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Christiane Borgelt

Neubau der Ärztekammer, Friedrichstraße 16 (2008)

Das neue Haus der Ärztekammer ist ein Gewinn für das bisher wenig ausgeprägte Quartier am
südlichen Ende der Friedrichstraße. Besonders nachts kommt das Gebäude gut zur Geltung, wenn es
in unterschiedlichen Farben erleuchtet ist und die Aufmerksamkeit der Stadtbewohner auf sich zieht.
Mit dieser neuen Adresse besitzt die Berliner Ärztekammer endlich ein Gebäude, das der Bedeutung
und den Aufgaben der Organisation stärker gerecht wird. Bereits die individuelle Fassade und das
großzügige Foyer sowie die zentrale Lage des Hauses in der südlichen Friedrichstadt lassen
erkennen, dass die Ärztekammer bei ihrem neuen Gebäude vor allem an die Bedürfnisse ihrer
Mitarbeiter und der etwa 25 000 Mitglieder gedacht hat. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts trägt
sie Sorge, die ärztlichen Belange mit dem Wohl der Allgemeinheit zu verknüpfen und die ärztliche
Tätigkeit im Interesse des Patienten zu unterstützen. Ihre Aufgaben sind ebenso vielfältig wie
anspruchsvoll: Sie leistet ärztliche Fort- und Weiterbildung, organisiert die Ausbildung von
Arzthelferinnen und -helfern, bietet Beratung in juristischen Fragen und entwickelt Maßnahmen zur
Qualitätssicherung. Die Ärztekammer Berlin setzt auf eine Kultur der Kommunikation. Offenheit,
Transparenz und der fachliche Dialog auf Basis gegenseitigen Vertrauens konstituieren ein Leitbild,
das auch die Architektur des Gebäudes ausdrückt.

Der 2003 eröffnete Neubau in der Friedrichstraße ist das erste Haus im Besitz der Ärztekammer seit
ihrer Gründung im Jahr 1888. Der alte, 1992 angemietete Standort in Berlin-Reinickendorf genügte
den Ansprüchen schon seit längerem nicht mehr. Das Bürohaus befand sich in einem ehemaligen
Industriekomplex und bestand aus Einzelbüros an langen Fluren. Die Miete, die man nach der
Wiedervereinigung zu Hochpreisbedingungen ausgehandelt hatte, erschien unverhältnismäßig teuer;
die Räumlichkeiten erwiesen sich angesichts wachsender Aufgaben als unfunktional und klimatisch
ungeeignet. Für die große Mehrheit der Gesamtberliner Ärzteschaft war der Standort zudem zu
abgelegen, und für die Seminare der Fort- und Weiterbildung – etwa 1000 Veranstaltungen pro Jahr -
mussten zusätzlich Räume angemietet werden. 1999 entschied deshalb die Delegiertenversammlung,
das Mietverhältnis in Reinickendorf auslaufen zu lassen und ein eigenes, zentral gelegenes Domizil zu
errichten.

Das geeignete Grundstück für dieses Vorhaben fand sich in der südlichen Friedrichstadt. Die
Ärztekammer beschloss, einen Architektenwettbewerb auszuloben, der sorgfältig vorbereitet wurde.
Die Medizinerorganisation wünschte sich ein einladendes Haus, das eine moderne, teamorientierte
und vernetzte Arbeitsweise zulässt. Zum ersten Mal sollte die Fort- und Weiterbildung unter dem Dach
der Kammer stattfinden, um dem Haus eine Bedeutung zu geben, die über eine bloße
Verwaltungseinrichtung hinausreicht. Es sollte ein Haus aller Ärzte und Ärztinnen Berlins werden, die
dort kollegiale Gespräche führen und sich untereinander austauschen können.

Der Architektenwettbewerb begann im Winter 1999. Aus 148 Bewerbungen wurden sieben Büros, die
Erfahrungen mit der baulichen Umsetzung moderner Bürokonzepte nachgewiesen hatten, um
entsprechende Konzepte gebeten. Das Berliner Büros Hascher Jehle Architektur überzeugte mit
seinem Entwurf, der unverzüglich umgesetzt wurde. Die künftigen Nutzer bildeten Projektgruppen und
brachten ihre Erfahrungen zu den Themen Logistik, Bürofunktionen und Fort- und Weiterbildung in
den Planungsprozess ein. Zwischen Bauherr und den Architekten entstand eine ebenso intensive wie
produktive Zusammenarbeit, sodass die Ärztekammer im Frühjahr 2003 einziehen konnte. In den
Reihen der Mitarbeiter stießen die neuen Räumlichkeiten auf einhellige Zustimmung; nur an die
einsehbaren Kombibüros mussten sich einige noch gewöhnen.

