbert & Rockstroh, 2003). Die bereits (1990a) werden oft als Nachweis und illustratives
beschriebenen kortikalen Karten des Menschen Beispiel für eine Reorganisation des somatosenso-
weisen daher zum Teil große inter- und intra- rischen Kortex infolge einer Überstimulation peri-
individuelle Unterschiede auf. Auch die somato- pherer Rezeptoren herangezogen. So kann gezeigt
tope Gliederung des primär-sensorischen Kortex werden, dass sich bei einem Affen, der darauf
(7 Kap. 11.1) ist keine für immer festgelegte und trainiert ist, eine sich wiederholende Handlung
unveränderbare kortikale Karte, sondern unter- immer mit denselben drei Fingern auszuführen,
liegt einem ständigen Wandel (kortikale Reorgani- das repräsentative Areal dieser Finger im somato-
sation) ihrer entsprechenden funktionellen Einhei- sensorischen Kortex entsprechend vergrößert, und
ten (Elbert & Rockstroh, 2003). zwar auf Kosten umliegender Gebiete (. Abb. 7.1).
2 3
Vor dem
4 Training
1
5
1 2 3 1 2 3
4 5 4 5
. Abb. 7.1 Der gesteigerte Gebrauch bestimmter Finger vergrößert die kortikale Repräsen-
tation dieser Finger (Kandel, 1995; zit. nach Kandel & Kupfermann, 1996; mit freundlicher
Genehmigung von McGraw-Hill). Links: Kortikale Repräsentation der Finger. Die Regionen der
kortikalen Area 3b, welche die Fingeroberflächen eines erwachsenen Affen repräsentieren,
drei Monate vor (A) und nach dem Training (B). Nach dem Training zeigt sich eine deutliche
Vergrößerung in der Repräsentation dieser Finger (Expansion). Rechts: Kortikale rezeptive
Felder der Finger. Ein kortikales Feld entspricht dem Hautareal, in dem eine Berührung eine
1cm
Zelle der Großhirnrinde entweder erregt oder hemmt. Die Anzahl an rezeptiven Feldern im
distalen Glied der Finger 2, 3 und 4 ist nach dem Training erhöht
58 Kapitel 7 · Neurophysiologische Erklärungsansätze
Wie Untersuchungen an Pianisten, Violin- und Schonverhalten zu vermeiden. Auf der Basis einer
Cellospielern (Elbert et al., 1995; Hund-Georgiadis detaillierten Karte der kortikalen Repräsentation,
& von Cramon, 1999; Candia et al., 2003) und an die einmal zum Zeitpunkt der Amputation und
Leistungssportlern (Nakata et al., 2010) zeigen, dann noch einmal zwei Monate danach angefertigt
lassen sich diese Erkenntnisse durchaus auch auf wurde, wurde die Veränderung der Repräsentation
den Menschen übertragen. So lassen sich die Re- im Gehirn gemessen.
präsentationen der rechten und linken Hand bei
einer Person, die regelmäßig ein Streichinstrument Ergebnisse. Die rezeptiven Felder der benach-
spielt, voneinander unterscheiden (die rechte Hand barten Finger beanspruchten innerhalb von zwei
führt den Bogen, die linke Hand greift die Saiten). Monaten nach der Amputation einen signifikanten
Nach den Untersuchungen von Elbert et al. (1995) Bereich der Felder der amputierten Finger. Die be-
zeigt sich, dass sich das Repräsentationsareal der nachbarten Areale sind also gewachsen, während
linken Finger signifikant größer ausbildet, da sie sich das nicht mehr benötigte Areal fast vollstän-
einen stärkeren sensorischen Input erfahren. Dies dig zurückgebildet hat (. Abb. 7.2 und 7.3).
gilt auch für die motorischen Areale, da die vier Stimulations- und nutzungsbedingte Ver-
7 Finger mit Saitenkontakt regelrecht trainiert wer- schmelzungen von Repräsentationsarealen konn-
den, während die rechte Hand beim Führen des ten auch in Untersuchungen an Lesern der Blin-
Bogens kaum gefordert wird. denschrift (Braille) nach dem Mehrfingersystem
nachgewiesen werden (Sterr et al., 1998). Bedingt
> Aus einer vermehrten, intensiven und ver-
durch intensive, synchrone Reizung der Finger-
haltensrelevanten Stimulation resultiert eine
kuppen beim Ertasten der Punktmuster kommt
kortikale Expansion, wobei auch Regelmäßig-
keit und eine entsprechende Motivation eine
wesentliche Rolle spielen.
Studie
Merzenich et al. (1984) beschreiben Veränderun-
gen im somatosensorischen Kortex nach Finger-
amputationen bei erwachsenen Affen.
WC WC WC
Souvenir Shop
Souvenir Shop
a Kasse b Kasse
c Kasse
. Abb. 7.4 Spuren in einem verschneiten Park: Gehen viele Leute die gleichen Wege, entstehen mit der Zeit breite, ausgetre-
tene Spuren (aus: M. Spitzer: Selbstbestimmen, 2003)
60 Kapitel 7 · Neurophysiologische Erklärungsansätze
vorrangig exekutives Kortexareal alle Stadien mo- selbst gewählten, untrainierten Finger-Daumen-
torischer Kontrolle vertreten sind. Oppositionssequenz genau zu erfassen bzw. zu lo-
Ein den primär-motorischen Kortex integrie- kalisieren.
rendes Aktivitätsmuster bestätigen auch Lotze et Der Vergleich zeigte unter beiden Bedingun-
al. (1999), mit einem zusätzlichen Blick auf sub- gen ein konstantes Erregungsmuster. Bei der Be-
kortikale Aktivität während des Mentalen Trai- wegungsvorstellung ist die Aktivität allerdings
nings. Lotze et al. konzentrieren sich auf die fol- variabler und weniger stark ausgeprägt. Zudem
genden zwei Aspekte: sind zusätzlich Erregungsmomente in den latera-
1. den Aktivitätsvergleich in den primär- und len Gebieten der Kleinhirnhemisphären zu finden,
sekundär-motorischen Arealen bei einer die für einen vorstellungsbezogenen Schwerpunkt
Faustschlussbewegung unter mentalen und in den lateralen Anteilen sprechen.
physischen Bedingungen, Ehrsson et al. (2003) widmeten sich den mo-
2. die genaue örtliche Bestimmung der Aktivität torischen Repräsentationen von Fingern, Zehen
in Groß- und Kleinhirn. und Zunge und versuchten zu ergründen, ob die
genaue Vorstellung willentlicher Bewegungen mit
7 Im Großhirn zeigt sich unter beiden Bedingun- diesen Körperteilen auch zu einer körperteilspe-
gen signifikante Aktivität im SMA, PMA und im zifischen Aktivierung in den motorischen und
primär-motorischen Kortex. Im Kleinhirn ist die nichtmotorischen Arealen führt und sich somit die
ipsilaterale (auf derselben Körperseite oder -hälfte charakteristische somatotope Gliederung ähnlich
gelegene) Aktivität bei der Vorstellung im Ver- wie bei der Bewegungsausführung widerspiegelt.
gleich zur Ausführung erhöht. Guillot et al. (2009) zeigten, dass das Vorstel-
Diese Befunde decken sich mit den Ergebnis- len von Bewegungen mit kinästhetischen Vorstel-
sen früherer Studien (z. B. von Leonardo et al., lungsinhalten den kortikalen Aktivierungsmustern
1995; Porro et al., 1996; Roth et al., 1996) und bei praktisch durchgeführter Bewegung eher ent-
bestätigen erneut die Annahme identischer Aktivi- spricht.
tätsmuster bei der Bewegungsvorstellung und -aus- Die Ergebnisse der fMRT-gestützten Studie zei-
führung. Die im Allgemeinen reduzierte Aktivität gen, dass die Vorstellung der Bewegung bestimmter
im Kleinhirn ist wahrscheinlich auf einen Mangel Körperteile vergleichbare somatotop organisierte
an afferenten Informationen zurückzuführen. Areale des primär-motorischen Kortex sowie für ein
Im Jahr 2002 setzten sich Naito et al. gezielt bestimmtes Körperteil typische, nicht primär-moto-
mit kinästhetischen Empfindungen in Bezug auf rische Strukturen aktiviert. Folglich ist auch der In-
Bewegungsvorstellungen auseinander. Sie gingen halt einer Bewegungsvorstellung, in diesem Fall die
konkret der Frage nach, ob die Bewegungsvorstel- Bewegungskontrolle in Bezug auf einen bestimm-
lung auch sensorische Wahrnehmungen als ein ten Körperteil, während des Mentalen Trainings im
wesentliches Element beinhaltet. Es konnte gezeigt kortikalen Erregungsmuster nachvollziehbar.
werden, dass Mentales Training mit kinästheti- Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass
schen Empfindungen einhergeht, die intern bzw. in neurowissenschaftlichen Studien zum Menta-
zentral generiert werden, sozusagen als Ersatz für len Training ein großer Bereich neuronaler Are-
das echte sensorische Feedback, das normalerweise ale nachgewiesen wurde, der bei vorgestellter und
nur bei der Bewegungsausführung entsteht. praktisch durchgeführter Bewegung aktiviert ist.
Da der Fokus bisher meist auf der Untersu- In einem Review führen Munzert et al. (2009) 43
chung kortikaler Hirnareale lag und nur selten Studien auf, die eine Aktivierung des primär-mo-
auch subkortikalen Strukturen Aufmerksamkeit torischen Kortex beim Mentalen Training nach-
geschenkt wurde, beschäftigte sich die fMRT-Stu- weisen konnten. Insofern kann die Annahme ei-
die von Luft et al. (1998) besonders intensiv mit ner funktionalen Äquivalenz von vorgestellter und
der Beteiligung des Kleinhirns (auch Lotze et al., praktischer Bewegung weitestgehend als bestätigt
1999) und versuchte die Kleinhirnaktivität wäh- angesehen werden (vgl. auch Sharma & Baron,
rend der Vorstellung und der Ausführung einer 2013). Es lassen sich aber auch spezifische Un-
7.3 · Neurophysiologische Ansätze zur Erklärung der Wirksamkeit des Mentalen Trainings
63 7
menhang besteht. Die Studienergebnisse bestätig-
ten Folgendes:
4 Die fMRT-Technik ermöglicht es, Aktivitäts-
muster auch bei der Vorstellung komplexer
und koordinierter Bewegungen aufzudecken.
4 Mit zunehmendem Fertigkeitsniveau lässt die
Aktivität besonders im supplementär-motori-
schen Areal und im Kleinhirn nach.
jeweils vor und nach einer kurzen praktischen dere bezogen auf den primär-motorischen Kortex
Übung zur jeweiligen Sportart. Die Ergebnisse zei- (u. a. Karni et al., 1995; Muellbacher, 2001). So-
gen, dass selbst zehn Minuten praktisches Üben fern motorisches Training angemessen ist, kann es
zwischen zwei Vorstellungseinheiten ausreichen, entsprechend wirkungsvoll auf bereits bestehende
um die Aktivität in den entsprechenden motori- neuronale Verbindungen Einfluss nehmen. In der
schen Arealen zu verstärken (M1, PMC, SMA so- Forschung lässt sich dies aufgrund von Ausbreitung
wie frontoparietale und subkortikale Strukturen). und Intensität der Hirnaktivität mithilfe verschie-
Dies könnte auf die – durch die praktische Übung dener Mess- und Darstellungsverfahren nachwei-
entstandene – gesteigerte Lebhaftigkeit der Bewe- sen. Die Erfassung beteiligter Hirnstrukturen und
gungsvorstellung zurückgeführt werden. Dass die Kortexareale übermittelt eine wesentliche Arbeits-
Fähigkeit zur lebhaften Vorstellung Effekte auf die grundlage und macht eine Annäherung an das
Qualität des Mentalen Trainings hat, konnte in Phänomen des Mentalen Trainings erst möglich.
vorherigen Studien bereits gezeigt werden (Mun- Die bereits sehr früh gewonnene Erkenntnis,
roe et al., 2002; Lorey et al., 2011). Auffällig war, dass Mentales Training sich auf die Ausführung
dass die Vorstellung der Bewegung aus dem Fuß- motorischer Aktionen auswirkt und ähnlich wie
7 ball ein größeres Netzwerk aktiviert hatte. Gerade motorisches Training die Verbesserung von Lern-
für die Gestaltung motorischer Rehabilitationspro- prozessen und Leistung unterstützt (z. B. Corbin,
zesse könnten die Ergebnisse dieser Studie von 1972; Richardson, 1967; Weinberg, 1981), wirft eine
Nutzen sein. Vielzahl an Forschungsfragen auf, die sich größ-
tenteils an die Neurowissenschaften wenden. Der
Erkenntnisse zum Mentalen Training: Fazit Forschungsschwerpunkt liegt auf dem »Wie«, d. h.:
Was das motorische Training betrifft, machten 4 Wie wirkt Mentales Training?
Merzenich et al. (1984) und Jenkins et al. (1990a) 4 Wie kommt es dazu, dass die bloße Vorstel-
an Affen sehr beeindruckende Beobachtungen, lung einer Bewegung genügt, um eine nach-
durch die sie dann erste bedeutsame neurophy- weisbar lern- und leistungssteigernde Wirkung
siologische Grundlagen zum motorischen Lernen auf motorische Aktionen zu entfalten?
liefern konnten. Wie derartige tierexperimentelle
Studien zeigen, lassen sich durch somatosensible Gemäß der Programmierungshypothese geht die
Stimulation und sensomotorisches Training eines Vorstellung eines Bewegungsmusters mit einem
Körpergliedes bestimmte Hirnareale modifizieren hohen Maß an zentraler kortikaler Aktivität einher
bzw. entsprechende körperteilspezifische somato- und weist diesbezüglich starke Parallelen zu den
sensorische Repräsentationsareale des Kortex ver- Erregungsprozessen während der entsprechenden
größern. Dies geschieht allerdings nur unter der Bewegungsausführung auf. Sie liefert den Anstoß
Voraussetzung adäquater Trainingseinheiten. für die Überprüfung einer vermuteten funktiona-
Mittels präziser Techniken und Analyseverfah- len Äquivalenz zwischen der Bewegungsvorstel-
ren zur nichtinvasiven Kartierung der Hirnaktivi- lung und der tatsächlichen Bewegungsausführung.
tät sind auch beim Menschen funktionelle Reorga- Diese Hypothesenüberprüfung erfolgt einer-
nisationen von somatosensorischen Repräsenta- seits über Methoden, die sich an Vorgängen und
tionsarealen nachweisbar (z. B. Elbert et al., 1995). Größen außerhalb des Gehirns orientieren, wie
Nach der Untersuchung von Zhang et al., (2011) z. B. die Messung von Bewegungsparametern und
erreichen zwei Wochen Mentales Training bereits physiologischen Korrelaten (7 Kap. 5), und ande-
eine Verbesserung der motorischen Leistung und rerseits über die Erfassung entsprechender Hirn-
bewirken messbare, funktionale Veränderungen aktivität mittels moderner bildgebender Verfahren.
im Gehirn. Bereits die Studien zu den physiologischen
In engem Zusammenhang mit motorischem Korrelaten stützen die Annahme einer funktiona-
Training steht auch das motorische Lernen mit len Äquivalenz zwischen der Bewegungsvorstel-
seinen plastischen Veränderungen und spezifi- lung und der tatsächlichen Bewegungsausführung.
schen kurz- und langfristigen Effekten, insbeson- Das Fazit der neurophysiologischen Studien ist,
7.3 · Neurophysiologische Ansätze zur Erklärung der Wirksamkeit des Mentalen Trainings
65 7
4 dass Mentales Training und praktische Bewe-
gungsdurchführung auf den gleichen neuro-
nalen Netzwerken basieren und
4 dass dem primär-motorischen Kortex wäh-
rend der Bewegungsvorstellung eine bedeu-
tende Rolle zukommt.
II Anwendungsfelder
Im ersten Teil des Buches sind die theoretischen Grundlagen zum Mentalen Training darge-
stellt. Es wurde darauf geachtet, den aktuellen Stand der Wissenschaft wiederzugeben und
entsprechend die Ergebnisse aus den relevanten wissenschaftlichen Studien und Analysen
einfließen zu lassen.
Im zweiten Teil des Buches soll nun die Anwendung des Mentalen Trainings im Vor-
dergrund stehen. Hierbei werden zum einen wissenschaftlich gesicherte Ergebnisse zur
Anwendung des Mentalen Trainings vorgestellt, zum anderen wird auch – in Form von Pra-
xisbeispielen und Praxistipps – die langjährige Erfahrung aus der Praxis einfließen.
Ziel ist es, auf diese Art und Weise dem Leser einen optimalen Überblick über die An-
wendungsmöglichkeiten des Mentalen Trainings aufzuzeigen.
Bei den Anwendungsfeldern werden
4 Leistungssport,
4 Rehabilitation,
4 Arbeit und Wirtschaft
unterschieden.
Leistungssport ist eine besondere Form des sportli- und wie das Mentale Training in diesen Sportarten
chen Handelns. Er hat die Leistungssteigerung bis hin erfolgreich eingesetzt werden kann.
zum Rekord, Siege oder eine Kombination aus beiden
zum Ziel. Die Leistungssteigerung ist Mittel und Zweck,
Weg und Ziel zugleich (Emrich, 2003). 8.1 Vorstellungen entwickeln
Das bewährte Mittel, um die Leistung zu steigern, mit Leistungssportlern
ist das Training. Was trainiert, was optimiert werden
muss, sind alle am Zustandekommen der Leistung In 7 Kap. 4 wurden die grundsätzlichen Möglich-
beteiligten Faktoren – nicht nur die einzelnen Fak- keiten zum Aufbau und zur Differenzierung von
toren isoliert voneinander, sondern auch deren Zu- Bewegungs- oder Handlungsvorstellungen vorge-
sammenspiel. Nach Weineck (2002) ist die sportliche stellt. Dabei wurde unterschieden zwischen
Leistungsfähigkeit aufgrund ihrer multifaktoriellen 4 einem sprachlich-symbolischen Ansatz, bei
Zusammensetzung nur komplex zu trainieren. Um dem Bewegungsbeschreibungen angefertigt
die individuelle Höchstleistung zu erreichen, müs- und dann auf Knotenpunkte verdichtet werden,
sen die einzelnen leistungsbestimmenden Faktoren 4 einem räumlich-bildhaften Ansatz, der die Be-
harmonisch entwickelt und aufeinander abgestimmt obachtung, z. B. von Videoaufzeichnungen, in
werden. den Mittelpunkt rückt, und
Dass dabei nicht nur körperliche, sondern eben 4 einem kinästhetischen Ansatz, der die eigene
8 auch psychische Faktoren eine Rolle spielen, liegt Bewegungserfahrung zur Generierung von
auf der Hand. Heute ist man sich auch in der Praxis Bewegungsvorstellungen nutzt.
des Leistungssports einig: Ohne ein entsprechendes
Training der mentalen Fertigkeiten ist die sportliche Es stellt sich jetzt die Frage, welche der vorge-
Höchstleistung kaum zu erreichen (Eberspächer et al., stellten Ansätze für die Anwendung des Menta-
2002). Genauso wie z. B. konditionelle Trainingsverfah- len Trainings im Leistungssport empfehlenswert
ren muss jedoch auch Mentales Training – als eine Form sind. Bereits in 7 Kap. 4 wurde darauf hingewie-
des sportpsychologischen Trainings im Leistungssport sen, dass in der Praxis häufig Mischformen dieser
– regelmäßig und zielgerichtet eingesetzt werden, um Ansätze angewandt werden. Außerdem sprechen
den maximalen Nutzen, hier: die Leistungsoptimie- sicher sportartspezifische Besonderheiten mehr
rung, zu erzielen. für die eine bzw. mehr für die andere Vorgehens-
Im Folgenden wird zunächst eine praxisnahe und weise.
vielfach erprobte Vorgehensweise beim Mentalen Trai-
> Es ist für die gewünschte Wirkung des Menta-
ning – eine Kombination der in 7 Kap. 4 bereits bespro-
len Trainings wesentlich, eine angemessen in-
chenen sprachlich-symbolischen, räumlich-bildhaften
tensive, realistische und vor allem fehlerfreie
und kinästhetischen Ansätze – dargestellt. Anschlie-
Bewegungsvorstellung der Zielbewegung
ßend sollen die Hauptanwendungsfelder des Mentalen
aufzubauen.
Trainings im Sport erörtert werden:
4 Optimierung der Wettkampfleistung, Auf der Basis des Stufenmodells von Eberspächer
4 Optimierung der Trainingseffektivität und (2001; 7 Kap. 4.1.1) und unter Einbeziehung ande-
4 Optimierung des Umgangs mit Verletzungen rer Ansätze wird im Folgenden das praktische Vor-
(dieser Bereich wird detaillierter in 7 Kap. 9 gehen beim Mentalen Training skizziert. Dieses
erläutert). Vorgehen zur Vorstellungsentwicklung hat einen
prozessualen Verlauf (. Abb. 8.1).
Darauf aufbauend werden die Erkenntnisse zur Anwen-
dung des Mentalen Trainings aus verschiedenen Sport-
arten zusammengestellt. Dabei werden die Sportar- 8.1.1 Beschreiben der Bewegung
ten Komplexitätsstufen zugeordnet, um so Aussagen
treffen zu können, in welchen Sportartengruppen der Zunächst wird der Sportler aufgefordert, die Be-
Einsatz des Mentalen Trainings vielversprechend ist wegung unter Einbezug möglichst vieler Sinnes-
8.1 · Vorstellungen entwickeln mit Leistungssportlern
71 8
Bewegungsbeschreibung erstellen Videobetrachtung auf Details der Bewegung auf-
merksam zu machen. Diese Vorgehensweise macht
Bewegungsbeschreibung es außerdem möglich, die Vorstellung des Sport-
8.1.3 Bewegungsbeschreibung
durch die eigene praktische
modalitäten zu beschreiben. Wichtig ist hierbei, Durchführung konkretisieren
dass eine individuelle Version der Bewegung und differenzieren
beschrieben wird und nicht lediglich sich ver-
ändernde raum-zeitliche Parameter geschildert Nach der Beschreibung und intensiven Video-
werden. betrachtung sollte bereits eine detaillierte Bewe-
Grundsätzlich ist zu empfehlen, die Bewe- gungsvorstellung vorliegen. Gerade durch die Vi-
gungsbeschreibung schriftlich zu verfassen. Viele deobetrachtung ist der Sportler unter Umständen
Sportler haben jedoch Schwierigkeiten, eine Be- dazu verleitet, vermehrt die Außenperspektive zu
wegung zu beschreiben, die damit verbundenen berücksichtigen. Durch die praktische Durchfüh-
Bewegungsgefühle und Sinneseindrücke in Worte rung und die ausführliche Analyse des Erlebens
zu fassen und in die Bewegungsbeschreibung zu bei der praktischen Durchführung wird nun ver-
integrieren. Daher ist es oft sinnvoll, weitere An- sucht, möglichst viel kinästhetische Bewegungsin-
sätze zur Vorstellungsgenerierung zu nutzen. formation in die Bewegungsvorstellung einfließen
zu lassen. Durch entsprechendes Hinterfragen der
praktisch durchgeführten Bewegung soll das Be-
8.1.2 Bewegungsbeschreibung wegungsgefühl bei der optimalen Bewegungsaus-
durch Videobeobachtung führung in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit
konkretisieren und des Sportlers gerückt werden. Beispiele für ent-
differenzieren sprechende Fragen sind:
4 Was war besonders gut?
Um die Bewegungsbeschreibung zu differenzie- 4 Woran hast du bemerkt, dass du die Bewegung
ren und zu vervollständigen, hat es sich als sehr gut ausgeführt hast?
nützlich erwiesen, die Sportler mittels intensiver 4 Was hast du dabei gefühlt?
72 Kapitel 8 · Mentales Training im Leistungssport
Unterstützen kann man dies beispielsweise durch zupassen. Dieses Vorgehen wurde in 7 Kap. 4.1.1
Modifikationen ausführlich dargestellt.
4 der Wahrnehmung (z. B. Bewegen mit ge- Die Erarbeitung von Knotenpunkten eignet
schlossenen Augen), sich insbesondere bei Problemen in einzelnen
4 der Bewegungsmodalitäten (z. B. langsame Handlungsabschnitten (z. B. wenn Lücken in der
oder schnelle Bewegung), Bewegungsvorstellung auftauchen oder an be-
4 der Umwelt (z. B. Durchführung an unter- stimmten Stellen keine kinästhetische Information
schiedlichen Trainingsstätten etc.). zur Bewegung vorliegt).
8.2.1 Mentales Training zur Gerade bei solchen Sportarten kann durch Menta-
Trainingsoptimierung les Training die Trainingsintensität, die zur Tech-
nikstabilisierung nötig ist, hoch gehalten werden.
Erlernen und Stabilisieren von motorischen Da durch Mentales Training äquivalente neuronale
Fertigkeiten Prozesse aktiviert werden wie beim tatsächlichen
Was das Erlernen und Trainieren von motorischen praktischen Bewegungsvollzug (7 Kap. 7), können
Fertigkeiten angeht, kann das Mentale Training so die für die Automatisierung von Bewegungsab-
insbesondere die kognitive Phase des Lernens und läufen nötigen hohen Umfänge annähernd reali-
Erwerbens einer motorischen Fertigkeit unter- siert werden.
stützen (7 Kap. 5). Hier zeigen sich besonders bei Schließlich spielt Mentales Training auch bei
komplexen Techniken bedeutende Vorteile des der Korrektur von Fehlern eine bedeutende Rolle:
Mentalen Trainings. Durch die Modifikation von Bewegungsvorstel-
Reidick (2007) konnte im Rahmen einer Unter- lungen und deren Training ist es schneller mög-
suchung an Kindern und Jugendlichen zeigen, dass lich, die Entstehung von Fehlern zu erkennen und
beim Erlernen der Technik des Hürdenlaufens der die Ursachen durch entsprechende Korrekturen
Einsatz des Mentalen Trainings zu einer Verbesse- zu beseitigen (Morris et al., 2005). Voraussetzung
rung der Endzeit über 50 m und auch zur Verbes- für eine schnelle Fehlerkorrektur ist natürlich eine
serung der Hürdenüberquerungszeit beiträgt. Die entsprechende Differenzierung und Intensität der
8 rein praktisch trainierende Gruppe, die genauso Bewegungsvorstellung.
viel Trainingszeit investierte, verschlechterte sich In vielen Sportarten nehmen Athlet und Trai-
in beiden Kriterien (Endzeit über 50 m Hürden ner direkt nach jedem praktischen Durchgang
und Hürdenüberquerungszeit; 7 Kap. 8.3.2). eine ausführliche Analyse vor (z. B. Skispringen,
Dies erklärt Reidick (2007) damit, dass das Er- Geräteturnen oder Eiskunstlauf). Erst das Vor-
lernen der Hürdentechnik gerade am Anfang mit handensein einer angemessenen und entsprechend
sehr vielen schmerzhaften Erfahrungen verbunden differenzierten Bewegungsvorstellung ermöglicht
ist (z. B. das Hängenbleiben mit dem Nachziehbein es dem Athleten, diese Trainerkorrekturen schnell
an der Hürde). Durch ausschließlich praktisches aufzufassen und umzusetzen.
Training wird die Konzentration des Sportlers unter
Umständen von der Technik- und Bewegungsaus- Tipp I I
führung weg auf die Hürde gelenkt (Vermeiden von Ideale Voraussetzungen zur schnellstmögli-
Schmerzen). Daraus resultiert die Vergrößerung chen Umsetzung der Fehlerkorrektur bringen
von Absprungabstand und Überquerungshöhe der Sportler mit, die Erfahrung mit Mentalem
Hürde, was sich letztlich in einer Verschlechterung Training haben und konkrete Umsetzungs-
der Endzeit über die 50 m Hürden auswirkt. pläne aus der Analyse mit dem Trainer zu-
Neben der Unterstützung beim Technikerwerb nächst in der Vorstellung entwickeln und
lassen sich bereits erworbene Fertigkeiten im Sinne ablaufen lassen, bevor eine erneute praktische
von »keeping them well tuned« trainieren (Morris Ausführung erfolgt.
et al., 2005, S. 216). In diesem Zusammenhang
seien hier exemplarisch solche Sportarten hervor-
gehoben, Erlernen und Stabilisieren von taktischen
4 die nur bei bestimmten Witterungsverhältnis- Handlungsabläufen
sen durchgeführt werden können (z. B. Ski- Auch für das taktische Lernen bietet das Mentale
springen oder Ski alpin), Training Vorteile: Mit seiner Hilfe lassen sich kom-
4 die nur mit hohem organisatorischem Auf- plexe taktische Strategien in konkrete individuali-
wand und damit in Abhängigkeit von Dritten sierte Handlungspläne umformulieren, lernen und
durchgeführt werden können (z. B. Segelflug), trainieren. Gerade im Spielsport ist somit eine
4 deren intensive Durchführung mit hohen Kos- schnellere Entscheidungszeit bei der Umsetzung
ten verbunden ist (z. B. Motorsport). von taktischen Vorgaben zu erwarten (Mayer et al.,
8.2 · Einsatzmöglichkeiten des Mentalen Trainings im Leistungssport
75 8
2006; Memmert et al., 2009; Verkasa & Gorovaya, oder auch während des Wettkampfs zum Einsatz
2011). kommen (7 Beispiel 8.1).
Ein wesentlicher Vorteil, gerade bei schnellen
Spielsportarten wie Eishockey, Fußball oder Basket- Beispiel 8.1: Skifahrer: Vorbereitung der Abfahrt
ball, ist darin zu sehen, dass der einzelne Sportler Zur Wettkampfvorbereitung ist von einem Skifahrer
während des Spiels automatisch situationsangemes- folgendes Ritual festgelegt worden (. Abb. 8.2): In
sen reagiert und somit kognitive Ressourcen ander- den letzten 20 Minuten vor dem Start versucht er,
weitig nutzen kann, z. B. für die Wahrnehmung von durch Hören einer festgelegten, ruhigen Musik und
Gegner- und Mitspielerverhalten (7 Kap. 8.3.8). einen bestimmten Atemrhythmus zu entspannen
(Relaxation). Nach zwei Musikstücken (ca. 7 Minu-
ten) trainiert er die Abfahrt mental. Er steht dabei
8.2.2 Mentales Training zur Optimie- in schulterbreiter Fußstellung mit leicht angewin-
rung der Wettkampfleistung kelten Knien und hält die Skistöcke – wie später im
Rennen – in den Händen.
Vorbereitung auf den Austragungsort Nach dem Mentalen Training hört der Skifahrer
und die Wettkampfsituation erneut Musik: drei Musikstücke, die er als seine
Die Anpassung (Gewöhnung oder Technikanpas- »Wettkampfmusik« zusammengestellt hat und die
sung) an den Austragungsort kann Inhalt des Men- eine mobilisierende Wirkung auf ihn haben. Dabei
talen Trainings sein. So können bestimmte Austra- führt er ein bestimmtes Stretching- und Aufwärm-
gungsorte durch bestimmte atmosphärische oder programm durch. Die letzte Minute vor dem Start
bauliche Besonderheiten die Bewegungsausführung füllt er durch die disziplinierte Aufrechterhaltung
beeinflussen oder stören. Um auf diese Umstände bestimmter Denkinhalte (aktive Selbstgespräche).
vorbereitet zu sein, nutzen viele Athleten das Men-
tale Training, um so ihren Bewegungsablauf an das
neue oder ungewohnte Setting anzupassen.
Positives Selbstgespräch
In vielen Sportarten erlaubt das Mentale Trai- Entspannung Mobilisation
Kopfdisziplin:
Aktivation
Mit jeder Komplexitätsstufe kommen demnach In der nun folgenden Beschreibung der Sport-
weitere Aspekte hinzu, die die vorzustellende Be- artengruppen soll allgemein geklärt werden, ob in
wegungssituation komplexer machen und daher den hier zugeordneten Sportarten
höhere Anforderungen an die Gestaltung des 4 Mentales Training im Spitzenbereich zur Leis-
Mentalen Trainings stellen. Schließlich müssen tungsoptimierung beiträgt,
viele relevante Aspekte in die Vorstellung mitein- 4 Mentales Training zum Bewegungslernen,
bezogen werden, um die originäre Bewegungssi- unter Umständen auch beim Nachwuchs, ein-
tuation so realistisch wie möglich mental trainie- gesetzt werden kann,
ren zu können. 4 Mentales Training zur Optimierung psycholo-
Bestandteil der Analyse sind dabei sowohl gischer Variablen (Wettkampfangst, Selbstbe-
olympische als auch nicht olympische Sportarten. wusstsein) eingesetzt wird
Von der Übersicht ausgeschlossen sind solche sowie
Anwendungsbeispiele, die zwar Sportartenbezug 4 auf welche Art und Weise das Mentale Trai-
aufweisen, jedoch nicht dem Leistungssport zu- ning durchgeführt wird.
zuordnen sind. Stellvertretend seien hier Untersu-
chungen an Studierenden genannt, die keinen Leis- Es sei an dieser Stelle erneut darauf hingewiesen,
tungssportbezug haben. Ausnahmen finden sich dass vornehmlich wissenschaftliche Publikationen
dort, wo neue Bewegungen mit Sportartenbezug in diese Übersicht einbezogen wurden, die dann
erlernt werden sollen. Diese Anwendungsbeispiele mit Erfahrungsberichten und Beispielen vertieft
werden trotz fehlenden Leistungssportbezugs in werden. Dies soll dreierlei sicherstellen:
die Übersicht integriert, da sie Aufschluss über den 4 Die Art und Weise, wie in den jeweiligen
Einsatz des Mentalen Trainings zum Erlernen der Sportarten mental trainiert wurde, wird aus-
sportartspezifischen Bewegungen geben können. reichend dokumentiert.
Aus welchen Sportarten Ergebnisse aus wissen- 4 Über die Wirkung des Verfahrens in den je-
schaftlichen Studien zur Anwendung des Mentalen weiligen Sportartengruppen wird nach objek-
Trainings vorliegen bzw. zu welchen Sportarten in tiven Kriterien berichtet.
diesem Kapitel Praxisbeispiele dargestellt sind und 4 Praktische Erfahrungen in der Anwendung
welcher Kategorie diese jeweils zugeordnet sind, ist des Mentalen Trainings in der jeweiligen
der . Tab. 8.1 zu entnehmen. Sportartengruppe werden vorgestellt.
80 Kapitel 8 · Mentales Training im Leistungssport
8.3.2 Komplexitätsstufe 1:
. Tab. 8.1 Sportarten, zu denen Ergebnisse aus wis-
senschaftlichen Studien zur Anwendung des Mentalen Bewegung (ohne Variation)
Trainings vorliegen bzw. zu denen Praxisbeispiele dar-
gestellt sind, und deren Komplexitätsstufe Bei Sportarten der Komplexitätsstufe 1 (. Abb. 8.4)
ist der Bewegungsablauf ohne Variation und ohne
Sportart Komplexitätsstufe
wesentliche Anpassung an Situationsparameter
Basketball 7 durchzuführen. Es handelt sich also um Sportar-
ten, bei denen ein bestimmter Bewegungsablauf
Boxen 6
im Wettkampf und auch im Training auf die im-
Cricket 5 mer gleiche Art und Weise durchzuführen ist. Dies
bedeutet, dass ein und derselbe Bewegungsablauf
Darts 1
in technisch höchster Perfektion verfügbar sein
Eishockey 7 muss, unabhängig von der Situation, in der er
durchzuführen ist.
Eiskunstlauf (Einzel) 2
Neben Sportarten, in denen dies die einzige
Feldhockey 7 Anforderung darstellt (z. B. Bogenschießen), gibt
es auch Sportarten höherer Komplexitätsstufen,
Football 7
in denen immer wieder isolierte Bewegungen aus-
8 Fußball 7 geführt werden, die eigentlich der Komplexitäts-
stufe 1 zuzuordnen sind (z. B. der Freiwurf beim
Golf 2
Basketball). Aus Gründen der Übersichtlichkeit
Judo 6 werden im Folgenden die Ergebnisse zum Men-
talen Training dieser isolierten Bewegungen im
Kanu 2
Kontext der jeweiligen Sportart besprochen.
Karate 6
> Für den Einsatz des Mentalen Trainings bei
Leichtathletik 1 Sportarten der Komplexitätsstufe 1 ist es
wichtig, dass eine stabile und differenzierte
Reiten 2
Vorstellung des Bewegungsablaufs auf
Rennrodeln 2 höchstem technischem Niveau verfügbar
ist. Es ist hingegen nicht erforderlich, ver-
Rhythmische Sport- 3
gymnastik (Gruppe) schiedene Vorstellungsvariationen für
einen Bewegungsablauf parallel zu entwi-
Rugby 7 ckeln – z. B. um ihn an verschiedene Situati-
Schwimmen 1 onen anzupassen. Sportler können exakt
vorgegebene Bewegungsabläufe mental
Skisport 2 trainieren. Beim Mentalen Training wird in
Schießen 1 der Vorstellung immer die gleiche Bewe-
gung ablaufen (ggf. angepasst an unter-
Synchroneiskunstlauf 3 schiedliche situative Gebebenheiten.
(Gruppe)
Im Folgenden sollen relevante Befunde zum Ein-
Tennis 4
satz des Mentalen Trainings in Sportarten, die der
Tischtennis 4 Komplexitätsstufe 1 zugeordnet sind, vorgestellt
werden.
Triathlon 2
Turnen 2 Leichtathletik
Leichtathletik besteht aus mehreren Disziplinen,
Volleyball 5
die aus den Bewegungen des Laufens, Springens,
8.3 · Anwendungsvielfalt des Mentalen Trainings im Leistungssport
81 8
schleunigenden Drehbewegung sind wesentliche
Aspekte der Bewegungsvorstellung, die erst durch
intensive Videobetrachtung und intensives Ana-
lysieren der praktisch durchgeführten Bewegung
ausreichend differenziert vom Sportler vorgestellt
werden kann.
Das Mentale Training wird Bestandteil des
praktischen Trainings, da die Pausen zwischen den
Belastungsphasen mit Eigenreflexion und Mentalem
Training gefüllt werden. Der Sportler führt somit
zunächst die Bewegung praktisch aus, reflektiert
dann mit dem Trainer über positive und negative
Aspekte der Bewegungsdurchführung und versucht,
die ermittelten Verbesserungsmöglichkeiten in die
. Abb. 8.4 Komplexitätsstufe 1: Bei Sportarten der ersten Vorstellung zu integrieren. Bevor er erneut wirft,
Komplexitätsstufe, wie z. B. dem Bogenschießen, ist der Be- wird per Mentalem Training der optimale Ablauf der
wegungsablauf ohne Variation und ohne wesentliche Anpas-
Bewegung vorgestellt.
sung an Situationsparameter durchzuführen.
© Toutenphoton / fotolia.com Darüber hinaus wird das Mentale Training Be-
standteil des Tagesablaufs: Der Sportler trainiert
mental regelmäßig abends vor dem Einschlafen.
Werfens und Stoßens entstanden sind. Diese viel- Dabei stellt er sich die optimale Bewegungsdurch-
fältigen Disziplinen lassen sich grob in fünf Blöcke führung an verschiedenen Wettkampfstätten und in
unterteilen: Sprint, Mittel- und Langstreckenlauf, verschiedenen Wettkampfsituationen vor.
Sprung, Wurf, Gehen. Im Allgemeinen kann für In einem letzten Schritt wird das Mentale Trai-
die Charakterisierung der in der Leichtathletik zu- ning als Element in das Ritual der Wettkampfvorbe-
sammengefassten Disziplinen folgender Grundsatz reitung aufgenommen.
gelten: Je kürzer die Belastungsdauer einer Diszi-
plin, umso komplexer und anspruchsvoller sind In einer Untersuchung von Ungerleider et al.
die darin enthaltenen technischen Elemente. Hin- (1989) wurden die kognitiven Strategien erfolg-
sichtlich der Komplexität der Bewegungsinhalte reicher Leichtathleten untersucht. 70 % der Ath-
zeichnen sich viele Disziplinen der Leichtathletik leten gaben an, während des Wettkampfes Men-
durch immer gleichbleibende Bewegungsabläufe tales Training einzusetzen. Dabei konnten auch
aus. Beispiele sind Diskuswerfen (7 Beispiel 8.4), Zusammenhänge mit weiteren Variablen gefunden
Weitsprung, Hürdenlauf. werden. So nutzen eher jüngere Athleten, Athleten
mit Verletzungsvorgeschichte und diejenigen, die
Beispiel 8.4: Mentales Training zur Trainings- und außerdem Entspannungsverfahren einsetzen, auch
Wettkampfoptimierung im Diskuswurf das Mentale Training. In einer weiteren Untersu-
Der Diskuswurf gehört zu den ältesten olympischen chung konnten Ungerleider und Golding (1991)
Sportarten und wird im Rahmen der Leichtathletik zeigen, dass Olympiateilnehmer Mentales Training
den Wurfsportarten zugerechnet. Die Anforderung häufiger nutzen als Nicht-Olympiateilnehmer – so-
beim Diskuswurf ist gleichbleibend: Mit einer Dreh- wohl vor und nach den entsprechenden Ausschei-
technik auf begrenztem Raum (Wurfkreis) gilt es, dungswettkämpfen als auch vor den Olympischen
den Diskus möglichst weit in einen abgesteckten Spielen. Ungerleider und Golding (1991) schluss-
Raum (Sektor) zu werfen. folgerten, dass besonders erfolgreiche Leichtath-
Nach dem in 7 Kap. 8.1 dargestellten Vorgehen leten auch Mentales Training einsetzen. In der
wird gemeinsam mit dem Sportler eine Bewegungs- Leichtathletik wurde in verschiedenen Disziplinen
vorstellung erarbeitet. Insbesondere die optimale die Wirkung des Mentalen Trainings zur Leis-
Arm- und Oberkörperhaltung während der be- tungsoptimierung untersucht.
82 Kapitel 8 · Mentales Training im Leistungssport
6100
6000
5900
5800
5700
5600
5500
5400
Vorher Nachher
880
860
840
820
800
zu verstehen und umsetzen zu können« (Reidick, chen war für den Trainer ein wichtiges Instrument,
2007, S. 87). um zu überprüfen, ob die Bewegungsvorstellung
In der nächsten Trainingseinheit wurde ein technisch richtig war. Durch die Beschreibung von
Video eines 50-m-Hürdenlaufs der Frauen gezeigt. Empfindungen wie Spannung vor dem Start, Herz-
Im Anschluss daran schlossen die Kinder wieder klopfen, das Fühlen der verschiedenen Muskelbe-
die Augen und stellten sich den Hürdenlauf mehr- wegungen oder der Flug über die Hürden wurden
mals vor. Danach wurde mit der Gruppe gemein- kinästhetische Informationen des Bewegungsab-
sam der Hürdenlauf beschrieben, und der Trainer laufs in die Vorstellung integriert.
gab Hilfen und Korrekturen. Bei der Beschreibung In einer weiteren Einheit wurde vom Trainer
sollte der Hürdenlauf von den Kindern und Ju- noch einmal herausgearbeitet, welche einzelnen
gendlichen in allen Einzelheiten dargestellt wer- Technikelemente für die markanten Punkte stehen.
den. Die Beschreibung der Kinder und Jugendli- Diese wurden – vom Trainer – mit Knotenpunkten
84 Kapitel 8 · Mentales Training im Leistungssport
»Im Laufe der Zeit näherte sich die mentale Vorstel- 1,4
lung zeitlich immer mehr der realen Ausübung an.
In den letzten beiden Einheiten wurde das Mentale 1,38
Training mit einer Stoppuhr durchgeführt. Dabei
1,36
wurde der Lauf in der Regel dreimal in der Vorstel- Vorher Nachher
lung durchgegangen, zwei Sportler schafften fast b
die Zeit eines vergleichbaren 50-m-Hürdenlaufs.«
(Reidick, 2007, S. 90) . Abb. 8.6 Mittelwertsunterschiede in den Variablen »End-
zeit 50 m Hürden« (a) und »Hürdenüberquerungszeit« (b) vor
und nach dem Training der Experimentalgruppe (praktisches
Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind bemer- Training und Mentales Training) und der Kontrollgruppe
kenswert: Die Kinder, die zusätzlich zum prak- (praktisches Training) (nach Reidick, 2007)
tischen Training mental trainierten, verbesserten
sich deutlich gegenüber den Kindern, die zeit-
gleich lediglich praktisch trainierten. Gemessen
wurden u. a. die Endzeit über 50 m Hürden sowie Zusammenfassung der Ergebnisse. Die Ergeb-
die Hürdenüberquerungszeit (. Abb. 8.6). Reidick nisse der beiden hier referierten Studien zum Men-
und Mayer (2007) erklären diesen deutlichen Ef- talen Training in der Leichtathletik lassen sich fol-
fekt damit, dass gerade beim rein praktischen Trai- gendermaßen zusammenfassen:
ning häufig schmerzhafte Erfahrungen gemacht 4 Die Studie von Van Gyn et al. (1990) zeigt,
werden, was dazu führt, dass die Kinder die Hürde dass Mentales Training eine sinnvolle Ergän-
höher nehmen und damit der optimalen Technik- zung des unspezifischen Trainings darzustel-
entwicklung entgegenwirken. len scheint, die den Leistungstransfer vom
8.3 · Anwendungsvielfalt des Mentalen Trainings im Leistungssport
85 8
unspezifischen praktischen Training zur Wett- Mendoza und Wichman (1978) untersuchten
kampfdisziplin sichert. die Wirkung des Mentalen Trainings beim Erler-
4 Außerdem scheint ein spezifisches Mentales nen des Dartwurfs in einem Vier-Gruppen-De-
Training zu einer besseren spezifischen Leis- sign: kein Training, Mentales Training, Mentales
tung in der Wettkampfdisziplin Sprint zu füh- Training und Bewegungssimulation, praktisches
ren als ein unspezifisches Maximalleistungs- Training. Bewegungssimulation bedeutet hier die
training (hier: Fahrradergometertraining) aktive Bewegungsdurchführung, allerdings ohne
allein. Dartpfeil und Zielscheibe. Insofern werden die
4 In der Studie von Reidick (2007) verbesser- gleichen Bewegungsabläufe durchgeführt und
ten sich Kinder und Jugendliche, die beim entsprechendes sensorisches Feedback erzeugt.
Erlernen der 50-m-Hürdentechnik zusätzlich Lediglich das Halten und Abwerfen des Pfeils
zum praktischen Training mental trainierten, sowie die Rückmeldung über den Erfolg der Be-
deutlich gegenüber den Kindern und Jugend- wegungshandlung bleiben aus und müssen vorge-
lichen, die zeitgleich lediglich praktisch trai- stellt werden.
nierten. Gemessen wurden u. a. die Endzeit Die Untersuchung an Studierenden mit dem
über 50 m Hürden sowie die Hürdenüberque- Ziel des Fertigkeitserwerbs konnte einen bedeut-
rungszeit. samen Unterschied zwischen den Experimental-
gruppen und der Kontrollgruppe zeigen. Was die
Darts Leistungssteigerung beim Dartwerfen betrifft,
Beim Dartwerfen ist die Präzision der Bewegungs- stand nach dieser Studie praktisches Training an
ausführung der leistungsbestimmende Faktor. Es oberster Stelle, gefolgt von Mentalem Training, wo-
wird mit Pfeilen auf eine Zielscheibe geworfen. bei die beiden Arten des Mentalen Trainings sich
Die Abwurflinie ist ca. 2,4 m von der Zielscheibe nicht signifikant voneinander unterschieden. Dies
entfernt. könnte natürlich auch damit zusammenhängen,
Zum Einsatz des Mentalen Trainings beim dass bei Bewegungsnovizen, wie hier den Studen-
Dartwerfen wurden zwei voneinander zu unter- ten, die entsprechende Bewegungserfahrung fehlt,
scheidende Bereiche untersucht: zum einen Darts die notwendig wäre, um von der Simulationsme-
als Bewegungsaufgabe, die im Kontext des moto- thode noch deutlicher zu profitieren. Mendoza
rischen Lernens häufig herangezogen wurde, und und Wichmann (1978) fassten zusammen, dass
zum anderen Darts als eigentliche Sportart mit Mentales Training zum Erlernen des Dartwerfens
dem Ziel der Leistungsoptimierung. wirkt, wenn auch nicht im selben Ausmaß wie
praktisches Training.
Studien zum Erlernen des Dartwurfs Weitere Untersuchungen im Bereich Neuer-
Die Bewegungsaufgabe Dartwerfen war schon in werb motorischer Fertigkeiten am Beispiel Darts
der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts stammen von Cumming et al. (2006). Sie unter-
Gegenstand von Studien, die die Effekte des Men- suchten die Kombination von Mentalem Training
talen Trainings im Bereich des Neulernens mo- und systematisch geführten Selbstgesprächen (po-
torischer Fertigkeiten untersuchen. Vandell et al. sitiv wie negativ). Es zeigte sich, dass bei den Pro-
(1943) verglichen Auswirkungen des praktischen banden, die Mentales Training mit positiven
und des Mentalen Trainings auf den Fertigkeits- Selbstgesprächen kombinierten, der größte Leis-
erwerb. Sie stellten fest, dass sowohl praktisches tungsfortschritt zu beobachten war.
als auch Mentales Training, täglich angewandt,
zu einer Leistungsverbesserung führte, während Zusammenfassung der Ergebnisse. Die Unter-
die Kontrollbedingung – weder Mentales Training suchung an Studierenden im Hinblick auf den
noch praktisches Training – zu keiner Verbesse- Fertigkeitserwerb beim Dartwurf konnte zeigen,
rung führte. Vandell et al. (1943) sprachen schon dass praktisches Training die größte Leistungsstei-
damals von einer annähernd gleichen Wirksam- gerung erzielt. Mentales Training – ob mit oder
keit beider Trainingsformen. ohne begleitende Bewegungssimulation – bewirkt
86 Kapitel 8 · Mentales Training im Leistungssport
ebenfalls eine Leistungssteigerung, wenn auch die Disziplingruppen Pistole (freie Pistole, Luft-
keine so deutliche. pistole, Schnellfeuerpistole, Sportpistole), Gewehr
(Kleinkaliber-Dreistellungskampf, Kleinkaliber-
Studie zur Leistungsoptimierung Liegendkampf, Luftgewehr), Wurfscheibenschie-
Die Wirkung des Mentalen Trainings bei der Leis- ßen (Skeet, Trap, Doppeltrap) (7 Beispiel 8.5) und
tungsoptimierung in der Sportart Darts wurde in Bogenschießen. Schießsport ist außerdem Teildis-
einer Studie von Suedfeld et al. (1993) untersucht. ziplin im modernen Fünfkampf (Luftpistole) und
Erforscht wurden die Auswirkungen einer ganz im Biathlon (Spezial-Kleinkalibergewehr). Die
bestimmten Stimulationstechnik, der »restricted besondere Anforderung im Schießsport ist eine
environmental stimulus technique« (REST), iso- größtmögliche Präzision bei der Bewegungsaus-
liert und in Kombination mit Mentalem Training führung, die ein hohes Konzentrationsvermögen
und Entspannungstraining. REST wird auch als voraussetzt.
