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Qualitätskriterien für die ambulante therapeutische
Nachsorge mit Gewalt-
Gewalt- und Sexualstraftätern
2014 Bundestreffen in Hamburg – Reflexion von Roland Freese (Gießen) und Claudia
Schwarze (Nürnberg) zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden bei der Betreuung von
MRV und Strafvollzugsentlassenen
Unterschiede MRV-
MRV- vs. Strafvollzugsambulanz 1
MRV-
MRV-Amb (Hessen) Strafvollzugs-
Strafvollzugs-Amb (Nürnberg)
Zugang überwiegend MRV (§63, 64) ausschließlich Strafvollzug
Juristischer Rahmen 100% Führungsaufsicht Führungsaufsicht, Bewährung
und Freiwillige
Kostenträger Sozialministerium, GKV (<10%) in der Regel Justizministerium
Kooperationen Heime, Betreutes Wohnen, Betreutes Wohnen, ambulante
Behindertenwerkstätten, Psychiater und Psychothera-
Gemeindenahe Psychiatrie peuten, Suchttherapie
Unterbringung ∅ 4,6 Jahre MRV ∅ 4 Jahre (nur 60% aus der Haft)
Diagnosen 100% mit ICD-Diagnose, 35% ohne ICD-Diagnose,
Psychosen, PKS, Hirnorganisches Präferenzstörung, PKS-Störung,
Psychosyndrom (HOPS), Sucht
Intelligenzminderung, Sucht
Vorbehandlung in 92% störungsspezifische und 40% deliktpräventive Behand-
MRV / JVA deliktpräventive Behandlung, lung (SoThA), 25% niedrig-
8% ohne Vorbehandlung (§67b) schwellig in JVA, 35% ohne
Prof. Torsten Klemm (ISONA) – Qualitätskriterien Nachsorge, Seite 7
Unterschiede MRV-
MRV- vs. Strafvollzugsambulanz
Strafvollzugsambulanz 2
Prognose bei §63 durchweg positiv etwa zur Hälfte positiv, zur
(Entlassungsvoraussetzung) Hälfte negativ
Medikation 86% mit Medikation, i.d.R. 10% mit Medikation, i.d.R.
hochpotente Neuroleptika Antidepressiva
Behandlungsdauer ∅ 3,6 Jahre (0 – 17,6 Jahre) ∅ 1,75 Jahre (0.2 – 4,8 Jahre)
Betreuungsmaß- aufsuchend, einzeln, Medikation, empfangend, Gespräche, auch n
nahmen psychosoziale Assistenz, Drogen- Gruppen, keine Medikamente,
screening, Coaching von kein Drogenscreening, Einbe-
Betreuungspersonen ziehung von Angehörigen
Sozialstatus 83% auf Sozialhilfe, ohne GKV, 25% ALG-I, 18% ALG-II
Rente & Arbeitslosenversicherung
Arbeit Mehrheit in WfbM o.ä., kleiner Großteil auf 1. oder 2. Arbeits-
Teil auf dem Arbeitsmarkt markt, kleiner Teil in WfbM
Wohnen 18% allein oder mit Angehörigen, 38% allein, 27% in Ursprungs-
66% Wohnheim, 18% Betreutes familie, 21% mit eigener Familie,
Wohnen 9% Betreutes Wohnen
Sozialkontakte ca. bei 50% ca. bei 90%
Prof. Torsten Klemm (ISONA) – Qualitätskriterien Nachsorge, Seite 8
Gemeinsamkeiten MRV-
MRV- vs. Strafvollzugsambulanz
Auftrag Gefährlichkeitsreduktion
– Arbeitsgruppe 2016/17:
• 16 Vertreterinnen und Vertretern der Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern,
Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-
Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen
• 3 Treffen (Kassel, Gießen, Gotha), 3 Unterarbeitsgruppen (Struktur, Prozeß,
Ergebnis)
– Fragestellungen und Streitfragen:
• Qualitätskriterien vs. Mindeststandards
• Definition: Wer oder was ist eine „Forensische Ambulanz Strafvollzug“?
• Qualifikation der Mitarbeiter (z.B. Psychotherapeuten vs. Sozialarbeiter)?
• Caseload: durch absolute Zahl angeben oder durch Orientierungsformel?
• Behandlungsansätze und Therapieschulen (RNR, GLM, VT, Analyse, Systemische
Therapie, „Sexualtherapie“)
• Outcome und Meßbarkeit
• Legitimation und Gültigkeit der Qualitätskriterien
Prof. Torsten Klemm (ISONA) – Qualitätskriterien Nachsorge, Seite 10
Veröffentlichung:
https://doi.org/10.1007/s11757-
018-0476-1
Qualitätskriterien
Qualitätskriterien vs. Mindeststandards
§68b (5) StGB: Es kommt nicht auf die Bezeichnung „Forensische Ambulanz“ oder auf
die Form der Institution (Amt, Klinik, Verein) an, sondern ob der Einrichtung die
Aufgaben einer Forensischen Ambulanz im Rahmen der therapeutischen Nachsorge im
Sinne des Gesetzes übertragen wird und sie diese übernimmt – §68a (8) zur
Offenbarungs- und Schweigepflicht gilt entsprechend
Prof. Torsten Klemm (ISONA) – Qualitätskriterien Nachsorge, Seite 13
Qualifikation
Qualifikation der Mitarbeiter (SQ 1)
– Das Angebot einer forensischen Ambulanz erfordert, je nach Grad der Vernetzung,
mindestens ein multiprofessionelles Team von
• Diplom-Psychologen / Master-Psychologen
• Sozialpädagogen / Sozialarbeiter / Sozialtherapeuten
• und / oder Mitarbeitenden anderer Berufsgruppen mit spezifischer Berufserfahrung
und / oder Qualifikation (z. B. Facharzt)
– Das spezifische Wissen zur forensisch-therapeutischen Behandlung (z. B.
