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Wie allgemein üblich wurden Warenzeichen bzw. Namen (z.B. bei Pharmapräparaten) nicht besonders gekennzeichnet.
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Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen
des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Verviel-
fältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Um den Textfluss nicht zu stören, wurde bei Patienten und Berufsbezeichnungen die grammatikalisch maskuline Form
gewählt. Selbstverständlich sind in diesen Fällen immer Frauen und Männer gemeint.
Printed in Italy
ISBN-13: 978-3-437-24140-6
ISBN-10: 3-437-24140-0
Timothy Hartshorne
Vascular Technologist, Chirurgische Abteilung,
Leicester Royal Infirmary, University Hospitals of Leicester NHS Trust, Leicester, Großbritannien
1 Einleitung
Seit der ersten englischen Ausgabe dieses Buches gramme zu erstellen, bleibt dem Gefäßradiologen
haben sich hinsichtlich Ultraschalltechnologie, so auch mehr Zeit für die Durchführung thera-
Magnetresonanztomographie (MRT) und Magnet- peutischer Maßnahmen, wie z. B. der Angioplas-
resonanzangiographie (MRA), Computertomo- tie.
graphie (CT) und vaskulären sowie endovasku- Gefäßsonographische Untersuchungen beruhen
lären Operationstechniken signifikante Entwick- auf der Anwendung von Ultraschall zur Erzeu-
lungen vollzogen. Die jüngste Generation von gung morphologischer Schwarz-Weiß-Bilder, mit
Duplexsystemen liefert, vor allem beim Einsatz denen sich pathologische Prozesse entlang von
von Techniken wie dem Harmonic Imaging und Arterienwänden oder venöse Thromben nachwei-
dem Compound Imaging, noch deutlichere Auf- sen lassen. In Form eines Farbdopplerbildes lie-
nahmen. Mittlerweile verfügen die Geräte auch fert der Dopplerultraschall eine funktionelle Dar-
über eine höhere Empfindlichkeit für den Nach- stellung des Blutflusses in Arterien und Venen.
weis eines Blutflusses in den arteriellen und ve- Mittels Spektraldoppleranalyse lassen sich aus
nösen Gefäßsystemen. Die MRA liefert fantas- den Gefäßen Doppler-Wellenformen ableiten.
tische Aufnahmen, und es steht zu vermuten, Auf diese Weise können Änderungen der Strö-
dass MRA und Spiral-CT die Duplexuntersuchung mungsverhältnisse in den Gefäßen nachgewie-
zukünftig ablösen könnten, wenngleich letztere sen und Strömungsgeschwindigkeiten berechnet
nach wie vor viele Vorteile bietet. Abgesehen von werden, die es dem Sonographeur erlauben, den
Verbesserungen in der Bildauflösung sind es vor Schweregrad von Gefäßerkrankungen zu beurtei-
allem die Möglichkeiten, den Blutfluss in Echtzeit len (Abb. 1.1).
darzustellen, quantitative Messungen der Blut-
flussgeschwindigkeit durchzuführen und die Fluss-
richtung zu ermitteln, die dafür sorgen werden,
dass die Duplexsonographie ihren Stellenwert als
Bildgebungsverfahren in absehbarer Zukunft wird
behalten können. Ebenfalls zu den relevanten
Faktoren gehören die Auswirkungen auf Kosten
und Ressourcen. So gilt das Screening von Pati-
enten auf Erkrankungen der A. carotis oder Aor-
tenaneurysmen mit der MRT nicht als kostenef-
fektiv. Essenziell dagegen sind MRT- oder CT-Un-
tersuchungen für die Planung der endovaskulären
Therapie von Aortenaneurysmen. So hat jede
Untersuchungsmodalität bei der Behandlung von
Gefäßerkrankungen ihren ganz eigenen Stellen-
wert. In vielen Zentren haben duplexsonographi-
sche Untersuchungen die diagnostische Angiogra-
phie und Phlebographie weitgehend ersetzt. Dies
hat für Chirurgen und nicht operativ tätige Ärzte
den Vorteil, die Auswahl der Patienten für die Abb. 1.1 Dieses Beispiel eines Ultraschallbildes der
chirurgische oder konservative Behandlung ohne A. carotis demonstriert, wie B-Bildtechnik, Farb- und
Durchführung invasiver Untersuchungen vor- Spektraldopplersonographie zur Untersuchung von
nehmen zu können. Statt diagnostische Angio- Stenosen eingesetzt werden können.
1
1 Einleitung
A BB
Abb. 1.2 A: Das Angiogramm zeigt eine signifikante Stenose in der rechten A. iliaca communis (Pfeil). B: Die Stenose
wurde mittels perkutaner Ballonangioplastie dilatiert.
2
2 Ultraschall und Bildtechnik
3
2 Ultraschall und Bildtechnik
lenlänge einer Schallwelle (durch das Symbol in allen Geweben gleich ist, nämlich 1540 m/s.
wiedergegeben) bezeichnet man den Abstand Da sich die Schallausbreitungsgeschwindigkeit in
zwischen zwei aufeinander folgenden Punkten, den verschiedenen Gewebearten jedoch unter-
bei denen Größe und Richtung der Auslenkung scheidet, kann diese Annahme zu geringfügigen
sowie die Ausbreitungsrichtung der Teilchen Fehlern bei der Abschätzung der Laufzeit von
identisch sind (siehe Abb. 2.1C). Die Zeit, die die Schallwellen führen.
Welle benötigt, um sich im Medium um eine
Wellenlänge fortzupflanzen, bezeichnet man als
Periode (). Die Frequenz f ist definiert als die An-
zahl der Schwingungen durch einen Punkt in
2.3 Erzeugung von
einem Medium während 1 Sekunde (s). Dabei Ultraschallwellen
gilt:
Ein Schallkopf (Transducer, Sonde, Wandler) ist
f= 1
(2.1) einfach ein Gerät, mit dem Energie von einer
Form in eine andere umgewandelt wird. Im Falle
Die Einheit der Frequenz ist Hertz (Hz), wobei von Ultraschallköpfen wird elektrische Energie
1 Hz einer vollen Schwingung pro Sekunde ent- in Schwingungsenergie umgewandelt. Die zur Ge-
spricht. Hörbare Schallwellen haben Frequenzen nerierung medizinisch genutzter Ultraschallwel-
im Bereich zwischen 20 Hz und 20 kHz. Me- len am häufigsten verwendete Methode ist der
dizinische Ultraschallgeräte arbeiten üblicher- piezoelektrische oder Piezoeffekt. Piezoelektrische
weise im hochfrequenten Bereich zwischen 2 Materialien werden zu mechanischen Schwin-
und 15 MHz (d. h. zwischen 2 000 000 und gungen angeregt, wenn sie einer Wechselspan-
15 000 000 Hz). nung ausgesetzt werden. Die Frequenz der ange-
legten Spannung beeinflusst die Frequenz, mit
der die Materie schwingt. Die Dicke des piezoelektri-
Ausbreitungsgeschwindigkeit schen Elements bestimmt die Frequenz, mit der
das Element am effizientesten schwingt; sie wird
Schall breitet sich in verschiedenen Medien un- als Resonanzfrequenz des Schallkopfes bezeich-
terschiedlich schnell aus (im Wasser z. B. schnel- net. Die Schallgeschwindigkeit im Piezoelement
ler als in der Luft). Die Geschwindigkeit einer hängt von seinem Material ab. Eine Resonanzfre-
Schallwelle c ergibt sich aus der Strecke, die eine quenz tritt auf, wenn die Dicke des Piezoelements
Schallwelle während einer bestimmten Zeit zu- der halben Wellenlänge der erzeugten Schallwel-
rücklegt; sie ist für jedes Material konstant. Die le entspricht. Bei dieser Frequenz verstärken sich
Geschwindigkeit wird durch Multiplikation der die an der Vorder- und Rückseite des Elements re-
Frequenz mit der Wellenlänge bestimmt und flektierten Schallwellen gegenseitig und erhöhen
gewöhnlich in Metern pro Sekunde angegeben
[m/s]:
c = f (2.2) Tab. 2.1 Schallausbreitungsgeschwindigkeit in ver-
schiedenen Geweben
Die Geschwindigkeit, mit der sich der Schall fort-
pflanzt, hängt sowohl von der Dichte als auch Medium Schallausbreitungs-
von der Kompressibilität des Mediums ab. Je geschwindigkeit [m/s]
höher seine Dichte und Kompressibilität, umso Luft 330
langsamer breitet sich der Schall darin aus. In
den verschiedenen Körpergeweben breitet sich Wasser (20 °C) 1480
der Schall mit unterschiedlicher Geschwindigkeit Fettgewebe 1450
aus (Tabelle 2.1). Um bestimmen zu können, wie
Blut 1570
weit sich eine Ultraschallwelle fortgepflanzt hat,
muss man die Schallgeschwindigkeit kennen. Muskelgewebe 1580
Das gilt sowohl für die B-Bildtechnik als auch für Knochen 3500
das gepulste Dopplerverfahren (wie wir später
Weichteilgewebe 1540
sehen werden). Ultraschallgeräte gehen üblicher-
(gemittelt)
weise davon aus, dass die Schallgeschwindigkeit
4
Erzeugung von Ultraschallwellen 2.3
Schmalbandschallkopf
Typischerweise sind die in der Ultraschallbildge-
bung verwendeten Pulse sehr kurz und enthalten
nur 1 bis 3 Puls-Echo-Zyklen, um Reflexionen
von eng benachbarten Grenzflächen leichter dif-
Maximum ferenzieren zu können. Gepulste Dopplersignale
sind länger und umfassen mehrere Puls-Echo-
Zyklen. Tatsächlich besteht ein Puls nicht aus
Wellen einer einzigen Frequenz, sondern mehre-
rer Frequenzen mit unterschiedlichen Amplitu-
den. Unterschiedlich geformte Pulse haben eine
unterschiedliche Frequenzverteilung. Abbildung
Frequenz 2.3 verdeutlicht, wie sich ein Signal aus der
Resonanzfrequenz Summe mehrerer verschiedener Frequenzen zu-
sammensetzen kann. Die Frequenzverteilung
Abb. 2.2 Die Ausgangsleistungen eines Schallkopfes eines Signals lässt sich graphisch in einem sog.
sind hier gegen die Frequenz eines breit- und eines Frequenzspektrum darstellen (siehe Abb. 2.4,
schmalbandigen Schallkopfes abgetragen. Im Ver- rechte Spalte). Im Frequenzspektrum werden die
gleich zu Schmalbandschallköpfen erstreckt sich die im Signal enthaltenen Frequenzen gegen ihre re-
Leistungsfähigkeit von Breitbandschallköpfen über ei- lativen Amplituden abgetragen. Abbildung 2.4A
nen größeren Frequenzbereich. gibt ein Beispiel für ein kontinuierliches, aus
5
2 Ultraschall und Bildtechnik
einer Frequenz bestehendes Signal, dessen Fre- Form seines Piezoelements bzw. seiner Piezo-
quenzspektrum bei dieser Frequenz eine einzige elemente, der Sendefrequenz und einer etwaigen
Linie zeigt (Abb. 2.4B). Die Abbildungen 2.4C, E Fokussierung des Schallstrahls. Die Form des
und G enthalten Beispiele für drei unterschied- Schallfeldes beeinflusst die beschallte Gewebe-
lich geformte Signale und ihre jeweiligen Fre- region, von der die Signalechos wieder zurück-
quenzspektren (Abb. 2.4D, F und H), die die kehren. Mehrelementwandler verwenden zur Er-
ganze Bandbreite der in jedem der verschiedenen zeugung des Schallfeldes, wie wir später noch
Signale enthaltenen Frequenzen widerspiegeln. sehen werden, mehrere Piezoelemente.
Da in der Ultraschallbildgebung mit gepulsten
Schallwellen gearbeitet wird, emittiert der Schall-
kopf nicht nur Schallwellen einer einzigen Fre-
quenz, sondern eines bestimmten Frequenzbe-
reiches.
Zeit
Die Form des Schallfeldes
Die Form des vom Schallkopf generierten Schall-
feldes (auch Schallkeule) richtet sich nach der
A B Frequenz
⫹ Zeit
⫹ C D Frequenz
⫹
Zeit
⫹
E F Frequenz
Zeit
G H Frequenz
6
Wechselwirkungen zwischen Ultraschall und Grenzflächen 2.4
Abb. 2.5 Trifft der Ultraschallstrahl auf eine Grenzflä- Muskelgewebe/Blut 0,03
che, wird der Strahl teils transmittiert, teils reflektiert. Weichteilgewebe/Wasser 0,05
A: Bei zwei Medien ähnlicher akustischer Impedanz
wird der Großteil der Schallwellen über diese Grenzflä- Fett-/Muskelgewebe 0,10
che hinweg transmittiert. B: Bei zwei Medien unter- Knochen/Muskelgewebe 0,64
schiedlicher akustischer Impedanz wird der größte An-
Weichteilgewebe/Luft 0,9995
teil reflektiert.
7
2 Ultraschall und Bildtechnik
Am schlechtesten ist die Bildqualität, wenn die detektierte Signal von einem anderen Punkt im
Grenzfläche parallel zum Strahl verläuft. Wird Gewebe als dem im Bild dargestellten. Dies ist
beispielsweise eine Arterie im Querschnitt darge- vor allem dann relevant, wenn sich die Schall-
stellt, so sind Vorder- und Hinterwand deutlicher geschwindigkeit zwischen den Medien stark än-
zu erkennen als die parallel zum Schallstrahl dert, wie z. B. an der Grenze zwischen Uterus und
verlaufenden Seitenwände (vgl. Abb. 8.5). Fruchtwasser. Beim Gefäßultraschall stellt dies
Wenn der Ultraschallstrahl nicht senkrecht auf normalerweise kein schwerwiegendes Problem
die Grenzfläche trifft und sich die Schallausbrei- dar. Eine Ausnahme bildet der Schädelknochen
tungsgeschwindigkeit in den Medien auf beiden bei der transkraniellen Dopplersonographie.
Seiten der Grenzfläche unterscheidet, wird der Obwohl es an großen glatten Grenzflächen zu
Strahl abgelenkt. Dieses Phänomen bezeichnet spiegelnden Reflexionen kommt, besteht die
man als Brechung (siehe Abb. 2.7). Brechung (re- Mehrzahl der aus dem Gewebe zurückkehrenden
fraction) führt dazu, dass der Strahl seine Rich- Signale aus Ultraschallenergie, die von rauen
tung ändert, was zum Auftreten von Artefakten Oberflächen oder kleinen Strukturen im Gewebe
führen kann. Dabei stammt das vom Schallkopf zurückgestreut wird. Trifft der Ultraschallstrahl
auf eine raue Oberfläche oder kleine Struktur,
wird er nicht reflektiert, sondern diffus in alle
Richtungen abgelenkt. Abbildung 2.8 zeigt den
Unterschied zwischen einer spiegelnden Reflexi-
on und einer Streuung an rauen Oberflächen und
kleinen Strukturen. Zur Streuung (scattering)
kommt es, wenn die kleinen Strukturen ähnlich
groß oder kleiner sind als die Wellenlänge des
Ultraschalls. Die Streuung führt dazu, dass ein
i ⫽ r ⫽ 0° geringerer Anteil des Ultraschalls auf dem ur-
sprünglichen Schallweg zum Schallkopf zurück-
läuft. Die Höhe des streuungsbedingten Energie-
verlusts hängt in hohem Maße von der Frequenz
Gewebegrenze ab [proportional zur 4. Potenz der Frequenz (d. h.
i ⫽ r
Geringere
gesendet Schallgeschwindigkeit
reflektiert Gewebegrenze
Höhere
Schallgeschwindigkeit
Gewebegrenze
B
8
Verlust von Ultraschallenergie im Gewebe 2.5
9
2 Ultraschall und Bildtechnik
2.6 Erzeugung eines B-Bildes kann das von diesem zweiten Puls erzeugte B-
Bild, wie in Abbildung 2.9A zu sehen ist, neben
Die B-Bildtechnik benutzt Informationen, die in dem des ersten Pulses dargestellt werden. Bei die-
den reflektierten und gestreuten und vom Schall- ser Art Darstellung wird die Laufzeit des Pulses als
kopf empfangenen Signalen enthalten sind. Strecke auf der y-Achse angegeben und die Zeit
Wenn wir davon ausgehen, dass die Schallaus- zwischen den aufeinander folgenden Pulsen auf
breitungsgeschwindigkeit im Gewebe konstant der x-Achse abgetragen, wobei die Amplitude des
ist, dann kann man den Abstand zwischen einer Empfangssignals durch die Helligkeit des Bild-
reflektierenden Grenzfläche bzw. einem streu- punktes auf dem Bildschirm repräsentiert wird.
enden Partikel und dem Schallkopf bestimmen. Diese Form der Darstellung bezeichnet man als
Kehrt ein Ultraschallpuls zum Schallkopf zurück, M-mode (oder Motion-mode). In Abbildung 2.9A
versetzt er diesen in Schwingung. Diese Schwin- ist die Bewegung der Mitralklappe dargestellt; um
gungen erzeugen am Piezokristall ihrerseits eine ein solches Bild zu gewinnen, muss die Sonde
Spannung. Die Amplitude des rückläufigen Pulses über dem Herzen aufgesetzt werden (Abb. 2.9B).
hängt zum einem vom Anteil des reflektierten Wird der Schallkopf jetzt leicht bewegt, sodass
oder zum Schallkopf zurückgestreuten Ultra- der Weg des Schallstrahls neben dem des ersten
schalls, zum anderen von der Dämpfung ab, die Strahls verläuft und das zurückkehrende Signal
das Signal auf dem Schallweg erfahren hat. Die neben dem des ersten Pulses abgebildet wird,
Amplitude des vom Schallkopf empfangenen kann – wie schematisch in Abbildung 2.10A dar-
Pulses lässt sich gegen die Zeit abtragen. Diese gestellt – ein B-Bild erzeugt werden. Bei dieser
Darstellung kann so kalibriert werden, dass die Darstellungsweise kann die vom Puls zurückge-
zeitliche Verzögerung des zurückkehrenden legte Entfernung auf der y-Achse und der Abstand
Pulses den Abstand zwischen Grenzfläche und zwischen den benachbarten Pulsen auf der x-
Schallkopf angibt und damit die Tiefenlokalisa- Achse abgelesen werden; die Amplitude des Emp-
tion der Grenzfläche im Gewebe. Die sich än- fangssignals wird auf dem Monitor durch die
dernde Amplitude des Signals lässt sich als Bild- Helligkeit der Bildpunkte wiedergegeben. Abbil-
punkt unterschiedlicher Helligkeit darstellen, der dung 2.10B zeigt ein Beispiel für das B-Bild einer
sich zeitabhängig über den Monitor bewegt. Arterienbifurkation.
Diese Art der Darstellung bezeichnet man als B- Tatsächlich verwenden moderne Geräte elektro-
Bild oder Helligkeitsbild. Sendet man auf dem- nische Schallköpfe mit zumeist 128 Piezoelemen-
selben Weg einen zweiten Puls in das Gewebe, ten, die viele benachbarte Schallstrahlen oder
Linker
Thoraxwand
Vorhof
Rechter Ventrikel
Septum
Tiefe
Anteriores Posteriores
Mitralklappen- Mitralklappen-
segel segel
Posteriores Hinterwand
Mitralklappen-
segel Linker Ventrikel
Septum interventriculare
Perikard Rechter Ventrikel
Zeit
Helligkeit proportional zur Amplitude der Echos
A B
Abb. 2.9 Werden aufeinander folgende Ultraschallpulse auf derselben Strecke ausgesendet und ihre zurücklau-
fenden Echos als benachbarte Bildlinien angezeigt, wird ein Motion-mode- oder M-mode-Bild (A) erzeugt, das
sich zur Darstellung von Bewegungen (z. B. Herzklappenbewegung) eignet (B).
10
Verstärkung empfangener Ultraschallechos 2.7
Haut
Gewebegrenze
ACI
ACC
Arterien- ACE
wände
Tiefe
Helligkeit proportional
zur Amplitude der Echos
Abb. 2.10 Werden aufeinander folgende Ultraschallpulse auf benachbarten Strecken ausgesendet (A) und im
Helligkeitsmodus als benachbarte Bildlinien angezeigt, entsteht ein B-Bild (B).
Bildlinien erzeugen, ohne dass dazu der Schall- 2.7 Verstärkung empfangener
kopf selbst bewegt werden muss. Die Bildqualität
hängt dabei offensichtlich von der Liniendichte, Ultraschallechos
d. h. der Entfernung zwischen den benachbarten
Schallwegen ab. Je enger die Anordnung der Bild- Es gibt zwei Möglichkeiten, um die Amplitude
linien, desto länger dauert es, bis ein Bild von des reflektierten Echosignals zu verstärken, und
einer bestimmten Größe erzeugt ist. Dies hat zwar die Erhöhung der Sendeleistung und die Er-
auch einen Einfluss auf die Geschwindigkeit, mit höhung der Empfangsverstärkung. Die Erhöhung
der das Bild neu aufgebaut wird. Bei der Darstel- der Spannung des Anregungspulses am Schall-
lung stationärer Objekte würde dieser Aspekt kopf führt dazu, dass der Schallkopf einen hö-
zwar kaum eine Rolle spielen, doch die meisten heramplitudigen Ultraschallpuls aussendet, wo-
Körperstrukturen sind infolge von Herz- und durch auch die Amplitude der reflektierten Sig-
Atembewegungen ständig in Bewegung. Die nale erhöht wird. Allerdings setzt man den
Geschwindigkeit, mit der vollständige Bilder pro Patienten durch Erhöhung der Sendeleistung
Sekunde erzeugt werden, nennt man die Bildwie- auch einer höheren Ultraschallenergie aus. Alter-
derholungsrate (Frame Rate). Sie wird durch die nativ dazu kann – dies allerdings nur bis zu einer
Anzahl der Bildlinien sowie die Breite und Tiefe gewissen Grenze – auch das Empfangssignal ver-
der abzubildenden Geweberegion beeinflusst. Je stärkt werden. Diese Grenze ist dann erreicht,
tiefer das zu untersuchende Gewebe liegt, desto wenn die Amplitude des Empfangssignals das
länger dauert es, bis das zurückkehrende Signal Hintergrundrauschen nicht mehr übersteigt und
den Schallkopf erreicht und der nächste Puls aus- keine noch so große Verstärkung mehr zur Un-
gesandt werden kann. Die Erzeugung von Bildern terscheidung zwischen Signal und Rauschen bei-
mit genügend hoher Liniendichte und Auflösung trägt. Bei einer gegebenen Frequenz des Schall-
stellt für die B-Bildtechnik kaum ein Problem kopfes wird die Tiefe, bei der sich die reflektierten
dar. oder zurückgestreuten Signale nicht mehr vom
Rauschen abheben, als Eindringtiefe bezeichnet.
11
2 Ultraschall und Bildtechnik
Durch Erhöhung der Gesamtverstärkung (gain) tektierbare Signal, das sich vom Rauschpegel des
des Empfangssignals werden sowohl die hoch- Ultraschallgerätes abhebt. Am besten lässt sich
amplitudigen Signale verstärkt, die nahe am dieser große Bereich von Signalamplituden mit
Schallkopf detektiert werden, als auch die nie- der Dezibelskala (siehe Anhang A) als 100 dB be-
deramplitudigen Signale, die aus tieferliegenden schreiben. Da der auf dem Monitor des Ultra-
Geweben stammen und stärker abgeschwächt schallgerätes darstellbare Signalumfang deutlich
wurden. kleiner ist als 100 dB – üblicherweise liegt er bei
Es ist von Vorteil, die Reflexionen ähnlicher ca. 20 dB –, muss der Bereich der Signalamplitu-
Grenzflächen mit gleicher Helligkeit abzubilden,
auch wenn diese aus unterschiedlichen Tiefen
stammen. Sinnvoll ist auch, die aus Gewebe-
schichten unterschiedlicher Tiefe zurückgestreu-
ten Signale im B-Bild mit einem ähnlichen Grau-
wert darzustellen. Die Abbildungen 2.11A und B
zeigen Signale von vier identischen Grenzflä-
chen, die sich in einem dämpfenden Medium in A
unterschiedlicher Tiefe befinden. Man kann er-
kennen, dass die Echos der tieferliegenden Grenz-
flächen stärker gedämpft werden als die der
weiter oben liegenden Grenzflächen. Erhöht man
Amplitude
den Gain entsprechend der Zeit, die der Puls der Echos
benötigt, um zum Schallkopf zurückzukehren
(Abb. 2.11C), dann kann man für das von tie-
B
feren Grenzflächen empfangene Signal eine hö-
here Verstärkung einstellen. Durch die zeitab-
hängige Änderung der Verstärkung gelingt es, die
von den vier verschiedenen Grenzflächen zu-
rückkehrenden Echos nun mit ähnlicher Hellig- Ver-
keit abzubilden (Abb. 2.11E). Beim Aussenden stärkung
des nächsten Pulses wird die Verstärkung wieder
auf ihren Ausgangswert zurückgesetzt und dann Zeit oder Tiefe
wie zuvor zeitabhängig erhöht. Diese Methode C
der zeitabhängigen Verstärkung wird als Tiefen-
ausgleich [Time Gain Compensation (TGC) oder Einstel-
Depth Gain Compensation (DGC)] bezeichnet. lung der
Verstär-
Die TGC-Funktion lässt sich meist über eine kungs-
Reihe von Schiebereglern einstellen, damit die regler
aus verschiedenen Tiefen eintreffenden Signale
D
unterschiedlich verstärkt werden können (siehe
Abb. 2.11D).
Amplitude
des abzu-
2.8 Signaldynamik, bildenden
Kompressionskurven und Signals
E
Grauwertskalen
Abb. 2.11 Echos, die von ähnlichen Grenzflächen
Verglichen mit den von kleinen Strukturen im aus unterschiedlichen Tiefen zurückkehren (A), ha-
Gewebe zurückgestreuten niederamplitudigen ben aufgrund unterschiedlicher Dämpfungseffekte
Signalen erzeugen Grenzschichten zwischen Ge- unterschiedliche Amplituden (B). Die Empfangsver-
webe und Luft oder Gewebe und Knochen starke stärkung kann während des Echoempfangs (C) mit-
Echos. Höhere Signalamplituden sind etwa hilfe der Verstärkungsregler erhöht werden (D), um
100 000-mal größer als das schwächste noch de- Signale mit ähnlicher Amplitude zu erzeugen (E).
12
Schallkopfdesign und Generierung des Schallfeldes (Beamforming) 2.9
Dargestelltes Signal
die Beziehung zwischen der Amplitude des ab-
zubildenden Signals und der des ankommenden
Signals ablesen lässt. Das ankommende Signal ist
das durch Tiefenausgleich bereits verstärkte Emp-
fangssignal. Eine solche Kompressionskurve be-
tont die Unterschiede zwischen niederampli-
tudigen Signalen und Signalen mittlerer Am-
Ankommendes Signal
plitude. Welche Kompressionskurve ausgewählt
wird, richtet sich danach, welche Aspekte des A
Ultraschallbildes für eine bestimmte Applikation
wichtig sind, z. B. die feineren Details der
Rückstreusignale aus Gewebeschichten oder das
Vorhandensein großer Grenzflächen (z. B. Ge-
fäßwände). Bei modernen Ultraschallgeräten
stehen üblicherweise mehrere verschiedene Kom-
pressionskurven zur Verfügung, aus denen das
Gerät – je nach gewünschter Anwendung (z. B.
Gefäß- oder Abdominalultraschall) – häufig auto-
matisch auswählt. Abbildung 2.12B und C zeigen
dieselbe Karotisplaque, dargestellt mithilfe zwei-
er verschiedener Kompressionskurven. Der Dyna- B
mikbereich der am Schallkopf ankommenden
Signale (Signaldynamik), die angezeigt werden
können, ist definiert als das Verhältnis zwischen
dem Echo mit der größten Amplitude, das keine
Sättigung verursacht und als Spitzenweiß dar-
gestellt wird, und dem kleinsten Echo, das sich
gerade noch vom Rauschen unterscheiden lässt.
Einige moderne Geräte geben eine Signaldyna-
mik von 150 dB an.
Und schließlich verwenden alle Scanner zur Er-
zeugung von Grauwerten eine Grauwertskala,
mit der jedem verstärkten Signal in Abhängigkeit
von seiner Amplitude ein bestimmter Grauwert C
zugewiesen wird. Einige Systeme bieten für un- Abb. 2.12 A: Die Kompressionskurve zeigt den Zu-
terschiedliche Applikationen verschiedene Grau- sammenhang zwischen der Amplitude des darzustel-
wertskalen an, die das Aussehen des Ultraschall- lenden Signals und der Amplitude des ankommenden
bildes beeinflussen. Jeder Untersucher sollte sich Signals. Sie betont die Unterschiede zwischen nie-
in der Bedienungsanleitung des Gerätes darüber deramplitudigen Signalen und Signalen mittlerer
informieren, welchen Einfluss die verschiedenen Amplitude. B und C zeigen dieselbe Karotisplaque,
Kompressionskurven und Grauswertskalen auf dargestellt mithilfe zweier verschiedener Kompres-
das erzeugte Ultraschallbild ausüben. sionskurven.
13
2 Ultraschall und Bildtechnik
durch Bewegung des Schallkopfes geschehen; in zwischen den einzelnen Gruppen von Anre-
frühen Echtzeit-Scannern wurde das Schall- gungspulsen kann man den Schallstrahl unter
kopfelement zu diesem Zweck geschwenkt oder verschiedenen Winkeln von links nach rechts
gedreht. Moderne elektronische Schallköpfe be- lenken.
stehen üblicherweise aus 128 Piezoelementen, Phased-Array- oder Sektorschallköpfe haben eine
die in einer meist ca. 4 cm langen Reihe geschal- kleinere Ankopplungsfläche und steuern den
tet sind (Abb. 2.13A). Ein solcher Schallkopftyp
wird als Linearschallkopf (Linear-Array-Trans-
ducer) bezeichnet. Wird eine Gruppe von Piezo-
elementen gleichzeitig angeregt (Abb. 2.14A),
kommt es zur Wechselwirkung der einzelnen
Wellen, und senkrecht zur Stirnfläche des Schall-
kopfes entsteht ein Wellenstrahl. Die Piezoele-
mente in diesem Schallkopf können zu unter-
schiedlichen Gruppen zusammengeschaltet wer-
den, um Ultraschallstrahlen zu erzeugen, die sich Bildausschnitt
parallel zueinander ausbreiten (Abb. 2.14B). So (Field of View)
generieren z. B. die Elemente 1 – 5 den ersten
A
Strahl, 2 – 6 den zweiten, 3 – 7 den dritten usw.
Ein Linearschallkopf erzeugt ein rechteckiges
Bild, bei dem der Bildausschnitt (Field of View,
FOV) in der Tiefe die gleiche Größe hat wie nahe
am Schallkopf (Abb. 12.13A).
Ein Sektorbild wird durch Anordnung der Piezo-
elemente in einer konvex gekrümmten Anord-
nung generiert (Abb. 2.13B). Da die Strahlenwege
divergieren, breitet sich das Bild fächerförmig
aus, weshalb die Bildlinien in Schallkopfnähe
(Nahbereich) enger beieinander liegen als die Li-
nien in der Tiefe (Fernbereich). Dies führt zwar
zu einem gewissen Verlust an Bildqualität im B
Fernbereich, ermöglicht jedoch im Vergleich zu
dem mit einem Linearschallkopf generierten Bild
ein größeres FOV. Solche Konvexschallköpfe wer-
den hauptsächlich zur Darstellung abdominaler
Strukturen eingesetzt.
Dadurch, dass zur Generierung des Ultraschall-
strahls mehrere Piezoelemente verwendet wer-
den, kann die Form des Schallfeldes verändert
werden. Werden die betreffenden Piezoelemente
mit geringfügiger Zeitverzögerung angeregt, in-
terferieren die dadurch erzeugten Wellenfronten
anders, als wenn sie alle zur selben Zeit angeregt
C
werden. Wenn z. B. das rechts außen angeordnete
Element (Abb. 2.15A) als erstes und das nächste Abb. 2.13 A: Ein Linearschallkopf besteht typischer-
mit einer kurzen Verzögerung angeregt wird usw., weise aus 128 in Reihe angeordneten Piezoelementen;
treten die erzeugten Wellenfronten so miteinan- er generiert einen rechteckigen Bildausschnitt (Field of
der in Wechselwirkung, dass der Schallstrahl View). B: Ein Konvexschallkopf produziert ein fächer-
nicht mehr senkrecht zur Stirnfläche des Schall- förmiges Bild mit einem im Fernbereich divergierenden
kopfes austritt. Der Winkel, in dem der Strahl er- Bildausschnitt. C: Ein Phased-Array- oder Sektorschall-
zeugt wird, hängt von der Verzögerung zwischen kopf enthält weniger Piezoelemente; der Schallstrahl
den Anregungspulsen der verschiedenen Ele- wird elektronisch gelenkt und generiert ein sektorför-
mente ab. Durch Veränderung der Verzögerung miges Bild.
14
Schallkopfdesign und Generierung des Schallfeldes (Beamforming) 2.9
Wellen
Wellen
Wellenfront
A Wellenfront
A
1 2 3 4 5 6 7 8 9
1. Strahl: Elemente 1 − 5
2. Strahl: Elemente 2 − 6
3. Strahl: Elemente 3 − 7
B
Wellen
Abb. 2.14 A: In Gruppen geschaltete Piezoelemente
können gleichzeitig angeregt werden. Es kommt zur
Wellenfront
Interferenz der entstehenden Wellen, wobei senkrecht
zur Stirnfläche des Schallkopfes eine Wellenfront gene-
riert wird. B: Die Gruppierung der Piezoelemente ist
Fokus
variabel, sodass Strahlen erzeugt werden, die parallel
zueinander auf benachbarten Schallwegen verlaufen.
15
2 Ultraschall und Bildtechnik
2.10 Fokussierung des weite verwendet usw. Der Vorteil liegt in der Ver-
besserung der Gesamtbildqualität. Nachteilig ist,
Schallstrahls dass sich die Bildwiederholungsrate (Frame Rate)
um den Faktor 1/(Anzahl der Fokuszonen) ver-
Um die Bildqualität innerhalb der Fokuszone zu ringert.
verbessern, kann der Ultraschallstrahl durch die Der Fokus des Ultraschallstrahls kann auch wäh-
zeitverzögerte Anregung mehrerer Piezoelemente rend des Empfangs verändert werden, was als dy-
fokussiert werden. Wenn – wie Abbildung 2.15B namische Fokussierung bezeichnet wird. In die-
zeigt – die Piezoelemente zuerst an den beiden sem Fall wird die Zeitverzögerung nicht beim
Enden einer Gruppe aktiver Schallkopfelemente
angeregt werden und dann nach einer kurzen
Verzögerung die nächsten beiden Elemente usw.,
interferieren die Wellen so, dass sich eine konkav
gekrümmte Wellenfront ergibt, was letztlich dazu
führt, dass der Schallstrahl im Fokus konvergiert.
Der Abstand zwischen dem Fokus und der Stirn-
fläche des Schallkopfes richtet sich nach der
Dauer der Zeitverzögerung, wobei längere Verzö-
gerungen zu einer kürzeren Brennweite führen.
Viele moderne Ultraschallgeräte arbeiten mit
einer mehrdimensionalen Fokussierung (Mul-
tiple Zone Focussing), wobei das Ultraschallbild
dadurch, dass für unterschiedliche Tiefen ver-
schiedene Brennweiten verwendet werden, in
mehreren Zonen generiert wird. Der obere schall-
kopfnahe Anteil des Bildes entsteht durch Ver-
wendung einer kurzen Brennweite; für die Erzeu-
gung der nächsten Bildzone wird eine zweite
Gruppe von Bildlinien mit einer längeren Brenn-
A
Ultraschallstrahlen
Gefäßwand
16
Bildauflösung 2.11
Senden, sondern beim Empfang vor der Summa- schwach fokussierter Strahl ausgesendet. Das
tion der eingehenden Signale eingesetzt. Wie Ab- empfangene Signal, das von diesem Strahl gene-
bildung 2.18 zeigt, gelingt es mittels dynamischer riert wird, kann dann mithilfe verschiedener Ver-
Fokussierung, die Signale, die entlang der länge- zögerungen bearbeitet werden, um – wie in Ab-
ren Strecke B laufen, zu dem entlang der kürzeren bildung 2.19 gezeigt – gleichzeitig zwei oder mehr
Strecke A verlaufenden Signal zu addieren. Dies verschiedene Empfangsstrahlen zu erzeugen
geschieht dadurch, dass das vom mittleren Piezo- (Whittingham 2003). Dadurch ergeben sich zwei
element empfangene Signal verzögert wird, bevor oder mehr Empfangssignale, die für jeden ausge-
es mit den von den äußeren Schallkopfelementen sendeten Puls zwei oder mehr Bildlinien erzeugen
empfangenen Signalen summiert wird. Der Fokus und so eine höhere Bildwiederholungsrate ermög-
des Empfangssignals hängt wiederum von der lichen.
Länge der verwendeten Verzögerungen ab. Da
man die Verzögerung variieren kann, während
die Signale aus verschiedenen Tiefen empfangen 2.11 Bildauflösung
werden, lässt sich der Fokus über die gesamte
Bildtiefe optimieren, ohne dass die Bildwieder- Die Auflösung eines Systems ist definiert als seine
holungsrate reduziert werden muss. Fähigkeit, zwischen zwei benachbarten Objekten
Um die Bildwiederholungsrate (d. h. die Anzahl zu unterscheiden. Abbildung 2.20 zeigt zum
der pro Sekunde generierten Bilder) zu erhö- einen die Auflösung zweier Echos von zwei re-
hen, kann das sog. parallele Beamforming einge- flektierenden Grenzflächen, zum anderen wird
setzt werden. Bei dieser Technik wird ein breiter, deutlich, dass zwei Objekte nicht mehr vonein-
ander unterschieden werden können, wenn sie
zu nahe beieinander liegen. Beim Ultraschallbild
unterscheiden wir die axiale (entlang der Schall-
achse), die laterale (quer zur Ausbreitungsrich-
tung) und die Schichtdickenauflösung (Abb.