»Floaten« bezeichnet und bedeutet das schwere-
lose Treiben in salzhaltigem Wasser, meist in einer Beispiel 8.5: Wurfscheibenschießen
ruhigen, verdunkelten Umgebung. Mit dem Floa- Die Simulationstechnik, die Mendoza und Wichman
ten in der ruhigen und dunklen Umgebung soll die (1978) für die Anwendung des Mentalen Trainings
Reduzierung der (automatischen) Wahrnehmung bei der Sportart Darts beschrieben (s. oben), bietet
von Umweltreizen erreicht werden. Dartspieler mit sich auch bei vielen Schießsportarten an, wobei hier
8 unterschiedlichem Leistungsniveau wurden nun die Bewegung mit der Waffe simuliert wird.
hinsichtlich ihrer Leistung, in diesem Fall der Prä- Am Beispiel des Schießens mit einer Flinte
zision, vor und nach den verschiedenen Trainings- (Wurfscheibenschießen) soll die Simulationstechnik
bedingungen getestet. genauer beschrieben werden: Der Sportler nimmt
die Ausgangsstellung ein und hält die Flinte wie
Ergebnisse. Es zeigte sich, dass die Stimulations- beim praktischen Schießen in beiden Händen. Mit
technik REST schon allein eine deutliche Wir- geschlossenen Augen (in einem verdunkelten Raum
kung zeigte und dass mit der Kombination aus auch mit geöffneten Augen) stellt er sich jetzt eine
REST und Mentalem Training die größte Leis- bestimmte Situation am Schießstand vor, z. B. eine
tungsverbesserung erzielt wurde. Verbesserungen Wettkampfsituation. Beginnend mit dem Vorberei-
waren hierbei auf allen Leistungsniveaus zu ver- tungsritual, wird bei der Simulationstechnik die er-
zeichnen. forderliche Bewegung auch praktisch mit der Flinte
Mentales Training allein führte zu keiner Leis- durchgeführt: Das Abrufen der Scheibe, das Einset-
tungsverbesserung. Dies erklärt sich unter Um- zen der Flinte, das Aufnehmen der Scheibe bis zum
ständen auch damit, dass als Mentales Training das Abzug und das Nachhalten. Die Bewegung ist so
Hören einer 13-minütigen Tonbandaufzeichnung quasi praktisch durchgeführt worden, lediglich die
verstanden wurde, auf der das Bewegungsgefühl Situation, die ausgeworfene Scheibe, die tatsäch-
bei einem optimalen Dartwurf beschrieben war. liche Schussabgabe und das Treffen der Scheibe
Die Teilnehmer sollten anschließend versuchen, wurden vorgestellt.
dieses Gefühl nachzuvollziehen. Interessant ist
hier, dass durch das REST-Verfahren ein außeror- In der Sportart Schießen sind einige Disziplinen
dentlicher Entspannungs- und Konzentrationszu- der Komplexitätsstufe 1 zuzuordnen (beispiels-
stand hergestellt werden konnte, der die Wirkung weise Bogenschießen oder Schnellfeuerpistole),
des Mentalen Trainings zu optimieren schien. andere der Komplexitätsstufe 2 (z. B. Trap; hier ist
eine Variation der Bewegung in Abhängigkeit von
Schießen unterschiedlichen Flugbahnen der Wurfscheibe zu
Schießen ist eine Sportart, bei der mit Waffen bzw. berücksichtigen).
Sportgeräten und Pfeil oder Kugel auf Ziele (feste Beim Schießen muss ein und derselbe Bewe-
Scheiben oder bewegliche Ziele) geschossen wird. gungsablauf mehrmals hintereinander in höchs-
Die olympischen Schießsportdisziplinen umfassen ter Präzision durchgeführt werden. Die Disziplin
8.3 · Anwendungsvielfalt des Mentalen Trainings im Leistungssport
87 8
Bogenschießen ist bereits häufiger im Kontext des zug, Ankern, Zielen, Lösen, Endphase) mitgeteilt
Mentalen Trainings thematisiert worden. werden. Zweimal pro Woche wurde gemeinsam
In Interviews mit Bogenschützen wurde erho- trainiert.
ben, welche mentalen Strategien sie anwenden. Ro- Nach vierwöchigem Training wurde die Leis-
bazza und Bortoli (1998) führten hierzu Interviews tung (60 Schuss aus 18 m) erfasst. In beiden Grup-
mit allen Athleten des italienischen olympischen pen konnte eine Leistungsverbesserung nachgewie-
Teams von 1996 durch. Die Schützen verfügten sen werden, wobei sich die Experimentalgruppe
nach dieser Studie über einen Pool unterschied- hinsichtlich der Leistungsverbesserung nicht we-
licher mentaler Vorbereitungsstrategien – darun- sentlich von der Kontrollgruppe unterschied. Die
ter auch Mentales Training –, die sie entweder in Experimentalgruppe verbesserte sich von einem
Kombination oder einzeln je nach jeweiliger Funk- durchschnittlichen Ergebnis von 498 vor der Inter-
tion und in Abhängigkeit von der bestehenden vention auf 513 nach der Intervention, die Kont-
Situation einsetzten. rollgruppe entsprechend von 434 auf 454.
Nach fünf Wochen konnte eine signifikante Ab- Auch im Rahmen der Wettkampfoptimierung
nahme der wahrgenommenen Angst nachgewie- wurde die positive Wirkung des Mentalen Trai-
sen werden. nings, hier auch eingebettet in weitere psychologi-
sche Verfahren, bestätigt.
Zusammenfassung der Ergebnisse. Die Ergeb- Weiterhin lassen sich – in den dargestellten
nisse der Studien zur Wettkampfangst bei Schwim- Sportarten – nicht nur die Leistung, sondern auch
mern lassen sich wie folgt zusammenfassen: für die Leistung entscheidende Variablen wie z. B.
4 Durch Mentales Training in Kombination mit die Wettkampfangst durch Mentales Training posi-
einem Training der Selbstgesprächsregulation tiv beeinflussen.
und einem Zielsetzungstraining konnte Wett-
kampfangst bei Schwimmern in ein positives
Erleben gewendet werden. 8.3.3 Komplexitätsstufe 2: Bewegung
4 Mentales Training, bei dem eine 30-minü- + Variation
tige Tonbandaufzeichnung eines Skripts zum
Wettkampfablauf eingesetzt wurde, konnte Bei Sportarten der Komplexitätsstufe 2 ist der Be-
die Wettkampfangst bei Schwimmern redu- wegungsablauf mit Variation – entweder Technik-
zieren. variationen, Variationen aufgrund veränderlicher
Umweltparameter und/oder sich ändernder Kom-
8 Zusammenschau binationen von Technikelementen – durchzufüh-
Alle der Komplexitätsstufe 1 zugeordneten Sport- ren. Es müssen also mehrere Bewegungsabläufe
arten unterscheiden sich von anderen Sportarten in technisch möglichst hoher Perfektion verfügbar
dadurch, dass die objektiv gegebenen Anforde- sein.
rungen an den jeweiligen Bewegungsablauf immer Neben Sportarten, in denen die Variation der
gleich sind, der Bewegungsablauf sich also prak- Bewegung die Hauptanforderung darstellt (z. B.
tisch nicht verändert. Golf; . Abb. 8.7), ergeben sich auch in Sportarten
Mentales Training in Sportarten mit gleichblei- höherer Komplexitätsstufen immer wieder Anfor-
benden Anforderungen an den jeweiligen Bewe- derungen an die Bewegungsdurchführung, die
gungsablauf erscheint hier zum einen im Bereich im Grunde der Komplexitätsstufe 2 zuzuord-
der Trainingsoptimierung (z. B. zum Neulernen, nen sind (z. B. Aufschlag im Tennis). Aus Grün-
zum Stabilisieren der Technik) und zum anderen den der Übersichtlichkeit wird auch hier so ver-
auch zur Wettkampfoptimierung (z. B. im Rahmen fahren wie in 7 Kap. 8.3.2: Die Ergebnisse zum
der Wettkampfvorbereitung) sinnvoll. Das Verfah- Mentalen Training dieser Bewegungsanforderun-
ren sollte sowohl für Anfänger als auch für Exper- gen werden im Kontext der jeweiligen Sportart
ten, für junge wie für erwachsene Sportler eine besprochen.
geeignete und das praktische Training ergänzende Für den Einsatz des Mentalen Trainings bei
Trainingsform sein. Die bislang vorliegenden Er- Sportarten der Komplexitätsstufe 2 müssen meh-
fahrungen und Untersuchungen bestätigen dies rere Bewegungsvorstellungen verfügbar sein. So ist
weitestgehend. einerseits die Bewegungsvorstellung in Bezug auf
Die Wirksamkeit des Mentalen Trainings im verschiedene Techniken, ggf. auch deren Kombi-
Bereich der Trainingsoptimierung ist für die Kom- nation (z. B. im Geräteturnen) zu erarbeiten und
bination mit praktischem Training sowie für die andererseits die Vorstellung der Anpassung einer
Kombination mit weiteren sportpsychologischen Technik an verschiedene Umweltparameter auf-
Trainingsformen (insbesondere Entspannungsver- zubauen (z. B. Rodeln auf verschiedenen Rodel-
fahren) nachgewiesen. Außerdem konnte gezeigt bahnen).
werden, dass Mentales Training ein geeignetes An einigen Beispielen sollen die bisherigen
Verfahren zur Optimierung der spezifischen Wir- Befunde zum Einsatz des Mentalen Trainings auf
kung eines unspezifischen Grundlagentrainings dieser Komplexitätsstufe diskutiert werden.
darstellen kann.
8.3 · Anwendungsvielfalt des Mentalen Trainings im Leistungssport
91 8
folgreichere Golfer vermehrt Mentales Training an
(zur Trainingsoptimierung, aber auch zur Opti-
mierung der Wettkampfleistung). Zudem berich-
ten Bernier & Fournier (2010), dass leistungs-
stärkere Golfer das Mentale Training auch dazu
nutzen, ihre Technik an bestimmte Situationsgege-
benheiten anzupassen.
Für die Sportart Golf lassen sich die bisher ge-
wonnenen Erkenntnisse zum Einsatz des Mentalen
Trainings unterscheiden in
4 solche, die das Neulernen, also den Erwerb
einer Fertigkeit, meist den Golfabschlag, the-
. Abb. 8.7 Bei Sportarten der Komplexitätsstufe 2 ist der
matisieren, und
Bewegungsablauf mit Variation – entweder Technikvariatio-
nen, Variationen aufgrund sich verändernder Umweltpara-
4 solche, die sich auf die Anwendung im Fortge-
meter und/oder sich ändernder Kombinationen von Technik- schrittenen- und Expertenbereich beziehen.
elementen – durchzuführen, wie z. B. beim Golf, © spuno/
fotolia.com Studien
Brouziyne und Molinaro (2005) untersuchten,
ob Mentales Training zusätzlich zu praktischem
Golf Training bei Golfanfängern, die den Abschlag
Beim Golf gilt es einen Ball mit möglichst wenigen trainieren, die Genauigkeit des Schlags optimiert.
Schlägen nacheinander in 18 Löcher zu spielen. Die Versuchspersonen, die mental trainierten,
Dabei können insgesamt 14 verschiedene Golf- wurden angeleitet, sich vor jedem Abschlag die
schläger benutzt werden, und je nach geforder- Bewegung intensiv vorzustellen, dabei in den
ter Reichweite und Genauigkeit kommen unter- Körper hineinzufühlen, sich außerdem das Tref-
schiedlichste Schlagvarianten zum Einsatz. Das fen des Balls, seine Flugbahn und die Landung
Gesamtergebnis setzt sich aus der Anzahl der für vorzustellen. Das Trainingsprogramm dauerte
die 18 Löcher benötigten Schläge zusammen. sieben Wochen bei einer wöchentlichen Trai-
Welche Strategien professionelle Golfspieler in ningseinheit. Die Forscher kamen zu dem Er-
der Vorbereitung auf einen Wettkampf anwenden, gebnis, dass beim Neulernen des Golfabschlags
beschreiben McCaffrey und Orlick (1989). Aus Mentales Training eine sinnvolle Ergänzung
den zahlreichen und detailliert dargestellten Un- des praktischen Trainings darstellt. Die Proban-
terschieden zwischen Topathleten und weniger den, die mental trainierten, verbesserten ihre
erfolgreichen Athleten schließen McCaffrey und Leistung (Genauigkeit des Golfabschlags) deut-
Orlick (1989), dass der Einsatz des Mentalen Trai- lich gegenüber denjenigen, die nur praktisch trai-
nings als Teil psychologischer Techniken einen nierten.
entscheidenden Beitrag zum Erfolg im leistungs- Zur Wirksamkeit des Mentalen Trainings
sportlichen Golf ausmacht (vgl. auch Cohn, 1991; im Fortgeschrittenen- und Leistungsbereich der
Beauchamp, 1999). Sportart Golf liegen differenziertere Erkenntnisse
Auch Thomas und Over (1994) und Hellström vor. So zeigten Thomas und Fogarty (1997), dass
(2009) beschreiben das Training kognitiver Fertig- Mentales Training in Kombination mit Techniken
keiten als zentralen Unterschied zwischen mehr der Selbstgesprächsregulation ein effektives Mittel
und weniger leistungsstarken Golfspielern. Leis- ist, um die Leistung von Golfern zu steigern. Die
tungsstärkere Spieler bereiten sich im Vergleich zu Leistung der Spieler wurde zum einen anhand des
weniger leistungsstarken Spielern u. a. in höherem Handicaps, d. h. der Kennzahl, die die ungefähre
Maße mental auf die bevorstehende Leistungsan- Spielstärke eines Golfers beschreibt, gemessen,
forderung vor. Dies bestätigen auch Gregg und zum anderen mit einem speziellen golfspezifischen
Hall (2006). Nach ihrer Untersuchung wenden er- Fertigkeitstest untersucht.
92 Kapitel 8 · Mentales Training im Leistungssport
Smith und Holmes (2004) untersuchten zwei zahl der den Bewegungsablauf störenden »Yips«
unterschiedliche Vorgehensweisen beim Mentalen zurückging.
Training und deren Auswirkungen auf die Effek- Smith et al. (2008) untersuchten die Wirkung
tivität an 40 erfahrenen Golfern. Sie stellten fest, eines speziellen mentalen Trainingsprogramms
dass die Art und Weise des Vorstellungsaufbaus (PETTLEP Imagery, 7 Kasten) beim Schlag aus
einen entscheidenden Einfluss auf die Wirksam- dem Bunker an 32 Leistungsgolfern. Die Gol-
keit des Verfahrens hat. Sie verglichen eine Me- fer wurden vier Gruppen zugeteilt (PETTLEP
thode, bei der Video- und Tonbandaufzeichnun- Imagery, PETTLEP Imagery und praktisches Trai-
gen zum Einsatz kamen, mit der Methode der Be- ning, praktisches Training und Kontrollgruppe).
wegungsbeschreibung. Im Gegensatz zur Methode Das Training wurde zweimal wöchentlich über
der Video- und Tonbandaufzeichnung führte die sechs Wochen durchgeführt. Die Kombinations-
Methode der alleinigen Bewegungsbeschreibung gruppe verbesserte sich am stärksten; zwischen
gegenüber einer Kontrollgruppe zu keinem bedeu- den Gruppen »Praktisches Training« und »PET-
tenden Leistungszuwachs. TLEP Imagery« konnte kein Unterschied in der
Nicholls et al. (2005) untersuchten, inwieweit Verbesserung festgestellt werden.
Mentales Training im Golf dazu beitragen kann,
einen Flow-Zustand aktiv herzustellen. Der Be-
griff »Flow« geht auf Csikszentmihalyi (1990) zu- PETTLEP-Imagery (nach Holmes & Collins,
8 rück und bezeichnet das vollkommene Aufgehen 2001)
in einer Tätigkeit. Im Flow-Zustand fühlt sich der Das PETTLEP-Imagery-Modell soll sicherstellen,
Sportler optimal gefordert. Er vergisst die Situa- dass folgende Faktoren in das Mentale Training
tion, in der er sich befindet. Der Sportler einbezogen werden:
beschreibt vollkommene Kontrolle über die Tätig- Physical: bezieht sich auf die physikali-
keit. schen und kinästhetischen
Das mentale Trainingsprogramm wurde von Eigenschaften der Bewegung
vier leistungsorientierten Golfern über einen Zeit- Environment: bezieht sich auf die typischen
raum von 12 Wochen durchgeführt. Für das Trai- Umstände des Umfelds
ning wurden positive Bewegungsbeschreibungen Task: bezieht sich auf den Aufgaben-
aus der Innenperspektive angefertigt, die später auf typ und die Zielstellung
Band gesprochen und von den Probanden mindes- Timing: bezieht sich auf den zeitlichen
tens fünfmal pro Woche angehört und nachemp- Ablauf
funden werden sollten. Die Autoren zeigten in ih- Learning: bezieht sich auf die Differen-
rer Untersuchung, dass Mentales Training sowohl zierung des Vorstellungsinhalts
die Intensität als auch die Häufigkeit des Flow- und dessen regelmäßige Über-
Erlebens positiv beeinflussen kann. Außerdem war prüfung
eine Leistungsverbesserung zu verzeichnen, und Emotion: bezieht sich auf die begleitende
die getesteten Spieler berichteten über eine Verbes- Emotion
serung der Vorstellungsfähigkeit. Perspective: bezieht sich auf die Vorstellungs-
Bell (2006; Bell & Thompson, 2007) unter- perspektive (hier Innenperspek-
suchte, ob Mentales Training eine wirksame Me- tive favorisiert)
thode ist, um Störungen des Bewegungsablaufs zu
verbessern. Im Golf nennt man diese Bewegungs-
störungen – z. B. Zittern, verkrampfte oder blo- Zusammenfassung der Ergebnisse. Die Ergeb-
ckierte Bewegungen – »Yips«. Bell (2006) konnte im nisse der Studien zum Einsatz des Mentalen Trai-
Rahmen seiner Untersuchung an vier Golfern mit nings beim Golf im Anfänger- und Leistungsbereich
durchschnittlich 33-jähriger Golferfahrung fol- lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
gende Ergebnisse berichten: Alle betroffenen Spieler 4 Beim Neulernen des Golfabschlags ist das
verbesserten sich sofort und nachhaltig, da die An- Mentale Training eine sinnvolle Ergänzung
8.3 · Anwendungsvielfalt des Mentalen Trainings im Leistungssport
93 8
des praktischen Trainings, um die Genauigkeit
beim Golfabschlag zu erhöhen. Vorstellung versucht der Sportler erneut,
4 Mentales Training in Kombination mit Selbst- den optimalen Bewegungsablauf nach-
gesprächsregulation ist ein effektives Mittel, zuempfinden. Er achtet darauf, sich das
um die Leistung im Golfsport zu steigern. Bewegungsgefühl möglichst intensiv vorzu-
4 Wenn Video- und Audioaufzeichnungen im stellen.
Mentalen Training eingesetzt werden, führt 4 Praktische Durchführung des Ab-
dies bei erfahrenen Golfern – im Vergleich zu schlags mit dem Driver mit geschlos-
Mentalem Training mit alleiniger Bewegungs- senen Augen: Die Augen werden bei
beschreibung – zu einem größeren Leistungs- der Ausholbewegung geschlossen. Die
zuwachs. Bewegung wird ausgeführt, der Sportler
4 Mentales Training im Golf kann die Herstel- achtet darauf, der Bewegungsvorstellung
lung des Flow-Zustands (Csikszentmihalyi, möglichst nahe zu kommen. Durch das
1990) erleichtern. Schließen der Augen wird die visuelle In-
4 Bewegungsstörungen beim Golf (»Yips«) formation zur Bewegungsteuerung unter-
können durch Mentales Training reduziert bunden. Fast ausschließlich kinästhetische
werden. Bewegungsinformation trägt nun zur Be-
wegungssteuerung bei. Im Anschluss wird
Tipp I I analysiert, welche Aspekte der Bewegung
Zur Integration des Mentalen Trainings in das zufriedenstellend und welche Aspekte
tägliche Golftraining, z. B. auf der Driving- nicht optimal durchgeführt wurden.
Range, bietet sich folgender Ablauf an:
4 Mentales Training des Abschlags mit Man wird feststellen, dass bei der Bewegungs-
dem Driver: Die Ausgangsposition (Schlä- durchführung mit geschlossenen Augen eine
gerhaltung) wird eingenommen. In der nahezu optimale Bewegungsausführung
Vorstellung wird der optimale Bewegungs- möglich ist, obwohl ausschließlich kinästhe-
ablauf nachempfunden. Der Sportler sollte tische Bewegungsinformationen zur Verfügung
sich das Bewegungsgefühl möglichst inten- stehen. Diese kinästhetische Bewegungsinfor-
siv vorstellen. mation ist später im Wettkampf die entschei-
4 Simulation des Abschlags mit dem Driver: dende Informationsquelle, um auch unter
Die optimale Bewegungsausführung wird Stress die optimale Bewegung durchführen zu
simuliert. Der Sportler achtet darauf, dabei können.
der Bewegungsvorstellung möglichst nahe
zu kommen.
4 Praktische Durchführung des Ab-
Kanu
schlags mit dem Driver: Die Bewegung »Kanu« bezeichnet einen leichten Bootstyp, der
wird ausgeführt. Dabei sollte der Sportler mittels Doppelpaddel betrieben wird. Als Renndis-
darauf achten, der Bewegungsvorstellung ziplin wird der Kanusport in den Varianten Einer,
möglichst nahe zu kommen. Im Anschluss Zweier und Vierer ausgetragen. Gefahren werden
wird analysiert, welche Aspekte der Bewe- die Distanzen 500 m und 1000 m. Darüber hinaus
gung zufriedenstellend und welche As- gibt es noch die Slalomvariante, die auf einer Wild-
pekte nicht optimal durchgeführt wurden. wasserstrecke mit natürlichen oder künstlichen
Hindernissen ausgetragen wird.
4 Mentales Training des Abschlags mit In einer Untersuchung von White und Hardy
dem Driver: Die Ausgangsposition (Schlä- (1998) konnte festgestellt werden, dass Menta-
gerhaltung) wird eingenommen. In der les Training im Wettkampf und im Training bei
6 Leistungssportlern im Kanu-Slalom auf interna-
tionalem Niveau regelmäßig angewandt wird (vgl.
94 Kapitel 8 · Mentales Training im Leistungssport
auch MacIntyre & Moran, 2007). MacIntyre et Eine Untersuchung zum erfolgreichen Einsatz des
al. (2002) konnten sogar die Leistung im Kanu- Mentalen Trainings beim Neuerlernen des Notaus-
Slalom mit der Vorstellungsfähigkeit in Zusam- stiegs oder Unterwasserausstiegs wird von Millard
menhang bringen. et al. (2001) vorgestellt.
Besonders im Wildwasserrennsport ist es
erforderlich, beim Kentern (. Abb. 8.8) aus der Studien
Sitzluke herauszukommen. Dies sollte sicher be- Millard et al. (2001) verglichen die Wirksamkeit
herrscht werden, sonst besteht für einen gekenter- von Mentalem Training, praktischem Training,
ten Kanuten schnell Lebensgefahr. Der Ablauf des einer Kombination aus beidem und einer Kon-
Notausstiegs (Unterwasserausstieg) wird wie folgt trollbedingung (kein Training) an 60 Mädchen
beschrieben: im Alter von 11 bis 16 Jahren im Hinblick auf
4 Kentern. das Neulernen des Notausstiegs (Unterwasser-
4 Warten, bis das Kanu kopfüber auspendelt ausstieg) beim Kanusport. Das Mentale Training
und zur Ruhe kommt. setzte sich aus einer Videodarstellung der Methode
4 Oberkörper nach vorne beugen. (Über- und Unterwasserperspektive), dem Bespre-
4 Spritzdeckenschlaufe suchen, ergreifen und chen des optimalen Vorgehens und dem aktiven
nach vorn ziehen. Vorstellen der Bewegungsausführung zusammen.
4 Spritzdecke lösen. Über einen Zeitraum von drei Tagen wurde täglich
8 4 Sitzluke mit beiden Händen links und rechts 30 Minuten mental trainiert.
fassen, sich nach unten aus der Luke drücken
und auftauchen. Ergebnisse. Es stellte sich heraus, dass die Kom-
bination von praktischem Training und Mentalem
Training die effektivste Methode war, dicht gefolgt
von ausschließlich praktischem Training. Das al-
leinige Mentale Training ist immerhin wirksamer
als gar kein Training.
Turnen
Turnen im engeren Sinne beinhaltet das Geräte-
und Trampolinturnen, wobei sich das Gerätetur-
nen wieder aus einer Vielzahl von Disziplinen
zusammensetzt: Boden, Pauschenpferd, Ringe,
Sprung, Barren, Reck, Stufenbarren und Schwe-
bebalken. Beim Trampolinturnen wird auf einem
Trampolin oder einem Doppelminitrampolin ge-
turnt. Das Trampolinturnen unterteilt sich in die
Disziplinen Einzel und Synchron.
Ziel bei Wettbewerben ist es, an Turngeräten
Übungen nach vorgegebenen Technik- und Hal-
tungskriterien möglichst optimal auszuführen. Der
technische und koordinative Anspruch ist entspre-
chend vielseitig und durchgängig über alle Teilbe-
reiche auf hohem Niveau.
Schon früh wurde die Anwendung des Menta-
len Trainings im Geräteturnen untersucht. White-
ley (1966) überprüfte die Wirksamkeit des Menta-
. Abb. 8.8 Kentern beim Kanu-Wildwasserrennsport, len Trainings beim Neulernen einfacher Techniken
© Lovrencg / fotolia.com wie z. B. der Technik des Nackensprungs oder
8.3 · Anwendungsvielfalt des Mentalen Trainings im Leistungssport
95 8
des Kopfsprungs. Dabei stellte sich heraus, dass al. (2005) geprüft. An Barren, Balken und Boden,
die Dreierkombination aus praktischem Training, jedoch nicht am Sprung, also in drei von vier Dis-
Mentalem Training und praktischem Training (in ziplinen, zeigten sich in der Experimentalgruppe
dieser Reihenfolge) die effektivste Methode war. größere Leistungsverbesserungen als in der Kon-
Phipps und Morehouse (1969) zeigten in einer trollgruppe.
Studie, dass eine relativ einfache Fertigkeit (Hock-
sprung über eine Barrenstange) durch Mentales Studien
Training auch ohne vorausgehendes praktisches Die Wirksamkeit des Mentalen Trainings hinsicht-
Training erlernt werden kann. 50 % der Versuchs- lich des Erlernens und der Verbesserung kom-
personen bewältigten die gestellte Anforderung plexer Fertigkeiten sowie der Einfluss der Vor-
ohne praktisches Training. Ein entsprechendes stellungsfähigkeit auf die Leistung standen im
Ergebnis resultiert auch aus der Studie von Jones Mittelpunkt des Interesses von Isaac (1992). Sie
(1965; Phipps & Morehouse, 1969). Jones (1965) untersuchte 78 Trampolinturner unterschiedlicher
stellte fest, dass Fertigkeiten, bei denen die Grob- Leistungsniveaus. Die Experimentalgruppe führte
motorik im Vordergrund steht, von Novizen aus- zusätzlich zum praktischen Training ein Mentales
schließlich durch Mentales Training, ohne prakti- Training durch, die Kontrollgruppe beschäftigte
sches Training, erlernt werden können. sich in dieser Zeit mit Denksportaufgaben. Das
Auch im Hochleistungssport Geräteturnen Mentale Training bestand aus einer bildlichen Be-
wurden Untersuchungen zur Einsatzhäufigkeit des wegungsbeschreibung mit der Anweisung, sich die
Mentalen Trainings durchgeführt. So stellen Ma- Ausführung dieser dargestellten Bewegung vor-
honey und Avener (1977; White & Hardy, 1998) zustellen. Das Mentale Training wurde über sechs
fest, dass das Mentale Training im Hochleistungs- Wochen jeweils für 5 Minuten im Anschluss an
sport von erfolgreichen Turnern in beträchtlichem das praktische Training durchgeführt. Die Experi-
Maß genutzt wird. mentalgruppe zeigte signifikant größere Leistungs-
Welche Vorstellungsperspektive und -modali- verbesserungen als die Kontrollgruppe.
tät bei Anfängern für das Erlernen einer einfachen Neben Lernoptimierung und Leistungsopti-
Bodenübung geeignet ist, prüften Hardy und Cal- mierung interessiert im Kunsturnen auch der Ein-
low (1999). Dabei stellte sich heraus, dass Anfän- fluss des Mentalen Trainings auf die Wettkampf-
ger eher visuelle Informationen in der Vorstellung angst. Hier wurde in einer Studie (Cogan & Petrie,
berücksichtigen. Dies kann darin begründet sein, 1995) die Implementierung eines sportpsychologi-
dass beim Anfänger entsprechende kinästhetische schen Trainingsprogramms, bestehend aus Ent-
Bewegungsinformationen noch nicht ausreichend spannungstraining und Mentalem Training, be-
differenziert vorliegen. Auch wird beim Neulernen schrieben. Das Training wurde zu Beginn der Wett-
die Beobachterperspektive vorgezogen. Die Bedeu- kampfperiode eingeführt. Cogan und Petrie (1995)
tung der kinästhetischen Vorstellungsinhalte zeigte überprüften die Wirksamkeit dieses Programms
sich dann allerdings beim erneuten Realisierungs- hinsichtlich der Wettkampfangst im Vergleich zu
versuch zu einem späteren Zeitpunkt (Callow & einer Kontrollgruppe. Innerhalb der Experimental-
Hardy, 1997). gruppe sanken kognitive Angst (Besorgnis, Be-
fürchtungen etc.) und somatische Angst (Wahr-
> Das lebhafte Vorstellen von Bewegungsge-
nehmung körperlich spürbarer Anzeichen von
fühlen setzt einen bestimmten Grad an Kön-
Angst wie Herzklopfen, feuchte Hände etc.) vom
nen und Bewegungserfahrung voraus.
Ende der Vorbereitungs- bis zur Mitte der Wett-
Die Wirksamkeit eines kombinierten psychologi- kampfperiode.
schen Trainingsprogramms, das neben dem Men-
talen Training auch Entspannungstraining, Selbst- Zusammenfassung der Ergebnisse. Die Ergeb-
gesprächsregulation, Zielsetzungstraining und ein nisse der Studien zum Einsatz des Mentalen Trai-
Training der Aufmerksamkeitsfokussierung ent- nings im Turnen lassen sich wie folgt zusammen-
hielt (Package-Approach), wurde von Fournier et fassen:
96 Kapitel 8 · Mentales Training im Leistungssport
4 Mentales Training zusätzlich zu praktischem Kriterium. Diejenigen, die sich mit dem Lauf be-
Training führte bei Trampolinturnern zu einer schäftigen und effektive Strategien zur Bewältigung
signifikanten Leistungsverbesserung im Ver- durchgehen, sind demnach erfolgreicher als dieje-
gleich zu einer Kontrollgruppe. nigen, die lediglich positives Denken anwenden.
4 Ein sportpsychologisches Trainingsprogramm, Die Implementierung eines sportpsychologi-
bestehend aus Entspannungstraining und schen Trainingsprogramms bei 43 jugendlichen
Mentalem Training, war in der Lage, bei Tur- Skifahrern einer Ski-Akademie im Alter von 12
nern die Wettkampfangst zu verringern. bis 18 Jahren dokumentierte Hellstedt (1987) und
diskutierte anschließend dessen Effektivität. Ne-
Tipp I I ben Mentalem Training wurden im Rahmen die-
Bei sehr komplexen Bewegungsabläufen, wie ses Konzepts viele weitere Komponenten angebo-
beispielsweise den mehrfachen Überschlag- ten und durchgeführt, darunter auch Entspan-
bewegungen im Geräteturnen, ist das Mentale nungstraining und Zielsetzungsgespräche. Im
Training eine bewährte Methode, um Bewe- Rahmen einer Evaluation bewerteten die Teilneh-
gungsinformation zu bündeln. So kann durch mer des Programms das Entspannungstraining
die Reduktion der Bewegungsbeschreibung und das Mentale Training als besonders effektive
auf Knotenpunkte die Bewegungsinformation Maßnahmen.
unter Umständen auf ein einziges Schlagwort Callow et al. (2013) berichten von ihrer Un-
8 verdichtet werden. tersuchung, wonach die Anforderung Slalom zu
Zum Erlernen neuer oder schwierigerer Ele- fahren mit dem Mentalen Training aus der Innen-
mente oder Elementkombinationen, die bisher perspektive besser gelingt als aus der Beobachter-
vom Sportler noch nicht durchgeführt wurden, perspektive (7 vgl. Kap. 4.2).
eignet sich das Mentale Training, da zunächst in
der Vorstellung die Technikelemente erarbeitet Beispiel 8.7: Alpiner Skilauf: Mentales Training
und/oder kombiniert und schließlich mental zur Trainingsoptimierung
trainiert werden können. Wichtig für den Aufbau von lebhaften und differen-
zierten Vorstellungen ist u. a. eine entsprechende
Trainingsgestaltung. In diesem Beispiel wird mit ei-
Skisport (alpin) ner Ski-alpin-Schülermannschaft (Alter: 10–12 Jahre)
Beim alpinen Skirennsport werden in offiziellen ein Mentales Training durchgeführt. Ziel ist es, die
Wettkämpfen die fünf Disziplinen Abfahrt, Su- Basistechnik des Carvingschwungs mental zu trai-
per-G, Riesenslalom, Slalom und Alpine Kombi- nieren und damit zu festigen.
nation gefahren. Diese unterscheiden sich durch Beim Erlernen dieser Technik tritt häufig das
die Varianten bei der Torsetzung und die dadurch Problem auf, dass wesentliche Aspekte beim Trans-
möglichen Geschwindigkeiten. Abfahrt und Su- fer der Technik in einen gesteckten Lauf (insbeson-
per-G werden als Speed-Disziplinen bezeichnet, dere im Wettkampf ) verloren gehen. Die Aufmerk-
Slalom und Riesenslalom als Technikdisziplinen. samkeit der Kinder wird auf die Stangen gelenkt,
Die Alpine Kombination aus Abfahrt und Slalom und die neu erlernte Technik wird vernachlässigt.
verbindet die beiden Varianten. Die Speed-Diszi- Um eine detaillierte und lebhafte Vorstellung
plinen stellen hohe Anforderungen an Kraft und aufzubauen, wird folgende Methode entworfen:
Ausdauer der Sportler. Die Technikdisziplinen er- Während des Trainings wird die Kommunikation
fordern besondere fahrtechnische Fertigkeiten. zwischen Trainer und Athlet modifiziert: War es bis-
Anhand welcher Faktoren sich erfolgreiche von her üblich, dass der Trainer seine Korrekturen dem
weniger erfolgreichen Skifahrern unterscheiden Sportler direkt nach dem Trainingslauf erklärt und
lassen, beschreiben Rotella et al. (1980). Demnach dieser mehr oder weniger passiv zuhört, wird nun
ist die Phase zwischen der Besichtigung der Strecke eine aktive Rolle des Sportlers eingefordert. Bevor
und dem Start bzw. die Frage, womit sich die Sport- der Trainer seine Korrektur mitteilt, soll zunächst der
ler in dieser Phase beschäftigen, ein besonderes Sportler berichten, was bei der Bewegungsausfüh-
8.3 · Anwendungsvielfalt des Mentalen Trainings im Leistungssport
97 8
rung gut und was nicht so gut gelungen ist. Dies Training dann an aktuelle Situations- und Umwelt-
bewirkt, dass sich der Sportler schon früh aktiv mit gegebenheiten angepasst werden. Die Skifahrerin
der eigenen Bewegungsausführung auseinander- hat sich im Training bereits angewöhnt, jeden Trai-
setzt. Im Anschluss daran wird konkret festgelegt ningslauf zu besichtigen und mental zu trainieren.
und formuliert (Bestätigung oder Korrektur), auf Ziel ist hierbei, dass sie nicht nur ihre Basistechnik
welche Aspekte der Technikumsetzung beim nächs- in kurzer Zeit an einen besichtigten Lauf anpassen
ten Durchgang geachtet werden soll. Hierbei wer- kann, sondern dass unter Umständen relativ kurz
den maximal zwei Aspekte angesprochen. Bevor der vor dem Start noch Änderungen und Modifikatio-
Sportler in einen erneuten Trainingslauf startet, soll nen möglich sind.
er am Start über Funk ankündigen, was er bei dieser Die Besichtigung einer Wettkampfstrecke dauert
Trainingsfahrt umsetzen möchte. ca. 20–30 Minuten, in denen der neu gesteckte Lauf
Nach dem Training hält der Athlet gemeinsam von den Fahrern langsam durchfahren und angese-
mit dem Trainer in einem Trainingstagebuch fest, hen werden darf. In dieser kurzen Zeitspanne muss
was an diesem Trainingstag positiv umgesetzt sich der Athlet nicht nur die Reihenfolge der Tore
wurde. Es werden also nur die positiven Tech- und die Schlüsselstellen einprägen, sondern auch
nikelemente festgehalten, aufgeschrieben oder das optimale Bewegungsverhalten festlegen. Bei der
aufgezeichnet. Es wird darauf geachtet, dass aus Besichtigung der Wettkampfstrecke erarbeitet sich
der Perspektive der Athleten berichtet wird und die Rennläuferin stufenweise eine Vorstellung des
kinästhetische Bewegungsinformationen auch in Laufes. Zunächst die ersten fünf Tore, dann die Tore
den Aufzeichnungen berücksichtigt sind. Im Laufe 1–10, dann wird der nächste Teilabschnitt ange-
der Zeit wird dieser Aufschrieb dementsprechend hängt usw. Nach der Besichtigung und vor dem Start
reichhaltiger, detaillierter und lebhafter. trainiert sie den optimalen Ablauf ihrer Fahrt noch
Vor und nach jedem Training wird die ganze zwei- bis dreimal in Ruhe mental (. Abb. 8.9).
Gruppe aufgefordert, sich das optimale Carven Rund 10 Minuten vor dem Start, so lautet die
intensiv vorzustellen. Dieses Mentale Training ist Vereinbarung, bekommt die Skifahrerin Informatio-
bereits nach kurzer Zeit ein selbstverständlicher nen von der Strecke per Funk von den Trainern mit-
Bestandteil des Aufwärmens vor dem Training sowie geteilt. Oftmals lautet die Botschaft folgenderma-
des Nachbereitens im Anschluss an die gemeinsame ßen: »Fahren wie besichtigt«, was bedeutet, dass die
Überarbeitung des Bewegungsaufschriebs im Trai- Annahmen, die während der Besichtigung getroffen
ningstagebuch. wurden, genau umzusetzen sind. Schwieriger wird
es dann, wenn die Trainer Korrekturen der Besichti-
Beispiel 8.8: Alpiner Skilauf: Mentales Training gung vornehmen: »Am Übergang enger anfahren!«
zur Wettkampfoptimierung (Slalom)
Die Anforderung bei der alpinen Disziplin Slalom
besteht darin, die Basistechnik (Carvingschwung,
Gleiten etc.) in einem immer wieder unterschiedlich
gesteckten Lauf umzusetzen. Ungefähr 1–2 Stunden
vor dem Start des Durchgangs (in Abhängigkeit von
der Startnummer des Athleten) wird der gesteckte
Lauf besichtigt. In diesem Lauf darf aber praktisch
nicht trainiert werden. Die Anpassung und Kom-
bination der Basistechnik an den geforderten Lauf
muss in der Vorstellung gelingen.
Vorbereitend werden mit einer Skifahrerin vor
der Wettkampfphase die Basistechniken zunächst
isoliert mental erarbeitet, um so eine stabile Vor-
stellung von Technikelementen zur Verfügung zu
haben. Diese Technikelemente können im Mentalen . Abb. 8.9 Startvorbereitung einer Skirennläuferin
98 Kapitel 8 · Mentales Training im Leistungssport
Diese Information wird nicht einfach zur Kenntnis Beispiel 8.9: Bewegungsbeschreibung:
genommen, sondern sofort in die Vorstellung inte- Disziplinwechsel Schwimmen/Rad
griert und diese Teilstrecke drei- bis fünfmal in der Die Knotenpunkte in dieser Bewegungsschreibung nach
Vorstellung absolviert. Ziemainz et al. (2003) sind hier durch Fettdruck markiert:
Die Skifahrerin hat trainiert, ihre Vorstellung Kurz vor Ende der Schwimmstrecke Durchgehen
kurzfristig an Gegebenheiten der Umwelt anzu- der Knotenpunkte für den nachfolgenden Wechsel.
passen. Das Mentale Training führt nun dazu, dass Nachdem ich das Wasser verlassen habe, ziehe ich die
sie an dieser vermeintlichen Schlüsselstelle bereits Badekappe und die Schwimmbrille vom Kopf, laufe
weiß, wie zu fahren ist, und dass kognitive Ressour- zur Zeitnahme und ziehe den rechten Arm über die
cen – beispielsweise für das Wahrnehmen des opti- Zeitnahmebox. Im Anschluss öffne ich die Reißver-
malen Bewegungsgefühls auf dem Ski – frei sind. schlüsse am Neoprenanzug, laufe zum Wechselplatz
und ziehe den Neoprenanzug aus. Ich beginne, den
Triathlon Radhelm aufzuziehen und schließe den Helmver-
Beim Triathlon folgen die Disziplinen Schwimmen, schluss. Ich nehme das Rad mit der linken Hand aus
Radfahren und Laufen unmittelbar aufeinander, dem Ständer und schiebe es mit der linken Hand
was eine Umstellung der Muskulatur auf die jewei- zum Ende der Wechselzone. Dort ziehe ich den rech-
lige Disziplin erfordert. Die Varianten reichen von ten Arm über die Zeitnahmebox, fasse mit beiden
der Sprintdistanz mit 0,5 km Schwimmen, 20 km Händen am Oberlenker und springe auf. Trete nun
8 Radfahren, 10 km Laufen bis hin zur Langdistanz fünf- bis sechsmal kräftig in die Pedale, sichere mich
mit 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und nach hinten und vorne ab, dass kein Gegner in un-
einem Marathonlauf (42,195 km). Das Training mittelbarere Nähe ist, und ziehe dann zunächst ganz
eines Triathleten ist durch die unterschiedlichen in Ruhe den rechten Radschuh an, um mich dann
Einzeldisziplinen technisch entsprechend vielseitig dem linken zu widmen.
und naturgemäß stark ausdauerbezogen. Im Wett- Ende Wechsel!
kampf gilt es, die Übergänge zwischen den einzel-
nen Disziplinen so kurz wie möglich zu gestalten In der Evaluation des Mentalen Trainings (Zie-
und den Körper schnellstmöglich auf die neue mainz et al., 2003) können die Probanden der Ex-
Belastung einzustellen. perimentalgruppe die Wechselzeit um 11 Sekun-
Diese Phasen des Wechsels zwischen den den reduzieren, eine Kontrollgruppe konnte sich
Ausdauerdisziplinen sind von besonderer Rele- lediglich um 1 Sekunde verbessern.
vanz für das Mentale Training. Ziemainz et al.
(2003) weisen darauf hin, dass speziell im Be- Eiskunstlauf
reich des triathlonspezifischen Wechsels starke Beim Eiskunstlauf steht die kunst- und ausdrucks-
Leistungsunterschiede vorliegen, insbesondere volle Ausführung der Elemente Sprünge, Pirouetten
im Jugend- und Juniorenbereich. Brückner und und Schritte im Mittelpunkt. Beim Eiskunstlaufen
Wegner (2001) berichten von einem relativ en- werden die Disziplinen Einzellaufen, Paarlaufen,
gen Zusammenhang zwischen der Teilleistung Eistanzen und Synchroneiskunstlauf ausgetragen.
Wechsel Rad/Lauf und dem Gesamtergebnis des Ergebnisse zum Mentalen Training im Synchroneis-
Triathlons. kunstlauf werden gesondert (Komplexitätsstufe 3)
Ziemainz et al. (2003; Ziemainz, 2002) entwi- besprochen. Die Beurteilung der Qualität der ge-
ckelten in Anlehnung an das fünfstufige Modell zeigten Elemente erfolgt durch Preisrichter, die die
von Eberspächer (2001; 7 Kap. 4.1.1) ein Mentales Performance nach entsprechenden Regeln für die
Training für den triathlonspezifischen Disziplin- technische Durchführung und den künstlerischen
wechsel im Jugend- und Juniorentriathlon. Ein Ausdruck bewerten.
Beispiel für eine in Rahmen dieses Konzepts ent-
wickelte Bewegungsbeschreibung für den triath- Studien
lonspezifischen Disziplinwechsel Schwimmen/Rad Palmer (1992) verglich unterschiedliche Durchfüh-
ist in 7 Beispiel 8.9 dargestellt. rungsmodalitäten des Mentalen Trainings beim
8.3 · Anwendungsvielfalt des Mentalen Trainings im Leistungssport
99 8
Eiskunstlauf. Allgemein kann das Ergebnis ihrer
Studie folgendermaßen beschrieben werden: Je werden. Durch vielfache Wiederholung der nun
mehr Aufwand für die Generierung entsprechen- durch Modifikation optimierten Bewegung wird
der Vorstellungen beim jugendlichen Eiskunstläu- die intellektuelle Regulationsebene zugunsten
fer (Alter zwischen 12 und 17 Jahren) betrieben der sensumotorischen wieder aufgegeben, die
wird, desto größer ist der zu erwartende Erfolg. automatisierte Bewegung besteht wieder.
Das alleinige Benennen und Durchsprechen einzel- Demnach ist der Zeitpunkt für den Beginn eines
ner Knotenpunkte erwies sich in dieser Studie als Mentalen Trainings bei hochkomplexen und
nicht sehr wirkungsvoll. Vielversprechender war automatisierten Bewegungen mit Blick auf an-
eine Kombination verschiedener Vorgehensweisen stehende Wettkämpfe sehr sensibel zu wählen.
(Aufzeichnen der Bewegung, Erarbeitung von
Schlagwörtern, Hineinfühlen in die Bewegung, in-
tensives Vorstellen der Bewegung), um die Intensi- Rennrodeln
tät und Lebhaftigkeit der Vorstellung zu steigern. Rennrodeln wird mit einem Rennschlitten auf ei-
Garza und Feltz (1998) untersuchten bei 10- ner Kunsteisbahn durchgeführt. Beim Rodeln liegt
bis 18-jährigen leistungsorientierten Eiskunstläu- der Fahrer auf dem Rücken, gelenkt wird durch
fern verschiedene Arten der Durchführung von Beindruck und Verlagerung des Oberkörpers.
Mentalem Training. Eine Gruppe führte das Men- Beim Rennrodeln werden mit dem Einsitzer der
tale Training in Form eines Konzentrierens auf Männer und Frauen sowie dem Doppelsitzer der
Knotenpunkte der Bewegung mit vorheriger Be- Männer und der Teamstaffel vier Wettbewerbsdis-
wegungsbeschreibung durch. Eine weitere Gruppe ziplinen ausgetragen.
setzte Mentales Training im Sinne einer Bewe- Ein Praxisbeispiel soll den Einsatz des Men-
gungssimulation ein, bei der Begleitbewegungen talen Trainings zur Trainings- und Wettkampf-
zur Vorstellung ausgeführt wurden. optimierung im Rennrodeln verdeutlichen (7 Bei-
Beide Arten des Mentalen Trainings verbes- spiel 8.10).
serten die Leistung von Sprüngen und Pirouet-
ten bedeutend im Vergleich zur Kontrollgruppe. Beispiel 8.10: Mentales Training zur Trainings-
Abgesehen von der Leistung erhöhte sich in bei- und Wettkampfoptimierung im Rodeln
den Gruppen das Selbstvertrauen, wohingegen die Erfolgreiches Rodeln erfordert zum einen die exakte
Kompetenzüberzeugung lediglich in der Gruppe, Kenntnis der Rodelbahn, zum anderen die ideale
die mit Begleitbewegung mental trainierte, gestei- Abstimmung von Material und Gerät auf die aktuell
gert werden konnte. vorherrschenden Umweltgegebenheiten (Eisbeschaf-
fenheit, Wetterverhältnisse etc.). Für die Optimierung
Tipp I I der Leistung gilt es also, im Vorfeld die unveränder-
Werden durch das Mentale Training (insbeson- lichen Bestimmungsgrößen der Wettkampfleistung
dere durch das Erstellen einer differenzierten so gut wie möglich zu beherrschen. Hierzu gehört
Bewegungsbeschreibung) hochautomatisierte zum einen die Rodeltechnik an sich (z. B. Fahrlage,
Bewegungsabläufe analysiert und dem Ath- Ansteuerung von Kurven etc.), aber auch die Abstim-
leten bewusst gemacht, kann dies auch dazu mung der individuellen Fahrtechnik an die speziellen
führen, dass Bewegungsabläufe hinterfragt Anforderungen der jeweiligen Rodelbahn.
werden und zunächst praktisch nicht mehr ein- Zur Vorbereitung auf die Rodelbahnen des Weltcups
wandfrei funktionieren. Die Regulationsebene erarbeiten sich die Rodler das Profil jeder Bahn
der Bewegung (Hacker, 1998) ist nicht mehr die (. Abb. 8.10; s.a. den Ablaufplan im nächsten 7 Kasten).
sensumotorische, sondern die intellektuelle. Zu diesem Zweck erstellen sie ganz konkrete Ablauf-
Auf dieser Regulationsebene kann die Bewe- pläne, die enthalten, was in den einzelnen Passagen zu
gung oder Handlung analysiert und modifiziert beachten ist und wie diese optimal zu bewältigen sind.
6 Diese Ablaufpläne werden dann mit Bewegungs-
informationen und individuellem Bewegungsgefühl
100 Kapitel 8 · Mentales Training im Leistungssport
zeichnet und erfordert ein hohes Maß an Körper- Die Gymnastinnen müssen zuerst die gesamte
beherrschung, Gleichgewichts- und Rhythmusge- Übung (ein Element nach dem anderen) beschrei-
fühl. Rhythmische Sportgymnastik wird auf einer ben und aufschreiben. Anschließend legt jede ganz
13 × 13 m großen Wettkampffläche mit Seilen, individuell fest, worauf sie bei diesem Übungsteil be-
Reifen, Keulen, Bändern und Bällen zu Musik sonders achten muss. Für diese erarbeiteten Knoten-
ausgeführt. Bei den Juniorinnen werden die Wett- punkte der einzelnen Elemente ihrer Übung sollen
kämpfe als Gruppenübungen ausgetragen. Hier- dann Schlagwörter gefunden werden. Dieser Prozess
bei müssen fünf Gymnastinnen eine Übung mit erfolgt in enger Abstimmung mit der Trainerin, um
entsprechenden Schwierigkeitsgraden vorführen. sicherzustellen, dass die Gymnastinnen auch das in-
Neben den Schwierigkeitsgraden ist die Synchro- dividuell Relevante im jeweiligen Übungsteil hervor-
nizität der Gruppe ein wesentliches Leistungskri- heben. Die gesamte Übung kann so in eine Reihen-
terium. Ein Praxisbeispiel soll den Einsatz des folge von Schlagwörtern transformiert werden.
Mentalen Trainings zur Optimierung der Synchro- Beim Mentalen Training, das meist im Anschluss
nizität einer Gruppe in der Rhythmischen Sport- an oder in Vorbereitung auf das praktische Training
gymnastik verdeutlichen (7 Beispiel 8.13). durchgeführt wird, legen sich die Gymnastinnen auf
die Matte und führen eigenständig eine 3-minütige
Beispiel 8.13: Mentales Training zur Optimierung Atementspannung durch. Die Trainerin fordert dann
der Synchronizität (Rhythmische Sportgymnastik) die Sportlerinnen auf, sich vorzustellen, wie sie auf die
8 Eine Gruppe aus fünf Gymnastinnen erarbeitet eine Wettkampffläche einlaufen und wie sie die Ausgangs-
Choreografie, die verschiedene Schwierigkeiten position einnehmen. Es wird dabei Wert darauf gelegt,
enthalten muss und bei der die Synchronizität der dass sich die Sportlerinnen das Bewegungsgefühl vor-
Bewegungsausführung ein wesentliches Kriterium stellen: Die Athletinnen werden aufgefordert, sich vor-
der Leistungsbewertung darstellt. zustellen, wie sich das Tragen des Wettkampfanzugs
Die Übung wird mit hohem Aufwand, erheb- anfühlt, wie die Füße die Wettkampffläche spüren etc.
licher Intensität und großen Umfängen trainiert. Wenn die Sportlerinnen in der Vorstellung ihre Aus-
Gerade im Kinder- und Jugendhochleistungssport gangsposition auf der Wettkampffläche eingenommen
bietet sich der Einsatz des Mentalen Trainings zur haben, wird die Musik für die Übung gestartet und
Trainingsoptimierung an. Zum einen kann durch nach 10 Sekunden wieder gestoppt. Die Sportlerinnen
Mentales Training schneller die erwünschte Syn- trainieren jetzt ihre Übung mental (. Abb. 8.13). Per
chronizität hergestellt werden, zum anderen ist es Handzeichen signalisieren sie, wann sie im Vorstel-
durch mentales Trainieren möglich, die immensen lungstraining ihre Übung beendet haben.
Belastungen für die Kinder und Jugendlichen hin- Bei der deutschen Junioren-Nationalmannschaft
sichtlich Umfang und Intensität des Trainings zu war diese Form des Trainings ein fester Bestandteil
reduzieren. der Vorbereitung auf die Europameisterschaft 2007.