Risikobeurteilung, Sexualtherapie, Rechtspsychologie) muss i.d.R. während der
forensischen Tätigkeit erworben, aufgebaut und weiterentwickelt werden.
– Eine psychotherapeutische Behandlung setzt eine begonnene und laufende oder
abgeschlossene Weiterbildung in einer wissenschaftlich anerkannten Therapierichtung
und/oder eine Approbation als Psychologischer oder Ärztlicher Psychotherapeut
voraus. ( Beachte: Unterscheidung „wissenschaftlich anerkannt“ nach PsychTG vs.
Anerkennung durch KV)
in Sachsen PsychPT (Syst., VT), Reha-Psych., Soz-Päd. (Syst, Sucht) & Kunsttherapeut
Prof. Torsten Klemm (ISONA) – Qualitätskriterien Nachsorge, Seite 14
– Die Probandenfallzahl pro Mitarbeiter (Caseload) ergibt sich aus Parametern wie
• Risikobelastung der Probanden (Risk-Prinzip),
• die Kontaktfrequenz,
• die Kontaktart (empfangend/aufsuchend – Einzel-/ Gruppentherapie)
• und die jeweiligen Therapieangebote (Psychotherapie ohne/ mit hohem Anteil an
Soziotherapie, Risikobeurteilung ohne Psychotherapie, Ersttherapie/ Nachsorge).
Eine Berechnung für ein solches, differenziertes, für alle Ambulanzen geltendes Maß
einer optimalen Probandenfallzahl ist aus Sicht der Arbeitsgruppe nicht möglich.
– Bei fachlicher Notwendigkeit und mit Einverständnis des Probanden über den
geltenden Weisungszeitraum hinaus
– Auch Probanden, die sich nach abgeschlossener Behandlung in schwierigen
Lebenssituationen wieder an die forensische Ambulanz wenden, werden zur
Deliktprävention wieder aufgenommen.
Kooperationsnetzwerk (SQ 7)
– Zuweisungsnetzwerk = Justizvollzugsanstalten
– extramurale Helfernetzwerke (z. B. Suchtberatung, sozialpsychiatrische Dienste,
Betreutes Wohnen und Fachärzte)
– Netzwerke der Kontrolle (z.B. polizeiliche Überwachungsinstitutionen wie „ISIS“ und
Gerichte)
– Eine besondere Stellung nimmt die Bewährungshilfe ein, die in allen drei oben
genannten Rollen (Zuweisung, Hilfe, Kontrolle) tätig sein kann und schon nach dem
Gesetz engster Partner der forensischen Ambulanzen ist (§68 StGB).
Prof. Torsten Klemm (ISONA) – Qualitätskriterien Nachsorge, Seite 16
Prof. Torsten Klemm (ISONA) – Qualitätskriterien Nachsorge, Seite 17
Eine umfassende Analyse bezieht sowohl Kriterien für erfolgreiche Verläufe ein, z.B.
erreichte Ziele, Entschärfung von Risikofaktoren oder verbesserte Ansprechbarkeit, wie
auch die Analyse möglicher Fehler oder notwendiger Ressourcen für die zukünftige
Arbeit.
interne und externe Evaluation Sicherstellung der Finanzierung (vgl. SQ 11)
in Sachsen durch Kooperation mit Uni Leipzig (Psychologie) und TU Dresden
(Soziologie) im Rahmen von Master-Arbeiten
Prof. Torsten Klemm (ISONA) – Qualitätskriterien Nachsorge, Seite 22
Ergebnisqualität
EQ 1 „harte“ Kriterien: direkt deliktbezogen
– Gewaltvermeidung (Gewalt im Allgemeinen, häusliche, sexuelle Gewalt, Stalking)
• Reduktion einschlägiger Gewalthandlungen
• Reduktion sonstiger Delinquenz und weiterer dissozialer Verhaltensweisen
– Reduktion des Rückfallrisikos Voraussetzung: Prä-Post-Messungen !
• Reduktion der Risikokategorie, Risikoscores und relevanter Risikofaktoren
• Anbindung / Drop-out
V = P x U
↑ ↑ ↑
individuums- forensisch-therapeutische sozialpädagogische
zentrierte (sozialtherapeutische) Hilfen, Bewäh-
Psychotherapie Nachsorge rungshilfe
50 KG (N=74) 50 KG (N=14)
TG (N=151) TG (N=29) 42,8
40 40
35,7
30 28 30
9,3
10 10
7,1
5,9
1,8
0 0
einschlägig*** Sexualtäter*** Gewalttäter*** allgemein einschlägig erneut in Haft*