} zeitverzögerte
Strahlsteuerung 2.21). Die axiale Auflösung richtet sich nach der
Länge des Anregungspulses, die wiederum von
der Sendefrequenz des Schallkopfes abhängt. Je
B A B Zeitverzögerte Zeitverzögerte
für rücklaufende Strahlen
Strahlsteuerung Strahlsteuerung
rücklaufende Strahlen
17
2 Ultraschall und Bildtechnik
Echo-
amplitude
lateral
B Tiefe
Schicht-
dicke
axial
Echo-
amplitude
D Tiefe
Abb. 2.20 Die von zwei Grenzflächen zurücklaufen- Abb. 2.21 Die Auflösung eines Schallkopfes lässt sich
den Echos (A) werden aufgelöst (B). Liegen die Grenz- in verschiedenen Ebenen beschreiben: axial und la-
flächen jedoch zu nahe beieinander (C), sind die von teral. Die Dicke des Schallstrahls bezieht sich auf die
ihnen reflektierten Signale nicht mehr als unterschied- Strahlbreite außerhalb der Darstellungsebene und be-
liche Echos erkennbar (D). stimmt die Dicke der darzustellenden Gewebeschicht.
höher die Frequenz, desto besser die Auflösung. auch als 1½D-Array, da verglichen mit der Länge
Allerdings muss ein Kompromiss gefunden wer- in der Breite des Schallkopfes nur vergleichsweise
den, da eine höhere Frequenz eine stärkere wenige Elemente angeordnet sind.
Dämpfung und infolgedessen eine geringere Ge- Die Auflösung eines Ultraschallsystems kann
webepenetration bedingt. Die laterale Auflösung mithilfe eines Testobjekts bewertet werden, das
hängt von Faktoren wie der Dichte der Bildlinien aus feinen Drähten besteht, die in ein Gewebe-
und der Fokussierung des Schallstrahls ab und ist imitierendes Material eingebettet sind. Die Grup-
schlechter als die axiale Auflösung. pen von jeweils sechs Drähten werden in unter-
Die Dicke des Schallstrahls außerhalb der Dar- schiedlicher Entfernung voneinander angeord-
stellungsebene (auch Schichtdicke genannt) be- net. Auf diese Weise lässt sich der kleinste Abstand
einflusst den Bereich, der senkrecht zur Scan- bestimmen, bei dem man die Drähte noch von-
ebene liegt, über die die Echos zurückkehren. Zur einander unterscheiden kann. Das Gewebe-imi-
Aufrechterhaltung der Bildqualität sollte die tierende Material ist so ausgelegt, dass es eine
Schichtdicke so gering wie möglich sein. Daher ähnliche Abschwächung aufweist wie Gewebe
wird sowohl in dieser Ebene als auch in der Dar- und ein ähnliches Rückstreusignal erzeugt. Ab-
stellungsebene häufig eine Fokussierung durch- bildung 2.22A stellt die Drähte im Testobjekt
geführt. Dies geschieht entweder durch Einbau schematisch dar, die Abbildungen 2.22B und C
einer festen Linse in die Stirnfläche des Schall- zeigen die Bilder des Testobjekts, die mit einem
kopfes oder durch elektronische Fokussierung 2,25-MHz-Sektor- bzw. einem 10-MHz-Linear-
mittels einer zweidimensionalen Anordnung der schallkopf gewonnen wurden. Man kann sehen,
Schallkopfelemente, die eine Fokussierung so- dass mit dem 10-MHz-Schallkopf eine höhere
wohl in der Darstellungsebene als auch in der im axiale Auflösung erzielt werden kann, da alle
rechten Winkel dazu liegenden Ebene ermögli- sechs Drähte erkennbar sind, während der 2,25-
cht. Diese 2D-Anordnung bezeichnet man oft MHz-Schallkopf eine bessere Gewebepenetration
18
Tissue Harmonic Imaging 2.12
cm-Skala
2.12 Tissue Harmonic Imaging
2,25 MHz
Durch Tissue Harmonic Imaging (THI) kann die
Bildqualität bei der Untersuchung schwierig zu
schallender Patienten verbessert werden. Bei gut
fünf zu schallenden Patienten kann sich die Bildqua-
Drähte Eindring-
tiefe lität im Vergleich zu konventionellen Bildge-
erkennbar
12 cm bungsverfahren allerdings verschlechtern. THI
macht sich die Tatsache zunutze, dass sich hoch-
amplitudige Ultraschallpulse nichtlinear fort-
pflanzen, wodurch der Puls beim Durchdringen
des Gewebes zunehmend verzerrt wird [Abb.
B 2.23A und B (Whittingham 1999)]. Diese Verzer-
rung des Impulses führt dazu, dass sich die Fre-
cm-Skala
quenzverteilung des zurücklaufenden Impulses
10 MHz
gegenüber dem gesendeten Impuls signifikant
ändert. Abbildung 2.23D zeigt, dass das Energie-
Eindring- spektrum des verzerrten Impulses harmonische
sechs tiefe
Drähte Frequenzen (2f, 3f etc.) enthält, die ein Vielfaches
3 cm
erkennbar der ursprünglichen Sendefrequenz f darstellen.
Im THI-Modus wird der Empfänger auf eine Mit-
tenfrequenz abgestimmt, die, wie Abbildung 2.24
veranschaulicht, doppelt so hoch ist wie die Mit-
tenfrequenz des gesendeten Impulses. Üblicher-
weise hat der Sendeimpuls im THI-Modus eine
niedrigere Frequenz als in der konventionellen
C
Bildgebung. Bei Anwendungen z. B. im Abdomi-
Abb. 2.22 Überprüfung der axialen Auflösung des Ul- nalbereich würde man in der konventionellen
traschalls. A: Schematische Darstellung zweier Grup- Bildgebung typischerweise eine Mittenfrequenz
pen von je sechs Drähten in einem Testobjekt, die in von 3,5 MHz anwenden, während im THI-Modus
unterschiedlichen Abständen zueinander angeordnet eine Mittenfrequenz von 1,75 MHz zum Einsatz
sind. B, C: Aufnahmen des Testobjekts in (A) mit einem kommt, die eine zweite harmonische Frequenz
2,25- bzw. 10-MHz-Schallkopf. Der 10-MHz-Schallkopf bei 3,5 MHz erzeugt. Im Laufe der Jahre erzielte
erzielt eine höhere axiale Auflösung, die 2,25-MHz- Verbesserungen der Schallkopfempfindlichkeit
Sonde eine bessere Penetration. haben die Herstellung breitbandiger Schallköpfe
mit großen Bandbereichen ermöglicht, mit de-
nen man Ultraschall mit einer Mittenfrequenz f
senden und die zurücklaufenden harmonischen
Frequenzen mit einer Mittenfrequenz von 2f se-
19
2 Ultraschall und Bildtechnik
Energie
Druck
A B
Zeit f Frequenz
Energie
Druck
Grundfrequenz
Abb. 2.23 A: Ein unverzerrter Impuls und sein Frequenzspektrum mit der dazugehörigen Mittenfrequenz f (B). C:
Hochamplitudige Signale werden beim Durchtritt durch Gewebeschichten zunehmend verzerrt. D: Der verzerrte
Impuls enthält die harmonischen Frequenzen 2f, 3f etc. der Grundfrequenz f (in Anlehnung an Whittingham T A
1999, Tissue harmonic imaging. European Radiology 9 [Suppl 3]: S323 – S326. © Springer, mit freundlicher Ge-
nehmigung).
20
Literatur 2.13
A B
Abb. 2.25 Tissue Harmonic Imaging (THI) kann die Bildqualität verbessern. Dies zeigt der Vergleich zwischen der
konventionellen Bildgebung einer Aorta (A) und der Darstellung im THI-Modus (B).
21
3 Dopplersonographie
23
3 Dopplersonographie
den umgekehrten Fall, in dem die Schallquelle gesendet und mit dem anderen werden die Echos
sich auf einen ruhenden Beobachter zubewegt. empfangen, die von den beweglichen Blutbe-
Zwischen der Emission der einzelnen Schallwel- standteilen zurückgestreut werden (Abb. 3.2).
len bewegt sich die Schallquelle ein Stück auf den Dabei tritt der Dopplereffekt gleich zweimal auf.
Beobachter zu. Dabei wird die Wellenlänge kür- Zum einen fungiert der Schallkopf als stationäre
zer, sodass der Beobachter eine höhere Frequenz Quelle und die Erythrozyten als bewegliche Emp-
wahrnimmt. Ähnliches gilt, wenn sich die Schall- fänger der Ultraschallwellen (Abb. 3.1B). Zum
quelle vom Beobachter entfernt: Die zunehmen- anderen wird der Ultraschall von den Erythro-
de Wellenlänge wird als niedrigere Frequenz zyten, die jetzt als bewegliche Schallquelle wir-
wahrgenommen (Abb. 3.1E). Die daraus resultie- ken, zum stationären Beobachter/Empfänger,
rende Änderung der beobachteten Frequenz be- also dem Schallkopf, zurückgestreut (Abb. 3.1D).
zeichnet man als Dopplerverschiebung (Doppler Die dabei beobachtete Dopplerverschiebung ist
Shift). Die Größe der Doppler(verschiebungs)- abhängig von der Frequenz des vom Schallkopf
frequenz verhält sich proportional zu den relati- emittierten Ultraschalls sowie der Geschwindig-
ven Geschwindigkeiten von Schallquelle und Be- keit der Erythrozyten, von denen der Ultraschall
obachter. zurückgestreut wird. Die wahrgenommene Fre-
quenz hängt auch von dem Winkel ab, aus dem
der Blutfluss beobachtet wird (d. h. vom Winkel
Die Geschichte der Entdeckung zwischen dem Ultraschallstrahl und der Strö-
des Dopplereffekts mungsrichtung des Blutes). Die Frequenz der
Dopplerverschiebung fd (d. h. der Unterschied
1842 beschrieb der österreichische Physiker zwischen der Sendefrequenz ft und der Empfangs-
Christian Doppler erstmals diesen nach ihm frequenz fr) ergibt sich aus folgender Gleichung:
benannten Effekt, mit dem er das „farbige Licht
2ft cos
der Doppelsterne“ zu erklären versuchte. Um fd = fr ft =
c
Dopplers Theorie zu widerlegen, mietete ein zeit-
genössischer niederländischer Wissenschaftler Dabei gilt: v = Blutflussgeschwindigkeit, = Win-
für ein Gegenexperiment einen Zug und zwei kel zwischen Ultraschallstrahl und Strömungs-
Trompeter an. Ein Trompeter stand auf dem Zug, richtung (auch Beschallungs-, Einfalls- oder Ein-
der andere neben den Gleisen. Ein Beobachter strahlwinkel) und c = Schallausbreitungsgeschwin-
sollte die Höhe der Töne, die der im Zug vorbei- digkeit im Gewebe. Der Faktor 2 im Zähler der
fahrende Trompeter hervorbrachte, mit der Höhe Dopplergleichung beruht darauf, dass der Dopp-
der vom stationären Trompeter erzeugten Töne lereffekt, wie oben erläutert, zweimal auftritt.
vergleichen. Wider Erwarten wurde Dopplers
Theorie durch dieses Experiment bestätigt, auch
wenn seine Erklärung des „farbigen Lichts der
Doppelsterne“ falsch war. Eine besondere Bedeu-
tung kommt dem Dopplereffekt heutzutage in
der modernen Kosmologie zu, wo er zur Berech- Sender
nung der Geschwindigkeit von Sternen benutzt Gewebe Gel
Empfänger
wird und zeigt, dass das Universum expandiert.
Beschallungswinkel θ
3.2 Dopplereffekt und
Blutfluss
Gefäßultraschall
In der Gefäßsonographie wird der Dopplereffekt
zur Untersuchung des Blutflusses eingesetzt. Die Abb. 3.2 Einfache Dopplergeräte verwenden Schall-
einfachsten Dopplergeräte arbeiten mit Schall- köpfe mit zwei piezoelektrischen Elementen. Das eine
köpfen, die aus zwei piezoelektrischen Elementen dient dem Aussenden des Ultraschalls, das andere dem
(Piezoelementen oder Piezokristallen) bestehen. Empfang der Echoreflexionen, die von den beweg-
Mit dem einen werden die Ultraschallstrahlen lichen Blutkörperchen zurückgestreut werden.
24
Dopplereffekt und Gefäßultraschall 3.2
Nehmen wir einmal an, zur Untersuchung eines Schallkopf in Strömungsrichtung, resultiert eine
Blutgefäßes mit einer Strömungsgeschwindigkeit positive Frequenzverschiebung, gegen die Strö-
von 50 cm/s wird ein 5-MHz-Schallkopf mit mungsrichtung ergibt sich eine negative Frequenz-
einem Beschallungswinkel von 60 ° eingesetzt. verschiebung. Je kleiner der Beschallungswinkel,
Wenn wir davon ausgehen, dass die Schallaus- desto größer ist die detektierbare Frequenzver-
breitungsgeschwindigkeit im Gewebe 1540 m/s schiebung. Nähert sich der Beschallungswinkel
beträgt, so ergibt sich aus der Dopplerformel für 90 °, werden nur noch sehr kleine Frequenzver-
die Frequenz der dabei entstehenden Doppler- schiebungen abgeleitet.
verschiebung ein Wert von 1,6 kHz. Tatsächlich
ist es ein glücklicher Zufall, dass die typischen
Werte für die Blutflussgeschwindigkeit im mensch- Streuung des Schalls an Blutzellen
lichen Körper und die von medizinischen Ultra-
schallgeräten benutzten Sendefrequenzen zu Blut besteht aus roten Blutkörperchen (Erythro-
einer Dopplerverschiebung im hörbaren Bereich zyten), weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und
(zwischen 20 Hz und 20 kHz) führen. Die ein- im Plasma gelösten Blutplättchen (Thrombo-
fachsten Dopplersysteme können die Doppler- zyten). Der Anteil der Erythrozyten am Gesamt-
frequenz ableiten und sie über einen Lautspre- blutvolumen beträgt zwischen 36 % und 54 %.
cher akustisch wiedergeben. Dadurch wird die Erythrozyten haben die Form einer bikonkaven
vom Blutfluss erzeugte Dopplerverschiebung für Scheibe mit einem Durchmesser von 7 μm. Sie
den Sonographeur hörbar. sind damit also sehr viel kleiner als die Wellen-
Aus der Dopplergleichung folgt, dass die detek- länge des zur Untersuchung des Blutflusses ein-
tierte Dopplerverschiebung vom Beschallungs- gesetzten Ultraschalls. Das bedeutet, dass Grup-
winkel abhängig ist, der als Kosinus (cos) in die pen von Erythrozyten sich gegenüber den Ultra-
Gleichung eingeht. Tabelle 3.1 zeigt die Änderung schallwellen als Streukörper verhalten (siehe Abb.
des cos, der je nach Beschallungswinkel (0 ° bis 2.8).
90 °) Werte zwischen 0 und 1 annimmt. Beträgt Der von den Erythrozyten zurückgestreute Schall
der Beschallungswinkel 90 °, ist der cos = 0, so- wird vom Schallkopf als schwaches Signal emp-
dass praktisch keine Dopplerverschiebung de- fangen. Dies ist einesteils darauf zurückzuführen,
tektiert wird. Beträgt der Beschallungswinkel 0 ° dass die Rückstreuenergie – anders als bei spie-
(d. h. verläuft der Dopplerstrahl parallel zur Strö- gelnden Reflexionen – in alle Richtungen abge-
mungsrichtung), ist der cos = 1. Bei einer ge- strahlt wird, und teilweise darauf, dass die Blut-
gebenen Blutflussgeschwindigkeit und Sendefre- körperchen einen im Vergleich zur Breite des
quenz entspricht dieser Wert der maximal (feh- Schallstrahls kleinen effektiven Querschnitt auf-
lerfrei) erfassbaren Dopplerfrequenz. Abbildung weisen. Die Rückstreuenergie verhält sich pro-
3.3 zeigt, wie sich die Dopplerfrequenzen in Ab- portional zur 4. Potenz der Frequenz (d. h. f 4).
hängigkeit vom Dopplerwinkel ändern. Zeigt der Daraus folgt, dass die Rückstreuenergie zunimmt,
[ °] cos
0 1
30 0,87
45 0,71
60 0,5
Blutfluss
75 0,26
90 0
25
3 Dopplersonographie
wenn die zur Untersuchung des Blutflusses ge- ausgewertet werden (Abb. 3.5). Ein geübter Un-
wählte Sendefrequenz erhöht wird. Dieser Effekt tersucher ist imstande, zwischen den von gesun-
wird allerdings dadurch aufgehoben, dass mit den und kranken Gefäßen erzeugten Tönen zu
steigender Frequenz auch die Abschwächung unterscheiden.
oder Dämpfung durch überlagernde Gewebe- Die Geräte, von denen wir bislang gesprochen
schichten zunimmt. Ultraschallgeräte verwen- haben, liefern keine Informationen über die Strö-
den für die Dopplersonographie daher häufig mungsrichtung des Blutes im Verhältnis zum
eine niedrigere Sendefrequenz als für die B-Bild- Schallkopf. Diese Informationen lassen sich aus
technik. (In beiden Fällen werden die Sende- dem zurücklaufenden Signal ablesen, da Objekte,
frequenzen meist auf dem Bild angegeben.) Bei die sich auf den Schallkopf zubewegen, zu einem
niedrigen Blutflussgeschwindigkeiten oder statio- Anstieg der detektierten Frequenz führen, wäh-
nären Blutkörperchen (was z. B. für Aneurysmen rend Objekte, die sich vom Schallkopf entfernen,
oder venösen Fluss gilt) können die Zellen ver- eine Abnahme der detektierten Frequenz bewir-
klumpen, sodass die Amplitude der dadurch ge- ken. Die Erhebung von Informationen über die
legentlich entstehenden Rückstreuechos hoch Strömungsrichtung aus dem empfangenen Dopp-
genug ist, um sie im B-Bild sichtbar zu machen lersignal erfordert eine anspruchsvollere Elektro-
(siehe Abb. 12.19). nik oder Software, auf die im vorliegenden Buch
allerdings nicht eingegangen wird. Wenn das
Gerät die Fließrichtungen unterscheiden kann,
3.3 Ableitung des
Dopplersignals
Spannung
des Sende-
Die einfachsten Dopplersysteme bestehen aus signals Zeit
einem Schallkopf mit zwei Piezoelementen (Abb.
3.2), von denen das eine kontinuierliche Ultra- A
multipliziert mit
schallwellen aussendet, während das andere kon-
tinuierlich die Signale empfängt, die vom statio- Spannung
nären Gewebe sowie vom strömenden Blut zu- des
rückgestreut werden. Das Empfangssignal besteht Empfangs- Zeit
signals
daher sowohl aus der von den stationären Ob-
jekten reflektierten Sendefrequenz, als auch aus B entspricht
den dopplerverschobenen Frequenzen, die von
den beweglichen Blutkörperchen zurückgestreut
werden. Da die zurücklaufenden Echos eine klei- Produkt
Zeit
ne Amplitude aufweisen, müssen sie verstärkt
werden. Anschließend kann die Dopplerfrequenz
dann durch Demodulation aus dem Empfangs-
signal abgeleitet werden. Eine in Dopplersyste- Filter
men verwendete Demodulationsmethode ist in
Abbildung 3.4 dargestellt. Hier wird das Emp- C
26
Ableitung des Dopplersignals 3.3
Richtungs-
trennung
Filter und
Oszillator Demodulator Lautsprecher
Verstärker
Sender
Frequenz-
Verstärker
analysator
Empfindlicher Empfänger
Bereich
27
3 Dopplersonographie
28
Analyse des Dopplersignals 3.4
Gepulster Doppler
Der schlechten axialen Auflösung des CW-Dopp-
10 ms 10 ms 10 ms 10 ms 10 ms 10 ms lers kann dadurch entgegengewirkt werden, dass
gepulste Ultraschallenergie verwendet wird und
nur die Signale erfasst werden, die zu einem be-
stimmten Zeitpunkt nach Ausstrahlung des Pulses
Dopplerfrequenz
CW-Doppler Warten
B
Von einem Continuous-Wave-(CW-)Doppler wer-
den kontinuierlich Schallstrahlen einer einheit-
lichen Frequenz gesendet, während das Emp-
fangselement alle Echos aus der empfindlichen Empfangen
29
3 Dopplersonographie
ls
man Range Gate. Es kann vom Untersucher ver-
pu
m
ändert werden, um die Größe des Messfensters,
ei
nd
Se
Mess- oder Informationsvolumens (Sample Volu-
me) zu definieren. Als Messfenster oder Messvo-
lumen bezeichnet man den Bereich, in dem die
zurückkehrenden Signale detektiert werden kön-
nen. Die Größe des Messfensters hängt nicht nur
von der Größe des Range Gate ab, sondern auch
von der Form des gesendeten Pulses sowie der
Form der Schallkeule, die zuweilen als tränen-
Messfenster
förmig beschrieben wird (Abb. 3.10). Die Tiefe
oder empfindlicher
des Messfensters ist abhängig von der Zeit, die Bereich
die elektronische Torschaltung abwartet, bevor
das Signal registriert wird. Auch diese Zeit kann
vom Sonographeur eingestellt werden. Die Größe
des Messfensters hat einen signifikanten Einfluss
Abb. 3.10 Das Messfenster oder der empfindliche Be-
auf das erzeugte Dopplerspektrum. Wenn z. B.
reich eines gepulsten Dopplersystems, das aus einem
nicht nur das schnell fließende Blut in der Gefäß-
einzigen Schallkopfelement besteht, hat die Form ei-
mitte, sondern auch das langsamer strömende
ner Träne.
Blut in Gefäßwandnähe untersucht werden soll,
ist ein großes Messfenster erforderlich (siehe hier-
zu die weitere Diskussion in Kap. 6). ße des Messfensters und Eindringtiefe werden
Um die Frequenzen der vom Blutfluss erzeugten wie in Abbildung 3.11 üblicherweise am seitli-
Signale messen zu können, werden entlang der chen Bildrand angezeigt. Der gepulste Doppler
Schallachse pro Sekunde Tausende von Pulsen zeichnet sich durch eine gute axiale Auflösung
ausgesandt. Die Sendefrequenz dieser Pulse nennt aus, hat aber den Nachteil des sog. Alias-Effekts
man die Pulswiederhol-, Pulsfolge- oder Puls- (Aliasing). Dieses Artefakt setzt der maximal de-
repetitionsfrequenz (PRF) mit Werten im kHz-Be- tektierbaren Dopplerfrequenz eine obere Grenze.
reich. Die obere PRF-Grenze ergibt sich aus der
Einschränkung, dass vor dem Senden eines neuen
Alias-Effekte
Pulses die Rückkehr der Echos des letzten Pulses
abgewartet werden muss. Im Gegensatz zu den Als Aliasing bezeichnet man die falsche Zuord-
CW-Dopplersystemen wird beim gepulsten Dopp- nung einer Signalfrequenz, die auf das unzurei-
lerverfahren zwar nicht die Dopplerverschiebung chende Abtasten des Signals zurückzuführen ist.
gemessen. Da die Form des detektierten Signals Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Uhr, die nur
aber Ähnlichkeiten mit dem von einem CW- über einen Minutenzeiger verfügt, und Sie möch-
Doppler erfassten dopplerverschobenen Signal ten die Geschwindigkeit ermitteln, mit der sich
aufweist, lässt es sich mit der Dopplergleichung dieser Zeiger bewegt. Wenn Sie das Zifferblatt der
beschreiben und wird typischerweise auch als Uhr alle 45 min (Abb. 3.12) ansehen und damit
Dopplersignal bezeichnet. Die Änderung der Blut- zur vollen Stunde beginnen, dann steht der Zei-
flussgeschwindigkeit kann mithilfe der Ultraschall- ger als erstes auf der 12, 45 Minuten später zeigt
pulse erfasst und das erzeugte Signal mittels FFT er auf die 9, dann auf die 6, auf die 3 und schließ-
ausgewertet werden. Auf diese Weise erhält man lich wieder auf die 12. Dabei entsteht der Ein-
ein Frequenzspektrum. Um eine Linie eines sol- druck, als ob sich der Zeiger langsam gegen den
chen Spektrums zu erzeugen, benötigt das Fast- Uhrzeigersinn bewegte. Es hat den Anschein, als
Fourier-Verfahren 64 oder 128 konsekutive Pulse. würde der Zeiger für eine volle Umdrehung
Dopplersysteme können diese Daten so schnell 3 Stunden benötigen anstatt wie erwartet nur
verarbeiten, dass Dopplerspektren in Echtzeit er- 1 Stunde. Um die Geschwindigkeit des Zeigers
halten werden können. korrekt zu bestimmen, müsste man sich die Uhr
Der vom Dopplerstrahl zurückgelegte Weg sowie pro voller Zeigerdrehung mindestens zweimal
die Größe und Lage des Messfensters werden auf ansehen (d. h. mindestens zweimal pro Stunde).
dem Impuls-Echo-Bild angezeigt. PRF-Werte, Grö- Abbildung 3.13 zeigt, dass man die Frequenz
30
Analyse des Dopplersignals 3.4
einer einfachen Sinuswelle (durchgezogene Linie) ling Rate) erhöht werden (d. h. in diesem Fall z. B.
unterschätzen kann (gestrichelte Linie), wenn durch Erhöhung der PRF von 2500 [Abb. 3.14A]
das Signal in einem vollständigen Zyklus weniger auf 3704 Hz [Abb. 3.14B]). Allerdings ist die PRF
als zweimal abgetastet wird. Wenn die Punkte (•) nach oben begrenzt, denn das Gerät muss vor der
diejenigen Zeitpunkte repräsentieren, an denen Aussendung eines neuen Pulses auf die Rückkehr
das Signal abgetastet wurde, dann entspräche die früher ausgesendeter Pulse warten. Nur so ist die
Sinuswelle mit der niedrigsten Frequenz, die zu eindeutige Zuordnung der jeweiligen Echos ge-
den erhobenen Daten passen würde, der gestri- währleistet. Dadurch wird auch die maximal
chelten Kurve. Würde das Signal stattdessen in detektierbare Dopplerfrequenz begrenzt. Die Be-
einem vollständigen Zyklus zweimal abgetastet, grenzung der maximal detektierbaren Doppler-
wie durch die Kreuze (x) angezeigt, wäre es nicht frequenz (fdmax) und Geschwindigkeit (Vmax) lässt
mehr möglich, die erhobenen Daten an eine Si- sich wie folgt bestimmen:
nuswelle mit niedrigerer Frequenz anzupassen.
PRF max 2V max ft cos θ
In diesem Fall würde die korrekte Frequenz ge- f dmax = = (3.2)
messen werden. Der Alias-Effekt oder das Aliasing 2 c
tritt auf, wenn die Abtastfrequenz weniger als Gleichung 3.2 kann umgeformt werden zu:
zweimal so groß ist wie die zu berechnende Fre- PRF max c
quenz; diese Frequenzgrenze wird auch als Vmax = (3.3)
4 ft cos θ
Nyquist-Frequenz bezeichnet.
Ein Beispiel für den Alias-Effekt eines Doppler- Für eine gegebene Eindringtiefe d und Schallaus-
signals zeigt Abbildung 3.14A. Hier wurde die breitungsgeschwindigkeit c gilt:
während der maximalen Systole detektierte Fre-
c
quenz unterschätzt und unterhalb der Nulllinie PRFmax = (3.4)
des Spektrums aufgezeichnet. Zur Vermeidung 2d
des Alias-Phänomens kann die Abtastrate (Samp- Der Faktor 2 im Nenner der obigen Gleichung ist
12
9 3
Abb. 3.12 Alias-Effekt. Beobachtet man die Geschwindigkeit eines Minutenzeigers alle 45 Minuten einmal, ent-
steht der Eindruck, als bewege sich der Zeiger langsam gegen den Uhrzeigersinn.
31
3 Dopplersonographie
Abb. 3.13 Alias-Effekt. Die Frequenz einer einfachen Limitationen des CW-Dopplers im
Sinuswelle (durchgezogene Linie) kann unterschätzt Vergleich zum gepulsten Doppler
werden (gestrichelte Linie), wenn das Signal in einem
vollständigen Zyklus weniger als zweimal abgetastet CW-Doppler und gepulster Doppler unterliegen
wird. unterschiedlichen Limitationen. Für die mit ei-
nem CW-Doppler detektierbare Blutflussgeschwin-
darauf zurückzuführen, dass der Puls das Zielge- digkeit gibt es zwar keine Obergrenze, doch sind
webe erreichen und von dort wieder zurückkeh- keine Informationen über die Tiefe des Echosig-
ren muss. Daraus ergibt sich: nals verfügbar, und es ist nicht immer möglich,
c2 den arteriellen Fluss zu bestimmen, ohne gleich-
Vmax = (3.5) zeitig auch den Fluss einer nahe gelegenen Vene
8dft cos θ
zu erfassen. Die kontinuierliche Dopplertechnik
Die maximale Geschwindigkeit, die ohne Alias- kommt am häufigsten in einfachen Handgeräten
ing erfasst werden kann, hängt deshalb von der zum Abhören von Strömungsgeräuschen zum
Tiefe des zu untersuchenden Gefäßes ab. Bei der Einsatz, mit denen der Knöchelblutdruck gemes-
Messung sehr hoher Blutflussgeschwindigkeiten, sen (siehe Kap. 9) oder die fetale Herzaktion
vor allem in tieferliegenden Gefäßen, können nachgewiesen werden kann. In der Kardiologie
manche Geräte im Modus „hohe PRF“ betrieben werden CW-Doppler auch zur Messung hoher
werden. So ist es möglich, dass zu einer bestimm- Strömungsgeschwindigkeiten über den Herzklap-
ten Zeit mehr als ein Puls „unterwegs“ ist. Mit pen eingesetzt. Gepulste Doppler liefern Informa-
einer höheren PRF können höhere Geschwindig- tionen über die Signalherkunft und ermöglichen
keiten gemessen werden, es kommt aber auch zu so detaillierte Untersuchungen eines spezifischen
einer gewissen Unsicherheit bezüglich der Her- Gefäßes. Allerdings wird dadurch die maximal
kunft des Dopplersignals (range ambiguity, mehr- erfassbare Geschwindigkeit eingeschränkt. Das
deutige Zuordnungen). In diesem Modus zeigt gepulste Dopplerverfahren wird in Duplexsyste-
der Scanner typischerweise mehr als ein Mess- men sowohl für die spektral- als auch farbdopp-
fenster auf der Scanlinie an. Bei einer niedrigeren lersonographische Untersuchungen eingesetzt.
PRF 2500
PRF 3704
A B
Abb. 3.14 A: Der Alias-Effekt führt dazu, dass die hohen Frequenzen im Signal unterschätzt und unterhalb der
Nulllinie des Spektrums angezeigt werden. B: Aliasing lässt sich durch Erhöhung der PRF vermeiden.
32
Duplexsonographie 3.5
33
4 Erzeugung von Farbdoppler-
bildern
35
4 Erzeugung von Farbdopplerbildern
36
Bestandteile eines Farbdopplers 4.4
37
4 Erzeugung von Farbdopplerbildern
B-Bild-Prozessor
Demodulator
Sendeelement für B-Bild
Empfangener Gesendeter
Ultraschallstrahl Ultraschallstrahl
Blutfluss
punkt nur ein spezifischer Farb- oder Grauwert tektiert wird, die Grauwerte von den Farbwer-
zugeordnet werden kann, muss entschieden wer- ten überschrieben werden. Will der Untersucher
den, ob die Impuls-Echo-Information oder die z. B. den Blutfluss in einem kleinen Gefäß dar-
Informationen über das Strömungsverhalten dar- stellen, das im B-Bild kein echofreies Lumen auf-
gestellt werden sollen. Dazu gehört auch der sog. weist, muss der Grenzwert für die Darstellung
Blut-Gewebe-Kontrast. der Grauwertinformationen erhöht werden, wo-
durch der Farbkodierung der Vorzug eingeräumt
wird.
Blut-Gewebe-Kontrast Die meisten Ultraschallgeräte verfügen über ein
Flash-Filter, mit dem Farbreflexe, die sog. Flash-
Generell weisen die aus dem Gefäßlumen stam- Artefakte, entfernt werden sollen, die durch
menden Impuls-Echo-Signale im Vergleich zu schnelle Bewegungen zwischen Schallkopf und
den von Gefäßwänden und umgebendem Gewe- Gewebe verursacht werden, etwa wenn der Un-
be reflektierten Signalen eine sehr geringe Am- tersucher den Schallkopf während des Scanvor-
plitude auf. Außerdem werden vom schnell strö- gangs bewegt.
menden Blut höhere Dopplerfrequenzen abge-
leitet als von den sich langsam bewegenden
Gefäßwänden. Das stationäre umgebende Ge- Farbkodierung der
webe bewirkt keine Dopplerverschiebung. Ultra- Dopplerinformationen
schallgeräte verfügen über eine vom Untersucher
einstellbare Funktion, mit der sich die Farb- Nachdem der Wert für die mittlere Doppler-
kodierung zuschalten (Color Write Enable) bzw. frequenz aus mehreren Messproben ermittelt
priorisieren lässt (Color Write Priority). Mit diesem wurde, müssen diese Daten bildlich dargestellt
Regler kann der Sonographeur die Signalintensität werden. Dies geschieht durch Farbkodierung der
auswählen, oberhalb derer statt der Farbinfor- Dopplerinformationen. Die Farbwerte auf dem
mation das Grauwertbild erzeugt wird. Wird ein Monitor haben drei Eigenschaften: Luminanz
Dopplersignal von einem Bereich registriert, in (Helligkeit), Farbtönung und Farbsättigung. Als
dem das Grauwertsignal den vom Anwender fest- Luminanz bezeichnet man den Anteil von Hel-
gelegten Wert übersteigt, nimmt der Scanner an, ligkeit oder Schatten an der dargestellten Farbe;
dass das Dopplersignal von sich bewegendem die Farbtönung ist die Wellenlänge (d. h. der tat-
Gewebe erzeugt wurde, und zeichnet es deshalb sächlich wiedergegebene Farbwert von Violett bis
nicht auf. Vorausgesetzt, es existiert eine ad- Rot), und als Sättigung bezeichnet man den Grad,
äquate Dopplerfrequenz, wird unterhalb dieses in dem die Farbe mit weißem Licht gemischt ist
Grauwertes davon ausgegangen, dass alle Dopp- (z. B. von Rot bis hin zu Hellrosa bis zu 20 ver-
lersignale aus dem Blut stammen, sodass in schiedene Farbtöne). Aufgrund dieser drei Eigen-
den Bereichen, in denen ein Dopplersignal de- schaften kann, wie in Abbildung 4.5 gezeigt, eine
38
Einfluss des Beschallungswinkels auf das Farbdopplerbild 4.5
39
4 Erzeugung von Farbdopplerbildern
A B C
Abb. 4.6 Auswirkungen einer (im Bild dargestellten) Änderung des Beschallungswinkels auf das erzeugte Bild
durch Kippen des Farbfensters. A: Ein flacher Winkel erzeugt ein gutes Bild. B: Ein mittlerer Winkel stellt den Blut-
fluss dar, ist aber nicht optimal. C: Ein großer Winkel erzeugt ein nicht verwertbares Bild.
Empfindlichkeit des Gerätes zu finden. Bei der Gefäß. Abbildung 4.7 zeigt die Aufnahme einer
Darstellung großer Gefäße mit gutem Blutfluss A. carotis interna an der Stelle, an der sie in die
ist dies normalerweise nicht erkennbar, kann Tiefe des Halses hinabzieht. Die Pfeile im Bild zei-
aber bei der Darstellung kleiner erkrankter Ge- gen, wie sich die Strömungsrichtung des Blutes
fäße mit geringerem Blutfluss zum Problem wer- im Verhältnis zum Farbdopplerstrahl ändert und
den, da die Intensität des Dopplersignals sehr dadurch eine Änderung der registrierten Dopp-
schwach sein kann und das Gefäß in einem Win- lerfrequenz hervorgerufen wird. Dies führt im
kel > 70 ° beschallt werden muss, um die Sensiti- Bild zu einem Farbumschlag von Rot nach Oran-
vität des Schallkopfes nicht herabzusetzen. Falls ge und Gelb und schließlich infolge von Aliasing
die Farbfüllung eines solchen Gefäßes sich als zu Türkisblau, obwohl die Strömungsgeschwin-
schwierig erweisen sollte, lohnt es sich mitunter, digkeit im Gefäß unverändert geblieben ist.
den Beschallungswinkel des Farbdopplerstrahls Konvex- und Phased-Array-Schallköpfe erzeugen
zu verändern, um den besten Kompromiss zwi- Bildlinien, die sich über das Sektorbild auf-
schen Beschallungswinkel und Sensitivität zu er- fächern. Diese Art Schallkopf verfügt normaler-
zielen. weise nicht über die unabhängig von der Rich-
Bei der Darstellung geschlängelter Gefäße ist es tung der Bildlinien bestehende Möglichkeit zur
hilfreich, wenn das Farbfenster für die Aufnah- Steuerung des Dopplerstrahls. Wird ein gerade
men in verschiedene Richtungen geschwenkt verlaufendes Gefäß mit einem Konvex- oder Pha-
wird, um so den Blutfluss im gesamten Gefäß- sed-Array-Schallkopf dargestellt, ändert sich der
verlauf darzustellen. Wenn sich die Strömungs- Beschallungswinkel entlang des Gefäßes, es sei
richtung des Blutes im Verhältnis zum Doppler- denn, das Gefäß verläuft parallel zum Doppler-
strahl ändert, wird selbst bei gleicher Strömungs- strahl. Dadurch ändern sich die registrierten
geschwindigkeit eine andere Dopplerfrequenz Dopplerfrequenzen und es kommt auf dem Mo-
registriert. Im Farbdopplerbild erscheint bei Än- nitor zu einem Farbumschlag (siehe Abb. 4.8).
derung des Gefäßverlaufs ein Farbumschlag im Links im Bild werden Dopplerfrequenzen detek-
tiert, da hier ein geeigneter Beschallungswinkel
vorliegt und das Blut auf die Sonde zuströmt. Ge-
Abb. 4.7 Aufnahme einer A. ca- nau in der Mitte beträgt der Beschallungswinkel
rotis interna an der Stelle, an der ca. 90 °, sodass nur eine geringe oder gar keine
sie in die Tiefe des Halses hinab- Dopplerfrequenz registriert oder angezeigt wird.
zieht. Wenn sich der Arterien- Unter dem Beschallungswinkel auf der rechten
verlauf relativ zum Dopplerstrahl Bildseite fließt das Blut vom Schallkopf weg und
(Pfeil) ändert, ändert sich auch die wird deshalb in Blau dargestellt.
detektierte relative Strömungsge- Bei der Auswertung eines Farbdopplerbildes soll-
schwindigkeit (Dopplerfrequenz). te unbedingt daran gedacht werden, dass hier die
Trotz unveränderter Blutflussge- Dopplerfrequenz (Geschwindigkeit relativ zum
schwindigkeit kommt es zum Schallstrahl) angezeigt wird. Entscheidend ist
Farbumschlag. auch die Berücksichtigung des zur Generierung
40
Alias-Effekte in der Farbdopplersonographie 4.6
Abb. 4.9 Alias-Effekt. A: Aliasing führt bei der Darstellung der in einem Gefäß vorherrschenden Blutflussgeschwin-
digkeit zur Zuordnung der falschen Farbe, hier Blau. B: Alias-Effekte können durch Heraufsetzen der PRF vermie-
den werden. C: Ist die PRF zu hoch eingestellt, sind die geringeren Geschwindigkeiten in Gefäßwandnähe mög-
licherweise nicht mehr detektierbar.