8.3.5 Komplexitätsstufe 4:
Bewegung + Variation + Gegner
mal, also in höchster Perfektion umsetzen zu kön- und systematisch geführte Selbstgespräche. Au-
nen, zum anderen auch in Drucksituationen noch ßerdem berichten DeFrancesco und Burke (1997),
entsprechend reagieren zu können. dass höher platzierte Spieler einen signifikant grö-
Viele Sportler erleben diese Vielfalt und Unvor- ßeren Anteil ihrer Leistung psychologischen Vari-
hersagbarkeit der geforderten Bewegungsabläufe ablen zuschrieben als niedriger platzierte Spieler,
als »immer neu« und »sich nicht wiederholend«. dabei werden die Verfahren vorrangig vor und
Dennoch treten hier immer wiederkehrende Situ- während des Wettkampfes genutzt.
ationen auf, die durch Mentales Training vorberei- Wie sich Mentales Training allein oder in
tet werden können. Kombination mit anderen Maßnahmen auf die
Für den Einsatz des Mentalen Trainings be- Leistung auswirkt, wird im Folgenden dargelegt.
deutet dies, dass mehrere Bewegungsvorstellungen Zunächst werden Untersuchungen zum Techni-
verfügbar sein müssen. So ist sowohl die Bewe- kerwerb vorgestellt. Im Tennis wurde darüber hin-
gungsvorstellung für verschiedene Techniken und aus auch die Wirkung des Mentalen Trainings auf
deren Kombination zu erarbeiten (z. B. der indivi- die Wettkampfangst untersucht.
duelle Bewegungsablauf beim Serve-and-Volley im
Tennis) als auch die Vorstellung einer an verschie- Studien zum Technikerwerb
dene Verhaltensweisen des Gegners angepassten Surburg (1968) untersuchte die Wirkung des
Technik (z. B. Return im Tennis – entweder cross Mentalen Trainings in Kombination mit unter-
8 oder longline) aufzubauen. schiedlichen Instruktionen auf die Ausführung des
Die isolierte Annahme eines typischen Geg- Vorhand-Drives im Tennis. In allen Experimental-
nerverhaltens ist hier häufig nicht zielführend. Der gruppen – Mentales Training in Kombination mit
Sportler würde so nur auf einen Ausschnitt des Audioinstruktion, mit audiovisueller und mit visu-
möglichen Verhaltensrepertoires des Gegners vor- eller Instruktion – konnten im Gegensatz zur Kon-
bereitet sein und sich dann möglicherweise in der trollgruppe Leistungsverbesserungen hinsichtlich
Wettkampfsituation überfordert fühlen. Zudem ist des Vorhand-Drives beobachtet werden. Die effek-
es im praktischen Training teilweise sehr schwer, tivste Alternative stellte hier das Mentale Training
ein bestimmtes Gegnerverhalten durch einen Spar- in Kombination mit einer Audioinstruktion dar.
ringspartner möglichst exakt zu simulieren. Das Die Wirksamkeit des Mentalen Trainings
Mentale Training kann hier unterstützend wirken. wurde insbesondere für das Erlernen der Tech-
nikelemente untersucht. So prüften Féry und
Tennis Morizot (2000), welchen Effekt Mentales Training
Tennis zählt zu den sogenannten Rückschlagspie- auf das Erlernen des Aufschlags im Tennis hat. Sie
len. Hierbei stehen sich auf dem durch ein Netz untersuchten dabei zwei Bedingungen: zum einen
geteilten Spielfeld zwei Spieler (bzw. Spielerdoppel) das alleinige Beobachten eines Modells und zum
gegenüber. Ziel ist es, die Bälle so im Feld des anderen das Beobachten des Modells und Men-
Gegners zu platzieren, dass sie nicht mehr zurück- tales Training der Bewegung. Dabei scheint dem
gespielt werden können. Als Grundschlagarten Mentalen Training entscheidende Bedeutung
gelten der Aufschlag, die Vor- und die Rückhand, zuzukommen: Der Effekt eines Modells beim
die jeweils in einer Vielzahl von Varianten gespielt Erlernen des Tennisaufschlags ist dann größer,
werden können, sowie Überkopfbälle und Volleys wenn die Bewegung zusätzlich mental trainiert
(Flugbälle). wird. Ähnliches berichten Guillot et al. (2012).
Im Tennis sind psychologische Strategien ins- In dieser Studie wirkte sich Mentales Training
besondere im professionellen Bereich etabliert und (in einem Zeitraum von 6 Wochen) positiv auf
wichtige Hilfsmittel zur Leistungsverbesserung. die Ausführung (Genauigkeit) des Aufschlags
Nach einer Befragung von DeFrancesco und Burke im Vergleich zu einer Kontrollgruppe aus. Un-
(1997) nutzen professionelle Tennisspieler vorran- tersucht wurde zudem das Vorstellungsvermö-
gig Mentales Training, vorbereitende Routineab- gen der Probanden. Es stellte sich heraus, dass
läufe, Entspannungstraining, Zielsetzungstraining die Probanden, die ein besseres Vorstellungsver-
8.3 · Anwendungsvielfalt des Mentalen Trainings im Leistungssport
107 8
mögen haben, auch beim Mentalen Training bes- nen positiven Effekt eines mentalen Trainingspro-
ser abschnitten. gramms (Package-Approach: Zielsetzungstraining,
Immenroth et al. (2003) untersuchten Men- positives Denken, systematische Selbstgespräche,
tales Training zur Verbesserung des Tennisauf- Konzentrationstraining, Aktivationsregulation und
schlags bei Kindern im Alter von zehn Jahren. Mentales Training) auf die wahrgenommene Wett-
Erwartungsgemäß konnte gezeigt werden, dass kampfangst nachweisen.
sich die Gruppe, die mental trainiert hatte, und
die Gruppe, die praktisch trainiert hatte, gegen- Beispiel 8.14: Tennis
über der Kontrollgruppe verbesserten, dabei un- Ein Tennisspieler auf internationalem Niveau verliert
terschieden sich die mental und die praktisch trai- stets gegen die gleiche Art von Gegnern. Er ist ein
nierende Gruppe nur unwesentlich. eher schmächtiger, laufstarker Spieler mit gutem,
Auch dieses Ergebnis weist darauf hin, dass ge- druckvollem Spiel von der Grundlinie. Mit diesem
rade beim Techniklernen praktische Übungszeiten Spiel ist er eigentlich erfolgreich, verliert aber häufig
in einem gewissen Maß durchaus durch mentale gegen aufschlagstarke Serve-and-Volley-Spieler. Er
Übungszeiten ersetzt werden können, ohne einen hat kein taktisches Konzept, wie er seine Stärken
Qualitätsverlust beim Technikerwerb in Kauf zu gegen diese Spieler einsetzen kann.
nehmen. Wesentlich erscheint auch, dass alleiniges Dies hat dazu geführt, dass der Spieler sich
mentales Trainieren zu einer verbesserten Technik schon direkt nach der Auslosung ausrechnet, ob er
führt. unter Umständen im weiteren Verlauf des Turniers
auf einen starken Serve-and-Volley-Spieler trifft und
Zusammenfassung der Ergebnisse. Die Ergeb- dann gegen diesen Gegner ausscheiden wird.
nisse der Studien zum Technikerwerb im Tennis Der Trainer erarbeitet mit ihm zur Lösung dieser
mithilfe von Mentalem Training können folgen- Problematik ein Mentales Training, das das Spielver-
dermaßen zusammengefasst werden: halten gegen Serve-and-Volley-Spieler beinhaltet.
4 Die Gefahr eines Qualitätsverlusts besteht nicht. Zunächst analysieren Trainer und Spieler in einem
4 Der Effekt beim Erlernen und Verbessern des intensiven Videostudium das Verhalten von Serve-
Tennisaufschlags ist dann größer, wenn die and-Volley-Spielern (Rechts- und Linkshänder). Die
Bewegung zusätzlich mental trainiert wird. regelmäßig wiederkehrenden Verhaltensmuster
4 Alleiniges Mentales Training scheint zu einer werden ausgearbeitet und entsprechend ihrer Auf-
verbesserten Technik zu führen. Dies gilt auch tretenswahrscheinlichkeit sortiert. So finden Trainer
für den Technikerwerb im Kindes- und Ju- und Spieler heraus, dass bei eigenem Aufschlag auf
gendalter. die rechte Seite eines rechtshändigen Gegners mit
einem Return des Gegners longline zu rechnen ist
Studien zur Reduzierung der und dass der Gegner dann höchstwahrscheinlich
Wettkampfangst direkt den Weg ans Netz zum Volley nutzen wird
Ryska (1998) untersuchte den Einsatz unterschied- (. Abb. 8.15).
licher kognitiver Strategien und deren Beitrag zur Nun analysieren Trainer und Athlet das Stärken-
Senkung kognitiver und somatischer Angst sowie profil des Spielers auf dieses Gegnerverhalten bezo-
zur Steigerung des Selbstvertrauens vor einem of- gen und legen ein möglichst erfolgversprechendes
fiziellen Wettkampf und fand heraus, dass annä- Handlungsmuster fest. Für die oben dargestellte
hernd 30 % der Sportler mentale Fertigkeiten wie Situation erarbeiten sie folgenden Handlungsplan:
Entspannungstraining, Mentales Training, Auf- 1. Aufschlag cross.
merksamkeitskontrolle, positives Selbstgespräch 2. Mit der Aufschlagbewegung einen Schritt ins
und Zielsetzung anwenden und dass dies mit ge- Feld.
ringerer kognitiver und somatischer Angst sowie 3. Return:
höherem Selbstvertrauen einhergeht. – Return longline (. Abb. 8.15a): früh den (noch
Zu einem vergleichbaren Ergebnis kommen aufsteigenden) Ball treffen und wieder long-
Mamassis und Doganis (2004). Sie konnten ei- line spielen.
108 Kapitel 8 · Mentales Training im Leistungssport
1
1
. Abb. 8.15 Analyse des typischen 3 3
Gegnerverhaltens im Tennis. a Vari-
ante A: Return longline. b Variante
B: Return cross (O trainierender
Spieler, O Gegner, Q1 Reihenfolge
im erarbeiteten Handlungsmus-
8 ter, – – >
– Laufweg, ------
> Flugbahn 2 2
des Balls) a b
– Return cross (. Abb. 8.15b): früh den (noch läufe erstellt und mental trainiert, um so Schritt für
aufsteigenden) Ball treffen und longline auf Schritt das individuelle Handlungsrepertoire des
die Rückhandseite des Gegners spielen. Spielers in diesen taktischen Anforderungen auszu-
bauen.
Besonders wichtig ist bei diesem Handlungsplan,
dass der Spieler das Feld »eng macht«, also die Bälle Tischtennis
früh (noch aufsteigend) spielt und damit den Geg- Genau wie Tennis ist auch Tischtennis ein Rück-
ner unter Druck setzen kann. schlagspiel, das mit zwei sich gegenüberstehenden
Dieser Bewegungsplan wird anschließend Gegnern bzw. gegnerischen Paaren gespielt wird.
praktisch gespielt und per Video aufgezeichnet. Der Ziel ist es, wie beim Tennis, die Bälle so im Feld
Bewegungsplan und die Videoaufzeichnung dienen des Gegners zu platzieren, dass sie nicht mehr zu-
als Grundlage zur Vorstellungsgenerierung. Darüber rückgespielt werden können. Tischtennis ist durch
hinaus bereiten der Trainer und der Tennisspieler die leichten Spielgeräte und die relativ geringen
weitere acht typische Spielszenen auf diese Art Feldmaße ein sehr schnelles Spiel und damit eine
und Weise auf. Der Sportler bekommt die Aufgabe, technisch und koordinativ hoch anspruchsvolle
jeden Tag zwei bis drei dieser Szenen mental zu Sportart.
trainieren.
Im Laufe der weiteren Turniere stellt sich heraus, Studien
dass sich der Sportler auf Serve-and-Volley-Gegner Lejeune et al. (1994) testeten Leistungsverände-
besser vorbereitet fühlt. Die Überzeugung, nun rungen an 40 Tischtennisspielern im Anfänger-
auch das nötige Repertoire zum Bezwingen dieser stadium. Die Probanden waren zwischen 19 und
Gegner verfügbar zu haben, ist merklich angestie- 27 Jahren alt. Fünf Tage dauerte das Training un-
gen. Dies steigert sich noch, als die ersten erfolg- ter vier verschiedenen Bedingungen: Eine Kont-
reichen Matches gegen Serve-and-Volley-Spieler rollgruppe trainierte überhaupt nicht. Mit einer
absolviert sind. Es werden nun weiterhin Siege wie Gruppe wurde praktisch trainiert. Mit einer weite-
auch Niederlagen analysiert, weitere Handlungsab- ren Gruppe wurde praktisch trainiert und im Rah-
8.3 · Anwendungsvielfalt des Mentalen Trainings im Leistungssport
109 8
men eines Videotrainings die Bewegungsausfüh- sierung der Wahrnehmung auch die Knotenpunkte
rung intensiv beobachtet. Mit einer vierten Gruppe der Bewegung enthielt. Die Dauer des reinen Men-
wurde praktisch trainiert, im Rahmen eines Video- talen Trainings betrug jeweils ca. 6 Minuten.
trainings die Bewegungsausführung intensiv beob- Die mental trainierende Gruppe verbesserte
achtet und ein Mentales Training durchgeführt. sich stärker als die beiden anderen Gruppen, so-
Bei diesem Mentalen Training wurde zunächst eine wohl was die Genauigkeit, als auch was die techni-
20-minütige Entspannungsübung durchgeführt sche Qualität der Schläge im Tischtennis anging.
und danach 40 Minuten mental trainiert. Dabei Neben der technischen Qualität und Präzision
sollten die Probanden sich einen Konterangriff mit der Schläge wurden von Bhambri et al. (2005) wei-
Rückhand und Vorhand intensiv vorstellen. Das tere leistungsbestimmende Faktoren auf ihre Op-
Ergebnis dieser Studie spricht für den Effekt des timierung durch Mentales Training oder mentale
Mentalen Trainings. Trainingsprogramme hin untersucht. Dabei zeigte
Wenn als Aufgabe die Wiederholung gleicher eine Kombination aus Entspannungstraining und
Schläge – ein Konterangriff entweder mit Vor- Mentalem Training den größten Effekt hinsichtlich
oder mit Rückhand – gestellt wurde, so konnte die der mentalen Belastbarkeit.
quantitative Leistung (Anzahl der richtig platzier-
ten Bälle unabhängig von der Qualität der Bewe- Zusammenfassung der Ergebnisse. Die Ergeb-
gung) unter allen Bedingungen außer der Kont- nisse der Studien zum Einsatz des Mentalen Trai-
rollbedingung verbessert werden. Die qualitative nings im Tischtennis lassen sich wie folgt zusam-
Leistung (Korrektheit der Bewegungsausführung) menfassen:
verbesserte sich allerdings bei der Gruppe, die 4 Die qualitative Leistung (Korrektheit der Be-
mental trainierte, am stärksten. wegungsausführung) beim Tischtennis konnte
Diese Effekte blieben auch dann bestehen, insbesondere durch Mentales Training verbes-
wenn die Aufgabe – was eher der realen Spielsitua- sert werden.
tion entspricht – aus einem Wechsel zwischen bei- 4 Dieser Effekt blieb auch dann bestehen, wenn
den Techniken bestand, also einer abwechselnden die Aufgabe aus einem Wechsel zwischen zwei
Ausführung von Vor- und Rückhand. Techniken bestand (was eher der realen Spiel-
Auch für den erfolgreichen Einsatz des Men- situation entspricht).
talen Trainings zur Technikvermittlung und -ver- 4 Eine Kombination aus Videobeobachtung,
besserung im Tischtennis bei Kindern und Ju- Entspannungstraining und Mentalem Training
gendlichen lassen sich erste Nachweise finden. So wirkte sich bei sieben- bis zehnjährigen Kin-
untersuchten Li-Wei et al. (1992) die Effekte ei- dern positiv auf die Genauigkeit und die tech-
nes mentalen Trainingsprogramms an talentierten nische Qualität der Schläge im Tischtennis aus.
Tischtennisspielern im Alter von sieben bis zehn
Jahren. Sie unterteilten 40 Kinder in drei Gruppen: Zusammenschau
Eine Gruppe trainierte mental mit einer Kombi- Neben den möglichen Variationen des Bewegungs-
nation aus Videobeobachtung, Entspannungstrai- ablaufes ist die indirekte Beeinflussung durch den
ning und Mentalem Training, eine zweite Gruppe am Zustandekommen der sportlichen Handlung
führte lediglich die Videobeobachtung durch, die beteiligten Gegner wesentliches Merkmal der
dritte Gruppe diente als Kontrollgruppe. Sportarten, die der Komplexitätsstufe 4 zugeord-
Der ersten Gruppe wurden zunächst im Ab- net sind. Im Unterschied zu den nachfolgenden
stand von vier Wochen ausgewählte Videoaus- Komplexitätsstufen ist jedoch keine direkte Ein-
schnitte von Tischtennisspielern gezeigt. Nach dem wirkung des Gegners im Sinne von Körperkontakt
Erlernen einer Entspannungstechnik wurde ein gegeben.
Mentales Training eingeführt, das starken Bezug Auch auf dieser Komplexitätsstufe lässt sich
zu den gezeigten Videos hatte. Zur Erleichterung der Nutzen des Mentalen Trainings herausstellen:
des Mentalen Trainings wurde außerdem ein Skript Mentales Training eignet sich sowohl für das Neu-
vorgelesen, das neben einigen Sätzen zur Sensibili- lernen als auch für die Leistungsoptimierung im
110 Kapitel 8 · Mentales Training im Leistungssport
Fortgeschrittenen- und Expertenbereich. Auch bei äquate Lösungen für die Reaktion auf suboptima-
Kindern und Jugendlichen trägt Mentales Training les oder gar fehlerhaftes Verhalten eines anderen
zur Optimierung von Präzision und Bewegungs- Teammitglieds verfügbar zu haben.
qualität bei. Für den Einsatz des Mentalen Trainings be-
Auch wenn gerade bezüglich der Ergebnisse im deutet dies, dass Bewegungsvorstellungen für ver-
Tennis festgestellt werden muss, dass die die Kom- schiedene Techniken und deren Kombination in
plexität dieser Sportart ausmachenden taktischen Abstimmung auf die Mitspieler und auf mögliches
Anforderungen bisher nicht untersucht wurden, Gegnerverhalten zu erarbeiten sind. Hier können
so wurde zumindest in der Studie von Lejeune et Strategien, die bei einem bestimmten Gegner nicht
al. (1994) ansatzweise eine taktische Spielkonstel- zum gewünschten Erfolg geführt haben, umgestellt
lation nachempfunden, auch wenn hier die Integ- werden. So kann ein entsprechendes alternatives
ration von bestimmtem Gegnerverhalten nicht Teil Verhalten im praktischen wie auch im Mentalen
des Mentalen Trainings war. Training aufgebaut werden.
Auch im Bereich der weiteren leistungsbe- Es stellt sich grundsätzlich die Frage, auf wel-
stimmenden Faktoren, wie der mentalen Stärke, che Weise neben technischen Einzelfertigkeiten
werden positive Effekte des Mentalen Trainings auch taktische Lernprozesse eines Teams durch
beschrieben. Mentales Training optimiert werden können. Die
in 7 Kap. 5 vorgestellten Metaanalysen zur Wirk-
8 samkeit des Mentalen Trainings weisen nach, dass
8.3.6 Komplexitätsstufe 5: Bewegung Mentales Training – insbesondere in der Phase des
+ Variation + Gegner + Team Erlernens von Bewegungsabläufen (Driskell et al.,
1994) – bei Bewegungsaufgaben mit eher kogniti-
Bei Sportarten dieser Komplexitätsstufe müssen im ven Anteilen als besonders effektiv einzuschätzen
Unterschied zu Sportarten der Komplexitätsstufe 4 ist.
neben den Gegnern auch noch das eigene Team
> Da jede Konstellation im Mannschaftssport
und das Verhalten der Teammitglieder berücksich-
auch individuell aufgefasst werden kann
tigt werden. Die diversen individuell erforderli-
(Eberspächer & Immenroth, 1998) und Stan-
chen Bewegungsabläufe samt Technikvariationen
dardsituationen und Spielzüge grundsätzlich
müssen im Team exakt abgestimmt und an das
als kognitive Aufgaben betrachtet werden
Verhalten eines Gegners angepasst werden. Das
können, ist gerade beim taktischen Lernen
Timing ist ein wesentliches leistungsbestimmendes
und bei der Automatisierung von taktischen
Kriterium.
Bewegungsabläufen der Einsatz des Menta-
Ziel des Trainings ist es, die Abstimmung der
len Trainings sinnvoll.
Teammitglieder aufeinander so weit wie möglich
zu optimieren und dabei auf gegnerisches Verhal- Im Folgenden werden einige Untersuchungen und
ten schnell, variabel und intern abgestimmt reagie- Beispiele zum Einsatz des Mentalen Trainings in
ren zu können. Der Gegner wirkt auf dieser Kom- Teamsportarten vorgestellt, die sich zwar bezogen
plexitätsstufe noch nicht störend auf die Durch- auf das Gegnerverhalten taktisch ausrichten müs-
führung des eigenen Bewegungsablaufs ein, d. h., sen, bei denen aber kein direkter Kontakt mit dem
es besteht kein körperlicher Kontakt zum Gegner. Gegner gegeben ist.
Eine typische Sportart dieser Komplexitätsstufe ist
Volleyball, bei der das Netz die Mannschaften von- Volleyball
einander trennt und ein Eingreifen bzw. Eindrin- Bei diesem Rückschlagspiel, das in Mannschaften
gen in das Spielfeld des Gegners nicht erlaubt ist. aus je sechs Spielern gespielt wird, gilt es, den
Für eine optimale Leistungserbringung ist es Gegner durch geschickte Ballplatzierung in dessen
dabei nicht nur wesentlich, das eigene Bewegungs- Spielfeldhälfte zu Fehlern zu zwingen und dadurch
verhalten an das optimale Verhalten der anderen zu punkten. Pro Spielzug innerhalb einer Mann-
Teammitglieder anzupassen, sondern auch ad- schaft sind drei Ballberührungen erlaubt, bevor
8.3 · Anwendungsvielfalt des Mentalen Trainings im Leistungssport
111 8
=
x 2
4 3
Trainings, mental zu trainieren. Außerdem wird der Roure et al. (1998) kamen zu dem Ergebnis,
Spielzug bei jedem Training ein- bis zweimal im dass das Vorstellen von Bewegungsfolgen im Vol-
Mannschaftsverbund mental trainiert. leyball die gleichen Reaktionen des autonomen
Dazu setzen oder legen sich die Spielerinnen Nervensystems hervorruft wie deren praktische
auf den Hallenboden und schließen die Augen. Das Ausführung. Zudem waren Leistungsverbesserun-
Signal zum gleichzeitigen Beginn des Mentalen Trai- gen (Genauigkeit des Spielzugs) ausschließlich für
nings ist ein deutlich hörbarer Aufschlag samt dem die mental trainierende Gruppe zu verzeichnen.
Geräusch der Ballannahme (von zwei Betreuern In einer Untersuchung von Velentzas, Hei-
praktisch durchgeführt). Im Mentalen Training soll nen und Schack (2011) konnte gezeigt werden,
mit diesem Auftaktgeräusch der individuelle innere dass sich Mentales Training im Vergleich zu einer
Film starten. Der in der jeweiligen Vorstellung er- Kontrollgruppe positiv auf die Präzision und Ge-
folgte oder beobachtete Angriffsschlag ist das Ende schwindigkeit des Volleyball-Aufschlags auswirkt.
des Mentalen Trainings. Die Spielerinnen signalisie- Eine positive Auswirkung auf die Bewegungs-
ren dieses Ende per Handzeichen. Für die Trainerin repräsentation wurde zudem festgestellt.
ist eine zunehmende zeitliche Übereinstimmung
der Handzeichen ein Indiz für ein sich verbessern- Zusammenfassung der Ergebnisse. Die Ergeb-
des Timing bei diesem Spielzug. nisse der Studien zum Einsatz des Mentalen Trai-
nings im Volleyball lassen sich folgendermaßen
8 Studien zusammenfassen:
In der Untersuchung von Shick (1970) wurde der 4 Anfänger im Volleyball zeigen einen bes-
Einfluss des Mentalen Trainings auf bestimmte seren Technikerwerb, wenn sie mental
technische Fertigkeiten im Volleyball untersucht. trainieren.
In einer ersten Studie wurde ein mentales Trai- 4 Sich Bewegungsfolgen im Volleyball vor-
ningsprogramm gegen die Kontrollbedingung zustellen ruft die gleichen Reaktionen des
(kein Training) geprüft. Die Probanden der Men- autonomen Nervensystems hervor wie deren
taltrainingsgruppe (hier Anfänger) verbesserten praktische Ausführung.
sich signifikant gegenüber der Kontrollgruppe. 4 Standardaufgaben wie z. B. der Volleyball-Auf-
Roure et al. (1998) untersuchten die Reaktionen schlag aber auch komplexere Bewegungsfolgen
des autonomen Nervensystems während ausgeführ- im Volleyball können durch Mentales Training
ter und vorgestellter Bewegungsfolgen im Volley- optimiert werden.
ball. Die Bewegungsfolgen waren einem Spielzug
vergleichbar, bei dem bestimmte Wenn-dann-Re- Cricket
geln einzuhalten waren. Die Probanden (24 Studie- Cricket ist weitestgehend mit Baseball zu ver-
rende) wurden zwei Gruppen zugeteilt: einer Kon- gleichen. Das Spiel ist in Innings unterteilt, in-
trollgruppe, die nicht trainierte, und einer Gruppe, nerhalb derer jeweils eine Mannschaft versucht,
die die Anforderung mental trainierte. Neben den durch erfolgreiche Runs möglichst viele Punkte
Reaktionen des autonomen Nervensystems wurde zu erzielen, während die andere versucht, genau
auch in einem praktischen Test der Erfolg des Spiel- dies zu verhindern. In Anbetracht der wichtigsten
zugs gemessen (Umsetzung der vorgegebenen Bewegungsabläufe lässt sich Cricket als Kombina-
Wenn-dann-Regeln). Das Mentale Training dauerte tion aus Schlag-, Wurf- und Laufspiel bezeichnen.
jeweils 30 Minuten und wurde dreimal wöchentlich Auch hier kann Mentales Training die Leistung
über zwei Monate durchgeführt. Im Mentalen Trai- verbessern.
ning wurde eine Tonbandaufzeichnung eingesetzt,
bei der auch das Geräusch des Volleyballaufschlags Studie
(Ausgangspunkt der vorzustellenden Bewegungs- Eine Studie von Thelwell und Maynard (2003) ging
folge) zu hören war. Die Probanden wurden aufge- der Frage nach, ob die Leistung im Cricket durch
fordert, sich die Bewegungsfolge unter Einbezug das Erlernen und den Einsatz verschiedener psy-
von Bewegungsgefühl intensiv vorzustellen. chologischer Trainingsverfahren, u. a. durch Men-
8.3 · Anwendungsvielfalt des Mentalen Trainings im Leistungssport
113 8
tales Training, verbessert werden kann. Neben dem Mentales Training durch und betonten, dass das
Mentalen Training, bei dem u. a. das eigene Ver- Mentale Training nicht nur zur Technikverbesse-
halten in Wettkampfsituationen mental trainiert rung, sondern insbesondere auch zur Antizipation
wurde, setzten die Autoren Verfahren zur leistungs- und Bewältigung kritischer Wettkampfsituationen
förderlichen Zielsetzung, Aktivationsregulation, eingesetzt wurde.
Selbstgesprächsregulation und Konzentrationstrai-
ning ein (Package-Approach). Sie überprüften die
Wirksamkeit des Trainingsprogramms hinsichtlich 8.3.7 Komplexitätsstufe 6: Bewegung
der Leistungsoptimierung, aber auch hinsichtlich + Variation + Gegner + Kontakt
der Kontinuität der Leistungsverbesserung (erho-
ben durch subjektive Kriterien wie eine Experten- In vielen Sportarten ist der Körperkontakt mit ei-
einschätzung und objektive Kriterien wie die Spiel- nem Gegner ein bestimmendes Merkmal. Daraus
statistiken). ergibt sich eine weitere Steigerung der Komplexität
– mit entsprechenden Anforderungen an das Men-
Ergebnisse. Hinsichtlich der objektiven Kriterien tale Training. Die in den Sportarten dieser Kom-
konnte eine Leistungsverbesserung der Experi- plexitätsstufe geforderten Bewegungsmuster vari-
mentalgruppe gegenüber der Kontrollgruppe ge- ieren insbesondere deswegen, weil ein Gegner den
zeigt werden, hinsichtlich der subjektiven Krite- Sportler beim optimalen Bewegungsablauf stören
rien war außerdem eine gesteigerte Kontinuität der kann bzw. will (. Abb. 8.18). In vielen Sportarten
Leistungsverbesserung in der Experimentalgruppe ist das Stören des Gegners ein erlaubtes Mittel, um
zu verzeichnen. den sportlichen Erfolg des Gegners zu minimie-
ren. Insbesondere in Kampfsportarten ist der Kon-
Zusammenschau takt mit dem Gegner sogar das Ziel: Es gilt, den
Die der Komplexitätsstufe 5 zugeordneten Sportar- Gegner möglichst gezielt und mit maximal mögli-
ten unterscheiden sich von den Sportarten niedri- cher Intensität zu treffen. Obwohl in allen als
gerer Komplexitätsstufen dadurch, dass zusätzlich Sportart bezeichneten Kampfkünsten strenge Re-
zu den Variationen im Bewegungsablauf sowie der geln gelten und Verstöße mit Sanktionen bestraft
indirekten Beeinflussung der sportlichen Hand- werden, wird dennoch die Verletzung des Gegners
lung durch den Gegner noch der Teamaspekt hin- häufig billigend in Kauf genommen (z. B. beim
zukommt. Jedoch ist keine direkte Einwirkung des Boxen).
Gegners im Sinne von Körperkontakt gegeben.
Zwar liegt eine vergleichsweise geringe Anzahl
an Untersuchungen zu Sportarten dieser Kategorie
vor, doch wird aus den daraus gewonnenen Er-
kenntnissen bereits deutlich, dass Mentales Trai-
ning – isoliert oder in Kombination mit weiteren
Trainingsformen (Package Approach) – einen po-
sitiven Einfluss auf die Leistung hat. Zumindest
wurde dies für relativ gleichbleibende Bewegungs-
abläufe wie beispielsweise den Aufschlag im Vol-
leyball nachgewiesen.
Es sei an dieser Stelle noch auf den Praxis-
bericht von Schmidt und Schleiffenbaum (2000)
über die sportpsychologische Betreuung der Vol- . Abb. 8.18 Die in den Sportarten der Komplexitätsstufe 6
geforderten Bewegungsmuster variieren nicht nur aufgrund
leyball-Damennationalmannschaft in Vorberei-
bestimmter situativer Parameter, sondern auch, weil ein Geg-
tung auf eine Europameisterschaft hingewiesen. ner den Sportler beim optimalen Bewegungsablauf stören
Auch Schmidt und Schleiffenbaum führten mit und behindern will, wie z. B. beim Boxen, © Vadim Blago-
einigen Spielerinnen ein individuell abgestimmtes darnyi/fotolia.com
114 Kapitel 8 · Mentales Training im Leistungssport
Bezogen auf den Kampfsport, gilt sogar der lichst exakt zu simulieren. Das Mentale Training
Sieg durch Niederschlag oder Aufgabe des Geg- kann hier unterstützend wirken.
ners als besonders ruhmreich (Landa, 2004). Dies Gerade in den Kampfsportarten scheinen men-
trifft in besonderem Maße für Vollkontaktsport- tale Strategien zur Wettkampfeinstimmung wichtig
arten zu. Vollkontakt heißt, dass man zwar – je zu sein. Devonport (2006) stellte in einer Umfrage
nach Regelwerk – nur bestimmte Techniken aus- unter Kickboxern fest, dass Mentales Training zu
führen oder bestimmte Körperzonen treffen darf, den wichtigsten Strategien der Wettkampfvorbe-
die Schläge jedoch voll durchgezogen werden. Im reitung gehört.
Gegensatz zum Semi- oder Leichtkontakt ist dabei
der Knock-out des Gegners erlaubt und wird auch Karate
angestrebt. Karate ist ursprünglich eine waffenlose traditio-
Auch beim Kampfsport erleben viele Sport- nelle Kampftechnik aus dem asiatischen Raum,
ler die Kampfsituationen als »immer neu« und die vor allem Schlag-, Stoß-, Tritt- und Block-
»sich nicht wiederholend«. Dennoch treten auch techniken sowie Fußfeger beinhaltet. Da aufgrund
hier immer wiederkehrende Situationen auf, bei- der hohen Effektivität vieler Techniken eine hohe
spielsweise bestimmte typische Verhaltensweisen Verletzungsgefahr besteht, herrschen bei Karate
von Gegnern (z. B. im Boxen Linksausleger versus als Wettkampfsport sehr strenge Regeln, die den
Rechtsausleger), auf die sich die Sportler durch Schutz der Teilnehmer gewährleisten.
8 Mentales Training vorbereiten können. Möchte Weinberg et al. (1981) untersuchten, ob Men-
man auf dieser Komplexitätsstufe mental trainie- tales Training in Kombination mit Entspannungs-
ren, sind zweierlei Vorstellungen zu erarbeiten: training nach der VMBR-Methode von Suinn
4 die Bewegungsvorstellung für verschiedene (1972; 7 Kasten) zur Leistungsverbesserung im
Techniken und deren Kombination (z. B. die Karate wirkungsvoller ist als alleiniges Mentales
gegnerunabhängige individuelle Kampfkon- Training oder alleiniges Entspannungstraining.
zeption im Boxen) und Leistungsverbesserungen konnten beim Sparring
4 die Vorstellung einer an verschiedene Verhal- nachgewiesen werden. Höchste Effektivität zeigte
tensweisen des Gegners angepassten Technik die VMBR-Methode. Des Weiteren waren Effekte
(z. B. im Boxen das taktische Verhalten ge- hinsichtlich der im Wettkampf erlebten Angst zu
genüber einem Gegner mit deutlich größerer verzeichnen. Nach sechs Wochen konnte eine Ab-
Reichweite). nahme der Wettkampfangst in allen drei Interven-
tionsgruppen nachgewiesen werden.
Die isolierte Annahme eines typischen Gegner-
verhaltens ist auch hier nicht zielführend. Der
Sportler wird so nur auf einen Ausschnitt aus Die VMBR-Methode nach Suinn (1972)
dem möglichen Verhaltensrepertoire des Gegners Beim Visuo-Motor-Behavioral-Rehearsal (VMBR)
vorbereitet und ist dann unter Umständen in der nach Suinn (1972) handelt es sich um eine
Wettkampfsituation überrascht, unvorbereitet und Kombination aus Entspannungsverfahren und
vielleicht auch überfordert, um sich noch während Mentalem Training. Das VMBR ist aus drei Pha-
des Kampfes auf den Gegner einzustellen. sen aufgebaut:
So können Strategien, die bei einem bestimm- 4 Phase 1: Erzeugung eines Entspannungs-
ten Gegner nicht zum gewünschten Erfolg geführt zustands mithilfe von Progressiver Muskel-
haben, z. B. per Videostudium analysiert werden. relaxation nach Jacobson.
Anschließend kann ein entsprechendes alternati- 4 Phase 2: Möglichst intensive und lebhafte
ves Verhalten im praktischen wie auch Mentalen Vorstellung der sportspezifischen Bewegun-
Training aufgebaut werden. Wie bei Sportarten der gen.
Komplexitätsstufe 5 ist es auch hier im praktischen 4 Phase 3: Möglichst intensive und lebhafte
Training häufig sehr schwer, ein bestimmtes Geg- 6 Vorstellung der sportspezifischen Bewegun-
nerverhalten durch einen Sparringspartner mög-
8.3 · Anwendungsvielfalt des Mentalen Trainings im Leistungssport
115 8
Nach Erfahrungsberichten von Lane (2006) ist
gen, die sich jedoch in einer möglichst rea- das Mentale Training auch im Boxen ein effektives
listischen – möglicherweise bereits erlebten Mittel, um sowohl einzelne Techniken als auch
– Situation abspielen. Hier wird insbeson- komplexere Kampftaktiken zu trainieren. Nach
dere auch an stressreiche oder belastende Lane führt die mentale Vorbereitung insbesondere
Situationen gedacht. auch dazu, dass die Informationen, die der Coach
dem Athleten in den Rundenpausen gibt und die in
Entscheidendes Element bei der Anwendung extrem kurzer Zeit verarbeitet werden müssen, bes-
von VMBR ist der Transfer einer vorgestellten ser aufgenommen werden können (7 Beispiel 8.16).
Bewegung in ein konkretes situatives Setting.
Dadurch soll eine optimale Vorbereitung auf Beispiel 8.16: Individuelle Kampfkonzeption (IKK)
typische und/oder kritische Wettkampfsituati- beim Boxen
onen gelingen sowie eine optimale Fehlerana- Beim Boxen wird für jeden Boxer eine individuelle
lyse und -korrektur ermöglicht werden. Kampfkonzeption (IKK) entwickelt. Diese Kampf-
konzeption ist vergleichbar einer strategischen Aus-
richtung des Kampfes, um die individuellen Stärken
Die Effektivität einer individualisierten Kombi- optimal einzubringen. Die IKK ist aufgeteilt in eine
nation aus Entspannungstraining und Mentalem aktuelle Zustandsbeschreibung und eine gewünschte
Training (VMBR-Methode) hinsichtlich der Vari- Weiterentwicklung, die an Aufgaben gebunden ist.
ablen Leistung und Angst konnte von Seabourne Die IKK eines Boxers ist beispielsweise folgender-
et al. (1984) demonstriert werden. Hierbei wur- maßen aufgebaut:
den nicht nur einzelne technische Fertigkeiten 4 Strategisch-taktisches Grundverhalten
mental trainiert, sondern die Probanden wurden – Manöverboxer, soll von Beginn an kampfbe-
auch aufgefordert, ganze Sparringsrunden in der stimmend sein, Kampfführung beidhändig, mit
Vorstellung zu absolvieren. In der Experimental- variabler Führungshand.
gruppe war im Vergleich zur Kontrollgruppe eine 4 Angriffsvorbereitung
größere Abnahme von Wettkampfangst sowie ein – Stand: Angriffsvorbereitung durch Führungs-
höherer Anstieg der Leistung in allen drei ge- hand.
messenen Bereichen – Fertigkeiten, Fertigkeits- – Aufgaben: Führungshand variabel einsetzen,
kombinationen und Sparring – zu beobachten. auf bessere Schlagführung achten.
Entscheidend dabei war jedoch, dass die Athleten 4 Angriffsdurchführung
aus einer Reihe von vorgestellten Techniken aus- – Stand: Spezialaktion (Führungshand – Schlag-
wählen und diese individuell anpassen konnten. hand – Rückschritt – Schlaghand – Führungs-
Eine nach individuellen Ansprüchen gestaltete hand) kommt ungenau und zögernd.
Kombination aus Mentalem Training und Ent- – Aufgaben: Spezialaktion konsequent durch-
spannungstraining ist demnach eine wirksame führen.
Trainingsform, um die Leistung in der Sportart 4 Angriffsabschluss
Karate zu steigern. – Stand: Angriffsabschluss mit Doppeldeckung.
– Aufgaben: Angriffsabschluss mit Rückschritt –
Boxen Angriffsweiterführung.
Beim Boxen bekämpfen sich zwei Sportler nur
mit den Fäusten. Jegliche Benutzung eines ande- Der Boxer hat nun – insbesondere beim Sparring – die
ren Körperteils wird als Foul gewertet. Geboxt Aufgabe, diese Aufgaben zu trainieren und besonders
wird in Gewichtsklassen vom Papiergewicht (bis im Wettkampf seine IKK umzusetzen.
46 kg) bis zum Superschwergewicht (ab 91 kg). Beispiel: Ein Boxer hat die Schwierigkeit, dass er
Beim olympischen Amateurboxen wird ein Kampf im Kampf – insbesondere gegen vermeintlich schwä-
in vier Runden zu je 2 Minuten ausgetragen. Es chere Gegner – seine IKK vernachlässigt. Dies führt
entscheidet die Anzahl der Treffer. dazu, dass der Boxer relativ ungestüm und unkon-
116 Kapitel 8 · Mentales Training im Leistungssport
trolliert den schnellen K.o. sucht und dadurch dem des Partners ein. Ihr Bein rutscht weit um seinen
Gegner die Möglichkeit zu Treffern bietet. Nicht selten Bauch herum, sodass der Fuß auf der anderen
gehen sicher geglaubte Siege noch verloren. Seite wieder herausschaut. Mit beiden Armen um-
Im Mentalen Training optimiert der Sportler sein greifen Sie von außen Arm und Oberschenkel des
Kampfverhalten auch bei vermeintlich schwächeren Partners. Jetzt tauchen Sie mit dem Kopf unter
Gegnern. In der Vorstellung soll die IKK bei bestimm- dem Partner Ihrem Fuß hinterher und rollen um
ten Situationen im Kampf gegen schwächere Gegner den Partner herum. Danach wird der Partner fest-
konsequent aufrechterhalten werden. Dabei werden gelegt und der Armhebel vollendet. (Im Judo wird
zum einen Videoaufzeichnungen von bestimmten der Partner, der im entscheidenden Moment aktiv
Kampfszenen der Vergangenheit mit dem Trainer ana- ist – hier: hebelt –, »Tori« genannt, sein Gegner
lysiert, bestimmte Verhaltensweisen optimiert und mit wird als »Uke« bezeichnet.)
Mentalem Training trainiert. Zum anderen wird die Be- 2. Bewegungsbeschreibung aus der Sportler-
wegungsvorstellung für bestimmte wiederkehrende perspektive
Kampfsituationen, wie z. B. den Angriffsabschluss, an Ich übersteige Ukes Rücken mit dem rechten
ausgewählte Gegner angepasst und regelmäßig men- Bein. Mit der rechten Hand umfasse ich Ukes
tal trainiert. Bein in Höhe des Oberschenkels. Die linke Hand
Das Mentale Training seiner IKK, angepasst an den umgreift Ukes Ärmel. Ich rolle über meine rechte
nächsten bevorstehenden Gegner, wird schließlich Schulter, versuche aber, unter Uke zu kommen.
8 wesentlicher Teil der unmittelbaren Wettkampfvorbe- Mit Schwung nehme ich Uke mit in die Rollbewe-
reitung für den Sportler. gung. Wenn ich auf den Rücken gerollt bin, ist Uke
über mir. Um ihn zu belasten, kommt mein linkes
Judo Bein über Ukes Kopf-Hals-Partie. Meine Beine
Judo ist eine japanische Zweikampfsportart. Ziel klemmen Ukes Arm ein. Ukes Arm wird von mei-
ist es, den Gegner durch Anwenden einer Tech- nen Händen gestreckt und fixiert. Mein Becken
nik mit Kraft und Schnelligkeit kontrolliert auf drückt nach oben, der Hebel wirkt.
den Rücken zu werfen. Der Kampf findet nicht 3. Handlung lernen und mit der Praxis abgleichen
ausschließlich im Stand statt, sondern geht auch 4. Knotenpunkte beschreiben
am Boden weiter. Hier gibt es prinzipiell zwei – Übersteigen des Uke.
weitere Möglichkeiten, einen Sieg zu erringen. – Arm und Bein ergreifen.
Wird der Gegner für 25 Sekunden auf dem Rü- – Tauchen/rollen mit Uke.
cken liegend am Boden festgehalten oder wird der – Überschwingen des Beines.
Gegner durch einen Armhebel oder Würgegriff – Ukes Arm lang machen.
zur Aufgabe gezwungen, ist der Kampf gewonnen. – Hebeln. Becken hochdrücken.
Wie 7 Beispiel 8.17 zeigt, kann Mentales Training 5. Knotenpunkte markieren
im Judo sinnvoll zum Technikerwerb verwendet – Übersteigen.
werden. – Zufassen.
– Tauchen.
Beispiel 8.17: Mentales Training zum Techniker- – Überschwingen.
werb im Judo – Lang machen.
Ein Beispiel zur Vermittlung der Technik »Tauchrolle« – Hebeln.
zum Juji-Gatame (Hebeltechnik) wurde von Eberspä-
cher und Mayer (2003, S. 262f.) nach einem modifi- Zusammenschau
zierten Stufenmodell (Eberspächer, 2001; 7 Kap. 4.1.1) Die Komplexitätsstufe 6, damit die zweithöchste
beschrieben: Komplexitätsstufe, umfasst Sportarten, deren An-
1. Bewegungsbeschreibung durch den Trainer forderungen an den Bewegungsablauf insofern
Der Partner befindet sich vor Ihnen in der hohen variieren, als dass nicht nur ein Gegner für das
Bankposition. Sie belasten ihn und steigen von Zustandekommen der sportlichen Handlung be-
hinten mit der Ferse zwischen Knie und Seite nötigt wird und auf diesen reagiert werden muss;
8.3 · Anwendungsvielfalt des Mentalen Trainings im Leistungssport
117 8
vielmehr besteht direkter Kontakt, also Körper-
kontakt zu einem Gegner, der den Sportler bei der
optimalen Bewegungsdurchführung stören will.
Zum Neulernen von Bewegungen liegen in
dieser Kategorie keine wissenschaftlichen Erkennt-
nisse vor. Größere Aufmerksamkeit hingegen
wurde dem Fortgeschrittenen- und Expertenbe-
reich geschenkt.
Die Wirksamkeitsnachweise sind durchaus po-
sitiv. Mentales Training scheint auch auf dieser
Komplexitätsstufe von Nutzen zu sein. Insbeson-
dere erweist sich die Kombination aus Mentalem
. Abb. 8.19 Bei Sportarten der siebten und höchsten Kom-
Training und Entspannungstraining (VMBR-Me- plexitätsstufe müssen neben einem gegnerischen Team, das
thode) als effektive Trainingsform. den Bewegungsablauf durch Körperkontakt stören und un-
Untersuchungen konnten zeigen, dass Menta- terbinden will, auch noch das eigene Team und das Verhalten
les Training nicht nur zur Optimierung einzelner der Teammitglieder berücksichtigt werden, wie z. B. beim
American Football, © Matthias Nast/fotolia.com
Techniken wirkungsvoll eingesetzt werden kann,
sondern auch positive Effekte beim Trainieren
komplexer Kampfhandlungen hat. Außerdem trägt
Mentales Training dazu bei die Wettkampfangst zu auch die Umsetzung komplexer Spielsysteme er-
verringern. wartet. Dabei ist es für eine optimale Leistungs-
erbringung nicht nur wesentlich, das Bewegungs-
verhalten des einzelnen Athleten, kombiniert mit
8.3.8 Komplexitätsstufe 7: dem optimalen Verhalten der anderen Teammit-
Bewegung + Variation + Gegner glieder, an mögliches Gegnerverhalten anzupassen
+ Kontakt + Team (7 Kap. 8.3.6), sondern auch adäquate Lösungen
für die Reaktion auf suboptimales oder gar feh-
Bei Sportarten der siebten und höchsten Komple- lerhaftes Verhalten des eigenen Teams verfügbar
xitätsstufe muss neben einem gegnerischen Team, zu haben.
das den Bewegungsablauf durch Körperkontakt Für den Einsatz des Mentalen Trainings bedeu-
stören und unterbinden will, auch das eigene Team tet dies, dass zum einen die Bewegungsvorstellung
und das Verhalten der Teammitglieder berück- für verschiedene Techniken und deren Kombina-
sichtigt werden (. Abb. 8.19). Die erforderlichen tion in Abstimmung auf die Mitspieler zu erar-
Bewegungsabläufe müssen beiten ist. Zum anderen sind Vorstellungen von
4 in verschiedenen Kombinationen verfügbar entsprechenden Reaktionen des Teams auf unter-
sein, schiedliches Gegnerverhalten, aber auch auf unter-
4 auf das eigene Team abgestimmt sein und schiedliches Verhalten des eigenen Teams aufzu-
4 flexibel variierbar sein, je nach taktischer Aus- bauen. Auch hier können Strategien, die bei einem
richtung des Gegners. bestimmten Gegner oder in bestimmten Situatio-
nen nicht zum gewünschten Erfolg geführt haben,
> Ziel des Trainings bei Sportarten der Komple-
umgestellt werden, um dann ein entsprechendes
xitätsstufe 7 ist, die Abstimmung der Team-
alternatives Verhalten im praktischen Training wie
mitglieder aufeinander zu optimieren und auf
auch im Mentalen Training aufzubauen.
gegnerisches Verhalten schnell, variabel und
Dennoch wurde der Einsatz des Mentalen Trai-
intern abgestimmt reagieren zu können.
nings in Spielsportarten, insbesondere zur Taktik-
So wird in vielen Spielsportarten (Fußball, Basket- optimierung, bisher nur sehr eingeschränkt unter-
ball, Handball, Hockey oder Eishockey) von den sucht, häufiger dagegen finden sich Studien und
Spielern neben Einzeltechniken auf hohem Niveau Berichte über den Einsatz des Mentalen Trainings
118 Kapitel 8 · Mentales Training im Leistungssport
zur Optimierung von sportartspezifischen Einzel- Freiwurfleistung des betreffenden Spielers durch ein
techniken. Am häufigsten wurde die Anwendung psychologisches Trainingsprogramm erreicht wer-
des Mentalen Trainings bisher in der Sportart Bas- den, das u. a. aus Mentalem Training bestand. Beim
ketball untersucht. dreistufigen Vorgehen von Silva stand in einer ers-
ten Stufe die Identifikation spezieller individueller
Basketball Optimierungsansätze im Vordergrund. Der Sportler
Bei diesem Mannschaftsspiel versuchen zwei sollte die relevanten Bewegungen und Handlungs-
Mannschaften mit je fünf Mitgliedern, durch Tref- abläufe, die es zu optimieren galt, definieren und
fer in die auf dem Spielfeld gegenüber hängenden möglichst genau beschreiben, was er während dieser
Körbe möglichst erfolgreich zu punkten und damit Bewegungsabläufe fühlte und dachte und wie er die
das Spiel für sich zu entscheiden. Basketball wird situativen Umstände wahrnahm. In der nächsten
zwar als »körperloser« Sport bezeichnet, dies gilt Stufe, die Silva »kognitive Restrukturierungsphase«
aber im Wesentlichen nur für den Augenblick des nannte, wurden inadäquate Vorstellungsinhalte
Wurfs. Im Basketball wurde häufig der isolierte identifiziert und durch adäquate Inhalte ersetzt. Da-
Basketballfreiwurf als Gegenstand des Mentalen bei waren neben fehlerhaften oder unangemessenen
Trainings gewählt. Bewegungsvorstellungen auch ungünstige Denkin-
halte Gegenstand der Restrukturierung. Auf der
Studien dritten Stufe wurden die adäquaten Vorstellungsin-
8 Schon in den 1940er-Jahren verglichen Vandell et halte mit Schlagwörtern versehen und in mehreren
al. (1943) die Auswirkungen von Mentalem Trai- Abschnitten insgesamt 30 Minuten täglich mental
ning und von praktischem Training auf die Frei- trainiert. Trainingszeiten und Trainingsort wurden
wurfleistung im Basketball, allerdings bei Nicht- den Sportlern überlassen, sie sollten lediglich in
leistungssportlern. Sie kamen zu dem Ergebnis, einem Trainingstagebuch ihr Mentales Training do-
dass das Mentale Training beinahe genauso effek- kumentieren. Der Trainingsfortschritt sowie Inhalte
tiv war wie praktisches Training. des Mentalen Trainings wurden regelmäßig bespro-
Wie sich Mentales Training mit begleitender chen. Obwohl die Gesamtleistung der Mannschaft
Bewegungssimulation, Mentales Training ohne bezüglich Freiwürfen im gemessenen Zeitraum nur
begleitende Bewegungssimulation, praktisches um 2,7 % anstieg, konnte die Leistung des betreffen-
Training und eine Kombination des praktischen den Spielers um 21 % gesteigert werden.
