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Thema 1: Die Inhaltsangabe.

Aufgaben

Aufgabe 1:
Verfassen Sie eine Inhaltsangabe zu dem folgenden Text von Rudolf Otto Wiemer (geb.
1905 – gest. 1998; war ein deutschsprachiger Lyriker, Puppenspieler und Pädagoge.) Machen
Sie sich zunächst Lesenotizen zu Personen, Handlung, Zeit- und Raumumstände! Wer
erzählt wem die Geschichte?

Frühzug
Damals, als wir noch mit Dampf fuhren, sagte der Lokführer, passierten wir jeden Morgen
gegen sieben Uhr dreißig die Unterführung bei Kolze, einem Vorort, der wenige Kilometer von
unserem Ausgangsbahnhof entfernt ist. Nichts Besonderes, nee. Nur Jakob Schmitz, der Heizer,
5 reckte jedesmal den Hals, sobald wir die e Kastanienallee hinter uns hatten. Dann kam, wie
gesagt, die Station Kolze, wo wir nicht hielten.
Ob er den Posten schon bezogen hat? schrie Jakob Schmitz.
Er schrie, denn bei voller Fahrt ist in der Maschine eine schlechte Verständigung.
Wer? schrie ich zurück?
10 Na, der Spinner.
So nannten wir den Mann, den wir seit ungefähr vier Wochen an dieser Stelle beobachteten.
Mitte September, jeden Morgen, oft sogar bei Sturm oder Regen.
Dort führt nämlich die Fahrstraße unter der Eisenbahn durch und biegt scharf nach links.
Gleichzeitig mündet von rechts, bei den Häusern von Kolze, eine zweite, mit Obstbäumen
15 bestandene Straße, die früher ein Feldweg war, jetzt aber voll ausgebaut ist. Sie hat keine Vorfahrt,
doch um diese Zeit, wenn die Berufstätigen unterwegs sind, wird sie stark beansprucht.
Da also stand unser Mann. Er hatte sich so postiert, dass er gleichzeitig die Kolzer Straße und
die ziemlich enge Unterführung, aus der der Hauptstrom der Autos hervorquoll, im Auge behielt.
Wie er aussah, der Mann? Wir erkannten ihn sofort an seinem hellen, etwas zerbeulten Hut.
20 Außerdem hatte er einen Spazierstock bei sich. Ein kleiner, ziemlich magerer Bursche, mit kurzen,
krummen Beinen, wie es uns vorkam, und mit einer Brille. So an die sechzig mag er gewesen sein,
vielleicht auch älter. Jedenfalls stand so er jeden Morgen gegen sieben Uhr dreißig an dieser
gefährlichen Stelle und regelte den Verkehr.
Wie er das machte? Genau feststellen konnten wir es nicht. Die Lok fuhr bei Kolze bereits das
25 vorgeschriebene Tempo, da bleibt einem nicht viel Zeit zum Beobachten.
Gewöhnlich stand der Mann still, drehte nur ruckweise den Kopf, entweder zur Kolzer
Straße oder zur Unterführung.
Dann, wenn die Unterführung frei war, gab er den wartenden Autos ein Handzeichen.
Manchmal hob er auch den Arm oder den Stock, und im Herbst, als die Tage dunkler wurden, haben
30 wir ihn sogar eine Laterne schwenken sehen.
Weshalb er das tat? Tja, das wussten wir lange nicht. Wir nannten ihn, wie gesagt, den
Spinner, nicht mal seinen Namen kannten wir. Bis Jakob Schmitz, der Heizer, ein Jahr später die
jüngste Tochter nach Kolze verheiratete. Da erfuhren wir, dass der Mann früher im Zementwerk
beschäftigt und jetzt Rentner war. Na, und? Er hatte seinen Sohn, einen wilden Motorradfahrer, wie
35 man so sagt, an dieser Stelle verloren, früh zwischen sieben und acht, bei schlechter Sicht und
Nieselregen.
Naja, das ist alles. Seitdem steht er dort, der Alte, und regelt den so Verkehr. Möglich, schloss
der Lokführer seinen Bericht, dass man eines Tages ein Stoppschild dort hinsetzt, wie die Gemeinde
Kolze es beantragt hat. Aber bis so etwas entschieden ist, dauert es manchmal lange.

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