41
4 Erzeugung von Farbdopplerbildern
ACC
R
A
R
ACI
Abb. 4.10 Aufnahme einer Biegung der A. carotis. Der
Fluss auf den Schallkopf zu und vom Schallkopf weg
wird in unterschiedlichen Farben dargestellt. Die Pfeile Abb. 4.11 Die Aufnahme zeigt einen Alias-Effekt (A)
geben den Strömungsverlauf an. In der Bildmitte, wo und eine Strömungsumkehr (R) in einer A. carotis
der Winkel zwischen Strömung und Schallstrahl 90 ° interna. Aliasing lässt sich daran erkennen, dass sich
beträgt, wird kein Fluss angezeigt. der Farbumschlag im Bereich der äußeren Enden der
Farbskala abspielt. Eine Farbänderung infolge einer re-
lativen Richtungsänderung ist als Farbumschlag über
einem Gefäß infolge eines hämodynamischen Schwarz mit Überschreiten der Nulllinie in der Mitte
Effekts sowohl ein Vor- als auch Rückwärtsfluss der Farbskala erkennbar (siehe Farbskala am rechten
vorhanden ist. Wie in Kapitel 5 beschrieben, lässt Bildrand).
sich eine Strömungsumkehr häufiger in einem
normalen Karotisbulbus beobachten. Eine sicht-
bare Strömungsumkehr kann durch ein Artefakt 4.7 Ober- und Untergrenzen
verursacht sein; dazu kann es kommen, wenn ein
Gefäß seine Richtung im Verhältnis zum Dopp- der angezeigten
lerstrahl ändert, obwohl die Strömungsrichtung Geschwindigkeit
im Gefäß unverändert geblieben ist.
Abbildung 4.10 zeigt die Aufnahme einer leicht Die höchste, ohne Aliasing messbare Frequenz
geschlängelten A. carotis; der Fluss vom Schall- entspricht – wie auch beim Spektraldoppler – der
kopf weg wird auf der rechten Seite (in Blau) und halben Pulsrepetitionsfrequenz (PRF). Im Ge-
der Fluss auf den Schallkopf zu auf der linken gensatz zu Spektraldoppleraufnahmen führt das
Seite (in Rot) dargestellt. Die Pfeile im Bild zeigen Auftreten von Alias-Artefakten aber nicht unbe-
die Änderung der Strömungsrichtung im Ver- dingt zu einer erschwerten Bildauswertung, son-
hältnis zum Schallstrahl an. In der Mitte des Bil- dern kann manchmal zur Hervorhebung plötz-
des, wo der Winkel zwischen Strömung und licher Geschwindigkeitszunahmen wie etwa bei
Schallstrahl fast 90 ° beträgt, werden niedrige Fre- einer Stenose sogar nützlich sein. Bis zu einem
quenzen detektiert. Da diese durch Hochpass- gewissen Punkt können Alias-Artefakte durch Er-
filter aus dem Signal entfernt werden, wird in höhung der PRF, Verwendung eines größeren
diesem Bereich keine Farbe angezeigt. Dopplerwinkels oder einer niedrigeren Sendefre-
Man kann Alias-Effekte von einer Strömungsum- quenz vermieden werden.
kehr im Verhältnis zum Schallkopf dadurch un- Bei der Untersuchung niedrigerer Blutflussge-
terscheiden, dass sich der beim Aliasing zu be- schwindigkeiten wie im venösen System richtet
obachtende Farbumschlag an den äußeren Enden sich die untere Grenze der detektierbaren Fluss-
der Farbskala abspielt. Bei einer Strömungsum- geschwindigkeit nach der für die Untersuchung
kehr befinden sich die Farben dagegen nahe der des Blutflusses benötigten Zeit. Angenommen,
Nulllinie; der Farbumschlag erfolgt an dem Sie wollen die Geschwindigkeit bestimmen, mit
Punkt, an dem keine oder nur niedrige Doppler- der sich die Zeiger einer Uhr bewegen. Um die Ge-
frequenzen detektiert werden, über Schwarz. Ab- schwindigkeit des Stundenzeigers abzuschätzen,
bildung 4.11 zeigt die Aufnahme einer Karotis, in müssten Sie die Uhr sehr viel länger beobachten,
der neben einer Strömungsumkehr auch ein als wenn Sie die Geschwindigkeit des Minuten-
Alias-Artefakt zu beobachten ist. Der in beiden zeigers bestimmen wollten. Dasselbe trifft auch
Fällen erfolgende Farbumschlag ist der Farbskala auf den Farbdoppler zu (d. h. je langsamer der zu
zu entnehmen. detektierende Blutfluss, desto länger die benötig-
42
Ober- und Untergrenzen der angezeigten Geschwindigkeit 4.7
1 2 3 4 7 8
Puls-
zug
Nächste
Bildlinie
PRF
Abb. 4.12 Als Dwell Time (Verweilzeit) bezeichnet man die Zeit, die der Schallstrahl zum Aufbau einer Bildlinie für
das Abtasten des Blutflusses benötigt. Diese Zeit richtet sich nach der Anzahl der Pulse, dem sog. Pulspaket, das für
die Frequenzanalyse herangezogen wird, sowie der Pulsrepetitionsfrequenz (PRF) des Signals.
te Messzeit). Die Zeit, während der entlang einer rigsten darstellbaren Frequenzen. Das Hochpass-
Bildlinie Pulse ausgesendet werden, um die Fre- filter lässt nur Frequenzen durch, die größer sind
quenz zu bestimmen, bezeichnet man als Dwell als die Grenzfrequenz, sodass die aus dem lang-
Time (Verweilzeit) (Abb. 4.12). Wird eine niedrige sameren Blutfluss abgeleiteten Dopplerfrequen-
PRF gewählt, dauert es länger, um die acht bis zen unterdrückt werden, wenn das Hochpassfil-
zehn Pulse auszusenden, und folglich ist die ter zu hoch eingestellt ist. Die Einstellung des
Dwell Time höher als bei einer höheren PRF. Aus Hochpassfilters wird normalerweise auf der Farb-
diesem Grund ist es sehr wichtig, die PRF an die skala angegeben (Abb. 4.13). Bei falscher Filter-
darzustellenden Flussbedingungen anzupassen. einstellung kommt es zur Unterdrückung der
Ist die PRF für die Darstellung schnellerer Blut- niedrigen Flussgeschwindigkeiten im Bereich der
flüsse zu niedrig, kommt es zu Alias-Effekten, ist Gefäßwände oder der langsamen Strömung wäh-
die für die Darstellung langsamerer Blutflüsse ge- rend der Diastole. Das Hochpassfilter ist an die
wählte PRF zu hoch, ist unter Umständen gar kein PRF gekoppelt. Deshalb wird bei Erhöhung der
Blutfluss nachweisbar, da die Dwell Time zu kurz PRF auch das Hochpassfilter automatisch höher
ist (Abb. 4.9C). Im Idealfall sollte die PRF so ge- eingestellt. Bei manchen Geräten ist es allerdings
wählt werden, dass die höchsten vorhandenen möglich, die Filtereinstellung auch unabhängig
Geschwindigkeiten durch Farben aus dem oberen von der PRF zu ändern; in diesem Fall sollte auch
Bereich der Farbskala dargestellt werden. an die Einstellung des Hochpassfilters gedacht
Die Grenz- oder Cutoff-Frequenz des Hochpass- werden, wenn die PRF zur Darstellung langsame-
filters (Clutter-Filter) beeinflusst auch die nied- rer Blutflussgeschwindigkeiten abgesenkt wird.
A B
Abb. 4.13 Filtereffekte. A: Das Filter ist zu hoch eingestellt; es entfernt die Signale der langsameren Flussge-
schwindigkeiten in Gefäßwandnähe (senkrechte Pfeile). B: Die Filtereinstellung wird reduziert, um die in Gefäß-
wandnähe detektierten niedrigen Frequenzen anzeigen zu können. Die Filtereinstellung kann auf der Farbskala
angezeigt werden (waagerechte Pfeile).
43
4 Erzeugung von Farbdopplerbildern
4.8 Bildaufbaurate
Als Bildaufbaurate (Frame Rate) bezeichnet man
die Anzahl der pro Sekunde neu aufgebauten Bil- Schallkopf
B-Bild
der. Um die Farbdopplersonographie zur Dar-
stellung des pulsatilen Blutflusses sinnvoll zu
nutzen, bedarf es einer recht hohen Bildaufbau- Farb-
rate. Allein beim Impuls-Echo-Verfahren kann fenster-ROI
die Bildaufbaurate mehr als 50 Bilder pro Sekun-
de betragen. Der Aufbau eines Farbbildes dauert
Blutfluss
deutlich länger, weshalb die Bildaufbauraten
auch sehr viel niedriger sind. Bei der Farbdopp- A
lersonographie ist die Bildaufbaurate von mehre-
ren Faktoren abhängig (Abb. 4.14). Die ROI ent-
spricht dem Farbfenster, das zur Untersuchung
des Blutflusses im Bild beliebig platziert werden
kann. Größe und Position der ROI haben einen
signifikanten Einfluss auf die Bildaufbaurate. Vor
allem die Breite des Farbfensters ist relevant.
Denn je breiter die ROI, desto mehr Bildlinien
werden benötigt und desto länger dauert die Da-
tenakquisition für den Aufbau eines Bildes. Auch
die Liniendichte (die Anzahl der Bildlinien pro
Zentimeter im Bildbereich) beeinflusst die zum
Aufbau eines Bildes benötigte Zeit, da die Pulse B
für jede Bildlinie erst zurückkehren müssen,
bevor die nächste erzeugt werden kann. Weniger
bedeutsam ist die Länge des Farbfensters. Das
liegt daran, dass der Scanner die Rückkehr aller
Echos abwarten muss, bevor der nächste Puls
ausgesandt werden kann, um mehrdeutige räum-
liche Zuordnungen (Range Ambiguity) zu ver-
meiden, auch wenn nicht alle zurückkehrenden
Informationen für den Bildaufbau verwendet
werden.
Ein relevanter Faktor ist allerdings die Tiefe der 1 2
3 4
ROI. Um eine tiefliegende Struktur darzustellen, 5 6
wird niederfrequenter Ultraschall verwendet, der
C Reihenfolge der Bildlinienakquisition
tiefer in das Gewebe eindringt und damit die
Platzierung der ROI in größerer Tiefe ermöglicht.
Abb. 4.14 Die Bildaufbaurate des Farbdopplerbildes
Deshalb muss das Ultraschallgerät länger warten,
kann verbessert werden, indem (A) die Größe der farb-
bis die Echos aus einer größeren Tiefe zurück-
kodierten Region of Interest (ROI) oder (B) die Dichte
gekehrt sind, und die Erzeugung jeder einzelnen
der farbkodierten Bildlinien reduziert wird. (C) Die
Bildlinie dauert längert, sodass die Bildaufbaurate
Bildaufbaurate kann auch verbessert werden, indem
abnimmt.
die aus verschiedenen Teilen der ROI akquirierten Da-
Durch Verschiebung der akquirierten Daten aus
ten verschoben werden (sog. Interleaving) (in Anleh-
verschiedenen, räumlich getrennten Bildlinien
nung an Ferrara & DeAngelis 1997, mit freundlicher
(Interleaving) kann mehr als ein Puls gleichzeitig
Genehmigung).
gesendet werden. Dadurch kann die Frequenz-
berechnung verbessert werden, ohne die Bildauf-
baurate zu reduzieren. Abbildung 4.14C zeigt,
wie die Daten aus Bildlinie 2 akquiriert werden
können, während die Daten aus Bildlinie 1 erho-
44
Powerdoppler 4.10
ben werden, da Bildlinie 1 keine auf Bildlinie 2 fluss jedoch dynamisch ist, spielt auch die zeit-
ausgesandten Pulse detektiert. Dasselbe gilt für liche Auflösung (d. h. die Fähigkeit, Veränderun-
die Bildlinien 3 und 4 usw. Durch Mittelung gen darzustellen, die sich innerhalb eines kurzen
zweier benachbarter Linien können zusätzliche Zeitraums ereignen) eine wichtige Rolle. Die axi-
Datenlinien erzeugt werden, um zwischen bei- ale Auflösung des farbkodierten Bildes richtet
den eine Bildlinie zu generieren. Weil dafür keine sich nach der Länge der einzelnen Messproben
neuen Informationen erhoben werden, ändert entlang jeder Bildlinie. Die laterale Auflösung des
sich die Bildaufbaurate nicht. farbkodierten Bildes hängt von der Breite des
Die Anzahl der zum Aufbau jeder einzelnen Bild- Schallfeldes und der Dichte der Bildlinien im sog.
linie des farbkodierten Bildes verwendeten Pulse Field of View (FOV) ab. Die Fähigkeit, Strömungs-
bezeichnet man als Pulspaket. Zur Bestimmung änderungen im farbkodierten Bild mit der Zeit
der Dopplerfrequenz benutzt man typischerwei- präzise nachzuverfolgen, ist davon abhängig, ob
se ein aus 2 bis 16 Pulsen bestehendes Pulspaket. das System über eine ausreichende Bildaufbau-
Je mehr Pulse verwendet werden, umso genauer rate verfügt. Zur effektiven Darstellung des arte-
ist der Frequenzwert. Bei einem nur schwachen riellen Flusses bedarf es im Allgemeinen einer
rückläufigen Dopplersignal ist eine hohe Anzahl höheren Bildaufbaurate als zur Darstelllung des
von Pulsen erforderlich. Erstrebenswert ist daher venösen Flusses, da sich der arterielle Fluss sehr
ein Kompromiss zwischen der Genauigkeit der viel rascher ändert.
Frequenzbestimmung und der Bildaufbaurate. Die Sensitivität gegenüber Bewegungen (Blut-
Die für das Aussenden und die Rückkehr dieser fluss) ist ein weiterer Indikator für die Qualität
2 bis 16 Pulse benötigte Zeit (Dwell Time, Verweil- eines Ultraschallgerätes, und sie ist von zahl-
zeit) hängt offensichtlich von der Häufigkeit ab, reichen Faktoren abhängig. Zunächst müssen
mit der die Pulse gesendet werden (d. h. von der die Ultraschallfrequenz und die Ausgangsleis-
PRF). Bei Verwendung einer niedrigen PRF dauert tung korrekt eingestellt sein, um eine ausrei-
das Aussenden des Pulspaketes länger; die Konse- chende Durchdringung zu gewährleisten. Zwei-
quenz ist eine niedrigere Bildaufbaurate. tens muss die zur Detektion des Blutflusses auf-
Diese verschiedenen Einschränkungen verlangen gewendete Zeit ausreichend groß sein, um den
nach einem Kompromiss zwischen dem interes- Blutfluss von stationärem Gewebe unterschei-
sierenden Untersuchungsbereich, in dem die den zu können. Die Filter zur Unterdrückung
Farbdopplerinformationen erhoben werden, der von Wand- und anderen Gewebebewegungen
Genauigkeit der berechneten Dopplerfrequenz müssen so eingestellt sein, dass nicht gleichzei-
und der dazu benötigten Messzeit. Die Auswahl tig auch die Blutflusssignale entfernt werden.
der PRF, die Lage der ROI und die Frequenz des Auflösung und Sensitivität der modernen Farb-
Schallkopfes richten sich nach der zu untersu- dopplersysteme konnten im Laufe der letzten
chenden Körperregion und der Art des Blutflusses zehn Jahren rapide gesteigert werden, wodurch
in diesem Bereich. Es ist jedoch möglich, die Bild- letztlich auch die Bandbreite und die Qualität
aufbaurate zu optimieren, wenn für die Untersu- von Gefäßuntersuchungen verbessert wurden.
chung eine möglichst schmale ROI verwendet
wird. Verbessern lässt sich die Qualität des Farb-
dopplerbildes durch Mittelung konsekutiver Bil- 4.10 Powerdoppler
der, um so das Rauschen zu reduzieren, sowie
durch eine zeitlich längere Bilddarstellung. Diese Bislang haben wir uns in diesem Kapitel damit
Einstellung wird gelegentlich als Persistenz be- befasst, wie die Dopplerfrequenz als ein das Grau-
zeichnet. wertbild überlagerndes Farbbild dargestellt wer-
den kann. Anstatt aber die detektierte Frequenz-
verschiebung anzuzeigen, kann auch die Echoin-
tensität des Dopplersignals dargestellt werden.
4.9 Auflösung und Sensitivität Die dazu verwendete Farbskala zeigt bei höherer
von Farbdopplern Echointensität eine stärkere Luminanz. Dadurch
kann das Ultraschallgerät das Vorhandensein
Die räumliche Auflösung des Farbdopplerbildes eines Blutflusses darstellen, nicht aber die rela-
kann man sich wie bei der B-Bildtechnik in drei tive Blutflussgeschwindigkeit oder die Strömungs-
Ebenen vorstellen (siehe Abb. 2.21). Da der Blut- richtung des Blutes angeben (siehe Abb. 4.15).
45
4 Erzeugung von Farbdopplerbildern
46
Kontrastmittelverstärkte Farbdopplersonographie und Harmonic Imaging 4.11
mitte. In der Farbdopplersonographie wird die von den Blutkörperchen zurückgestreuten Schall-
mittlere in einer Messprobe detektierte Frequenz wellen sehr viel niedriger ist als die Intensität der
dargestellt. Sie ist also nicht davon abhängig, ob Schallwellen, die vom umgebenden Gewebe re-
das Messfenster vollständig oder nur teilweise flektiert werden. Eine Erhöhung der Sendeleis-
durch den Blutfluss gefüllt ist. Mit dem Power- tung des Ultraschallgerätes kann dieses Problem
doppler lassen sich die Gefäßgrenzen also besser nicht beseitigen, da mit den aus dem Blut ab-
bestimmen als mit dem Farbdoppler. geleiteten Signalen gleichzeitig auch die Signale
Die verbesserte Sensitivität des Powerdopplers des umgebenden Gewebes verstärkt würden. Das
beruht auf dem Zusammenhang zwischen Bild- hinter der Anwendung von Kontrastmitteln in
rauschen und Dopplersignal. Wenn die Farbver- der Sonographie stehende Prinzip umfasst das
stärkung zur Visualisierung des Hintergrund- Einbringen einer Substanz in das Blut, die eine
rauschens erhöht wird, sieht der Untersucher das höhere Intensität des zurückgestreuten Signals
Rauschen als Speckle-Muster (körnige Struktur) liefert als alleiniges Blut. Die derzeit zur klini-
aller Farben innerhalb des Farbfensters. Das liegt schen Anwendung kommenden Kontrastmittel
daran, dass das gerätebedingte Rauschen ein nie- bestehen aus Mikropartikeln, an die luftgefüllte
deramplitudiges Signal ist, das alle Frequenzen Mikrobläschen binden. Diese Mikrogasbläschen
enthält. Das Rauschen lässt sich auch nicht durch verstärken die Intensität der zurückgestreuten
ein Hochpassfilter entfernen, da es in allen Fre- Signale. Man unterscheidet zwei Arten von Kon-
quenzen auftritt. Powerdoppler stellen nicht die trastmitteln: Rechts- und Linksherzkontrastmit-
Frequenz dar, sondern die Echointensität (Am- tel. Rechtsherzkontrastmittel werden bei der Pas-
plitude), weshalb sie für dieses niederamplitudige sage durch die Lunge zerstört und eignen sich
Rauschen weniger anfällig sind, denn es wird deshalb bei intravenöser Verabreichung nur für
entweder als dunklere Farbe oder gar nicht wie- die Darstellung des rechten Herzens. Linksherz-
dergegeben. oder transpulmonale Kontrastmittel sind lungen-
Der Hauptnachteil des Powerdopplers besteht gängig und können deshalb benutzt werden, um
darin, dass zur Erhöhung der Sensitivität ein star- die von peripheren Arterien zurückgestreuten
kes Frame Averaging verwendet wird. Das bedeu- Signale zu verstärken. Die effektive Verstärkung
tet, der Untersucher muss den Schallkopf ruhig- des Dopplersignals durch diese Kontrastmittel
halten, um ein gutes Bild zu gewinnen. Deshalb hält ca. 5 – 10 min an, sodass sie sich eigentlich
ist diese Modalität für das schnelle Abtasten von nur für Untersuchungen eignen, die in dieser
Gefäßen weniger gut geeignet. Aufgrund seiner kurzen Zeit durchgeführt werden können.
Winkelunabhängigkeit bietet der Powerdoppler Mit Ultraschallwellen beschallte Bläschen oszil-
allerdings Vorteile bei der Darstellung geschlän- lieren und streuen die Ultraschallwellen sowohl
gelter Gefäße. Ferner eignen sich Powerdoppler- mit der Frequenz, mit der sie beschallt wurden,
Geräte besser zur Identifizierung von Begren- als auch mit höheren Frequenzen zurück. Diese
zungen (etwa im Bereich von Plaques). Manche höheren Frequenzen sind harmonische Frequen-
Ultraschallsysteme verfügen auch über eine Farb- zen der ursprünglichen Frequenz (d. h. Vielfache
flussanzeige, bei der die Powerdoppler-Daten mit der Grundfrequenz) (siehe Kap. 2). Wird bei-
Informationen über die Strömungsrichtung kom- spielsweise ein Breitbandschallkopf verwendet,
biniert werden. In diesem Modus wird die Signal- um das Kontrastmittel mit einer Frequenz von
intensität für Blutflüsse in Richtung Schallkopf 3 MHz zu beschallen, kann das Ultraschallgerät
rot und die für Blutflüsse vom Schallkopf weg ein von den Mikrobläschen zurückgestreutes
blau dargestellt. Geschwindigkeitswerte werden Signal mit einer Frequenz von 6 MHz detektieren.
in diesem Modus nicht angegeben. Weil das umgebende Gewebe nicht im gleichen
Maße oszilliert, erzeugt es auch kein so starkes
Echosignal in der höheren harmonischen Fre-
4.11 Kontrastmittelverstärkte quenz. Die der harmonischen Frequenz überla-
gerte Dopplerverschiebung kann extrahiert und
Farbdopplersonographie in einem farbkodierten Bild oder als Doppler-
und Harmonic Imaging spektrum dargestellt werden. Durch dieses als
Harmonic Imaging bezeichnete Verfahren, das in
Ein limitierender Faktor in der Ultraschalldia- Kombination mit einem Kontrastmittel ange-
gnostik des Blutflusses ist, dass die Intensität der wendet werden kann, lässt sich die Sensitivität
47
4 Erzeugung von Farbdopplerbildern
48
5 Blutfluss und Farbdopplerbefunde
49
5 Blutfluss und Farbdopplerbefunde
ziehen oder erweitern. Die Arteriolen verteilen liegt, ist der hydrostatische Druck negativ,
das Blut an spezifische Kapillarsysteme und kön- was dazu führt, dass die Venen kollabieren.
nen – den Erfordernissen der einzelnen Organe Dann ist der Druck in den Armarterien nied-
oder Gewebe im ganzen Körper angepasst – selek- riger als der Druck in Höhe des Herzens.
tiv dilatieren oder kontrahieren. Die gesamte Flüssigkeitsenergie errechnet sich
aus:
Gesamte Flüssig- = Druckenergie
5.3 Warum fließt das Blut? keitsenergie + kinetische Energie
+ potenzielle Energie
Durch die Kontraktion des Herzmuskels wird En-
der Schwere
ergie erzeugt, die das Blut durch den Körper be-
1
fördert. Der Blutfluss in den Arterien ist von zwei Etot = p + ρV 2 + ( − ρgh) (5.2)
Faktoren abhängig: 1.) von der verfügbaren Ener- 2
gie, die den Blutfluss antreibt und 2.) vom Strö-
Abbildung 5.2 veranschaulicht, wie Gesamtener-
mungswiderstand des Gefäßsystems.
gie, kinetische Energie und Druck sich mit konti-
Der Naturwissenschaftler Daniel Bernoulli
nuierlichem Fluss durch eine idealisierte Stenose
(1700 – 1782) konnte zeigen, dass die gesamte
ändern. Normalerweise ist der Anteil der kineti-
Flüssigkeitsenergie, die Flüssigkeiten bewegt, aus
schen Energie an der Gesamtenergie im Vergleich
folgenden drei Komponenten besteht:
zur Druckenergie klein. Fließt eine Flüssigkeit
n der Druckenergie (p): der (hydrostatische)
durch ein Rohr mit einer Verengung, bewegt sie
Druck in einer Flüssigkeit, der – im Falle von
sich im verengten Abschnitt schneller. Da die Strö-
Blut – in Abhängigkeit von der Herzmuskel-
mungsgeschwindigkeit in einem verengten Ab-
kontraktion und der Dehnung der Aorta
schwankt;
n der kinetischen Energie (Ekin), die darauf Mittlerer Hydro-
beruht, dass es sich bei Flüssigkeiten um arterieller statischer
eine bewegte Masse handelt. Die kinetische Druck Druck
45 50
(dynamische) Energie hängt von der Dichte
(ρ) und von der Geschwindigkeit (V) der
Flüssigkeit ab: Mittlerer
venöser Druck
6 100 0
Ekin = 1 ρV2 (5.1)
2
n der (potenziellen) Energie der Schwere
(Schweredruck): Darunter versteht man die
Fähigkeit eines Blutvolumens, infolge der
auf eine Flüssigkeitssäule der Dichte (ρ) auf-
grund ihrer Höhe (h) oberhalb eines Bezugs- 100 195 100
punktes (typischerweise das Herz) ausge- mmHg
übten Schwerkraft (g) Arbeit zu verrichten. A
Die potenzielle Energie der Schwere (ρgh) ist
dem hydrostatischen Druck äquivalent,
aber mit umgekehrtem Vorzeichen (d. h.
– ρgh). Im Stehen lastet die Blutsäule – Höhe 95 100 Mittlerer arterieller
des Herzens hierbei oberhalb der Füße – auf Druck
dem Blut in den Gefäßen des Fußes (Abb. 140 130 Typischer maximaler
mmHg systolischer Arterien-
5.1A) und verursacht, infolge des hydrosta- B druck
tischen Drucks, einen höheren Druck als im
Liegen (Abb. 5.1B). Da das Herz als Bezugs- Abb. 5.1 Schematische Darstellung des in Arterien
punkt gewählt wird und die Füße unterhalb und Venen vorherrschenden typischen Drucks im Ste-
des Herzens lokalisiert sind, ist der hydro- hen (A) und Liegen (B). Der beim aufrecht stehenden
statische Druck positiv. Wenn der Arm ange- Menschen relevante hydrostatische Druck ist in Bild A
hoben wird und damit oberhalb des Herzens rechts dargestellt.
50
Änderung der Blutflussgeschwindigkeit in Stenosen 5.5
1
Ekin 2 V2
5.4 Strömungswiderstand
Energie
Gesamtenergie
1840 stellte der Physiker Poiseuille einen Zu-
Eintrittsverlust sammenhang her zwischen der Strömung, dem
Stenosebedingter
Druckgradienten in einem Rohr und dem Rohr-
Viskositätsverlust durchmesser. Dieser Zusammenhang lässt sich
einfach darstellen als:
KE Austrittsverlust Druckabfall = Fluss Widerstand (5.3)
Der Strömungswiderstand wird berechnet durch:
51
5 Blutfluss und Farbdopplerbefunde
Annahmen, die der Bestimmung veränderter beschreibt, so erhalten wir doch eine Vorstellung
Strömungsgeschwindigkeiten zugrunde liegen, davon, wie sich die Strömungsgeschwindigkeit
werden weiter unten beschrieben. Der Volumen- in einer arteriellen Stenose ändert.
fluss durch ein solches Rohr wird wie folgt be- Abbildung 5.4 zeigt die Änderungen des Blut-
rechnet: flusses und der Strömungsgeschwindigkeit in
einer idealisierten Stenose in Abhängigkeit von
Fluss = Geschwindigkeit der Flüssigkeit Quer-
der stenosebedingten Durchmesserverringerung
schnittsfläche
auf der Grundlage der Vorhersagen eines verein-
Q=VA (5.5) fachten theoretischen Modells. Auf der rechten
Seite des Graphen, auf der die Verringerung des
wobei V die mittlere Strömungsgeschwindigkeit Durchmessers weniger als 70 – 80 % beträgt, bleibt
im gesamten Gefäß im zeitlichen Mittel bezeich- der Blutfluss vergleichsweise unverändert, wäh-
net und A den Rohrquerschnitt. Wenn das Rohr rend der Gefäßdurchmesser abnimmt. Das liegt
keinerlei Auslässe oder Verzweigungen hat, durch daran, dass der Anteil des stenosebedingten Strö-
die Flüssigkeit austreten kann, bleibt der Fluss im mungswiderstands im Vergleich zum Gesamt-
Rohrverlauf konstant. Deshalb richtet sich die widerstand des von diesem Blutgefäß versorgten
Strömungsgeschwindigkeit an einem beliebigen Gefäßbetts klein ist. Nimmt der Durchmesser je-
Punkt des Rohres nach der Querschnittsfläche doch weiter ab, steigt der Anteil des stenose-
des Rohres. Abbildung 5.3 zeigt ein Rohr mit sich bedingten Widerstands am Gesamtwiderstand
ändernder Querschnittsfläche (A1, A2); nun gilt, deutlich an, und die Stenose beginnt den Blut-
da der Fluss (Q) entlang des Rohres konstant ist:
Q = V1 A1 = V2 A2 (5.6)
Verringerung der Querschnittsfläche
Diese Gleichung lässt sich umstellen, damit ge- 96 84 64 36
zeigt werden kann, dass die Änderung der Strö-
mungsgeschwindigkeit mit der Änderung der
600
Querschnittsfläche in Zusammenhang steht:
Geschwindigkeit [cm/s] des Blutflusses [ml/min]
V2 A1
= (5.7)
V1 A2 500
Q
100 Strömungs-
geschwindigkeit
0
A1 A2 80 60 40 30 20
V1 V2
Verringerung des Durchmessers
r2
r1
Abb. 5.4 Änderungen des Blutflusses und der Strö-
mungsgeschwindigkeit mit sich änderndem Stenose-
grad, vorhergesagt durch ein einfaches Modell einer
Abb. 5.3 Änderung der Querschnittsfläche. Da der glatten, symmetrischen Stenose (in Anlehnung an Spen-
Fluss im Rohr konstant ist, nimmt die Strömungs- cer & Reid 1979, Quantitation of carotid stenosis with
geschwindigkeit der Flüssigkeit von V1 zu V2 zu, wäh- continuous-wave [C-W] Doppler ultrasound. Stroke 10
rend der Querschnitt von A1 zu A2 abnimmt. [3]: 326 – 330, mit freundlicher Genehmigung).
52
Strömungsprofile in gesunden Arterien 5.6
53
5 Blutfluss und Farbdopplerbefunde
54
Strömungsprofile in gesunden Arterien 5.6
AFS
Systolischer
Richtung fließt als in der Gefäßmitte. Abbildung Gipfel
5.9 zeigt ein Farbdopplerbild, das während der
Diastole von einer gesunden A. femoralis super-
ficialis (AFS) gewonnen wurde. Das Bild zeigt
nahe der Gefäßwand einen Vorwärtsfluss, in der
Mitte des Gefäßes strömt das Blut dagegen in
umgekehrter Richtung. Dieses Phänomen tritt
typischerweise an einem Punkt im Herzzyklus
auf, der durch den langen Pfeil in Abbildung 5.8
gekennzeichnet ist. Der kurze Pfeil zeigt einen
weiteren Punkt, an dem sowohl ein Vor- als auch
ein Rückwärtsfluss gleichzeitig zu beobachten
sind. Abbildung 5.10 zeigt die sich im Verlauf des
Herzzyklus ändernden Geschwindigkeitsprofile
für die A. femoralis communis (Abb. 5.10A) und
die A. carotis communis (Abb. 5.10B), die aus den
Wellenformen der mittleren Strömungsgeschwin- Endsystole
digkeit errechnet wurden. Sie zeigen, dass eine A B
Strömungsumkehr in der A. femoralis communis
zu erkennen ist, nicht jedoch – trotz pulsatilen Abb. 5.10 Geschwindigkeitsprofile einer A. femoralis
Flusses – in der gesunden A. carotis communis. communis (AFC) (A) und einer A. carotis communis
Die Umkehrung der Strömungsrichtung ist nur (ACC) (B), berechnet aus den Spektren der mittleren
zu beobachten, wenn der Anteil des umgekehr- Flussgeschwindigkeiten (in Anlehnung an Evans &
ten pulsatilen Flusses größer ist als der Anteil des McDickens et al. 1999, mit freundlicher Genehmi-
stationären Flusses, den die pulsatile Komponen- gung).
55
5 Blutfluss und Farbdopplerbefunde
56
Strömungsprofile in gesunden Arterien 5.6
ACI
ACE
Vene
ACC
ACI Strömungs-
teiler
B
Abb. 5.12 A: Das Farbdopplerbild zeigt einen Rück-
wärtsfluss am Abgang einer normalen A. carotis inter-
na. B: Eine aus der Ablösezone abgeleitete Spektral-
dopplerkurve (Pfeil in A).
57
5 Blutfluss und Farbdopplerbefunde
Strömungsteiler
Innenwand
B C
A
B
Innenkurve Außenkurve
B
58
Blutfluss durch Stenosen 5.7
Tochtergefäß vom Muttergefäß abzweigt, was zu sen. Mit zunehmendem Stenosegrad nimmt die
verzerrten Geschwindigkeitsprofilen in den Toch- Flussgeschwindigkeit im Gefäß zu; das Zusam-
tergefäßen führt (Abb. 5.13). menbrechen der laminaren Strömung und das
Entstehen einer turbulenten Strömung werden
wahrscheinlicher. Die turbulente Strömung kann
5.7 Blutfluss durch Stenosen plötzlich auftretenden geometrischen Verände-
rungen besser widerstehen als die laminare Strö-
Eine zu Rückwärtsfluss führende Strömungs- mung, sodass Strömungsablösungen jenseits von
ablösung ist auch in erkrankten Arterien zu be- Stenosen, die eine turbulente Strömung erzeu-
obachten. Im Bereich einer Arterienstenose muss gen, seltener zu beobachten sind.
die Strömungsgeschwindigkeit des Blutes zu-
nehmen, da dasselbe Blutvolumen eine geringere
Querschnittsfläche passieren muss. Erreicht das Übergang von laminarem zu
Gefäßlumen poststenotisch rasch wieder seinen turbulentem Fluss
normalen Durchmesser, kann es zu einer Strö-
mungsablösung kommen. Während die Blutfluss- Eine turbulente Strömung tritt auf, wenn der la-
geschwindigkeit intrastenotisch zunimmt, fällt minare Fluss zusammenbricht und die Partikel in
der Druck innerhalb der Stenose ab. Distal der der Flüssigkeit sich nach dem Zufallsprinzip mit
Stenose steigt der Druck mit größerwerdendem unterschiedlicher Geschwindigkeit in alle Rich-
Lumen wieder an, was eine Strömungsverlang- tungen bewegen. Den Übergang von laminarer
samung zur Folge hat. Da das Blut in Gefäßwand- zu gestörter und dann turbulenter Strömung
nähe langsamer fließt und daher träger ist, kehrt veranschaulicht Abbildung 5.19. Zu einer turbu-
es seine Richtung um. In Gefäßmitte dagegen lenten Strömung kommt es eher bei hohen Fluss-
verringert sich zwar die Flussgeschwindigkeit, es geschwindigkeiten (V). Die kritische Geschwin-
kommt allerdings nicht zu einer Strömungsum- digkeit, bei der der Fluss turbulent wird, richtet
kehr. Dieser Effekt ist in Abbildung 5.17 schema- sich nach der Viskosität () und der Flüssigkeits-
tisch dargestellt. Das Farbdopplerbild in Abbil- dichte () sowie dem Gefäßdurchmesser (d). Die-
dung 5.18 zeigt, dass die Geschwindigkeit des ser Zusammenhang wurde von Reynolds be-
Blutes beim Durchfließen des Engpasses ansteigt, schrieben. Die einzelnen Parameter sind in der
wobei es jenseits der Stenose nach der Normali- sog. Reynoldszahl (Re) zusammengefasst:
sierung des Gefäßlumens an der distalen Gefäß- dVρ
wand zum Rückwärtsfluss kommt. Re = (5.9)
μ
Die Geometrie von Stenosen kann sehr unter-
schiedlich beschaffen sein. Häufig sind Veren- Übersteigt die Reynoldszahl den kritischen Wert
gungen nicht symmetrisch; zuweilen erzeugen von ca. 2000, liegt eine turbulente Strömung vor.
sie exzentrische Jets, sodass sich die typischen Tabelle 5.1 enthält typische Werte der Reynolds-
Geschwindigkeitsprofile nicht vorhersagen las- zahl für verschiedene Körperarterien und zeigt,
Vene
ACC
ACI
Abb. 5.17 Schematische Darstellung einer Strömung Abb. 5.18 Die Zunahme der Strömungsgeschwindig-
durch eine Verengung, die sich stromabwärts rasch keit beim Durchfließen einer Stenose (Pfeil) von rechts
wieder erweitert. Hier sind Zonen mit Strömungs- nach links führt zu einem Farbumschlag von Rot zu
umkehr erkennbar. Die Strömungsgeschwindigkeit des Türkis (infolge von Aliasing). Jenseits der Stenose
Blutes nimmt beim Durchfließen einer Stenose zu (von kommt es entlang der Hinterwand nach der Norma-
rechts nach links). Jenseits der Stenose kommt es zu lisierung des Gefäßlumens zu einer Strömungsumkehr
einer Strömungsumkehr (in Anlehnung an Caro et al. (an der dunkelblauen Farbe zu erkennen).