Trainings mit den beiden Formen des Mentalen Anhand eines weiteren Einzelfalls untersuchte
Trainings auf die Freiwurfleistung von Spielern mit Silva (1982) die Wirkung des Trainingsprogramms
unterschiedlich langer Spielpraxis auswirken, un- auf die Anzahl der begangenen Fouls, die häufig zur
tersuchte Ziegler (1987). Bei den Spielern mit den Disqualifikation eines Spielers führen. Trotz länge-
geringsten Spielerfahrungen erwiesen sich Menta- rer Zeit im Spiel ging die Anzahl der Fouls von 4,3
les Training mit begleitender Bewegungssimula- auf 3,4 – also um fast ein Foul pro Spiel – zurück,
tion und die Kombination aus Mentalem Training während bei der gesamten Mannschaft lediglich ein
und praktischem Training als am erfolgreichsten. Rückgang von 0,2 Fouls zu verzeichnen war.
Hall und Erffmeyer (1983) konnten zeigen, Meyers et al. (1982) untersuchten die Wurf-
dass sich eine Kombination aus Entspannungstrai- leistung – sowohl Freiwürfe als auch Würfe aus
ning und Mentalem Training (VMBR-Methode) dem laufenden Spiel heraus – von zwei Spielern
auf die Freiwurfleistung im Basketball positiver (Positionen Center und Forward). Zunächst wurde
auswirkt als Entspannungstraining oder Mentales das Ausgangsniveau ermittelt, dann erhielten die
Training allein. Ähnliches berichten auch Wris- Spieler ein Trainingsprogramm, bestehend aus
berg und Anshel (1989), und auch die Studie von Mentalem Training, Entspannungstraining und
Lamirand und Rainey (1994) bestätigt dieses Er- Training der Selbstgesprächsregulation. Der Cen-
gebnis weitestgehend. ter-Spieler erhielt ein Programm zur Optimierung
Eine interessante Einzelfalldarstellung hierzu lie- der Freiwurfquote, der Forward ein Programm zur
fert Silva (1982). Hier konnte die Verbesserung der Optimierung der Quote der Würfe aus dem Feld.
8.3 · Anwendungsvielfalt des Mentalen Trainings im Leistungssport
119 8
Interessant an dieser Studie ist, dass die Proban- zweite Gruppe erhielt bestimmte praktische Routi-
den neben erfolgreichen Bewegungsabläufen auch neabläufe (z. B. Ball dreimal prellen) als Aufgabe,
kritische Situationen sowie das Bewältigen von die dritte Gruppe sollte Mentales Training als Rou-
Fehlern mental trainieren sollten. tineablauf durchführen. Vergleicht man alle drei
Die Veränderung der Wurfleistung wurde er- Gruppen miteinander, so war die Gruppe, die
fasst. Meyers et al. (1982) stellten fest, dass sich Mentales Training in die Routineabläufe integriert
die Wurfleistung durch eine solche Intervention hatte, am erfolgreichsten.
verbessern ließ. So verbesserte der Center seine Post et al. (2010) untersuchten die Wirkung von
Freiwurfquote im Spiel von 41 auf 55 %. Nach der Mentalem Training in der Spielvorbereitung einer
Intervention wurde der Spieler aufgefordert, das weiblichen Basketballmannschaft. Aufgrund einer
mentale Trainingsprogramm nicht weiter durch- unbefriedigenden Freiwurfquote von 58 % entwarf
zuführen, und die Leistung sank auf 29 %. Bemer- der Cotrainer ein Skript für ein 15-minütiges, vom
kenswert ist dieses Ergebnis, da der Prozentwert Trainer geleitetes Mentales Training, das mit der
für die Freiwurfquote im Training zu allen drei gesamten Mannschaft einmal wöchentlich nach den
Messzeitpunkten konstant deutlich über 70 % ge- Trainingseinheiten durchgeführt wurde. Außerdem
halten wurde, und auch die Quote der Würfe aus wurden die Spielerinnen aufgefordert, auch außer-
dem Feld blieb relativ stabil bei um die 50 %. halb dieser geleiteten Einheiten mental zu trainie-
Der Forward, der seine Würfe aus dem Feld ren. Anschließend wurde das Mentale Training auch
mental trainierte, verbesserte seine Quote von 37 wesentlicher Bestandteil der Spielvorbereitung. Die
auf 52 %. Bei ihm blieb die – nicht trainierte – Freiwurfquote verbesserte sich signifikant bei den
Freiwurfquote stabil bei 68 %. Insofern zeigt diese Spielen, bei denen Mentales Training in der Spiel-
Studie, dass das Mentale Training sehr spezifisch vorbereitung durchgeführt wurde (69,97 %).
aufzubauen ist und auch kontinuierlich beibehal- Bislang gibt es nur wenige Studien im Basket-
ten und trainiert werden muss. ball, die von Wirkungen des Mentalen Trainings
Zu ähnlichen Schlüssen kommt auch die Stu- über Einzeltechniken hinaus berichten. In feldori-
die von Savoy und Beitel (1996), der zufolge die entierten Einzelfallstudien (z. B. Savoy, 1997) wird
einmalige Implementierung des Mentalen Trai- dem Mentalen Training eine grundsätzliche Ak-
nings sogar als nutzlos eingestuft werden muss. zeptanz und Wirkung zugeschrieben. Auf welche
Eine kontinuierliche Weiterführung sei unabding- Art und Weise Mentales Training im Basketball
bar. Ihre Studie evaluierte den Effekt des Mentalen von Leistungssportlern eingesetzt wird, beschrei-
Trainings als ergänzende Maßnahme zum prakti- ben Madigan et al. (1992). Mit dem Ziel der Leis-
schen Training und untersuchte auch den Effekt tungsverbesserung wird Mentales Training sowohl
des späteren Aussetzens dieser ergänzenden Maß- zur Verbesserung bestimmter Fertigkeiten und zur
nahme: Der kurzfristige Einsatz eines Mentalen Unterstützung leistungsförderlicher Emotionen wie
Trainings erschien wenig wirkungsvoll: »Foul z. B. Zuversicht als auch zur Entwicklung bestimm-
shooting improved when the interventions were ter individualisierter Wettkampfstrategien genutzt.
employed across 35 games and there were negative Darüber hinaus gibt es auch Studien, die die
effects when interventions were removed« (Savoy Wirkung des Mentalen Trainings auf die taktische
& Beitel, 1996, S. 461). Leistung untersuchen. So evaluierte Savoy (1997)
Die Auswirkungen unterschiedlicher Routine- im Rahmen einer Einzelfallstudie an zwei leis-
abläufe auf die nachfolgende Leistung – hier: kurz tungsorientierten Basketballspielerinnen ein men-
vor Ausführung eines Freiwurfs – testeten Pre- tales Trainingsprogramm. Bei beiden Spielerinnen
debon und Docker (1992). Häufig ist Mentales verbesserten sich u. a. die Spielstatistik und die
Training ein wesentlicher Teil derartiger Routine- allgemeine Bewertung durch den Trainer.
abläufe. In dieser Untersuchung wurden 30 Bas- Wie sich eine Kombination aus Mentalem Trai-
ketballspieler (Leistungsniveau) drei Gruppen ran- ning, Entspannungstraining und Selbstgesprächs-
domisiert zugeteilt. Die erste Gruppe sollte keinen regulation (Package-Approach) auf die Leistung
Routineablauf vor dem Freiwurf durchführen. Die – speziell die Verteidigung betreffend – auswirkt,
120 Kapitel 8 · Mentales Training im Leistungssport
überprüften Kendall et al. (1990). Sie stellten so- gulation im Basketball erbrachte sowohl eine
wohl eine Verbesserung der Verteidigungsleistung Verbesserung der Verteidigungsleistung als
als auch eine erhöhte Kontinuität in der Leistungs- auch eine erhöhte Kontinuität im Spiel.
erbringung im Rahmen eines Expertenratings fest. 4 Die Integration von Mentalem Training in
Dabei wurden taktische Aufgaben wie Zustellen das Taktiktraining führt zu ähnlich großen
des Laufwegs, Erzwingen von Fehlwürfen und Verbesserungen im taktischen Verhalten wie
Verhinderung von Zuspielen bewertet. praktisches Training allein.
In einer Untersuchung von Guillot et al. (2009)
wurde das Mentale Training zum taktischen Ler- Darüber hinaus ließen sich auch positive Wirkun-
nen bei zehn Basketballspielerinnen eingesetzt. gen des Mentalen Trainings auf die psychologi-
Drei taktische Aufgaben wurden gestellt. Die erste schen Leistungsaspekte wie Wettkampfangst und
wurde mental und praktisch im Wechsel trainiert, Selbstvertrauen nachweisen (Savoy, 1993, 1997;
die zweite wurde nur praktisch trainiert und die Shearer et al., 2009).
dritte wurde gar nicht trainiert. In der ersten und
zweiten Aufgabe konnten etwa gleich große Ver- Eishockey
besserungen der Spielerinnen festgestellt werden Eishockey wird zwischen zwei gegnerischen Mann-
(Selbstbeurteilung und Trainereinschätzung), bei schaften zu je fünf Spielern auf einer ca. 60 m lan-
der dritten Aufgabe ergaben sich erwartungsge- gen und 30 m breiten Eisfläche ausgetragen. Das
8 mäß keine Verbesserungen. Spielgerät, der Puck (Hartgummischeibe), muss
mithilfe des Schlägers in das Tor des Gegners
Zusammenfassung der Ergebnisse. Die wich- befördert werden. Eishockey gilt als sehr körperbe-
tigsten Ergebnisse der Studien zum Einsatz des tonte und schnelle Sportart.
Mentalen Trainings im Basketball lassen sich wie In der schon oben angesprochenen Studie von
folgt zusammenfassen: Silva (1982) wurde das gleiche dreistufige men-
4 Bei Nichtleistungssportlern ist das Mentale tale Trainingsprogramm auf seine Auswirkungen
Training zum Technikerwerb im Basketball auf die Wettkampfleistung eines Eishockeyspie-
(Freiwurf) beinahe genauso effektiv wie das lers untersucht. In dieser Einzelfallanalyse konnten
praktische Training. folgende Leistungsverbesserungen nachgewiesen
4 Bei den Spielern mit geringerer Spielerfahrung werden: Die Strafzeit des betreffenden Spielers
scheinen Mentales Training mit begleitender verkürzte sich, und die auf dem Eis verbrachte
Bewegungssimulation und die Kombination Zeit verlängerte sich. Außerdem waren – mögli-
aus Mentalem Training und praktischem Trai- cherweise aufgrund der verlängerten Zeit auf dem
ning am erfolgreichsten zu sein. Eis – weitere Leistungsverbesserungen hinsichtlich
4 Eine Kombination aus Entspannungstraining der Spielstatistik (Tore und Assists) zu verzeichnen
und Mentalem Training (VMBR-Methode) (7 Beispiel 8.18).
wirkt sich positiver auf die Freiwurfleistung Hallman und Munroe-Chandler (2009) unter-
im Basketball aus als Entspannungstraining suchten, ob Mentales Training von Spielern auf
oder Mentales Training allein. verschiedenen Positionen (Tor, Verteidigung, An-
4 Mentales Training muss im Rahmen des Tech- griff) unterschiedlich intensiv genutzt wird. Dazu
niktrainings im Basketball kontinuierlich bei- wurden 258 Eishockeyspieler befragt. Ergebnis:
behalten werden, um effektiv zu sein. Der nur Torhüter nutzen das Mentale Training signifikant
kurzfristige Einsatz eines Mentalen Trainings häufiger als Feldspieler.
erscheint wenig wirkungsvoll.
4 Mentales Training kann auch in der unmittel- Beispiel 8.18: Erarbeitung eines neuen
baren Spielvorbereitung erfolgreich eingesetzt Spielsystems im Eishockey
werden. In der Vorbereitung eines Eishockeyteams soll ein
4 Die Kombination aus Mentalem Training, neues Spielsystem eingeführt werden. Es soll ein
Entspannungstraining und Selbstgesprächsre- schnelles und attraktives System gespielt werden, bei
8.3 · Anwendungsvielfalt des Mentalen Trainings im Leistungssport
121 8
dem viele Spieler neue Aufgaben übernehmen sol- Spieler zu verdeutlichen, dass es nicht ausreicht,
len. Zudem erhalten sie taktische Vorgaben, die zum nur zu wissen, was er selbst in den einzelnen
Teil bisher noch nicht von ihnen gefordert waren. Spielsituationen durchzuführen hat. Er muss
Man überlegt, ob hier mit Mentalem Training vielmehr genauso wissen, wo auf dem Eis wel-
die Lernzeit optimiert werden kann und wie am cher Mitspieler in dieser Situation welche Auf-
besten vorgegangen werden soll. Konzipiert wird gaben übernimmt. Damit soll auch das gegen-
das folgende mehrstufige Vorgehen: seitige Coaching auf dem Eis verbessert werden.
1. Skizzierung der Spieltaktik am Taktikboard 5. Integration von unterschiedlichem Gegner-
In einem ersten Schritt wird – wie auch bisher verhalten in die individualisierte Taktikvor-
üblich – das gewünschte taktische Verhalten der gabe
Mannschaft auf dem Taktikboard demonstriert. Die Vorstellung des jeweiligen taktischen Ver-
Dieses Taktikboard zeigt aus der Vogelperspektive haltens und des Verhaltens der Teammitglieder
die taktische Anforderung an die einzelne Posi- wird jetzt noch an das jeweilige Gegnerverhalten
tion und das Zusammenspiel der Mannschaft. angepasst. Wurde bei den vorherigen Stufen das
2. Animation der Darstellung mittels entspre- Gegnerverhalten noch völlig ausgeblendet (Stufe
chender Software 1 + 2) bzw. ein zu erwartendes Standardverhal-
Moderne Software zur Optimierung der Tak- ten angenommen (Stufe 3 + 4), wird jetzt auch
tikvorgaben in Spielsportarten ermöglicht es, ein eher außergewöhnliches Gegnerverhalten
Dynamik und Timing der Taktik zu animieren. einbezogen. Außerdem ist das Verhalten ganz
Insbesondere die Schnelligkeit des neu zu bestimmter Mannschaften mit exponierten Spie-
erlernenden Spielsystems bringt erhebliche lerpersönlichkeiten oder Teameigenschaften zu
Anforderungen an das Timing mit sich. Durch berücksichtigen.
die animierte Darstellung soll eine bessere Vor- 6. Mentales Training verschiedener Spiel-
stellung dieser wesentlichen Timingprozesse situationen unter Annahme verschiedenen
erreicht werden. Gegnerverhaltens
3. Individualisierung der taktischen Vorgabe In einem letzten Schritt sind die Spieler auf-
Im nächsten Schritt wird die bisherige Darstel- gefordert, sich eigeninitiativ, außerhalb der
lung der Vogelperspektive aufgegeben und der Trainingszeiten, möglichst täglich verschiedene
Spielzug mit dem jeweiligen Sportler aus sei- Konstellationen des neuen Spielsystems vor-
ner Perspektive auf dem Eis besprochen (auch zustellen. Dabei wird die Durchführung durch
hier kann heute entsprechender Software be- regelmäßiges Nachfragen, welche Inhalte in
hilflich sein (z. B. Tactic3d)). Hierbei sind Fragen welchen Konstellationen trainiert wurden, kon-
wie z. B. »Wann genau startest Du in diese Lü- trolliert (ggf. lässt sich an dieser Stelle auch ein
cke?« hilfreich. Diese Besprechungen erfolgten Trainingstagebuch einführen, in dem die men-
in Kleingruppen (nach Blöcken), sodass auch talen Trainingseinheiten dokumentiert werden).
die anderen Teammitglieder die Informationen
über das individualisierte Verhalten des einzel- Feldhockey
nen Spielers mitbekommen. Ein Team beim Feldhockey besteht genau wie beim
4. Integration des taktischen Verhaltens Fußball aus zehn Feldspielern und einem Torwart.
der verschiedenen Teammitglieder in die Die taktischen Varianten und Aufstellungsarten
individualisierte Taktikvorgabe beider Sportarten sind jedoch deutlich verschie-
Um nicht nur das eigene Verhalten aus der Ich- den. Hockey ist eine sehr athletische Sportart, bei
Perspektive zu trainieren, sondern ebenso die der die Spieler lange Laufwege zurücklegen müs-
Taktikvorgaben der anderen Spieler zu kennen, sen. Gleichzeitig handelt es sich um ein komplexes
wird deren Verhalten in die Vorstellung inte- Spielsystem. Taktisches Verständnis und die Be-
griert. Hierbei helfen Fragen wie z. B. »Was macht herrschung von zum Teil koordinativ anspruchs-
der Verteidiger, wenn Du im Powerplay vor das vollen Bewegungen sind eine wichtige Grundlage
Tor ziehst?« Das Ziel ist hierbei, dem einzelnen für erfolgreiches Hockey.
122 Kapitel 8 · Mentales Training im Leistungssport
xB xC xA
xC1 xA1
X X X
Ablauf: Timing:
D E F C löst sich auf C1, wenn A anläuft
A spielt Eckstoß auf C1
B irritiert den Torwart D läuft, wenn A Ball berührt
C1 verlängert rückwärts E u. F laufen, wenn Ball zw. A u. C1
D, E oder F schließen ab A läuft nach dem Eckstoß auf A1
Laufwege:
. Abb. 8.20 Mentales Mannschaftstraining – Eckstoßvariante (nach Eberspächer & Immenroth, 1998)
Die Spieler werden nun aufgefordert, sich das sen sowie einem abschließenden Schuss auf einen
letzte Spiel in Erinnerung zu rufen, sich aber dabei definierten Zielbereich zusammen. Fehler in den
das eigene optimale Verhalten und das der Team- jeweiligen Aufgabenstellungen wurden durch Zeit-
mitglieder vorzustellen. In einem weiteren Schritt strafen bestraft. Die Experimentalgruppe trainierte
stellen sie sich Modifikationen des Mitspielerver- den Parcours mental, die Kontrollgruppe trainierte
haltens, das gegenseitige Coaching und weiteres den Parcours überhaupt nicht.
unterstützendes oder helfendes Verhalten vor. Das Mentale Training wurde über sechs Wo-
Die Spieler bekommen die Aufgabe, das Men- chen zweimal wöchentlich jeweils 15 Minuten
tale Training bis zum nächsten Pflichtspiel täglich durchgeführt. Dabei wurde auf drei verschiedene
zweimal unter wechselnden situativen Bedingun- Arten mental trainiert:
gen ablaufen zu lassen. 4 Beobachterperspektive und visuelle Moda-
lität,
Studien 4 Innenperspektive und visuelle Modalität,
Sowohl Novizen als auch erfahrene Fußballspieler 4 Innenperspektive und kinästhetische Modalität.
standen im Mittelpunkt des Interesses von Blair
et al. (1993). Untersucht wurde die Wirkung des Während keine bedeutsamen Effekte hinsichtlich
Mentalen Trainings auf die Leistung (Genauigkeit der Genauigkeit der Leistung nachzuweisen wa-
und Schnelligkeit) bei einem sportartspezifischen ren, verbesserten sich sowohl Novizen als auch
und spieltypischen Aufgabenparcours. Dieser Par- erfahrene Spieler der Experimentalgruppe hin-
cours setzte sich aus einer Kombination von Dribb- sichtlich der Schnelligkeit gegenüber der Kont-
lings mit Hindernissen, Laufwegen ohne Ball, Päs- rollgruppe. Blair et al. (1993) betonen, dass Men-
8.3 · Anwendungsvielfalt des Mentalen Trainings im Leistungssport
125 8
tales Training bei fußballspezifischen Aufgaben Dropkicks (3 Punkte) und Straftritte (3 Punkte)
wirksam und im Fußball auf jedem Leistungsni- mehr Punkte zu erzielen als der Gegner. Dazu darf
veau einsetzbar ist. der Ball (Rugby-Ei) nur nach hinten geworfen oder
Wie sich ein auf Mittelfeldspieler zugeschnit- übergeben werden, Treten des Balles hingegen ist auf
tenes mentales Trainingsprogramm auf die posi- dem Spielfeld in alle Richtungen erlaubt.
tionsspezifische Leistung im Fußball auswirkt, un- Inwiefern die Anwendung des Mentalen Trai-
tersuchten Thelwell et al. (2006). Beim Mentalen nings im Vergleich zu praktischem Training hin-
Training wurden Grundfertigkeiten (Passan- sichtlich des Tacklings, des Tiefhaltens – der Spiel-
nahme, Passabgabe und Tackling in verschiedenen technik zum Aufhalten des Gegners – im Rugby
Situationen) erarbeitet und mental trainiert. Dabei sinnvoll ist, wurde von McKenzie und Howe (1991)
wurden auch kritische Situationen berücksichtigt, untersucht. Alles in allem zeigte sich, dass eine
z. B. Verhalten nach Fehlpass etc. Kombination aus Mentalem Training und prakti-
Die Untersuchung wurde an fünf Mittelfeld- schem Training am effektivsten war. Größte Erfolgs-
spielern (Leistungsklasse) durchgeführt. Zumin- raten waren für die Tight Five, die Stürmergruppe,
dest geringe Verbesserungen waren bezüglich aller und für Spieler unter 20 Jahren zu verzeichnen.
Variablen der positionsspezifischen Leistung zu
beobachten. Insbesondere der Einsatz des Menta- Zusammenschau
len Trainings bei Jugendlichen und Kindern im Sportarten, die der siebten und höchsten Kom-
Fußball wurde in den letzten Jahren untersucht plexitätsstufe angehören, beinhalten neben den
(vgl. Veraksa & Gorovaya, 2011; Munroe-Chandler bereits für die vorhergehenden Komplexitätsstu-
et al., 2012). Bemerkenswert ist hier die Erkenntnis, fen genannten Anforderungen – Variation im
dass gerade Kinder (7-8 Jahre) in beiden Studien Bewegungsablauf und das Vorhandensein eines
am meisten vom Mentalen Training profitieren. Gegners – den direkten Kontakt zum Gegner. Im
Ein Hinweis darauf, schon frühzeitig (im Grundla- Unterschied zur Komplexitätsstufe 6 sind die der
genbereich) mit sportpsychologischem Training zu Komplexitätsstufe 7 zugeordneten Sportarten au-
beginnen (vgl. auch Mayer & Hermann, 2014). ßerdem Mannschaftssportarten, hier kommt also
der Teamaspekt hinzu.
Zusammenfassung der Ergebnisse. Die Ergeb- Auch bei dieser Sportartengruppe ist die An-
nisse der genannten Studien lassen sich wie folgt wendung des Mentalen Trainings sinnvoll. Sowohl
zusammenfassen: zum Neulernen im Anfängerbereich als auch zur
4 Im Fußball machen Eliteathleten im Vergleich Leistungsoptimierung im Fortgeschrittenen- und
zu Nichteliteathleten häufiger Gebrauch von Expertenbereich liegen entsprechende Erkennt-
Mentalem Training. nisse vor.
4 Beim Mentalen Training eines fußballspezi- Mentales Training kann von anderen Trainings-
fischen Aufgabenparcours zeigten sich keine formen isoliert, aber auch in Kombination mit diesen
bedeutsamen Effekte hinsichtlich der Genau- wirksam sein (hier hat sich besonders die Kombina-
igkeit. Die Schnelligkeit verbesserte sich hin- tion aus Mentalem Training mit Entspannungstrai-
gegen bei unerfahreneren wie bei erfahrenen ning und dem Training der Selbstgesprächsregula-
Spielern. tion bewährt). Vor allem Standardsituationen wie
4 Mentales Training kann die positionsspezifi- die des Freiwurfs im Basketball lassen sich durch
sche Leistung im Fußball optimieren. Mentales Training, isoliert oder in Kombination
4 Bereits im Grundlagenbereich kann sinnvoll mit weiteren sportpsychologischen Trainingsfor-
mit Mentalem Training begonnen werden. men, verbessern. Weiterhin sind Leistungsverbes-
serungen hinsichtlich der Reduktion von Fouls, des
Rugby technischen und des taktischen Verhaltens und der
Beim Rugby stehen sich zwei Mannschaften mit je Gesamtspielleistung zu verzeichnen.
15 Spielern gegenüber. Ziel ist, während der Spielzeit Bisher liegen aber nur sehr wenige Befunde zur
durch Versuche (5 Punkte), Erhöhungen (2 Punkte), Optimierung der taktischen Lernleistung im sport-
126 Kapitel 8 · Mentales Training im Leistungssport
Setzt der PC
seinen ersten
Kreis in ein
Außenfeld, das
nicht direkt
neben deinem
X rechts
unten liegt...
a b
Instruktion: Instruktion:
e f
. Abb. 8.22 TicTacToe: Instruktion zum Mentalen Training
Spiel TicTacToe so erfolgreich und so schnell wie das Strategiespiel erlernt werden. Die vier Grup-
möglich bewältigen sollten. Erfasst wurde die Ent- pen bekamen unterschiedliche Interventionen. Die
scheidungsqualität durch den Spielerfolg sowie die Gesamtdauer jeder der vier Interventionen betrug
durchschnittliche Entscheidungszeit pro Spiel. exakt 40 Minuten.
In einer ersten sogenannten Lernphase (Lern- Die praktisch übende Gruppe hatte erneut
bedingung: Start Feld 1) wurden von den Proban- 160 Einzelspiele in der Umlernbedingung (Start
den 160 Einzelspiele TicTacToe gegen einen Com- Feld 16) zu absolvieren. Der mental übenden
puter gespielt. Diese Phase sollte allen Teilnehmern Gruppe wurde – in deutlicher Anlehnung an die
das Erlernen eines bestimmten Spielsystems (einer taktische Mannschaftsbesprechung im Spielsport
Taktik) für das Strategiespiel ermöglichen. Am da- – zunächst das optimale taktische Verhalten in die-
rauffolgenden Tag fand die zweite Phase, die so- ser Umlernbedingung präsentiert. Dazu wurde den
genannte Umlernphase (Umlernbedingung: Start Versuchspersonen für vier klassische Ausgangssi-
Feld 16) statt. Vergleichbar dem Spieler, der von tuationen ein schnellstmöglicher Weg zum Sieg in
der Vereinsmannschaft in die Auswahlmannschaft Form von Wenn-dann-Regeln erklärt (Beispiel in
wechselt, sollte jetzt eine modifizierte Taktik für . Abb. 8.22). Zur besseren Vorstellungsgenerierung
128 Kapitel 8 · Mentales Training im Leistungssport
Rehabilitation heißt: immer besser und besser« (Coué, 1993, S. 35) be-
4 »ins berufliche und gesellschaftliche Leben wieder kannt geworden. Der Einsatz der eigenen Vorstel-
eingliedern«, lungskraft zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte
4 »etwas Beschädigtes in seinen früheren guten Zu- erfuhr dann vor allem durch die populären Arbei-
stand bringen«, ten des Onkologen Simonton und seiner Mitarbei-
4 »etwas auf eine höhere Ebene oder auf eine Ebene ter (z. B. Simonton et al., 1996) weite Verbreitung.
von größerem Wert heben« (Adler, 1996, S. 483) Mit seinem Programm versuchte Simonton insbe-
und schließt somit die Vorstellung und den Anspruch sondere bei Krebspatienten über Visualisierungs-
ein, etwas wieder gesund zu machen. Dies ist in der Re- methoden eine positive und zuversichtliche Ein-
alität jedoch oft nicht zu erreichen. Defizite bleiben und stellung zu schaffen, um so die körpereigenen Ab-
müssen einkalkuliert werden. Nach Adler (1996) geht wehrkräfte der Patienten zu aktivieren. In diesem
es daher bei der Rehabilitation nicht nur um die Besei- Kapitel wird der Begriff des Mentalen Trainings je-
tigung von Beschwerden, sondern auch darum, dass doch enger gefasst und primär auf die Optimierung
die Rehabilitierenden lernen, bleibende Beeinträchti- von Bewegungen in der Rehabilitation bezogen.
gungen zu akzeptieren und mit ihnen zu leben. Dieses Bereits 1957 erwog Puni, die trainierende
Selbstverständnis vorausgesetzt, muss sich effektive Re- Wirkung von Bewegungsvorstellungen bei Reha-
habilitation an folgenden Grundzielen messen lassen bilitationsmaßnahmen einzusetzen (Puni, 1961):
(Mayer et al., 2003): Durch Bewegungsvorstellungen sollte die Bewe-
4 Rehabilitation soll helfen, individuelle Ziele von gungskoordination, die durch eine Krankheit oder
Patienten zu verfolgen und zu erreichen. Verletzung gestört worden ist, wiederherstellt
9 4 Rehabilitation soll zur gesundheitsfördernden Eigen- werden.
leistung in Lebenszeit und Lebensraum beitragen. Am häufigsten wurden mentale Trainings-
formen in der Rehabilitation verletzter Spitzen-
Neben den absolut notwendigen physisch-biologischen sportler angewendet. Hier wurde schnell erkannt,
Rehabilitationsmaßnahmen stellt das Mentale Training dass sich Bewegungsvorstellungen optimal für die
in diesem Zusammenhang eine wichtige ergänzende Überbrückung von Verletzungspausen verwenden
Maßnahme dar, die am psychischen System ansetzt. lassen (Ievleva & Orlick, 1991, 1993; Heil, 1993).
Das Mentale Training ist ein etabliertes Verfahren in Die Sportverletzung wird dabei auch als psychi-
der Rehabilitation nach Sportverletzungen. Die Anwen- sche Belastung verstanden, die zu entsprechenden
dung des Mentalen Trainings in diesem Bereich bildet Belastungsreaktionen des Sportlers führt. Erst vor
den Schwerpunkt dieses Kapitels. Zur Implementierung diesem Hintergrund erklärt sich der Nutzen des
des Mentalen Trainings in die außersportliche Rehabili- Mentalen Trainings, das positive Auswirkungen
tation – mit dem Anspruch einer nachhaltigen Wirkung nicht nur auf die Bewegungsoptimierung, sondern
– muss das Vorgehen modifiziert werden. Dass in den auch auf die motivationalen und emotionalen Fak-
Anwendungsgebieten der neurologischen und ortho- toren des Rehabilitationsprozesses hat (Hermann
pädischen Rehabilitation gerade in den letzten Jahren & Eberspächer, 1994; Evans et al., 2006).
durchaus praktikable und wirksame Ansätze entwickelt Die Übertragung des Mentalen Trainings aus
wurden, wird anschließend dargestellt. dem Hochleistungssport in Rehabilitationskon-
texte außerhalb des Sports fällt schwerer. Dort hat
man es in der Regel nicht mit Bewegungsspezia-
9.1 Zielstellung des Mentalen listen und auch nicht mit sportspezifischen Bewe-
Trainings im Anwendungsfeld gungen zu tun. Vielmehr sind häufig ältere oder
Rehabilitation mehrfach erkrankte Patienten betroffen, die in der
Rehabilitation bestimmte Bewegungen erlernen
Der Nutzen der Vorstellungskraft beim Heilungs- sollen, um ihren Alltag meistern oder ihren Beruf
prozess ist schon Anfang des 20. Jahrhunderts weiter ausüben zu können (Mayer et al., 2003).
durch Coué und seine Autosuggestionsformeln Die Bewegungen sind oft aufgrund von über Jahre
wie: »Es geht mir mit jedem Tag in jeder Hinsicht bestehenden Vorschädigungen verlernt oder durch
9.2 · Mentales Training in der Rehabilitation nach Sportverletzungen
133 9
Schonhaltungen ersetzt worden und müssen wie- erst nach langer Wiedereinstiegszeit erreicht. Das
der neu erlernt werden. anberaumte Aufbautraining bringt nur langsam
Auch in der außersportlichen Rehabilitation die gewünschten Leistungsfortschritte, und unter
sind sicherlich psychische Belastungen durch die Umständen wird die volle Leistungsfähigkeit des
Verletzung und Operation vorzufinden, und diese Sportlers gar nicht mehr erreicht. Schlechtesten-
sind sicherlich auch weitestgehend mit den durch falls wird der Sport sogar ganz aufgegeben.
eine Sportverletzung entstehenden Belastungen zu Diese Entwicklungen können kaum überra-
vergleichen. Dennoch wird die Bewältigung der schen, denn häufig wird eine Rehabilitation dann
Erkrankung nur sehr vereinzelt mit dem Mentalen als erfolgreich eingeschätzt, wenn der Knochen
Training in Verbindung gebracht. Es stellt sich eher wieder gut zusammengewachsen ist, das Band wie-
die Frage, wie therapeutische Inhalte zur Bewe- der hält oder das Gelenk wieder einen bestimmten
gungsoptimierung so aufbereitet werden können, Winkel erreicht. Insbesondere in längerfristigen
dass beim Patienten eine nachhaltige Handlungs- Rehabilitationsphasen hemmen oder blockieren
kompetenz für Beruf oder Alltag aufgebaut werden eventuell auftretende psychische Probleme des
kann. Daher wird in diesem Kapitel diskutiert, ob Athleten oftmals den Genesungsfortschritt und
das Mentale Training hier eine sinnvolle Ergän- somit die Wiedereingliederung in Training und
zung zu physiotherapeutischen Verfahren darstel- Wettkampf.
len kann. Häufig ist der Arzt im Heilungsprozess der
»Akteur«, und der Patient ist das »Objekt«, das
in Analogie zu einer Maschine funktioniert und
9.2 Mentales Training in dementsprechend repariert werden kann (Engel,
der Rehabilitation nach 1977). Dabei wird dem Patienten eine passive und
Sportverletzungen bequeme Beziehung zu Medizin und Therapie
suggeriert, die eine schnelle Verbesserung ohne
Sportverletzungen bedeuten für die meisten Sport- eigene Anstrengung und Verantwortung verspricht
ler einen erheblichen Einschnitt in den gewohnten (Leigh & Reiser, 1980; Zitterbarth, 1995).
Lebensrhythmus, da sie eine Unterbrechung des Zu dieser Entwicklung tragen allerdings oft
Trainings- und Wettkampfalltags zur Folge haben auch die Sportler selbst bei. Hermann und Eber-
(Hermann & Eberspächer, 1994). Je nach Art und spächer (1994) beschreiben eine Einstellung zur
Ausmaß der Verletzung werden dann mehr oder »Maschine Körper«, wie sie im Leistungssport
weniger umfangreiche Rehabilitationsmaßnahmen vielerorts anzutreffen ist. Claudio Sulser, ein ehe-
ergriffen, die in der Regel von Medizinern, Phy- maliger Schweizer Fußballprofi, zieht in einem
siotherapeuten und (Fitness-)Trainern begleitet Rückblick auf seine schwerste Verletzung einen
werden. Vergleich zum »Werkstattverhalten«, der die Ein-
stellung vieler Menschen zu Krankheit und Ge-
> Eine vollendete Rehabilitation eines Leis-
sundheit treffend beschreibt (z. B. Geue, 1990).
tungssportlers ist selten gleichbedeutend
mit unmittelbarer, hundertprozentiger
»Ich verglich meinen Körper mit einem Wagen, der
Leistungsfähigkeit.
einer dringenden Reparatur bedurfte. Man bringt
Versucht man, verletzte Sportler ausschließlich den Wagen in die Werkstatt, lässt ihn reparieren,
mit rein medizinischen, physiotherapeutischen und nach kurzer Zeit geht er wieder einwandfrei,
und trainingswissenschaftlichen Maßnahmen vielleicht sogar besser als früher. Leider sah dann die
möglichst schnell zu ihrer physischen Topform Realität für mich ganz anders aus.« (Sulser, zit. nach
zurückzuführen, ohne sich mit der psychischen Hermann & Eberspächer, 1994, S. 9)
Beanspruchung der Verletzten auseinanderzuset-
zen (Hermann & Eberspächer, 1994), wird häufig Nach Hermann und Eberspächer (1994) skizziert
der ursprüngliche Leistungsstand jedoch trotz der dieses Beispiel den typischen Ablauf der Rehabi-
wiederhergestellten körperlichen Voraussetzungen litation: Sportler werden medizinisch und physio-
134 Kapitel 9 · Mentales Training in der Rehabilitation
therapeutisch behandelt und betreut, sodass von Phänomen gerne mit den Worten: »Der Kopf spielt
dieser Seite her bestmögliche Bedingungen für den noch nicht mit!«
Wiedereinstieg in den Sportalltag geschaffen wer- Selbstverständlich haben somatische Faktoren
den. Je einschneidender das individuelle Verlet- bzw. die medizinische Versorgung einen hohen
zungserleben war, umso problematischer gestaltet Stellenwert, der nicht in Frage gestellt wird: Es
sich die psychische Verarbeitung (7 Beispiel 9.1). wird auch häufig davon gesprochen, wie wichtig
Wird sie – wie in Claudio Sulsers Beispiel – völlig der mentale Bereich für die Genesung und die
vernachlässigt, kann es nicht überraschen, wenn Leistungserbringung sei, in der Praxis wird er je-
die Psyche in der Folgezeit die sportliche Hand- doch selten genauso systematisch und konsequent
lung hemmt. in die Versorgung einbezogen. Aktive Maßnah-
men zur psychischen Rehabilitation werden kaum
> Psychische Prozesse müssen im Rehabilita-
ergriffen. Bleibt dann das erwartete Anknüpfen
tionsprozess berücksichtigt werden.
an frühere Leistungen aus, werden die sportlichen
Rehabilitanden schnell als labil und nicht belastbar
Beispiel 9.1: Sturz eines Skispringers bezeichnet und müssen mitunter in der Folgezeit
Ein international erfolgreicher Skispringer zieht sich mit diesem Ruf leben. Der Genesungsprozess vie-
bei einem schweren Sturz mit kurzzeitiger Bewusst- ler prominenter Sportler wurde auf diese Weise in
losigkeit mehrere Knochenbrüche und Prellungen zu. der Öffentlichkeit diskutiert.
Dank intensiver medizinischer, krankengymnastischer Unter Umständen verhindert auch das sport-
und sportphysiotherapeutischer Betreuung kann er lich-soziale Umfeld ein reibungsloses Comeback.
9 nach einigen Monaten die Rehabilitationseinrichtung Anfangs ist das Verständnis von Trainern, Be-
verlassen und mit dem Aufbautraining beginnen. treuern, Mannschaftskollegen und Sponsoren bei
Einer Fortsetzung der Karriere steht scheinbar nichts auftretenden Schwierigkeiten nach Verletzungs-
mehr im Wege, was aufgrund eines Mangels an beruf- pausen meist recht groß, kann jedoch schnell in
lichen Alternativen auch sein Ziel ist. Unverständnis und Ungeduld umschlagen. Daraus
Trotzdem schafft er es nicht mehr, konstant an wiederum können Folgeprobleme entstehen.
frühere Leistungen anzuknüpfen. Später beschreibt Da viele Athleten ihr Selbstbewusstsein über
er seine durch den Sturz und die Verletzung auf- ihre (körperliche) Leistung oder Leistungsfähigkeit
getretenen Unsicherheiten und Ängste, die ihm definieren, haben sie nach überstandener Verlet-
insbesondere auf größeren Schanzen und bei Wett- zung die doppelte Schwierigkeit, bei vermindertem
kämpfen zusetzen. Letztlich führen Frustration und Selbstwertgefühl sportliche Leistungen erbringen
Resignation zum Rückzug aus dem Leistungssport, zu müssen, denen sie sich ohnehin noch nicht ge-
obwohl seine körperlichen Voraussetzungen ihm wachsen fühlen. Selbstzweifel können sich verstär-
noch etliche Jahre in diesem Sport erlaubt hätten. ken, die erwartete Leistung bleibt aus.
> Unglücklicherweise gibt es auch Trainer, die
Gerade wenn die Sportverletzung bei der Aus-
ihren Sportlern in der Rehabilitationszeit
übung von Risikosportarten erfolgt ist (z. B. Ski
bewusst oder unbewusst ein Gefühl der Wert-
alpin, Skispringen oder Motorsport) und Sport-
losigkeit vermitteln.
ler erfahren müssen, dass das Überschreiten ei-
ner gewissen Grenze schmerzhaft und gefährlich Insbesondere im professionellen und semipro-
sein kann, bedeutet es eine besondere Herausfor- fessionellen Mannschaftssport ist zu beobachten,
derung, nach erfolgter physischer Rehabilitation dass den Sportlern erst dann die entsprechende
wieder an die Höchstleistung anzuknüpfen und Aufmerksamkeit zuteil wird, wenn sie wieder
sich damit auch wieder der Grenze zwischen ext- »funktionieren«. Man könnte ja annehmen, dass
remer Höchstleistung auf der einen Seite und Sturz diese Nichtbeachtung die Motivation des Spielers
und Verletzung auf der anderen Seite zu nähern. fördere, bald wieder dabei sein zu wollen. Dass
Nicht selten stören dann Ängste oder Blockaden diese Methode in Ausnahmefällen tatsächlich
den Bewegungsablauf. Trainer beschreiben dieses den gewünschten Effekt erbracht hat, ist durch-
9.2 · Mentales Training in der Rehabilitation nach Sportverletzungen
135 9
aus möglich. Sportler, die sich durch ein solches Trainings in der Rehabilitation nach Sportverlet-
Trainerverhalten zu verstärkten Rehabilitationsbe- zungen geht es nicht nur um eine möglichst ef-
mühungen anhalten lassen, sind jedoch kaum von fektive Bewegungsoptimierung. Durch die aktive
der Idee geleitet, bald wieder gesund zu werden, Beteiligung des Sportlers am psychischen Reha-
sondern wollen um beinahe jeden Preis möglichst bilitationsprozess soll der Athlet auch psychisch
schnell wieder dabei sein. Der nötige Rehabilita- gestärkt aus dieser kritischen Phase hervorgehen.
tionsprozess wird so unter Umständen verkürzt Da psychische Probleme nach Verletzungen nach-
– mit dem Risiko einer erhöhten Wiederverlet- haltige Effekte auf den Genesungsprozess und die
zungsgefahr oder eines späteren Schadens. weitere Leistungsfähigkeit haben, werden sie im
Unter derartigen Bedingungen ist eine gezielte, Folgenden kurz beschrieben.
umfassende Rehabilitation nicht nur erschwert,
sondern fast unmöglich. In der Zusammenarbeit
mit verletzten Athleten wird dann deutlich, dass 9.2.1 Belastungsreaktionen
die eigentliche Belastung nicht die Verletzung ist, verletzter Sportler
sondern die eigene Ungeduld und das fordernde
Umfeld, das vom Rehabilitanden den zweiten Wie bereits erwähnt, ist es nicht selten der Fall,
Schritt vor dem ersten verlangt. dass nach Sportverletzungen der ursprüngliche
Effektive Rehabilitation setzt eine ganzheitliche Leistungszustand nicht wieder erreicht werden
Sichtweise voraus – Körper und Geist müssen pa- kann, obwohl die körperlichen Voraussetzungen
rallel genesen. Die psychische Rehabilitation ver- dafür eigentlich längst wieder gegeben sind. Bei
letzter Athleten ist nicht vom Gesamtgenesungs- der Zusammenarbeit mit verletzten Athleten hat
prozess zu isolieren. Zunehmend wird von allen sich gezeigt, dass nicht die körperliche, sondern
an der Rehabilitation beteiligten Personen der die psychische Komponente in solchen Situationen
Wunsch nach qualifizierter sportpsychologischer die wesentliche Belastung darstellt.
Unterstützung geäußert. Diese Unterstützung ist
jedoch nicht ausschließlich an psychologisch ge- »Ich habe während Jahren meine Sportart ausgeübt,
schultes Fachpersonal zu delegieren: Neben dem ohne zu überlegen, dass ich auch einmal verletzt
Sportpsychologen kann auch der betroffene Sport- werden könnte. Ich dachte wie die meisten Auto-
ler selbst aktiv werden, und Mediziner, Trainer, mobilisten in Bezug auf Verkehrsunfälle: Es passiert
Physiotherapeuten und das soziale Umfeld können immer den anderen. Ich empfand es als selbstver-
und sollten hier ihren spezifischen Beitrag leisten. ständlich, praktisch jeden Tag zu trainieren, um dann
Weiss und Troxel (1986) bringen das grundlegende irgendwo in der Schweiz oder im Ausland ein Spiel
Prinzip der Rehabilitation auf den Punkt: »Treat bestreiten zu können. Plötzlich ist das, was gestern
the person, not only the injury.« selbstverständlich war, heute nicht mehr möglich.
Die psychische Rehabilitation muss daher als Man ist mit einer neuen, unvorhergesehenen Situ-
Teil des zielgerichteten, geplanten und kontrollier- ation konfrontiert … Es entsteht zuerst ein psycho-
ten Rehabilitationsprozesses verstanden werden. logisches Problem: das psychische Bewältigen der
Ziel ist es, durch das Training psychischer Fer- Verletzung.« (Sulser, 1985, S. 144)
tigkeiten – hier: Mentales Training – und durch
die Beachtung sozialer Faktoren ein besseres Der Artikel von Sulser ist eine der wenigen
Rehabilitationsergebnis und einen schnelleren deutschsprachigen Publikationen zu den mentalen
Wiedereinstieg in Training und Wettkampf zu er- Problemen verletzter Sportler. Dem Fußballprofi
reichen. machten in seiner fünfmonatigen Genesungszeit
Bevor der Einsatz des Mentalen Trainings in Motivationsprobleme und ein aus Mangel an kör-
der Rehabilitation verletzter Sportler vorgestellt perlicher Betätigung resultierendes Gefühl der
wird, soll zunächst auf mögliche psychologische Unzufriedenheit am meisten zu schaffen. Neben
Probleme in der Rehabilitation aufmerksam ge- den Ausführungen von Sulser liegen auch wissen-
macht werden. Denn beim Einsatz des Mentalen schaftliche Untersuchungen zu den psychischen
136 Kapitel 9 · Mentales Training in der Rehabilitation
. Tab. 9.1 Verschiedene Befunde zu Belastungsreaktionen nach Sportverletzungen (nach Hermann & Mayer, 2003)
Patienten einer sport- 121 Negative Stimmung, negatives Brewer et al. (1995)
medizinischen Klinik Selbstbild
Junioren (C-Kader) Leicht- 51 Fehlende Verarbeitung von Ängsten Bussmann & Alfermann
athletik begünstigt Drop-out (1990)
Athleten aus 10 Sportarten 343 Erhöhte Depressionsrate, vermin- Leddy et al. (1996)
dertes Selbstvertrauen
Athleten aus 25 Sportarten 136 Kein Vertrauen in die eigene Stärke, Quinn & Fallon (1999)
negative Emotionen
Athleten aus 4 Sportarten 10 Negative Selbstgespräche, negative Weiss & Troxel (1986)
Emotionen, psychosomatische Be-
schwerden
Person
- Alter
- Persönlichkeitsmerkmale
- Status
- Stellenwert
- Verletzungsvorerfahrungen
Belastungs-
reaktion
Sportverletzung
. Abb. 9.1 Beeinflussende - Schwere
Faktoren der psychischen - Ursachen
Situation/Sportart
Belastungsreaktion (aus Her- - Schmerz
- Sportart
mann & Eberspächer, 1994) - Saisonzeitpunkt
9
Kann aufgrund eines Sportschadens die sport- der Unsicherheit, des Kontrollverlusts und der
liche Leistungsfähigkeit nicht mehr erreicht wer- Angst vor Wiederverletzung.
den, sodass der jeweilige Sport sogar ganz aufge-
geben werden muss, sind in Einzelfällen schwer- Schmerz. Die individuelle Schmerzschwelle und
wiegende psychische Probleme zu beobachten. Schmerztoleranz variieren von Person zu Person.
Die Inanspruchnahme einer psychotherapeuti- Die Schmerzschwelle ist vom Einzelnen kaum
schen Beratung sollte dann in Betracht gezogen beeinflussbar und als angeborenes Merkmal zu
werden. verstehen. Beeinflussbar sind hingegen Schmerz-
toleranz und Schmerzempfinden. Die Schmerz-
Ursachen der Verletzung. Die individuelle Ursa- toleranz wird als erlernte und damit auch verän-
chenzuschreibung für die Entstehung der Verlet- derbare Komponente im Schmerzgeschehen an-
zung spielt eine wichtige Rolle für die psychische gesehen. Die wahrgenommene Schmerzintensität
Belastung in der Rehabilitation. Die Reaktionen hängt – vor allem bei geringeren Schmerzen – von
sind abhängig davon, ob die Verletzungsursache der Aufmerksamkeit ab, die man dem Schmerz
bekannt oder unbekannt und ob die Verletzung widmet. Insbesondere dieser letzte Punkt ist in der
selbst- oder fremdverschuldet ist. Rehabilitationszeit von besonderer Bedeutung.
> In der Praxis ist oftmals zu beobachten, dass > Da verletzte Sportler durch den Verletzungs-
das Wissen um die Ursache und um das ei- eintritt, die noch nicht gesicherte vollstän-
gene Fehlverhalten zu weniger starken psy- dige Genesung und eventuell durch die
chischen Reaktionen führt, da ein Gefühl der Unklarheit der Zukunftsperspektive (z. B.
Kontrolle und der Eigenverantwortlichkeit bei unklare Mannschaftszugehörigkeit nach der
dem Verletzten bestehen bleibt. Rehabilitation) verunsichert sind, verstärkt
sich oft die Aufmerksamkeit für die eigenen
Der Sportler glaubt daher eher, eine Wiederver-
körperlichen Empfindungen.
letzung aktiv vermeiden zu können. Bei fremd-
verschuldeten Verletzungen oder unklarer Verlet- Aus dieser verstärkten Aufmerksamkeit resultiert
zungsursache verstärken sich dagegen oft Gefühle eine gesteigerte Schmerzsensibilität der Betroffe-
9.2 · Mentales Training in der Rehabilitation nach Sportverletzungen
139 9
Bedrohung den Situation wie der Rehabilitation mit erhöhter
Schmerzempfindlichkeit, Schmerzäußerungen so-
wie mit negativen Emotionen reagieren. Das wirkt
Angst sich insbesondere auf den wahrgenommenen Ge-
Schmerz
nesungsfortschritt und die Rehabilitationsmotiva-
tion aus.
Problematisch wird der operante Schmerz auch
im Mentalen Training nach Sportverletzungen:
Schmerz- Schmerzempfindungen, verminderte Schmerzto-
wahrnehmung Schmerz-
sensibilität
leranz sowie Unsicherheiten und Ängste können
erhöht
erhöht dazu führen, dass sich die Rehabilitanden nicht in
der Lage fühlen, sich die entsprechenden Handlun-
gen und Bewegungen vorzustellen. Ein behutsames
Eigen-
beobachtung Vorgehen der Therapeuten und Trainer und die
anfängliche Inkaufnahme nur kleiner Fortschritte
. Abb. 9.2 Kreislauf der Schmerzsensibilität (aus Hermann & können bei diesen Rehabilitanden symptomver-
Eberspächer, 1994) schlimmernde und rehabilitationshemmende psy-
chische Reaktionen reduzieren.
Leistungs-
fähigkeit
pf n n g
g
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r
Vo
W
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lich tion
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Re
-
tions
. Abb. 9.3 Einsatz des bilita
Reha bereitungions-
r
vo abilita t
Mentalen Trainings in un- eh
Akut- und R findung
terschiedlichen Rehabilitati- phase
Zeit
onsphasen (aus Hermann & Verletzung/ Wiederaufnahme des Wettkampftätigkeit
Eberspächer, 1994) Operation sportartspezifischen Trainings
Positives Selbstgespräch
Positive Einstellung
Willensstärke Sportphysiotherapie/
Selbstvertrauen Krankengymnastik
Erfolgreich
Realistische Zielsetzung rehabilitierender
Emotionale Ausgeglichenheit Medizinerverhalten
Sportler
Vertrauen zum Arzt
Wissen über Behandlung Unterstützung durch
Mentales Training andere Personen
Entspannungstraining
Compliance
. Abb. 9.4 Merkmale erfolgreicher Rehabilitanden (aus Hermann & Eberspächer, 1994)
rierte Interviews gewonnen, anschließend inhalts- erklären sein: Wer das Gefühl hat zu wissen, wa-
analytisch ausgewertet und zu Hauptkategorien rum welche Maßnahmen ergriffen werden, steht
zusammengefasst (. Abb. 9.4). dem Gesamtprozess offener gegenüber, erlebt sich
Auffallend ist, dass die Mehrzahl der Nennun- seltener als hilflos und fühlt sich dem Geschehen
gen Faktoren wie positive Einstellung, Willens- nicht ausgeliefert.
stärke, Mentales Training und das Wissen über die In einer aktuellen Meta-Analyse von Schwab
Behandlungsinhalte betraf, die vor allem der Ei- Reese, Pittsinger und Yang (2012) wurde die Effek-
geninitiative der Rehabilitanden zuzuordnen sind. tivität verschiedener psychologischer Interventio-
Das Arztverhalten, die Unterstützung seitens der nen auf die Rehabilitation nach Sportverletzung
Familie und des sportlichen Umfelds (Teamkolle- untersucht. Insbesondere das Mentale Training in
gen, Trainer, sonstige Betreuer) sowie begleitende Kombination mit Entspannungstechniken zeigte
sportphysiotherapeutische/krankengymnastische dabei deutliche Effekte auf die Verbesserung der
Maßnahmen sind hingegen eher als externe Fak- Krankheitsbewältigung und Reduzierung der
toren einzustufen. Angst vor Wiederverletzung.
