Sie sind auf Seite 1von 3

Ein kurzer Abriss der Geschichte Georgiens

Es ist nicht nur der Süden und der Kaukasus, es ist die Schönheit, die abgründig und überall ringsum
erschütternde Schönheit. Es ist noch mehr und zwar etwas, das auf der ganzen Welt zur Seltenheit
geworden ist. Weil Georgien in viel allgemeinerer Beziehung ein Land ist als jedes andere, ein Land,
das in wunderbarer Weise in seiner Existenz keine Unterbrechung erlitt, das es noch jetzt auf der
Erde gibt, das nicht in die Sphäre des Abstrakten übergegangen ist.
Boris Pasternak, russischer Dichter, 1932

An den Südhängen des Kaukasus, östlich des Schwarzen Meers und an der Kreuzung zentraler
Handelsrouten von Heer- und Seidenstraße, war Georgien Jahrhunderte lang Durchgangsland für
Reisende nach Persien, Indien oder China.
Durch seine strategisch reizvolle Lage stets im Brennpunkt der verschiedenen Interessen, hatte
Georgien an allen bedeutenden politischen und kulturellen Epochen seit Menschengedenken teil.
Das Bedeutsame dabei ist – wie Boris Pasternak es definiert hat – seine kulturhistorische
Kontinuität, die sich Georgien die Jahrtausende hindurch erhalten hat, wechselseitig eintauchend
in die großen Kulturkreise Europas und Asiens.
Die Georgier sind eines der wenigen Völker, für das bis heute keine Migration nachgewiesen
werden konnte. Fest steht, dass Georgien schon in der Altsteinzeit besiedelt war. Neueste
archäologische Grabungen in Ostgeorgien bezeugen die Kultivierung vor 1,8 Millionen Jahren,
lange vor der Besiedlung Mitteleuropas. Dazu gehört auch der spektakuläre Fund des ältesten
europäischen Menschen in Dmanissi.

Du musst ein Wolf sein, und mehr als ein Wolf!


Georgisches Sprichwort

Der Name Georgien wird oft mit dem Heiligen Georg oder dem griechischen Wort Georgos
(Landarbeiter) in Verbindung gebracht. Möglicherweise aber liegt der Ursprung noch weiter in der
Vergangenheit und lässt sich auf das persische Wort "Gurg" (Wolf) zurückführen. Persischen
Quellen zufolge gab es bei den vorchristlichen Kartwelern regelrechte Wolfskulte und der Wolf
hatte einen besonderen Stellenwert in der Gesellschaft (vgl. Charachidzé). Der iberische König
Vachtang I., bekannt als der Stadtgründer von Tbilissi, trug den Beinamen Gorgassali "Wolfskopf",
da er einen Helm aus einem Wolfskopf trug. Die persisch-türkische Bezeichnung für Georgien
lautet noch immer Gurjistan (Türkisch: Gürcistan).

Georgien gehört zu den ältesten christlichen Nationen der Welt. Nach Armenien, wo das
Christentum bereits 301 zur Staatsreligion erhoben wurde, war Georgien das zweite Land, das den
christlichen Glauben annahm.
Im Jahre 337 wurde das Christentum zur Staatsreligion erklärt und verdrängte damit die
heidnischen Sonnenkulte. Archäologische Funde zeugen von der verbreiteten Verehrung des
Schöpfergottes "Armasi", ähnlich dem Mithraskult im südlichen Nachbarland Persien.

In Georgien gibt es eine wundervolle Stadt namens Tipilissi, eingerahmt von Vorsiedlungen und
Wehranlagen.
Marco Polo, Entdeckungsreisender (1254-1324)

Im Mittelalter führten wichtige Handelsrouten, der Heer- und Seidenstraße vom damaligen Europa
in die Länder des Orients mitten durch Georgien. Die Stadt Tbilissi taucht auf römischen Karten auf
und in den Reiseaufzeichnungen Marco Polos. Die strategische Bedeutung des Landes stieg.
Im 11. und 12. Jahrhundert erlebte Georgien unter König David, dem Erbauer und später seiner
Enkelin Königin Tamar seine goldene Blütezeit und größte Ausdehnung bis an die äußersten
Grenzen seines Kulturraums vom Schwarzen bis zum Kaspischen Meer.