1978, mit freundlicher Genehmigung).
59
5 Blutfluss und Farbdopplerbefunde
Arterie Reynoldszahl
B
Druckabfall im Bereich der Stenose hervorruft.
Man nimmt an, dass Gefäßgeräusche im stenose-
nahen Gewebe (siehe Abb. 11.18A) möglicher-
weise auf die durch die Turbulenzen verursachten
Schwingungen im perivaskulären Gewebe zu-
rückgehen, die auch zu einer poststenotischen
Gefäßerweiterung führen können. Korrekter-
weise sollten Wirbel oder unregelmäßige Bewe-
C gungen eines großen Flüssigkeitsanteils nicht als
turbulente, sondern als gestörte Strömung be-
Abb. 5.19 A: Laminare Strömung. B: Gestörte Strö- zeichnet werden.
mung. C: Turbulente Strömung (in Anlehnung an Tay-
lor et al. 1995, mit freundlicher Genehmigung).
5.8 Venöser Fluss
dass die Strömungsgeschwindigkeit in gesunden Das venöse System fungiert für das zum Herzen
Gefäßen normalerweise nicht zu einer turbulen- zurückkehrende Blut als Strombett mit niedrigem
ten Strömung führt. Ausgenommen hiervon ist Gefäßwiderstand. Venen sind kollabierfähige,
der proximale Aortenfluss unter starker Belas- dünnwandige Gefäße, die sich zu einer größeren
tung, bei der das Herzzeitvolumen erhöht ist. Querschnittsfläche dehnen können als die jewei-
Eine Erhöhung der Blutflussgeschwindigkeit in-
folge einer Arterienerkrankung kann eine turbu-
lente Strömung hervorrufen. Die Dopplerkurve
in Abbildung 5.20 zeigt eine solche turbulente
Strömung. Wenn Wirbel (Turbulenzen) vorhan-
den sind, fließt nicht alles Blut in eine Richtung.
Dies führt dazu, dass der Beschallungswinkel in
manchen Gefäßbereichen flacher ist. Im Dopp-
lerspektrum sind in diesem Fall turbulente Za-
cken zu erkennen. Es ist möglich, dass eine tur-
bulente Strömung nur während der systolischen
Phase des Herzzyklus auftritt, wenn der systo-
lische Fluss die kritische Geschwindigkeit über-
schreitet und der diastolische nicht.
Das Vorliegen einer turbulenten Strömung führt Abb. 5.20 Dopplerspektrum mit turbulenter Strö-
zu einem Energieverlust, der einen erhöhten mung.
60
Venöser Fluss 5.8
ligen Arterien, sodass sie als Blutspeichersystem Auswirkungen der Atmung auf den
wirken, das bei der Regulierung des Herzminu- venösen Fluss
tenvolumens eine wichtige Rolle spielt. Ferner
kommt ihnen auch eine Rolle bei der Tempera- Aufgrund von Volumenänderungen im Thorax,
turregulation zu, wobei Blut in die oberflächen- die durch Bewegungen des Zwerchfells und der
nahen Venen umgeleitet wird, um die Körper- Rippen hervorgerufen werden, hat die Atmung
temperatur herabzusetzen. Das venöse System eine wichtige Wirkung auf den Venendruck und
wird unterteilt in das zentrale Venensystem (in den venösen Fluss. In der Inspiration in Ruhe
Thorax und Abdomen) sowie das tiefe und ober- dehnt sich der Thorax aus. Das venöse Volumen
flächliche periphere Venensystem. in der Brust nimmt zu, der Druck in den intra-
Ein wichtiges Strukturmerkmal von Venen ist das thorakalen Venen wiederum sinkt. Dadurch ent-
Vorhandensein sehr dünner, aber starker bikuspi- steht ein Druckgefälle zwischen den Venen in
der Klappen, die den Rückstrom von Blut verhin- den oberen Extremitäten und im Kopf und den
dern. Die V. cava und die Vv. iliacae communes Venen im Thorax, und der Blutfluss in den Tho-
(siehe Abb. 12.3) haben keine Klappen. Bei einem raxraum nimmt zu. In der Exspirationsphase
gewissen Anteil der Bevölkerung finden sich auch nimmt der Blutfluss ab, da sich das Thoraxvolu-
Klappen in den Vv. iliacae externae oder femora- men verringert, was zu einem Anstieg des zentra-
les communes. Generell gilt: je distaler die Vene, len Venendrucks führt.
desto größer die Anzahl der Klappen. Die umgekehrte Situation lässt sich im Abdo-
Der venöse Rückstrom zum Herzen wird durch menbereich beobachten, da das Zwerchfell wäh-
Atmung, Herzzyklus und Lageänderungen beein- rend der Inspiration absinkt und so den intra-
flusst. abdominellen Druck erhöht. Dies führt zu einer
Abnahme des Druckgefälles zwischen den peri-
pheren und den abdominellen Venen und damit
Durch den Herzzyklus bedingte zu einer Verringerung des Blutflusses. Während
Flussänderungen der Exspiration steigt das Zwerchfell, bewirkt da-
durch eine Verringerung des intraabdominellen
Zu den zentralen Venen gehören die thorakalen Drucks, und das Druckgefälle zwischen den
und abdominellen Venen, die über die V. cava in- abdominellen und den peripheren Venen steigt,
ferior und die V. cava superior zum rechten Her- sodass der Rückfluss des Blutes zum Herzen zu-
zen führen. Strömungsmuster und Druck im zen- nimmt. Die Wirkungen der Atmung sind in den
tralen Venensystem werden durch Änderungen proximalen tiefen peripheren Venen als Phasen-
des Volumens im rechten Vorhof beeinflusst, die änderungen erkennbar (Abb. 5.22). Bei der Unter-
während des Herzzyklus auftreten. Zum Rück- suchung von Venenerkrankungen dienen Atem-
fluss in die thorakalen Venen kommt es, wenn manöver häufig der Verstärkung des Blutflusses
der rechte Vorhof kontrahiert, da die V. cava in den Venen (siehe Kap. 12).
keine Klappe aufweist. Dieser Rückfluss kann –
wegen der Thoraxnähe – auch in den proximalen
Venen von Arm und Hals beobachtet werden
(Abb. 5.21). Während der Ventrikelkontraktion
dehnt sich das Atrium, wodurch der venöse Fluss
in den rechten Vorhof zunimmt. Während der
Diastole nimmt der Fluss allmählich ab und steigt
nur kurz an, wenn sich die Trikuspidalklappe öff-
net. Die Strömungsmuster in den Venen der un-
teren Extremität und in den peripheren Arm-
venen werden durch den Herzzyklus nicht nach-
haltig beeinflusst. Die Gründe dafür sind die
Dehnbarkeit (Compliance) des venösen Systems
(wodurch Druckänderungen abgefangen werden
können), das Vorhandensein von Klappen sowie Abb. 5.21 Das Dopplerspektrum zeigt die Auswir-
Änderungen des intraabdominellen Drucks beim kungen von Druckänderungen im rechten Vorhof auf
Einatmen. den Blutfluss in der V. jugularis.
61
5 Blutfluss und Farbdopplerbefunde
62
Literatur 5.10
63
6 Einflussfaktoren auf das
Dopplerspektrum
65
6 Einflussfaktoren auf das Dopplerspektrum
Breite der
Schallkeule
A B C
Schnelle Strömung
im Zentrum
Langsamer fließendes
Blut an den Gefäßwänden
D E F
Abb. 6.1 A, D: Strömung mit einem abgeflachten (A) bzw. parabolischen (D) Geschwindigkeitsprofil. B, E: Wird
zur Beschallung des Gefäßes eine breite Schallkeule eingesetzt, werden alle vorhandenen Geschwindigkeiten er-
fasst. C, F: Idealisierte Dopplerspektren, abgeleitet bei vollständiger Beschallung des Blutflusses mit einem abge-
flachten (C) bzw. parabolischen (F) Geschwindigkeitsprofil.
66
Einflussfaktoren auf das Dopplerspektrum 6.2
67
6 Einflussfaktoren auf das Dopplerspektrum
68
Messung der Blutflussgeschwindigkeit 6.3
B
Winkelabhängige Fehler bei der
Abb. 6.6 A: Das Dopplerspektrum zeigt die Messung
Messung der Maximalgeschwindigkeit
der maximalen systolischen Spitzengeschwindigkeit S
und der maximalen enddiastolischen Geschwindigkeit
Um die aufgezeichnete Dopplerfrequenz in
D. B: Die mittlere Strömungsgeschwindigkeit (darge-
einen Geschwindigkeitswert umwandeln zu kön-
stellt durch die schwarze Linie) lässt sich aus dem Dopp-
nen, muss der Beschallungswinkel bestimmt
lerspektrum errechnen. Mit einem großen Messfenster
werden. Ist der Doppler-Cursor nicht genau pa-
kann die Flussgeschwindigkeit sowohl an der Vorder-
rallel zur Strömungsrichtung positioniert, wird
und Hinterwand als auch in der Gefäßmitte, nicht aber
der Beschallungswinkel falsch berechnet. Dies
entlang der Seitenwände erfasst werden. Als Time Ave-
wiederum führt zu Fehlern bei der Berechnung
raged Mean Velocity (TAM) bezeichnet man den Mit-
der Strömungsgeschwindigkeit, die auf dem
telwert sämtlicher über einen oder mehrere Herzzyklen
cos T beruht, sodass die Größe des Fehlers bei
ermittelten Werte für die mittlere Strömungsgeschwin-
größeren Beschallungswinkeln zunimmt. Abbil-
digkeit. Der Volumenfluss (VF) entspricht dem Produkt
dung 6.7 zeigt den Zusammenhang zwischen
aus den TAM-Messwerten und der Querschnittsfläche
dem prozentualen Fehler bei der Bestimmung
des Gefäßes (links unten angezeigt).
der Strömungsgeschwindigkeit und dem zuneh-
menden Beschallungswinkel am Beispiel eines
zeigt. Dieser Wert gibt die Geschwindigkeit des Einstellfehlers von 5 ° bei der Positionierung des
am schnellsten strömenden Blutes im Gefäß wie- Doppler-Cursors. So zeigt Abbildung 6.7 bei-
der. Ähnlich lässt sich auch die maximale enddia- spielsweise, dass bei einem Beschallungswinkel
stolische Geschwindigkeit bestimmen. Bei diesen von 65 ° ein 5 °-Fehler bei der Einstellung des
Messungen werden die geringeren Blutflussge- Cursors einen Fehler bei der Geschwindigkeits-
schwindigkeiten in Gefäßwandnähe nicht berück- bestimmung von 23 % verursacht. Um solche
sichtigt. Fehler zu vermeiden, sollten Beschallungswinkel
Alternativ könnte man mit dem Ultraschallgerät von > 60 ° vermieden werden. Allerdings ist die
auch die mittlere Strömungsgeschwindigkeit zu Bestimmung des Beschallungswinkels – vor al-
einem beliebigen Zeitpunkt berechnen, indem lem bei pathologischen Gefäßprozessen – nicht
69
6 Einflussfaktoren auf das Dopplerspektrum
70
Messung der Blutflussgeschwindigkeit 6.3
71
6 Einflussfaktoren auf das Dopplerspektrum
72
Messung des Volumenflusses 6.4
73
6 Einflussfaktoren auf das Dopplerspektrum
74
Messung des Volumenflusses 6.4
Spektralverbreiterung Pulswellengeschwindigkeit
In dem Versuch, die Verteilung der in einem Der Puls der Druckwelle und die damit verbunde-
Spektrum vorhandenen Frequenzen zu quanti- ne Geschwindigkeitswelle breiten sich im Gefäß
fizieren, sind im Laufe der Jahre mehrere Defini- mit einer anderen Geschwindigkeit aus als der
tionen des Begriffs Spektralverbreiterung (SB) Blutfluss. Die Geschwindigkeit, mit der sich eine
aufgestellt worden. Eine dieser Definitionen lau- Pulswelle im Gefäß fortpflanzt, richtet sich nach
tet wie folgt: der Elastizität der Gefäßwand. So breitet sich die
fmax – fmin Pulswelle in der steifwandigen Arterie eines Dia-
SB = (6.6) betikers sehr viel schneller aus als in der norma-
fmax
len Arterie eines gesunden jüngeren Menschen.
Eine verstärkte Spektralverbreiterung deutet auf Die Pulswellengeschwindigkeit kann mithilfe
das Vorliegen einer arteriellen Erkrankung hin, von zwei Doppler-Schallköpfen ermittelt werden,
kann in gewissem Maße aber auch – wie im Falle mit denen die Laufzeit des Pulses entlang einer
der intrinsischen Spektralverbreiterung (ISB; Be- bekannten Gefäßstrecke aufgezeichnet wird. Die
schreibung siehe oben) – durch das Gerät selbst Laufzeit errechnet sich aus der zeitlichen Verzö-
bedingt sein. gerung zwischen dem Beginn des distal erfassten
Pulses und dem vom proximal positionierten
Schallkopf detektierten Puls (Abb. 6.10). Die Puls-
wellengeschwindigkeit ist gleich dem Quotienten
aus der Pulslaufstrecke (Gefäßstrecke zwischen
den beiden Schallköpfen) und der Laufzeit des
Pulses. Messungen der Pulswellengeschwindig-
keit dienen Forschern häufig zur Untersuchung
M von Veränderungen der Gefäßelastizität (z. B. im
Alter oder bei Diabetes).
S
D E
A A
S
Lauf-
D zeit
75
6 Einflussfaktoren auf das Dopplerspektrum
76
7 Optimierung der sonogra-
phischen Untersuchung
77
7 Optimierung der sonographischen Untersuchung
Aufnahmen gewinnen. Erfahrungsgemäß lassen se können Größe und Lage des Untersuchungs-
sich die meisten Probleme mit ein wenig Um- bereichs vom Sonographeur vergrößert werden.
sicht und gelegentlichem Einfallsreichtum besei- Die meisten Geräte verfügen über eine Write-
tigen. Zoom-Einstellung, mit der sich die Bildauflösung
verbessern lässt. Beim Gefäßultraschall bevor-
zugen viele Untersucher B-Bilder mit einem ver-
7.3 Beginn der Untersuchung nünftigen Kontrast bei geringerer Signaldyna-
mik. Duplexsysteme verfügen über optimierte
Die Untersuchung sollte in einem schwach be- untersuchungsspezifische Voreinstellungen, um
leuchteten Raum durchgeführt werden, um die die bestmöglichen Aufnahmen von Gefäßstruk-
Visualisierung des Schwarz-Weiß-Bildes zu op- turen erzielen zu können. Gelegentlich lohnt es
timieren. Wählen Sie einen Schallkopf mit der sich auch, verschiedene Einstellungen für die
höchsten Frequenz, die eine angemessene Durch- Vor- und Nachbearbeitung (Pre- und Postproces-
dringung des Untersuchungsbereichs garantiert. sing) auszuprobieren, um ein besseres Verständ-
Die meisten Duplexsysteme verwenden einen nis für die Funktionsweise der einzelnen Regler
Breitbandschallkopf, und bei einigen Geräten zu erlangen. Probieren Sie dies einmal aus, wenn
kann der Untersucher die Sendefrequenzen von Sie eine Karotisplaque darstellen und achten Sie
B-Bildgebung, Farbdoppler und Spektraldoppler dabei auf die Unterschiede im Aussehen des Ul-
verändern, um das Bild zu optimieren oder eine traschallbildes. Optimieren Sie auch die Gesamt-
bessere Gewebedurchdringung zu ermöglichen. verstärkung (Gain) und die TGC-/DGC-Regler für
Wichtig ist, beim Scannen logisch vorzugehen. den Tiefenausgleich, damit die zurückkommen-
Ein systematisches Vorgehen verkürzt die Unter- den Echos über das ganze Bild eine vergleichs-
suchungszeit und gewährleistet, dass patholo- weise einheitliche Intensität haben. Generell
gische Veränderungen weniger leicht übersehen sollte der Gain-Regler so eingestellt sein, dass das
werden. Die Sonographie beginnt am besten mit Lumen eines großen gesunden Gefäßes deutlich
der Untersuchung des interessierenden Bereichs, bzw. schwarz dargestellt wird. Eine weitere Er-
der sog. Region of Interest (ROI), im alleinigen höhung des Gain würde jedoch Bildrauschen
B-mode, um die relevanten Strukturen zu identi- oder Speckle-Effekte verursachen. Harmonic Ima-
fizieren. Generell sollte vor einer Längsaufnahme ging kann besonders zur Darstellung des Abdo-
eine orientierende Querschnittübersicht erstellt mens vorteilhaft sein und erzeugt möglicher-
werden, da sich so die Strukturen einander besser weise deutlichere Bilder mit geringerem Bildrau-
zuordnen lassen. Schalten Sie, wenn dies für die schen. Auch der Einsatz von Compound Imaging,
Identifizierung von Gefäßen nicht unbedingt er- falls vorhanden, kann die Gesamtbildqualität
forderlich ist, nicht gleich den Farb- oder Spek- steigern.
traldoppler zu, da dies die Bildaufbaurate verrin-
gert. Außerdem führt es zu Verwirrung, wenn die
anatomischen Strukturen noch nicht eindeutig 7.5 Bildartefakte
identifiziert wurden.
Im Rahmen der Bildgebung versteht man unter
einem Artefakt Bildmerkmale, die sich einer
7.4 B-Bild-Einstellungen Struktur im untersuchten Gewebe nicht genau
zuordnen lassen. Ursache hierfür kann ein im
Stellen Sie auf der Aufnahme immer den Fokus- Bild falsch platziertes Merkmal sein, das Erschei-
bereich in der gewünschten Tiefe ein. Die Bild- nen eines im Gewebe gar nicht vorhandenen
aufbauraten von B-mode-Scannern sind gewöhn- Merkmals oder eine vorhandene, aber im Bild
lich auch dann hoch, wenn mehrere Fokusbe- nicht dargestellte Struktur. Die Erzeugung eines
reiche ausgewählt wurden. Eine Reduktion der Bildes beruht auf der Annahme, dass sich der
Anzahl der Fokusbereiche führt jedoch zu einer Ultraschallstrahl auf geradem Wege zwischen
weiteren Steigerung der Bildaufbaurate. Ist die Schallkopf und Gewebestrukturen ausbreitet und
ROI im B-mode sehr klein oder liegt sie sehr tief, der reflektierte Strahl auf demselben Weg wieder
sollten Sie die Verwendung der Zoom-Funktion zurückkehrt. Ferner geht man von einer konstan-
erwägen, um den Bereich zu vergrößern. Dadurch ten Gewebeabschwächung aus. Jeder Prozess, der
verbessert sich die Bildaufbaurate. Normalerwei- diese Annahmen verändert, kann zur falschen
78
Bildartefakte 7.5
Zuordnung oder zum Fehlen von Informationen zwischen zwei Medien passiert, in denen
führen. Dafür lassen sich folgende Gründe an- sich der Schall mit unterschiedlicher Ge-
führen: schwindigkeit ausbreitet (siehe Abb. 2.7).
n Mehrfachreflexionen können zu Reverbera- n Range Ambiguity (mehrdeutige Zuordnung)
tionsartefakten führen, die als mehrere tritt auf, wenn am Schallkopf ein von einer
äquidistante Echos zu sehen sind, deren tiefergelegenen Grenzfläche zurückkom-
Helligkeit mit der Tiefe abnimmt. Der Grund mendes Echo eines früher ausgesendeten
dafür sind mehrere Reflexionen auf dem- Pulses eingeht, nachdem bereits ein neuer
selben Weg zwischen dem Schallkopf und Puls gesendet wurde. Das Ultraschallgerät
einer stark reflektierenden Grenzfläche nimmt in diesem Fall an, dass das Echo vom
(Abb. 7.1A) oder zwischen zwei stark reflek- aktuellen Puls stammt und lokalisiert es
tierenden parallelen Grenzflächen (Abb. näher an der Bildoberkante, als es der tat-
7.1B). Kehren diese Mehrfachreflexionen sächlichen Tiefe seines Reflexionsortes ent-
nicht auf derselben Strecke zurück, kann es spricht.
im Bild zu einer falschen Zuordnung der n Nebenkeulen sind Bereiche von Ultraschall-
Struktur kommen (Abb. 7.1C). wellen niederer Intensität außerhalb der
n An stark reflektierenden Grenzflächen kann eigentlichen Hauptkeule, die aufgrund der
das Spiegelbild einer Struktur erzeugt wer- Multielement-Anordnung von Array-Schall-
den. Abbildung 7.1D veranschaulicht, wie köpfen auftreten können. Diese Neben-
die wahre Position einer Struktur zusammen keulen können dazu führen, dass stark re-
mit einer zweiten Struktur angezeigt wird flektierende Grenzflächen außerhalb der
(Ghost-Artefakt). Dieses Spiegelbild wurde Hauptkeule im Bild dargestellt werden.
durch einen Ultraschallstrahl erfasst, der an Das Bild in Abbildung 7.2 zeigt, wie ein Artefakt
einer stark reflektierenden Grenzfläche eine Dissektion oder einen Riss der Karotiswand
mehrfach reflektiert wurde. vortäuschen kann. Liegt ein Verdacht auf ein Ar-
n Brechung kann zur Ablenkung des Schall- tefakt nahe, sollte das Gefäß in verschiedenen
strahls führen, wenn er eine Grenzfläche Ebenen oder aus verschiedenen Winkeln darge-
79
7 Optimierung der sonographischen Untersuchung
stellt werden. Das Artefakt taucht dann im Ver- (Hz) an. Manche Geräte geben die PRF aber auch
hältnis zum Gefäß an einer anderen Position nur als mittlere Geschwindigkeit (in cm/s) auf
oder gar nicht mehr auf. Dies ist der Nachweis, der Farbskala an oder spezifizieren die Abtastrate
dass es sich bei der dargestellten Struktur nicht als schnelle, mittlere oder langsame Strömungs-
um eine echte Struktur handelt. Meist ist es leich- geschwindigkeit. Die untersuchungsspezifische
ter, Artefakte in Echtzeitbildern nachzuweisen als Voreinstellung (Preset) wählt zu Beginn der ent-
auf einem eingefrorenen Bild. Liegen bei unter- sprechenden Untersuchung eine nominelle PRF
schiedlichen Bildlinien signifikante Abschwä- aus. Zur Darstellung des normalen arteriellen
chungsunterschiede vor, erscheint tieferliegendes Flusses wird die PRF im Allgemeinen mittelhoch
Gewebe trotz ähnlicher Rückstreueigenschaften eingestellt (typische PRF-Werte liegen zwischen
möglicherweise in unterschiedlichen Graustufen 3000 und 4000 Hz), sodass die Phase der systo-
(Abb. 7.3). So erscheint Gewebe unterhalb einer lischen Spitzengeschwindigkeit des Herzzyklus
echofreien Zone mit geringer Abschwächung im oberen Anteil der Farbskala ohne Aliasing er-
(beispielsweise eine Zyste) unter Umständen hel- scheint (siehe dazu Abbildung 4.9B). Ist die PRF
ler als die benachbarten Bereiche. Gewebe hoher zu niedrig eingestellt, kommt es bei der Dar-
Abschwächung wie kalzifizierte Plaques hinge- stellung eines normalen Gefäßes während der
gen können zum Verlust von Ultraschallinforma- Phase der systolischen Spitzengeschwindigkeit
tionen unterhalb dieser Region führen und einen zu einem Alias-Effekt, der die Identifizierung von
Schatten erzeugen (siehe Abb. 9.12). Gefäßabschnitten mit echten Flussstörungen er-
schwert. Bei zu hoher PRF erscheint die Phase der
systolischen Spitzengeschwindigkeit des Herz-
7.6 Farbdoppler-Einstellungen zyklus im unteren Bereich der Farbskala. Ände-
rungen des Strömungsverhaltens werden im Bild
Farb-PRF weniger gut unterschieden, und geringfügigere
Flussstörungen können eher übersehen werden.
Die Pulswiederhol- oder Pulsrepetitionsfrequenz Auch langsamere Flüsse während der Diastole
(PRF) sollte so eingestellt werden, dass eine bleiben unter Umständen unentdeckt.
optimale Darstellung des Blutflusses in dem zu Bei Vorliegen eines signifikanten Krankheitspro-
untersuchenden Gefäß gewährleistet wird. Viele zesses können die Strömungsgeschwindigkeiten
Duplexsysteme zeigen den PRF-Wert in Hertz deutlich niedrigere Werte aufweisen als normal.
80
Farbdoppler-Einstellungen 7.6
A B C
Abb. 7.4 A: In der A. tibialis posterior ist distal eines langen arteriellen Verschlusses eine schlechte Farbfüllung zu
beobachten, da die PRF mit 2500 Hz zu hoch eingestellt ist und die Farbeinstellung nicht optimiert wurde. B: Das
Dopplerspektrum bestätigt einen langsamen gedämpften Fluss mit einer systolischen Spitzengeschwindigkeit von
10 cm/s. C: Um das Farbdopplerbild zu verbessern, wurde die PRF auf 1000 Hz gesenkt und die Farbpriorität
sowie die Farbsensitivität erhöht. Beachten Sie, dass es in Bild C nur einer Farbverstärkung von 79 % bedarf, ver-
glichen mit 85 % in Bild A.
81
7 Optimierung der sonographischen Untersuchung
erfahrene Untersucher, die die Farbdopplertech- zahl der Pulse entlang der einzelnen Bildlinien
nik gerade erst erlernen, ist dies einer der verwir- gesteigert werden kann. Dies kann das Farbbild
rendsten Aspekte der Duplexsonographie, und verbessern, verringert aber die Gesamt-Bildauf-
mitunter helfen nur Versuch und Irrtum, um sich baurate. In bestimmten Situationen kann man
mit der optimalen Darstellung des Farbbildes ver- den pulsatilen Blutfluss mit geringem Flussvolu-
traut zu machen. Eine schlechte Farbfüllung men in einem Gefäß als kurzen Farbblitz im Bild
kann durch einen ungünstigen Beschallungswin- erkennen, und es kann schwierig sein, den Ge-
kel bedingt sein, der die Detektion des Signals fäßverlauf zu verfolgen. Eine Erhöhung der Farb-
verhindert. Mitunter muss das Farbfenster bei der Persistanz zeigt die Farbe im Gefäß über einen
Darstellung eines Gefäßes auch in mehr als nur längeren Zeitraum an, wodurch sich das Gefäß
eine Richtung verschoben werden, um in allen leichter verfolgen lässt. Um B-Bilder, bei denen
Gefäßbereichen einen Blutfluss nachweisen zu eine starke Verstärkung erforderlich ist, einzufär-
können (Abb. 7.5). Bei Konvexschallköpfen müs- ben, kann die Farbpriorität eingestellt werden
sen die Positionen von Schallkopf und Farbfens- (siehe unten).
ter im fächerförmigen Bild optimiert werden, um
geeignete Dopplerwinkel zu ermöglichen. Ein
Beispiel ist in Abbildung 9.8B wiedergegeben. 7.7 Farbdoppler-Artefakte
Wichtig ist, die Größe des Farbfensters und den
darin interessierenden Bereich durch Adjustie- Farbdoppler-Artefakte können dazu führen, dass
rung des Farbfensters oder der Schallkopfposition ein tatsächlich vorhandener Blutfluss, wie in Ab-
recht klein zu halten. Das Farbfenster zu verbrei- bildung 7.5 gezeigt, nicht detektiert wird. Es kann
tern, würde bedeuten, dass mehr Zeit auf die Er- vorkommen, dass statt der farbkodierten Strö-
stellung des Farbdopplerbildes entfällt und die mungsdaten ein helles, schwarz-weißes B-Bild-
Bildaufbaurate folglich abnimmt. Dies stellt bei Artefakt (wie in Abb. 7.2) dargestellt wird. Da-
modernen Duplexsystemen allerdings kaum noch durch erscheint im Gefäßlumen eine Struktur, in
ein Problem dar. Da sich die für die Bildgenerie- deren Umkreis ein Blutfluss dargestellt wird. Ist
rung benötigte Zeit verlängert, vor allem bei Dar- die Farbpriorität in Gegenwart eines verrausch-
stellungen mit großem Farbfenster oder in großer ten Schwarz-Weiß-Bildes zu niedrig eingestellt,
Tiefe, kann eine Zeitverzögerung zwischen den kann es dazu kommen, dass der detektierte Fluss
von den verschiedenen Seiten des Bildes detek- nicht dargestellt wird, da das Gefäßlumen nicht
tierten Signalen auftreten. Dies kann dazu füh- deutlich erkennbar ist. Der farbkodierten Darstel-
ren, dass das Farbbild Blutflussinformationen aus lung den Vorzug zu geben, bedeutet, dass das B-
unterschiedlichen Phasen des Herzzyklus dar- Bild ziemlich hell sein kann, ohne dass Farbin-
stellt. So können etwa der enddiastolische und formationen auf dem Monitor verloren gehen.
der maximale systolische Fluss in einem Gefäß Eine stark reflektierende Grenzfläche kann zum
auf unterschiedlichen Bildseiten dargestellt wer- Verlust von Ultraschallsignalen hinter dieser
den. Viele Geräte verfügen über einen Regler zur Grenzfläche führen. So können beispielsweise
Erhöhung der Farbsensitivität, mit dem die An- Verkalkungen in der Gefäßwand oder Darmgase
82
Optimierung der Spektraldoppleruntersuchung 7.8
sowohl im Schwarz-Weiß- als auch im Farbbild schalls, der direkt vom Blut zum Schallkopf zu-
einen Schallschatten hervorrufen und die Ge- rückgestreut wird. Die für das Spiegelbild detek-
winnung von Spektraldopplerinformationen ver- tierte und registrierte Dopplerfrequenz ist deshalb
hindern (siehe Abb. 8.26). nicht unbedingt die gleiche wie für das Gefäß
Artefakte können im Farbbild auch auftreten, selbst. Das im Farbdopplerbild dargestellte artifi-
wenn Farbe angezeigt wird, obwohl kein Blut- zielle Dopplersignal ist auch mit dem Spektral-
fluss vorhanden ist. Dies kann passieren, wenn doppler detektierbar, wenn das Messfenster über
die Farb-Verstärkung (Gain) zu hoch eingestellt dem Spiegelbild liegt.
ist und es den Anschein hat, als „blute“ die Farbe Das Farbdopplerbild liefert unter Umständen
aus dem Gefäß aus (Abb. 7.6). Alternativ können keine wahre Darstellung der relativen Strömungs-
in echofreien Bereichen infolge von Rauschen geschwindigkeit im Blutgefäß. Durch eine Rich-
auch Farbsprenkel zu sehen sein, wenn der Gain tungsänderung des Gefäßes bedingte Änderun-
zu hoch eingestellt ist oder wenn langsame Ge- gen des Beschallungswinkels können im farbko-
websbewegungen vorhanden sind (z. B. atmungs- dierten Ultraschallbild zu Artefakten führen, die
bedingt). Gewebsgeräusche (z. B. in Stenosenähe) eine Änderung der Strömungsgeschwindigkeit
können etwa dazu führen, dass auch außerhalb vortäuschen (siehe Abb. 4.7). Auch Alias-Arte-
der Gefäßwand Farbe nachweisbar ist (siehe Abb. fakte ändern das Aussehen des Farbdopplerbildes
11.18A). (siehe Abb. 4.9A und 4.11).
Mehrfachreflexionen können Farbdoppler-Arte-
fakte erzeugen. Abbildung 7.7 zeigt das Spiegel-
bild der A. subclavia, das durch Mehrfachrefle-
xionen der die Lunge überlagernden Pleura ent-
7.8 Optimierung der Spek-
standen ist. Dieses Spiegelartefakt ist dort zu traldoppleruntersuchung
beobachten, wo ein Gefäß eine stark reflektie-
rende Grenzfläche überlagert, wie etwa die Ge- Die PRF des Spektraldopplers sollte so gewählt
webe-Luft-Grenzfläche an der Pleura. Ein solches werden, dass Alias-Artefakte vermieden werden,
Artefakt kann auch an den tibialen Gefäßen oder und das Hochpassfilter so eingestellt sein, dass es
an Bypässen auftreten, die über Knochen liegen. zwar Wandbewegungsartefakte („Wandklopfen“)
Der Weg eines mehrfach reflektierten Ultraschall- entfernt, nicht aber die verwertbaren Dopplersig-
strahls unterscheidet sich von dem des Ultra- nale. Bei manchen Geräten wird die PRF des
P
A
SB
83
7 Optimierung der sonographischen Untersuchung
Spektraldopplers als „Skala“ oder „Flussrate“ be- drehbar sein und eine verstellbare Rückenlehne
zeichnet. Die Größe des Messfensters muss sorg- haben. Sonographeure sollten ihre Arbeitsbelas-
fältig überlegt sein. Wenn eine detaillierte Unter- tung und die während des Tages durchgeführten
suchung eines intrastenotischen Blutflusses Ultraschalluntersuchungen variieren sowie re-
durchgeführt werden soll, ist ein kleines Mess- gelmäßige Pausen einhalten. Die einseitige Belas-
fenster erforderlich. Das Messfenster sollte in der tung kann auch gesenkt werden, wenn man in
Mitte des Gefäßes oder an dem farbdoppler- der Lage ist, beidseitig zu scannen. Der Schallkopf
sonographisch identifizierten Ort der maximalen sollte nicht zu fest umfasst und beim Kontakt
Strömungsgeschwindigkeit platziert werden. Soll zwischen Patient und Schallkopf übermäßiger
jedoch das Vorhandensein eines Blutflusses in Druck vermieden werden. Bei den meisten Gefäß-
einer Vene nachgewiesen werden, ist ein großes untersuchungen reicht ein vergleichsweise gerin-
Messfenster besser geeignet. Die Frage der Win- ger Sondenkontakt aus. Treten beim Untersucher
kelkorrektur beim Spektraldoppler wird nach wie gesundheitliche Probleme auf, sollten diese früh-
vor kontrovers diskutiert. In einigen Einrich- zeitig behandelt werden, da chronische Langzeit-
tungen wird darauf bestanden, alle Messungen beschwerden nur schwer therapierbar sind. Vor-
so durchzuführen, dass der Cursor in einem fixen sicht ist auch beim Transport der Geräte durch
Winkel von 60 ° an der Strömungsrichtung orien- das Krankenhaus geboten, da es hierbei leicht zu
tiert wird, während andere den kleinstmöglichen Muskelzerrungen kommen, die Hand zwischen
Beschallungswinkel empfehlen (siehe Kap. 6). In Gerät und Türrahmen eingeklemmt oder das
der Praxis hängt die Entscheidung darüber meist Gerät über den Fuß gerollt werden kann.
von lokalen Protokollen ab. Um winkelabhän-
gige Fehler zu minimieren, sollte der Doppler-
Cursor sorgfältig an der Gefäßwand oder an der
Strömungsrichtung ausgerichtet werden. Es gibt
7.10 Sicherheit des dia-
drei mögliche Gründe dafür, warum ein Doppler- gnostischen Ultraschalls
signal sowohl ober- als auch unterhalb der Null-
linie dargestellt wird, und der Untersucher sollte Da der Patient während der sonographischen
in der Lage sein, diese zu erkennen: Untersuchung Ultraschallenergie ausgesetzt ist,
n Aliasing (siehe Abb. 3.14A) muss der Untersucher die möglichen Risiken
n Spiegelartefakte infolge eines zu hoch ein- kennen und wissen, wie er diese minimieren
gestellten Gain (siehe Abb. 6.3) kann. Im Laufe der Jahre wurde die von Ultra-
n Wechsel der Strömungsrichtung während schallsystemen erzeugte Ausgangsleistung stetig
des Herzzyklus (siehe Abb. 5.8). erhöht. Die davon ausgehenden potenziellen
Risiken werden regelmäßig von verschiedenen
Sicherheitskommissionen, darunter auch der
7.9 Repetitive Stress- World Federation of Ultrasound in Medicine and
Biology (WFUMB 1998), beurteilt. Informationen
verletzungen und zu Sicherheitsfragen finden sich auf der Website
Berufsrisiken der European Federation of Societies for Ultra-
sound in Medicine and Biology (EFSUMB 2002).