Beinahe alle Athleten glaubten, dass ihre ei- Im Folgenden soll die Anwendung des Men-
gene positive Einstellung maßgeblich zu ihrer Ge- talen Trainings in der Rehabilitation nach Sport-
nesung beigetragen hatte. In diese Kategorie fallen verletzungen dargestellt werden. Dabei steht die
Aussagen wie »Ich habe keine Wunder erwartet, Vorgehensweise nach Hermann und Eberspächer
aber konsequent mitgearbeitet« oder auch »Ich (1994) im Mittelpunkt.
wusste, dass ich Geduld haben muss und es dann
auch schaffen werde, wieder Leistungssport zu
treiben«. »Ich habe mich nie aufgegeben!« ist eine 9.2.5 Mentales Training in der
der typischen Aussagen für Willensstärke in der Rehabilitation verletzter
Rehabilitation. Leistungssportler
Einer aktiven Bewältigung der Situation ent-
sprechend, wurden auch die eigenen Bemühungen, Hermann und Eberspächer (1994) entwickelten das
etwas über die Behandlung und die Wirkung der Mentale Training, wie es im Hochleistungssport
einzelnen Maßnahmen zu erfahren, als genesungs- etabliert ist, als psychologisches Trainingsverfah-
unterstützend eingestuft. Dies dürfte vor allem mit ren für die Rehabilitation verletzter Spitzensportler
einem Gefühl der Kontrolle über die Situation zu weiter, mit dem Ziel, die Rehabilitation effektiver
144 Kapitel 9 · Mentales Training in der Rehabilitation
zu gestalten und den Wiedereinstieg in den Trai- des Sports mit sich. Zudem können Blockaden bei
nings- und Wettkampfalltag zu optimieren. praktischen Übungen im Aufbautraining beseitigt
Mentales Training bietet nach Hermann und werden.
Eberspächer (1994) für alle Sportarten die Mög-
lichkeit, einzelne Techniken, kurze Bewegungsse- Emotions- und Schmerzbewältigung. Beste-
quenzen und komplexe Übungen in der Rehabi- hende Ängste, Unsicherheiten und Spannungen
litation zu stabilisieren und zu optimieren. Auch können über entspanntes geistiges Durchspielen
das Neulernen und Umlernen von Bewegungen einer korrekten Bewegungsausführung gemil-
während der Rehabilitationszeit kann durch Men- dert, eventuell sogar beseitigt werden (vgl. auch
tales Training unterstützt werden. Monsma et al., 2009). Auch Schmerzen und die
Angst vor Schmerzen lassen sich auf diese Weise
Tipp I I verringern (Cupal & Brewer, 2001).
Mentales Training scheint ein ideales Verfahren
für die Rehabilitation zu sein, da Motivationssteuerung. Bewährt hat sich das
4 Bewegungen trainiert werden können, Mentale Training auch als (ergänzende) Maß-
ohne die verletzten Strukturen zu belasten, nahme, wenn das praktische Training noch nicht
4 trainingsfreie Zeit somit sinnvoll genutzt möglich ist oder noch nicht wieder in vollem Um-
werden kann, fang aufgenommen werden kann.
4 neben der Bewegungsoptimierung auch > Die Erfahrung, in einer verletzungsbeding-
verletzungsbedingte Ängste bei der Be- ten Pause aktiv etwas für die Wiederge-
9 wegungsausführung abgebaut werden winnung oder Aufrechterhaltung der Leis-
können und Motivationsproblemen und tungsfähigkeit tun und sich dabei mit seiner
Niedergeschlagenheit entgegengewirkt Sportart beschäftigen zu können, wird von
werden kann, verletzten Athleten als besonders motivie-
4 es das Aufbautraining in der frühen Reha- rend für den weiteren Rehabilitationsprozess
bilitation optimieren und den sportlichen beschrieben.
Wiedereinstieg in Training und Wettkampf
erleichtern kann. Im Folgenden wird zunächst das Mentale Trai-
ning für sportartunspezifische Übungen im Auf-
bautraining der frühen Rehabilitation vorgestellt
Folgende Hauptziele des Mentalen Trainings in der (. Abb. 9.5). Darauf aufbauend wird das Mentale
Rehabilitation können unterschieden werden: Training für Einzeltechniken und schließlich das
4 Bewegungsoptimierung, Mentale Training für komplexe Bewegungsfolgen
4 Emotions- und Schmerzbewältigung, besprochen. In dieser Form kann das Mentale
4 Motivationssteuerung. Training bis zum Wiedereinstieg in Training und
Wettkampf angewandt werden.
Bewegungsoptimierung. Primär wird das Men-
tale Training in der Rehabilitation nach Sport-
verletzungen zum Erlernen, Umlernen, Stabili- 9.2.6 Praxis des Mentalen Trainings
sieren und Optimieren einzelner oder komplexer für sportartunspezifische
Bewegungsabläufe zu verschiedenen Zeitpunkten Übungen im Aufbautraining
im Rehabilitationsprozess eingesetzt. Es über-
nimmt damit eine Überbrückungsfunktion in trai- Das Mentale Training für sportartunspezifische
ningsfreien Zeiten und in Phasen, in denen das Übungen bietet sowohl bei Übungen, die an Se-
sportartspezifische Training noch nicht in vollem quenztrainingsgeräten durchgeführt werden, als
Umfang wieder aufgenommen werden kann. Ins- auch bei Übungen ohne apparative Unterstützung
besondere seine stabilisierende Wirkung bringt wertvolle Hilfe. Wird das Aufbautraining vom
Langzeiteffekte für eine leichtere Wiederaufnahme Sportler allein durchgeführt, sollte zunächst der
9.2 · Mentales Training in der Rehabilitation nach Sportverletzungen
145 9
Mentales Training
in der Rehabilitation
sportart- komplexe,
unspezifische Übungen sportartspezifische . Abb. 9.5 Einsatzmöglichkei-
im Aufbautraining Bewegungsfolgen ten des Mentalen Trainings in
sportart- der Rehabilitation nach Sport-
spezifische verletzungen (aus Hermann &
Einzeltechniken Eberspächer, 1994)
behandelnde Arzt oder Physiotherapeut bezüglich Zur Generierung der Bewegungsvorstellung von
möglicher Gefahren befragt werden. Basisbewegungen (wie z. B. Extension und Flexion
des Kniegelenks) werden zwei Vorgehensweisen
Aufbau einer Bewegungsvorstellung empfohlen:
Beim Mentalen Training für sportartunspezifische 4 der spiegeltherapeutische Ansatz oder
Übungen geht es häufig darum, die Entwicklung 4 die praktische Durchführung mit der nicht
von Basisbewegungen (z. B. Extension und Fle- betroffenen Seite (kontralaterales Training).
xion im Kniegelenk) zu unterstützen. Dabei sollte
die aktuell bestmögliche Durchführung der Bewe- Spiegeltherapie. Die Spiegeltherapie ist ein Verfah-
gung genauso Gegenstand des Mentalen Trainings ren, das von Ramachandran (z. B. Ramachandran &
sein wie die angestrebte Zielbewegung. Sind also Blakeslee, 2002) beschrieben und ursprünglich zur
beispielsweise im Kniegelenk aktuell maximal 75° Therapie von Phantomschmerzen nach Amputation
Flexion schmerzfrei durchführbar, dann sollte sich entwickelt wurde. Bei der Spiegeltherapie sitzt der
das Mentale Training auf diesen Bewegungs-Range Patient so vor einem rechtwinklig zum Körper ste-
beziehen, doch der Patient sollte auch aufgefordert henden Spiegel, dass das amputierte, kranke, ge-
werden, sich eine maximal mögliche Kniebeugung lähmte oder immobilisierte Körperteil hinter dem
vorzustellen. Spiegel und das gesunde Körperteil vor dem Spiegel
Im Wesentlichen orientiert sich der Ablauf platziert wird. Durch diese Spiegelanordnung sieht
des Mentalen Trainings für sportartunspezifische es für den Patienten so aus, als sei die Spiegelung des
Übungen an der in 7 Kap. 8 vorgestellten Vorge- gesunden Körperteils die kranke, amputierte, ge-
hensweise. Da der verletzte Sportler die Bewegung lähmte oder immobilisierte Extremität.
oft nicht praktisch durchführen kann (Schmerz, Mithilfe des Spiegels soll die perfekte Illusion
Immobilisation o. Ä.), sind einige Modifikationen einer gesunden Extremität erzeugt werden: Der
notwendig. Patient blickt in den Spiegel und realisiert im Ideal-
fall zwei »gesunde« Extremitäten (Schwarzer et al.,
Tipp I I 2007). So können im Rahmen der Spiegeltherapie
Wenn Basisbewegungen praktisch durchführ- die krankheitsbedingt veränderten Verarbeitungs-
bar sind, sollten praktische Bewegungsausfüh- prozesse im Gehirn positiv beeinflusst und letzt-
rung und Mentales Training im Wechsel erfol- lich eine adäquate Bewegungsrepräsentation und
gen, sodass die Bewegungsvorstellung immer damit auch eine Bewegungsvorstellung aufgebaut
an den Rehabilitationsfortschritt angepasst werden (Fukumura et al., 2007). Der beeinträch-
werden kann. tigte Kreislauf von motorischer Intention, pro-
priozeptivem Feedback und visuellem Eindruck soll
nach Schwarzer et al. (2007) wiederhergestellt wer-
den (. Abb. 9.6).
146 Kapitel 9 · Mentales Training in der Rehabilitation
Rehabilitation nach
Sportverletzung
werden. Dieses Vorgehen deckt Fehler- und Stör- von vergleichbaren Sportlern (vergleichbare Tech-
quellen frühzeitig auf und verhindert, dass ein nik, vergleichbare Konstitution etc.) eingesetzt
fehlerhafter Bewegungsablauf gelernt wird. werden.
Auch wenn die Bewegung aufgrund der Ver-
letzung, auftretender Schmerzen oder bestehender Tipp I I
Bewegungseinschränkungen noch nicht praktisch Auch bei gesunden Sportlern sollten bewe-
durchgeführt werden kann, sollte sich der Sport- gungsbezogene Videosequenzen regelmäßig
9 ler beim Mentalen Training immer die optimale Bestandteil des Trainings sein – dann steht auch
Zielbewegung vorstellen (selbst wenn zum gegen- nach einer Verletzung geeignetes Videomaterial
wärtigen Zeitpunkt vielleicht noch nicht sicher ist, zur Verfügung.
ob die Bewegung überhaupt wieder durchführbar
sein wird). Hier unterscheidet sich das Vorgehen
vom Mentalen Training der sportartunspezifischen Bei der Videobeobachtung wird der Sportler auf-
Basisbewegungen. Während das Mentale Training gefordert, die Aufnahme intensiv zu betrachten
dort insbesondere zur Bewegungsbahnung einge- und im Anschluss die Bewegung aus der Innen-
setzt wird, gilt es beim Training von Einzeltechni- perspektive unter Einbezug von möglichst viel ki-
ken bereits bestehende (Ziel-)Bewegungsabläufe zu nästhetischer Bewegungsinformation ablaufen zu
stabilisieren. Auch wenn diese Bewegungsabläufe lassen.
unter Umständen neu erlernt werden müssen oder
mussten, sollte immer die optimale Zielbewegung Variieren lassen sich
vorgestellt werden. 4 die Perspektive der Betrachtung (von vorn,
von der Seite, von hinten),
Bewegungsbeschreibung durch 4 die Bewegungsgeschwindigkeit (Realgeschwin-
Videobeobachtung konkretisieren digkeit, Zeitlupe) sowie
und differenzieren 4 der Kontext, in dem die Bewegung stattfindet
Beim Videotraining sollten dem Sportler mehrere (Training, Wettkampf, mit/ohne Gegnerein-
Aufzeichnungen von optimalen Ausführungen der fluss).
Zielbewegung zur Verfügung stehen. Ideal ist es,
> Es ist wichtig, dass keine Videoaufzeichnun-
wenn mehrere Perspektiven (von vorn, von der
gen von Bewegungsfehlern oder von Miss-
Seite, von hinten) betrachtet werden können. Dies
erfolgen betrachtet werden.
erleichtert es dem Sportler, auch in längeren Ver-
letzungspausen eine differenzierte Bewegungsvor- Die Konkretisierung und Differenzierung der Be-
stellung aufrechtzuerhalten. wegungsbeschreibung durch die eigene praktische
Ist vom verletzten Sportler keine Videoauf- Durchführung ist häufig in dieser Phase der Reha-
zeichnung verfügbar, können auch Aufnahmen bilitation noch nicht möglich.
9.2 · Mentales Training in der Rehabilitation nach Sportverletzungen
149 9
Erarbeitung von Knotenpunkten – Befürchtungen konfrontiert. So sorgen sich bei-
Reduzierung der Knotenpunkte auf spielsweise Eiskunstläufer, Tänzer, Turner, Kunst-
Schlagwörter – Rhythmisierung der radfahrer und Rhythmische Sportgymnastinnen
Schlagwörter um ihre Kür oder ihr Programm. Motorsportler
Vergleichbar mit den oben vorgestellten Durch- und Skiabfahrtsläufer sehen entscheidende Nach-
führungsmodalitäten des Mentalen Trainings wer- teile für sich erwachsen, weil sie spezielle Renn-
den die wichtigen Phasen der Bewegung als Kno- strecken verletzungsbedingt nicht häufig genug
tenpunkte festgehalten und symbolisch markiert, trainieren können. Andere Athleten glauben ihre
d. h., sie werden in individuelle Kurzformeln um- Variabilität in Gefahr, weil sie nicht genügend Al-
benannt und dem Bewegungsrhythmus angepasst. ternativen zu ihrem taktischen Standardvorgehen
Auf diese Weise soll die Vorstellung der Dynamik trainieren können, so Kampfsportler oder Sport-
und dem zeitlichen Ablauf der Realbewegung an- ler aus Rückschlagspielen (z. B. Tennis, Squash,
genähert werden. Badminton) oder Spielsportarten (z. B. Fußball,
Handball, Basketball).
Mentales Training
> Das Mentale Training komplexer Bewe-
Beim Mentalen Training ist auf die Intensität und
gungsfolgen bietet die Möglichkeit, Bewe-
Lebhaftigkeit der Vorstellung besonderer Wert zu
gungsabläufe weitgehend verfügbar zu
legen.
erhalten, zu stabilisieren, eventuell sogar
einzelne Anteile zu optimieren. Darüber hin-
Tipp I I aus können Grundlagen für neue komplexe
Eine Einheit des Mentalen Trainings sollte nicht Bewegungen (Entwurf einer neuen Kür, eines
länger dauern als ca. 10 Minuten, da danach neuen Programms, einer neuen Spieltaktik)
erfahrungsgemäß die notwendige Konzentra- gelegt werden.
tion nachlässt. Es ist dann besser, eine größere
Pause von mehreren Stunden einzulegen oder Voraussetzungen und Vorgehensweisen des Men-
erst am nächsten Tag eine weitere Übung talen Trainings komplexer Bewegungsfolgen sind
durchzuführen. Prinzipiell kann dies jedoch identisch mit den bereits für das Training von Ein-
– unter der Voraussetzung regelmäßigen Trai- zeltechniken dargelegten Schritten (7 Kap. 9.2.7).
nierens – der Entscheidung des Rehabilitanden Gerade für verletzte Spielsportler eignet sich
bzw. Sportlers überlassen bleiben. das Mentale Training komplexer Bewegungs-
folgen, um die Taktikvorgaben unter vielfältigen
Bedingungen durchzuspielen oder um neue Tak-
> Eine gute Qualität von bewegungsunter- tikkonzepte zu automatisieren. Wie in ▶ Kap. 8
stützenden Vorstellungen erreicht man am dargestellt, bietet es sich an, verschiedene Kom-
besten im ausgeruhten, frischen Zustand. plexitätsstufen zu trainieren (z. B. Taktik ohne
Gegner, mit passivem Gegnerverhalten, mit akti-
vem Gegnerverhalten, mit aggressivem Gegner-
9.2.8 Praxis des Mentalen Trainings verhalten, mit unterschiedlicher Aufstellung der
komplexer Bewegungsfolgen eigenen und der gegnerischen Mannschaft). Dies
ist gerade für einen verletzten Spielsportler eine
Für viele Sportler ist die Rehabilitationszeit des- unter Umständen entscheidende Hilfe beim Wie-
halb so problematisch, weil sie Sorge haben, dereinstieg in den Trainingsalltag. Er hat dann
sich nach Beendigung des Genesungsprozesses nicht nur das Taktikkonzept gelernt, sondern
nicht mehr in ausreichendem Maß an komplexe durch das Mentale Training kann auch die Auto-
Abläufe, an technisch-taktische Vorgaben und matisierung der Bewegung beschleunigt und ein
Anforderungen zu erinnern und dadurch weit unangemessenes taktisches Verhalten beim Wie-
zurückgeworfen zu werden. In der sportpsycho- dereinstieg in das sportspezifische Training ver-
logischen Praxis wird man häufig mit solchen mieden werden.
150 Kapitel 9 · Mentales Training in der Rehabilitation
9.2.9 Wirksamkeit des Mentalen bilitation am meisten geholfen habe, nannte die
Trainings in der Rehabilitation schnelle Gruppe vor allem persönliche Verantwor-
nach Sportverletzungen tung, Zielsetzung, soziale Unterstützung, positive
Einstellung und Mentales Training. Die langsamen
Das Mentale Training in der Rehabilitation nach Rehabilitanden empfanden in erster Linie externe
Sportverletzungen bietet somit in allen Rehabili- Maßnahmen wie die Physiotherapie als unterstüt-
tationsphasen (. Abb. 9.3) dem verletzten Sportler zend. Sie äußerten zudem die Meinung, dass sie
die Möglichkeit, die Rehabilitationszeit aktiv zur ohnehin kaum selbst Einfluss auf ihre Genesung
Aufrechterhaltung der eigenen Leistungsfähigkeit nehmen könnten, und gaben im Vergleich zur
zu nutzen. Darüber hinaus sind die oben beschrie- schnellen Gruppe auch eine stärkere Angst vor
benen Begleiteffekte hinsichtlich der Emotionsbe- Wiederverletzung an.
wältigung (z. B. Umgang mit Ängsten, systemati- Marcolli (2001, 2002) untersuchte in seinen
sche Desensibilisierung; s. oben) sowie der Mo- Studien den Stellenwert und den Nutzen eines psy-
tivationsförderung nicht zu unterschätzen. Dies chologischen Trainingsprogramms (u. a. Mentales
bestätigen auch die Ergebnisse mehrerer Untersu- Training) in der Rehabilitation nach Sportverlet-
chungen. zungen.
An seiner Längsschnittuntersuchung (Mar-
Studien colli, 2001) nahmen 40 verletzte Sportler teil.
Ievleva und Orlick (1991) untersuchten mit qua- Die Probanden wurden in zwei Gruppen – eine
litativen (retrospektive Interviews) und quantita- Interventions- und eine Kontrollgruppe – zu je
9 tiven Methoden (Fragebogen) 32 knöchel- oder 20 Personen eingeteilt. Alle Probanden litten un-
knieverletzte Athleten mit einer durchschnittli- ter Kreuzband-, Patellarsehnen-, Achillessehnen-
chen Genesungszeit von ca. zehn Wochen auf oder Schulterverletzungen und waren operiert
ihre psychologischen Strategien während der Re- worden. Die Rehabilitationsdauer betrug zwischen
habilitation. Sie teilten die Athleten drei Gruppen sechs und acht Monate. Beide Gruppen erlebten
zu: Komplikationen oder Rückschläge, dennoch war
4 schnelle Rehabilitanden (bis zu fünf Wochen die Dauer der Rehabilitation bei der Interventi-
Genesungszeit), onsgruppe geringer als bei der Kontrollgruppe.
4 mittelschnelle Rehabilitanden (fünf bis zwölf Bei einer Verletzung des vorderen Kreuzbandes
Wochen Genesungszeit) und betrug sie in der Interventionsgruppe im Durch-
4 langsame Rehabilitanden (mehr als zwölf schnitt 27,61 Wochen, bei der Kontrollgruppe
Wochen Genesungszeit). 33,53 Wochen.
Darüber hinaus ergab diese Untersuchung,
Auch wenn man bei den folgenden Ergebnissen dass eine psychologisch unterstützte Rehabilita-
die Einschränkung machen muss, dass Perso- tion die medizinische Heilung beschleunigen, den
nen mit kürzerer Rehabilitationszeit retrospektiv Wiedereinstieg in den Wettkampfalltag erleichtern
vieles positiver sehen als jene, die eine längere und angstbedingten Leistungshemmungen oder
Genesungsphase zu durchleben hatten, so sind gar vorzeitigen Karriereabbrüchen entgegenwirken
die Resultate in ihrer Tendenz doch beachtens- kann (Marcolli, 2001).
wert. Bei der Folgeuntersuchung im Jahr 2002 galt
Im Bereich des positiven Selbstgesprächs und das Interesse der Frage, wie die betroffenen Ath-
der realistischen Zielsetzung wichen die Gruppen leten die psychologische Unterstützung rückbli-
statistisch bedeutsam voneinander ab: Diese bei- ckend beurteilten. 20 Athleten, die ein sportpsy-
den Faktoren waren bei den schnellen Rehabili- chologisch begleitetes Rehabilitationsprogramm
tanden am stärksten ausgeprägt. Zusätzlich unter- durchlaufen hatten, wurden in einer retrospekti-
schied sich die schnelle von der langsamen Gruppe ven Nachuntersuchung nach Abschluss ihrer Re-
durch die konsequente Anwendung des Mentalen habilitation abermals befragt. Dabei zeigte sich,
Trainings. Auf die Frage, was ihnen in der Reha- dass Athleten die psychologischen Trainingsfor-
9.3 · Mentales Training in der neurologischen und orthopädischen Rehabilitation
151 9
men und damit auch das Mentale Training als 9.3 Mentales Training in der
umso wertvoller einschätzten, je ambitionierter neurologischen und ortho-
sie ihren Sport betrieben. Profis gewichteten den pädischen Rehabilitation
Nutzen der psychologischen Intervention wäh-
rend der Rehabilitation als nahezu gleichwertig Der vielversprechende Einsatz des Mentalen Trai-
zur Physiotherapie und behielten etliche Elemente nings in der Rehabilitation nach Sportverletzun-
des Mentalen Trainings auch nach Abschluss der gen führt zu der Frage, ob Mentales Training auch
Rehabilitation bei. in der Rehabilitation von Nichtsportlern sinnvoll
einsetzbar ist.
Zusammenfassung der Ergebnisse. Die wich- In der Rehabilitation verletzter Spitzensportler
tigsten Resultate der beschriebenen Studien lassen wird das Mentale Training mit nahezu densel-
sich wie folgt zusammenfassen: ben Durchführungsmodalitäten angewandt wie im
4 Im Rahmen der Rehabilitation nach Hochleistungssport. Ausgangsbasis für diese Über-
Sportverletzungen zeichnen sich schnelle tragbarkeit ist die Äquivalenz der zu trainierenden
Rehabilitanden durch positive Selbstge- Bewegungen, einer sportartspezifischen Bewegung
spräche, eine realistische Zielsetzung und auf hohem bis höchstem technischem Niveau, wie
die regelmäßige Anwendung des Mentalen auch die Äquivalenz der Anwender, nämlich be-
Trainings aus. Die Gruppe der langsamen wegungserfahrene und bewegungsspezialisierte
Rehabilitanden empfand eher äußere Fak- Spitzensportler.
toren (Physiotherapie) als gesundheitsför- Der Versuch, ein im Hochleistungssport zur
dernd. Bewegungsoptimierung etabliertes Verfahren in
4 In der Rehabilitation (nach Kreuzband-, die außersportliche Rehabilitation zu transferie-
Patellarsehnen-, Achillessehnen- oder ren, muss an vielerlei Modifikationen gebunden
Schulterverletzungen mit anschließender sein. Diese Modifikationen orientieren sich haupt-
Operation) konnte die Rehabilitations- sächlich am Anwender des Verfahrens, in diesem
dauer durch ein psychologisches Trainings- Fall am Patienten. So sind die Patienten in der
programm (u. a. Mentales Training) im außersportlichen Rehabilitation in der Regel keine
Vergleich zu einer Kontrollgruppe deutlich Bewegungsspezialisten, vielmehr sind sie körper-
reduziert werden. lich häufig stark eingeschränkt (unter Umständen
4 Außerdem ergab die Untersuchung von mehrfach erkrankt) und sollen keine sportspe-
Marcolli (2001), dass der Wiedereinstieg in zifischen Bewegungen, sondern Bewegungen zur
den Wettkampfalltag durch das psychologi- Bewältigung des Alltags trainieren.
sche Trainingsprogramm erleichtert wurde.
> Vom Hochleistungssportler unterscheidet
4 Die psychologischen Trainingsformen
sich der Rehabilitationspatient insbesondere
wurden als umso wertvoller eingeschätzt,
durch
je ambitionierter die Sportler ihren Sport
4 seine meist schlechtere körperliche Ver-
betrieben.
fassung,
Fazit 4 sein geringeres Bewegungswissen,
4 seine geringere Bewegungserfahrung.
Es ist deutlich geworden, dass der Einsatz von
Mentalem Training in der Rehabilitation nach
Sportverletzungen ein effektives Verfahren zur Be- Rehabilitationspatienten sind Menschen, die häufig
wegungsoptimierung darstellt, das darüber hinaus aufgrund chronisch-degenerativer Erkrankungen
die psychischen Belastungsreaktionen positiv be- operiert wurden oder an einer solchen Erkrankung
einflusst (vgl. Schwab Reese, Pittsinger & Yang, leiden, vielfach verbunden mit Komorbiditäten.
2012). Damit trägt es dazu bei, die Rehabilitations- Auch der Rehabilitationspatient soll in der Reha-
zeit zu verkürzen und den Wiedereinstieg in den bilitation häufig Bewegungen wiedererlernen oder
Trainings- und Wettkampfalltag zu erleichtern. umlernen, die ihm den Alltag oder den Wiederein-
152 Kapitel 9 · Mentales Training in der Rehabilitation
stieg ins Berufsleben erleichtern. Diese Bewegun- gie nach, wobei in den letzten Jahren besonders
gen – z. B. die Gehbewegung – sind in der Regel das Salutogenesemodell von Antonovsky (1997)
hoch automatisiert, und der Patient kann ihren einen entscheidenden Perspektivenwechsel herbei-
technischen Ablauf häufig nicht ohne Weiteres geführt hat. Das Modell orientiert sich an den
nachvollziehen: Auf die Frage, wie denn richtiges Faktoren, die erklären, was den Menschen gesund
Gehen funktioniere, antworten die Patienten oft erhält. Insofern ist es eine Ergänzung zu der sonst
mit »Ein Bein nach dem anderen«, »Links, rechts« üblichen pathogenetischen Perspektive, die eher
oder »Einfach vor«. Im Vergleich zum Hochleis- die Ursachen und Risikofaktoren von Krankheiten
tungssportler – einem Bewegungsexperten – ist in den Mittelpunkt rückt.
der Rehabilitationspatient relativ unwissend, was Die Antwort auf die Frage, was den Menschen
seine Bewegung angeht und verlässt sich auf einge- gesund erhält, liegt dem Salutogenesemodell zu-
schliffene Automatismen, ohne sich Gedanken folge in einem personeninternen Konstrukt, das
über die Bewegungsausführung zu machen. Dabei Antonovsky »Kohärenzsinn« oder »-gefühl« (sense
sind diese Bewegungen oft aufgrund von jahrelan- of coherence) genannt hat. Dieser Kohärenzsinn
ger Vorschädigung und entsprechenden Schmer- wird aus drei Faktoren gebildet:
zen verlernt oder durch Schonhaltungen ersetzt 4 dem Gefühl der Verstehbarkeit (»sense of com-
worden, und der Rehabilitand muss sie teilweise prehensibility«; erklärt, inwieweit ein Mensch
sogar erst (wieder-)erlernen. die Situation, in der er sich befindet, einord-
Nun stellt sich generell die Frage, ob sich ein nen und verstehen kann),
Mensch Bewegungen (hier: Schon- oder Fehlhal- 4 dem Gefühl der Handhabbarkeit (»sense of
9 tungen), die er sich über Jahre hinweg antrainiert manageability«; erklärt, inwieweit jemand ei-
hat, überhaupt während einer kurzen stationä- geninitiativ mit einer Situation umgehen kann,
ren oder ambulanten Rehabilitationsmaßnahme ob Handlungsoptionen bestehen und auch
abgewöhnen kann und ob die erwünschten Be- erkannt bzw. genutzt werden) und schließlich
wegungsmuster so schnell erlernt und stabilisiert 4 dem Gefühl der Bedeutsamkeit oder Sinn-
werden können. haftigkeit (»sense of meaningfulness«), dem
motivationalen Element des Konstrukts, das
> Von zentraler Bedeutung für die Effektivität
schließlich handlungsveranlassend wirkt und
der Rehabilitation ist die Forderung, dass die
in der Regel ein ausgeprägtes Gefühl der Ver-
Therapie über den Zeitraum der Rehabilitati-
stehbarkeit und Handhabbarkeit voraussetzt.
onsmaßnahme hinaus wirken muss.
Handlungs-Ergebnis-Erwartung
Des Weiteren muss zur Handlungsveranlassung Situation
eine positive Handlungs-Ergebnis-Erwartung vor- Selbstwirksamkeit
liegen, was nach Schwarzer (1996) dem Konstrukt
der Kontrollüberzeugung nach Rotter (1971) ent- Handlung Optimismus
spricht. Rotter (1971) spricht von »Kontrollüber- Kontrolle
zeugung«, wenn eine Person stabile Erwartungen
Ergebnis
im Hinblick auf Zusammenhänge zwischen Hand-
lung und Handlungskonsequenzen entwickelt. Instrumentalität
Bezogen auf das Beispiel des Hüftpatienten, der Folgen
selbstständig Treppen steigen soll, muss dem-
6 . Abb. 9.8 Erweitertes kognitives Motivationsmodell (nach
Heckhausen, 1980; zit. nach Rheinberg, 1997/2000)
154 Kapitel 9 · Mentales Training in der Rehabilitation
Für die therapeutische Praxis bedeutet dieser tiativen Umsetzung des Mentalen Trainings auch
Ansatz, dass therapeutische Verfahren erst dann außerhalb des therapeutischen Kontextes führen.
nachhaltig wirken, wenn die therapeutische In- Wird der Patient zu dieser eigeninitiativen Anwen-
tervention für den jeweiligen Patienten versteh- dung des Verfahrens motiviert, erlebt er das Men-
bar, handhabbar und bedeutsam ist. Es erscheint tale Training als bedeutsam bzw. sinnhaft.
plausibel, dass gerade das Mentale Training diesen Noch ist die praktische Anwendung des Men-
Ansprüchen gerecht werden kann und somit eine talen Trainings in der neurologischen und beson-
sinnvolle Ergänzung der Therapieverfahren dar- ders in der orthopädischen Rehabilitation nicht
stellt, mit dem Ziel, eine überdauernde Eigeniniti- ausreichend etabliert (Dickstein & Deutsch, 2007;
ative aufzubauen. Malouin, Jackson & Richards, 2013). In den letz-
ten Jahren wurden jedoch vermehrt Durchfüh-
Verstehbarkeit. Ziel des Mentalen Trainings ist rungsmodalitäten des Mentalen Trainings in der
der Aufbau einer angemessenen Bewegungsvor- Rehabilitation hinsichtlich Effektivität und Effizi-
stellung, die über regelmäßiges und systematisches enz untersucht. Zudem belegen neuere Studien,
Training zu einer differenzierten und stabilen Be- dass auch ältere Personen Mentales Training ef-
wegungsrepräsentation führen soll. Beim Aufbau fektiv durchführen können (Saimpont et al.,
der Bewegungsvorstellung spielt die Wahrnehmung 2013). Erst ab einem Alter von 70 Jahre und älter
der Bewegung (Bewegungsgefühl) eine entschei- reduziert sich die Qualität der Vorstellungsfähig-
dende Rolle. Dies bedeutet, dass Mentales Training keit, was nach Schott (2012) eng mit der Leis-
im Erleben des Patienten, d. h. ausschließlich in tungsfähigkeit Arbeitsgedächtnis zusammenzu-
9 der Wirklichkeit des Patienten stattfindet. Der Pa- hängen scheint.
tient erfährt, dass das Therapieverfahren Mentales In der Regel ist die Optimierung von Alltags-
Training nur durch seine eigene Aktivität lebt – er bewegungen hier Gegenstand des Trainings. Die
muss seine Ansichten und Gefühle, also sein Erle- funktionale Äquivalenz der praktischen Durch-
ben, einbringen und zum Therapiegegenstand ma- führung und Vorstellung von Alltagsbewegun-
chen. So wird Mentales Training für den einzelnen gen wurde bereits untersucht: In einer Studie von
Patienten verstehbar. Szameitat et al. (2006) sollten 15 Versuchsperso-
nen Alltagsbewegungen der oberen Extremitäten
Handhabbarkeit. Da beim Mentalen Training (wie z. B. Essen und Trinken) und des ganzen
Bewegungsvorstellungen eine entscheidende Körpers (wie z. B. Schwimmen) mental trainieren.
Rolle spielen, merkt der Patient, dass sein Erle- Während des Vorstellungstrainings wurden fMRT-
ben und seine Wirklichkeit Austragungsort und Scans der Versuchspersonen angefertigt. Es konn-
damit Mittelpunkt des Therapieverfahrens sind ten die gleichen Aktivierungsmuster festgestellt
und er eigenverantwortlich die Ziele der Therapie werden wie bei den bekannten Untersuchungen
bestimmt. Indem es den Patienten zu frühem ei- zu weniger komplexen Bewegungen, z. B. Finger-
genverantwortlichem Handeln anregt und ihm die Tapping-Übungen (7 Kap. 6).
Möglichkeit bietet, auch außerhalb von Therapie, Diese ersten Hinweise auf eine funktionale
Therapeuten und Institutionen zu trainieren, trägt Äquivalenz der praktischen Durchführung und
Mentales Training entscheidend dazu bei, dass sich Vorstellung von Alltagsbewegungen deuten darauf
der Patient vom therapeutischen Kontext unab- hin, dass das Mentale Training auch für die au-
hängig und als verantwortlich für die eigene Sache ßersportliche Rehabilitation, in der das (Wieder-)
erlebt. Das Gefühl der Handhabbarkeit zeigt sich Erlernen von Alltagsbewegungen im Vordergrund
in der Erfahrung des Patienten, eigeninitiativ am des therapeutischen Interesses steht, eine vielver-
eigenen Ziel arbeiten zu können. sprechende Therapieform sein dürfte.
Im Folgenden sollen die bislang erprobten An-
Bedeutsamkeit. Letztlich soll das Erleben von wendungsmöglichkeiten des Mentalen Trainings
Verstehbarkeit und Handhabbarkeit im Umgang in der neurologischen und orthopädischen Re-
mit dem Mentalen Training zur weiteren eigenini- habilitation dargestellt werden. Zunächst werden
9.3 · Mentales Training in der neurologischen und orthopädischen Rehabilitation
155 9
jeweils das Krankheitsbild an sich und die daraus 2005, S. 1133) und ist in den Industrieländern
resultierenden Schwierigkeiten der Bewegungsop- die dritthäufigste Todesursache. In Deutschland
timierung in der Rehabilitation geschildert, bevor sind jährlich ca. 150.000–200.000 Menschen
das jeweilige Vorgehen sowie die zu erwartende von einem Schlaganfall betroffen (Diener et al.,
Wirkung beschrieben werden. 2004).
Die Folgen eines Schlaganfalls sind abhängig
von der Hirnregion, in der er auftritt, und vom
9.3.1 Mentales Training in der Ausmaß der Zerstörung von Hirngewebe. Meis-
neurologischen Rehabilitation tens treten jedoch zentralmotorische Ausfälle auf,
die sich in einer Lähmung einer Körperhälfte (He-
Schwerpunkt Schlaganfall. Bei der neurologi- miparese), der unteren Extremitäten (Paraparese),
schen Rehabilitation liegt der Schwerpunkt der An- aller Gliedmaßen (Tetraparese) oder einer einzel-
wendung des Mentalen Trainings in der Therapie nen Extremität (Monoparese) widerspiegeln kön-
nach Schlaganfall. Hier gibt es vielfältig erprobte nen. Weiterhin kann es zu Störungen der Merkfä-
Umsetzungsmöglichkeiten und entsprechend viele higkeit, zu Sprach-, Sprech- und Wahrnehmungs-
Evaluationsstudien, die die Wirksamkeit des Men- störungen, Persönlichkeitsveränderungen sowie zu
talen Trainings grundsätzlich bestätigen und be- psychosozialen Störungen kommen (Diener et al.,
stimmte Anwendungsbedingungen untersuchen. 2004).
Daneben wurde Mentales Training im Kontext ei- Das Hauptziel bei der Rehabilitation von
niger weiterer Erkrankungen thematisiert, für die Schlaganfallpatienten ist, die gestörten motori-
in der Regel weit weniger Untersuchungen und schen Funktionen so gut wie möglich wiederher-
Evaluationsstudien vorliegen. zustellen, um die Alltagskompetenz des Patienten
aufrechtzuerhalten bzw. wiederherzustellen.
Weitere Einsatzgebiete. Im Abschnitt »Weitere
neurologische Krankheitsbilder« werden die Mög- > Die Therapie sollte möglichst früh nach Auf-
lichkeiten einer wirksamen Anwendung des Men- treten des Schlaganfalls beginnen, denn die
talen Trainings bei Störung der motorischen Funktion führt zu
4 motorischer Ungeschicklichkeit (Developmen- einem weiteren Nichtgebrauch, der entspre-
tal Coordination Disorder; DCD), chend ungünstige neuronale Folgen nach
4 komplexem regionalem Schmerzsyndrom sich zieht.
(CRPS; Morbus Sudeck),
4 Morbus Parkinson Allerdings ist entgegen der weitverbreiteten An-
4 Chorea Huntington und nahme, dass drei bis sechs Monate nach dem
4 multipler Sklerose Schlaganfall kaum noch Steigerungen der moto-
diskutiert. rischen Kompetenz möglich sind, heute bekannt,
dass auch Patienten, die erst in einer späteren
Schlaganfall Phase der Krankheit rehabilitative Maßnahmen
Unter der Bezeichnung »Schlaganfall« werden fol- erhielten, deutliche Verbesserungen in der Bewäl-
gende Schädigungen subsumiert: tigung der Alltagstätigkeiten und in der Gehleis-
4 zerebraler Insult, tung vorweisen konnten (Hummelsheim & Haupt-
4 Apoplexie, mann, 1998).
4 Hirnschlag, Die therapeutischen Maßnahmen können sich
4 Hirninfarkt. aus diversen physiologischen, psychologischen
und medikamentösen Komponenten zusammen-
Der Schlaganfall ist ein »akut oder perakut auf- setzen. Grundsätzlich können Ansätze aus den in
tretendes klinisches Syndrom mit zentralneuro- der Übersicht im 7 Kasten gelisteten Therapiever-
logischen Ausfällen, verursacht durch eine zereb- fahren zur Anwendung kommen.
rale Durchblutungsstörung oder Blutung« (Berlit,
156 Kapitel 9 · Mentales Training in der Rehabilitation
. Tab. 9.2 Forschungsgebiete und -ziele bei der Anwendung von Mentalem Training bei Schlaganfallpatienten
Prüfung der Voraussetzungen Fähigkeit zur Bewegungsvorstellung Decety & Boisson (1990)
von Mentalem Training Johnson (2000)
Sabate et al. (2004)
Johnson et al. (2002)
Johnson-Frey (2004)
Malouin et al. (2004a)
Tomasino et al. (2003)
gesunden oberen Extremität gefilmt, sodass der (hier: der Greifbewegung) vom Therapeuten vorge-
Patient im Video seinen betroffenen Arm sah, der lesen wurde. Auch sie berichten, bezogen auf die zu
sich ganz normal bewegte. trainierende Bewegungsaufgabe, von positiven Er-
Der Patient wurde nun angewiesen, sich die Be- gebnissen des Mentalen Trainings. Bei Stevens und
wegung seines paretischen Arms einschließlich der Stoykov (2003) und bei Crosbie et al. (2004) wurden
propriozeptiven Eindrücke besonders aufmerksam die – durch eine andere Person ausgeführten – Ziel-
vorzustellen bzw. nachzuempfinden, während er bewegungen per Video vorgespielt. Die Probanden
die Greifbewegung im Videofilm betrachtete. Über erhielten die Aufgabe, nach jeder gezeigten Bewe-
eine Videodarstellung, verbunden mit propriozep- gung sich diese mental vorzustellen. Bei Crosbie et
tiven Eindrücken, wurde also versucht, die Vorstel- al. (2004) sollten sie die Bewegung zusätzlich auch
lungsgenerierung unter Einbezug kinästhetischer praktisch mit der nicht betroffenen Seite durchfüh-
Bewegungsinformationen zu provozieren. ren, bei Stevens und Stoykov (2003) mittels Spiegel-
Miltner et al. (2000) konnten in einer Stu- therapie die Bewegung des nicht betroffenen Armes
die zur Wirksamkeit des Mentalen Trainings in nachvollziehen. Auch in diesen beiden Studien wur-
der neurologischen Rehabilitation Verbesserungen den positive Ergebnisse hinsichtlich der optimierten
in mehreren klinischen Parametern nachweisen, Durchführung der Zielbewegung berichtet.
insbesondere eine funktionelle Verbesserung der Braun et al. (2008) entwickelten ein Stufenmo-
Greifbewegung. Die Ergebnisse der Studie unter- dell zur Anwendung des Mentalen Trainings in der
stützen die Hypothese, dass eine kognitive Thera- Rehabilitation nach Schlaganfall:
pie bei Patienten mit neurologischen Erkrankun- 1. Assess mental capacity (Klären, ob der Patient
9 gen durchaus einen wertvollen Beitrag zur neuro- physiologisch/anatomisch zum Mentalen Trai-
logischen Rehabilitation leisten kann. ning in der Lage ist)
Page (2000; auch Page et al., 2001a, 2001b, 2012) 2. Establish nature of mental practice (Erklären,
versuchte, die Bewegungsvorstellung durch An- was Mentales Training ist und wie es dem Pa-
weisungen auf einem Audiotape zu entwickeln. tienten helfen könnte)
Diese Anweisungen lauteten beispielsweise: »Stel- 3. Teach imagery technique (Vermitteln des
len Sie sich vor, Sie greifen nach einer Tasse auf Mentalen Trainings)
dem Tisch«, »Fühlen Sie, wie Ihr Arm und Ihre 4. Embed and monitor (Einbetten des Mentalen
Finger sich strecken, wenn Sie nach der Tasse grei- Trainings in andere Verfahren, z.B. im Wech-
fen« (Page et al., 2001a). sel mit praktischem Training)
Die Aufgaben, die die Probanden erfüllen muss- 5. Develop self-generated treatments (Zu eigen-
ten, variierten von Woche zu Woche. So mussten sie initiativem Trainieren anregen)
z. B. in der ersten Woche eine Tasse greifen, die auf
einem Tisch stand, um sie anschließend zum Mund In einer weiteren Studie von Page et al. (2009)
zu führen, in der zweiten Woche mussten sie die konnte durch Mentales Training, verbunden mit
Seiten in einem großen Buch umblättern usw. dem praktischen Training von Alltagstätigkeiten,
Der Vorteil des Ansatzes von Page besteht si- eine Verbesserung der motorischen Defizite nach-
cherlich darin, dass durch das regelmäßige Anhö- gewiesen werden. Außerdem konnten entspre-
ren eines Audiotapes die Anforderung an die Ei- chende kortikale Veränderungen gezeigt werden
genleistung der Patienten deutlich reduziert wurde (u. a. im prämotorischen Areal und im primär-
und somit eine hohe Compliance der Patienten zu motorischen Kortex, ähnliches berichten Liu, Song
erwarten war. Page (2000) und Page et al. (2001a, & Zang, 2014). Kern des Mentalen Trainings wa-
2001b) berichten durchweg von positiven Ergeb- ren fünf Alltagstätigkeiten:
nissen, wobei eine 60minütige Audio-Tape-Session 4 eine Tasse greifen,
größere Erfolge zeigte, als eine 20- oder 40minü- 4 eine Seite in einem Buch umblättern,
tige Session (Page et al., 2011). 4 einen Stift benutzen,
Dijkerman et al. (2004) wählten eine Variante, 4 ein Essbesteck benutzen,
bei der die Instruktionen zum Mentalen Training 4 eine Bürste oder einen Kamm benutzen.
9.3 · Mentales Training in der neurologischen und orthopädischen Rehabilitation
159 9
Die Patienten trainierten diese Alltagstätigkeiten und Probleme aufmerksam gemacht, die wäh-
praktisch mit einem Therapeuten zehn Wochen rend des Gehens aufgetreten waren. Nach und
lang dreimal wöchentlich für jeweils 30 Minuten nach wurde ein erwünschtes Gangbild erarbeitet,
(jede Tätigkeit zwei Wochen lang). Dieses prakti- welches dann mental trainiert wurde. Bei diesem
sche Training war Grundlage für das Mentale Trai- Training, das an einem Patienten evaluiert wurde,
ning. Direkt nach dem praktischen Training wurde konnten wesentliche Gangparameter verbessert
ein 30-minütiges Mentales Training (mithilfe eines werden (Ganggeschwindigkeit, Schrittlänge und
Audiotapes) durchgeführt. Schreitlänge), allerdings wurde keine Verbesse-
Während in den meisten Untersuchungen zum rung der Gangsymmetrie erreicht. Hier ist interes-
Mentalen Training in der Rehabilitation nach sant, dass der Patient nach der Therapie berichtete,
Schlaganfall einfache Reich- und Greifbewegungen es sei ihm nie gelungen, sich eine symmetrische
als Gegenstand des Trainings herangezogen werden, Gehbewegung vorzustellen.
untersuchten Liu et al. (2004) an 46 Probanden den Malouin et al. (2004b) konnten bereits nach
Einfluss des Mentalen Trainings auf Aufgaben des einem einzigen mentalen Trainingsprogramm bei
alltäglichen Lebens, wie z. B. telefonieren, Medika- Schlaganfallpatienten eine Verbesserung hinsicht-
mente einnehmen oder das Bett beziehen. lich der Belastung des eingeschränkten Beins beim
Auch hier wurde über eine Videodemonstra- Aufstehen von einem Stuhl messen. Die Proban-
tion, die die Zielaufgabe in korrekter Ausführung den wurden aufgefordert, das Aufstehen zu ver-
zeigte, und über Bildersequenzen der Bewegung innerlichen und zu beschreiben. Dabei sollten sie
versucht, eine Bewegungsvorstellung aufzubauen. darauf achten, dass sie beide Beine gleichmäßig
Daraufhin sollte die Aufgabe mental trainiert und belasteten. Dazu wurde ihnen auf einem Monitor
praktisch durchgeführt werden. Dieser Versuch ein Feedback präsentiert, das angab, mit wie viel
wurde sofort auf Video aufgenommen und den Gewicht sie auf dem rechten Bein standen und mit
Probanden direkt im Anschluss vorgespielt. The- wie viel auf dem linken Bein. Anschließend muss-
rapeut und Patient besprachen nun die jeweiligen ten sie die Bewegung einmal physisch und fünfmal
Probleme. Dies wurde so lange wiederholt, bis mental trainieren. Bereits nach kurzer Zeit konn-
die notwendige Ausführungsqualität gegeben war. ten die ersten Verbesserungen gemessen werden.
Das Training wurde drei Wochen lang jeweils 60 In einer Nachfolgeuntersuchung am darauffolgen-
Minuten täglich durchgeführt. Liu et al. (2004) den Tag konnte gezeigt werden, dass die Patienten
konnten zeigen, dass die Probanden der Interven- die neu erlernte Strategie zur gleichmäßigen Belas-
tionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe bei tung der Beine beibehalten hatten.
der Durchführung von Alltagstätigkeiten durch- In einer Studie von Müller et al. (2007) konnte
weg besser abschneiden. gezeigt werden, dass Mentales Training genauso
Dickstein et al. (2004) konzipierten ein menta- wie praktisches Training im Vergleich zu unspe-
les Trainingsprogramm für Schlaganfallpatienten zifischer physikalischer Therapie zu einer Verbes-
mit dem Ziel, die Gehfähigkeit und -leistung zu serung der Handfunktion bei halbseitengelähmten
verbessern. Das Programm dauerte sechs Wochen Schlaganfallpatienten führt.
und wurde dreimal wöchentlich durchgeführt. Es
bestand aus folgenden Komponenten: Zusammenfassung der Ergebnisse. Die wich-
4 Muskelrelaxationsübungen, tigsten Ergebnisse der hier vorgestellten Studien
4 Informationen über die Bewegung, können wie folgt zusammengefasst werden:
4 Vorstellen der Gehbewegung aus einer exter- 4 Vorgegebene Anweisungen (durch Audio-
nen Perspektive, tapes oder durch einen vorlesenden Thera-
4 Vorstellen der Gehbewegung aus einer inter- peuten) führten ebenso wie der Einsatz von
nen Perspektive. Videoaufnahmen eines Modells bei Schlag-
anfallpatienten zu positiven Ergebnissen hin-
Der Patient erarbeitete die Gehbewegung zusam- sichtlich der optimierten Durchführung von
men mit dem Therapeuten und wurde auf Fehler Zielbewegungen.
160 Kapitel 9 · Mentales Training in der Rehabilitation
4 Das mentale Trainieren von Alltagstätigkeiten kann (Sirigu et al., 1996; Braun et al., 2013). Es sei
führte bei Schlaganfallpatienten zu einer be- an dieser Stelle zudem auf die Untersuchung von
deutsamen Verbesserung der Bewegungsaus- Schuster et al. (2012) verwiesen. In dieser Studie
führung im Vergleich zu einer Kontrollgruppe. werden Schlaganfall-Patienten nach dem Wie,
4 Mit einem mentalen Trainingsprogramm Was, Wo, Warum des Mentalen Trainings befragt.
für Schlaganfallpatienten konnten die Es zeigt sich, dass die Patienten das Mentale Trai-
wesentlichen Gangparameter verbessert ning ganz unterschiedlich einsetzen, und dass sie
werden (Ganggeschwindigkeit, Schrittlänge auch ohne Anleitung oder Aufforderung das Men-
und Schreitlänge). tale Training als wichtige Unterstützung in ihren
4 Bereits nach einem einzigen mentalen Trai- Alltag integrieren können.
ningsprogramm ließ sich bei Schlaganfallpa-
tienten eine Verbesserung der Belastung des > Im Vorfeld einer Therapie sollte immer zu-
eingeschränkten Beins beim Aufstehen von erst geklärt werden, welche Schädigung wo
einem Stuhl nachweisen. genau aufgetreten ist und ob die Patienten
überhaupt noch in der Lage sind, sich ent-
In den letzten Jahren wird vereinzelt der Frage sprechende Bewegungen vorzustellen.
nachgegangen, inwieweit interaktive, computer-
gestützte Technologien im Bereich des Mentalen Weitere neurologische Krankheitsbilder
Trainings in der Rehabilitation eingesetzt werden Motorische Ungeschicklichkeit (Develop-
können. Hauptziel dieser interaktiven Techno- mental Coordination Disorder; DCD)
9 logien ist, die Patienten unabhängig von Thera- DCD ist gekennzeichnet durch Störungen der Be-
peuten und therapeutischen Institutionen mit Be- wegungsausführung und wird nur dann diagnos-
wegungsanweisungen (verbal, bildlich usw.) und tiziert, wenn keine zusätzlichen neurologischen
entsprechenden Aufforderungen zum Mentalen Vorerkrankungen wie z. B. Autismus oder musku-
Training versorgen zu können. Die hierzu vorlie- läre Dystrophie vorliegen. Laut Wilson (2005) tritt
genden Ansätze (z. B. Gaggioli et al., 2004; Mor- DCD bei 5–15 % der Kinder auf. Dabei kann das
ganti et al., 2003) müssen jedoch noch auf ihre An- Krankheitsbild von Kind zu Kind sehr stark vari-
wendbarkeit und Wirksamkeit untersucht werden. ieren. Die Auswirkungen von DCD sind vielfältig.