Standort: südliche Friedrichstadt

Der Standort für den Neubau der Ärztekammer ist ohne Zweifel gut gewählt. Er liegt zentral, aber nicht
in der luxuriösen Stadtmitte, sondern gut erschlossen am Rande des Zentrums im Kreuzberger Teil
der historischen Friedrichstadt, auch südliche Friedrichstadt genannt. Bauliche Vielfalt prägt hier die
Nachbarschaft. Obwohl dieses Quartier von der Stadtplanung als „Cityerweiterungsgebiet“ definiert
wird, fallen die vielen Wohngebäude sofort ins Auge. Die meisten dieser Wohnhäuser stammen aus
den 1960er und 1980er Jahren und werden von kleinen Parks, Spielplätzen, Kindergärten und
Schulen flankiert. Dazu gesellen sich neue Bürogebäude, Hotels, Museen und einige wenige Gebäude
aus dem Bauboom der Gründerzeit. Kleine Läden beleben die Straßen. Dieser Stadtteil ist in
Veränderung begriffen, und wer hier öfter spazieren geht, kann die Dynamik des Umbruchs spüren.
Die südliche Friedrichstadt gewinnt die Bedeutung zurück, die sie als innerstädtisches Gebiet vor dem
Zweiten Weltkrieg hatte.

Seit ihrer Entstehung ist die südliche Friedrichstadt von Fragmenten und Brüchen gekennzeichnet. Im
18. Jahrhundert als barockes Stadterweiterungsgebiet für zweigeschossige Villen angelegt, wurde sie
in der Gründerzeit von herrschaftlichen Mietshäusern und Behördenbauten überformt. Erst zu Beginn
des 20. Jahrhunderts entwickelte sie sich zu einem Teil des Stadtzentrums. Im Zweiten Weltkrieg
zerstört und durch den Wiederaufbau weiterer historischer Bezüge beraubt, geriet sie nach der
Teilung Berlins und dem Bau der Mauer in eine Randlage der westlichen Teilstadt. Zu Beginn der
1980er Jahre wurde sie von der Internationalen Bauausstellung (IBA) als Demonstrationsgebiet für
das „Wohnen in der Innenstadt“ entdeckt. Auf dem historischen Stadtgrundriss entstanden zahlreiche
gelungene Neubauten und Parkanlagen international bekannter Architekten. Als Ende 1989 die Mauer
fiel, erhielt ihre Lage wieder die alte, zentrale Bedeutung. Eilig sicherten sich Bauherren und
Investoren die verstreuten Brachflächen und reichten Bauanträge ein.

Die Liste der Unternehmen und Institutionen, die die Gegend seit den Neunziger Jahren für sich
entdeckt haben, ist vielfältig und enthält zahlreiche prominente Namen. Wer sich Zeit für einen
längeren Spaziergang durch das Quartier nimmt, stößt auf die Bundeszentrale der SPD, das Jüdische
Museum mit seinem spektakulären Erweiterungsbau, die architektonisch nicht minder interessante
Berlinische Galerie, das Familiengericht, das Tempodrom oder das auffällige GSW-Hochhaus, in
dessen Nachbarschaft der hier seit Mauerzeiten ansässige Axel-Springer-Verlag ebenfalls mit
Neubauten auf sich aufmerksam macht. (Siehe auch: Die Neuen Architekturführer Sammelband Nr.7:
Friedrichshain-Kreuzberg) Die Ärztekammer befindet sich zweifellos in bester Gesellschaft.

Die städtebauliche Situation

Der Neubau Friedrichstraße 16, Ecke E.T.A..-Hoffmann-Promenade schließt eine weitere Lücke am
Südende der Friedrichstraße und verleiht der Straßenecke einen besonderen Akzent. Die
abzweigende E.T.A.-Hoffmann-Promenade ist Teil einer grünen Fußwegeverbindung quer durch die
südliche Friedrichstadt, die zu IBA-Zeiten geplant wurde. Sie läuft schnurgerade auf das ehemalige
Kammergericht in der Lindenstraße zu, das heute als Eingangsgebäude des Jüdischen Museums
dient. Wer von der U-Bahn-Station „Hallesches Tor“ kommt und den Mehringplatz passiert, um die
Ärztekammer aufzusuchen, erhascht in der schmalen Sichtachse einen reizvollen Blick auf die
zartgelbe, fast blendende Barockfassade, ehe er auf den sechsgeschossigen Neubau zusteuert.