Sonographeure haben ein hohes Risiko für be- Auch die British Medical Ultrasound Society
rufsbedingte Traumata, die durch längere Arbeits- (BMUS) hat eine Erklärung über die sichere An-
phasen in ungünstiger Körperhaltung während wendung sowie die potenziellen Risiken diagno-
der Ultraschalluntersuchungen verursacht wer- stischer Ultraschallgeräte abgegeben (BMUS Safe-
den. Rückenprobleme und repetitive Stressverlet- ty Group 2002).
zungen des Handgelenks und der Schulter treten Als die beiden potenziellen Hauptrisiken in Bezug
zunehmend häufiger auf. Um dieses Risiko zu mi- auf ultraschallinduzierte Gewebeschädigungen
nimieren, sollten Gefäßultraschall-Abteilungen gelten Gewebserwärmung und Kavitation. Unter
über höhenverstellbare Untersuchungsliegen mit Kavitation versteht man Bildung, Wachstum, Os-
verstellbarem Kopf- und Fußteil verfügen. Idea- zillation und den heftigen Kollaps kleiner gasge-
lerweise sollte die Liege, vor allem für Untersu- füllter Hohlräume im Ultraschallstrahl. Oberhalb
chungen der Venen, kippbar sein. Auch der Stuhl eines bestimmten Schwellenwertes des negativen
des Untersuchers sollte höhenverstellbar und Schalldrucks kommt es zu einer passageren Kavi-
84
Sicherheit des diagnostischen Ultraschalls 7.10
Tab. 7.1 Obere Expositionsgrenzwerte gemäß der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA)
85
7 Optimierung der sonographischen Untersuchung
86
Ultraschalldiagnostik
8 der extrakraniellen
hirnversorgenden Gefäße
87
8 Ultraschalldiagnostik der extrakraniellen hirnversorgenden Gefäße
rior, A. lingualis, A. facialis und A. maxillaris. Die Über die A. communicans posterior des Circulus
Karotis erweitert sich in Höhe der Karotisbifur- arteriosus Willisii kann die ACM auch von den
kation zum Karotisbulbus. In einigen Fällen um- Vertebralarterien versorgt werden. Bei einem gut
fasst der Karotisbulbus auch nur die proximale entwickelten Willisius-Gefäßring kann eine ein-
ACI und nicht die distale ACC, und der Ausdeh- zelne extrakranielle Arterie eine ausreichende
nungsgrad ist individuell sehr variabel. Innerhalb Hirnperfusion gewährleisten. Bei etwa 75 % der
des Schädels nimmt der distale Abschnitt der ACI Bevölkerung sind Teile dieses Willisius-Gefäß-
einen gekrümmten Verlauf (sog. Karotissiphon). ringes jedoch hypoplastisch (sehr klein) oder
Der wichtigste Ast aus der ACI ist die das Auge nicht vorhanden. Ein solch unvollständiger Wil-
versorgende A. ophthalmica. Die terminalen Äste lisius-Gefäßring verhindert die Ausbildung eines
der A. ophthalmica, die A. supratrochlearis und guten Kollateralflusses (von Reutern & von Bü-
die A. supraorbitalis, vereinigen sich mit den ter- dingen 1993), was mitunter aber nur bei Vorlie-
minalen Ästen der ACE. Die ACI teilt sich schließ- gen einer schweren Erkrankung erkennbar wird.
lich in die A. cerebri media (ACM) und die A. ce- Bei langsamer Krankheitsentstehung besteht eine
rebri anterior (ACA) auf. höhere Chance, dass sich adäquate Kollateral-
wege entwickeln.
Wenn es zu einem Verschluss der ACC und zur
Kollateralen und anatomische Strömungsumkehr in der proximalen ACE
Varianten kommt, kann sich zur Versorgung einer offenen
ACI ein ungewöhnlicher Kollateralweg ausbil-
Bei Vorliegen einer schweren Gefäßerkrankung
verfügt der Hirnkreislauf sowohl extra- als auch
intrakraniell über zahlreiche mögliche Kollate-
ralwege (Alternativwege), die sich aber nicht alle
Rechts
sonographisch darstellen lassen. Eine Ausnahme A. communicans anterior
bilden die beiden folgenden Kollateralen: A. cerebri anterior
n A. ophthalmica. Die ACE tragen normaler- A. cerebri media
weise nicht zur Blutversorgung des Gehirns A. carotis interna
bei, doch bei Vorliegen einer schweren Er-
krankung der ACI können Äste der ACE als A. communicans
wichtige Kollateralwege fungieren. Eine posterior
A. cerebri posterior
wichtige Kollaterale verläuft über die End-
äste der ACE, die mit den terminalen Ästen A. basilaris
der A. ophthalmica kommunizieren. Dieser A
ophthalmische Kollateralweg lässt sich mit-
tels kontinuierlichem (CW-)Doppler dar-
stellen, um eine Strömungsumkehr in der
A. supraorbitalis, einem terminalen Ast der Rechts
A. ophthalmica, als retrograden Fluss von
den Ästen der ACE zum Gehirn nachzuwei-
sen.
Verschluss
n Circulus arteriosus Willisii. Im normalen Blut-
der linken ACI
kreislauf fließt durch die Aa. communican-
tes im Circulus arteriosus Willisii nur wenig
Blut. Im Falle einer schweren Gefäßerkran-
kung übernehmen sie jedoch bei der Blut-
verteilung eine wichtige Funktion. Bei Vor- B
liegen eines ACI-Verschlusses links kann die
rechte ACI zum Beispiel die linke ACM über Abb. 8.2 Schematische Darstellung des Circulus arte-
die rechte ACA, die A. communicans ante- riosus Willisii. A: Die Pfeile zeigen die normale Strö-
rior und die linke ACA versorgen, wobei es mungsrichtung an. B: Die Pfeile markieren einen Um-
zur Strömungsumkehr in der linken ACA gehungskreislauf von der rechten ACI in die linke ACM
kommt (Abb. 8.2B). bei Vorliegen eines Verschlusses der linken ACI.
88
Erkrankungen der A. carotis und vertebralis und ihre potenziellen Symptome 8.3
den, der durch retrograden Fluss in einem Ast der 8.3 Erkrankungen der
ACE versorgt wird. Eine hochgradige Verengung
oder ein Verschluss der proximalen A. subclavia A. carotis und vertebra-
oder des Truncus brachiocephalicus kann zur lis und ihre potenziellen
Ausbildung eines Kollateralweges führen, der
dem Gehirn Blut „abzapft“, um den Arm zu ver-
Symptome
sorgen. In diesem Fall ist eine Strömungsumkehr
in der ipsilateralen A. vertebralis nachweisbar, Patienten mit Karotisstenose können an tran-
die die Versorgung der distalen A. subclavia jen- sienten ischämischen Attacken (TIA) oder Amau-
seits des erkrankten Abschnitts übernimmt (Abb. rosis fugax, einer Art Sehstörung, leiden. Die
8.3). Dieses Phänomen bezeichnet man als Sub- Symptome einer TIA dauern mitunter nur weni-
clavian-steal-Syndrom. ge Minuten, und der Patient erholt sich innerhalb
Wir kennen einige anatomische Varianten der von 24 h vollständig, während die Symptome bei
extrakraniellen Gefäße. In seltenen Fällen haben Patienten mit einem Schlaganfall länger als 24 h
die linke ACC und die A. subclavia einen gemein- anhalten und es unter Umständen nicht zur voll-
samen Ursprung oder einen einzigen Stamm. ständigen Genesung kommt. Zu den Symptomen
Weitere Anomalien betreffen das direkte Abzwei- gehören einzelne oder mehrere Episoden von
gen der linken A. vertebralis vom Aortenbogen Kraftverlust oder Sensibilitätsstörungen in einem
und, was noch ungewöhnlicher ist, das Abzwei- Arm oder Bein (Monoparese), in beiden Armen
gen der rechten A. vertebralis vom Aortenbogen. oder Beinen (Hemiparese) oder auf einer Ge-
sichtsseite; undeutlicher Sprache oder Sprachver-
lust (Dysphasie) oder visuell-räumlichen Wahr-
nehmungsstörungen (Kasten 8.1). Da die rechte
Hirnhälfte die linke Körperseite steuert und um-
gekehrt, weisen die Symptome auf die kontra-
laterale Karotis. Die Sprache wird gewöhnlich
Rechts von der dominanten Hirnhälfte gesteuert (d. h.
bei einem Rechtshänder typischerweise von der
linken Hirnhälfte). An Amaurosis fugax leidende
Aa. verte-
Patienten klagen oftmals über „einen Vorhang,
brales der vor das Auge fällt“. Dieses ein paar Minuten
andauernde Phänomen ist auf Thrombenbildung
in den Retinagefäßen zurückzuführen. In diesem
Fall sind die Symptome im Auge mit der ipsilate-
ralen Karotis verbunden. Typische Symptome bei
Beteiligung des vertebrobasilären Stromgebiets
sind in Kasten 8.1 aufgeführt. Vage Symptome
wie Schwindel und Ohnmacht sind normaler-
weise nicht mit Karotisstenosen assoziiert. Das
Subclavian-steal-Syndrom verursacht meist keine
Proximaler signifikanten Symptome. Bei Patienten mit TIA-
Verschluss
der A. sub- Symptomatik geht man in den ersten 2 – 3 Jahren
clavia nach einer TIA von einem Schlaganfallrisiko in
der Größenordnung von 7 – 8 % p. a. aus. Crescen-
do-TIAs (d. h. sehr häufige TIAs) stellen mögli-
cherweise eine Indikation zur Notoperation dar.
Um den Schweregrad einer potenziellen Karotis-
Abb. 8.3 Pfeile zeigen die Richtung des kollateralen stenose zu bestimmen, sollten diese Patienten
Flusses beim Subclavian-steal-Syndrom (Subclavia-An- umgehend sonographisch untersucht werden.
zapfsyndrom) an, bei dem es bei einer proximalen TIA-ähnliche Symptome können auch durch an-
Subclavia-Stenose oder eines proximalen Subclavia-Ver- dere neurologische Erkrankungen (z. B. Epilepsie,
schlusses zu einer Strömungsumkehr in der den Arm intrakranieller Tumor, Multiple Sklerose oder
versorgenden A. vertebralis kommt. Migräne) hervorgerufen werden. Asymptomati-
89
8 Ultraschalldiagnostik der extrakraniellen hirnversorgenden Gefäße
90
Sonographische Untersuchung 8.4
Technik
Muskel
Muskel
VENE
ACI
VENE
ACC
ACE
A B
Abb. 8.5 B-Bilder im Querschnitt. A: ACC und V. jugularis. B: ACI und ACE direkt oberhalb der Karotisbifur-
kation.
91
8 Ultraschalldiagnostik der extrakraniellen hirnversorgenden Gefäße
liegen und die Lokalisation einer etwaigen und der obere Schallkopfteil in einem klei-
Arterienerkrankung. Die V. jugularis liegt nen Winkel langsam gedreht, um zuerst die
über der ACC (Abb. 8.5A) und ist meist ACI und dann die ACE oder umgekehrt dar-
leicht komprimierbar. Beim Sonographieren zustellen. Für die Darstellung von ACI und
der Karotiden sollte jedoch nicht zu viel ACE muss der Schallkopf nur geringfügig
Druck mit dem Schallkopf ausgeübt werden, bewegt werden, da die beiden Gefäße meist
da die Möglichkeit besteht, dadurch einen eng beieinander liegen.
Embolus von der Gefäßwand zu lösen. n Nachdem der Untersucher die drei Gefäße
n In B-Bildtechnik wird die ACC anschließend lokalisiert und auf dem B-Bild nach Hinwei-
im Längsschnitt dargestellt, wieder an der sen auf pathologische Prozesse gesucht hat,
Halsbasis beginnend. Ein Längsbild der ACC kann er den Farbmodus zuschalten, um den
erhält man problemlos, wenn man die ACC Blutfluss von der proximalen ACC hinauf in
im Querschnitt darstellt, sie in der Bildmitte ACI und ACE zu untersuchen. Die Identifi-
fixiert und dann den Schallkopf so dreht, zierung der Äste der ACE (entweder im B-
dass die ACC zunächst als Ellipse erscheint oder im Farbdopplerbild) dient als weiterer
und schließlich im Längsschnitt zu sehen Hinweis darauf, bei welchem Gefäß es sich
ist. Die bei transversaler Schnittführung ge- um die ACE handelt, da die ACI unterhalb
wonnenen Vorkenntnisse über die Orientie- des Unterkiefers keine Abgänge hat (Abb.
rung von ACI und ACE sind bei der Darstel- 8.8). Mittels Farbdopplersonographie kön-
lung der Karotisbifurkation zur Platzierung nen Störungen wie stenosebedingte Ge-
der richtigen Longitudinalebene von Vor- schwindigkeitsveränderungen, Abschnitte
teil. Um die Karotiden sichtbar zu machen, mit Füllungsdefekten infolge eines Athe-
sind vor allem an der Karotisgabelung in roms und das verschlussbedingte Fehlen
Längsrichtung mehrere Scanebenen erfor- eines Blutflusses nachgewiesen werden. Die
derlich (Abb. 8.6). Typischerweise liegt die Diagnose sollte zwar nicht allein auf der
ACI posterolateral oder lateral der ACE und Grundlage der Farbdopplersonographie ge-
ist meist größer als diese. Bei einem gerin- stellt werden, unterstützt den Sonographeur
gen Prozentsatz der Patienten hat die Karo- aber bei der Auswahl der Bereiche, die einer
tisbifurkation die Form einer Stimmgabel gründlicheren Untersuchung mittels Spek-
(Abb. 8.7), in der Mehrzahl der Fälle sind traldopplersonographie bedürfen.
ACE und ACI aber nicht in derselben Ebene n Nun wird mittels Spektraldopplersonogra-
sichtbar, sondern müssen getrennt darge- phie der Blutzufluss in die Karotiden be-
stellt werden. Dazu wird der untere Teil der obachtet. Dazu wird das Messfenster in der
Kontaktfläche über der ACC beibehalten proximalen ACC an der Halsbasis platziert.
ACI
ACC
C ACE
92
Sonographische Untersuchung 8.4
ACE
93
8 Ultraschalldiagnostik der extrakraniellen hirnversorgenden Gefäße
WF Low
PRF 1500Hz
Flow Opt: Med V
ACI
ACC
94
B-Bildtechnik 8.5
Pathologische Befunde
Karotiserkrankungen im Frühstadium imponie-
ren sonographisch als Verdickung der Intima-
Media-Schicht. Mit fortschreitender Erkrankung
lassen sich auch substrathaltigere Bereiche eines
Atheroms darstellen, das am ehesten an der Karo-
tisbifurkation auftritt. Bei einem kleinen Anteil
der Patienten sind signifikante Krankheitspro-
zesse aber auch in der ACC zu sehen; manchmal
ist sogar der Abgang der ACC betroffen. Man
V sollte sich stets die Wechselwirkungen zwischen
Ultraschallwellen und Gewebe sowie die Aus-
A wirkungen der Geräteparameter wie etwa die Ver-
stärkung (Gain) und die Wahl der Kompressions-
kurve (Kap. 2) vor Augen halten, bevor man
Schlussfolgerungen über das Erscheinungsbild
der Plaqueoberfläche oder die Plaquezusammen-
setzung zieht. Zur Beurteilung von Plaquestruk-
Abb. 8.12 Farbdopplerbild der A. vertebralis (A) und turen sollte ein Hochfrequenzschallkopf verwen-
der V. vertebralis (V) zwischen den Wirbelfortsätzen det werden. In vielen Studien wurde das sonogra-
der Wirbelsäule (Pfeilmarkierungen). phische Erscheinungsbild atheromatöser Plaques
mit den während einer Karotisendarteriektomie
entnommenen histologischen Proben (Abb. 8.13)
verglichen, um vorherzusagen, welche Plaques
am ehesten als Emboliequelle gelten können.
8.5 B-Bildtechnik
Normalbefunde
Im Längsschnitt erscheinen normale Gefäßwän-
de – vor allem bei Verwendung eines hochfre-
quenten Schallkopfes – oftmals als zweischich-
tige Struktur (Abb. 8.7), welche die Intima-Media-
Schicht und die Adventitia darstellt (Kap. 5). Am
deutlichsten ist dies an der Hinterwand der A. ca-
rotis communis zu erkennen, wo sich das Gefäß
im rechten Winkel zum Schallstrahl befindet. Die
Dicke der Intima-Media-Schicht bewegt sich nor-
malerweise in einer Größenordnung von 0,5 mm
(Pignoli et al 1986). Ein normales Gefäßlumen
imponiert im Allgemeinen echofrei, der Untersu-
cher kann im Lumen registrierte Echos aber durch
Verringerung der Tiefenausgleichsregelung (TGC)
entfernen (Kap. 2). Es kommt also auf eine sorg-
fältige Einstellung der Geräteparameter an. Auch
Reverberationsartefakte können Strukturen im
Gefäßinnern vortäuschen. Adäquate B-Bilder der
Karotisbifurkation können mitunter nur schwer
erhalten werden. In diesen Fällen kann der Farb-
doppler bei der Gefäßlokalisation und der Durch-
führung der Spektraldopplermessungen behilf- Abb. 8.13 Während einer Karotisendarteriektomie
lich sein. von der Karotisbifurkation entferntes Atherom.
95
8 Ultraschalldiagnostik der extrakraniellen hirnversorgenden Gefäße
Mehrere dieser Studien zeigen eine Assoziation gestuft (Tiefe > 0,2 mm; Länge 2 mm mit an der
zwischen den Symptomen und dem Vorliegen Basis gut definierter Hinterwand und im Farb-
einer Intraplaque-Hämorrhagie (d. h. einer Ein- dopplerbild sichtbaren Verwirbelungen). Die in
blutung in die Plaque) (Merrit & Bluth 1992). Abbildung 8.14 erkennbare heterogene Plaque
Wenn die Oberfläche der Plaque Einblutungen mit einem blutgefüllten Krater lässt auf ein Ulkus
oder Lipidpools enthält und rupturiert, gelangt schließen.
der Plaqueinhalt in das Gefäßlumen. Dadurch Eine etwas andere Methode zur Beurteilung im
kann es zur distalen Embolisation und zu Sym- Längsschnitt dargestellter Plaques stammt von
ptomen einer TIA oder eines Schlaganfalls kom- Bock & Lusby (1992), die die Plaque, wie in Ab-
men. Eine europäische Multicenter-Studie (Euro- bildung 8.15 gezeigt, in vier verschiedene Typen
pean Carotid Plaque Study Group 1995) ergab, einteilen. Typ 1 erscheint als echofreier Bereich
dass die Echogenität im B-Bild im umgekehrten mit einer dünnen Kappe (Abb. 8.16A). Es konnte
Verhältnis zur Zusammensetzung des Weichteil- gezeigt werden, dass echofreie Zonen entweder
gewebes (einschl. Einblutungen oder Lipidein- mit Lipidpools oder Intraplaque-Hämorrhagien
lagerungen) und in direktem Zusammenhang assoziiert sind. Echogene Plaques werden als Typ
zum Vorhandensein von Kalzifikationen stand. 4 charakterisiert und gelten als eher benigne.
In dieser Studie wurde die Plaque anhand einer Abbildung 8.16D zeigt eine stärker echogene Pla-
Skala von 1 bis 3 beschrieben (1 = starke Echos; que. Die Typen 2 und 3 sind heterogene Plaques
3 = echoarme oder echofreie Zonen). Ferner wur- (Abb. 8.16B und C), wobei Typ 3 stärker echogen
den die Plaques als homogen oder heterogen ein- erscheint als Typ 2. Die Plaquetypen 1 und 2
gestuft. Eine gute Korrelation zwischen einer irre- waren signifikant häufiger bei symptomatischen
gulären Plaqueoberfläche und dem Vorhanden- Patienten nachzuweisen, wohingegen die Typen
sein von Ulzerationen war nicht nachweisbar. 3 und 4 öfter bei asymptomatischen Patienten
Auf einer internationalen Konsensuskonferenz gefunden wurden.
(de Bray et al 1997) wurde eine ähnliche Methode Diese und viele andere im Laufe der letzten Jahre
zur Beschreibung von Plaquemerkmalen verwen- durchgeführte Studien lassen darauf schließen,
det: Echogenität (von echofrei bis echodicht), dass das aussagekräftigste Kriterium zur Beurtei-
Oberfläche (von glatt bis eingebuchtet) und Tex- lung von Plaques im B-Bild der Anteil der echo-
tur (von homogen bis heterogen). Es wurde vor- freien oder echoarmen Bereiche innerhalb der
geschlagen, Echogenität gegen Blut (echofrei), Plaque ist. Die Qualität der Plaquedarstellung
M. sternocleidomastoideus (isoechogen) oder hängt natürlich davon ab, ob das Ultraschallge-
Knochen (echodichte Halswirbelkörper) zu stan-
dardisieren. Die Lumenoberfläche wurde als re-
gulär, irregulär (0,4 – 2 mm) und ulzeriert ein- Echofrei Echogen
Typ 1 Typ 3
A C
ACI ACC
Typ 2 Typ 4
B D
96
Farbdopplersonographie 8.6
ACI ACC
ACI
ACC
A B
ACI ACC
ACC
ACI
C D
Abb. 8.16 A: Echofreie Plaque (Pfeil) mit einer dünnen Kappe, Typ 1. B: Typ-2-Plaque. C: Typ-3-Plaque. Die Typen
2 und 3 sind heterogen, wobei Typ 3 stärker echogen erscheint als Typ 2. D: Homogene echogene Plaque, Typ 4.
97
8 Ultraschalldiagnostik der extrakraniellen hirnversorgenden Gefäße
schlechten Dopplerwinkel, eine unangemessen mithilfe des Farbdopplerbildes eine präzise Win-
hohe PRF- oder Hochpassfilter-Einstellung oder kelkorrektur für die Geschwindigkeitsmessungen
auf das Vorhandensein eines Bildartefaktes zu- vorgenommen werden. Das vollständige Fehlen
rückzuführen sind, das die Farbanzeige verhin- einer Farbfüllung in einem Gefäß kann auf einen
dert. Das Vorliegen eines Füllungsdefekts an der Gefäßverschluss hindeuten. Ein solcher Befund
Gefäßwand – ohne dass im B-Bild ein Atherom sollte jedoch durch Optimierung der Farbeinstel-
sichtbar ist – kann auf einen echoarmen Bezirk lungen zum Nachweis geringerer Geschwindig-
eines Atheroms hinweisen. keiten bestätigt werden, um das Vorliegen einer
Eine intrastenotische Beschleunigung der Strö- sehr ausgeprägten Stenose irgendwo im Gefäß-
mungsgeschwindigkeit verursacht normalerwei- verlauf auszuschließen. Eine in der ACC oder
se einen Farbumschlag, der häufig mit Aliasing ACI während der Diastole offenkundig fehlende
(Abb. 8.17A) und manchmal mit einer Flussum- Farbfüllung lässt möglicherweise auf einen ho-
kehr (siehe Abb. 5.18) assoziiert ist. Das Farb- hen Strömungswiderstand (Hochwiderstandsfluss,
dopplerbild kann bei der Lokalisation des am High-resistance flow) infolge eines Verschlusses
stärksten verengten Bereichs im erkrankten Ge- oder einer hochgradigen Stenose distal schließen.
fäßabschnitt helfen, der dann mit einem Spek- Der fehlende diastolische Fluss sollte mittels
traldoppler untersucht werden sollte (Abb. 8.17B). Spektraldoppler bestätigt werden; die gründliche
Intra- und unmittelbar poststenotisch sind mög- Untersuchung der distalen Gefäße gelingt durch
licherweise sehr schnelle Jetströme zu sehen, und den kombinierten Einsatz von Farb- und Spek-
die Strömung verläuft unter Umständen nicht traldoppler.
mehr parallel zur Gefäßwand. In diesem Fall kann
8.7 Spektraldopplerkurven
Normalbefunde
Im Vergleich zu den in der ACI zu beobachten-
den Wellenformen mit niedrigem Widerstand
ACC
ACI (Abb. 8.9B) zeigen aus der ACE abgeleitete Spek-
traldopplerkurven Flussmuster mit hohem Wider-
stand bei pulsatiler Wellenform und niedrigem
A diastolischem Fluss (Abb. 8.9C). Die normale
Dopplerkurve der ACC (Abb. 8.9A) liegt irgend-
wo zwischen der Wellenform der ACI und der
ACE. Die in den Karotiden abgeleiteten systoli-
schen Spitzengeschwindigkeiten hängen von der
B ACC
Vene
Abb. 8.17 A: Das Farbdopplerbild zeigt eine verengte
proximale ACI. B: Das aus der Verengung abgeleitete
Dopplersignal zeigt eine signifikante Geschwindig- ACI
keitszunahme (systolische Spitzengeschwindigkeit
500 cm/s, enddiastolische Geschwindigkeit 300 cm/s)
mit erhöhter Spektralverbreiterung, die auf eine signi-
fikante Stenose schließen lässt (Durchmesserverringe- Abb. 8.18 Über längere Zeit bestehender Verschluss
rung > 80 %). der A. carotis interna.
98
Spektraldopplerkurven 8.7
Abb. 8.19 Aus dem nicht erkrankten Abgang der ACI Abb. 8.20 Aus der ACC abgeleitete Dopplerkurve mit
proximal eines ACM-Verschlusses abgeleitetes Dopp- diastolischer Strömungsumkehr bei Aortenklappenin-
lerspektrum mit hohem Widerstand. suffizienz.
relativen Größe des Gefäßes ab, liegen in der ge- Beispiel für eine Flusskurve mit hohem Wider-
sunden ACI typischerweise aber unter 110 cm/s. stand, die aus einem gesunden ACI-Abgang pro-
Die mittels Farbdoppler erstellten Flussprofile in ximal eines ACM-Verschlusses abgeleitet wurde.
der normalen Bifurkation (siehe Abb. 5.12) be- Eine Strömungsumkehr in den Karotiden wäh-
einflussen die Form der im Abgang der ACI abge- rend der gesamten Diastole (Abb. 8.20) kann auf
leiteten Spektraldopplerkurven, die eine gestörte ein Herzproblem, wie z. B. eine Aortenklappen-
Strömung oder Bereiche mit Strömungsumkehr insuffizienz, hindeuten (Malaterre et al 2001). In
zeigen können. Distal der Karotisgabel sollten diesem Fall ist das pathologische Erscheinungs-
keine gestörten Wellenformen mehr registriert bild nicht auf eine Seite beschränkt, sondern
werden. sowohl in den rechten als auch linken Karotiden
zu beobachten.
Das Spektrum der distal einer sehr schweren,
Pathologische Befunde flusslimitierenden Stenose detektierten Signale
zeigt häufig eine turbulente Strömung mit er-
Das Vorliegen einer Verengung in den Karotiden höhter systolischer Anstiegszeit (Abb. 8.21). Diese
führt zu einer Zunahme der Strömungsgeschwin- untypischen Kurvenformen können dem Unter-
digkeit in der Stenose, die mittels Spektraldopp- sucher nützliche Hinweise auf das Vorliegen
ler bestimmt werden kann. Signifikante Ände- eines signifikanten Krankheitsprozesses geben.
rungen der Strömungsgeschwindigkeit intra- und Das farbdopplersonographisch nachweisbare voll-
unmittelbar poststenotisch sind nachweisbar, ständige Fehlen des Flusses (Nullfluss) in einem
wenn der Gefäßdurchmesser um mehr als 50 % Gefäß kann durch eine Spektraldopplerunter-
verringert ist. Die Zunahme der Strömungsge- suchung bestätigt werden. Manchmal können
schwindigkeit steht mit dem Stenosegrad in Zu-
sammenhang (siehe Kap. 5), der anhand der Ge-
schwindigkeitsunterschiede bestimmt werden
kann. Bei signifikanten Stenosen zeigen die intra-
oder unmittelbar poststenotisch abgeleiteten
Dopplerkurven auch eine Zunahme der Spek-
tralverbreiterung (Abb. 8.17B).
Ungewöhnlich niedrige Geschwindigkeiten kön-
nen auf das Vorliegen eines Krankheitsprozesses
proximal oder distal des Messortes hindeuten.
Von der ACC abgeleitete Dopplerspektren mit
hohen Widerstand anzeigenden Wellenformen
und fehlendem Fluss während der Diastole lassen
möglicherweise auf eine schwere Carotis-interna-
Stenose oder einen Interna-Verschluss schließen Abb. 8.21 Dopplerspektrum mit turbulenter Strö-
(Abb. 8.10B). Abbildung 8.19 zeigt ein weiteres mung jenseits einer signifikanten Stenose.
99
8 Ultraschalldiagnostik der extrakraniellen hirnversorgenden Gefäße
jedoch innerhalb des verschlossenen Gefäßes kompliziert. Die ECST-Studie ergab, dass eine
langsame Flussgeschwindigkeiten detektiert wer- Operation bei Patienten mit ECST70- bis 99 %iger
den, die auf Wandbewegungen zurückzuführen Stenose das Schlaganfallrisiko verringerte. Ähnli-
sind. Auch kleine Venen im Bereich der Karotis- che Ergebnisse wurden aber auch in der NASCET-
gabel können irreführende Dopplersignale er- Studie für Patienten mit NASCET70- bis 99 %iger Ste-
zeugen, so kann etwa der venöse Fluss im Halsbe- nose berichtet, die einer Stenose von ECST80 – 99 %
reich pulsatil erscheinen. entspricht. Die Ergebnisse beider Studien kombi-
nierend, kommt Rothwell (2000) zu dem Schluss,
dass die Karotisendarteriektomie das Gesamt-
8.8 Stenosegraduierung schlaganfallrisiko von Patienten mit einer rezen-
ten symptomatischen ECST70- bis 99 %igen Steno-
Inzwischen wurden die Ergebnisse zweier großer se (NASCET50 – 99 %) senkt. Rothwell führt aus, dass
multizentrischer Studien veröffentlicht, und zwar bei Anwendung dieser Kriterien acht bis zehn
die Studien der North American Symptomatic Patienten operiert werden müssten, um im Laufe
Carotid Endarterectomy Trial Collaborators der folgenden drei Jahre einen Schlaganfall zu
(NASCET) (1991, 1998) und der European Caro- verhindern. In einer weiteren Studie [Asym-
tid Surgery Trialists‘ Collaborative Group (ECST) ptomatic Carotid Atherosclerosis Study (ACAS),
(1998). Darin wurden die Vorteile der Karotis- 1995], in der Patienten mit einer signifikanten
chirurgie, die ein gewisses Mortalitäts- und Mor- (60 – 99 %) asymptomatischen Stenose untersucht
biditätsrisiko birgt, mit der besten medikamentö- wurden, wurde in dieser Gruppe ein begrenzter
sen Therapie für Patienten mit symptomatischen Nutzen der Karotischirurgie nachgewiesen. Ver-
Karotiserkrankungen verglichen. Die Karotiser- besserungen im Rahmen der Patientenselektion
krankungen wurden mittels Angiographie quan- könnten zukünftig dazu beitragen, dass die Grup-
tifiziert. In der europäischen und der nordame- pe der Patienten mit hohem Schlaganfallrisiko
rikanischen Studie wurden zur Bestimmung des
Stenosegrades mit Angiogrammen unterschied-
liche Methoden angewendet. In der ECST-Studie ACI
wurde der Stenosegrad durch den Vergleich
zwischen dem Restlumendurchmesser und dem A
geschätzten Durchmesser des Karotisbulbus be-
stimmt. Dagegen wurde in der NASCET-Studie,
ACE
wie in Abbildung 8.22 gezeigt, der Restlumen-
Geschätzte Position
durchmesser mit dem Durchmesser der normalen der Gefäßwand
B
distalen ACI verglichen. Die Anwendung dieser C
beiden unterschiedlichen Methoden kann zu
signifikanten Unterschieden bei der Stadienein-
teilung führen. So wurde etwa die Verengung in NASCET ECST
Abbildung 8.22 nach dem in der europäischen 30 65
Studie angewandten Verfahren als eine Lumen- 40 70
einengung von 70 % angegeben; nach der ameri- 50 75
60 80
kanischen Methode waren es lediglich 50 %. In 70 85
Abbildung 8.22 wird auch der ungefähre äquiva- 80 91
CCA 90 97
lente Stenosegrad angegeben, der (für dieselben
Stenosen) nach den beiden verschiedenen in der Ungefährer äquivalenter
A⫺B Stenosegrad der A. carotis
NASCET- und der ECST-Studie verwendeten Kri- NASCET
A interna (ACI) gemäß
terien bestimmt wurde. Als eine möglicherweise
C⫺B NASCET- und ECST-
bessere Methode zur Bestimmung des Stenose- ECST
C Messmethoden
grades wurde ein Vergleich des Restlumens mit
dem Durchmesser der distalen ACC vorgeschla- Abb. 8.22 Die NASCET- und die ECST-Studie be-
gen. nutzten unterschiedliche Methoden zur Graduierung
Die Verwendung unterschiedlicher Methoden der im Karotisangiogramm erkennbaren Stenosen (in
zur Stenosegraduierung machen den Vergleich Anlehnung an Donnan et al. 1998, mit freundlicher
der NASCET- und der ECST-Studienergebnisse Genehmigung).
100
Stenosegraduierung 8.8
101
8 Ultraschalldiagnostik der extrakraniellen hirnversorgenden Gefäße
1 5
D
1
2
6
2 6
3 E
3
7
B F
Abb. 8.23 Darstellungen im Longitudinalschnitt können zu einer Über- und Unterschätzung exzentrischer Steno-
sen führen. Die schematischen Abbildungen zeigen Beispiele erkrankter Gefäße, die im Quer- und Längsschnitt
aus den nummerierten Schallkopfpositionen sonographiert wurden. A: Im Längsschnitt kann ein Atherom mögli-
cherweise übersehen werden (1), das sich in einer anderen Schnittebene deutlicher darstellen lässt (2). B: Athe-
rome an den Seitenwänden können in die Gefäßmitte hineinragen und den Eindruck eines im Gefäß flottierenden
Atheroms vermitteln. C, D: Diese Längsschnittbilder zeigen trotz starker Unterschiede im Stenosegrad ein ähn-
liches Erscheinungsbild. Je nach Darstellungsebene erweckt das Längsschnittbild den Eindruck eines Gefäßver-
schlusses (E) bzw. eines stenosierten Gefäßes (F).
Für die verschiedenen Kriterien wurden Doppler- metrie des Karotisbulbus erschwert. Der Quotient
werte mit dem Goldstandard, d. h. in diesem Fall von PSVACI und PSVACC hängt zum Teil von den
den Ergebnissen der Angiographie verglichen, relativen Abmessungen der ACC und der ACI ab.
die eigenen Limitationen unterliegt. Eine weitere Schwierigkeit stellt die unterschied-
Die Mehrzahl der Kriterien zur Graduierung von liche Geometrie des Karotisbulbus dar. Viele Kri-
Karotisstenosen beruht auf der systolischen Spit- terien verwenden zur Stenosegraduierung auch
zengeschwindigkeit (PSV) und der enddiasto- absolute Geschwindigkeiten. Eine Kombination
lischen Geschwindigkeit (EDV) in der A. carotis aus absoluten Geschwindigkeitswerten und Ge-
interna (ACI) sowie dem Verhältnis zwischen der schwindigkeitsverhältnissen kann jedoch die
PSV in der ACI und der PSV in der ACC. Im Fallstricke, die mit der alleinigen Verwendung
Gegensatz zur Stenosegraduierung in anderen von Geschwindigkeitskriterien verbunden sind,
Bereichen des arteriellen Systems, in denen es potenziell verringern. So kann z. B. eine Zunahme
häufig einen proximalen Abschnitt in einem der PSV durch Hypertonie, altersbedingte Ände-
gesunden Gefäß gibt, der zur Berechnung eines rungen hinsichtlich der Dehnbarkeit der Gefäß-
Geschwindigkeitsverhältnisses herangezogen wer- wände (Compliance) oder vermehrten Blutfluss
den kann, wird die Situation hier durch die Geo- zur Versorgung eines Kollateralweges bedingt
102
Die Kombination von B-Bild-, Farb- und Spektraldopplerinformationen 8.9
sein. Allerdings wäre eine solche Zunahme so- (1997) vorgeschlagenen Kriterien beruhen auf
wohl in der ACC als auch ACI zu beobachten, den von Moneta et al. (1993, 1995) berichteten
und das Fehlen einer signifikanten Strömungs- Ergebnissen. Tabelle 8.2 enthält die im Anschluss
beschleunigung würde den Untersucher dahin- an die Carotid Artery Stenosis Consensus Con-
gehend beruhigen, dass keine signifikante Evi- ference veröffentlichten Kriterien (Grant et al.
denz für eine Stenose vorliegt. Umgekehrt kann 2003). Die Konsensuskonferenz sprach zahlreiche
ein pathologisches Geschwindigkeitsverhältnis Empfehlungen aus, darunter neben PSVACI-Krite-
bei Ableitung niedriger Flussgeschwindigkeiten, rien als Primärparameter auch die Plaquebestim-
die möglicherweise durch ein zu geringes Herz- mung (Durchmesserverringerung in %) mittels
zeitvolumen bedingt sind, zur Identifizierung B-Bildgebung und Farbdopplersonographie. Als
einer Stenose beitragen. Zusatzparameter werden der PSVACI-/PSCACC-Quo-
Tabelle 8.2 nennt einige Beispiele für Kriterien tient und EDVACI empfohlen. Nicolaides et al.
zur Einteilung des Stenosegrades in der Karotis, (1996) beschreiben ein anderes Geschwindig-
die in verschiedenen Einrichtungen im Laufe der keitsverhältnis, den PSVACI/EDVACC-Quotienten
Jahre von Sonographeuren entwickelt wurden. (siehe Tabelle 8.3). Ein wichtiger Faktor, der die
Diese Zentren haben die Stenosegrade in ver- zur Stenosegradeinteilung ausgewählten Krite-
schiedene Bereiche unterteilt. Gemäß der ECST- rien beeinflussen könnte, ist die Frage, ob die
und NASCET-Studie ist es besonders hilfreich, sonographische Untersuchung als Screeningtest
zwischen Stenosen von < 70 % und t 70 % zu un- vor einer Angiographie durchgeführt werden
terscheiden, um die Patientengruppe zu selek- sollte, wofür eine hohe Sensitivität erforderlich
tieren, die bei gegebener Symptomatik von einer ist (siehe Anhang B), oder für die Auswahl von
Operation profitieren würde. Bluth et al. (1988) Patienten für einen chirurgischen Eingriff ohne
entwickelten ihre Kriterien anstatt mit einem Li- Angiographie, was eine gleichermaßen hohe Sen-
nearschallkopf mit einem frühen Duplex-Scan- sitivität und Spezifität verlangt, um die Anzahl
ner mit separater Doppler-Einheit. Diese älteren der falsch-positiven Ergebnisse möglichst gering
Systeme waren weniger anfällig für eine intrin- zu halten. Die Veröffentlichungen, in denen die
sische Spektralverbreiterung (ISB) und führten in Tabelle 8.2 aufgeführten Kriterien beschrieben
deshalb zu anderen Ergebnissen als viele moder- sind, enthalten nähere Angaben zu der anhand
ne Systeme mit Linearschallköpfen, die eher zur dieser Kriterien zu erzielenden Sensitivität und
Überschätzung der Spitzengeschwindigkeiten nei- Spezifität. Jedes Zentrum sollte durch Vergleich
gen. Intrinsische Spektralverbreiterung (siehe von Ultraschallbefunden mit angiographischen
Kap. 6) kann zu Fehlern bei der Bestimmung der oder MRA-Befunden seine eigenen Kriterien ve-
Flussgeschwindigkeiten führen, die durch den rifizieren. Verfügt eine Abteilung über mehr als
Beschallungswinkel bedingt sind. Um diese win- ein Ultraschallgerät, müssen die bei jedem Gerät
kelabhängigen Messwertschwankungen auszu- angewandten Kriterien überprüft werden, da ver-
schalten, haben einige Zentren sich deshalb zur schiedene Scanner-Modelle auch unterschied-
Benutzung eines fixen Beschallungswinkels von liche Ergebnisse erzielen können. Wichtig ist,
60 ° entschlossen. dass der Untersucher weiß, wofür die chirur-
Die meisten der in Tabelle 8.2 aufgeführten Kri- gischen oder internistischen Teams die Ergeb-
terien wurden gegen die Angiographie korreliert, nisse der Ultraschalluntersuchungen benutzen,
wobei zur Darstellung der angiographischen und dass diese Teams wissen, nach welcher Me-
Befunde die NASCET-Methode herangezogen thode der Untersucher den Krankheitsschwere-
wurde. Danach entspräche eine Stenose > 70 % grad bestimmt hat.
diesen Kriterien zufolge einer nach der ECST-
Messmethode bestimmten Durchmesserverringe-
rung von > 80 %. Staikov et al. (2002) haben die 8.9 Die Kombination von B-
Ultraschallkriterien zum Nachweis von Stenosen
sowohl anhand der NASCET- als auch ECST-Mess- Bild-, Farb- und Spektral-
methode verglichen und gezeigt, dass die nach dopplerinformationen
der NASCET-Methode entwickelten Geschwindig-
keitskriterien für eine Stenose > 70 % den nach Zur Bestimmung des Stenosegrades sollten die
der ECST-Methode erstellten Kriterien für eine mit allen drei Modalitäten erhobenen Informa-
> 80 %ige Stenose ähneln. Die von Sidhu & Allan tionen herangezogen werden, da alle drei ihre
103
8 Ultraschalldiagnostik der extrakraniellen hirnversorgenden Gefäße
104
Die Kombination von B-Bild-, Farb- und Spektraldopplerinformationen 8.9
ACI
ACI B
ACE
C D
Abb. 8.24 Zur Bewertung von Karotiserkrankungen eignet sich eine Kombination aus B-Bild-, Farbdoppler- und
Spektraldopplersonographie. A: Der Querschnitt einer erkrankten ACI mit einem kalzifizierten Atherom (Pfeil) lässt
auf eine 50- bis 70 %ige Durchmesserverringerung schließen. B: Längsschnitt des Gefäßes mit fehlendem Fluss in
der proximalen ACI. C: Wird das Gefäß in einer anderen Ebene dargestellt, ist der Blutfluss darin sichtbar. Auch
wenn das Gefäßlumen in dieser Schnittebene nur geringfügig stenosiert wirkt, ist eine Strömungsbeschleunigung,
die durch Aliasing nachweisbar ist, zu erkennen. D: Geschwindigkeitsmessungen per Spektraldoppler ergeben in
der ACI eine PSV von 200 cm/s und eine EDV von 75 cm/s, was auf eine Durchmesserverringerung von 60 – 69 %
(NASCET) hindeutet.