Aber auch ohne derartige interaktive Techno- Es wird von Problemen bei folgenden Aspekten
logie kann, darauf lassen einige Studien schließen, berichtet (Visser, 2003):
das Mentale Training zu Hause ohne Supervision 4 Haltungskontrolle,
oder Anleitung vonseiten eines Therapeuten ange- 4 Feinmotorik,
wandt werden und zu positiven Ergebnissen füh- 4 Fähigkeit, Objekte zu lokalisieren,
ren (z. B. Dijkerman et al., 2004; Page et al., 2001a). 4 Kinästhetik,
Zusammenfassend kann festgehalten werden, 4 Informationsverarbeitung.
dass Mentales Training in der Rehabilitation nach
Schlaganfall einen Beitrag zur Verbesserung der Erhebliche Unterschiede bestehen jedoch nicht
Bewegungssituation der Patienten zu leisten ver- nur hinsichtlich der Ausprägung der Krankheit,
mag. Dies bestätigen mittlerweile auch Reviews sondern auch in Bezug auf den Krankheitsverlauf.
und Überblicksarbeiten (vgl. Braun et al., 2006; Darüber hinaus ist die Ätiologie der Krankheit bis
McEven et al., 2009; Munzert et al., 2009; Steen- heute unklar, und es liegen keine einheitlichen Er-
bergen et al., 2009; Braun et al. 2013). So werden kenntnisse über sinnvolle Therapieformen vor. Es
auch Effektstärken des Mentalen Training in der hat sich jedoch gezeigt, dass die Anwendung von
Rehabilitation nach Schlaganfall von bis zu 0,51 Ergotherapie und Physiotherapie zu einer Verbes-
berichtet (Cha et al., 2012). Allerdings haben die serung der motorischen Kontrolle bei DCD führen
Studien mit Schlaganfallpatienten auch gezeigt, kann (Visser, 2003).
dass Mentales Training nicht bei jedem Patienten Vor dem Einsatz des Mentalen Trainings bei
auf die gleiche Art und Weise angewandt werden Kindern mit DCD stellt sich die Frage, ob die
9.3 · Mentales Training in der neurologischen und orthopädischen Rehabilitation
161 9
Erkrankung auch Einschränkungen bei der Vor- al., 2003). Die Krankheit zählt zu den neuropathi-
stellungsfähigkeit von Bewegungen nach sich zieht schen Schmerzsyndromen und wird heute in zwei
(vgl. Deconinck et al., 2009). Ausgangspunkt die- verschiedene Typen eingeteilt. Beim CRPS Typ I
ser Frage sind die Untersuchungen von Wilson et (sympathische Reflexdystrophie, Morbus Sudeck)
al. (2001, 2004), die mit unterschiedlichen Auf- gehen dem Krankheitsbild Verletzungen voraus wie
gaben zur Bewegungsvorstellung zeigen konnten, z. B. Verstauchungen, Quetschungen, Hautläsionen
dass Kinder mit DCD eine andere Strategie bei oder Frakturen. Der Typ II (Kausalgie) hingegen
der Ausführung mentaler Aufgaben anwenden als ist gekennzeichnet durch vorausgehende partielle
nicht erkrankte Kinder, was zu der Schlussfolge- periphere Nervenläsionen in den distalen Extremi-
rung führte, dass die betroffenen Kinder offenbar täten (Wasner et al., 2003). Die nachfolgenden Be-
nicht über eine angemessene interne Repräsenta- trachtungen beziehen sich mangels Untersuchun-
tion ihres Körpers verfügen. gen zur Wirksamkeit von Mentalem Training bei
CRPS Typ II lediglich auf den Typ I.
Studie. Wilson et al. (2002) untersuchten in einer Die Symptome von CRPS Typ I sind sehr viel-
Studie die Effektivität eines fünfwöchigen menta- fältig. So kann es nach den oben genannten Ver-
len Trainingsprogramms bei 54 Kindern mit DCD. letzungen, welche bei nicht von der Krankheit
Die Kinder wurden auf drei verschiedene Gruppen betroffenen Menschen ohne erhebliche Nebener-
verteilt (Gruppe 1: Mentales Training, Gruppe 2: scheinungen abheilen würden, zu unterschiedli-
herkömmliche Bewegungstherapie, Gruppe 3/ chen Kombinationen aus sensorischen, autono-
Kontrollgruppe: keine Behandlung) und erhielten men, motorischen und vegetativen Einzelsympto-
einmal wöchentlich eine Stunde lang eine entspre- men kommen. Weiterhin ist das Auftreten eines
chende Intervention. Das mentale Trainingspro- Tremors oder einer Dystonie möglich. Sensorische
gramm beinhaltete Aufgaben zur visuellen Vor- Störungen sind gekennzeichnet durch brennende
stellung, Entspannungsübungen, Beobachtung von Spontanschmerzen in den Extremitäten, wobei die
Videoaufzeichnungen grundlegender Alltagsbewe- Intensität der Schmerzen in keinem Verhältnis zu
gungen und Mentales Training aus der internen der vorausgegangenen Verletzung steht. Bei auto-
und der externen Perspektive. Abschließend wur- nomen Störungen kommt es zu einer Veränderung
den die mental trainierten Bewegungen praktisch der Hauttemperatur und zu Schweißbildung sowie
ausgeführt (Wilson et al., 2002). zu einer akuten Schwellung der betroffenen Stelle.
Es zeigte sich, dass sich sowohl die Kinder, Vegetative Störungen gehen einher mit veränder-
die mental trainierten, als auch diejenigen, die tem Nagel- und Haarwachstum, und motorische
herkömmlich therapiert wurden, hinsichtlich der Störungen zeigen sich in einer Schwächung na-
grundlegenden Alltagsbewegungen im Vergleich hezu aller Muskeln am betroffenen Körperteil, was
zur Kontrollgruppe deutlich verbesserten. Die zu einer erheblichen Einschränkung der Feinmo-
Kinder, die nur mental trainierten, verbesserten torik führt (Wasner et al., 2003).
sich dabei genauso stark wie die Kinder, die auf Die Therapie von CRPS sollte möglichst früh
herkömmliche Weise therapiert wurden. nach der Diagnose beginnen, um eine chronische
Mentales Training scheint also in der Lage zu Ausprägung zu vermeiden. Eine Therapie setzt sich
sein, die Bewegungsausführung bei Kindern mit im Normalfall zusammen aus einer pharmakologi-
DCD zu verbessern und stellt nach den Ergebnis- schen Behandlung, Sympathektomie (chirurgisches
sen dieser Studie möglicherweise eine ergänzende Verfahren zur Unterbrechung von Nerven des Sym-
Möglichkeit in der Therapie von DCD dar. pathikusgrenzstrangs), Psychotherapie und Physio-
therapie bzw. Ergotherapie (Wasner et al., 2003).
Komplexes regionales Schmerzsyndrom Unter Berücksichtigung des Hauptziels der The-
(Complex Regional Pain Syndrome; CRPS) rapie, nämlich die Funktionsfähigkeit der betroffe-
Das CRPS wurde früher als Morbus Sudeck, Algo- nen Extremität wiederherzustellen und möglicher-
dystrophie, Reflexdystrophie, sympathische Reflex- weise beschädigte kortikale Strukturen zu reaktivie-
dystrophie oder als Kausalgie bezeichnet (Wasner et ren, liegt der therapeutische Fokus auf der Physio- und
162 Kapitel 9 · Mentales Training in der Rehabilitation
Ergotherapie, wobei die Schmerzvermeidung eine zende Methode in der Therapie des chronischen
wesentliche Bedingung der therapeutischen Inter- CRPS Typ I herausgestellt. Der besondere Nutzen
vention ist. Da sich die Spiegeltherapie (s. oben) bei bei der Behandlung besteht darin, dass die Pati-
akutem CRPS Typ I bereits als effektiv erwiesen hat enten durch regelmäßiges Mentales Training zu
(Moseley, 2004), liegt die Anwendung von Menta- Schmerzfreiheit gelangen können.
lem Training als Ergänzung der herkömmlichen
Therapie nahe: Da keine Bewegungsausführung Morbus Parkinson
notwendig ist, kann die Maßnahme in aller Regel Die Parkinsonkrankheit (idiopathisches Parkin-
schmerzfrei durchgeführt werden, und trotzdem son-Syndrom) ist eine neurologische Erkrankung,
können die beteiligten kortikalen Strukturen trai- die v. a. durch Veränderungen in den Basalgang-
niert und dadurch evtl. reaktiviert werden. lien gekennzeichnet ist und mit einer fehlerhaften
Produktion des Botenstoffes Dopamin einhergeht.
Studien. Moseley (2004) untersuchte den Einsatz Die genaue Ursache, sprich: die Frage, warum der
eines mentalen Trainingsprogramms bei chroni- Stoffwechsel entgleist, ist jedoch bis heute nicht
schen CRPS-I-Patienten mit dem Ziel, das kortikale vollständig geklärt (Fuchs, 2002). Da die Basalgan-
Netzwerk zu aktivieren, ohne dass die Patienten glien v. a. für die Planung und die Vorbereitung
tatsächliche Bewegungen ausführen mussten. Das von Bewegungen zuständig sind (7 Kap. 11.1),
mentale Trainingsprogramm dauerte sechs Wochen kommt es zu motorischen Störungen, die sich da-
und bestand in den ersten zwei Wochen aus dem rin zeigen, dass Parkinsonpatienten bei der Einlei-
Erkennen der Seitigkeit von linken und rechten tung von Bewegungen – v. a. in Abwesenheit von
9 Händen, die auf einem Bildschirm präsentiert wur- bewegungsauslösenden Reizen – Schwierigkeiten
den. In den nächsten zwei Wochen wurden den Pa- haben. Die klassischen Kernsymptome dieser
tienten auf einem Bildschirm Fotos ihrer eigenen, Fehlfunktion sind:
von der Krankheit betroffenen Hände gezeigt. Da- 4 Bewegungsverarmung (Bradykinese, Hypoki-
bei wurden sie aufgefordert, sich die gezeigte Posi- nese, Akinese),
tion der eingeschränkten Hand vorzustellen. In den 4 Muskeltonuserhöhung (Rigor),
letzten zwei Wochen wurde zusätzlich ein Spiegel- 4 Ruhezittern (Tremor) und
training mit den Probanden durchgeführt. 4 Haltungsinstabilitäten (posturale Störungen).
Die Patienten, die an diesem Trainingspro-
gramm teilgenommen hatten, verspürten nach Neben diesen motorischen Störungen kommt es
sechs Wochen weniger Schmerzen als herkömm- häufig noch zu vegetativ-sensorischen und psychi-
lich therapierte Patienten, außerdem war ein deut- schen Begleitsymptomen (Fuchs, 2002).
licherer Rückgang der Schwellungen beobachtbar. Bei der Bewegungsverarmung lassen sich drei
Nach sechs Wochen erfüllten 50 % der mental Komponenten differenzieren. Es wird unterschie-
trainierenden Patienten nicht mehr die Kriterien den zwischen der Bradykinese (Bewegungsver-
für die Diagnose von CRPS-I. langsamung), der Hypokinese (Verminderung der
In einer nachfolgenden Untersuchung konnte Bewegungsamplitude und der Spontanbewegun-
Moseley (2005) zudem zeigen, dass die Erfolge, die gen) sowie der Akinese (Hemmung des Bewe-
mit dem mentalen Trainingsprogramm erzielt wer- gungsstarts). Die Störungen der Motorik zeigen
den konnten, nicht allein darauf zurückzuführen sich weiterhin in einer verkürzten Schrittlänge,
waren, dass die Patienten ihrer betroffenen Extre- trippelnden Schritten, Ungeschicktheit bei alltägli-
mität mehr Aufmerksamkeit schenkten. Vielmehr chen Tätigkeiten wie die Schuhe zubinden oder
konnte durch die speziellen Durchführungsmoda- das Hemd zuknöpfen sowie in einer Gesichtstarre
litäten des Trainings eine (sequenzielle) Aktivie- und einer leiseren Stimme (Hummelsheim &
rung von entsprechenden kortikalen motorischen Hauptmann, 1998; Berlit, 2005).
Arealen erzielt werden. Die Therapie von Parkinsonpatienten ist auf
Mentales Training hat sich in diesen ersten eine symptomatische Behandlung begrenzt, da die
Untersuchungen als erfolgversprechende ergän- genauen Ursachen der Krankheit bis heute nicht
9.3 · Mentales Training in der neurologischen und orthopädischen Rehabilitation
163 9
bekannt sind. Eine medikamentöse Behandlung der Einsatz des Mentalen Trainings als Therapie-
wird empfohlen, um den Mangel des Botenstoffs form grundsätzlich plausibel erscheint.
Dopamin in den Basalganglien auszugleichen und Yaguez et al. (1999) griffen diesen Ansatz auf,
somit eine Verbesserung der Motorik herbeizufüh- indem sie die Effekte eines Mentalen Trainings
ren (Fuchs, 2002). Zusätzlich ist eine umfassende auf die Bewegungsfähigkeit von Parkinson- und
physiotherapeutische und ergotherapeutische In- Chorea-Huntington-Patienten (s. unten) unter-
tervention wichtig, um die allgemeine Beweglich- suchten. Das Mentale Training bestand aus einer
keit zu erhalten und weiteren Bewegungsein- mündlichen Anleitung, mit der die Probanden
schränkungen entgegenzuwirken. aufgefordert wurden, sich das Zeichnen verschie-
Studienergebnisse zeigen, dass nur regelmäßige dener Ideogramme aus einer externen und einer
Behandlungen bzw. Training zu einer Verbesse- internen Perspektive vorzustellen.
rung der motorischen Leistungen führen können. Nach dieser Vorgehensweise konnte bei Parkin-
Wurde die physiotherapeutische Intervention un- sonpatienten jedoch in keiner Versuchsbedingung
terbrochen, verringerte sich innerhalb weniger eine signifikante Verbesserung der Bewegungsleis-
Wochen die zuvor erarbeitete motorische Kompe- tung gemessen werden. Dies könnte nach Yaguez
tenz (Hummelsheim & Hauptmann, 1998). Gerade et al. (1999) zum einen mit dem Dopaminmangel
hier stellt sich die Frage, ob Parkinsonpatienten zusammenhängen, der eine Weiterverarbeitung der
von Mentalem Training profitieren können. Bewegungsinformationen verhindert; zum anderen
berichteten die Probanden über Konzentrations-
Studien. In ersten Studien zum Einsatz des Men- probleme bei der Aufgabenbearbeitung, die ein
talen Trainings bei Parkinsonpatienten wurde zu- konsequentes Training und Bearbeiten der Aufga-
nächst die kortikale Aktivität der Bewegungsvor- ben erschwerten oder gar unmöglich machten.
bereitung untersucht. Man erhoffte sich dadurch In einer neueren Kontrollgruppenstudie mit 23
Antworten auf die Frage, warum insbesondere Patienten von Tamir et al. (2007) erhielten zwölf
die bewegungsvorbereitenden Prozesse bei diesen Patienten eine kombinierte Therapie (Mentales
Patienten gestört sind. Dabei konnten Fehlfunk- Training und praktisches Training), elf Patienten
tionen diverser Kortexareale inklusive einer Un- nur das praktische Training. Beide Gruppen ver-
terfunktion des supplementär-motorischen Kortex besserten sich hinsichtlich der Bewältigung der All-
nachgewiesen werden. tagstätigkeiten. Die kombiniert trainierte Gruppe
Aufgrund dieser Erkenntnisse kamen Cun- verbesserte sich im Vergleich zur rein praktisch
nington et al. (2001) zu der Schlussfolgerung, dass trainierten Gruppe stärker in der Bewältigung
sowohl die Über- als auch die Unteraktivierung schneller Bewegungsfolgen und erzielte bessere Er-
verschiedener Kortexbereiche zu den motorischen gebnisse in den Skalen »mental subtests« und »mo-
Defiziten bei Parkinsonpatienten beitragen. Die tor subtests« der Parkinson’s Disease Rating Scale.
gefundenen Dysfunktionen dieser Areale, welche Beim Mentalen Training sollten sich die Patienten
an der Bewegungsvorbereitung beteiligt sind, füh- Alltagstätigkeiten in ihrer heimischen Umgebung
ren zu einer ineffizienten Planung und Vorberei- vorstellen. Es wurde über zwölf Wochen zweimal
tung von Bewegungen (Cunnington et al., 2001). wöchentlich jeweils 60 Minuten lang trainiert.
Weiterhin wurde untersucht, ob Patienten mit Ähnliches berichtet Knobl (2009), wobei hier die
Morbus Parkinson überhaupt in der Lage sind, besten Effekte bei frühen Krankheitsstadien erzielt
sich Bewegungen vorzustellen (Munzert et al., werden konnten. In einer Studie von Braun et al.
2009). Dominey et al. (1995) konnten nachwei- (2011) zeige das Mentale Training die gleichen po-
sen, dass Parkinsonpatienten im Vergleich zu Ge- sitiven Effekte, wie ein Entspannungstraining.
sunden langsamere Fingerbewegungen zeigen und
dass diese Verlangsamung bei der mentalen Aus- Chorea Huntington
führung bestehen bleibt. Diese Beobachtung zeigt, Bei der Chorea Huntington handelt es sich um
dass Parkinsonpatienten in der Lage sind, Bewe- eine vererbbare Hirnerkrankung. Gekennzeichnet
gungsvorstellungen zu erzeugen, und dass somit ist die Krankheit durch Bewegungsstörungen und
164 Kapitel 9 · Mentales Training in der Rehabilitation
bzw. Einschränkungen der Bewegungsfunktionen fohlen (Eckhardt & Betz, 1996) und umfasst fol-
kompensieren sollen (z. B. Niethard & Pfeil, 1997; gende Aufgaben (Mouret, 1997; Mouret & Zichner,
Horstmann et al., 1998). 1992):
Neben dem eigentlichen Schaden (Impair- 4 Schmerzen beseitigen,
ment), der degenerativen Veränderung der Ge- 4 Gelenkbeweglichkeit wiederherstellen,
lenkstrukturen im Hüft- oder Kniegelenk, hat eine 4 Muskulatur auftrainieren,
Arthrose natürlich weitreichende physische Ein- 4 Funktionen des Beins wieder aufbauen.
schränkungen (Disabilities) zur Folge (Schüle &
Schnieders, 2000), z. B.: Ein zentrales Ziel der postoperativen Behandlung
4 Schmerzen, stellt damit das selbstständige und funktionelle
4 Fehlbelastungen, Gehen dar (Bronner, 1992; Cluitmanns & Pons,
4 Einschränkungen der Beweglichkeit, 1997). Das Gehen ist jedoch bei arthrotisch ver-
4 Einschränkungen der Koordination, ändertem Hüft- oder Kniegelenk oft seit Jahren
4 Einschränkung der Sensomotorik, durch Schmerzen in Zusammenhang mit gestörter
4 Störung des Knochenstoffwechsels, Statik beeinträchtigt, und die Betroffenen haben
sich Ausweichbewegungen und Schonhaltungen
wie auch weitreichende psychosoziale Einschrän- angewöhnt. Die physiologische Wiederherstel-
kungen (Handicaps), z. B.: lung einer schmerzfreien Gelenkfunktion allein
4 Bewegungsangst, ist oft nicht ausreichend, um das neue Gelenk
4 Belastungsangst, auch funktionell einzusetzen. Fehl- und Schon-
9 4 eingeschränkte Bewegungsspontaneität, haltungen werden auch nach Wiederherstellung
4 Leistungsverlust, der Gelenkfunktion beibehalten, die damit ver-
4 Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz, bundene Fehlbelastung wird oft als Hauptursa-
4 Störung der Alltagsaktivitäten. che für die Abnutzung und Destabilisierung der
Prothesenverankerung und damit für frühzeitige
Bevor sich ein Patient für den Einsatz eines künst- Revisionsoperationen angesehen (Jerosch & Hei-
lichen Hüft- oder Kniegelenks entscheidet, hat er sel, 1996). Das Wiedererlernen der Gehbewegung
oft eine umfangreiche »Kranken- und Therapie- erhält somit einen zentralen Stellenwert in der
karriere« (Schüle, 1997, S. 115) hinter sich. Die Be- Rehabilitation.
schwerdedauer vor der Operation beträgt bei der Gehen können steht für Selbstständigkeit und
Hüftgelenkarthrose nach Schüle (1997) im Durch- Lebensqualität. Mit der Beeinträchtigung der Geh-
schnitt sechs Jahre. bewegung wird dem Patienten bewusst, dass nicht
Die operative Versorgung des sich versteifen- nur eine komplexe Bewegung gestört ist, sondern
den arthrotischen Hüftgelenks durch Hüftendo- auch das psychische und soziale Befinden einge-
prothesen wird heute sehr häufig und erfolgreich schränkt ist. Das Wiedererlernen der Gehbewegung
durchgeführt. So wird die Zahl der jährlich in ist daher auch aus medizinisch-therapeutischer
Deutschland implantierten Hüftendoprothesen auf Sicht nicht nur auf ein rein somatisches Problem zu
ca. 232.000 und die der Knieendoprothesen auf reduzieren, sondern betrifft den ganzen Menschen,
etwa 168.000 geschätzt – seit Jahren kontinuierlich sein mentales wie auch sein soziales System.
ansteigend (Wengler, Nimptsch & Mansky, 2014).
Dabei wird der Erfolg einer endoprothetischen Mentales Gehtraining
Versorgung nicht allein durch eine korrekte Ope- Mayer (2001; auch Mayer et al., 2003) entwickel-
ration oder Implantatwahl gewährleistet, sondern ten ein Verfahren zum Mentalen Gehtraining, das
auch durch die individuelle postoperative Behand- insbesondere bei Patienten nach Endoprothesen-
lung des Patienten (Eckhardt & Betz, 1996; Mou- versorgung zur Anwendung kommt. Das Modell
ret, 1997). in . Abb. 9.9 verdeutlicht den Ablauf dieses Thera-
Die postoperative Behandlung wird im Rah- pieverfahrens, das im Folgenden Schritt für Schritt
men der Qualitätssicherung standardisiert emp- besprochen werden soll.
9.3 · Mentales Training in der neurologischen und orthopädischen Rehabilitation
167 9
Gehbewegung
Bewegungsbeschreibung
Bewegungsanweisung
Mentale Bewegungs-
repräsentation . Abb. 9.9 Mentales Gehtrai-
ning: Ablaufschema (nach Mayer,
2001; mit freundlicher Genehmi-
Realisation
gung des Verlags Dr. Kovač)
a
b
. Abb. 9.10 Bewegungsbeschreibung anhand einer Gliederpuppe (a) und einer Zeichnung (b) (Auszug aus einer Bilderreihe;
nach Mayer, 2001; mit freundlicher Genehmigung des Verlags Dr. Kovač)
Zunächst klären Therapeut und Patient in ei- ellen krankheitsbedingten Einschränkungen und
nem einführenden Gespräch das Ziel der Therapie. Möglichkeiten in eine individuell optimale Sollbe-
Dabei soll der Patient sein Gangbild einschätzen wegung modifiziert werden kann.
und z. B. erkennen, dass er sich eine Schon- oder Der Patient wird dazu zunächst mit dem Modell
Fehlhaltung angewöhnt hat. Schließlich bittet der der physiologischen Gehbewegung konfrontiert,
Therapeut den Patienten, in einem Therapieauf- der Bewegungsbeschreibung. Eine Bewegungs-
trag zu formulieren, wie sich sein Gang im Laufe beschreibung ist die objektivierte, biomechanische
der Therapie verändern soll. Darstellung der physiologischen Gehbewegung
Hier steht zunächst die intensive Auseinan- am Modell. Anhand einer Videodarstellung, einer
dersetzung des Patienten mit der Sollbewegung Bilderreihe, einer Gliederpuppe (. Abb. 9.10) oder
im Vordergrund, also in der Regel der physiologi- am Modell des Therapeuten selbst lassen sich
schen Gehbewegung, die jedoch je nach individu- die relevanten funktionalen Aspekte der Sollbewe-
168 Kapitel 9 · Mentales Training in der Rehabilitation
gung für den jeweiligen Patienten verstehbar ver- sich die acht Phasen der Gehbewegung zusam-
mitteln. menfassen lassen. Dies sind
Bei der Videodarstellung bieten sich objek- 4 Weight Acceptance, beginnend mit dem
tivierte Darstellungen der Gehbewegung in ver- Initialkontakt,
schiedenen Altersklassen an, wie sie beispielsweise 4 Single Limb Support und
von Bruckner (1988) veröffentlicht wurden. Ver- 4 Limb Advancement, beginnend mit dem
schiedene Publikationen bieten Bilderreihen der Vorschwung.
Gehbewegung aus verschiedenen Perspektiven
(z. B. Beckers & Deckers, 1997). Tipp I I
> Wichtig bei der Bewegungsbeschreibung Folgende Knotenpunkte (mit Erklärungen für
ist es, mit dem Patienten gemeinsam die für den Patienten) haben sich in der Praxis be-
ihn relevanten funktionalen Bewegungs- währt:
abschnitte der Gehbewegung zu erschließen, 4 Auf: In dieser Phase der Gehbewegung
sodass der Patient den Unterschied zwischen setzt das Bein mit der Ferse auf.
seiner aktuellen Gehweise und der Sollbewe- 4 Gewicht: Nach dem Aufsetzen übernimmt
gung erkennt. das Bein immer mehr Körpergewicht, bis
es allein das ganze Körpergewicht tragen
Das bedeutet auch, dass bei nur einer betroffenen muss. Das andere Bein schwingt dann frei
Seite die Aufmerksamkeit nur auf das betroffene vorbei.
Bein gelenkt werden soll. 4 Ab: Nachdem das andere Bein aufgesetzt
9 hat, drückt sich das Bein hinten ab, um
Tipp I I gleichfalls nach vorn schwingen zu können.
Besonders geeignet für diese Auseinanderset-
zung mit der Bewegungsbeschreibung ist eine
Konfrontation mit dem Istzustand der eigenen Patient und Therapeut erarbeiten im nächsten
Gehbewegung, beispielsweise durch eine Vi- Schritt aus der extern vorgegebenen Bewegungs-
deodarstellung der eigenen Gehbewegung zu anweisung eine individuelle Bewegungsanweisung.
Behandlungsbeginn. Dabei werden die relevanten Bewegungsabschnitte
isoliert, deren optimale Durchführung vom Patien-
ten bewusst erlebt wird. Diese Bewegungsab-
Dem Patienten wird nun die Umsetzung der schnitte werden mit einer für den Patienten schlüs-
physiologischen Gehbewegung anhand von drei sigen Markierung symbolisiert (7 Beispiel 9.4).
zentralen Knotenpunkten der Gehbewegung ver-
mittelt. Aus biomechanischer Sicht versteht man Beispiel 9.4: Verbesserung der Extension
unter »Knotenpunkten« diejenigen Bewegungs- im Kniegelenk
abschnitte, die für eine optimale Bewegungsaus- Ein Patient soll die Extension im Kniegelenk in der
führung unbedingt notwendig sind und sukzessiv Gangphase Terminalstand verbessern. Dazu wird er
durchlaufen werden müssen (Eberspächer, 2001, aufgefordert, diese Gehposition einzunehmen. Der
7 Kap. 4.1.1). Diese Knotenpunkte stellen somit Patient wird zunächst die Bewegungsposition seiner
eine morphologische oder externe, objektivierte Schonhaltung einnehmen (aktuelle Repräsentation
Sicht der wichtigsten Schritte der Gehbewegung der Gehbewegung). . Abb. 9.11a verdeutlicht diese
dar. Diese extern vorgegebenen Knotenpunkte Schonhaltung (reduzierte Hüftextension), die mit ei-
müssen in einem nächsten Schritt in individuell ner zu starken Flexion im Kniegelenk einhergeht.
relevante interne Knotenpunkte, die individuelle Der Therapeut führt nun das Bein vorsichtig in die
Bewegungsanweisung, weiterentwickelt werden. maximal mögliche schmerzfreie Extensionsstellung
Die drei zentralen Knotenpunkte der Gehbe- im Kniegelenk (. Abb. 9.11b). Dann fordert er den Pa-
wegung ergeben sich aus den drei Basisaufgaben tienten auf, sich diese Beinposition zu merken und sie
der Gehbewegung (nach Perry, 1992), zu denen zu markieren. Im Beispiel nennt der Patient die Posi-
9.3 · Mentales Training in der neurologischen und orthopädischen Rehabilitation
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Der Prozess, aus einer extern vorgegebenen Be-
wegungsanweisung eine individuelle Bewegungs-
anweisung zu entwickeln, soll nach Mayer et al.
(2003) zu einer differenzierten Bewegungsvorstel-
lung beitragen und wirkt sich somit positiv auf die
Bewegungsrepräsentation aus.
Nach dem Aufbau der Bewegungsvorstellung
wird nun im Wechsel motorisch und mental trai-
niert. Das motorische Training zeichnet sich durch
eine Art propriozeptives Training aus, bei dem
unter Modifikation von Wahrnehmung, Bewe-
gung und Umwelt die Bewegungserfahrung wei-
ter geschult und differenziert werden soll. Durch
den Wechsel mit praktischem Training wird beim
mentalen Trainieren der Einbezug vielfältiger kin-
ästhetischer Information sichergestellt.
Im letzten Schritt des Verfahrens wird die
praktische Eigenrealisierung der Bewegung mit
anschließender Bewegungsanalyse aus Sicht des
Patienten beschrieben. Das Verfahren setzt also
sehr auf die intensive Kommunikation zwischen
Therapeut und Patient mit einer eigenständigen
Kontrolle und Verbesserung der Gehbewegung.
> Der Therapeut moderiert lediglich die
. Abb. 9.11 Erarbeitung einer Bewegungsinstruktion: a Schon- Therapieeinheiten, der Patient wird zur
haltung des Patienten, b maximale schmerzfreie Extensionsstel- eigeninitiativen Regulierung seiner Geh-
lung (Mayer et al., 2003)
bewegung angeleitet.
tion »straff«, weil sie in seiner Wahrnehmung mit einer In einer ersten Evaluationsstudie an Patienten nach
Dehnung in der Wadenmuskulatur verbunden ist. Hüfttotalendoprothese (Mayer, 2001) konnte ge-
Bei der Benennung der Knotenpunkte gibt es zeigt werden, dass Mentales Gehtraining – durch-
kein Richtig und kein Falsch, allein die Körperwahr- geführt in einer dreiwöchigen Anschlussheilbe-
nehmung des Patienten ist entscheidend. handlung bei drei halbstündigen Terminen pro
Ungünstig sind negative Begriffe wie z. B. »zieht« Woche – nicht nur positive Effekte auf die Bewe-
oder »Schmerz«, dies signalisiert dem Therapeuten, gungsausführung hat, sondern sich auch auf die
dass die Bewegung nicht mehr im schmerzfreien Be- Krankheitsverarbeitung positiv auswirkt. In einer
wegungsbereich durchgeführt wird. Ungünstig sind weiteren Studie (Mayer et al., 2005) konnte dieser
weiter »Nicht-Botschaften« wie z. B. »nicht beugen«. erste Trend weitestgehend bestätigt werden. Im
Der Patient wählt kurze verbale Botschaften, die die Be- Vergleich zu einer Kontrollgruppe (keine zusätzli-
wegungsausführung einleiten, z. B. »auf«, »fest«, »ab«. che Behandlung) konnte die Gruppe der Patienten,
Die zur sprachlichen Markierung der Knoten- die mental trainiert hatte, bedeutend bessere Er-
punkte gewählten Begriffe sollten möglichst einsilbig gebnisse in den Variablen Gehgeschwindigkeit und
sein. Wichtig ist weiterhin, dass der gewählte Begriff Schreitlänge erzielen.
später bei der Bewegungsrealisation auch mit der er-
arbeiteten Bewegung korrespondiert. Dies überprüft Rückenschmerzen, Bandscheibenvorfall
man am besten, indem man den Patienten immer Rückenschmerzen sind bei Männern der häu-
wieder im Stand oder im Gehbarren auffordert, die figste, bei Frauen der zweithäufigste Grund für
Knotenpunktposition einzunehmen. eine Arbeitsunfähigkeit. Nach Göbel (2001) sind
170 Kapitel 9 · Mentales Training in der Rehabilitation
Fehlbelastung links und eine Überbelastung rechts hundertprozentige Belastbarkeit erneut zu errei-
zur Folge, was in Kombination mit muskulärer chen, sind vier bis zwölf Monate nötig, obwohl
Dysbalance durch eine sitzende Tätigkeit zu einer einige Autoren daran zweifeln, dass der ursprüng-
Wurzelkompression L5/S1 und L4/L5 und einem liche Zustand überhaupt wieder erreichbar ist (van
Bandscheibenprolaps L3/L4 führte. den Berg, 2003).
Entsprechend dem Verfahren des Mentalen Insbesondere die Ergebnisse der Studie von
Gehtrainings wird mit der Patientin eine individuelle Yue und Cole (1992), die zeigten, dass sich durch
Bewegungsanweisung erarbeitet. Aufschlussreich Mentales Training eine Zunahme der Muskelkraft
ist die Entwicklung dieser Instruktion: Zu Beginn erreichen ließ (7 Kap. 5.1), lösten bei Medizinern
wird die Gehbewegung von der Patientin lediglich und Physiotherapeuten großes Interesse an der
mit »Einen Fuß vor den anderen setzen« beschrie- Integration mentaler Trainingsprogramme in die
ben. Gegen Ende der Entwicklungsphase ist die Therapie frisch operierter oder verletzter und im-
Beschreibung deutlich differenzierter: »Anspannen mobilisierter Patienten aus. Erste Untersuchungen
(Bauchmuskulatur) beim Aufsetzen, Gewicht auf – in der Regel an gesunden Probanden – soll-
links stabil, Spannung kurz lösen, rechts reinholen ten klären, inwieweit durch Mentales Training bei
– nicht nach außen, gleichmäßiger Takt –, abschwin- Immobilisation Gelenkbeweglichkeit erhalten und
gen und Spannung wieder aufbauen.« Muskelatrophie verringert werden kann.
Die daraus resultierende differenzierte Bewe- Es scheint also angebracht, Mentales Training
gungsvorstellung wird im Wechsel mit praktischem in der Rehabilitation von orthopädischen Verlet-
Training geübt. Im Rahmen einer qualitativen und zungen einzusetzen, um den durch Immobilisation
9 quantitativen Ganganalyse kann insbesondere hin- hervorgerufenen Einschränkungen entgegenzu-
sichtlich der qualitativen Therapieerfolgseinschät- wirken.
zung ein ausgesprochen positives Ergebnis erzielt
werden. Studien
Newsom et al. (2003) untersuchten, ob der Ein-
Immobilisation satz von Mentalem Training bei gesunden Pro-
Die Ruhigstellung oder Immobilisation (in der Re- banden, die ihren Unterarm für zehn Tage einge-
gel durch Gips oder Fixateur) gehört zu den häu- gipst hatten, verhindern kann, dass die Greifstärke
figsten Maßnahmen nach einer Verletzung oder aufgrund der Immobilisation zurückgeht. Es gab
Operation. Dabei ist im Rahmen der minimalinva- eine Experimentalgruppe, die dreimal am Tag ein
siven Operationsmethoden die Frühmobilisation 5-minütiges Mentales Training durchführte, und
eine wesentliche Maßnahme, um schneller bessere eine Kontrollgruppe ohne Training. Die Aufgabe
Rehabilitationsergebnisse zu erzielen. Eine längere der Experimentalgruppe bestand darin, sich in-
Immobilisation hat oft gravierende Auswirkungen tensiv vorzustellen, mit der immobilisierten Hand
– nicht nur auf die Beweglichkeit von Gelenken. einen Gummiball zu drücken. Nach zehn Tagen
Van den Berg (2003) berichtet von einer Untersu- Immobilisation konnte bei der Kontrollgruppe ein
chung von Flowers und Pheasant (1988; zit. in van Rückgang der Greifstärke sowie der Kraft bei der
den Berg, 2003), die zeigen konnten, dass nicht- Handgelenksextension und -flexion festgestellt
traumatisierte Gelenke nach einer Immobilisation werden. Die mental trainierende Gruppe konnte
von sechs Wochen steif sind. Die Beweglichkeit zwar keine Kraftzugewinne verzeichnen, jedoch
ließ sich durch passives Bewegen innerhalb we- war der Kraftverlust deutlich geringer als bei der
niger Minuten wiederherstellen. Waren Gelenke Kontrollgruppe.
dagegen sieben Wochen oder länger immobilisiert, Mehrfach wurde schon die Frage der Out-
entstanden überdauernde Kontrakturen (van den come-Optimierung durch Mentales Training
Berg, 2003). nach distaler Radiusfraktur untersucht (Schnei-
Die Belastbarkeit von Bändern und Sehnen be- der, 2006, Frenkel et al., 2014, Schott & Korbus,
trägt nach einer Immobilisationsperiode von vier 2014). Die distale Radiusfraktur ist die häufigste
Wochen nur noch 20 %. Um die ursprüngliche knöcherne Verletzung beim Menschen überhaupt
9.3 · Mentales Training in der neurologischen und orthopädischen Rehabilitation
173 9
(Di Monaco et al., 2003; MacDermid et al., 2001). gende Reflexion über kinästhetische Informationen
Mit steigendem Alter nimmt die Inzidenz dieser ist somit nicht möglich. Denkbar wäre der Einsatz
Verletzungen zu. Die Auswirkung einer solchen der Spiegeltherapie. In der Studie von Schneider
»Monoverletzung« auf den Gesamtorganismus (2006) wurde versucht, über den gesunden und
insbesondere älterer Menschen wird eher unter- nicht immobilisierten Arm eine Bewegungsvorstel-
schätzt; so wird z. B. berichtet, dass Betroffene al- lung aufzubauen (vgl. die Übersicht im 7 Kasten).
lein aufgrund dieses isolierten Traumas der oberen
Extremität den eigenen Haushalt aufgeben muss-
ten (Di Monaco et al., 2003; Einsiedel et al., 2003; Mentales Trainingsprogramm nach distalen
Greendale et al., 1995). Radiusfrakturen (nach Schneider, 2006)
Als wesentliche Ursache für schlechte funktio- Dieses vierstufige mentale Trainingsprogramm
nelle Ergebnisse nach distalen Radiusfrakturen gilt nach Schneider (2006) dient der Aufrechterhal-
insbesondere die häufig notwendige Immobilisie- tung von Kraft und Geschicklichkeit nach dista-
rung durch externe Fixierung oder Gipsversorgung len Radiusfrakturen.
des Radiokarpalgelenkes über einen Zeitraum von 1. Deskription der Zielbewegung
meist vier bis sechs Wochen. – am Modell
Die durch eine notwendige externe Ruhigstel- – am nicht betroffenen (rechten) Arm
lung hervorgerufenen negativen Auswirkungen – Konzentration auf kinästhetische Erfah-
sind Bewegungseinschränkung des Handgelenks rungen am nicht betroffenen (rechten)
durch Kapselschrumpfung des radiokarpalen und Arm
distalen radioulnaren Bandapparates, Muskelatro- 2. Instruktion
phie der Unterarmmuskulatur, Hautreizungen und – Knotenpunkte vermitteln (auf – Mitte –
Ulzerationen sowie lokale Inaktivitätsosteoporose ab, links – Mitte – rechts)
des Knochens, v. a. bei älteren Patienten. Hinzu – Knotenpunkte mit kinästhetischer Er-
kommen bei einer notwendigen Inaktivität des ent- fahrung verbinden (Einsatz vielfältiger
sprechenden Handgelenkes und der Finger ein Ver- Übungsformen)
lust der groben und feinen Muskelkraft sowie eine 3. Bewegungsvorstellung entwickeln
Störung der Feinmechanik und der Koordination. – Rechts aktive Durchführung – dabei ak-
Das Problem der sekundären Verschlechterung tiv zuschauen
der Gehfähigkeit des alten Menschen bei nicht – In der Vorstellung nachvollziehen – In-
gebrauchsfähiger oberer Extremität ist nicht zu nenperspektive (linke und rechte Hand)
vernachlässigen (Di Monaco et al., 2003; MacDer- – Rechts aktive Durchführung – geschlos-
mid et al., 2001). Um diese – insbesondere beim sene Augen
älteren Menschen weitreichenden – Auswirkungen – In der Vorstellung nachvollziehen – In-
einer erzwungenen Immobilisierung des musku- nenperspektive (linke und rechte Hand)
loskelettalen Abschnitts »distaler Unterarm und 4. Mentales Training
Handgelenk« zu verhindern oder abzumildern, – Rechts aktive Durchführung – geschlos-
sind somit weitere ergänzende therapeutische Me- sene Augen
thoden gefordert, da auf eine externe Fixation oft – In der Vorstellung nachvollziehen – In-
nicht verzichtet werden kann. nenperspektive (Steigerung: vermehrt die
Als häufigste Verletzungsursache werden Stürze Bewegung der linken Hand vorstellen)
im Haushalt, im Straßenverkehr oder beim Sport – Individuell relevante Komplexbewegung
genannt. Für die Umsetzung eines mentalen Trai- (z. B. Suppe löffeln) aus der Innenpers-
ningsprogramms ergibt sich so die Schwierigkeit, pektive nachvollziehen
dass der bereits operierte und immobilisierte Patient
eine Vorstellung der wichtigsten Handgelenksbewe-
gungen seines immobilisierten Armes entwickeln Die Studie, die das Verfahren zunächst an gesun-
soll. Die praktische Durchführung und darauffol- den Probanden evaluierte, konnte zeigen, dass bei
174 Kapitel 9 · Mentales Training in der Rehabilitation
Personen mit immobilisiertem Handgelenk (drei- unteren Extremitäten lassen sich folgendermaßen
wöchige Gipsruhigstellung) durch den Einsatz des zusammenfassen:
Mentalen Trainings deutlich weniger Bewegungs- 4 Nach zehn Tagen Immobilisation des Un-
einschränkungen im Handgelenk und eine verrin- terarms konnte bei einer Gruppe gesunder
gerte Atrophie der Muskulatur zu verzeichnen wa- Probanden, die während der Ruhigstellung
ren (Schneider, 2006; vgl. auch Frenkel et al. 2014). mental trainierte, ein deutlich geringerer
Eine Studie von Zijdewind et al. (2003) unter- Kraftverlust festgestellt werden als bei einer
suchte die Effektivität eines mentalen Trainings- Kontrollgruppe.
programms zur Optimierung der Bewegungsweite 4 Durch den Einsatz des Mentalen Trainings
im Sprunggelenk bei Gesunden. In einem Drei- waren bei gesunden Personen mit immobili-
Gruppen-Design wurde das Mentale Training mit siertem Handgelenk (dreiwöchige Gipsruhig-
einem Krafttraining geringer Intensität und einer stellung) im Vergleich zu einer Kontrollgruppe
Kontrollgruppe (kein Training) verglichen. Die weniger Bewegungseinschränkungen und eine
mental trainierenden Probanden sahen zunächst verringerte Atrophie der Muskulatur zu ver-
ein Video (visueller Ansatz), auf dem eine Per- zeichnen.
son mit einem Gewicht auf den Schultern den 4 Probanden, die die Sprunggelenksbewegung
Zehenstand trainierte (Toe-Raise-Exercise). Die mental trainierten, verzeichneten die größten
Probanden wurden aufgefordert, sich die Aktivie- Trainingserfolge (im Vergleich mit einer Kont-
rung ihrer Sprunggelenkmuskulatur beim Beugen rollgruppe und einer »Low-Intensity-Group«).
und Strecken vorzustellen. Diese Vorstellung sollte 4 Nach einer Sprunggelenksverletzung erreich-
9 10 Sekunden aufrechterhalten werden, danach er- ten Sportler, die mental und praktisch trai-
folgte eine Pause von 10 Sekunden. Für jedes Bein nierten, eine größere muskuläre Ausdauer als
wurden fünf Serien mit je fünf Wiederholungen ausschließlich praktisch trainierende Sportler.
durchgeführt.
Nach einer siebenwöchigen Trainingsphase Kreuzbandruptur, Meniskusläsion
mit fünf Trainingseinheiten in der Woche waren Die Ruptur des (vorderen) Kreuzbands hat durch
bei der mental trainierenden Gruppe die größten die Zunahme sportlicher Freizeitaktivitäten in den
Trainingserfolge zu verzeichnen, was nach Zijde- vergangenen 20 Jahren eine wesentliche medizini-
wind et al. (2003) für den Einsatz des Mentalen sche, aber auch medizinökonomische Bedeutung
Trainings in der Rehabilitation nach Immobilisie- gewonnen. Jürgens (2000) belegt diese Feststel-
rung spricht. lung mit Zahlen: Allein für die USA werden über
In einer Untersuchung von Christakou et al. 100.000 Verletzungen des vorderen Kreuzbands
(2007) wurden 20 Sportler mit Sprunggelenksver- pro Jahr angegeben. Eine vergleichbare Anzahl
letzung (grade II ankle sprain) in zwei Gruppen medizinischer Publikationen seit Mitte der 1970er-
aufgeteilt. Die Experimentalgruppe erhielt Menta- Jahre setzt sich mit der Diagnostik, der Therapie
les Training in Kombination mit praktischem Trai- und den Folgen dieser Verletzung auseinander.
ning, die Kontrollgruppe erhielt nur praktisches Hinterwimmer et al. (2003) sprechen von kumula-
Training. Es wurde über vier Wochen dreimal tiven Inzidenzen (Verletzte pro 1.000 Sportler) von
wöchentlich 60 Minuten trainiert. Die Experimen- 0,5 bei Frauen und 0,1 bei Männern. Unstrittig und
talgruppe erreichte in den Variablen »Stabilität« durch eine große Anzahl von Veröffentlichungen
und »Gleichgewicht« die gleichen Ergebnisse wie belegt ist die Tatsache, dass der natürliche Verlauf
die Kontrollgruppe. In der Variablen »muskuläre einer vorderen Kreuzbandruptur durch die verän-
Ausdauer« war die Experimentalgruppe der Kont- derte Kinematik die Arthroseentstehung am Knie-
rollgruppe überlegen. gelenk begünstigt. Beeinflusst wird diese Tendenz
durch Faktoren wie Alter, Gewicht, Trainingszu-
Zusammenfassung der Ergebnisse. Die wichtigs- stand, Vorschäden oder Begleitverletzungen.
ten Ergebnisse der vorgestellten Studien zum Men- Die Kreuzbandruptur wird heute entweder
talen Training bei Immobilisation der oberen und konservativ behandelt oder endoskopisch mit
9.3 · Mentales Training in der neurologischen und orthopädischen Rehabilitation
175 9
einer Kreuzbandplastik versorgt. Die Indikation Trainings bei Ross und Berger nicht beschrieben
zur Kreuzbandersatzplastik wird aufgrund der wird. Das Stressimpfungstraining wurde zusätzlich
schlechten konservativen Behandlungsergebnisse, zur herkömmlichen Physiotherapie durchgeführt.
insbesondere bei jüngeren und aktiven Patienten, Gegenüber einer Kontrollgruppe, die keine zusätz-
und der immer weniger invasiven Operationsme- liche Behandlung erhielt, empfanden die Patienten,
thoden immer großzügiger gestellt. Die minimal- die mit dem Stresstraining behandelt wurden, we-
invasive Operationsmethode ermöglicht es, schon niger Schmerzen, hatten weniger Angst während
kurz nach der Operation mit Rehabilitationsmaß- der Rehabilitation und benötigten eine kürzere
nahmen und der frühfunktionellen Belastung des Rehabilitationszeit.
Kniegelenks zu beginnen (Jürgens, 2000).
Meniskusläsionen machen den größten Teil al- Zusammenfassung der Ergebnisse. Die Ergeb-
ler Sportverletzungen des Kniegelenks aus, insbe- nisse der Studien lassen sich wie folgt zusammen-
sondere beim Fußball. Häufig liegen kombinierte fassen:
Verletzungen unter Einbeziehung von Gelenk- 4 Mentales Training nach Ruptur des vorderen
knorpel, Kapsel, Seiten- und Kreuzbändern vor Kreuzbandes verbessert die Kraftentwicklung
(Ueblacker et al., 2005). bei Beugung und Streckung des Kniegelenks
Sieht man davon ab, dass das Mentale Trai- und beugt der Angst vor Wiederverletzung
ning in der Rehabilitation nach Sportverletzung und der Schmerzwahrnehmung vor.
häufig Anwendung findet und Kreuzbandrupturen 4 Patienten nach Meniskusoperation profitier-
und Meniskusläsionen typische Sportverletzungen ten von Mentalem Training durch weniger
sind, liegen bislang kaum spezifische Berichte oder Schmerzen, weniger Angst und kürzere Reha-
Untersuchungen zur Anwendung des Mentalen bilitationszeiten.
Trainings in der Rehabilitation nach Kreuzban-
druptur oder Meniskusläsion vor. Amputation
Die häufigste Ursache von Amputationen bei Er-
Studien wachsenen ist in den zivilisierten Ländern die arte-
Cupal und Brewer (2001) untersuchten die Wirk- rielle Verschlusskrankheit, gefolgt von schweren
samkeit eines mentalen Trainingsprogramms an Unfällen (Niethard & Pfeil, 1997). Was die Anwen-
30 Patienten nach vorderer Kreuzbandruptur. Im dung des Mentalen Trainings bei Amputationen
Rahmen der Rehabilitation wurden zehn Einheiten betrifft, liegen bisher lediglich Berichte oder Unter-
Mentales Training durchgeführt, bei dem in Kom- suchungen über Beinamputierte vor. Entsprechend
bination mit Entspannungsübungen sportliche werden an dieser Stelle die Anforderungen an die
Zielbewegungen, die individuell an den jeweiligen Therapie nach Beinamputation beschrieben.