Der Besucher nimmt das Gebäude als Kubus wahr, dessen großstädtische Architektursprache sich
wohltuend auf die Umgebung auswirkt. Der gläserne Sockel reicht über zwei Etagen, während sich die
oberen vier Geschosse hinter einer rhythmischen Lochfassade aus hellem Terrakotta verbergen. Man
kann zunächst nicht erkennen, dass das Gebäude einen winkelförmigen Grundriss besitzt, der auf der
engen, fast quadratischen Parzelle einen Innenhof umschließt. Erst vom Fußgängerweg aus eröffnet
sich die Sicht auf die rückwärtige Fassade und den Innenhof, der über dem zweiten Geschoss
beginnt. Die in den Obergeschossen fensterlose Rückfassade verläuft leicht schräg nach oben. Der
mittige Vorsprung markiert ein dahinter liegendes, verglastes Treppenhaus, das die aufstrebende
Dynamik unterstützt. Mit diesem gestalterischen Trick werden die geforderten Abstandsgrenzen zum
westlichen Nachbargrundstück eingehalten. Zurzeit befindet sich dort der Blumengroßmarkt mit
weitläufigen Parkplätzen. Der Bezirk wird diesen Standort in den nächsten Jahren aufgeben, so dass
sich für diesen Bereich neue Entwicklungsperspektiven ergeben, die zur Aufwertung des Quartiers an
der südlichen Friedrichstraße beitragen dürften.

Das nördlich angrenzende Nachbargebäude, Friedrichstraße 17, ist eines der seltenen Wohn- und
Geschäftshäuser in der südlichen Friedrichstadt, die noch aus der Gründerzeit stammen. 1896 von
den Architekten Kayser und von Großheim erbaut, macht das denkmalgeschützte Gebäude mit seiner
lebendigen Renaissance-Fassade mit Erkern, Balkonen und steilem Dach eine gute Figur. Hier
schließt der Neubau der Ärztekammer an mit einer haushohen Wand aus Sichtbeton und einem
zurückspringenden, verglasten Treppenhaus, das eine Zäsur bildet zwischen der historischen
Putzfassade und der kubischen Großskulptur und die beiden so unterschiedlichen Gebäude dennoch
harmonisch verbindet.

Entree und Bistro


Vom Haupteingang an der Friedrichstraße gelangt der Besucher in das Entree, Ausgangspunkt und
Zentrum aller kommunikativen Aktivitäten. Die Dimensionen sind beeindruckend. Der Raum ist höher
als zwei gewöhnliche Stockwerke und fast rundum verglast. Schlanke, weiße Säulen tragen die
Obergeschosse. Ein mittig angeordneter gläserner Aufzug transportiert Mitarbeiter und Besucher in
die Büroetagen. Hinter ihm liegt der Trakt mit den Seminarräumen. Rechts führt eine einläufige Treppe
aus Sichtbeton in die erste Etage zu weiteren Gruppenräumen. Von dort aus geht es auf einer
gegenläufigen, von Stufen unterbrochenen Rampe auf die große Galerie, wo sich das Bistro befindet.
Diese beiden Treppenanlagen mit ihren Betonbrüstungen geben dem ausladenden Vestibül sein
charakteristisches Aussehen. Neben der einläufigen Treppe erstreckt sich ein langer, leicht gebogener
Empfangstresen.

Am Eingang links, hinter einer mit terrakottafarbenen Platten verkleideten Wand, liegt der große
Vortragssaal. Hier tagt auch die Delegiertenversammlung. Bei großem Andrang werden die beiden
Doppeltüren geöffnet, sodass die Veranstaltungs-Teilnehmer ungehindert Vorraum und Bistro
erreichen können. Der fensterlose Saal, eingebettet zwischen Entree und nördlichem Treppenhaus, ist
mit allen veranstaltungstechnischen Raffinessen ausgestattet. Die einzige optische Verbindung zum
Entree ist eine verglaste schmale und türhohe Öffnung zwischen den beiden Doppelportalen, die
Außenstehenden im Foyer einen kleinen Einblick gewährt und den Personen im Saal das Gefühl des
Eingeschlossensein nimmt.

Ein sympathisches Detail bilden die beiden in die Saalwand eingelassenen Schaukästen. Während
der erste Kasten eine, an die Grundsteinlegung am 19. Juli 2001 erinnernde Kupferrolle mit Urkunden
zeigt, weist der andere auf einen bedeutenden Mieter des Vorgängerbaus hin: Von 1905 bis 1918
nutzte der Optiker Oskar Messter die beiden obersten Etagen als Filmatelier. Messter gilt als der
Erfinder des „Malteserkreuzes“, ein technisches Detail des Filmprojektors, das erstmalig ein
gleichmäßiges Abspielen der Filmrollen ermöglichte. In der Friedrichstraße 16 schuf der
Filmproduzent und Betreiber des ersten Berliner Kinos Melodramen wie „Das Liebesglück einer
Blinden“ mit Henny Porten und Friedrich Zellnick.