105
8 Ultraschalldiagnostik der extrakraniellen hirnversorgenden Gefäße
B- als auch der Farbdopplerbilder im Querschnitt werden. Alternativ kann ein Blutdruckmessgerät
sowie in einer Reihe von Longitudinalebenen benutzt werden. Zur Erzeugung einer Hyperämie
und der Geschwindigkeitswerte kann der Unter- wird die Manschette um den Oberarm gelegt und
sucher den Stenosegrad bestimmen. Es gibt je- für 2 – 3 Minuten auf oberhalb des systolischen
doch auch Situationen, in denen Bildgebung und Drucks aufgepumpt. Danach wird die Druck-
Geschwindigkeitsmessungen eingeschränkt sind, manschette wieder gelöst. Sowohl die Bewegungs-
sodass der Sonographeur den Schweregrad der übung als auch die Hyperämie führen zu einer
Erkrankung nicht beurteilen kann. Auch darauf vermehrten Durchblutung des Arms und bewir-
sollte im Untersuchungsbericht deutlich hinge- ken in der Vertebralarterie eine Strömungsum-
wiesen werden. kehr während des gesamten Herzzyklus. Die
A. vertebralis über ihre gesamte Länge zu sono-
graphieren, ist nicht möglich, da einzelne Ab-
8.10 Normale und patho- schnitte von den Wirbelfortsätzen verdeckt wer-
logische Befunde der den; bei gegebener Indikation können manchmal
jedoch die Abgänge der Vertebralarterien in der
Strömungsverhältnisse in Nackenbasis dargestellt werden, obwohl dies
der A. vertebralis recht schwierig sein kann.
106
Probleme bei der Darstellung der Strömungsverhältnisse in der A. carotis 8.11
107
8 Ultraschalldiagnostik der extrakraniellen hirnversorgenden Gefäße
ACC
Vene Abb. 8.28 Bildmontage nach Karo-
tisendarteriektomie. Die kleinen Pfei-
le markieren den betroffenen Gefäß-
ACI abschnitt. Der große Pfeil zeigt auf
die Intima-Media-Schicht proximal
der endarteriektomierten Stelle.
108
Sonographisches Erscheinungsbild der A. carotis nach Karotischirurgie und Angioplastie 8.12
ACE
ACI
Abb. 8.29 Farbdopplerbild einer Karotis nach Angio- Abb. 8.30 Querschnitt eines zwischen ACI und ACE
plastie und Stenting. lokalisierten Glomustumors.
können eine pulsierende Schwellung am Hals Linie im Gefäßlumen auch ein infolge des pul-
aufweisen, die mittels Ultraschall untersucht satilen Blutflusses beweglicher Intimalappen er-
werden kann, um ein Aneurysma auszuschlie- kennbar; eine Darstellung dieses Phänomens
ßen. Die Karotiden sollten in ihrer gesamten kann sich aber sehr schwierig gestalten.
Länge, vor allem aber im Schwellungsbereich be-
schallt und der Durchmesser der Querschnitts-
fläche bestimmt werden. Alle ungewöhnlichen
Erscheinungen an den Arterien sollten dokumen-
tiert werden. In vielen Fällen ist die „pulsierende
Schwellung“ durch eine oberflächennahe Gabe-
lung des Truncus brachiocephalicus oder die Ka-
rotisbifurkation bedingt, die häufig mit Gefäß-
schlängelungen einhergehen, weshalb das Gefäß
leicht palpierbar ist. Eine weitere mögliche Ur-
sache einer pulsierenden Schwellung ist das Vor-
liegen eines Glomustumors. Beim Glomus caro-
ticum handelt es sich um eine kleine, in der
Karotisbifurkation gelegene Struktur in der Ge-
fäßwand, die für die Detektion von Blutgasen
und pH-Werten verantwortlich ist. Ein wachsen-
der Glomustumor bewirkt ein Spreizen von ACI A
und ACE, und im Tumor lassen sich farbdoppler-
sonographisch oftmals kleine geschlängelte Ge-
fäße darstellen (Abb. 8.30). Um etwaige Ultra-
schallbefunde zu bestätigen, können allerdings
weitere Untersuchungen erforderlich sein. Durch
eine möglicherweise traumatisch bedingte Dis- ACC
sektion der Karotiswand kann in den Karotiden ACI
ein falsches Lumen entstehen (Abb. 8.31). Dieses
kann offen bleiben und in der Farbdopplersono-
graphie als zweites Lumen sichtbar sein. Es kann
aber auch zum Verschluss des falschen Lumens B
kommen, was eine Verringerung des Restlumens Abb. 8.31 Das B-Bild einer Karotisdissektion zeigt im
oder potenziell auch einen vollständigen Gefäß- Querschnitt (A) und im Längsschnitt (B) ein falsches
verschluss bewirken kann. Im Bild ist als feine Lumen.
109
8 Ultraschalldiagnostik der extrakraniellen hirnversorgenden Gefäße
8.13 Dokumentation
Im sonographischen Befund sollten Vorhanden-
sein, Lokalisation und Aussehen etwaiger Athe-
rome in der ACC und ACI beschrieben werden.
Jede signifikante Flussbeschleunigung entlang
RACM der Karotiden sollte erfasst und ausgewertet wer-
den, um den jeweiligen Stenosegrad abschätzen
RACP zu können. Ferner sollten aus der ACC, ACI oder
P1 ACE abgeleitete abnorme Wellenformen beschrie-
ben werden, zusammen mit einem Diagnosevor-
RACA P2 schlag. Erfasst werden auch das Vorhandensein
und die Richtung des Blutflusses in den Verte-
bralarterien. Auch etwaige Limitationen der Ka-
LACA rotisuntersuchung sollten deutlich hervorgeho-
LACP ben werden, z. B.:
LACM n unklare Identifizierung eines Verschlusses
bzw. subtotalen Verschlusses
n das Gefäß verdeckende Kalzifikationen
> 1 cm
Abb. 8.32 Die transkranielle Farbdopplersonographie n kein erkennbares Ende des pathologischen
kann zur Untersuchung der intrazerebralen Gefäße Gefäßprozesses in der ACI
eingesetzt werden (siehe Abb. 8.2A). n ob die sonographische Untersuchung an-
Abkürzungen: RACM = A. cerebri media rechts; RACP = sonsten suboptimal war.
A. cerebri posterior rechts; RACA = A. cerebri anterior Dient die sonographische Untersuchung der Aus-
rechts; LACA = A. cerebri links; LACM = A. cerebri wahl von Patienten für eine Operation ohne
media links; LACP = A. cerebri posterior links. präoperative Angiographie, sind bei der Unter-
110
Literatur 8.14
111
8 Ultraschalldiagnostik der extrakraniellen hirnversorgenden Gefäße
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112
Duplexsonographische Dia-
113
9 Duplexsonographische Diagnostik arterieller Erkrankungen der unteren Extremität
Nierenarterie
Aorta
Lumbalarterie
A. iliaca communis
A. iliaca interna
A. circumflexa iliaca
profunda A. epigastrica inferior
A. femoralis communis A. epigastrica superficialis
Adduktorenkanal
A. femoralis superficialis
A. poplitea Pars I
(oberhalb des
Kniegelenks)
A. genus descendens
A. genus superior
lateralis
A. poplitea
A. suralis A. genus inferior
A. genus inferior lateralis
medialis
A. recurrens Proximale
tibialis anterior Truncus A. tibialis anterior
tibiofibularis
A. fibularis
A. tibialis anterior A. tibialis
posterior
A. dorsalis pedis
A B
Abb. 9.1 A: Anatomie der Arterien im aortoiliakalen Bereich und der unteren Extremität in anteriorer Ansicht.
B: Arterienanatomie der unteren Extremität in der posterioren Ansicht.
riable Truncus tibiofibularis gabelt sich in die Der distale Fuß wird hauptsächlich von der
A. tibialis posterior (ATP) und die Aa. fibulares A. dorsalis pedis sowie der A. plantaris medialis
(Abb. 9.1B). Die A. tibialis posterior verläuft me- und der A. plantaris lateralis versorgt, den End-
dial entlang der Wade und zieht hinter dem ästen der A. tibialis anterior. Die A. dorsalis pedis
Malleolus medialis (oder Innenknöchel) in des- und die Aa. plantares anastomosieren zum Arcus
sen distalen Abschnitt. Die A. fibularis zieht tie- plantaris, der die Zehenarterien versorgt.
fer als die A. tibialis posterior am Fibularand ent-
lang und läuft in Richtung des lateralen Malleo-
lus (Außenknöchel) in dessen distales Segment. Kollateralwege und anatomische
Unbedingt zu beachten ist, dass die A. fibularis Varianten
bei Erkrankungen der A. tibialis häufig verschont
bleibt. Aus diesem Grund kann die Identifikation Tritt in einem Arterienabschnitt eine hochgra-
der A. fibularis von Vorteil sein, wenn eine dista- dige Stenose oder ein Verschluss auf, gibt es oft-
le Bypass-Operation erwogen wird. mals alternative Wege, die so genannten Kolla-
114
Anatomie des Arteriensystems der unteren Extremität 9.2
A. iliaca A. iliaca Lumbalarterien kommunizieren mit den Aa. iliolumbales der ipsilateralen
communis externa A. iliaca interna, welche die A. iliaca externa durch retrograden Fluss ver-
sorgen; denkbar ist auch die Kommunikation zwischen der kontralateralen
A. iliaca interna und der ipsilateralen A. iliaca interna
A. iliaca A. femoralis Ipsilaterale A. iliaca interna über pelvine Verbindungen zur A. circumflexa
externa communis iliaca profunda oder A. epigastrica inferior
A. femoralis Femoralis- Ipsilaterale Beckenarterien speisen die A. profunda femoris über die
communis bifurkation Aa. circumflexae femoris, die die A. femoralis superficialis durch einen
retrograden Fluss versorgen
A. femoralis A. poplitea Fluss über die A. profunda femoris (oder bei Durchgängigkeit auch Äste
superficialis Pars I der proximalen A. femoralis superficialis) zur A. genus descendens oder
A. genus superior, je nach Länge des Verschlusses der A. femoralis super-
ficialis
A. femoralis A. poplitea A. profunda femoris verzweigt sich zu den Ästen der A. poplitea unterhalb
superficialis Pars III (unter- des Kniegelenks
halb des Knie-
gelenks)
A. poplitea Distale Fluss über die oberen zu den unteren Kniearterien, je nach Höhe des Ver-
A. poplitea schlusses
115
9 Duplexsonographische Diagnostik arterieller Erkrankungen der unteren Extremität
116
Messung des Knöchel-Arm-Index und Belastungstests 9.3
ABPI Kommentar
>1 Normalbefund
< 0,3 Ischämie Abb. 9.4 Farbdopplerbild der A. tibialis anterior eines
diabetischen Patienten. Die starken Reflexionen (Pfeile)
lassen eine deutliche Kalzifizierung der Gefäßwände
erkennen. Zu beachten ist das perlenförmige Aussehen
Menschen t 1. Umgekehrt lässt ein Index von im Farbdopplerbild, das auf die Gefäßerkrankung und
0,25 auf eine schwere Ischämie und einen mög- die verkalkungsbedingte Abschwächung zurückzufüh-
lichen Ruheschmerz schließen. Bei der Auswer- ren ist.
tung der Messwerte von Diabetikern ist Vorsicht
geboten, da die Gefäßwände ihrer Wadenarterien
häufig kalzifiziert und starr sind (Abb. 9.4). Das Stenose. Schließlich wird ein Punkt erreicht, an
bedeutet, dass die Gefäße unter dem Druck der dem die Stenose eine weitere Zunahme des Blut-
aufgepumpten Blutdruckmanschette möglicher- flusses verhindert und der Patient das Einsetzen
weise nicht kollabieren, woraus sich falsch er- der Claudicatio in der Muskelgruppe distal des
höhte Messwerte ergeben. Ein Beispiel hierfür pathologischen Gefäßprozesses spürt. Wichtig
wäre etwa ein Knöcheldruck von 280 mmHg und ist, die Patienten während dieses Belastungstests
ein Brachialisdruck von 120 mmHg (Knöchel- engmaschig zu überwachen, da die Claudicatio
Arm-Index = 2,3). Abnorme Messwerte können bei vielen Patienten mit einer koronaren Herz-
das Vorliegen einer arteriellen Verschlusskrank- krankheit einhergeht. Eine Notrufanlage sollte
heit bestätigen, geben über die Lokalisation des unbedingt zur Hand sein. Ist kein Laufband vor-
Verschlusses im Bein aber keinen Aufschluss. Die handen, kann der Patient auch eine bekannte
segmentale Druckmessung mithilfe von mehre- Strecke, etwa den Korridor der Praxisräume, zu-
ren am Sprunggelenk, unterhalb und oberhalb rücklegen. Alternativ kann auch ein handels-
des Kniegelenks sowie am proximalen Ober- übliches Gerät zur Fußbeugung benutzt werden,
schenkel angelegten Manschetten kann bei der mit dem die Wadenmuskeln belastet werden,
Identifizierung des erkrankten Gefäßabschnitts während der Patient auf der Untersuchungsliege
helfen. Signifikante Druckunterschiede zeigen sitzt. Das verringert die Herzbelastung. Belastungs-
den zwischen den jeweiligen Gefäßabschnitten tests stellen auch ein sehr nützliches Screen-
bestehenden Krankheitsprozess auf. inginstrument dar, da die Claudicatio-Symptome
ABPI-Ruhemessungen können bei Patienten mit bei einigen Patienten möglicherweise durch an-
leichter bis mäßig schwerer Claudicatio unauffäl- dere Erkrankungen (z. B. Spinalkanalstenose, Is-
lig sein. Allerdings können die Messungen auch chias oder muskuloskelettale Probleme) bedingt
vor und nach Belastung des Patienten auf dem sein können. In diesen Fällen sind die nach Belas-
Laufband durchgeführt werden, um die Gehstre- tung gemessenen Drücke normal. Leider benut-
cke von Claudicatio-Patienten zu messen und die zen die verschiedenen Gefäßlabors unterschied-
Höhe des Druckabfalls nach Belastung zu bestim- lichste Belastungsprotokolle (z. B. Geschwindig-
men. Das liegt daran, dass Muskeln unter Belas- keit 2 – 4 km/h, Belastungsdauer 2 – 5 min und
tung einen gesteigerten Durchblutungsbedarf Steigung des Laufbandes 10 – 12 %), was den Ver-
haben. Bei erhöhtem Blutfluss kommt es über der gleich der Ergebnisse verschiedener Einrich-
Stenose jedoch zu einem erhöhten Druckabfall tungen erschweren kann. Zur Überwachung der
bei gleichzeitiger Senkung des Drucks distal der Therapie oder des Behandlungserfolgs kann bei
117
9 Duplexsonographische Diagnostik arterieller Erkrankungen der unteren Extremität
aufeinander folgenden Arztbesuchen aber im- schränken die Menge an Blut, das den Muskeln
merhin die individuelle Leistung des Patienten zusätzlich zugeführt werden kann, so ein, dass
gemessen werden. eine Claudicatio entsteht.
Viele Patienten mit Claudicatio intermittens
werden konservativ behandelt. Dazu zählt die
9.4 Symptome der periphe- Reduktion oder Ausschaltung der mit Atheroskle-
ren arteriellen Verschluss- rose assoziierten Risikofaktoren (z. B. Einstellung
des Rauchens). Ferner wird den Patienten ein
krankheit der unteren kontrolliertes Bewegungsprogramm empfohlen,
Extremität um rund um das erkrankte Gefäß einen Kolla-
teralkreislauf aufzubauen, der die Symptome im
Claudicatio intermittens Laufe der Zeit lindern kann. Zur Überwachung
des Behandlungsfortschritts können bei Bedarf
Die Atherosklerose stellt in den Industrieländern, serielle ABPI-Messungen oder Belastungstests
in denen bestimmte Lifestyle-Faktoren wie Er- durchgeführt werden. Die interventionelle Be-
nährung und Rauchen die Krankheitsprogredienz handlung besteht hauptsächlich in der perku-
beschleunigen können, ein relevantes Gesund- tanen Ballonangioplastie mit Dilatation der Ste-
heitsproblem dar. Man schätzt, dass ca. 4,5 % der nosen bzw. Verschlüsse mittels Ballonkatheter
Bevölkerung im Alter zwischen 55 und 74 Jahren (siehe Kap. 1). Zur Verhütung von Restenosen
von Claudicatio intermittens betroffen sind, und werden manchmal Arterienstents implantiert,
es gibt Hinweise darauf, dass Patienten mit Clau- obwohl bekannt ist, dass es bei einem Teil der
dicatio eine signifikant höhere kardiale Morta- Patienten infolge von Intimahyperplasien zu In-
lität aufweisen als Patienten ohne Claudicatio Stent-Stenosen kommt (siehe Abb. 9.21). Gele-
(Fowkes et al. 1991). Die Claudicatio intermittens gentlich ist der betroffene Arterienabschnitt so
wird durch eine Verengung in den unteren Bein- hart, dass sich der Stent nicht vollständig aus-
arterien hervorgerufen, und ihre Symptome kön- dehnen kann und eine Reststenose verbleibt. In-
nen sich über eine Reihe von Monaten oder Stent-Stenosen können duplexsonographisch
Jahren entwickeln. Typische Kennzeichen der erkannt und überwacht werden. Auf Bypass-
Claudicatio sind Schmerzen und Krämpfe in den Operationen wird, wenn der Patient nicht an
Beinmuskeln beim Gehen. Die Schmerzen zwin- einer schweren Claudicatio leidet, meist verzich-
gen den Patienten gewöhnlich, anzuhalten, und tet, da ein potenzielles, wenn auch geringes Ri-
er muss ausruhen, damit seine Beschwerden siko besteht, dass sich während oder nach der
nachlassen. Die Stärke der Schmerzen und die Operation Komplikationen entwickeln, die im
vom Patienten bewältigte Gehstrecke können Extremfall zur Amputation oder sogar zum Tod
von Tag zu Tag variieren. Im Allgemeinen führt führen können.
aber forsches Gehen oder das Gehen an einer
Steigung rasch zum Einsetzen der Symptome. Die
Schmerzlokalisation (d. h. Waden-, Gesäß- oder Chronisch kritische Beinischämie
Oberschenkelmuskulatur) gibt oftmals Hinweise
auf den Krankheitsbefall. So treten bei aortoilia- Die chronisch kritische Beinischämie entsteht,
kaler Erkrankung die Schmerzen im Oberschen- wenn der Blutfluss jenseits einer arteriellen Ste-
kel, Gesäß und letztlich in der Wade auf, wohin- nose oder eines arteriellen Verschlusses so stark
gegen ein femoropoplitealer Krankheitsprozess abnimmt, dass der Patient im Ruhezustand
mit Wadenschmerzen assoziiert ist. Gelegentlich Schmerzen im betroffenen Bein verspürt, da die
treten die körperlichen Zeichen einer Durchblu- metabolischen Anforderungen der distalen Ge-
tungsstörung am Unterschenkel auf, beispiels- webe nicht erfüllt werden können. Typisch dafür
weise Haarausfall an der Wade und fehlendes ist ein starker nächtlicher Ruheschmerz, der den
Nagelwachstum. Eine Claudicatio tritt nur unter Patienten dazu zwingt, in einem Sessel zu schla-
Belastung auf, da die Muskelgruppen distal einer fen oder das Bein über die Bettkante hängen zu
Stenose oder eines Verschlusses in Ruhe ausrei- lassen. Durch den erhöhten hydrostatischen
chend gut durchblutet bleiben. Unter Belastung Druck verbessert sich der Blutfluss. Auch Ulzera-
jedoch steigt der metabolische Bedarf der Mus- tionen und Gangrän sind zu beobachten (Abb.
keln rasch an. Die Stenose bzw. der Verschluss 9.5). Die European Working Group (1992) on
118
Symptome der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit der unteren Extremität 9.4
119
9 Duplexsonographische Diagnostik arterieller Erkrankungen der unteren Extremität
kann, wird meist eine Notfallamputation durch- weniger Unbehagen bereitet, wenn mit der Sonde
geführt. Akute Ischämien können auch infolge Druck ausgeübt werden muss. Zur Vermeidung
einer Mikroembolisation des Fußes auftreten, die einer peripheren Vasokonstriktion sollte der Un-
einen Verschluss der kleinen Gefäße bewirkt. tersuchungsraum angenehm temperiert sein
Diese Mikroemboli können aus dem Herzen, aus (> 20 °C).
atherosklerotischen Plaques oder aus einem Aneu-
rysma herrühren. Nicht selten ist in diesem Fall
ein Popliteapuls tastbar. Geräteeinstellungen
Mikroembolisationen im Fuß werden häufig als
„trash foot“ bezeichnet. Dabei können lokalisier- Zunächst sollte das Ultraschallgerät für die Un-
te Gewebsnekrosen auftreten. Ist ein großes Ge- tersuchung der peripheren Arterien konfiguriert
webeareal betroffen, muss mit einem ungünsti- werden, allerdings kann bei Vorliegen signifi-
gen Ergebnis gerechnet werden. kanter Krankheitsprozesse im weiteren Verlauf
der Untersuchung eine Adjustierung der Geräte-
einstellungen erforderlich werden (siehe Kap. 7).
9.5 Praktische Tipps für die Zur Darstellung mittlerer Flussgeschwindigkeiten
duplexsonographische wird die Farb-PRF normalerweise auf einen Wert
zwischen 2,5 und 3 kHz eingestellt.
Untersuchung der
unteren Extremität
Ziel der Untersuchung ist es, den Krankheitspro-
9.6 Beginn der sonographi-
zess im arteriellen System des Beines zu lokali- schen Untersuchung
sieren und seinen Schweregrad abzuschätzen.
Wie viel Zeit für diese Untersuchung aufgewendet Die Sonographie beginnt sinnvollerweise mit der
werden muss, richtet sich nach der Anzahl der zu Untersuchung der A. femoralis communis (AFC)
untersuchenden Gefäßabschnitte. Im Normalfall im Leistenbereich, da die auf dieser Höhe be-
dauert die Untersuchung des femoropoplitealen obachteten Blutflussmuster Auskunft über den
Segments in beiden Beinen eine halbe Stunde. Zustand der aortoiliakalen Arterien und Hinwei-
Für die beidseitige Untersuchung des Gesamt- se auf den Zustand der A. femoralis superficialis
bereichs von der aortoiliakalen Region bis zum (AFS) geben können (d. h. Abgangsverschluss
Sprunggelenk müssen je nach Erfahrung des Un- oder Hochwiderstandsfluss infolge eines proxi-
tersuchers dagegen bis zu eineinhalb Stunden malen Verschlusses). Wichtig sind gute anato-
veranschlagt werden. Normalerweise erfordert mische Kenntnisse über die Arterien und Venen
die Duplexsonographie der unteren Extremität in Leistenhöhe. Ferner sollte der Untersucher in
keine besondere Vorbereitung. Dennoch ver- der Lage sein, die wichtigsten Äste und Mün-
langen manche angiologischen Einrichtungen, dungsbereiche sowie ihre Beziehung zueinander
dass der Patient am Abend vor einer Untersu- zu identifizieren (Abb. 9.6). Ein 5-MHz-Linear-
chung der aortoiliakalen Arterien nüchtern bleibt, schallkopf oder eine entsprechende Breitband-
um die Darstellung dieser Region zu verbessern. sonde sind für das Sonographieren der Femoral-,
Unserer Erfahrung nach ist das Fasten, vor allem Popliteal- und Wadenarterie am besten geeignet.
bei kurzfristig angesetzten sonographischen Un- Für den aortoiliakalen Abschnitt wird eine Cur-
tersuchungen, allerdings wenig hilfreich. Eine ved-Linear-Array- (Abdominalsonde mit 3,5 MHz)
Darmvorbereitung hat sich als sinnvoll erwiesen, oder eine entsprechende Breitbandsonde ver-
obwohl eine solche Maßnahme in der Praxis ge- wendet. Die segmentalen Leitstrukturen können
rade bei älteren oder diabetischen Patienten nur in beliebiger Reihenfolge untersucht werden.
schwer durchführbar ist und sich bei einem ein- Während der gesamten Untersuchung sollte eine
maligen Klinikaufenthalt auch als sinnlos er- Kombination aus B-Bild-, Farb- und Spektral-
weist. dopplersonographie eingesetzt werden. Die farb-
Die Blase des Patienten sollte vor der Untersu- kodierte Darstellung ist für die Identifizierung
chung der aortoiliakalen Gefäße geleert werden, der aortoiliakalen und der Wadenarterien von
da dies die Darstellung der interessierenden Ge- entscheidender Bedeutung. Die Geschwindig-
fäßabschnitte verbessert und es dem Patienten keitsmessungen mittels Spektraldoppler sollten
120
Beginn der sonographischen Untersuchung 9.6
SmC
AFC V AFC
V
1 2
3
4
5 AFS
6
AFS 7
VFS
APF V
APF
VP
Abb. 9.6 Anatomie der rechten A. und V. femoralis in der Leiste, mit entsprechender B-mode-Sonographie in
transversaler Schnittführung in vier verschiedenen Ebenen. Die Zahlen im Schaubild bezeichnen folgende Gefäße:
1 = A. femoralis communis, 2 = V. femoralis communis, 3 = V.-saphena-magna-Crosse, 4 = A. femoralis superficia-
lis, 5 = A. profunda femoris, 6 = V. femoralis superficialis, 7 = V. profunda femoris. Die auf den Schnittbildern dar-
gestellten Gefäße sind die V. femoralis communis (V), A. femoralis communis (AFC), V.-saphena-magna-Crosse
(SmC), A. femoralis superficialis (AFS), A. profunda femoris (APF), V. femoralis superficialis (VFS) und V. profunda
femoris (VPF). Zu beachten ist, dass die Femoralisbifurkation manchmal oberhalb der V.-saphena-magna-Crosse
lokalisiert ist. Wie im B-Bild zu sehen, neigt die A. femoralis superficialis außerdem dazu, den oberen Bereich der
V. femoralis superficialis zu überlagern.
121
9 Duplexsonographische Diagnostik arterieller Erkrankungen der unteren Extremität
122
Beginn der sonographischen Untersuchung 9.6
AFC
AIE
AIC
AII
A B
Abb. 9.8 A: Die Farbbildmontage der Zuflussarterien zeigt die AIC, die A. iliaca externa (AIE) und die A. iliaca in-
terna (AII) sowie die AFC. Achten Sie auf die Stenose an der Iliacabifurkation (Pfeil), die am Alias-Effekt erkennbar
ist. B: Das Spektraldopplerbild zeigt eine hochgradige Stenose der AIE, erkennbar an hoher systolischer Flussge-
schwindigkeit, Aliasing und Spektralverbreiterung. Zur Verbesserung des Beschallungswinkels wurde das Farbfens-
ter am Rand des Sektorbildes platziert.
femoris lokalisieren. Drehen Sie den Schall- n Zur Untersuchung der A. poplitea dreht sich
kopf dazu leicht nach innen. der Patient auf die Seite. Alternativ ist auch
n Anschließend wird die AFS im Längsschnitt die Bauchlage möglich, der Fuß wird unter-
entlang des medialen Oberschenkelanteils, polstert. Von vielen älteren Patienten wird
wo sie über der V. femoralis superficialis diese Lage allerdings nicht gut toleriert. Die
liegt, nach distal verfolgt (Abb. 9.10C). Ver- A. poplitea kann auch dargestellt werden,
liert sich die AFS im Bild, ist sie im Quer- wenn die Beine über den Rand der Untersu-
schnitt leichter wiederzufinden (Abb. 9.10D). chungsliege hängen und der Fuß auf einem
In ihrem distalen Abschnitt verläuft die AFS Stuhl ruht. Für welche Lagerung Sie sich
in der Tiefe und tritt in den Adduktorenka- auch entscheiden: Wichtig ist, das Kniege-
nal ein. Von hier an wird sie als A. poplitea lenk auf keinen Fall zu überstrecken, da dies
bezeichnet. Meist kann aus dieser Position die Darstellung der A. poplitea erschwert.
die proximale A. poplitea knapp über dem n Wenn Sie in der Mitte der Kniekehle be-
Knie dargestellt werden (siehe Abb. 9.10E). ginnen, liegt die A. poplitea im Querschnitt
Bei Patienten mit kräftigen Oberschenkeln hinter der V. poplitea (Abb. 9.10F). Im Längs-
gelingt die Darstellung dieser Arterie mit schnitt wird die A. poplitea dann oberhalb
einer 3,5-MHz-Sonde oftmals besser. der Kniekehle nach proximal verfolgt; so
AFS
ATP
APF
APF TTF
POP
AF
ATA
Abb. 9.9 Eine Farbbildmontage der femoropoplitealen und der Wadenarterien. Das Bild zeigt die A. profunda fe-
moris (APF), die A. femoralis superficialis (AFS), die A. poplitea (POP), den Truncus tibiofibularis (TTF), die A. tibia-
lis posterior (ATP), A. tibialis anterior (ATA) und die A. fibularis (AF).
123
9 Duplexsonographische Diagnostik arterieller Erkrankungen der unteren Extremität
124
Beginn der sonographischen Untersuchung 9.6
ATA
ATA ⴞ AF
L M
A E
T ATA D L M
T A E
E I
R A T D
ATA
A L E I
R T A
L F
A L
L F
TTF
TPT AF ATP
ATP
AF
TTF
TTF
AF
A B
Abb. 9.11 Die beiden Wadenquerschnitte zeigen die Schallkopfpositionen für die Darstellung der Tibialarterien
und -venen in der Wade im Längsschnitt. A: Zur Darstellung der Gefäße in der oberen Wade proximal der Bifurka-
tion des Truncus tibiofibularis (TTF) eignen sich mehrere Positionen. B: Tibialarterien für die Darstellung von A. ti-
bialis posterior (ATP), A. tibialis anterior (ATA) und A. fibularis (AF) in der mittleren und unteren Wade. Achten Sie
darauf, dass es – wie im Bild gezeigt – möglich ist, aus einer ähnlichen Position heraus zwei Gefäße darzustellen.
chel oder Malleolus medialis verfolgt. Bei kopf im Längsschnitt möglicherweise leicht nach
der Darstellung von der medialen Wade aus anterior oder posterior kippen.
liegt diese Arterie über der A. fibularis. Ansicht 2 Die A. fibularis kann ab ihrem Abgang
n Der Abgang und ein kurzer Abschnitt der unterhalb des Knies und entlang der Wade distal
A. tibialis posterior sind häufig auch aus auch aus einer posterolateralen Position nachver-
einer posterolateralen Position unterhalb folgt werden.
des Kniegelenks darstellbar; hier ist zu se- Ansicht 3 Manchmal lässt sich die A. fibularis
hen, dass sie nach ihrem Abgang vom Trun- von der anterolateralen Seite der Wade aus dar-
cus tibiofibularis in die Tiefe zieht. stellen. Hier ist sie tief unter der A. tibialis ante-
rior zu sehen. Aus dieser Position lassen sich die
Bilder der A. fibularis am schwierigsten erhalten.
A. fibularis
Die A. fibularis muss möglicherweise aus mehre-
ren verschiedenen Positionen dargestellt werden Beurteilung von Aa. tibiales und Arcus
(Abb. 9.11B). Die optimale Position ist von Pa- plantaris vor Bypass-Operationen
tient zu Patient verschieden.
Ansicht 1 Die A. fibularis kann ab ihrem Abgang Mithilfe der mit einem CW-Doppler kombinier-
entlang der Wade aus derselben medialen Waden- ten Duplexsonographie kann vor einer distalen
position verfolgt werden, wie wir es für die Dar- Bypass-Operation festgestellt werden, welche Wa-
stellung der A. tibialis posterior beschrieben denarterie die distale Fußregion mit der größten
haben. Aus dieser Position ist zu sehen, dass die Blutmenge versorgt (McCarthy et al. 1999), um
A. fibularis am Fibularand tiefer liegt als die A. ti- so das Zielgefäß für die distale Anastomose aus-
bialis posterior und von den größeren Vv. fibu- zuwählen. Dies ist wichtig, da es einer arteriellen
lares umgeben ist. Um den Verlauf der A. fibularis Blutbahn zum Fuß mit niedrigem Widerstand
nach distal zu verfolgen, müssen Sie den Schall- distal des Gefäßimplantats bedarf, damit gewähr-
125
9 Duplexsonographische Diagnostik arterieller Erkrankungen der unteren Extremität
leistet ist, dass das Implantat durchgängig und ausgeübt, um das Gefäß am Knöchel zu verschlie-
der Fuß durchblutet bleibt. Die drei Tibialarterien ßen. Kommt es während der Kompression zu
der Wade weisen Verbindungen zum Arcus plan- einer deutlichen Verringerung oder zum Sistieren
taris auf, der am Ende des Fußes lokalisiert ist. des Blutflusses am Arcus plantaris, lässt dies dar-
Die A. tibialis posterior und die A. dorsalis pedis auf schließen, dass die ausgewählte Tibialarterie
haben über die Aa. plantares den größten Anteil sich im Arcus plantaris fortsetzt. Diese Art der Be-
an der Versorgung des Arcus plantaris, der die urteilung kann sehr kompliziert sein, da der Arcus
plantaren Metatarsalarterien und die kleinen Ze- plantaris möglicherweise von mehr als einer of-
henarterien versorgt. Das Bein des Patienten soll- fenen Tibialarterie versorgt wird. Auch die A. fi-
te bei der Untersuchung herabhängen, um den bularis kann über ihre Äste die distale A. tibialis
Blutfluss distal der erkrankten Gefäßabschnitte anterior oder die A. dorsalis pedis versorgen, die
zu maximieren. Mit einem Duplexscanner kön- wiederum die Versorgung des Arcus plantaris
nen Durchgängigkeit und Qualität der einzelnen übernehmen können.
Tibialarterien bis in Knöchelhöhe beurteilt wer-
den. Anschließend werden mit einer CW-Dopp-
lersonde die Dopplersignale aus dem Arcus plan- Häufig auftretende Probleme
taris ausgewertet. Abbildung 9.3 veranschaulicht
die Schallkopfposition für die Untersuchung des Bei der Duplexsonographie der unteren Extremi-
Blutflusses am Arcus plantaris. Über der am bes- tät können verschiedene Probleme und Fehler
ten geeigneten Tibialarterie, die zuvor durch Dup- auftreten. Einige der häufiger vorkommenden
lexsonographie des Zielgefäßes bestimmt wurde, Probleme sind in Tabelle 9.4 zusammengefasst.
wird dann ein selektiver Druck mit dem Finger
Tab. 9.4 Bei der Duplexsonographie der Beinarterien häufiger auftretende Probleme
Femoropopliteale Adipöser Patient mit Wenn Sie zur besseren Durchdringung eine Breitbandsonde
Arterien starkem Oberschenkel verwenden, verringern Sie die Sendefrequenz des Farb- und
Spektraldopplers; erwägen Sie in sehr schwierigen Situationen
auch den Wechsel zu einem Curved-Linear-Array-Schallkopf
von 3,5 MHz
Tibialarterien Starke Wade mit Beginnen Sie die Untersuchung am Knöchel und arbeiten Sie
großem Ödem sich nach proximal vor; zur proximalen Darstellung dieser
Gefäße können Sie einen 3,5-MHz-Linearschallkopf benutzen
Tibialarterien Extrem geringer Fluss Reduzieren Sie die Pulswiederholfrequenz und die Wandfilterein-
infolge proximaler stellungen; zur Erhöhung des distalen Blutflusses sollte der Pati-
Verschlüsse ent das Bein von der Untersuchungsliege herabhängen lassen
126
Sonographische Befunde 9.7
9.7 Sonographische Befunde dieses Phänomen in der AFS und der A. poplitea
zu beobachten. In Kombination mit der farb-
kodierten Dopplersonographie gelingt mit der B-
B-Bildgebung Bildtechnik auch die Identifizierung von akuten
Verschlüssen der AFS oder A. poplitea. Mögli-
Normalbefunde
cherweise ist im Gefäßinnern ein frischer Throm-
Wie bei den Karotiden sollte das Lumen einer bus vorhanden. Das Lumen erscheint zwar deut-
normalen peripheren Arterie deutlich sichtbar lich oder zeigt im Bild nur minimale Reflexionen,
sein, und die Wände sollten in jedem arteriellen da Thromben eine ähnliche Echogenität aufwei-
Segment einheitlich aussehen, obwohl das Bild sen wie Blut (Abb. 9.13). Doch das Farbdoppler-
des Gefäßes auch Speckle-Rauschen aufweisen spektrum zeigt das Fehlen eines Blutflusses im
kann. Manchmal ist in normalen Femoral- und verschlossenen Gefäßabschnitt an. Der Ver-
Poplitealarterien die Intima-Media-Schicht der schluss setzt oftmals sehr abrupt ein, wobei pro-
Arterienwand zu sehen. Die deutliche Darstel- ximal kaum pathologische Prozesse zu sehen
lung der Gefäße im aortoiliakalen Segment, im sind.