Patienten angepasst waren, vorgestellt wurden. Das Behandlungsziel ist die Wiederherstellung
Sie konnten bei den mental trainierenden Pati- der Funktion, für Beinamputierte also das Stehen
enten gegenüber einer Kontrollgruppe bedeutsame und Gehen (Mehrtens et al., 1993). Beinamputierte
Effekte hinsichtlich der Fähigkeit zur Kraftent- sollten, wann immer möglich und so rasch als mög-
wicklung bei Beugung und Streckung des Knie- lich, ihre Gehfähigkeit wiedererlangen, d. h., zu-
gelenks, der Angst vor Wiederverletzung und der nächst mit einer Prothese versorgt werden (De-
Schmerzwahrnehmung nachweisen. brunner, 1994). Mit dieser Beinprothese soll der
Ross und Berger (1996) stellten eine Unter- Amputierte schmerzfrei und mit intensiver thera-
suchung an Meniskuspatienten aus verschiede- peutischer Unterstützung das Stehen und Gehen
nen Sportarten vor, bei der die Wirksamkeit ei- erlernen. Der Bewegungsablauf sollte möglichst
nes Stressimpfungstrainings (nach Meichenbaum, flüssig und natürlich sein. Dies ist im Normalfall
1985) untersucht wurde. Das Stressimpfungstrai- mit den heutigen Prothesen weitgehend realisierbar.
ning enthielt neben einem Entspannungstraining Zentral beim Wiedererlernen der Gehbewe-
und Aufklärungsgesprächen auch ein Mentales gung nach einer Beinamputation ist die Tatsache,
Training, wobei der genaue Ablauf des Mentalen dass ein neues, mechanisches Körperteil in den Be-
176 Kapitel 9 · Mentales Training in der Rehabilitation
wegungsablauf integriert werden muss. Eine Pro- Mayer et al. (2003) beschreiben im Rahmen
these kann ein eigenes, lebendes Bein bei Weitem einer qualitativen Einzelfalldarstellung die Durch-
nicht ersetzen: Sie ist leblos, kraftlos, gefühllos, führung des Mentalen Trainings nach der Me-
schlecht steuerbar, sie fühlt sich anders an und ist thode des Mentalen Gehtrainings (s. oben) bei
schon allein aus rein ästhetischen Gründen nicht einem Patienten nach Oberschenkelamputation
mit einem natürlichen Bein vergleichbar. Obwohl und Prothesenversorgung. Beim Gehtraining von
eine Prothese daher wohl nie als Körperteil akzep- Patienten mit Oberschenkelprothese muss berück-
tiert wird, ist sie doch für den Patienten ein unent- sichtigt werden, dass der Patient zwei mechanische
behrliches Mittel, um ein unabhängiges Leben füh- Gelenke seiner Prothese beherrschen lernen muss.
ren zu können. Die einwandfreie Funktion ist dabei Insbesondere der Verlust des Kniegelenks macht
die erste Voraussetzung (Debrunner, 1994). das Gehen zu einem Balanceakt. Der Patient sollte
Nach optimaler Stumpfversorgung justiert der daher bereits zu Beginn des Trainings alle techni-
Orthopädietechniker die Prothese und passt sie schen Möglichkeiten der Prothese kennenlernen,
durch feine Veränderungen an das Gangbild des damit er diese später beim alltäglichen Gehen voll
Patienten an. Die Prothese muss in der Standphase nutzen kann (Rieble et al., 1986; Debrunner, 1994;
des Ganges die Belastung durch den zu tragenden 7 Beispiel 9.6).
Körper im Einbeinstand mit genügend hoher Si-
cherheit bei möglichst natürlich wirkendem Gang- Beispiel 9.6: Prothesentraining eines oberschen-
bild tragen. Die Ausführung der Schwungphase kelamputierten Patienten (nach Mayer et al. 2003)
soll in einer der Gehgeschwindigkeit entsprechen- Nach einem schweren Verkehrsunfall wird bei einem
9 den Zeit erfolgen, und sie soll zusammen mit der Patienten der Oberschenkel des linken Beins ampu-
Kniebewegung ein harmonisch wirkendes Gang- tiert. Die Amputation erfolgt ca. 10 cm oberhalb des
bild ermöglichen. Der Orthopädietechniker ist bei Kniegelenks. Der Patient benutzt eine monozentri-
der Justierung ganz besonders auf die Aussagen sche Knieprothese (»Jüpa-Knie«), darf sein Bein voll
des Patienten angewiesen. belasten, benutzt zum Gehen allerdings zwei Unter-
Nach Nico et al. (2004) sind Amputierte (hier armgehstützen, da er mit der Prothese noch nicht
jedoch Armamputierte) durchaus noch in der zurechtkommt und Angst vor Stürzen hat.
Lage, sich Bewegungen mit ihren nicht mehr vor- Das Gangbild ist zu Beginn der Therapie noch
handenen Gliedmaßen vorzustellen. sehr unsicher: Bei dem betroffenen Bein wird in
der Schwungphase die Knieflexion und -extension
> Bei Amputierten scheinen Bewegungs-
noch nicht im physiologischen Bewegungsrhyth-
repräsentationen noch über längere Zeit
mus durchgeführt. Aufgrund der Gangunsicherheit
hinweg bestehen zu bleiben.
zeigt der Patient eine deutlich erhöhte Spurbreite.
Allerdings hat sich gezeigt, dass der Verlust domi- Daraus folgen eine starke Transversalverschiebung
nanter Gliedmaßen zu größeren Schwierigkeiten des Rumpfes und eine Lateralflexion zur betroffenen
bei der Bewegungsvorstellung führt als der Ver- Seite in der Standphase.
lust nicht dominanter Gliedmaßen. Ebenso konnte Der Patient beschreibt die Schwierigkeiten beim
gezeigt werden, dass das Tragen einer Prothese Gehen folgendermaßen: Er habe die Funktion der Pro-
sich negativ auf die akkurate Vorstellung von Be- these weitgehend im Griff, allerdings habe er Angst,
wegungen auswirkt (Nico et al., 2004). Aufgrund dass er beim Vorschwung des betroffenen Beins an sei-
dieser undifferenzierten Bewegungsvorstellung im ner Gehhilfe hängen bleiben und stürzen könnte. Die
Umgang mit der Prothese kann der Patient zu- Jüpa-Prothese weist eine Besonderheit auf: Der Unter-
nächst nicht genau sagen, ob eine Stellungskor- schenkel muss vorgeschleudert werden und eingeras-
rektur durch den Orthopädietechniker die ange- tet werden, um in der Standphase stabil zu stützen.
strebte Wirkung erbracht hat und wie er mit der Entsprechend dem Vorgehen beim Mentalen
Prothese und der Motorik der Stumpfmuskulatur Gehtraining wird – ausgehend von einer ausführli-
eine möglichst sichere und harmonisch wirkende chen Bewegungsbeschreibung – eine individuelle
Gehbewegung erzeugt (Blumentritt, 1997). Bewegungsinstruktion entwickelt, die, auf Knoten-
9.3 · Mentales Training in der neurologischen und orthopädischen Rehabilitation
177 9
punkte der Bewegung reduziert, die Grundlage der anzupassen. Der Schaft wurde mit drei Schlaufen
Bewegungsvorstellung darstellt. In der Folge wird das versehen, sodass er fest an Oberschenkel und Wade
Mentale Training im Wechsel mit praktischem Trai- des jeweiligen Probanden fixiert werden konnte.
ning durchgeführt. Beim Mentalen Training wird das Die Oberschenkelprothese für Gesunde ließ sich
Erleben der optimalen Steuerung der Prothese zum durch zwei Stellschrauben optimal an Körpergröße
zentralen Vorstellungsinhalt: die charakteristischen, und Beinlänge der Probanden anpassen.
wahrnehmbaren Bewegungen im Stumpf in Zusam- In einer randomisierten Kontrollgruppenstu-
menhang mit den Mechanismen der Prothese. die mit Messwiederholung sollte der Effekt des
Das Bewegungsgefühl, wenn die Prothese Mentalen Trainings untersucht werden. Dabei er-
beschleunigt wird, deren Einrasten in der Exten- hielten die Versuchspersonen (Sportstudierende)
sionsstellung und das damit verbundene Gefühl der der Experimentalgruppe über drei Wochen einmal
Sicherheit (»Jetzt kann nichts mehr passieren«) wer- wöchentlich 30 Minuten Übungszeit mit der Pro-
den in die Bewegungsvorstellung integriert, und das these, davon 10 Minuten Mentales Training. Beim
Abrufen dieser Bewegungsvorstellung wird mental Mentalen Training wurde zunächst eine Vorstel-
trainiert. Im Rahmen der Anschlussheilbehandlung lung der zu erlernenden Bewegung entwickelt, wo-
wird schließlich das Gehen ohne Gehhilfen erreicht. bei besonders kinästhetische Aspekte im Umgang
mit der Prothese erarbeitet wurden. Im Anschluss
Studie daran wurden die Probanden aufgefordert, sich
Eine Evaluationsstudie zum Einsatz des Mentalen die Bewegung vorzustellen, dabei sollte insbeson-
Trainings zur Bewegungsoptimierung wurde von dere die Kinästhetik der Bewegung nachvollzogen
Gassner et al. (2007) vorgestellt. Das Besondere an werden. Außerdem wurden sie aufgefordert, auch
dieser Studie ist, dass eine Oberschenkelprothese außerhalb des Trainings täglich mental zu trai-
für Gesunde (basierend auf einem Kniegelenk der nieren. Die Versuchspersonen der Kontrollgruppe
Baureihe 3R80; . Abb. 9.12) angefertigt wurde, erhielten über drei Wochen einmal wöchentlich
um unter annähernd kontrollierten Bedingungen 30 Minuten Übungsmöglichkeit mit der Prothese.
das Mentale Training zum Bewegungslernen mit Gemessen wurden kinematische Parameter der
Oberschenkelprothese evaluieren zu können. Gehbewegung (Gehgeschwindigkeit, Schreitlänge)
Die Prothese wurde mit einem Schaft ausge- sowie eine subjektive Experteneinschätzung hin-
stattet, der es ermöglicht, die Prothese gesunden sichtlich Gehqualität, Bewegungssicherheit und
Probanden mit einem auf 90° angewinkelten Knie Lernerfolg.
Ergebnisse. Die Untersuchung zeigte einen deut- Bei Patienten mit Osteosarkom wird zur Ver-
lich positiveren Effekt des Mentalen Trainings in meidung einer funktionell ungünstigen hüftna-
Kombination mit praktischem Training im Ver- hen Amputation bei diesem Verfahren der Fuß
gleich zu rein praktischem Üben, obwohl die Ex- als Kniegelenksersatz replantiert (Umkehrplastik
perimentalgruppe bedingt durch das zusätzliche nach Borggraeve/van Nes) und prothetisch ver-
Mentale Training weniger Zeit zum praktischen sorgt (. Abb. 9.13). Durch die Replantation des um
Üben hatte als die Kontrollgruppe. Bemerkenswert 180° gedrehten Unterschenkels unter Verkürzung
ist, dass die Experimentalgruppe sowohl in der des Beins kann das Sprunggelenk als Kniegelenk
computergestützten Ganganalyse wie auch im Ex- fungieren und aktiv eine Unterschenkelprothese
pertenrating der Kontrollgruppe überlegen war. steuern. Auf der ganzen Welt existieren nicht mehr
Bei der Interpretation der Ergebnisse bleibt als ca. 600 Personen, ausnahmslos jüngere Patien-
– auch bezüglich eines möglichen Transfers in ten und Kinder, die mit einer solchen Umkehr-
die Rehabilitation – zu berücksichtigen, dass die plastik versorgt wurden (7 Beispiel 9.7).
Probanden (Sportstudierende) über besondere Vo-
raussetzungen verfügten, die bei Patienten in der Beispiel 9.7: Prothesentraining nach
Rehabilitation in dieser Form nicht ohne Weiteres Umkehrplastik (nach Mayer et al., 2003)
zu erwarten sind, und dass einmaliges Üben pro Der Patient darf sechs Monate lang das operierte
Woche doch sehr praxisfern erscheint. Bein nur mit 30 kg belasten und muss deswegen
an zwei Unterarmgehstützen gehen. Im Laufe der
Mentales Gehtraining bei Patienten mit Therapie wird mit dem Patienten eine individuelle
9 Umkehrplastik Bewegungsanweisung erarbeitet, die Grundlage für
Von einem besonderen Anwendungsbeispiel für die Entwicklung einer angemessenen Bewegungs-
den erfolgreichen Einsatz des Mentalen Trainings vorstellung sein soll. Die Entwicklung der Bewe-
bei Amputierten berichten Mayer et al. (2003). gungsvorstellung ist insofern außergewöhnlich, als
Sie trainierten nach der Methode des Mentalen die früher laterale Körperwahrnehmung des Unter-
Gehtrainings (s. oben) einen Patienten, der nach schenkels durch die Umkehrplastik jetzt zu einer
Osteosarkom mit einer Umkehrplastik nach Borg- medialen Körperwahrnehmung geworden ist. Zur
graeve/van Nes versorgt wurde. weiteren Differenzierung dieser Bewegungsvorstel-
Fazit
Es bleibt festzuhalten, dass Mentales Training ne-
ben der Anwendung in der Rehabilitation nach
Sportverletzungen auch vielfach in der außersport-
lichen neurologischen und orthopädischen Reha-
bilitation anzutreffen ist. Dabei sind Schwerpunkte
in der neurologischen Rehabilitation, speziell in
der Rehabilitation nach Schlaganfall, festzustellen.
Aber auch in der orthopädischen Rehabilitation
setzt sich mehr und mehr die Überzeugung vom
therapeutischen Nutzen des Mentalen Trainings
durch. Außerhalb der neurologischen oder ortho-
pädischen Rehabilitation wird Mentales Training
als Therapieverfahren nur sehr vereinzelt ange-
wandt (z. B. bei pulmonaler Hypertonie; vgl. Me-
reles et al., 2006).
Noch sind die Durchführungsmodalitäten sehr
unterschiedlich, auch wenn allgemein eher Verfah-
ren nach dem räumlich-bildhaften oder kinästhe-
tischen Ansatz berichtet werden. In der therapeu-
tischen Praxis ist noch nicht von einer etablierten
Anwendung zu sprechen. Daher gilt es in naher
Zukunft vornehmlich über wissenschaftliche Stu-
dien die Wirksamkeit des Mentalen Trainings an
sich sowie die optimale Durchführungsmodalität
– auch in Kombination mit etablierten physiothe-
rapeutischen Verfahren – zu ermitteln. Außerdem
ist das Verfahren über die Angabe von Effektstär-
ken transparent und kalkulierbar für die Praxis
aufzubereiten.
10
In den vorangegangenen Kapiteln wurde dargelegt, »Bei einer Fehlertoleranz von 0,1 % käme es in den
dass Mentales Training ein psychologisches Trainings- USA im Bankgewerbe zu 32.000 Fehlbuchungen pro
verfahren zur Lern- und Leistungssteigerung ist. Dabei Tag, bei der Post zu 16.000 verlorenen Briefen pro
wurde im Kontext Leistungssport neben der Anwen- Stunde und auf dem Flughafen von Chicago zu zwei
dung des Mentalen Trainings zur Vermittlung von Be- unsicheren Landungen pro Tag. Auf den Intensiv-
wegungen und Handlungsabläufen insbesondere die stationen der Krankenhäuser im Staat New York lag
Optimierung im Sinne von Automatisierung und Sta- die Fehlertoleranz im Jahr 1984 bei 1 %. Ein Drittel
bilisierung von Bewegung unter Stress in den Vorder- dieser Fehler führte bei den Patienten zu lebensbe-
grund gestellt. Diese Anforderungen finden sich nicht drohlichen Komplikationen.«
nur bei Wettkämpfen, sondern auch in vielen Anwen-
dungsgebieten des Arbeits- und Wirtschaftslebens. In vielen Situationen des Alltags wird vom Leis-
Welchen Beitrag das Mentale Training hier zur Lern- tungserbringer das Bestmögliche erwartet (Pro-
und Leistungsoptimierung leisten kann, soll im Folgen- gnose). Die Konsequenzen beim Misslingen der
den am Beispiel der Medizin, der Luftfahrt, der Musik Handlung können gravierend sein, der Zeitpunkt
sowie der Produktion/Fertigung gezeigt werden. ist oft von außen vorgegeben, und die Nichtwie-
derholbarkeit erklärt sich von selbst, wenn man
sich die täglichen Anforderungen in den Berufs-
10.1 Anforderungen im feldern z. B. von Piloten, Chirurgen oder auch
Arbeits- und Wirtschaftsleben Künstlern vor Augen führt.
Diese wettkampfähnlichen Anforderungen
Systematisiert man die Unterschiede von Training des Arbeits- und Wirtschaftslebens werden von
und Wettkampf, lassen sich wesentliche Kriterien vielen Menschen als Belastung wahrgenommen.
einer wettkampfähnlichen Situation herausstellen Man fühlt sich unter Druck, weil Leistungsfähig-
10 (u. a. Eberspächer, 2001; 7 Übersicht im Kasten). keit und Leistungsorientierung im Alltag häufig
vorausgesetzt werden. Doch welche Mechanis-
men stecken hinter diesem Belastungsphänomen,
Kriterien einer wettkampfähnlichen und wie kann Mentales Training hier unterstüt-
Situation zend wirken?
4 Ein Wettkampf geht immer mit einer Prog-
nose, also einer an die Handlung und das
Ergebnis gestellten Erwartung einher. 10.1.1 Belastung und Beanspruchung
4 Ein Wettkampf bzw. sein Ergebnis hat im-
mer (positive oder negative) Konsequenzen. Allgemein ist zunächst zwischen Belastung und
4 Im Wettkampf muss die Leistung zu einem Beanspruchung zu unterscheiden. Der Begriff der
extern vorgegebenen Zeitpunkt erbracht Belastung kommt eigentlich aus der Physik und
werden. meint einen ganz bestimmten Druck, der auf ein
4 Im Wettkampf hat man keine Möglichkeit, bestimmtes Material ausgeübt wird. Er wird abge-
eine misslungene Aktion zu wiederholen. grenzt vom Begriff der Beanspruchung. Beanspru-
chung ist das jeweilige Erleben dieser Belastung
(Frieling & Sonntag, 1999).
Diese Kriterien, die die Besonderheit der Wett- Dies bedeutet: Eine Belastung ist interindividu-
kampfsituation ausmachen und wesentlich für die ell gleich groß, wird allerdings von verschiedenen
Unterscheidung von Training und Wettkampf sind, Menschen ganz unterschiedlich erlebt. Deutlich
finden sich nicht nur sportartübergreifend in allen wird dieser Unterschied auch im Stresskonzept
sportlichen Wettkämpfen wieder, sondern auch in von Lazarus und Folkman (1984). Dieses Modell
vielen leistungsorientierten Situationen des Arbeits- beschreibt die Entstehung von Stress als Resultat
und Berufslebens. Immenroth (2003, S. 61) bringt von verschiedenen personeninternen Bewertungs-
dies mit folgenden Ausführungen auf den Punkt: prozessen. D. h., dass ein und dasselbe Ereignis
10.1 · Anforderungen im Arbeits- und Wirtschaftsleben
183 10
von verschiedenen Menschen ganz unterschiedlich Ein völlig stressfreies Leben ist nach seiner Auf-
wahrgenommen wird. Für professionelle Musiker fassung Stillstand und ein richtiges Maß an Stress
z. B. ist ein Konzert vor vielen Zuhörern vielleicht die »Würze des Lebens«. Nur zu viel oder an-
eine reizvolle Herausforderung, eine Gelegenheit, dauernder, chronischer Stress entwickle sich zum
um das eigene Können zu demonstrieren. Mög- negativen Stress, der – wie Selye zeigen konnte –
licherweise wird ein Konzert aber auch als eine nachweislich für viele Erkrankungen (mit-)verant-
Bedrohung wahrgenommen, die aus der Angst wortlich ist, z. B. für Herzerkrankungen, Magen-
resultiert, sich zu blamieren. Darm-Probleme, Schlafstörungen, Hörsturz oder
Burnout-Syndrom.
> Ob eine Situation als Bedrohung oder Her-
ausforderung interpretiert wird, hängt mit
der individuellen Einschätzung der zur Verfü- 10.1.2 Repräsentation und
gung stehenden Ressourcen zusammen. Vorstellungen von
Fühlt sich der Musiker der Situation, vor vielen Handlungsoptionen im
Menschen zu musizieren, gewachsen, vielleicht beruflichen Kontext
weil er schon oft erfolgreich Konzerte gegeben
oder das vorzutragende Stück sehr gut vorbereitet Da Belastungen unterschiedlich wahrgenommen
hat, wird er sich weit weniger beansprucht erleben und interpretiert werden, und zwar abhängig von
als ein Kollege, der vielleicht das erste Mal vor ei- den individuell als verfügbar eingeschätzten Res-
ner größeren Gruppe spielen muss und noch dazu sourcen, bedeutet dies für den optimalen und
schlecht vorbereitet ist. leistungsfördernden Umgang mit Belastungen im
An diesem Beispiel wird deutlich: ein und die- Berufsalltag, dass entsprechende Handlungsopti-
selbe Belastung (eine größere Gruppe von Zu- onen für stressreiche Situationen entwickelt und
hörern) führt individuell zu ganz unterschiedlich trainiert werden müssen.
erlebten Beanspruchungen, je nachdem, wie die Auch hier ist es daher wesentlich, eine entspre-
Belastung vom Individuum bewertet wird, und chende Repräsentation bzw. Vorstellung von der
diese Bewertung hängt maßgeblich von vorhande- geforderten Handlung zur Verfügung zu haben.
nen Bewältigungsressourcen ab. In der Arbeitspsychologie spricht man bei diesen
Viele Menschen berichten, dass sie ein gewis- Repräsentationen auch von mentalen Landkarten
ses Maß an erlebter Beanspruchung sogar brau- bzw. mentalen Modellen, die für die Regulation
chen, um »richtig gut« zu sein. Sie fühlen sich einer Handlung eine entscheidende Rolle spielen
in beanspruchenden Situationen aktivierter und (Theorie zur Handlungsregulation nach Hacker,
leistungsfähiger. 1998). Die mentalen Landkarten entsprechen der
Im Sport nennt man dieses Gefühl vor einem Repräsentation der Umwelt, der angestrebten Ziele
Wettkampf »Vorstartzustand«: Puls und Blutdruck sowie der eigenen Fähigkeiten und Kompeten-
gehen hoch, man schwitzt vermehrt, und mancher zen zur Erreichung dieser Ziele. Entsprechend den
Sportler berichtet auch von Magendrücken. Diese Ausführungen in 7 Kap. 3 ist auch nach Hacker
körperlichen Reaktionen in Beanspruchungssitu- (1998) die Qualität einer Handlung stark von der
ationen sind genetisch festgelegt und beschreiben Richtigkeit und Differenziertheit dieser Repräsen-
einen bestimmten Schutzmechanismus: Der Kör- tation abhängig. Je besser also das innere Modell
per mobilisiert in als gefährlich eingeschätzten Si- ist, umso angemessener und demnach auch erfolg-
tuationen seine Widerstandskräfte. reicher kann eine Handlung durchgeführt werden
Dieser Mechanismus ist schon vor vielen Jahr- (Hacker, 1998).
zehnten von Selye (1953) – insbesondere im Tier- Die Notwendigkeit einer Repräsentation und
versuch – nachgewiesen worden. Selye bezeichnete einer daraus resultierenden Bewegungs- oder
diesen mobilisierten Zustand als akuten Stress. Er Handlungsvorstellung besteht demnach nicht nur
interpretierte akuten Stress als positiven Stress, für Bewegungen im sportlichen oder rehabilitati-
der wichtig für die individuelle Entwicklung sei. ven Zusammenhang, sondern für jede Form von
184 Kapitel 10 · Mentales Training im Bereich Arbeit und Wirtschaft
Operative
Handlung Patient
Achse A
. Abb. 10.2 Schematische
Optische Darstellung der Konstellation
Chirurg Überwachung bei der minimalinvasiven Chir-
urgie (a), reale Situation im OP
Achse B (b) (abgedruckt mit freundli-
Visuelles cher Genehmigung der Klinik
Feedback Monitor für Gynäkologie, Universitäts-
spital Zürich, Schweiz, und
a b NCCR Co-Me, Schweiz, 2007)
rurgischen Bereich zu übertragen (Eberspächer & aus organisatorischen und finanziellen Gründen;
Immenroth, 1999; Hall, 2002; Immenroth, 2003). So Immenroth, 2003).
kann Mentales Training als Trainingsmethode bzw. Alternative Trainingsmethoden sind daher in
als Möglichkeit zur Vorbereitung auf operative Ein- der Medizinerausbildung von großer Bedeutung.
griffe von großem Nutzen sein kann: einerseits für Neben diversen modernen Simulationsverfahren,
den lernenden Chirurgen, dessen Lernfortschritt die mit einem relativ hohen Kostenaufwand ver-
durch Mentales Training optimiert werden kann, bunden sind, kommt dafür auch das im Vergleich
und andererseits für Chirurgen, die – Profisportlern zu anderen Trainingsmethoden wenig aufwendige
vergleichbar – unter stressreichen Bedingungen Mentale Training in Frage. Vorrangiges Ziel bei
komplizierte feinmotorische Bewegungen möglichst der Anwendung des Mentalen Trainings in der
exakt ausführen müssen (vgl. Arora et al., 2011). Chirurgenausbildung ist die Steigerung der Lern-
leistung. Letztlich soll nicht nur eine Erhöhung der
> Insbesondere im Rahmen der Medizineraus-
Lerngeschwindigkeit, sondern auch eine Verbesse-
bildung ist das Mentale Training mittlerweile
rung der Handlungsqualität resultieren (Immen-
eine anerkannte Ausbildungsform, deren Ef-
roth, 2003).
fektivität und Effizienz schon durch mehrere
Evaluationsstudien nachgewiesen werden Ablaufschema
konnte (vgl. z. B. Arora et al., 2011; Louridas
Der Ablauf des Mentalen Trainings in der invasi-
et al., 2015; Cocks et al., 2014).
ven Medizin (hier nach Immenroth, 2003) ist nach
dem in der Übersicht im 7 Kasten dargestellten
Chirurgenausbildung Schema aufgebaut.
In der Ausbildung des modernen Chirurgen kann
wie beim Training im Leistungssport das Streben
nach höchster Perfektion bei komplizierten Be- Ablaufschema des Mentalen Trainings in
wegungen unter allen denkbaren Bedingungen der invasiven Medizin
als übergeordnetes Ziel angesehen werden (Troidl 4 Operation festlegen
1996; Cocks et al. 2014). Aufgrund der organisa- 4 Deskription der Operation
torischen, aber vor allem auch der ethischen Rah- 4 Instruktion
menbedingungen in der Medizinerausbildung lernt 4 Praktisches Training und Mentales Training
ein Chirurg üblicherweise die erforderliche Ope- im Wechsel
rationstechnik zunächst durch Beobachtung eines 4 Realisation
Modells. Auch nach dieser Phase der Beobachtung
von Operationsvorgängen ist die Anzahl der prak-
tischen Übungsdurchgänge im Operationssaal sehr Operation festlegen. Zunächst muss eine Ope-
begrenzt (nicht nur aus ethischen, sondern auch ration festgelegt werden, z. B. eine laparoskopi-
186 Kapitel 10 · Mentales Training im Bereich Arbeit und Wirtschaft
sche Cholezystektomie (Gallenblasenentfernung, an den Trokar 3 (T3). Ziehe sie vorsichtig nach
7 Beispiel 10.1). Dabei handelt es sich um ein en- kaudal und lateral. Cave: Zu kräftiger Zug am Infun-
doskopisches Operationsverfahren, d. h., der Ein- dibulum kann zu Komplikationen, wie dem Einrei-
griff erfolgt über kleinstmögliche Einschnitte (mit- ßen von Gefäßen, führen!
tels sogenannter Trokare). Durch diese Vorgehens- 4. Aufspannen des Calot-Dreiecks: Hebe die
weise ist eine visuelle Überwachung der Operation Leber mit dem Taststab über Trokar 4 (T4) an und
nur über Monitore möglich, was den Chirurgen spanne gleichzeitig das Lig. hepatoduodenale auf.
vor zwei besondere Schwierigkeiten stellt: 5. Inzision des peritonealen Überzugs im Calot-
4 Das Arbeiten erfolgt entgegen der natürlichen Dreieck: Durchtrenne scharf den Peritonealüber-
(einachsigen) Handlungsgewohnheiten auf zug gallenblasennah mit der Schere. Cave: Durch-
zwei Achsen (. Abb. 10.2). trenne gallenblasennah! Branchen der Schere nur
4 Durch den oben beschriebenen Aufbau ist nur an der Spitze öffnen, um exakt nur wenig Gewebe
eine sehr eingeschränkte bzw. veränderte Kon- zu durchtrennen!
trolle (visuell/haptisch) möglich (Immenroth, 6. Darstellung des Ductus cysticus*: Präpariere
2003). weiter gallenblasennah das Calot-Dreieck mit
Häkchen oder Schere über T2. Stelle den Ductus
Deskription der Operation. Im zweiten Schritt cysticus durch Abschieben des Gewebes mittels
erfolgt die ausführliche Beschreibung der festge- Präparierfasszange über T2 dar. Der Ductus cys-
legten Operation. Solche Beschreibungen liegen ticus muss vollständig und zirkulär dargestellt
in der entsprechenden chirurgischen Fachliteratur sein. Cave: Die stumpfe Präparationsrichtung sollte
(OP-Atlas) in relativ standardisierter Form vor. stets von der Gallenblase weg in Richtung Ductus
choledochus nach medial gerichtet sein! Die scharfe
Instruktion. Aus der Deskription wird im nächs- Präparationsrichtung sollte stets auf die Gallenblase
10 ten Schritt eine Instruktion abgeleitet. Dazu wird zu, weg vom Ductus choledochus, nach lateral
die ausführliche Beschreibung der jeweiligen Ope- gerichtet sein. Durch leichte Bewegungen der Prä-
ration auf Knotenpunkte reduziert. Diese Knoten- parierfasszange oder Clip-Zange mit parallel zum
punkte werden zu einer standardisierten Instruk- Gefäß geführten Branchen ist die Fensterung im
tionsfibel zusammengestellt, die dem Chirurgen Calot-Dreieck zu erreichen!
vor dem mentalen Trainieren ausgehändigt wird. 7. Clip-Technik zur Versorgung des Ductus cys-
In den letzten Jahren wurden für mehrere Opera- ticus*: Clippe den Ductus cysticus zentralwärts
tionsmethoden Instruktionsfibeln (z. B. Jugenhei- zur Sicherung mit zwei Endo-Clips (alternativ Ein-
mer, 2006) oder vergleichbare Skripte (vgl. Arora satz resorbierbarer Clips). Peripher genügt die Ver-
et al., 2010; Louridas et al., 2015) entwickelt. sorgung mit einem Clip. Cave: Die zentralen Clips
sollten mindestens 10 mm von der sichtbaren
Beispiel 10.1: Die 14 Knotenpunkte der laparos- Konfluenz entfernt platziert werden, da sonst eine
kopischen Cholezystektomie (nach Eberspächer Teilligatur des Ductus choledochus erfolgen kann!
& Immenroth, 1999) 8. Durchtrennung des Ductus cysticus*: Durch-
1. Exploration der Bauchhöhle: Überprüfe in trenne den geclippten Ductus cysticus mittels der
horizontaler Kameraführung sorgfältig die Bauch- über T2 eingeführten Schere.
höhle, insbesondere das Operationsfeld. Kontrol- 9. Darstellen, Clippen und Durchtrennen der
liere die Trokareinstichstellen, insbesondere bei A. cystica* (. Abb. 10.3): Gehe analog zu den
Verwachsungen. Knotenpunkten 6–8 vor. Präpariere die A. cystica
2. Lösen von pericholezystischen Verwachsun- zunächst zirkulär frei und stelle sie möglichst voll-
gen: Löse stumpf oder ggf. scharf mit der Schere ständig dar. Cave: Präpariere stets gallenblasennah!
evtl. vorhandene pericholezystische Adhäsionen Nach zentraler und peripherer Clippapplikation
über den Trokar 2 (T2) ab. kann unter Sicht exakt die Durchtrennung mit der
3. Fixieren der Gallenblase: Fasse die Gallenblase über T2 eingeführten Schere erfolgen. Cave: Nach
am Fundus bzw. Infundibulum mit der Fasszange dem Durchtrennen der A. cystica kann ein zusätz-
10.2 · Chirurgie und Zahnmedizin
187 10
lich dorsalwärts gelegenes arterielles Gefäß zur leitet, muss beim Mentalen Training in der Chirur-
Versorgung der Gallenblasenhinterwand verlaufen. gie nicht der lernende Chirurg selbst, sondern ein
Deshalb wird nach dem Durchtrennen der A. cys- erfahrener Kollege die Knotenpunkte der jeweili-
tica nochmals die sorgfältige Präparation mit der gen Operation vorgeben. Somit sollte bei der For-
Schere oder dem Häkchen bis zum Leberparenchym mulierung der Knotenpunkte auch auf individu-
vorgenommen! elle Wahrnehmungsphänomene verzichtet werden
10. Subseröses Ausschälen der Gallenblase: (Immenroth, 2003). Diese Vorgehensweise ergibt
Dränge den rechten Leberlappen mit dem Tast- sich zwangsläufig, da Chirurgen heute gar nicht
stab nach kranial, fasse die Gallenblase am Infun- mehr die Zeit haben, die Ableitung der Knoten-
dibulum und spanne sie nach kaudal und lateral. punkte für jede Operation selbst vorzunehmen.
Präpariere die Gallenblase aus ihrem Leberbett Zudem besteht bei jungen, unerfahrenen Chirur-
mit der elektrischen Schere. Koaguliere bei etwai- gen die Gefahr, dass sie sich möglicherweise auf
gen Blutungen. irrelevante Handlungsschritte konzentrieren und
11. Luxation der isolierten Gallenblase unter Sicht: deswegen wichtige Knotenpunkte bzw. Sicher-
Fasse die Gallenblase an dem Stumpf des Ductus heitsaspekte der jeweiligen Operation nicht be-
cysticus mit der Fasszange über T3. Extrahiere die rücksichtigen (Troidl, 1995; Immenroth et al., 2008;
isolierte Gallenblase samt Trokar unter Sicht aus vgl. auch die Übersicht über die Besonderheiten bei
der Bauchhöhle. Ziehe die Gallenblase möglichst der Durchführung des Mentalen Trainings in der
weit vor die Bauchdecke. Fasse die teilluxierte Gal- Chirurgie im 7 Kasten; 7 Beispiel 10.1).
lenblase mit Péan-Klemmen und eröffne sie. Sauge
die Gallenflüssigkeit ab. Entferne große Gallen-
steine einzeln, gegebenenfalls nach Zerkleinerung. Besonderheiten bei der Durchführung des
Vergrößere ggf. den Schnitt am rechten Unter- Mentalen Trainings in der Chirurgie
bauch. Luxiere die Gallenblase unter drehenden 4 Die Ableitung der Knotenpunkte erfolgt
Bewegungen. Cave: Beim Gallenblasenhydrops emp- nicht durch den Trainierenden selbst, son-
fiehlt sich vor der Extraktion eine Punktion der Gallen- dern in der Regel durch einen erfahrenen
blase mit Absaugen der Flüssigkeit! Bei Vergrößerung Chirurgen.
des Schnitts muss zur Vorbeugung einer Bauchwand- 4 Es werden ausschließlich externe bzw. mor-
hernie ggf. eine resorbierbare Fasziennaht unter Sicht phologische Knotenpunkte festgelegt.
am T3-Zugang durchgeführt werden! 4 Mögliche Gefahren und Sicherheitsaspekte
12. Alternative: Extraktion der Gallenblase mit- sind bei den Knotenpunkten berücksichtigt.
tels Endo-Bag: Führe die Gallenblase in den
Endo-Bag ein und schließe diesen. Verfahre weiter
wie unter 11. Jeder Knotenpunkt wird mit kurzen, prägnant for-
13. Inspektion des Operationsgebietes: Spanne mulierten Handlungs- und Bewegungsanweisun-
das Leberbett mit dem Taststab auf. Spüle das gen sowie konkreten Hinweisen auf Gefahrenmo-
Operationsgebiet und sauge anschließend ab. Ko- mente verbunden. In der Instruktionsfibel werden
aguliere gegebenenfalls nach, bis alle Blutungen auf der linken Seite die Knotenpunkte sowie die
gestillt sind. Kontrolliere die Clips. entsprechende Instruktion und auf der rechten
14. Abschluss der Operation: Entlaste das Seite die zugehörigen Abbildungen angeordnet
Pneumoperitoneum. Entferne die Trokare unter (Immenroth, 2003; . Abb. 10.3).
Sicht. Verschließe die Hauteinstichstellen. Für den Übergang zur nächsten Stufe des Ab-
* Die Reihenfolge der Knotenpunkte 6 (einschließlich laufschemas muss der auszubildende Chirurg die
7 bzw. 8) und 9 ist abhängig von der anatomischen Instruktionsfibel lernen und sich den Ablauf der
Situation. Operation per Selbstgespräch vergegenwärtigen.
Es empfiehlt sich, diesen Schritt von einem erfah-
Im Gegensatz zum Mentalen Training im Sport, renen Kollegen oder Ausbilder kontrollieren bzw.
bei dem der Sportler die Knotenpunkte selbst ab- bestätigen zu lassen.
188 Kapitel 10 · Mentales Training im Bereich Arbeit und Wirtschaft
. Abb. 10.3 Auszug aus einer Instruktionsfibel für die laparaskopische Cholezystektomie, 9. Knotenpunkt (aus Immenroth,
2003, S. 86; mit freundlicher Genehmigung des Verlags Dr. Kovač)
10
Damit sollte eine differenzierte Vorstellung über Immenroth (2003) empfiehlt, beim Einsatz des
den Operationsablauf vorliegen, und das eigentliche Mentalen Trainings in der invasiven Medizin ge-
Mentale Training, das im Wechsel mit praktischem wisse Trainingsprinzipien zu beachten (7 Praxis-
Training durchgeführt wird, kann beginnen. tipp).
angesehen werden. In der Ausbildung erlernt der (. Abb. 10.4). Es stellt sich auch hier die Frage, ob
Zahnmediziner die Operations- und Präparations- das Mentale Training die Lernleistung der ange-
technik durch praktisches Üben am Phantomkopf henden Zahnmediziner optimieren kann.
Ablaufschema
Der Ablauf des Mentalen Training in der Zahnme-
dizin richtet sich nach derselben Heuristik wie das
Mentale Training in der Chirurgie (7 Kap. 10.2.1).
10
. Abb. 10.5 Mentales Training in der Zahnmedizin (Ausschnitt aus der Instruktionsfibel; aus Immenroth, 2003, S. 86; mit
freundlicher Genehmigung des Verlags Dr. Kovač)
10.3 · Luftfahrt
191 10
die entsprechend dem in 7 Kap. 10.2.1 dargestellten 4 Sachkompetenz (Umgang mit dem Flugzeug,
Ablaufschema mental und praktisch trainierte. richtige Bedienung der Instrumente etc.),
Neben der Operationsqualität wurden auch der 4 Sozialkompetenz (Umgang mit Kopilot oder
Präparationsprozess, das Präparationswissen und Team und Besatzung) und
die Einstellung zum Mentalen Training erhoben. Es 4 Selbstkompetenz (optimale Handlungssteue-
zeigten sich unmittelbar nach dem Training bedeut- rung, insbesondere in Stresssituationen)
same Unterschiede in fast allen abhängigen Varia- herzustellen und aufeinander abzustimmen.
blen (außer der Präparationsdauer) zugunsten der Zur Optimierung dieser Komponenten werden
mental trainierenden Gruppe. Auch die Einstellung im Rahmen von Trainings-, Ausbildungs-, Quali-
zum Verfahren wird als sehr positiv beschrieben, tätssicherungs- und Qualitätskontrollprogrammen
außerdem hatten die Teilnehmer keinerlei Schwie- üblicherweise Simulationsmöglichkeiten genutzt.
rigkeiten bei der Durchführung des Trainings. Das sind zum einen die bekannten und technisch
In einer weiteren Studie an Studierenden der sehr aufwendigen Flugsimulatoren, zum anderen
Zahnmedizin (Welk et al., 2003) konnte in ei- computergestützte Trainingsprogramme bzw. -ge-
nem vergleichbaren Design gezeigt werden, dass räte wie z. B. das PCATD (Personal Computer
hinsichtlich Präparationsprozess und Präpara- Aviation Training Device; Taylor et al., 1999).
tionswissen bedeutende Unterschiede zugunsten In den Flugsimulatoren, die in der kommer-
der mental trainierenden Gruppe erreicht werden ziellen und militärischen Ausbildung von Piloten
konnten. Dieser Effekt war auch acht Monate spä- zum Einsatz kommen, werden Bewegungsabläufe
ter noch nachweisbar. so lange trainiert, bis sie in allen denkbaren Si-
tuationen nahezu perfekt ablaufen. Das Simu-
Zusammenfassung latortraining wird in der Praxis durch mentale
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Men- Trainingsformen ergänzt und als Mentale Simu-
tales Training ein effektives und sehr effizientes lation bezeichnet. Hierbei werden insbesondere
Verfahren in der Medizinerausbildung zu sein Lösungspläne für bereits aufgetretene kritische
scheint. Neben dem Einsatz in Chirurgie und Situationen trainiert, aber auch Krisenpläne für
Zahnmedizin, liegen auch positive Ergebnisse Situationen, die tatsächlich noch gar nicht aufge-
aus den Bereichen Gynäkologie und Urologie vor treten sind, entworfen und mental durchgespielt
(Cocks et al., 2014). Ein erwünschter Nebeneffekt (Immenroth et al., 2008). Ergänzt werden die Si-
des Mentalen Trainings ist zudem die beachtliche mulationsprogramme durch Trainingsprogramme
Kostenersparnis gegenüber praktischen Trainings- zur Stressregulation, z. B. das Selbstregulations-
methoden (z. B. Operationssimulator). training von Prinzel et al. (2002). Ziel ist es, die
Insbesondere die Wirksamkeit im Hinblick auf
eine optimierte Handlungsregulation in Stress-
oder Notfallsituationen erscheint relevant (vgl.
Arora et al., 2011; Louridas et al., 2015).
10.3 Luftfahrt
Piloten auf diese Weise auch für sehr selten auftre- rumenten und dem Verhalten anderer Menschen
tende Not- oder Gefahrensituationen zu trainieren (z. B. des Kopiloten) repräsentiert sein.
(7 Beispiel 10.2). Bereits im Anwendungsfeld Sport wurde auf
das Potenzial des Mentalen Trainings für die Lern-
Beispiel 10.2: Triebwerksausfall optimierung bei Handlungen in vergleichbar kom-
Ein Flugkapitän schildert, wie er eine kritische Flug- plexen Handlungsfeldern hingewiesen. Entspre-
situation durch mentale Vorbereitung erfolgreich chend lässt sich das Mentale Training auf die An-
meistern konnte (aus: Eberspächer, 2004, S. 37f.): wendungssituation Pilotenausbildung transferieren
»Ich möchte an dieser Stelle noch mal ganz (Mogford, 1997).
konkret auf eine fliegerische Situation eingehen, die
> Das Mentale Training kann im Rahmen der
ich vor einiger Zeit erlebt habe, um die Hilfestellung
Pilotenausbildung genutzt werden, um
und den Nutzen mentaler Vorbereitung verdeutli-
Alltagsroutinen zu trainieren und zu auto-
chen zu können: Ein Start in München, voll belade-
matisieren und um seltener vorkommende
nes Flugzeug Richtung Palma de Mallorca. Wenige
Flugmanöver (z. B. in Not- und Stresssitua-
Minuten nach dem Abheben ist ein Triebwerk
tionen) vorzubereiten.
aufgrund von Ölverlust ausgefallen. In einer Flieger-
karriere tritt ein Triebwerksausfall, obwohl er sehr Eine Studie mit französischen Piloten konnte zei-
gut und häufig trainiert wird, extrem selten auf. Ich gen, dass erfahrene Piloten deutlich mehr Entschei-
bin über 30 Jahre in der Fliegerei und habe es zum dungen treffen als Fluganfänger. Reichmann (nach
ersten Mal konkret erlebt. Im Moment, in dem man Krumm, 2007) ist in einem Doppelsitzer mitgeflo-
feststellt, dass ein Motor ausgefallen ist, werden die gen und hat sich berichten lassen, welche Entschei-
normalen Stressreaktionen freigesetzt, das heißt, dungen die Piloten treffen: »Dabei hat er einen
man erlebt ganz bewusst, dass der Pulsschlag steigt, französischen Meister mit Mittelklassepiloten ver-
10 man hat kurz das Gefühl, dass einem die Luft weg- glichen. Er kam zu einem Gesamtentscheidungs-
bleibt. Jetzt muss man sich verlassen und zurück- verhältnis von 1 : 15, d. h., der französische Profipi-
greifen können auf das, was man vorher trainiert lot hat 15-mal mehr Entscheidungen getroffen als
hat. Nun werden die Arbeitsschritte, die in vielen Se- sein normaler Kollege« (Krumm, 2007, S. 51).
quenzen im Simulator und bei vielmaligem Training Krumm (2007) berichtet weiter, dass sehr viele
im Gehirn verankert wurden, aktiviert, und man Piloten, insbesondere die sehr guten, ihre Entschei-
kann sich selbst reden hören und stellt fest, dass, dungen nicht bewusst treffen. Um die Entschei-
obwohl die Stressbelastung sehr hoch ist, die vor- dungskompetenz zu optimieren, muss diese unbe-
bereiteten Verhaltensmuster zügig und konsequent wusste Entscheidungskompetenz bewusst gemacht
umgesetzt werden und dass der Arbeitsfortschritt in werden. Nur so können (unbewusste) Entschei-
seinem Funktionieren auch für einen gewissen Grad dungsfehler korrigiert werden (Krumm, 2007).
der Entspannung und für ein gewisses Herunterfah-
> Eines der primären Ziele des Mentalen Trai-
ren der Stressreaktion mitverantwortlich ist.«
nings in der Pilotenausbildung ist die Verbes-
serung der Entscheidungsqualität.
10.3.1 Einsatz des Mentalen
Trainings im Rahmen Ablaufschema
der Pilotenausbildung Das Mentale Training für Piloten wird von Krumm
(2007) nach dem sprachlich-symbolischen An-
Wichtige Voraussetzung für das richtige und ziel- satz aufgebaut (Stufenmodell nach Eberspächer;
führende Verhalten in entscheidenden Situationen 7 Kap. 4.1.1). Dabei ist die schriftliche Aufzeich-
sind entsprechend differenzierte Bewegungs- und nung des Handlungsablaufs – hier Drehbuch ge-
Handlungsvorstellungen. Die eigene Handlung nannt – das zentrale Element der Vorgehensweise.
muss in Abhängigkeit von der jeweiligen Situation, Krumm (2007) unterscheidet zwei Arten von
dem Flugraum, den involvierten technischen Inst- Drehbüchern:
10.3 · Luftfahrt
193 10
4 das bewegungssteuernde und Umgebung. Landbares Gelände ist nicht mehr er-
4 das flugplanerische Drehbuch. reichbar. Nach erfolgloser Thermiksuche entscheide
ich mich für eine sichere Landung in einem See.
Das bewegungssteuernde Drehbuch beinhaltet Meine Höhe beträgt 300 m über Grund.
Bewegungen, die nötig sind, um das Flugzeug Drehbuch: Ich entspanne und konzentriere mich.
zu steuern, beispielsweise die Koordination von Meinem Teampartner gebe ich meine Situation und
Handbewegung (Höhenruder und Querruder) den exakten Standort durch. Mit einem kurzen Blick
und Fußbewegung (Seitenruder) bei der Landung erfasse ich Windrichtung und Windstärke am Rech-
mit Seitenwind. Auch Krumm (2007) weist darauf ner. Aufmerksam suche ich den See, vor allem unter
hin, dass der Vorteil der schriftlichen Erarbeitung der Wasseroberfläche, nach Felsbrocken und sonsti-
eines bewegungssteuernden Drehbuchs darin liegt, gen Hindernissen ab. Ich plane den Anflug wie bei ei-
dass viel leichter Fehler erkannt und Korrekturen ner ganz normalen Außenlandung. Die Landung soll
angebracht werden können und somit das Dreh- parallel zum Ufer erfolgen. Ich befinde mich am Posi-
buch schneller differenziert ausgearbeitet ist. tionspunkt und führe meinen Landecheck durch:
Beim flugplanerischen Drehbuch geht es um die 4 Gurte anziehen,
mentale Auseinandersetzung mit der Vorbereitung 4 Fahrwerk ausfahren,
und dem Verlauf des Fluges. Beim Flugschüler wird 4 Wassertank schließen,
der Verlauf der Platzrunde und die Manöver, die 4 Lüftung schließen,
dabei fliegerisch zu beachten sind, mental trainiert, 4 Elektronik ausschalten.
beim Segelflieger ist es z. B. das optimale »Kurbeln«,
um die vorhandene Thermik optimal auszunutzen. Ich atme tief durch und setze den Anflug fort. Ich
Analog zum Leistungssport sieht Krumm plane einen langen, möglichst flachen Endanflug,
(2007) auch bei Piloten die Vorerfahrung als zen- damit ich exakt mit Mindestfahrt in Zweipunktlage
trale Informationsquelle für das Erstellen eines aufsetze. Im Queranflug kontrolliere ich Höhe und
Drehbuchs und damit als wichtige Voraussetzung Fahrt. Ich atme ruhig und tief, die Situation ist mir
für den Erfolg des Mentalen Trainings an. Da- im Prinzip bekannt.
bei nimmt die Bedeutung akustischer und taktiler Ich drehe ein in den Endanflug und orientiere
Wahrnehmungen zu, je kleiner die geflogene Ma- mich parallel zum Ufer. Ich schätze meine Höhe,
schine ist. Dies trifft in noch stärkerem Maße für nähere mich der Wasseroberfläche, die Fahrtmes-
unmotorisiertes Fliegen wie Gleitschirm- oder Se- sernadel ist knapp über dem gelben Dreieck für die
gelfliegen zu. Interessant ist auch die Feststellung, Mindestanfluggeschwindigkeit. Ich spüre, wie das
dass viele dieser relevanten Informationen wäh- Rad die Wasseroberfläche berührt. Ganz leicht ziehe
rend der Ausbildung noch vom Ausbilder über- ich am Knüppel und fahre gleichzeitig vorsichtig
mittelt werden (Krumm, 2007). Ein Flugschüler die Bremsklappen wieder ein. Das Flugzeug wird
muss also lernen, diese Informationen zunehmend abrupt abgebremst, und das Wasser schlägt über
selbst zu sammeln, um das Zwiegespräch mit dem die Haube. Es ist still, alles ist gut gegangen, mein
Trainer mehr und mehr durch seine eigene Wahr- Flugzeug schwimmt auf dem Wasser. Ich atme tief
nehmung zu ersetzen. Das Erstellen von Drehbü- durch und checke meinen Ausstieg:
chern während der Ausbildung kann diesen Pro- 4 Gurtschloss öffnen,
zess unterstützen (7 Beispiel 10.3). 4 Fallschirm ablegen,
4 Haube öffnen,
Beispiel 10.3: Mentales Training einer Wasser- 4 auf den Rumpfrücken setzen,
landung für Segelflieger 4 Kleidung ablegen,
Das folgende Drehbuch wurde von Gerd Peter Lauer 4 kürzesten Weg zum Ufer checken,
und Reiner Rose erstellt und uns freundlicherweise 4 Flugzeug am Tau ans Ufer ziehen,
zur Verfügung gestellt. 4 Sicherheitspaket aus dem Cockpit holen,
Situation: Nach langem Gleitflug bin ich über 4 Kontakt zu anderen Flugzeugen bzw. zum
unlandbarem Gelände, nur Wald und Seen in der Rückholer aufnehmen.
194 Kapitel 10 · Mentales Training im Bereich Arbeit und Wirtschaft
Krumm (2007, S. 65) beschreibt die Bedeutung der des Mentalen Trainings bei erfahrenen und neu
Drehbücher am Beispiel einer Äußerung eines Mit- ausgebildeten Kampfpiloten aus Japan. Die Auto-
glieds der Segelflugnationalmannschaft: Ein Dreh- ren berichten, dass viele Piloten angaben, sich im
buch zu erstellen heißt, Verlauf ihrer Karriere durch Mentales Training
verbessert zu haben, aber es war nicht klar, ob es
»eine Situation einfach mal aufschreiben. Bei- auch einen Unterschied in der Qualität des Men-
spielsweise wird eine Außenlandung ganz genau talen Trainings bei erfahrenen im Vergleich zu
schriftlich festgehalten. Man spricht dann den unerfahrenen Piloten gibt. Die Annahme, dass
Aufsatz genau durch, damit die Reihenfolge der eine kortikale Aktivierung der motorischen Are-
einzelnen Maßnahmen sinnvoll ist. Hat man sich ale beim Mentalen Training eher bei erfahrenen
dieses Drehbuch verinnerlicht, braucht man es im Piloten zu beobachten sein würde, war der Anlass
Fall der Fälle quasi nur noch aus dem Gedächtnis für die Untersuchung. Flugmanöver wie Seit-
abzurufen. Das Unglaubliche dabei ist, dass selbst wärtsrolle oder Seitwärtsschwenk wurden auf
bei alten Hasen der Puls schnell schlägt, da ja alles Knotenpunkte reduziert und mental trainiert. Die
bereits vorgedacht wurde, z. B., wie man sich beim Erfassung der Trainingseffekte erfolgte mithilfe
speziellen Fall ‚Außenlandung‘ verhalten soll. Ich entsprechender EEG-Parameter. Ergänzend dazu
wende dieses Drehbuch inzwischen ganz automa- wurden auch Selbstberichtsskalen (Scale for Men-
tisch […] an.« tal Imagery Shortform – SMI-S) eingesetzt. Die
Selbstberichtsskalen erfassten die Inhalte und die
Studien zur Wirksamkeit Lebhaftigkeit der vorgestellten Flugmanöver.