König David und Königin Tamar

Wenige Jahre später zogen mordend und brandschatzend die Reiterhorden Dschingis Khans
darüber hinweg und 1390 folgten die Mongolen unter Timur Lenk.
Georgien verlor mit dem Fall von Konstantinopel 1453 die Verbindung zum christlichen Abendland
wirtschaftlich und kulturell. Die West-Ost-Handelswege der Seidenstraße durch Georgien kamen
zum Erliegen, da die Europäer nun die Seewege benutzten.
Gleichzeitig begann sich in Kleinasien eine neue Konfliktlinie aufzuwerfen.
Perser und der Osmanen führten permanent Krieg um die Vorherrschaft auf georgischem
Territorium. Sowohl die Perser als auch die Osmanen betrieben Sklavenhandel, verschleppten
Georgier in andere Teile ihres Reiches um und zwangen die Fürsten des Landes, Truppen für ihre
Feldzüge zur Verfügung zu stellen.
König Erekle II. (1720-1798) führte mehr als hundert Verteidigungskriege, sein Ruf als
hervorragender Stratege drang bis nach Westeuropa. Umgeben von islamischen Staaten blickte
Erekle II. mit besonderer Aufmerksamkeit auf den erstarkenden christlichen Nachbarn im Norden,
Russland. 1783 schloss Ostgeorgien mit dem Zarenreich einen Schutzvertrag.
Russland verfolgte jedoch seine eigenen machtpolitischen Pläne, und ließ die Georgier in der
entscheidenden Schlacht 1795 gegen eine siebenfache Übermacht ohne die zugesicherte
militärische Unterstützung, mit der Folge einer endgültigen Vernichtung der georgischen
Streitkräfte.
Die Perser brannten Tbilissi bis auf die Grundmauern nieder, 20.000 Georgier wurden in die
Sklaverei verschleppt, zehntausende hingemetzelt. Unter Berufung auf den Vertrag von 1783
wurde dann im Jahre 1801 das ostgeorgische Reich Kartlien-Kachetien per Dekret des russischen
Zaren Paul I. annektiert und das georgische Königshaus entthront.
Später wurde Georgien dann einer
intensiven Russifizierung unterworfen, das
soziale und kulturelle System dem Russlands
angepasst. Alle Posten in der Verwaltung
wurden mit russischen Beamten besetzt und
Georgisch als Verwaltungs- und
Kirchensprache abgeschafft.

Nach der Oktoberrevolution erklärte sich Georgien am 26. Mai 1918 unabhängig und zur
demokratischen Republik. Das wichtigste kulturelle Ereignis war die Gründung der Staatlichen
Universität Tbilissi 1918. Gleichzeitig entstanden zahlreiche Gymnasien, pädagogische Seminare
und verschiedene Schulen für ethnische Minderheiten. Georgien nahm an der Friedenskonferenz
von Versailles teil und wurde am 27. Januar 1921 Mitglied im Völkerbund. Am 21. Februar 1921
verabschiedete das Parlament die erste Verfassung Georgiens nach dem Vorbild der Schweiz.
Am 16. Februar 1921 wurde die Demokratische Republik Georgien von der Roten Armee besetzt.
Am 6. April 1921 wurde sämtlicher Grundbesitz in Georgien enteignet und verstaatlicht. Der
georgische Staat wurde systematisch zerschlagen. Zwischen 1921 und 1924 wurden über 30.000
Georgier aus der politischen und sozialen Elite des Landes, erschossen oder deportiert.
1922 bis 1936 war Georgien zuerst Teilgebiet der Transkaukasischen SFSR, nach deren Auflösung
dann die Georgische SSR, die bis zum Ende der Sowjetunion im Jahre 1991 bestand.
Georgien erklärte am 9. April 1991 seinen
Austritt aus der Sowjetunion, nur Litauen kam
Georgien zuvor. Als erstes Land hat Deutschland
die Unabhängigkeit Georgiens anerkannt und
eine Botschaft eingerichtet.

In Abchasien und Südossetien kam es zu Sezessionskriegen. Wegen der starken Militärpräsenz


Russlands hat die georgische Regierung bis heute keine Kontrolle über diese Teile ihres
Territoriums.
Im August 2008 eskalierte der Südossetien-Konflikt erneut und es kam zum offenen Krieg mit
Russland. Der Krieg zwischen Georgien und Russland um die abtrünnige Provinz Südossetien
wurde von dem Georgischen Präsidenten Micheil Saakaschwili mit einem Angriff auf Zehinwali
ausgelöst, um eine Konfrontation mit Russland zu erreichen und dabei vom Westen unterstützt zu
werden. Westliche Medien gaben damals Russland die Schuld an dem Krieg, mussten dies aber
nach der Veröffentlichung eines EU-Untersuchungsberichtes ein Jahr nach dem Ende des Konfliktes
zurücknehmen. Im Anschluss erkannte Russland die Unabhängigkeit Abchasiens und Südossetiens
an, 50.000 Flüchtlinge aus diesen Gebieten kamen nach Zentral-Georgien.

Das könnte Ihnen auch gefallen