Bereich des Adduktorenkanals und der Wade ge- Abnorme Dilatationen oder arterielle Aneurys-
staltet sich ohne Farbkodierung in der Praxis men sollten, wie in Kapitel 11 beschrieben, mit-
häufig schwierig. hilfe des B-Bildes vermessen werden.
KALZIFIKATION A POP
127
9 Duplexsonographische Diagnostik arterieller Erkrankungen der unteren Extremität
Pathologische Befunde
Abb. 9.14 Zwei hochgradige Stenosen in der AFS sind
Mithilfe der in Kapitel 7 beschriebenen Farbein- an den Bereichen mit gestörtem Farbdopplerfluss und
stellungen sind Arterienstenosen als Bereiche mit Aliasing erkennbar (Pfeile).
gestörter Strömung oder Aliasing nachweisbar.
Hochgradige Stenosen erzeugen im Farbmodus
oftmals ein gestörtes Strömungsmuster, das sich Segmentmitte vor. Ist der Verschluss am Arterien-
distal der Läsion auf einer Länge vom 3- bis 4fa- abgang in Höhe einer wichtigen Bifurkation lo-
chen des Gefäßdurchmessers erstreckt (Abb. 9.8 kalisiert, ist normalerweise im Nebenast noch ein
und 9.14). Zur Abschätzung des Stenosegrades Blutfluss nachweisbar. So ist etwa bei einem Ver-
sollten alle Bereiche mit gestörtem Farbfluss mit- schluss der AFS meist noch die A. profunda femo-
tels winkelkorrigiertem Spektraldoppler abgefah- ris offen (Abb. 9.15). Ist der Arterienverschluss im
ren werden. Darüber hinaus kann das farbko- Mittelsegment lokalisiert, kann man im Allge-
dierte Dopplerbild des Blutflusses in einer nicht meinen sehen, dass am Anfang des Verschlusses
erkrankten Arterie distal eines signifikanten pro- vom Hauptstamm Kollateralen abgehen. Ebenso
ximalen Gefäßprozesses einen gedämpften Fluss sorgen Kollateralgefäße auch am distalen Ver-
und geringe Flussgeschwindigkeiten zeigen, der schlussende für die Wiederherstellung des Blut-
als kontinuierlicher Fluss in eine Richtung ange- flusses in der Arterie (Abb. 9.16). Vom Haupt-
zeigt wird. stamm abzweigende Kollateralen können einen
Von Verschlüssen in den Beinarterien sind am geschlängelten Verlauf aufweisen, und manch-
häufigsten die AFS und die A. poplitea betroffen. mal sind sie nur zu sehen, wenn die Hauptarterie
Ein Verschluss ist durch einen vollständigen im Querschnitt dargestellt wird. Daher ist es sinn-
Farbflussausfall im Gefäß nachweisbar. Verschlüs- voll, das Gefäß bei Verdacht auf einen Verschluss
se kommen an den Arterienabgängen oder in der sowohl im Längs- als auch im Querschnitt zu
AIC
VIC
AIE
APF
AII
A B
Abb. 9.15 A: Farbdopplerbild der Femoralisbifurkation mit Verschluss des AFS-Abgangs (Pfeil). Die A. profunda
femoris (APF) ist offen. B: Farbdopplerbild eines Verschlusses der A. iliaca externa (AIE) (Pfeil). Die AIC und A. iliaca
interna (AII) sind offen. Sichtbar ist auf diesem Bild auch die V. iliaca communis (VIC).
128
Sonographische Befunde 9.7
untersuchen. Häufig muss die PRF distal eines interpretiert werden, da das Blut infolge der Ent-
Verschlusses reduziert werden (typischerweise wicklung eines guten Kollateralflusses um den er-
auf 1 kHz), um die Sensitivität des Ultraschall- krankten Gefäßabschnitt nur sehr langsam durch
gerätes für niedrigere Flussgeschwindigkeiten zu die Verengung strömt. Um niedrige Flussgeschwin-
erhöhen. Distal eines Verschlusses zeigt das Farb- digkeiten im Bereich dieser Läsionen zu untersu-
dopplerbild oftmals einen kontinuierlichen Vor- chen, sollte die PRF reduziert werden.
wärtsfluss mit verminderter Pulsatilität, was auf
die Dämpfung des normalen Blutflussmusters zu-
rückzuführen ist. Ferner kann sich der Blutfluss Spektraldopplersonographie
in der Hauptarterie distal eines Verschlusses im
Normalbefunde
Laufe der ersten paar Zentimeter zunehmend
verbessern, da sich mehr Kollateralen mit dem In Ruhe zeigt der arterielle Blutfluss in der un-
Hauptstamm vereinigen. Dieser Effekt ist im teren Extremität in der normalen Spektraldopp-
Farbdopplerbild erkennbar (Abb. 9.17). Bei ho- lerkurve ein triphasisches Flussmuster mit einem
hen Flussgeschwindigkeiten in einem Kollateral- deutlichen Spektralfenster (Abb. 9.18). Bei gesun-
gefäß zeigen sich an dem Punkt, an dem die Kol- den jungen Erwachsenen kann man gelegentlich
lateralen wieder einmünden, in der Hauptarterie sogar vier Phasen sehen. Bei älteren Patienten
Bereiche mit deutlich gestörter Strömung, die oder Patienten mit einem verminderten Herzzeit-
fälschlicherweise als Stenosen gedeutet werden volumen kann die Kurvenform biphasisch oder
können. Zur gründlichen Untersuchung solcher sogar monophasisch sein. Die mittlere systolische
Abschnitte sollte ein Spektraldoppler eingesetzt Spitzengeschwindigkeit in der A. iliaca externa,
werden. Ebenso kann es vorkommen, dass lange der A. femoralis superficialis und der A. poplitea
Stenoseabschnitte fälschlicherweise als Verschluss beträgt 119, 90 bzw. 68 cm/s (Jager et al. 1985).
Abb. 9.17 Eine Farbbildmontage zeigt den Fluss in der A. poplitea distal eines Verschlusses (O). Der Fluss nimmt
distal des Verschlusses progressiv zu, da mehr Kollateralgefäße in die Hauptarterie münden (Pfeile). An den Stellen,
an denen die Hauptarterie von Kollateralen versorgt wird, kann es zu deutlichen Flussstörungen kommen, die man
fälschlicherweise für Stenosen halten kann.
129
9 Duplexsonographische Diagnostik arterieller Erkrankungen der unteren Extremität
A
B
A B
Abb. 9.18 Ein aus der AFS abgeleitetes normales
triphasisches Dopplerspektrum.
130
Sonographische Befunde 9.7
Tab. 9.5 Vorschläge für Kriterien zur Graduierung von Beinarterienerkrankungen der unteren Extremität an-
hand von Geschwindigkeitsverhältnissen (siehe im Text zitierte Literaturhinweise)
0 – 49 % <2 Die Wellenform ist triphasisch, aber bei Erreichen eines Stenose-
grades von 49 % zeigen sich eine leichte Spektrumverbreiterung
sowie eine Zunahme der enddiastolischen Geschwindigkeiten
Verschluss Kein Fluss nach- Proximal eines Verschlusses zeigen die Dopplerspektren oftmals ein
weisbar Hochwiderstandsflussmuster
131
9 Duplexsonographische Diagnostik arterieller Erkrankungen der unteren Extremität
132
Dokumentation 9.10
Zystische Adventitia-Degeneration
der A. poplitea
Diese seltene Erkrankung wird durch eine zysti-
sche Schwellung der Arterienwand hervorgeru-
fen, die das Lumen der A. poplitea beeinträchtigt
Stenosen bzw.
und letztlich zum Verschluss führt. Häufig ist Verschlüsse
diese Läsion supragenual lokalisiert und sollte der Tibialarterien
beim jungen Patienten – vor allem in Abwesen-
heit anderer Krankheitsprozesse – als potenzielle
Symptomursache in Betracht gezogen werden.
Behandelt wird durch Exzision und lokale Ver-
sorgung des Gefäßabschnitts oder durch Anlage
eines Bypasses.
Abb. 9.22 Die einfachste Methode zur Dokumenta-
tion von sonographischen Befunden der unteren Ex-
9.10 Dokumentation tremität stellt die graphische Dokumentation auf Be-
fundbögen dar. In ein solches Gefäßschema können
Unserer Erfahrung nach ist die einfachste Metho- stenotische Bereiche eingezeichnet und die entspre-
de zur Dokumentation sonographischer Befunde chenden Geschwindigkeitswerte angegeben werden.
die Verwendung von Gefäßschemata (wie in Verschlüsse werden durch Schwärzen der betreffenden
Abbildung 9.22), in denen die Lokalisation des Regionen markiert.
Gefäßprozesses eingezeichnet und die entspre-
chenden Geschwindigkeitsmesswerte und -quo-
tienten eingetragen werden können. Einer Be-
urteilung nicht zugängliche Bereiche können
133
9 Duplexsonographische Diagnostik arterieller Erkrankungen der unteren Extremität
schraffiert dargestellt werden. Auch für Chirur- Hennerici M, Neuerburg-Heusler D 1998 Vascular dia-
gen und Ärzte ist diese Form der Befunddoku- gnosis with ultrasound. Thieme, Stuttgart, pp 179 – 180
Jager K A, Ricketts H J, Strandness D E Jr 1985 Duplex scan-
mentation hilfreich, da sie sich mit derlei Befun- ning for the evaluation of lower limb arterial disease. In:
den häufig im arbeitsreichen Klinikalltag befas- Bernstein E F (ed) Noninvasive diagnostic techniques in
sen müssen und das Lesen mehrerer Seiten Text vascular disease. C V Mosby, St Louis, pp 619 – 631
Legemate D A, Teeuwen C, Hoeneveld H, et al 1989 The
sehr zeitaufwändig sein kann. Bei Überweisungen
potential of duplex scanning to replace aortoiliac and
zur Angiographie oder Angioplastie können Ko- femoro-popliteal angiography. European Journal of Vas-
pien des Berichts an den Radiologen geschickt cular Surgery 3 (1): 49 – 54
werden, sodass dieser die Punktionsstellen vorab Legemate D A, Teeuwen C, Hoeneveld H, et al 1991 Spec-
tral analysis criteria in duplex scanning of aortoiliac and
planen kann. In vielen Fällen kann eine Angio- femoropopliteal arterial disease. Ultrasound in Medicine
plastie ohne ein diagnostisches Arteriogramm and Biology 17 (8): 769 – 776
durchgeführt werden. McCarthy M J, Nydahl S, Hartshorne T, et al 1999 Color-
coded duplex imaging and dependent Doppler ultra-
sonography in the assessment of cruropedal vessels.
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134
Duplexsonographische Dia-
135
10 Duplexsonographische Diagnostik arterieller Erkrankungen der oberen Extremität
im Bereich des Ellenbogens. Die A. brachialis Tab. 10.1 Anatomische Varianten der Schulter- und
folgt einem medialen bis lateralen Verlauf über Armarterien
dem inneren Ellenbogen (Fossa cubitalis) und
teilt sich dann, 1 – 2 cm unterhalb des Ellen- Arterie Varianten
bogens, in die A. radialis und die A. ulnaris. Die
A. subclavia Gemeinsamer Abgang mit der A. ca-
Ulnararterie zieht unter den Beugesehnen in der sinistra rotis communis vom Aortenbogen
Tiefe in den proximalen Unterarm. Die A. radialis
verläuft entlang der lateralen Unterarmseite in A. brachialis Hohe Bifurkation der
Richtung Daumen und ist am Handgelenk palpa- A. brachialis
bel. Gelegentlich tritt die entlang der medialen A. radialis Hoher Abgang von der
Unterarmseite verlaufende A. ulnaris als domi- A. axillaris
nante Unterarmarterie auf. Ein wichtiger Ast der
A. ulnaris im proximalen Unterarm ist die A. in- A. ulnaris Hoher Abgang von der
A. axillaris
terossea communis, da sie bei einem Verschluss
136
Praktische Tipps für die duplexsonographische Diagnostik 10.4
137
10 Duplexsonographische Diagnostik arterieller Erkrankungen der oberen Extremität
Untersuchung von der Seite der Untersuchungs- einen guten Kontakt zwischen Haut und flachem
liege aus durchgeführt. Der Arm des Patienten ist Schallkopf muss die Vertiefung der Fossa supra-
dazu abduziert und nach außen rotiert und liegt clavicularis eventuell mit zusätzlichem Kupp-
auf einer Armlehne oder einer anderen geeig- lungsgel aufgefüllt werden. Anschließend wird
neten Stütze. Bei der Untersuchung der distalen die A. subclavia im Längsschnitt nach lateral ver-
A. brachialis sowie der Radial- und Ulnararterien folgt, wobei sie unter die Clavicula taucht, wo
ruht die Hand mit der Innenseite nach oben auf ein großer Schallschatten erkennbar ist (siehe
einem Polster. Das Ultraschallgerät sollte für die Abb. 10.12). Häufig ist ein durch die Thoraxwand
Untersuchung der peripheren Arterien konfigu- unterhalb der Arterie hervorgerufenes Spiegel-
riert sein; sind keine spezifischen Voreinstellun- artefakt der A. subclavia zu sehen (siehe Abb.
gen für die obere Extremität verfügbar, sollten Sie 7.7).
die Einstellung für Beinarterienuntersuchungen Die A. subclavia taucht unterhalb des Schlüssel-
wählen. beins wieder auf und wird nach distal weiterver-
folgt, wo sie in die A. axillaris übergeht. Um die
A. axillaris in ihrem Längsverlauf darzustellen,
10.5 Untersuchungstechniken
Für die Untersuchung der A. subclavia und der
A. axillaris ist ein flacher 5-MHz-Linearschallkopf
oder eine entsprechende Breitbandsonde am bes- Fossa supraclavicularis
ten geeignet. Im Falle der A. brachialis, der Radi-
Clavicula
al- und Ulnararterien werden die besten Aufnah-
men mit einem flachen 10-MHz-Linearschallkopf
oder einer entsprechenden Breitbandsonde er- Fossa infra-
clavicularis
zielt, da die Radial- und Ulnararterien vor allem
A. axillaris A. subclavia
am Handgelenk sehr oberflächennah verlaufen.
Zur Darstellung der proximalen A. subclavia in
Höhe der Fossa supraclavicularis kann auch ein
Konvexschallkopf (5 – 7 MHz) von Vorteil sein,
A. brachialis
da er sich den Körperkonturen in diesem Bereich
besser anpasst. Die Schallkopfpositionen zur Dar-
stellung der Arm- und Schulterarterien sind Ab-
bildung 10.3 zu entnehmen. Eine Farbbildmon-
tage der Arterien der oberen Extremität zeigt Ab-
bildung 10.4.
138
Untersuchungstechniken 10.5
eignen sich zwei Positionen. Beim anterioren Zu- nach distal in Richtung A. brachialis verfolgt wer-
gang sieht man, dass die A. axillaris tief unter der den.
Schultermuskulatur verläuft. Für die Verfolgung Interessanterweise lässt sich oftmals auch der
der distalen A. axillaris aus dieser Position ist proximale Abschnitt der A. thoracica interna, ein
manchmal auch ein 3,5-MHz-Konvexschallkopf proximaler Ast der A. subclavia, darstellen. Diese
von Nutzen. Zum anderen kann die A. axillaris Arterie wird häufig für Koronarbypass-Opera-
von der Axilla (Achselhöhle) aus dargestellt und tionen verwendet und operativ mit dem Herzen
anastomosiert. Sie zweigt in einem 90 °-Winkel
vom inferioren Anteil der A. subclavia ab und
zieht die Thoraxwand hinunter. Die Durchgän-
gigkeit des Implantats kann durch Nachweis
AS eines Blutflusses in der proximalen A. thoracica
jenseits ihres Abgangs bestätigt werden. Das
Flussmuster in der das Herz versorgenden Arterie
zeigt eine ungewöhnliche Wellenform mit einem
AA hohen diastolischen Strömungsanteil.
Arteria brachialis
Die A. brachialis wird als Fortsetzung der A. axil-
laris entlang der Arminnenseite bis zum Ellenbo-
gen verfolgt, wo sie zur Fossa cubitalis herüber-
DB zieht und oberflächennah verläuft.
AB Die distale A. brachialis wird über dem Ellenbo-
gen bis zu dem Punkt abgefahren, an dem sie sich
im proximalen Unterarm in die Radial- und Ul-
nararterie teilt.
AU
Arcus palmaris und Digitalarterien
AR
Die Darstellung des Arcus palmaris und der Fin-
Abb. 10.4 Farbbildmontage der Arterien der oberen gerarterien gelingt mittels Duplexsonographie,
Extremität, links, mit Darstellung von A. subclavia (AS), obschon der kontinuierliche Doppler bei der De-
A. axillaris (AA), A. brachialis (AB), A. profunda brachii tektion arterieller Signale, und hier insbesondere
(DB), A. radialis (AR), A. interossea communis (I) und der Fingerarterien, deutlich schneller und leich-
A. ulnaris (AU). ter zu handhaben ist. Gelegentlich wird die A. ra-
139
10 Duplexsonographische Diagnostik arterieller Erkrankungen der oberen Extremität
dialis im Rahmen koronarer Bypass-Operationen des peripheren Widerstands und einen ver-
als Transplantat verwendet. Mit dem CW-Dopp- mehrten Blutfluss. In dieser Situation können die
ler können die Flusssignale der Fingerarterien Wellen der Radial- und Ulnararterien ein hyper-
und des Arcus palmaris hörbar gemacht werden, ämisches Bild zeigen. Eine Vasokonstriktion er-
während die A. radialis manuell komprimiert höht den peripheren Widerstand, vermindert
wird, um sicherzustellen, dass die Durchblutung damit den Blutfluss, und die Wellenform wird bi-
von Hand und Fingern durch die A. ulnaris auf- phasisch. Die Angaben für normale systolische
rechterhalten bleibt. Ist dies nicht der Fall, könnte Spitzengeschwindigkeiten in der A. subclavia
das operative Entfernen der A. radialis zu einer schwanken zwischen 80 – 120 cm/s (Edwards &
Handischämie führen. Zierler 1992). Häufig wird davon ausgegangen,
dass die A. radialis die dominante Unterarm-
arterie ist, da sie am Handgelenk leichter zu pal-
Häufig auftretende Probleme pieren ist. In vielen Fällen ist aber der Fluss in der
A. ulnaris stärker.
Die meisten Probleme entstehen aufgrund einer
schlechten Bildqualität, vor allem bei überge-
wichtigen Patienten, bei denen die proximalen Pathologische Befunde
Arterien mitunter nur sehr schwer darstellbar
sind. Vor allem die A. subclavia im Bereich der Da für die Stenosegraduierung in den arteriellen
Fossa supraclavicularis kann schwer zu lokalisie- Gefäßen der oberen Extremität keine spezifischen
ren sein. Die Farbdopplersonographie zeigt mit- Kriterien vorliegen, empfehlen wir, dieselben Kri-
unter ein verwirrendes Bild, da häufig die be- terien anzuwenden wie für die Schweregradein-
nachbarte V. subclavia starke Signale erzeugt, die teilung der arteriellen Verschlusskrankheit des
infolge der Nähe zum rechten Herzen pulsatil er- Beines. Demnach zeigt eine gegenüber dem Ge-
scheinen können. Die Darstellung der A. axillaris schwindigkeitswert des normalen proximalen
kann an den Stellen Probleme bereiten, an denen Gefäßabschnitts verdoppelte systolische Spitzen-
sie tief unter den Schultermuskeln verläuft. Ab- geschwindigkeit im Bereich einer Stenose eine
hilfe können hier der Zugang von der Axilla oder Durchmesserreduktion von > 50 % an. Allerdings
ein Schallkopf mit einer geringeren Sendefre- sind Stenosen bzw. Verschlüsse im Bereich der
quenz schaffen. oberen Extremität am Abgang der A. subclavia lo-
kalisiert, was proximale Messungen am Aorten-
bogen oder am Truncus brachiocephalicus wegen
10.6 Ultraschallbefunde ihrer Tiefe, Größe und Geometrie unzuverlässig
oder gar unmöglich macht. In dieser Situation
Normalbefunde wird die Diagnose gewöhnlich anhand von indi-
rekten Zeichen gestellt, etwa aufgrund von sehr
Die Normalbefunde der Schulter- und Armarte- schnellen Jetströmen, Turbulenzen oder post-
rien ähneln denen der duplexsonographischen stenotischer Signalabschwächung (Abb. 10.6).
Normalbefunde der Beinarterien (siehe Kap. 9). Zusätzlich sollte die ipsilaterale A. vertebralis
Die Spektraldopplerkurve ist in Ruhe norma- nach Hinweisen auf Strömungsänderungen un-
lerweise triphasisch, wird nach Belastung aber
hyperämisch mit einem hohen diastolischen
Strömungsanteil. Änderungen der Außentempe-
ratur können das Flussmuster der distalen Arte-
rien signifikant beeinflussen. Bedingt durch Fak-
toren wie die Körpertemperaturregelung besteht
ein zyklischer Effekt auf das Erscheinungsbild der
Flussmuster in den distalen Arterien. Dieser zy-
klische Effekt kann dazu führen, dass sich die
Wellenform innerhalb von ein bis zwei Minuten Abb. 10.5 Die Normalbefunde der Radial- und Ulnar-
von einem Hochwiderstandsfluss zu einem hyper- arterie zeigen zyklisch modulierte Flussmuster. Diese
ämischen Fluss wandelt (Abb. 10.5). Die peri- zyklischen Veränderungen sind auf Faktoren, wie z. B.
phere Vasodilatation bewirkt eine Verringerung die Körpertemperaturregelung, zurückzuführen.
140
Thoracic-outlet-Syndrom (TOS) 10.7
141
10 Duplexsonographische Diagnostik arterieller Erkrankungen der oberen Extremität
Plexus
brachialis
A. subclavia
Sternum
Obere Thorax- A. subclavia
Sternum 1. Rippe apertur
142
Thoracic-outlet-Syndrom (TOS) 10.7
5 6
1
3
2
4
2
A B
Abb. 10.10 Provokationsmanöver im Rahmen der TOS-Diagnostik. A: Hyperabduktionstest. Der Arm wird abdu-
ziert (1) und nach außen gedreht (2). Der Arm kann während des Tests auch angehoben oder abgesenkt werden
(3 und 4); der Kopf wird auf die eine oder andere Seite gedreht (5 und 6). B: Kostoklavikularmanöver. Der Patient
atmet tief ein (1); dabei werden die Brust nach vorn (2) und die angewinkelten Arme nach hinten gedrückt (3).
Der Kopf wird von einer auf die andere Seite gedreht (4).
143
10 Duplexsonographische Diagnostik arterieller Erkrankungen der oberen Extremität
Duplexsonographische
TOS-Diagnostik
Für die duplexsonographische TOS-Untersu-
chung liegt der Patient auf dem Rücken; die Arme
ruhen seitlich am Körper. Damit bestimmte Pro-
vokationstests durchgeführt werden können,
müssen die Arterien manchmal im Sitzen darge-
stellt werden. Die A. subclavia wird zunächst von
supraklavikulär und infraklavikulär untersucht.
Dabei werden die Flussgeschwindigkeiten regis-
triert und etwaige Auffälligkeiten wie eine Schlän-
gelung oder aneurysmatische Dilatation festge-
halten. Anschließend kann die A. subclavia unter
Anwendung derjenigen Provokationsmanöver Abb. 10.11 Sonographische Untersuchung auf TOS.
untersucht werden, bei denen das aus der A. radia- Die A. subclavia sollte von der Fossa supraclavicularis
lis abgeleitete Signal beim Beschallen mit dem und der Fossa infraclavicularis aus untersucht werden;
Stift-Doppler schwächer oder ausgelöscht wurde. der Arm befindet sich dabei in Abduktionsstellung (sie-
Ein sehr nützliches Manöver umfasst das Beschal- he Text).
len der A. subclavia von infraklavikulär bei voll
abduziertem Arm (Abb. 10.11). Die Hand kann in (Abb. 10.12). Es gibt keine klar definierten Kri-
Richtung Hinterkopf gezogen und hinter den terien, ab welchem Wert von einem TOS ausge-
Kopf gelegt werden. Anschließend wird der Arm gangen werden kann; aber eine Verdoppelung
mit sanftem Druck nach hinten gedrückt. Alle der systolischen Spitzengeschwindigkeit an einer
während der Provokationstests auftretenden Ver- Stelle lässt auf einen signifikanten hämodyna-
änderungen im Flussmuster bzw. alle Bereiche mischen Effekt schließen. Bei Patienten mit
mit einer signifikanten Strömungsbeschleuni- schwerwiegenden vaskulären Symptomen zeigt
gung entlang der A. subclavia sollten erfasst wer- sich während der Provokationsmanöver ein voll-
den. Typischerweise werden die schnellsten Jet- ständiger Verschluss der A. subclavia, was keine
ströme in der Schlüsselbeinregion registriert besonderen diagnostischen Probleme bereitet.
C C
A B
Abb. 10.12 A: Ein normales Farbdopplerbild der A. subclavia (S) an der Stelle, an der sie unter der Clavicula (C)
hindurchzieht; der Arm befindet sich in Ruheposition. B: Nach der Abduktion des Armes kommt es zu einer mit
Farb-Aliasing (Pfeil) einhergehenden starken Kompression der A. subclavia, was auf ein TOS schließen lässt. Achten
Sie auf den großen Schallschatten unter der Clavicula.
144
Sonstige Durchblutungsstörungen der oberen Extremität 10.10
145
10 Duplexsonographische Diagnostik arterieller Erkrankungen der oberen Extremität
deutet werden. Mit dem Stift-Doppler lassen sich Allgemeinen aber pulsatile arterielle Signale
allerdings pulsatile Flusssignale in den Radial- nachweisen. Auch die unteren Extremitäten kön-
und Ulnararterien registrieren; der systolische nen vom Sudeck-Syndrom betroffen sein.
Armdruck sollte in beiden Armen gleich sein.
Die vibrationsbedingte Weißfingerkrankheit (Vib-
rationssyndrom) wird durch das berufsmäßige 10.11 Dokumentation
Bedienen von Bohrmaschinen und anderen vib-
rierenden Geräten ausgelöst, also Tätigkeiten, die Die einfachste Form der Befunddokumentation
eine Schädigung der Nerven und der Mikroper- bei Untersuchungen der oberen Extremität sind
fusion von Fingern und Hand bewirken. Diese Gefäßschemata, die wir bereits im Zusammen-
Störung kann zum Weißwerden einiger oder aller hang mit der peripheren arteriellen Verschluss-
Finger sowie zum Sensibilitäts- und Geschicklich- krankheit vorgestellt haben. Ein solcher Befund-
keitsverlust führen. Auch hier können die Dopp- bogen kann durch einen Kurzbericht ergänzt
lersignale in Höhe des Handgelenks normal sein. werden. Im Falle eines TOS genügt womöglich
Allerdings zeigen die Dopplerwerte einen Hoch- ein schriftlicher Befund.
widerstandsfluss in den Fingerarterien, der auf
den erhöhten Strömungswiderstand durch die
geschädigten Arteriolen und Kapillarbetten zu- Literatur
rückzuführen ist. Bei schweren Schädigungen ist
bei der Doppleruntersuchung keinerlei Fluss Abou-Zamzam A M Jr, Edwards J M, Porter J M 2000 Non-
nachweisbar. invasive diagnosis of upper extremity disease. In: Abu-
Die sympathische Reflexdystrophie (RSD oder Rahma A F, Bergan J J (eds) Noninvasive vascular dia-
gnosis. Springer, London, p 269
auch Sudeck-Syndrom) ist eine nur unzureichend Deane C R, Goss D E 2001 Limb arteries. In: Meire H B,
verstandene Krankheit, die gewöhnlich nach Cosgrove D, Dewbury K (eds) Clinical ultrasound, 2nd
einem lokalen, zuweilen geringfügigen Trauma edn. Churchill Livingstone, Edinburgh, pp 1001 – 1034
Edwards J M, Zierler R E 1992 Duplex ultrasound assess-
der Hand oder des Arms auftritt und starke
ment of upper extremity arteries. In: Zwiebel W J (ed)
Schmerzen, Hypersensitivität und Bewegungs- Introduction to vascular ultrasonography, 3rd edn. W B
einschränkungen im betroffenen Bereich hervor- Saunders, Philadelphia, p 228
ruft. Die Patienten berichten oftmals über Landwehr P 1995 Hemodialysis shunt. In: Wolf K J, Fobbe
F (eds) Color duplex sonography. Thieme, Stuttgart, pp
Schmerzen, die in keinem Verhältnis zur Schwere
92 – 109
der ursächlichen Verletzung stehen, bei der es Makhoul R G, Machleder H I 1992 Developmental anoma-
sich um eine bloße Verstauchung oder ein Häma- lies at the thoracic outlet: an analysis of 200 consecutive
tom handeln kann. Die Beschwerden können cases. Journal of Vascular Surgery 16 (4): 534 – 545
von Reutern G M, von Büdingen H J 1993 Ultrasound dia-
viele Monate andauern, und manchmal ist eine gnosis of cerebrovascular disease. Thieme, Stuttgart, pp
intensive Behandlung erforderlich, um die Ge- 249 – 250
brauchsfähigkeit der Extremität wiederherzustel-
len. Von der Krankheit können junge Erwachse-
ne und Kinder betroffen sein. Die Hand oder der Weiterführende Literatur
Arm fühlen sich kalt an und sehen verfärbt oder
zyanotisch aus. In der Brachial-, Radial- und Ul- Hennerici M, Neuerburg-Heusler D 1998 Vascular dia-
nararterie lassen sich dopplersonographisch im gnosis with ultrasound. Thieme, Stuttgart
146
11 Duplexsonographische
Aneurysmadiagnostik
147
11 Duplexsonographische Aneurysmadiagnostik
148
Symptome und Therapie des Aortenaneurysmas 11.5
tineuntersuchungen oder in abdominalen Nativ- bei Frauen mit Aneurysmen in der Größenord-
Röntgenaufnahmen als Zufallsbefunde entdeckt. nung von 5 – 5,9 cm bis zu viermal höher ist als
Gelegentlich werden Patienten mit den Symp- bei Männern mit einem Aneurysma ähnlicher
tomen einer Hydronephrose vorstellig, die durch Größe (Brown et al. 2003). Die Ergebnisse wei-
Kompression eines Ureters durch den Aneu- terer Studien könnten Anlass geben, den Schwel-
rysmasack verursacht wird und am häufigsten lenwert für die Aneurysmabehandlung bei Frau-
auf der linken Seite auftritt. Zu den mit einem en zu senken.
Aneurysmaleck oder einer Aneurysmaruptur ver-
bundenen Symptomen gehören Rücken- oder
Bauchschmerzen und akuter Schock. In der Not- Chirurgische Verfahren zur Versor-
aufnahme wird die Diagnose manchmal sono- gung eines Aortenaneurysmas
graphisch bestätigt, obwohl die Symptome meist
Offene Operation
so akut sind, dass eine Notoperation durchge-
führt werden muss. Mit 65 – 85 % ist die mit einer Die offene Ausschaltung von Aortenaneurysmen
akuten Ruptur des Aortenaneurysmas verbunde- wird seit mehr als 20 Jahren praktiziert. Die Frei-
ne Mortalität sehr hoch (Kniemeyer et al. 2000), legung der Aorta erfolgt über einen großen Ab-
und viele Patienten versterben bereits vor Errei- dominalschnitt und eine Darmmobilisation.
chen des Krankenhauses. Glücklicherweise handelt es sich bei der Mehr-
Das Risiko einer Aortenaneurysmaruptur steigt zahl der abdominales Aneurysmen (ca. 95 %) um
mit seiner Größe. Im UK Small Aneurysm Trial infrarenale Aneurysmen. Das bedeutet, dass chir-
(1998) wurde festgestellt, dass das mittlere Rup- urgische Klemmen zur Ausschaltung des Aneu-
turrisiko bei Aneurysmen mit einer Größe von rysmas unterhalb der Nierenarterien platziert wer-
4 – 5,5 cm pro Jahr 1 % beträgt. Größere Aneurys- den können, sodass die renale Durchblutung
men weisen jedoch eine höhere Rupturrate auf, während des Eingriffs gewährleistet bleibt. Über
und eine neuere Studie hat gezeigt, dass das die Nierenarterien hinausgehende Aortenaneu-
durchschnittliche Rupturrisiko von männlichen rysmen (suprarenale Aneurysmen) weisen eine
Patienten mit einem Aneurysma > 6 cm bei jähr- höhere peri- und postoperative Komplikationsra-
lich 14 % liegt (Brown et al. 2003). te auf, da die Aorta oberhalb der Nierenarterien
Die Vorteile der Früherkennung von Aneurys- abgeklemmt werden muss und eine Nierenarte-
men liegen auf der Hand, sodass Kontrollunter- rien-Reimplantation erforderlich wird. Die Folge
suchungen und eine elektive Behandlung durch- kann eine Niereninsuffizienz sein. Darum ist es
geführt werden können, wenn das Aneurysma zu so wichtig, dass der Chirurg vor der Durchfüh-
groß wird. Im UK Small Aneurysm Trial (1998) rung der Operation Kenntnis über die Höhe des
konnte für die offene Operation von Aneurysmen proximalen Aneurysmahalses gewinnt. Aorten-
mit einem Durchmesser < 5,5 cm im Vergleich aneurysmen werden mit geraden Röhrenprothe-
zur sonographischen Überwachung kein Über- sen versorgt, es sei denn, sie erstrecken sich auf
lebensvorteil nachgewiesen werden. In dieser die Iliakalarterien. In diesem Fall wird eine Bifur-
Studie führten Alter, Geschlecht oder die Aus- kationsprothese verwendet. Die Gefäßprothese
gangsgröße des Aneurysmas nicht zu einer Modi- wird in Position gebracht, vernäht und die sack-
fikation der Gesamt-Hazard-Ratio. Deshalb füh- förmige Erweiterung um das Implantat geschlos-
ren viele Chirurgen eine elektive Operation nur sen. Im Allgemeinen verbringen die Patienten
durch, wenn das Aneurysma einen Durchmesser postoperativ einen oder zwei Tage auf der Inten-
t 5,5 cm aufweist oder Hinweise darauf vorlie- sivstation und können das Krankenhaus meist
gen, dass kleinere Aneurysmen symptomatisch 10 – 14 Tage nach dem Eingriff wieder verlassen.
werden und eine Ruptur droht. Mittlerweile liegt Die Mortalität der elektiven offenen Operation
fundierte Evidenz vor, dass Screeningprogramme liegt im Bereich von 5 % (Akkersdijk et al. 1994).
mit einer einzigen Ultraschalluntersuchung bei Für eine Operation nicht geeignete Patienten
Männern ab 65 Jahren vorteilhaft und hinsicht- weisen dagegen eine deutlich höhere Morbidität
lich einer Reduktion der Aneurysma-bedingten und Mortalität auf.
Mortalität kosteneffektiv sind (Ashton et al. 2002).
Obwohl die Prävalenz von Aortenaneurysmen
bei Männern deutlich höher ist, gibt es Hinweise
darauf, dass die Wahrscheinlichkeit einer Ruptur
149
11 Duplexsonographische Aneurysmadiagnostik
Abb. 11.3 Beispiel für die endovaskuläre Versorgung eines Aortenaneurysmas. Beachten Sie, dass der linke Pro-
thesenschenkel durch einen separaten Kathether eingeführt wird. Das Bild wurde freundlicherweise von W L Gore
& Associates (UK) Ltd. zur Verfügung gestellt.