Prather (1973) untersuchte die Wirkung eines Es konnte gezeigt werden, dass die zuneh-
Mentalen Trainings zum Erlernen des Landean- mende Flugerfahrung ein bedeutender Faktor bei
flugs und der Landung bei Flugschülern. Dazu der Entstehung von ereignisevozierten Potenzia-
10 wurden 23 Flugschüler zwei Gruppen zugelost: ei- len beim Mentalen Training ist. In den Gesamt-
ner Experimentalgruppe, die ein mentales Trai- Scores der SMI-S zeigten sich keine signifikanten
ningsprogramm erhielt, und einer Kontrollgruppe Unterschiede, dafür jedoch bei der berichteten
ohne Trainingsprogramm. Die Flugschüler befan- Lebhaftigkeit. Erfahrene Piloten gestalteten das
den sich, was das Landen eines einmotorigen Mentale Training deutlich lebhafter als unerfah-
Sportflugzeugs betraf, auf einem in etwa gleichen rene Piloten. Interessant zu erwähnen ist noch,
Fertigkeitsniveau. Die Flugschüler wurden von ih- dass sich neuere Studien mit der Frage des Einsat-
rem Fluglehrer hinsichtlich der Fertigkeit, das zes des Mentalen Trainings bei Astronauten be-
Flugzeug zu landen (Kriterium 1: Wissen; Krite- schäftigen (Grabherr & Mast, 2010; Hohmann et
rium 2: Umsetzung), beurteilt. Die Experimental- al., u.R.). Es wird sich zeigen, ob hier ein weiteres
gruppe schnitt in beiden Kriterien bedeutend bes- Anwendungsfeld für das Mentale Training entste-
ser ab als die Kontrollgruppe. hen wird.
Auch Kemmler (1979) hat das Mentale Trai-
ning bereits frühzeitig vom Leistungssport in die Zusammenfassung
Luftfahrt transferiert. Trotz der eigentlich großen Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Men-
Relevanz dieser Trainingsmethode für die Piloten- tales Training im Anwendungsfeld Luftfahrt ein
ausbildung wurden nach Immenroth et al. (2008) etabliertes und auch in der Praxis verbreitetes Ver-
bisher nur wenige Versuche einer empirischen fahren zu sein scheint. Mentales Training wird in
Fundierung der positiven Wirkung des Mentalen der Luftfahrt zur Optimierung von Lernprozes-
Trainings auf die Flugleistung unternommen. sen, zum Training von Alltagsroutinen und auch
Tokumaru et al. (2003) konnten zumindest zur Vorbereitung auf Not- und Stresssituationen
einen Zusammenhang zwischen der Flugerfah- eingesetzt. Die wissenschaftliche Befundlage ist al-
rung von Piloten und der Genauigkeit bzw. Leb- lerdings noch sehr begrenzt, auch wenn die bereits
haftigkeit von mentalem Flugtraining nachwei- vorliegenden Studien die Wirksamkeit des Menta-
sen. Sie untersuchten die EEG-Aktivität während len Trainings bestätigen.
10.4 · Musik
195 10
10.4 Musik
Durch die Anwendung von Mentalem Training Die Probanden, die zusätzlich zum Mentalen Trai-
kann nach der Erfahrung von Klöppel (2007) und ning die Bewegung simulieren sollten, wurden auf-
Langeheine (2004) das praktische Üben stark re- gefordert, die Posaune wie üblich anzusetzen und
duziert werden. Darüber hinaus wird das Mentale die entsprechenden Bewegungen mit dem Zug
Training auch in der Musik zur Bewältigung von durchzuführen. Das jeweilige Training wurde drei-
Aufregung oder Angst (in der Vorbereitung auf mal durchgeführt.
Konzerte) eingesetzt (Klöppel, 2007; Langeheine, Es konnte gezeigt werden, dass die Gruppe
2004). mit dem kombinierten Training (praktischen und
mental) die besten Resultate zeigte (25 % Leis-
Studien zur Wirksamkeit tungssteigerung), gefolgt von der praktischen trai-
Einige Untersuchungen zeigen, dass die Wirk- nierenden Gruppe (17 %), der mental trainieren-
samkeit des Mentalen Trainings auch im Anwen- den Trainingsgruppe mit Bewegungssimulation
dungsfeld Musik nachweisbar ist. (11 %), der mental trainierenden Gruppe ohne
Als Ursprung der wissenschaftlichen Unter- Bewegungssimulation (8 %) und der Kontroll-
suchungen zum Thema »Mentales Training für gruppe, die mit 2 % Leistungssteigerung die ge-
Musiker« werden häufig die Arbeiten von Rubin- ringste Verbesserung zeigte. Ross (1985) schluss-
Rabson genannt. Rubin-Rabson (1941) beschäf- folgerte, dass die Kombination aus Mentalem
tigte sich mit Fragestellungen des Lernens und Training und praktischem Üben das wirksamste
Behaltens der Performance beim Musizieren und Verfahren für die Verbesserung des Posaunen-
stellte fest, dass das Speichern von Informationen spiels zu sein scheint.
auf verschiedene Arten möglich ist, z. B. durch Coffman (1990) untersuchte die Wirksamkeit
geeignete Vorstellungen. In ihrer Studie stellte sie des Mentalen Trainings bei Pianisten. 40 Pianisten
u. a. fest, dass erwachsene Klavierschüler kurzfris- wurden drei Trainingsformen (praktisches Üben,
10 tig gelernte Stücke besser behielten, wenn sie sie Mentales Training, praktisches Üben und Men-
auch mental trainiert hatten. tales Training im Wechsel) und einer Kontroll-
In einer Studie von Ross (1985) wurde die Wirk- gruppe (kein Üben) zugeteilt. Diese vier Gruppen
samkeit des Mentalen Trainings bei der Verbesse- wurden mit der Bedingung Ergebnisrückmeldung
rung des Posaunenspiels untersucht. 30 Musiker (ja oder nein) kombiniert. Auch hier wurde festge-
wurden zufällig fünf Gruppen zugeteilt: Die erste stellt, dass praktisches Üben wirksamer ist als allei-
Gruppe übte praktisch, die zweite trainierte mental, niges Mentales Training. Die mental trainierende
die dritte kombinierte praktisches Üben mit Menta- Gruppe war aber der Kontrollgruppe überlegen,
lem Training, die vierte erhielt ein Mentales Trai- und die Kombination aus praktischem Üben und
ning mit simulierter Bewegung, und die fünfte trai- Mentalem Training erwies sich als genauso erfolg-
nierte nicht (Kontrollgruppe). Das Mentale Train- reich wie praktisches Üben allein (bei insgesamt
ing wurde mit folgender Instruktion vermittelt: gleich hohem Zeitaufwand). Eine neuere Studie an
Klavierspielern (Bernardi et al., 2013), bei der die
»Relax. Put your trombone down and try to feel com- von Klöppel (2007) beschriebene Methode zum
fortable in your chair. You are to mentally play the ex- Mentalen Training durchgeführt wurde, konnte
cerpt. Do not make any physical movements. Tempo: zeigen, dass das Mentale Training sich insbeson-
Use any tempo you wish but try to keep it steady to the dere positiv auf die Bewegungsantizipation der
end. Do not stop or go back to repeat any notes. Pitch: Musiker auswirkt.
Try to ‘hear’ each pitch but do not vocalize. Embou-
chure: Try to ‘feel’ the movements of your embouchure Zusammenfassung
but do not buzz your lips. Slide: Try to ‘feel’ the move- Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Men-
ments of your slide for each shift to a new position. It is tales Training im Anwendungsfeld Musik ein eta-
important that you concentrate. When you have fin- bliertes Verfahren zu sein scheint. Es existieren
ished mentally practicing the music, please turn it over mehrere Durchführungsanleitungen zum Menta-
so that we know you are done.« (Ross, 1985, S. 224) len Training. Musiker setzen es zur Verbesserung
10.5 · Produktion/Fertigung
199 10
ihrer Performance, zur Optimierung der Lernleis-
tung und zur Vermeidung bzw. Bewältigung von
Aufregung oder Angst ein.
Einige wissenschaftliche Untersuchungen be-
stätigen die Wirksamkeit des Mentalen Trainings
(insbesondere zur Performance-Verbesserung) im
Anwendungsfeld Musik.
10.5 Produktion/Fertigung
bei Diskrepanz
der kognitiven Anforderungen der Tätigkeit fest-
gestellt werden, und zwar bei
4 Bedienpersonal an Leitständen, Handlung
4 Mitarbeitern in flexiblen Fertigungssystemen
mit gruppenorientierter Arbeitsorganisation,
4 Bedienern in Produktionssystemen mit Indus-
Analyse von
trierobotereinsatz, Handlungsalternativen
4 Anlagenführern an flexiblen Transferstraßen. (Wert × Erwartung)
Der Ansatz des kognitiven Trainings besteht in . Abb. 10.9 Regelkreis der Handlungsregulation (nach Schu-
diesem Anwendungsgebiet (. Abb. 10.8) nicht in ler, 2007; mit freundlicher Genehmigung von Hogrefe, Verlag
der Optimierung der Bewegungsausführung bei Hans Huber)
Routinehandlungen, sondern
4 in der Verbesserung der Lernleistung in Bezug form ist das – dem Mentalen Training verwandte
auf die Steuerung von Fertigungsanlagen, – Training mit heuristischen Regeln.
4 in der Optimierung der Entscheidungsqualität Wie viele andere tätigkeitsbezogene Modelle
beim Auftreten von Fehlern oder Problemen, im Kontext der Arbeits- und Organisationspsycho-
4 in der Effektivierung des Handelns bei der logie basiert auch die Anwendung heuristischer
Fehlerbehebung und Problembeseitigung. Regeln auf der handlungsregulationstheoretischen
Sichtweise einer Tätigkeit. Dabei wird Handeln als
Der Lernende soll durch kognitives Training in die zielgerichtetes Verhalten definiert. Grundlage für
Lage versetzt werden, »komplexe Arbeitstätigkei- die Regulation einer Handlung ist die Annahme
ten zu bewältigen, die eine intellektuelle Durch- eines Regelkreises, der kontinuierlich den Zustand
dringung des Arbeitsprozesses erfordern und der Umwelt mit den eigenen Zielvorstellungen ab-
Funktionen höherer psychologischer Regulations- gleicht (Hacker, 1998). Daraus ergibt sich bei je-
ebenen, wie die des Denkens, Planens und Ent- dem Durchlauf eine mehr oder weniger große Dif-
scheidens, mit einbeziehen« (Sonntag & Schaper, ferenz, die mit geeigneten Problemlösestrategien
1988, S. 129). Eine hierfür entwickelte Trainings- überwunden werden muss (. Abb. 10.9).
200 Kapitel 10 · Mentales Training im Bereich Arbeit und Wirtschaft
Heuristische Regeln können grundsätzlich als Beispiel 10.5: Aufbau einer Schaltanlage (nach
Hilfen bei der Planung, Realisierung und Kontrolle Sonntag & Schaper, 1988, S. 130ff.)
komplexer Arbeitstätigkeiten, also als allgemeine Basis für die Formulierung heuristischer Regeln
Vorgehensschemata, definiert werden. Sie leiten ist zunächst eine Aufgabenanalyse. Folgende leis-
durch die Vermittlung von Verfahrenskenntnissen tungsbestimmende Teiltätigkeiten wurden heraus-
und den erforderlichen geistigen Operationen zur gearbeitet:
Problemlösung an. Knappe und eindeutige For- 4 Systematische und vollständige Erfassung
mulierungen sollen gewährleisten, dass das Den- der Aufgabe und der Lösungsbedingungen.
ken und Handeln auf bestimmte Aufgabenanfor- 4 Schaltplanentwurf inklusive des damit ver-
derungen ausgerichtet wird. Heuristische Regeln bundenen Problemlöseprozesses.
beinhalten Anleitungen zum Vollzug erforderli- 4 Systematische und umfassende Planung des
cher geistiger Operationen. Im Gegensatz zu algo- Arbeitshandelns.
rithmischen Regeln legen heuristische Regeln die 4 Systematische begleitende Kontrolle des
Durchführung nicht vollständig fest, sondern wei- Arbeitshandelns.
sen eher auf Lösungsstrategien hin und erhöhen 4 Systematische Funktionsüberprüfung der
somit die Wahrscheinlichkeit der erfolgreichen Schaltung.
Problemlösung (Sonntag & Schaper, 1988; Schaper 4 Zielgerichtete, hypothesenbildende und
& Sonntag, 1997). -überprüfende Fehlersuche.
Aufgabe
Ja Schaltplan Nein
vorhanden?
Aufbau vorbereiten
Funktion überprüfen
Ja Fehler Nein
Ende
vorhanden?
kontraproduktiv ist. Die besondere Herausforde- Lösungsprozess) ist eher eine spezifische (z. B.
rung bei der Formulierung heuristischer Regeln »Entwerfen Sie ein Weg-Zeit-Diagramm!«)
besteht nach Sonntag und Schaper (1988) darin, oder eine allgemein gehaltene Anweisung
die Aktivierung von passenden Gedächtnisinhal- (»Machen Sie sich ein Bild von der Schal-
ten auf der einen Seite und die Gewährung von tung!«) angezeigt.
ausreichendem Gestaltungsfreiraum auf der ande- 4 Zielgruppenspezifität: Wichtig ist auch die
ren Seite auszugleichen. Anpassung der Formulierung an die Voraus-
Nur als sinnvoll erkannte heuristische Regeln setzungen der Lernenden auf sprachlicher,
werden auch tatsächlich angewendet. Deshalb intellektueller und fachlicher Ebene. Ebenso
müssen bereits bei der Formulierung einige Ge- wie bekannte Vorgehens- und Strategiedefizite
sichtspunkte beachtet werden (Sonntag, 1996): der Lernenden sollten handlungsbegleitende
4 Allgemeinheitsgrad: Je nach Aufgabenanfor- Motivationen und Emotionen miteinbezogen
derungen (bzw. je nach aktuellem Stand im werden.
202 Kapitel 10 · Mentales Training im Bereich Arbeit und Wirtschaft
4 Aufforderungs- und Bewältigungscharakter: schrittweises Verkürzungen der Regeln bis hin zum
Heuristische Regeln sollten einerseits Hilfe bei lautlosen, rein innerlichen »Sprechen« angestrebt,
Misserfolgen leisten (»Bleiben Sie ruhig, wenn wobei darauf geachtet werden muss, dass nicht nur
es nicht gleich funktioniert!«), andererseits ein sinnloses Nachsprechen ohne eigentliche kog-
auch als positive Verstärker bei erreichten nitive Durchdringung stattfindet (Friedrich &
(Teil-)Zielen dienen (»Gut gemacht!«). Mandl, 1992).
Um zu erreichen, dass die Anwender regelmä-
Tipp I I ßig trainieren, ist es sinnvoll, sie in einem ersten
Heuristische Regeln sind nicht mit starren Al- Schritt für den Umgang mit den Strategien zu
gorithmen gleichzusetzen. Sie sollten deshalb sensibilisieren, indem der Sinn und Zweck die-
immer eher allgemein formuliert werden und ser Regeln erläutert wird. Danach wird zunächst
dadurch dem Trainierenden ausreichende Ge- eine exemplarische Demonstration des erwünsch-
staltungsfreiräume gewähren. ten Vorgehens an einem Modell vorgeführt (Ge-
winn deklarativen Wissens über die Strategie). Im
Anschluss daran sollen die Lernenden mehrmals
Wirkungen. Die Wirkweisen der heuristischen eigenständige Übungen durchführen, um das not-
Regeln sind vielfältiger Art. Zum einen wird wendige prozedurale Wissen zu erlangen. Hierfür
durch sie teilweise eine Suchraumeinschränkung hat sich eine Vorgehensweise in Gruppen mit je
erreicht, wenn der Lernende aufgefordert wird, zwei Partnern (einer führt die Arbeit aus, während
Teilziele auszubilden. Andererseits kann in eini- der andere ihm Rückmeldung in Form heuristi-
gen Fällen durch die Aufforderung, Analogien zu scher Regeln gibt), als besonders effektiv heraus-
bereits gemeisterten Situationen und den damals gestellt.
erfolgreichen Vorgehensweisen zu bilden, ebenso Zu betonen ist die Wichtigkeit der wiederhol-
10 eine wünschenswerte Suchraumerweiterung erzielt ten Übungsanwendung. Nur diese Wiederholung
werden. gewährleistet ein erfolgreiches Lernen der heuris-
Außerdem können durch heuristische Regeln tischen Regeln und somit eine Feinabstimmung
generell eine präzisere Situationsanalyse, eine ver- (»Tuning«) und Routinisierung in der Regelan-
besserte technische Strukturierung der einzelnen wendung.
Arbeitsschritte sowie ein höheres Maß an Selbst- In der betrieblichen Praxis finden derartige
steuerung und Gewichtung der gegebenen Infor- mentale Trainingsformen, wie z. B. die Trainings-
mationen bewirkt werden. Weiterhin erweisen sie form der heuristischen Regeln nach Sonntag
sich als Hilfen bei Unschlüssigkeit, aber auch bei (1993), bisher eher selten Anwendung, was auf
voreiligem Handeln (z. B. »Denken Sie erst mal in einige – scheinbare – Nachteile zurückzuführen
Ruhe nach!« oder »Fassen Sie noch mal alle bis- ist. So bringen sie meist einen erheblichen Mehr-
herigen Ideen zusammen!«) (Sonntag & Schaper, aufwand an Zeit und Kosten (für Ausbilder und
1988). Auszubildende) mit sich. Diese Kosten erhöhen
Für eine erfolgreiche Aufnahme und Verinner- sich durch die Zusammenarbeit mit einem dafür
lichung der Regeln ist eine einfache schriftliche ausgebildeten Arbeitspsychologen weiter, was in
Darstellung und kurze Erläuterung derselben nicht der Regel aber unvermeidbar ist, da den betriebli-
ausreichend. Deshalb wird bei der Vermittlung chen Ausbildern (meist) die entsprechende Schu-
der Regeln auf das »Interiorisationsmodell« von lung und Erfahrung mit diesen Techniken fehlen
Galperin (1967, nach Sonntag & Shaper, 1988) zu- (Sonntag & Schaper, 1988).
rückgegriffen. Das Interiorisationsmodell beruht Sonntag und Schaper (1988) bemerken zudem,
auf der etappenweisen Ausbildung geistiger Hand- dass gerade von den betrieblichen Ausbildern, die
lungen über die Sprache und ist grundsätzlich mit aufgrund ihrer Expertise in das Training einbe-
dem mental-sprachlichen Training zu vergleichen zogen werden müssen und die später möglicher-
(7 Kap. 4). Hier wird eine sukzessive Verinnerli- weise weitere Trainings im Betrieb selbstständig
chung durch zunächst lautes Aussprechen, dann durchführen sollen, eine hohe Umlern- und Um-
10.5 · Produktion/Fertigung
203 10
stellungsbereitschaft gefordert ist. Meist besteht je- Nach dem Training zeigte sich ein gesteigertes
doch bei den betrieblichen Ausbildern ein starkes Orientierungs- und Planungsverhalten vor der ei-
Vertrauen in die »traditionellen« Aus- und Wei- gentlichen Handlung bei derjenigen Gruppe, die
terbildungsmethoden sowie häufig eine generelle mit den heuristischen Regeln trainiert hatte. Da-
Unwilligkeit, eine Kooperation mit »praxisfernen« rüber hinaus konnte bei der Trainingsgruppe im
Wissenschaftlern einzugehen. Vergleich zur praktisch übenden Gruppe im Post-
Trotz der genannten starken Vorbehalte der Test effektiveres und weniger fehlerhaftes Han-
betrieblichen Praktiker lässt sich zeigen, dass diese deln nachgewiesen werden. Schließlich sind auch
kognitiven Trainingsformen letztendlich doch ren- Tendenzen erkennbar, die zeigen, dass die sorg-
tabel für die Betriebe sind, da sich der anfangs fältige Vorbereitung und Planung vorab zu einer
erforderliche Mehraufwand an Zeit und Kosten vermehrten Nutzung von Planungs- und Orien-
durch die Vermeidung von Fehlern und Störungen tierungshilfen bei den Arbeitshandlungen führt.
– bzw. deren schnellere und effektivere Behebung So nutzen die Anwender der heuristischen Regeln
– bald auszahlt (Sonntag & Schaper, 1988). öfter den angefertigten Schaltplan zum Aufbau der
Schaltung.
Studien zur Wirksamkeit In einer weiteren Studie (Schaper & Sonntag,
Sonntag und Schaper (1988) konnten die Wirk- 1997) an Industriemechanikern, bei der der Um-
samkeit des Trainings mit heuristischen Regeln gang mit speicherprogrammierten Steuerungen
an Auszubildenden eines Automobilkonzerns (SPS-Technik) vermittelt wurde, konnte gezeigt
zeigen. Im Rahmen eines betriebsinternen Lehr- werden, dass das Training mit heuristischen Re-
gangs über pneumatische Steuerungstechnik er- geln im Vergleich zur herkömmlichen Methode zu
probten sie ein kognitives Training mit heuristi- einer bedeutsamen Reduktion irrelevanter Prüf-
schen Regeln als Ergänzung zur herkömmlichen schritte und der Anzahl der Prüfhandlungen an
Unterweisung. sich führte.
Die 22 Versuchspersonen wurden zwei Grup-
pen zugeteilt (Trainingsgruppe und Kontroll- Zusammenfassung
gruppe) und vor und nach der Intervention bei der Im Anwendungsfeld Produktion und Fertigung
Bewältigung einer praktischen steuerungstechni- wurde der Ansatz der heuristischen Regeln be-
schen Aufgabenstellung beobachtet. Die Trainings- schrieben, der eine dem Mentalen Training ver-
gruppe begann nach der Hälfte des Lehrgangs mit wandte kognitive Trainingsmethode darstellt.
dem Training mit heuristischen Regeln. Insgesamt Heuristische Regeln werden zur Optimierung der
wurden drei Trainingseinheiten mit unterschiedli- Entscheidungsqualität beim Auftreten von Fehlern
cher Schwerpunktsetzung durchgeführt: oder Problemen und zur Effektivierung des Han-
delns in der Fehlerbehebung und Problembeseiti-
»In der ersten Trainingseinheit wurden die Regeln gung eingesetzt. Erste wissenschaftliche Untersu-
angewandt bei Aufgaben mit vorgegebenem Schalt- chungen belegen die Effektivität dieses Trainings,
plan. Die Regeln zur Bewältigung von Textaufgaben wenn auch von betrieblichen Umsetzungen noch
ohne Schaltplan und zur Fehlersuche und -behe- recht wenig berichtet wird.
bung blieben dabei unberücksichtigt. Die wissenschaftliche Befundlage lässt zum
In der zweiten Trainingseinheit wurden die Regeln gegenwärtigen Zeitpunkt noch sehr zu wünschen
zur Bewältigung von Textaufgaben ohne Schaltplan übrig. Bislang sind nur in wenigen Anwendungs-
erarbeitet und ein Vorgehen danach anhand prakti- bereichen umfangreiche und methodisch auf-
scher Aufgabenstellungen eingeübt. wendige Untersuchungen durchgeführt worden.
In der dritten Trainingseinheit wurden die Regeln Dennoch zeigen die diversen Beispiele, dass das
zur Fehlersuche und -behebung eingeführt und ein Mentale Training auch hier vielfach einsetzbar
Vorgehen danach anhand praktisch realisierter Feh- ist, um eine Lern- und Leistungsoptimierung zu
lersuchaufgaben wiederum eingeübt.« (Sonntag & erreichen.
Schaper, 1988, S. 135)
11
11.1 Neurophysiologische Grund- statt. Zunächst wird die Existenz eines Reizes über-
lagen des Mentalen Trainings prüft, dann erfolgen in weiteren Schritten die Ana-
lyse der Reizintensität und -qualität, die Erfassung
11.1.1 Das sensomotorische System der räumlich-zeitlichen Reizverteilung sowie das
Herausarbeiten von bedeutsamen Eigenschaften
Motorische Aktivität wie Ziel- und Stützmotorik und Mustern (. Abb. 11.1). Dabei werden Sinnes-
kann immer nur dann sinnvoll erfolgen, wenn meldungen mit gleichem Informationsgehalt von
dabei wichtige Informationen aus der Umwelt be- nahe beieinander liegenden Neuronenpopulatio-
achtet und kontinuierlich verarbeitet werden (Sil- nen verarbeitet, die zusammengefasst als »rezepti-
bernagl & Despopoulos, 2001). Durch sensorische ves Feld« bezeichnet werden (Reichert, 2000).
Systeme erhält der Organismus Informationen Wichtig zur Kontrolle des sensorischen Infor-
über funktional relevante Aspekte seiner Umwelt, mationsflusses ist die Tatsache, dass das Gehirn
die es ihm erst ermöglichen, Bewegungen auszu- nicht passiver Empfänger sensorischer Informa-
führen und somit das eigene Verhalten zu steuern tion ist, sondern die Aufnahme dieser Information
(Mausfeld, 2001). beträchtlich beeinflusst: Die Empfindlichkeit eines
Die Informationsaufnahme im sensorischen Sinnessystems kann durch das zentrale Nerven-
System erfolgt über spezielle Zellen, sogenannte system (ZNS) erhöht oder erniedrigt werden (Rei-
Rezeptor- oder Sinneszellen, in Form von physi- chert, 2000). Außerdem ist das Gehirn aktiv an
kalischer Reizenergie. Diese Reizenergie wird in der Selektion relevanter Informationen beteiligt
elektrochemische Energie umgewandelt, wobei die (7 Kap. 3).
Rezeptorzellen jeweils auf eine bestimmte Art des
> Das ZNS ist nicht nur passiver Empfänger für
Reizes spezialisiert sind (z. B. Mechano-, Thermo-,
die sensorische Information, sondern kann
Fotorezeptoren) und somit für diese Reize eine
die Empfindlichkeit eines Sinnessystems und
dementsprechend höhere Sensibilität aufweisen
die Selektion relevanter Information beein-
(Reichert, 2000). Die stattfindenden Umwand-
flussen.
11 lungsprozesse kodieren äußere physikalische Reize
in Aktionspotenziale, die auf neuronalen Bahnen Nach Reichert (2000) wird auf jeder Reizverarbei-
an das Gehirn weitergeleitet werden (Mausfeld, tungsebene eine räumlich geordnete Repräsenta-
2001). tion der Körperoberfläche beibehalten. Eine sehr
Noch bevor die gewaltige Menge an sensori- eindrucksvolle schematische Darstellung dieser
schen Informationen aus der Peripherie zur weite- geordneten Repräsentation der Körperoberfläche
ren Verarbeitung in zentralnervöse Regionen zieht, auf kortikaler Ebene stellt der somatosensorische
findet in den Sinnesorganen die erste Aufarbeitung »Homunkulus« dar (. Abb. 11.2).
Abbildung
(Repräsentation)
Geeignete ZNS mit
Interaktion Erregung
Sensoren, Erfahrung, Bewusstseins-
mit sensorischer
überschwelliges Gedächtnis und bildung
Sinnesorganen Gehirnzentren
Sensorpotenzial Emotion
Abbildungsbedingungen
. Abb. 11.1 Reizverarbeitung und Abbildungsverhältnisse in der Sinnesphysiologie (nach Birbaumer & Schmidt, 2003)
11.1 · Neurophysiologische Grundlagen des Mentalen Trainings
207 11
Für alle sensiblen (und motorischen) Bahnen Bevor jedoch nun im Folgenden konkret auf
gibt es eine direkte Zuordnung zwischen Körper- die motorischen Komponenten Bezug genommen
peripherie und Gehirn, man spricht auch von Pro- wird, soll an dieser Stelle betont werden, dass we-
jektionen vom Körper auf das Gehirn. Die Größe der das sensorische noch das motorische System
des Zellgebiets auf der Großhirnrinde entspricht isolierte neuronale Strukturen mit voneinander
allerdings nicht dem Ausmaß des entsprechenden unabhängigen Mechanismen darstellen, sondern
Körperareals. Für besonders feinsensible oder fein- für die Verhaltenssteuerung beide Systeme eng
motorische Körperabschnitte (z. B. Finger) stehen miteinander verknüpft sind (Mausfeld, 2001).
recht große Areale zur Verfügung. Entsprechend
> Wegen ihrer Bedeutung für die Verhaltens-
müssen für Muskelgruppen, durch deren koordi-
steuerung sind sensorische Systeme eng mit
niertes Zusammenwirken besonders feine Bewe-
den motorischen Systemen verknüpft.
gungen entstehen, größere Areale angelegt sein.
Andere Körperteile, die keine fein abgestimmten Innerhalb des motorischen Systems findet ein Um-
Bewegungen ausführen und die nicht so empfind- wandlungsprozess statt, der dem im sensorischen
lich sind (z. B. Bauch und Rücken), sind nur durch System ähnlich, aber entgegengesetzt ist. Im Mit-
relativ kleine Areale repräsentiert. Der »Homun- telpunkt dieses Prozesses steht hierbei die »Über-
kulus«, der durch die symbolische Nachzeichnung setzung neuronaler Aktivität in mechanische Ener-
der mit den Kortexarealen assoziierten Körperteile gie, indem […] in präziser Weise die Aktivierung
entsteht, ist folglich gegenüber der tatsächlichen von Muskeln kontrolliert wird […]. Neuromusku-
Körpergestalt stark verzerrt (Reichert, 2000; Sil- läre Kontrolle manifestiert sich als Veränderung
bernagl & Despopoulos, 2001). von Muskelkontraktion, aber sie bedarf dazu eines
Das motorische System ermöglicht die Pla- kontinuierlichen sensorischen Informationsflus-
nung, Durchführung und Kontrolle von Bewe- ses« (Reichert, 2000, S. 121).
gungen, d. h., es wird willkürliches Verhalten Die Besonderheit des motorischen Kontroll-
erzeugt (Blickhan, 2001). Alle sensorischen In- netzwerks besteht in einer starken Zusammenfüh-
formationen nehmen nach entsprechender Verar- rung zahlreicher efferenter (absteigender) Signale,
beitung in den dafür vorgesehenen Zentren ihren die sich auf ihrem Weg vom Kortex über das Rü-
Weg über das motorische System zurück in die ckenmark zur Skelettmuskulatur befinden.
Peripherie, wo sie in Muskelkontraktionen und Für die Durchführung von zielgerichteten
Bewegung bzw. in bestimmte Verhaltensweisen willkürlichen Bewegungen sind höhere motori-
umgesetzt werden. sche Zentren verantwortlich, die dabei durch die
unmittelbar benachbarten somatosensorischen
Areale unterstützt werden (Blickhan, 2001). Ins-
besondere Felder des Frontallappens sind an der
Schu
Arm ogen
Rumpf
nd
nb
Fi aum
Ha nge en
k
Br ls r
Knie beziehen sie dabei aus dem primär-somatosensori-
Au aue Fußgelenk schen Kortex, der wiederum Eingänge vom Klein-
G e ge
sic hirn, den Basalganglien und anderen kortikalen
ht
Zehen
Bereichen erhält.
Lipp
en Zusammenfassend kann gesagt werden, dass
Kiefer beim Zusammenspiel zwischen sensorischem und
motorischem System sensorische Informationen
Zunge zentral verarbeitet werden und über Zentren der
Schlucken Bewegungsplanung und der Bewegungsausfüh-
motorischer Kortex
rung eine motorische Antwort erhalten. Zentraler
. Abb. 11.2 Sensorischer und motorischer »Homunkulus« Ursprung ist dabei der motorische Kortex.
208 Kapitel 11 · Grundlagen und Materialien
11.1.2 Motorischer Kortex Die Tatsache, dass Flexion und Extension des
Handgelenks mit der Aktivität verschiedener korti-
Zu den motorischen Hauptarealen des Frontal- kaler Neuronenpopulationen einhergehen, stimmt
lappens, die ganz besonders an der Umsetzung zwar mit der Vorstellung einer Muskelkarte im
von Handlungsplänen beteiligt sind, zählen der M-I (motorischer Homunkulus; . Abb. 11.2) über-
primär-motorische Kortex, das prämotorische und ein (Ghez & Gordon, 1996a, 1996b). Allerdings ist
das supplementär-motorische Areal (. Abb. 11.3). hier nicht ein bestimmtes Areal der Funktion eines
einzelnen Muskels zugeordnet, vielmehr repräsen-
Primär-motorischer Kortex (M-I) tieren die Areale bestimmte Bewegungsmuster. So
Aus zahlreichen Untersuchungen an Primaten geht zeigt sich z. B. bei der Stimulation des Handa-
hervor, dass eine wesentliche Funktion des primär- reals eines Primaten keine direkt entsprechende
motorischen Kortex in der Kodierung globaler Be- Repräsentation der Handmuskeln, sondern es er-
wegungsparameter besteht (Konczak, 2002). Neu- folgt eine scheinbar zusammenhanglose und zer-
ronen im primär-motorischen Kortex kodieren splitterte Aktivierung in Form einer frakturierten
Kraft und Richtung von Willkürbewegungen und Karte (Schieber, 1999).
ändern ihre Aktivität bei der Vorbereitung von Umgekehrt deutet die wiederholte Reizung
Bewegungen (Ghez & Gordon, 1996a). Affenexpe- eines Neurons des M-I bei verschiedenen Bewe-
rimente aus den 1960er-Jahren zeigen, dass Erre- gungsaufgaben nicht gezwungenermaßen auf die
gungsableitungen von einzelnen Neuronen in dem Aktivierung der jeweils gleichen Muskelfasergrup-
für das Handgelenk zuständigen Areal des M-I pen hin (Konczak, 2002). Dies bedeutet wiederum,
von der Bewegung abhängig sind. Je nachdem, dass ein M-I-Neuron nicht auf eine bestimmte
ob eine Flexion oder Extension erfolgte, wurden Muskulatur spezialisiert ist, sondern gleich auf
unterschiedliche Neuronenpopulationen aktiviert. mehrere Muskeln Einfluss nimmt (Ghez & Gor-
Diese Aktivität setzte ein, noch bevor es zu der don, 1996a, 1996b).
entsprechenden Muskelkontraktion kam. Folglich
> Ein M-I-Neuron kann auf mehrere Muskeln
11 müssen Impulse, die zur direkten Bewegungsaus-
Einfluss nehmen. Es repräsentiert kein topo-
führung beitragen, unmittelbar aus dem M-I kom-
grafisches Abbild der Muskulatur, sondern
men (Ghez & Gordon, 1996a, 1996b).
vielmehr Bewegungsmuster.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Das prämotorische Areal (PMA) ist vorrangig an
der primär-motorische Kortex insbesondere im der Bewegungseinleitung und konkreten Ausfüh-
Dienste der Ausführung einfacher Willkürbewe- rung beteiligt (Trepel, 2004). Eine wesentliche Auf-
gungen steht. Er unterstützt die Feinmotorik durch gabe besteht folglich in der Abstimmung und kor-
eine sehr präzise Ansteuerung der Muskulatur, die rekten Aneinanderreihung von Bewegungskom-
noch vor dem Bewegungsimpuls bezüglich des er- ponenten sowie in der Planung, wie bestimmte
forderlichen Krafteinsatzes und der antizipierten Teile eines Muskels, Muskeln und Muskelgruppen
Richtung kodiert wird (Blickhan, 2001). Während eingesetzt werden sollen, um eine bestimmte Auf-
der Bewegungsdurchführung empfängt der M-I gabe optimal erfüllen zu können. Das PMA erhält
ständige Rückmeldungen aus rezeptiven Feldern von verschiedenen sensiblen Kortexarealen soma-
der Peripherie, die ihn über wesentliche Kompo- tosensorische Informationen über die Stellung des
nenten der Bewegung (z. B. Lage, Geschwindigkeit Körpers im Raum (räumliche Orientierung). Au-
etc.) informieren. Diese sensorischen Meldungen ßerdem erfolgt die Integration verschiedener sen-
sind propriozeptiver und taktiler Art. sorischer, besonders visueller Impulse (Blickhan,
2001; Übersicht im 7 Kasten).
Prämotorische kortikale Areale
Während dem primär-motorischen Kortex die
Aufgabe der Bewegungsinitiation und -steuerung Wichtige Aufgaben des prämotorischen
zukommt, sind die prämotorischen Felder für den Areals (PMA)
motorischen Bewegungsentwurf verantwortlich 4 Bewegungseinleitung und -ausführung
und unterstützen die Vorbereitung motorischer 4 Abstimmung und Verkettung von Bewe-
Aktivität. Somit sind sie hauptsächlich an der Pla- gungskomponenten
nung und Entstehung von Willkürbewegungen be- 4 Planung der Verwendung der Muskulatur
teiligt. Es handelt sich konkret um das supplemen- 4 Koordination im Raum
tär-motorische Areal (SMA) und das prämotorische
Areal (PMA), die zusammen auch als prämotori-
scher Kortex bezeichnet werden. Sie grenzen direkt Die wesentlichsten Aspekte zusammenfassend, kann
an den M-I, mit dem sie wechselseitig in Verbin- festgehalten werden, dass der gesamte motorische
dung stehen (. Abb. 11.3). Kortex eine besondere Rolle beim Auslösen von
Das supplementär-motorische Areal (SMA) pro- Befehlen und der Spezifizierung räumlicher Details
grammiert Bewegungsfolgen und koordiniert bila- der Bewegung spielt. Der primär-motorische Kortex
terale Bewegungen (Bewegungen, bei denen beide ist der Knotenpunkt, der den Einfluss höherer sen-
Körperseiten gleichzeitig aktiviert werden), d. h., sorischer Systeme auf Bewegung vermittelt. Er ist
es spielt eine wichtige Rolle bei komplexen, koor- unabdingbar für die Organisation von Bewegungen,
dinativ anspruchsvollen Bewegungsmustern – z. B. bei denen somatosensorischer Input eine Kontroll-
mehrerer Finger oder Extremitäten – und trägt zur funktion erfüllt (Ghez & Gordon, 1996b).
210 Kapitel 11 · Grundlagen und Materialien
verstärken und dabei die Übertragung der Ände- 1966 von Wolpe und Lazarus entwickelte Vorge-
rung des Muskeltonus von einer Muskelgruppe hensweise als eine der effektivsten herausgestellt.
auf die nächste auszunutzen. Die schrittweise Ent- Sie ist in der dargestellten Form auch heute noch
spannung einzelner Muskelgruppen führt letztlich eine der gängigsten Methoden. Dabei werden von
zu einer ganzkörperlichen Entspannung. Beginn des Trainings an fünf relativ große Körper-
Die Erfahrungen beim Einsatz der PMR im bereiche sukzessiv angesprochen:
Sport sind positiv. Ob zur Einleitung von Erho- 4 Arme und Hände,
lungs- und Regenerationsprozessen, zur Psycho- 4 Gesicht, Nacken, Schultern und oberer
regulation bei inadäquater Aktivierung vor einem Rücken,
Wettkampf oder zur Unterstützung des Mentalen 4 Brust, Bauch und unterer Rücken,
Trainings: Das Verfahren wird von Sportlern akzep- 4 Lenden, Schenkel, Waden,
tiert und gern eingesetzt. Dies mag vor allem daran 4 der gesamte Körper.
liegen, dass PMR zunächst recht mechanisch wirkt.
Durch die willkürliche, praktische Anspannung ein- Der folgende vierstufige Ablauf muss bei jeder an-
zelner Muskelgruppen haben die Übenden das Ge- gesprochenen Muskelgruppe eingehalten werden:
fühl, aktiv an der Entspannung mitzuarbeiten, also 1. Konzentration auf die jeweilige Muskelgruppe.
einen ähnlichen Prozess zu absolvieren, wie sie ihn 2. Anspannen der Muskelgruppe, Halten der
vom sportlichen Training her kennen. Bestimmte Spannung für 5–7 Sekunden.
Vorstellungsinhalte wie Wärme oder Schwere – wie 3. Spannung lösen.
beispielsweise beim Autogenen Training – werden 4. Empfinden der Entspannung.
nicht benötigt, sodass eventuelle Vorurteile gegen
psychologische Techniken nicht greifen. Wer keinerlei Erfahrung mit Entspannungstechni-
Die ersten Übungseffekte über die Trainings- ken hat, sollte zunächst im Liegen üben und nach
zeit hinaus sind erfahrungsgemäß nach drei bis einigen Einheiten in eine bequeme Sitzposition
sechs 15-minütigen Sitzungen zu verzeichnen. Bei wechseln. Störungen sollten in der Übungszeit
11 täglichem Training werden nach ca. vier Wochen vermieden werden. Möchte man nicht an einem
recht deutliche Effekte bemerkt. Mit größeren zeit- Gruppenkurs teilnehmen, kann man die Instruk-
lichen Abständen (ein- bis zweimal pro Woche tionen entweder von einer CD oder einem ande-
sowie bei Bedarf) sollte dann kontinuierlich wei- ren Tonträger abspielen, oder man übt allein mit
tertrainiert werden. einer geschulten Fachkraft, die den Text mit neu-
Als besonders effektiv hat es sich erwiesen, die traler Stimmlage vorliest (Sonnenschein, 1985).
Übung mit steigendem Fertigkeitsgrad auch unter Im Folgenden wird der Ablauf der PMR ex-
Störbedingungen durchzuführen. Mit zunehmen- emplarisch am Körperbereich Arme und Hände
dem Training kann das Verfahren verkürzt werden, vorgestellt (7 Beispiel 11.1).
indem auf die bewusste Anspannung verzichtet
wird. Durch die mittlerweile erworbene Sensibili- Tipp I I
tät für den Tonus einzelner Muskelgruppen kann Linkshänder beginnen nicht, wie im Beispiel
die Entspannung unmittelbar eingeleitet werden. vorgegeben, mit dem rechten, sondern mit
Um das Verfahren noch weiter zu verkürzen, kön- dem linken Arm (maßgeblich ist immer die
nen nach und nach verschiedene Körperbereiche dominante Seite).
und Muskelgruppen zusammengefasst werden.
lungsaufgaben für eine Vielzahl von Bewegungen 4 du versuchst ein möglichst klares und leb-
auszuführen und anschließend zu bewerten, wie haftes Vorstellungsbild von der Bewegung
schwer/leicht dir diese Aufgabe gefallen ist. Deine zu erzeugen, die du gerade ausgeführt hast,
Einschätzungen sollen nicht dazu verwendet wer- oder
den, zu erfassen, wie gut oder wie schlecht du diese 4 du versuchst wirklich zu fühlen, wie du die
mentalen Aufgaben ausgeführt hast. Vielmehr sollst Bewegung ausführst, ohne dies aber tatsäch-
du Auskunft geben über dein Vermögen, diese lich zu tun.
Aufgaben bei verschiedenartigen Bewegungstypen
auszuführen. Es gibt keine Antworten, die »richtig« Nachdem du die mentale Aufgabe beendet hast,
oder »falsch« bzw. besser als andere sind. beurteile bitte die Leichtigkeit bzw. Schwierigkeit,
Jeder der folgenden Abschnitte beschreibt eine mit der du die Aufgabe durchführen konntest.
spezifische Bewegung. Lies jede Beschreibung Orientiere dich in deiner Bewertung an der nach-
sorgfältig, und führe anschließend die Bewegung stehenden Skala (bei jeder Aufgabe jeweils mit
wie beschrieben aus. Führe die Bewegung aber nur angegeben). Sei dabei so genau wie möglich, und
ein einziges Mal aus. nimm dir jedes Mal so lange Zeit, wie du für nötig
Zur Durchführung der mentalen Aufgabe hältst, um zu einer angemessenen Einschätzung zu
nimm dann bitte wieder die Ausgangsposition ein, gelangen. Du kannst dabei jeden Wert für so viele
so, als ob du die Bewegung ein zweites Mal aus- mentale Aufgaben vergeben, wie du willst. Es ist
führen wolltest. Führe nun die dann geforderte nicht erforderlich, dass du das gesamte Spektrum
mentale Aufgabe aus, d. h. entweder der Beurteilungsskala ausnutzt.
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11
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Vielen Dank für deine Mitarbeit! 4 bildliche Vorstellung (Items 1, 3, 5, 7, 11, 13,
15, 17, 18) und
Auswertung des Fragebogens 4 kinästhetische Vorstellung (Items 2, 4, 6, 8, 9,
Den Antwortgaben werden folgende numerische 10, 12, 14, 16).
Werte zugeordnet:
4 sehr leicht vorzustellen – 7 Dabei ergeben sich für die beiden Skalen Wer-
4 leicht vorzustellen – 6 tebereiche zwischen 63 (sehr gute bildliche bzw.
4 eher leicht vorzustellen – 5 kinästhetische Bewegungsvorstellungsfähigkeit)
4 weder leicht noch schwierig – 4 und 9 (sehr schlechte bildliche bzw. kinästhetische
4 eher schwierig vorzustellen – 3 Bewegungsvorstellungsfähigkeit).
4 schwierig vorzustellen – 2 Nähere Angaben zu den Gütekriterien des
4 sehr schwierig vorzustellen – 1 MIQ finden sich bei Hall & Martin (1997), Atienza
et al. (1994), Morris et al. (2005) und Monsma et
Durch Addieren der den Antwortvorgaben zuge- al. (2009).
ordneten numerischen Werte entsteht ein Score
für die beiden Skalen
Anhang
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Stichwortverzeichnis – 245
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240 Kapitel 11 · Literatur
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9.2 157 Forschungsgebiete und -ziele bei der Anwendung von Mentalem Training bei Schlaganfallpatienten
Stichwortverzeichnis
fokussieren 12
A C Fragebogen zur Erfassung der
Vorstellungsfähigkeit 213
Action Approach (Ansatz des Carpenter-Effekt 44 funktionale Äquivalenz 61
ökologischen Realismus) 23 Cellospieler 58 funktionelle Magnetresonanzto-
Aktivationsregulation 13 Chirurgenausbildung 185 mografie 61, 211
American Football 122 Chirurgie 184 Fußball 123
Amputation 175 − minimalinvasive 184 − Eckstoßvariante 123
Arbeitsleben 182 − Trainingsprinzipien 188 − Mentales Mannschaftstraining
Aufmerksamkeit 9, 11, 75 − Wirksamkeit des Mentalen Trai- 123
Auswahlmannschaften 128 nings 189 − positionsspezifische Leistung
Chorea Huntington 163 125
Cricket 112 − Spielzug 123
CRPS 161, 162
B
Bandscheibenvorfall 169, 171
G
Basalganglien 210
D
Basketball 118 Gedächtnisspuren 20, 59
− Freiwurfleistung 118 Darts 85, 86 Gegnerverhalten 106, 107, 114,
Beanspruchung 182, 183 DCD 160, 161 117, 121
Beinlängenverkürzung 171 distale Radiusfraktur 172, 173 Golf 91, 92
Belastung 182, 183 − Abschlag 91, 93
Berufsalltag 183 − Yips 92
Bewegung 21, 23
Bewegungsbeschreibung 26,
E
71, 148
− Videoaufzeichnungen 148 Eishockey 120
H
Bewegungsdauer 47 − Spielsystem 120
− Überschätzung 48 − Spieltaktik 121 Handlungsorientierung 10
− Unterschätzung 47 Eishockeyspieler 76 Handlungsvorstellung 13
− zeitliche Äquivalenz 47 Eiskunstlauf 98 Hemiparetiker 157
Bewegungsrepräsentation 20 − Synchroneiskunstlauf 102 heuristische Regeln 199, 200,
Bewegungsvorstellung 8, 12, 14, EMG-Aktivität 44, 45 201, 202
16, 21, 23, 28, 32, 53, 62, 71, 73, Endoprothesenversorgung 165 Hüfttotalendoprothese 169
169, 171 − Mentales Gehtraining 166
− Ansätze 26 Ergebnis-Folge-Erwartung 153
− Aufbau von 26 Erkenntnis 17
− kindgerechter Aufbau 82 Erkenntnistheorie 17
I
Bewegung und Wahrnehmung
21 Immobilisation 172
− System 21 Informationsverarbeitung 17
bio-psycho-soziales System 9
F Informationsverarbeitungsansatz
Boxen 115 17
− individuelle Kampfkonzeption Feldhockey 121 Inspektion 16
115 − Siebenmeter 122 Interiorisationsmodell 202
Flow-Zustand 92 interne Bewegung 22
Fokus 11
Stichwortverzeichnis
247 A–M
− Effektstärken 37, 39
J L − Einzeltechniken 147, 149
− im Leistungssport 73, 77
Judo 116 Lageorientierung 10 − kardiovaskuläre Begleiterschei-
laparoskopische Cholezystektomie nungen 48, 49, 50
186 − komplexe Bewegungsfolgen
Leichtathletik 80 149
K − Diskuswurf 81 − Metaanalysen 37, 41
− Hürdenlauf 82 − mit Kindern 40, 74, 82, 107
Kanu 93 − Sprint 82 − Neurophysiologische Grund-
− Unterwasserausstieg 94 Leistungsschwimmer 39 lagen 206
− Wildwasserrennsport 94 Leistungssport 73, 77 − neurophysiologische Studien
Karate 114 − Anwendungsvielfalt des 64
kinästhetische Ansätze 29 Mentalen Trainings 77 − periphere Begleiterscheinungen
Klangvorstellung 196 − Einsatzmöglichkeiten des 44
Kleinhirn 62, 210 Mentalen Trainings 73 − Sinnesmodalitäten 12
Knotenpunkte 27, 72, 168 Luftfahrt 191 − Spielzüge 110
− Reduzierung 72 − Drehbücher 192 − Standardsituationen 110
− Rhythmisierung 27, 72 − kritische Flugsituation 192 − Vorbedingungen 30
− Schlagwörter 72 − Pilotenausbildung 192 − vor dem Einschlafen 73, 81
− symbolische Markierung 27 − Wasserlandung Segelflieger − Wirkmechanismen 50, 51
Kohärenzsinn 152 193 − Wirksamkeit 36, 37, 61
− Bedeutsamkeit 152, 154 − Wirkung des Mentalen Trainings − Wirksamkeit nach Sportverlet-
− Handhabbarkeit 152, 153, 154 194 zungen 150
− Verstehbarkeit 152, 153, 154 − Wirksamkeitsnachweise 41
Komplexität der Sportarten 78 Mentales Training aus der Beob-
Komplexitätsstufen 78 achterperspektive 31
− 7. Komplexitätsstufe 117
M mental-sprachliches Training 31
− Beschreibung 78 MIQ 213
− Komplexitätsstufe 1 80, 90 Medizinerausbildung 185 Morbus Parkinson 162, 163
− Komplexitätsstufe 2 90, 101 Meniskusläsion 174 Motivationsmodells 152
− Komplexitätsstufe 3 101 Mensch-Computer-Analogie 18 Motor Approach (Informationsver-
− Komplexitätsstufe 4 105, 109 mentale Landkarten 183 arbeitungsansatz) 22
− Komplexitätsstufe 5 110, 113 mentale Modelle 183 Motorikforschung 22
− Komplexitätsstufe 6 113, 116 Mentales Gehtraining 166, 178 motorische Fertigkeiten 74
− Komplexitätsstufe 7 125 − individuelle Bewegungsanwei- − Erlernen 74
Konstruktivismus 17 sung 168 − Stabilisierung 74
Kontralaterales Training 146 Mentales Mannschaftstraining − Trainieren 74
Konzentration 9 123 motorischer Kortex 208
Konzertpianist 195 Mentales Training 8, 12, 73 motorisches Lernen 60
Körperschema 23 − aus der Beobachterperspektive motorisches System 207
kortikale Reorganisation 57 31, 32, 50 motorisches Training 64, 65
Kraftzuwachs 38 − aus der Innenperspektive 31, Movement Imagery Questionnaire
Kreuzbandruptur 174 32, 50 (MIQ) 33
− beeinflussende Variablen 39 Multiple Sklerose 164, 165
− Beeinflussende Variablen 40 Multitasking 10
− Bewegungsinformationen 12 Musik 195
− Definition 12 − 8-Schritte-Modell 196
248 Stichwortverzeichnis