An den Wänden, der Decke und den Treppenbrüstungen des Vestibüls dominiert hellgrauer
Sichtbeton. Der dunkelgraue Naturstein aus Oberdorlaer Muschelkalk, mit dem Boden und Treppen
belegt sind, liefert eine elegante Ergänzung und wird von der terrakottafarbenen Saalwand und dem
hellen Holzton der Türen und des Empfangstresens aus nordischem Ahorn kontrastiert. Je nach
Wetterlage und Sonnenstand ändert sich die Atmosphäre. Bei starker Sonne absorbiert das Glas die
Strahlen und verdunkelt sich; dann werden auch die Sonnenschutz-Rollos heruntergelassen, und man
fühlt sich im Inneren besonders geborgen. Ohne Sonneneinstrahlung - oder bei beginnender
Dämmerung - nimmt man die Glaswände kaum noch wahr, und es scheint, als ob Straßenraum und
Vestibül miteinander verschmelzen würden.
Auch das Bistro auf der Galerie vermittelt einen außergewöhnlichen Raumeindruck. Es ist nach
Westen zur Friedrichstraße und nach Osten zum Innenhof geöffnet. Die erhöhte Position lenkt den
Blick in die Häuserschlucht der Friedrichstraße und lässt den Gast „über den Dingen schweben“. Die
Ostseite der Cafeteria ist vom Grün der Steingartenböschung im angrenzenden Innenhof beeinflusst.
Im Sommer, wenn die Glastüren geöffnet sind, erweitert sich das Bistro um eine ausladende, nach
oben leicht ansteigende Terrasse mit mediterraner Bepflanzung. Der Ausbau der Cafeteria folgt ihrem
Zweck: an einem langen Tresen werden Getränke und Gerichte angeboten, die im dahinter liegenden
Küchenraum vorbereitet werden; vor dem Tresen präsentiert sich ein lichter und freundlicher
Gastraum mit grazilem Mobiliar. Dass sich die Gäste hier wohl fühlen, liegt nicht nur an der Qualität
der Speisen und der Aufmerksamkeit des Personals, sondern wird vor allem durch das
Zusammenspiel solider Materialien mit dem Farbkonzept erreicht. Bestimmend sind das Grau der
Sichtbetonwand und des geschreinerten Tresens, das warme Dunkelbraun des Industrieparketts
sowie die weiße abgehängte Decke mit den integrierten Leuchten, über der sich die Lüftungstechnik
verbirgt. Der Terrakotta-Ton der Brüstung und einiger Stühle belebt das ruhige Ambiente, unterstützt
von der beige-gelben Farbe der Patio-Fassaden, die in den Raum hineinwirkt. Dass sich
Essensgeruch im Entree ausbreiten könnte, ist nicht zu befürchten. Auf Knopfdruck öffnen sich die
unter der Decke rundum verlaufenden Lüftungsklappen, und mit einem kräftigen Sog ist die
verbrauchte Luft rasch ausgetauscht.

Die Büroetagen

Die oberen vier Büroetagen sind nach einem Konzept organisiert, das eigens für die Ärztekammer
entwickelt wurde. Da Transparenz und Kommunikation groß geschrieben werden, erschien die Idee
der „Kombibüros“ besonders gut geeignet: Aneinander gereihte, zehn Quadratmeter große
Einzelbüros rahmen eine mittige, großzügige Gemeinschaftszone. Die Abgrenzung zwischen den
individuellen und gemeinschaftlichen Arbeitsbereichen besteht aus durchsichtigem Sicherheitsglas,
das später mit einer lichtdurchlässigen Streifenfolie beschichtet wurde, um den Einzelbüros etwas
mehr Intimität zu geben. Bürogröße und Einrichtung sind ergonomisch und funktional optimiert; interne
Umzüge können mit wenigen Handgriffen erledigt werden. Einen Gegenpol zu der strengen
Rationalität dieses Ensembles bilden die raumhohen Fenster, die den Außenraum optisch
einbeziehen. In den Mittelzonen befinden sich Besprechungsbereiche für kleine Gruppen und die
„Document-Center“ mit Kopierern, Fax-Geräten, Druckern und Büromaterialien. Auf jedem Geschoss
steht ein Sitzungsraum für größere Besprechungen zur Verfügung sowie eine Espressobar mit
Kaffeemaschine, Kühlschrank, Spülmaschine und Geschirr. Der Boden ist zugunsten einer besseren
Akustik mit Teppich ausgelegt.

Auch die Arbeit im obersten Geschoss, in dem der Vorstand, die Geschäftsführung und die Redaktion
des hauseigenen Mitteilungsblattes „Berliner Ärzte“ untergebracht sind, gestaltet sich angenehm. Auf
dem rückwärtigen Gebäudetrakt befindet sich ein Dachgarten, der Mitarbeiter und Besucher weit über
das Gelände des Blumengroßmarktes hinweg in das östliche Kreuzberg schauen lässt.
Das Lichtkonzept

Ein innovatives Beleuchtungssystem erlaubt es jedem Mitarbeiter, die Helligkeit und Lichtfarbe im
Büro seinen Bedürfnissen anzupassen. Er kann seine unmittelbare Umgebung in gelbes, rotes, blaues
oder grünes Licht tauchen oder eigene Farbmischungen herstellen. Dazu muss er lediglich einen
besonderen Lichtschalter zu bedienen. Das Beleuchtungssystem ist Teil eines Pilotprojekts von
Michael F. Rohde, L-Plan / Berlin, das den Einfluss von farbigem Licht auf das Wohlbefinden von
Menschen am Büroarbeitsplatz untersucht. Die Lichtgestaltung beeinflusst auch die Wirkung des
Gebäudes im Stadtraum. Sie verleiht dem Gebäude Lebenskraft und unterstreicht das Anliegen des
Nutzers, ein einladendes Haus zu sein.

Das Energiekonzept

Der kompakte Baukörper der Ärztekammer und die günstige Orientierung für eine solare Gewinnung
und natürliche Belichtung sind eine gute Voraussetzung, Energie zu sparen. Die Fassade weist einen
hohen Wärmedämmstandard auf. Die meisten Räume können auf natürliche Weise belüftet werden -
ein wichtiger energetischer, aber auch psychologischer Aspekt für das Wohlgefühl der Mitarbeiter. Die
Möglichkeit, die Räume mittels einer Kühlung in den Geschossdecken zu temperieren, erhöht den
Komfort am Arbeitsplatz. Der Mittelbereich der Büroetagen wird über Lüftungsschächte im Boden
kontrolliert künstlich belüftet; die aufsteigende Wärme wird über die Betonkernaktivierung
zurückgewonnen.

Es sind die Stärken des Büros Hascher Jehle Architektur, Gestaltung, Konstruktion und Technik so
miteinander zu verbinden, dass möglichst wenig Primärenergie verbraucht wird. Die Architekten folgen
dem Prinzip der „Simple Technology“ und verwenden nur so viel Technik, wie wirklich nötig ist. Als
Universitätsprofessoren können die beiden Chefs, Rainer Hascher und Sebastian Jehle, ihre
Forschungsergebnisse unmittelbar in die Praxis übertragen. Sowohl das neue Haus der Ärztekammer
als auch die großen Bauvorhaben - zum Beispiel: Kunstmuseum Stuttgart, Universitätsklinikum Halle-
Kröllwitz oder Terminal West des Flughafens Berlin-Schönefeld - profitieren von einer Planung, die
lokale Besonderheiten, Bauherrenwünsche, Ökonomie und Ökologie miteinander vereint. Alle
Gebäude dieses Architekturbüros, das rund 50 Mitarbeiter beschäftigt, zeichnen sich aus durch
handwerklich geprägte, auf das Wesentliche beschränkte Baudetails. Ausführungsplanung und
Bauleitung des Neubaus für die Ärztekammer oblagen der Planungsgesellschaft Häffner + Zenk, die
das Architekturverständnis von Hascher und Jehle erfolgreich konkretisierten.

Fazit

Die Ärztekammer hat erreicht, was sie sich vorgenommen hat: ein interessantes, einladendes
Gebäude, das sich gestalterisch von der umgebenden Bebauung abhebt. Durch seine innere
Organisation bietet es zahlreiche Gelegenheiten zu Begegnung und Kommunikation. Die Arbeitsplätze
sind rationell, aber komfortabel ausgestattet. Die Architektur lebt durch die geschickte Auswahl der
Materialien, die sorgfältige Ausarbeitung der Baudetails und vermittelt Transparenz und Offenheit.
Angestellte und Besucher haben viele Möglichkeiten, sich mit dem Haus zu identifizieren. Wer im
Dienst der Gesundheit arbeitet, soll sich schließlich auch an seinem Arbeitsplatz wohlfühlen können.

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