150
Formen und Typen von Aneurysmen 11.6
Regel erholen sich die Patienten sehr schnell von diesen Themen befassen sich verschiedene in
der Operation; manche können schon nach 3 bis Europa und den Vereinigten Staaten laufende
5 Tagen entlassen werden. Allerdings eignen sich aktuelle Studien.
nicht alle Aneurysmen für die endovaskuläre Ver-
sorgung. Die Gründe dafür können die Schlän-
gelung des Aneurysmas sein, ein übermäßiger
Durchmesser des proximalen Aneurysmahalses,
11.6 Formen und Typen von
eine zu geringe proximale Halslänge, eine hoch- Aneurysmen
gradige Iliakalstenose sowie eine ausgeprägte
Schlängelung der A. iliaca. Obschon die endo- Aneurysmen unterscheiden sich hinsichtlich
vaskuläre Versorgung für den Patienten anschei- ihrer Größe und Form beträchtlich voneinander
nend weniger traumatisch ist, kann eine Reihe (Abb. 11.4). Die meisten Aneurysmen haben eine
von Komplikationen, wie z. B. Endoleaks, auftre- spindelförmige Gestalt (Aneurysma fusiforme),
ten. Von einem Endoleak spricht man, wenn Blut wobei sich die Dilatation einheitlich über den ge-
aus der Gefäßprothese oder einer anderen Quelle samten Gefäßquerschnitt erstreckt. Sackförmige
(z. B. einer Lumbalarterie oder der A. mesenterica Aneurysmen zeigen eine typische lokalisierte
inferior) in den Aneurysmasack austritt. In dieser Ausbuchtung der Gefäßwand (Aneurysma sac-
Situation kann der Aneurysmasack weiter expan- culare). Disseziierende Aneurysmen entstehen
dieren und platzen (van Marrewijk et al. 2002). durch einen Riss in der Intimaauskleidung des
Die verschiedenen Endoleaktypen und ihr sono- Gefäßes, durch den Blut in den subintimalen
graphisches Erscheinungsbild werden weiter Raum sickert (Aneurysma dissecans). Dies kann
unten vorgestellt. Einige Prothesensysteme sind zur Ablösung der Intima und manchmal auch
aufgrund von Problemen mit gebrochenen Fixie- der Media von der Arterienwand führen. Kommt
rungshaken und Materialversagen mittlerweile es zu einer partiellen Dissektion der Aorta, sind
nicht mehr in Gebrauch. Zum Zeitpunkt der Ent- im subintimalen Raum große Thrombusmengen
stehung dieses Buches waren das Langzeitverhal- zu sehen (Abb. 11.4F). Bei vollständiger Dissek-
ten von Endoprothesen und die Langzeitergeb- tion entsteht ein falsches Gefäßlumen, und man
nisse der endovaskulären Behandlung im Ver- kann erkennen, dass sich die eingerissene Inti-
gleich zur offenen Operation nicht bekannt; mit ma-Media-Schicht entsprechend der arteriellen
A B C D E F G H I
EL FL EL
Abb. 11.4 Aneurysmen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Größe und Form beträchtlich voneinander. A: Spin-
delförmiges infrarenales Aortenaneurysma (Aneurysma fusiforme). B: Geschlängeltes elongiertes Aortenaneurys-
ma mit Verlagerung des Aneurysmasacks nach links der Mittellinie. C: Sakkuläres Aortenaneurysma. D: Infrarenales
Aortenaneurysma, das sich auf die Iliakalarterien erstreckt. E: Suprarenales Aortenaneurysma mit Beteiligung der
Nierenarterien. F: Disseziierendes Aortenaneurysma mit einem Riss zwischen Intima und Media, durch den Blut in
den subintimalen Raum sickert. G: Disseziierendes Aortenaneurysma (Aneurysma dissecans) mit vollständiger Dis-
sektion der Intima oder Media und Entstehung eines falschen Lumens. H: Doppelaneurysma der Aorta mit „han-
telförmigem“ Erscheinungsbild. I: Aneurysma spurium der A. femoralis communis nach Arterienpunktion (EL =
echtes Lumen; FL = falsches Lumen).
151
11 Duplexsonographische Aneurysmadiagnostik
Pulsation im Lumen frei bewegt (Abb. 11.4G). Ei- tät kann die Harmonic-Imaging-Technologie von
nige nicht mit Aneurysmen assoziierte Aorten- Vorteil sein. Bei stark adipösen Patienten kann
dissektionen können im Brustraum beginnen die Aorta mit einem Phased-Array-Schallkopf von
und sich über die Aorta bis in die Iliakalarterien 2 – 4 MHz möglicherweise leichter identifiziert
ausdehnen. Gelegentlich sind entlang der Ge- werden.
fäßstrecke der Bauchaorta auch zwei aneurys-
matische Dilatationen zu sehen, die durch einen
normalen Aortenabschnitt getrennt sind. In die- 11.8 Untersuchungstechnik
sen Fällen kann man im Längsschnitt die ty-
pische „Hantelform“ beobachten (Abb. 11.4H). Im Folgenden wird eine umfassende Untersu-
Wenn die Aorta dilatiert, neigt sie auch dazu, sich chung der Aorta beschrieben. In manchen Ein-
in Längsrichtung auszudehnen. Dadurch kommt richtungen werden allerdings nur Screeningun-
es oftmals zu einem geschlängelten Verlauf, tersuchungen durchgeführt, in deren Rahmen
wobei sich die Aorta nach links von der Mittel- lediglich der maximale Aortendurchmesser be-
linie verlagert oder in anteriorer Richtung davon stimmt wird. Der Durchmesser der Aorta sollte
abweicht. aus verschiedenen Positionen gemessen werden.
Darüber hinaus sollten die Form des Aneurysmas
und seine Eigenschaften wie geschlängelter Ver-
11.7 Praktische Tipps für die lauf oder Dissektion dokumentiert werden. Die
zur Darstellung der Aorta angewendete Unter-
Duplexsonographie des suchungstechnik ist in Abbildung 11.5 wieder-
Aortenaneurysmas gegeben. Das Untersuchungsverfahren umfasst
folgende Schritte:
Ziel der Ultraschalluntersuchung ist es, zu be-
stimmen, ob ein Aneurysma vorliegt, an dem die
Aorta oder die peripheren Arterien beteiligt sind,
und seine Größe gegebenenfalls durch Verlaufs-
kontrollen zu überwachen. Eine Screeningunter-
suchung nimmt 5 bis 10 min in Anspruch,
detaillierte Untersuchungen oder Verlaufskon-
trollen von Endoprothesen können dagegen
20 – 30 min dauern.
Es bedarf zwar keiner besonderen Vorbereitung,
Aorta
doch führen einige Zentren eine Darmvorbe-
reitung durch, um die Darstellung der Aorta zu
verbessern. Zu Screeningzwecken ist dies aber
nur selten erforderlich. Für die Untersuchung
liegt der Patient am besten auf dem Rücken. Der B
Kopf wird durch ein Kissen gestützt, die Arme C
ruhen seitlich am Körper. Zur besseren Darstel- A
lung muss sich der Patient manchmal auf die
Seite drehen. Das Ultraschallgerät sollte für eine
Aortenuntersuchung konfiguriert sein; ist eine
derartige Voreinstellung nicht verfügbar, wählen
Sie die Einstellparameter für eine allgemeine Ab-
domenuntersuchung. Vergewissern Sie sich, dass
die Bildtiefenregelung nicht zu flach oder zu tief
eingestellt ist. Eine Bildtiefe von 10 – 12 cm ist für
einen durchschnittlich großen Patienten ge- Abb. 11.5 Schallkopfpositionen für die Untersuchung
wöhnlich ausreichend. Am besten eignet sich für der Aorta abdominalis. A: Transversal. B: Sagittal oder
diese Untersuchung ein Curved-Linear-Array- longitudinal. C: Koronar. Die koronare Ansicht dient
Schallkopf von 3,5 MHz oder eine entsprechende dem Vermessen des seitlichen Durchmessers der Aorta
Breitbandsonde. Zur Verbesserung der Bildquali- (d. h. von Seite zu Seite).
152
Ultraschallbefunde 11.9
n Das Auffinden der Aorta gelingt meist am Stenose verwechselt werden kann. Knickt das
besten im Querschnitt, ca. 3 – 4 cm oberhalb Aneurysma nach anterior ab, ist die Darstellung
des Nabels. Die Aorta wird über ihre gesamte in Höhe der Nierenarterien sehr schwierig, und
sichtbare Länge vom oberen Abdomen ab der proximale Abschnitt der Bauchaorta kann ge-
dem Truncus coeliacus oder der Arteria schlängelt verlaufen – ein Erscheinungsbild, das
mesenterica superior (AMS) bis zur Aorten- gelegentlich als „Schwanenhals“ beschrieben
bifurkation dargestellt. Gegebenenfalls kann wird.
durch Zuschaltung des Farbmodus auch die Thromben können je nach Alter und Organisa-
Höhe der Nierenarterien identifiziert wer- tionsgrad als konzentrische Schichten von unter-
den (siehe dazu die Beschreibung weiter un- schiedlicher Echogenität dargestellt werden.
ten). Bei Vorliegen eines großen Aneurys- Manchmal kommt es zu einer lokalisierten „Ver-
mas ist die Darstellung dieser Gefäße häufig flüssigung“ (liquefaction) des Thrombus, die als
jedoch nicht möglich. echoarmer Bereich innerhalb des Thrombus im-
n In longitudinaler oder sagittaler Schnittfüh- poniert. Dieses Erscheinungsbild kann mit einer
rung wird die Bauchaorta von der Mittel- Dissektion verwechselt werden. Allerdings ist der
linie aus anschließend der Länge nach bis
zur Aortenbifurkation visualisiert.
n Dann wird die Aorta der Länge nach in der
koronaren Schnittebene in Längsrichtung
dargestellt, um genauere Messwerte des seit-
lichen Durchmessers der Aorta (von Seite zu
Seite) zu erhalten.
n Es gilt als gute Praxis, auch die proximalen
Iliakalarterien im Quer- und Längsschnitt
zu untersuchen (siehe Kap. 9), um ein iso-
liertes Iliakalaneurysma auszuschließen
oder die untere Begrenzung des Aneurysmas
zu bestimmen, falls es sich auf die Iliakal-
arterien erstreckt (siehe Abb. 11.16). 8.03cm
A
11.9 Ultraschallbefunde
Normalbefunde
Der maximale Durchmesser der Aorta sollte we-
niger als 2,5 cm betragen (Abb. 11.2), und nor-
malerweise verjüngt er sich von proximal nach
distal geringfügig. Im Längsschnitt ist manchmal
erkennbar, dass die Aorta im Bereich der Lenden-
wirbelsäule in einem leicht konvexen Bogen ver-
läuft.
7.47cm
7.52cm
B
Pathologische Befunde Abb. 11.6 Ein großes abdominales Aneurysma in zwei
verschiedenen Schnittebenen. A: Transversalbild. Der
Die Aorta erscheint abnorm vergrößert, wie auf anteroposteriore Durchmesser wird von Außenwand
dem B-Bild in Abbildung 11.6 zu erkennen ist. zu Außenwand bestimmt (siehe Messpunkte). B: Das
Die Form des Aneurysmas kann variieren (Abb. Sagittalbild desselben Aneurysmas zeigt die Positionen
11.4). Infolge der Elongation der Aorta kommt es der Messpunkte zur Bestimmung der Aneurysmagröße
an der Hinterwand in Höhe des proximalen An- in dieser Bildebene. Bedenken Sie bei diesem Beispiel,
eurysmahalses zu einer ausgeprägten Knickbil- dass der im Querschnitt (A) gemessene Durchmesser
dung (Kinking), die mit einer atherosklerotischen wegen der Schrägstellung größer ist.
153
11 Duplexsonographische Aneurysmadiagnostik
L E
GL
154
Vermessung des Aneurysmas 11.10
Abschnitt wird die Messung des Aortendurch- werden. Man kann auch feststellen, ob das Aneu-
messers erklärt und auf damit verbundene po- rysma unterhalb der Nierenarterienabgänge be-
tenzielle Fehlerquellen aufmerksam gemacht. Zu ginnt, indem man durch Zuschalten des Farb-
beachten ist, dass einige dieser Messungen im modus den Aortendurchmesser auf dieser Höhe
Rahmen von Screeninguntersuchungen nicht er- bestimmt. Wird der Schallkopf im Querschnitt
forderlich sind. auf das obere Abdomen aufgesetzt, kann man
normalerweise sehen, wie die rechte Nierenarte-
rie in 10-Uhr-Position und die linke Nierenarterie
Aortendurchmesser in 4-Uhr-Position von der Aorta abzweigen (Abb.
11.10). In der Praxis sind die Nierenarterienab-
Transversale Schnittebene
gänge manchmal aber sehr schwer darstellbar;
Der maximale Aortendurchmesser sollte in ante- dies gilt vor allem dann, wenn das Aneurysma
roposteriorer (AP) Richtung von der äußeren Vor- geschlängelt ist, nach oben zeigt oder geknickt
derwand zur äußeren Hinterwand gemessen wer- ist.
den (Abb. 11.6). Die Größe eines Aneurysmas
kann überschätzt werden, wenn die Messungen
Longitudinale Schnittebene mit sagittaler
infolge einer Schlängelung oder Faltung der Aorta
und koronarer Orientierung
schräg durchgeführt werden (Abb. 11.6 und 11.9).
Messungen des seitlichen Durchmessers des Aneu- Messungen des Aortendurchmessers in sagittaler
rysmas (d. h. von Seitenwand zu Seitenwand) im und koronarer Schnittführung sind häufig ge-
Querschnitt sind fehleranfällig, da die Seiten- nauer als Messungen im Querschnitt, weil durch
wände parallel zum Ultraschallstrahl verlaufen schräge Ansichten der Aorta bedingte Messfehler
und das erzeugte Bild qualitativ sehr schlecht ist so besser vermieden werden können. Zur Ermitt-
(siehe Kap. 2). Auch die Dicke eines Thrombus lung des maximalen Aortendurchmessers sollte
kann in anteroposteriorer Richtung gemessen der Schallkopf seitlich über die Aorta geschwenkt
B A
RR
Wirbel- A LR
säule
155
11 Duplexsonographische Aneurysmadiagnostik
werden, bis die breiteste Stelle zu sehen ist (Abb. Lage der Nierenarterien kann abgeschätzt wer-
11.6 und 11.11). Zur Bestimmung des seitlichen den, indem die A. mesenterica superior (AMS) im
Durchmessers des Aneurysmas hat sich auch die Längsschnitt identifiziert wird; die Nierenarte-
koronare Bildebene bewährt, da einige Aneurys- rien sollten ca. 1,5 cm unter dem Abgang der
men in der seitlichen Ansicht größer sind als in AMS liegen (Abb. 11.11). Deutlich unterhalb die-
anteroposteriorer Richtung. Ferner sollte in lon- ses Punktes können auch akzessorische Nieren-
gitudinaler Schnittebene die Länge des Aneurys- arterien auftreten. Als weiterer nützlicher Orien-
masacks vermessen werden (Abb. 11.11). Das tierungspunkt dient die linke Nierenvene, wenn
Vorhandensein und die Dicke eines Thrombus sie sich im Querschnitt in Höhe der Nierenarte-
lassen sich in einem schlechten B-Bild manchmal rien auffinden lässt (Abb. 11.10). Im Längsschnitt
nur schwer beurteilen. Bei der Darstellung des ist auch die Nierenvene identifizierbar, die die
Lumens erweist sich der Einsatz der Farbkodie- Aorta überkreuzt (Abb. 11.11). Um bei großen
rung als nützlich, da bei Vorliegen einer großen Aneurysmen die Lage der Nierenarterien zu be-
Thrombuslast nur eine geringe Farbfüllung er- stimmen, werden im Allgemeinen andere Bild-
zielt werden kann. gebungsverfahren wie die CT, MRT oder Arterio-
graphie angewendet, vor allem da zur Ausschal-
tung von Aneurysmen zunehmend endovaskuläre
Abstand zwischen Nierenarterien und Techniken gewählt werden.
oberer Aneurysmabegrenzung
Bei Bedarf kann auch der Abstand zwischen den 11.11 Limitationen und Fehler
Nierenarterien und der oberen Begrenzung des der sonographischen
Aneurysmas bestimmt werden. In der Praxis kann
sich diese Messung aber bisweilen als äußerst Untersuchung von
schwierig oder nahezu unmöglich erweisen. Zu- Aortenaneurysmen
nächst einmal kann das Aneurysma den Blick auf
die obere Bauchaorta behindern. Zweitens lassen Die wichtigste Einschränkung bei der sonogra-
sich die Nierenarterien gewöhnlich nicht darstel- phischen Untersuchung der Aorta stellt die durch
len, wenn der Schallkopf – wie für diese Messung Darmgasüberlagerungen oder Adipositas beding-
erforderlich – in Längsrichtung geführt wird. Die te schlechte Darstellungsqualität dar. Wenn die
AMS
VR B
E
Abb. 11.11 Vermessung eines Aortenaneurysmas im Längsschnitt. Der maximale Aortendurchmesser wird ent-
lang Linie A bestimmt, die Länge des Aneurysmasacks entlang Linie B. Der Abstand zwischen dem Abgang der
A. mesenterica superior (AMS) und der ungefähren Höhe der Nierenarterienabgänge wird entlang Linie C gemes-
sen. Im Transversalschnitt ist auch zu sehen, wie die linke V. renalis (VR) in Höhe der Nierenarterien die Aorta
überkreuzt. Die Entfernung zwischen dem Abgang der AMS und dem Aneurysmasack wird entlang Linie D be-
stimmt. Der Aortendurchmesser zwischen dem Aneurysma und der Höhe der Nierenarterien wird entlang Linie E
gemessen.
156
Überwachung der endovaskulären Aneurysmabehandlung 11.12
157
11 Duplexsonographische Aneurysmadiagnostik
A B
B
Abb. 11.13 A: Farbiges Transversalbild einer erfolgreich implantierten endovaskulären Aortenprothese, das von
unterhalb der Prothesengabel aufgenommen wurde. In beiden Schenkeln ist ein Blutfluss nachweisbar, im Aneu-
rysmasack dagegen ist kein Fluss zu erkennen. B: Farbiges Longitudinalbild einer endovaskulären Prothese. In
diesem Bild liegen die Prothesenschenkel übereinander, in vielen anderen Fällen liegen sie jedoch wie in Beispiel A
nebeneinander. Um beide Schenkel im selben Bild darzustellen, müsste jedoch eine koronare Schnittführung ge-
wählt werden.
ter auch einer koronaren Projektionsebene. nicht vergessen werden, dass bei manchen Pati-
Manche Einrichtungen messen auch den enten mehr als ein Typ auftreten kann.
Durchmesser des proximalen Aneurysma-
halses, um eine durch die Progredienz der
aneurysmatischen Erkrankung bedingte
Größenzunahme überwachen zu können.
Zu Forschungszwecken können auch ande-
re Messungen durchgeführt werden. II
n Die farbkodierte Sonographie dient bei sa- III
I
gittaler und koronarer Schnittführung der III
Untersuchung des Blutflusses durch die Pro- II
these in Längsrichtung und der Identifizie- I
rung von Bezirken mit gestörter Strömung
oder Stenosen, die durch ein Abknicken der
Prothese verursacht sein könnten; dies gilt
vor allem für die Prothesenschenkel, die
durch die Iliakalarterien verlaufen (Abb.
11.13B). Auch Endoleaks können im Längs- Abb. 11.14 Schematische Darstellung der verschie-
schnitt untersucht werden, da dies helfen denen Typen von Endoleaks, die nach endovaskulärer
kann, die Quelle der Leckage zu finden. Behandlung eines Aortenaneurysmas auftreten können
(siehe die Beschreibung im Text). A: Typ I: Undichtig-
keit der proximalen oder distalen Anastomosennaht.
Typen von Endoleaks B: Typ II: Perfusion des Aneurysmasacks durch eine of-
fene A. lumbalis oder A. mesenterica inferior. C: Typ III:
Endoleaks werden in verschiedene Typen einge- Versagen der Versiegelung am modularen Prothesen-
teilt (Veith et al 2002; siehe Abbildung 11.14). schenkel oder Perforation und Risse im Prothesenma-
Das sonographische Erscheinungsbild einiger terial. Ein Endoleak vom Typ IV ist in dieser Abbildung
dieser Typen zeigt Abbildung 11.15. Dabei sollte nicht darstellbar.
158
Überwachung der endovaskulären Aneurysmabehandlung 11.12
Typ I Zu sog. Verankerungsleckagen am oberen und C). Sonographisch sind sie manchmal nur
oder unteren Prothesenende kommt es bei schwer nachweisbar. Viele Typ-II-Endoleaks schlie-
Nahtinsuffizienz zwischen Prothese und Aorten- ßen sich nach einem oder zwei Monaten spontan
wand bzw. zwischen der Prothese und der Wand (Veith et al 2002). Bei persistierenden Leckagen
der Iliakalarterie. Die farbkodierte Sonographie kann eine Embolisation erforderlich werden.
zeigt an der Leckagestelle einen Jetstrom, der Typ III Leckagen zwischen Prothesenschenkel
einen Teil des Aneurysmasacks füllt (Abb. und Prothesenkörper oder Risse in der Gefäß-
11.15A). Der Fluss im Aneurysmasack kann vari- prothese (Abb. 11.15D). Diese Art Endoleak ist
ieren; in einigen Fällen kann es zur vollständigen seltener anzutreffen.
Perfusion des Aneurysmasacks kommen. Typ IV Leckagen, die vermutlich durch die Po-
Typ II Bei Leckagen durch Kollateralarterien rosität oder das „Ausschwitzen“ des Prothesen-
kommt es zu einer Füllung des Aneurysmasacks materials bedingt sind und die innerhalb des ers-
durch Lumbalgefäße, die A. mesenterica inferior ten Monats zu einer progredienten Zunahme des
oder akzessorische Nierenarterien (Abb. 11.15B Aneurysmasacks führen. Dieser Typ des Endo-
LECK
BYPASS
ENDO-
R SCHENKEL LEAK
LUMBAL-
ARTERIE
A C
R
ANEURYSMA-
L SACK
B D
Abb. 11.15 Farbkodierte und B-Bildaufnahmen verschiedener Typen von Endoleaks. A: Längsschnitt eines Typ-I-
Endoleaks (Pfeil), vom distalen Prothesenende in den Aneurysmasack aufgenommen. B: Der Querschnitt eines
Typ-II-Endoleaks zeigt die Perfusion des Aneurysmasacks über eine offene A. mesenterica inferior (Pfeil). C: Quer-
schnitt eines Typ-II-Endoleaks aus einer offenen Lumbalarterie. D: Das Leck am Übergang zwischen Prothesen-
schenkel und Prothesenkörper (Pfeil) lässt auf ein Typ-III-Endoleak schließen.
159
11 Duplexsonographische Aneurysmadiagnostik
leaks lässt sich zwar nicht in Echtzeit darstellen, 11.13 Sonstige echte
doch ist eine progrediente Zunahme im Durch-
messer des Aneurysmasacks durch serielle Kon- Aneurysmen
trollaufnahmen nachweisbar.
Iliakalaneurysmen
Zusätzlich wurde das Konzept der Endotension
entwickelt. Darunter versteht man eine ohne Der normale Durchmesser der A. iliaca commu-
sichtbares Endoleak persistierende oder rezidivie- nis beträgt zwischen 1,1 und 1,4 cm (Johnston et
rende Druckübertragung auf den Aneurysmasack, al. 1991). Iliakalaneurysmen treten meist als Ex-
die zu seiner Erweiterung und potenziell zur Rup- tension eines Aortenaneurysmas oder in Ver-
tur führen kann. Die Ursachen der Endotension bindung mit einem solchen auf. Isolierte Iliakal-
sind unklar, man vermutet jedoch, dass der Aneu- aneurysmen sind vergleichsweise selten, ihre
rysmasack durch Mechanismen wie eine über- Ruptur kann jedoch tödlich sein, sodass bei Aneu-
mäßige Pulsation der Endoprothese, Osmose in rysmen t 3,5 cm eine elektive Operation erwo-
den Aneurysmasack oder Druckübertragung vom gen werden sollte (Santilli et al. 2000) (Abb.
Thrombus unter Druck gerät. Denkbar ist auch, 11.16). Der Gang der sonographischen Unter-
dass eine Endotension in der Praxis auf winzige, suchung der Iliakalarterien wird in Kapitel 9 be-
unentdeckte Endoleaks zurückgeht. schrieben. Das Ausmessen von Iliakalaneurys-
Die richtige Behandlung von Endoleaks bleibt men gelingt im Längsschnitt mit größerer Ge-
ungewiss; die Evidenz lässt jedoch darauf schlie- nauigkeit, da sich in der Transversalebene eine
ßen, dass Typ-I- und Typ-III-Endoleaks behandelt schräge Schnittführung kaum vermeiden lässt.
werden sollten, da sie eher mit einer Zunahme Die klinische Diagnose des Iliakalaneurysmas ist
des Aneurysmasacks und damit einer drohenden schwierig, sodass als diagnostische Verfahren Ul-
Ruptur assoziiert sind. traschall, CT und MRT in Betracht kommen.
160
Aneurysma spurium 11.14
rysma wird häufig als ein Gefäßdurchmesser Aneurysmen sind durch einen Farbflussausfall im
> 1,5 cm definiert (Abb. 11.17). Zu den mit po- Lumen nachweisbar. Die V. poplitea sollte auf
plitealen Aneurysmen assoziierten Komplika- Durchgängigkeit untersucht werden. Typisches
tionen zählen die Embolisation, der akute Ver- Merkmal von Baker-Zysten ist die Verbindung zwi-
schluss oder gelegentlich auch die Ruptur. Als schen der Zyste und der Gelenkkapsel; außerdem
Symptome eines Poplitealaneurysmas können sind Baker-Zysten aufgrund der Synovialflüssig-
Schmerzen oder eine Art Völlegefühl in der Knie- keit in ihrem Innern echoarm (siehe Kap. 13).
kehle auftreten. Manchmal werden die Patienten
mit einer tiefen Venenthrombose vorstellig, die
durch eine Aneurysma-bedingte Kompression Femoralaneurysmen
der V. poplitea hervorgerufen wird. Ultraschall
gilt in der Diagnostik der Poplitealaneurysmen Echte Aneurysmen der Femoralarterie kommen
als wichtigstes Bildgebungsverfahren. Eine rele- seltener vor und gehen meist mit einer anderwei-
vante diagnostische Fehlerquelle stellt die Fehl- tigen aneurysmatischen Erkrankung einher. Zu
diagnose einer Baker-Zyste als popliteales Aneu- aneurysmatischen Erweiterungen kann es jedoch
rysma dar. im Bereich von Graft-Anastomosen kommen.
V V
AP
AP
A B
Abb. 11.17 A: Transversalbild eines Aneurysmas der A. poplitea (AP), das unter dem Pfeil einen Thrombus (T)
enthält. In diesem Beispiel wird die V. poplitea (V) komprimiert. B: Das Longitudinalbild zeigt den Thrombus im
Gefäßlumen. Oberhalb der Arterie ist die V. poplitea zu sehen.
161
11 Duplexsonographische Aneurysmadiagnostik
FL
A B
Abb. 11.18 A: Querschnitt eines falschen Femoralaneurysmas und die entsprechende, aus dem kommunizie-
renden Jetstrom abgeleitete Spektraldopplerkurve. Der Pfeil zeigt auf den arteriellen Jetstrom zwischen der Femo-
ralarterie (A) und dem falschen Lumen (FL). Mit dem arteriellen Jetstrom ist in diesem Beispiel eine deutliche peri-
vaskuläre Gewebeschwingung assoziiert. B: Das falsche Aneurysma wurde mittels sonographisch gesteuerter
Kompression erfolgreich thrombosiert (T).
162
Literatur 11.16
dopplersignale zeigen das für periphere Arterien vorgekommen, dass die Messorte nicht eindeutig
typische Spektrum mit einem deutlichen Vor- benannt wurden und die Gesamtlänge eines
wärtsfluss, im Gegensatz zu den hohen Vor- und Aneurysmas fälschlicherweise als der Durchmes-
Rückflussanteilen, die man im Hals falscher Aneu- ser des Aneurysmas gedeutet wurde.
rysmen beobachten kann (Abb. 11.18).
Literatur
Behandlung falscher Femoral-
aneurysmen Akkersdijk G J, van der Graaf Y, van Bockel J H, et al 1994
Mortality rates associated with operative treatment of
infrarenal abdominal aortic aneurysms in The Nether-
Herkömmlich wurden falsche Aneurysmen chir- lands. British Journal of Surgery 81 (5): 706 – 709
urgisch versorgt, doch hat sich die sonographisch Ashton H A, Buxton M J, Day N E, et al 2002 The Multi-
gesteuerte Kompressionsbehandlung solcher Pseu- centre Aneurysm Screening Study (MASS) into the effect
of abdominal aortic aneurysm screening on mortality
doaneurysmen als sicheres und wirkungsvolles in men: a randomised control trial. Lancet 360:
Verfahren zur Thrombosierung falscher Aneurys- 1531 – 1539
men erwiesen. Dazu liegt der Patient auf dem Brown P M, Zelt D T, Sobolev B 2003 The risk of rupture in
Rücken. Da dieses Verfahren sehr unangenehm untreated aneurysms: the impact of size, gender, and ex-
pansion rates. Journal of Vascular Surgery 37 (2):
sein kann, ist irgendeine Form der Analgesie oder 280 – 284
Sedierung notwendig. Die distalen Knöchelarte- Johnston K W, Rutherford R B, Tilson M D, et al 1991 Sug-
riensignale sollten mittels kontinuierlichem gested standards for reporting on arterial aneurysms.
Subcommittee on Reporting Standards for Arterial Aneu-
Doppler abgeleitet werden, um vor Beginn der
rysms, Ad Hoc Committee on Reporting Standards, So-
Maßnahme sicherzustellen, dass das Bein distal ciety for Vascular Surgery and North American Chapter,
gut durchblutet wird. Anschließend wird mit International Society for Cardiovascular Surgery. Jour-
dem Schallkopf fester Druck auf den Verbin- nal of Vascular Surgery 13 (3): 452 – 458
Kniemeyer H W, Kessler T, Reber P U, et al 2000 Treatment
dungsstiel zwischen dem echten und dem of ruptured abdominal aortic aneurysm, a permanent
falschen Lumen ausgeübt, um den arteriellen Jet challenge or a waste of resources? Prediction of outcome
in das Aneurysma zu hemmen. Der Druck wird using a multi-organ dysfunction score. European Jour-
in 10-min-Intervallen aufrechterhalten und nur nal of Vascular and Endovascular Surgery 19: 190 – 196
McLafferty R B, McCrary B S, Mattos M A, et al 2002 The
kurzfristig ausgesetzt, um die distale Perfusion use of color-flow duplex scan for the detection of en-
des Beins zu gewährleisten. Die erfolgreiche doleaks. Journal of Vascular Surgery 36 (1): 100 – 104
Thrombosierung des Aneurysmas kann mehr als Olsen D M, Rodriguez J A, Vranic M, et al 2002 A prospec-
eine Stunde beanspruchen. tive study of ultrasound scan-guided thrombin injection
of femoral pseudoaneurysm: a trend towards minimal
Neuerdings hat sich auch die sonographisch ge- mediation. Journal of Vascular Surgery 36 (4): 779 – 782
steuerte Injektion von humanem Thrombin in Santilli S M, Wernsing S E, Lee E S 2000 Expansion rates
das falsche Lumen als hochwirksame Methode and outcomes for iliac artery aneurysms. Journal of Vas-
zur Behandlung des Aneurysma spurium erwie- cular Surgery 31(1):114 – 121
The UK Small Aneurysm Trial Participants 1998 Mortality
sen. Das Blut im falschen Lumen gerinnt inner- results for randomised controlled trial of early elective
halb von 1 bis 2 Sekunden nach der Injektion, surgery or ultrasonographic surveillance for small abdo-
was im Ultraschallbild verfolgt werden kann. Die minal aortic aneurysms. Lancet 352 (9141): 1649 – 1655
van Marrewijk C, Buth J, Harris P L, et al 2002 Significance
Thrombininjektion könnte sich bei falschen Fe-
of endoleaks after endovascular repair of abdominal
moralaneurysmen zur wichtigsten Behandlungs- aortic aneurysms: The EUROSTAR experience. Journal
methode entwickeln (Olsen et al. 2002). of Vascular Surgery 35 (3): 461 – 473
Vardulaki K A, Walker N M, Day N E, et al 2000 Quantify-
ing the risks of hypertension, age, sex and smoking in
patients with abdominal aortic aneurysm. British Jour-
11.15 Dokumentation nal of Surgery 87 (2): 195 – 200
Veith F J, Baum R A, Ohki T, et al 2002 Nature and signifi-
Die Dokumentation erfolgt meist in Form eines cance of endoleaks and endotension: summary of opin-
ions expressed at an international conference. Journal
schriftlichen Befundberichts, der durch geeignete of Vascular Surgery 35 (5): 1029 – 1035
Ultraschallbilder ergänzt wird. Wichtig ist der Wassef M, Baxter B T, Chisholm R L, et al 2001 Patho-
Hinweis auf etwaige Limitationen der sono- genesis of abdominal aortic aneurysms: a multidiscipli-
graphischen Untersuchung und die eindeutige nary research program supported by the National Heart,
Lung, Blood Institute. Journal of Vascular Surgery 34
Beschreibung, aus welchen Positionen welche (4): 730 – 738
Messungen durchgeführt wurden. Es ist schon
163
11 Duplexsonographische Aneurysmadiagnostik
164
Anatomie des Venensystems
Haut
12.2 Anatomie SL
Oberflächlicher
Ast der V. saphena
magna
Das Venensystem der unteren Extremität kann in V. saphena magna
das System der tiefen und der oberflächlichen DP
Muskelfaszie
165
12 Anatomie des Venensystems der unteren Extremität und Veneninsuffizienz-Diagnostik
V. renalis dextra
V. cava inferior
V
V. iliaca communis
dextra
V. iliaca externa
dextra
V. femoralis
communis dextra
V.-saphena-
A magna-Crosse
V. profunda
femoris
V V. femoralis
superficialis dextra
GL
MG
V.-saphena-
parva-Crosse
Gastrocnemius-
vene
V. poplitea
B
Abb. 12.2 Querschnitt der Hauptstämme der ober-
flächlichen Venen. A: Die V. saphena magna (V) liegt Soleusvenen
und -sinus
im oberflächlichen Venensystem und wird durch die
Fascia profunda (nach oben zeigende Pfeile) und die Fas- Vv. tibiales
cia saphena (nach unten zeigende Pfeile) begrenzt. B: anteriores
Auch die V. saphena parva (V) wird durch die Fascia Vv. peroneales
Vv. tibiales
profunda (nach oben zeigende Pfeile) und die Fascia posteriores
saphena (nach unten zeigende Pfeile) begrenzt. Das Bild
des rechten Beines zeigt auch den M. gastrocnemius
medialis (MG) und den M. gastrocnemius lateralis
(GL).
166
Die Anatomie des oberflächlichen Venensystems 12.4
167
12 Anatomie des Venensystems der unteren Extremität und Veneninsuffizienz-Diagnostik
Crosse in die V. femoralis communis. Detaillierte schen den Köpfen des M. gastrocnemius. Im Be-
anatomische Kenntnisse dieser Region sind un- reich der Vena-saphena-parva-Crosse in der Knie-
verzichtbar, da es mindestens sechs weitere Ne- kehle mündet sie oberhalb des Abgangs der Gast-
benäste gibt, die in Höhe der Vena-saphena- rocnemiusvene in die V. poplitea. Etwa 60 % aller
magna-Crosse in die V. saphena magna münden Gefäße der V. saphena parva vereinigen sich 8 cm
(Abb. 12.5) und die Quelle primärer Varizen oder vom Kniegelenk entfernt in der Fossa poplitea
von Varizenrezidiven sein können. Es sollte be- mit der V. poplitea (Browse et al. 1999). Die Anato-
achtet werden, dass nicht alle dieser Zuflüsse so- mie der V. saphena parva kann jedoch stark va-
nographisch auffindbar sind. Die anterolaterale riieren, und auch die Vena-saphena-parva-Crosse
Oberschenkelvene, die manchmal auch als V. sa- kann deutlich über der Kniekehle lokalisiert sein,
phena accessoria anterior bezeichnet wird, drai- wo sie in die V. poplitea Pars I oder die V. femo-
niert die Gefäße im lateralen Anteil des Knies ralis superficialis mündet. Alternativ kann die
und verläuft schräg über den ventralen Anteil des V. saphena parva auch direkt aus der Gastro-
Oberschenkels in die Vena-saphena-magna-Crosse cnemiusvene entspringen oder aus einem ge-
(Abb. 12.5). Allerdings vereinigt sie sich manch- meinsamen Ursprung mit dieser hervorgehen
mal mit der V. saphena magna unterhalb der (Abb. 12.6). Darüber hinaus ist bei manchen
Crosse; die Höhe der Mündung kann variieren. Menschen eine Vene nachzuweisen, die wie in
Die anterolaterale V. femoralis ist sonographisch Abbildung 12.6 als Fortsetzung der V. saphena
meist leicht zu identifizieren (siehe Abb. 12.2B). parva entlang des dorsalen Oberschenkels über
Die posteromediale V. femoralis drainiert die Ge- der Vena-saphena-parva-Crosse verläuft. Diese
fäße im posteromedialen und posterioren Bereich Vene wird Giacominivene genannt; sie findet in
des distalen Oberschenkels und vereinigt sich im chirurgischen Lehrbüchern aber nur selten Er-
proximalen Oberschenkel mit dem Hauptstamm wähnung (Georgiev et al. 2003). Manchmal be-
der V. saphena magna. Gelegentlich bestehen zeichnet man sie auch als Extension der V. saphe-
Verbindungen zwischen der proximalen V. saphe- na parva im proximalen Oberschenkel. Das Ende
na parva (oder ihrer Äste) und der posteromedi- der Giacominivene ist variabel; über eine poste-
alen Vene im distalen Oberschenkel oder in der romediale Oberschenkelvene mündet sie entwe-
proximalen Wade. der im Oberschenkel oder in der Leiste in die V.
Die distale V. saphena parva entspringt hinter saphena magna. Sie kann am posterioren Ober-
dem Malleolus lateralis (Außenknöchel) und schenkel verlaufen und direkt in die V. femoralis
zieht an der Oberfläche bis hinauf in die hintere oder Äste der V. iliaca interna münden, etwa in
Wade in der Saphena-Loge (siehe Abb. 12.2B). die V. glutealis inferior (Abb. 12.6). Manchmal
Normalerweise stehen eine Reihe von Perforans- besteht Verwirrung hinsichtlich der Frage, ob es
venen, vor allem aus den Gastrocnemiusvenen sich bei einer posterioren Oberschenkelvene um
in der Wadenmitte, mit der V. saphena parva in die Giacominivene handelt oder lediglich um
Verbindung. Die V. saphena parva perforiert die einen posteromedialen Ast der V. saphena magna.
Faszie in der proximalen Wade und verläuft zwi- Im Allgemeinen scheint die Giacominivene in
einem oberflächlichen Faszien-Kompartiment im
distalen Oberschenkel zu verlaufen (ähnlich wie
die V. saphena magna und parva), wohingegen
V. femoralis
communis posteromediale Äste der V. saphena magna eher
V. epigastrica
superficialis inferior oberhalb der Saphena-Faszie liegen. Und schließ-
V. pudenda lich finden sich meist in der proximalen Wade
V. circum- externa profunda sog. kommunizierende Venen, die zwischen V. sa-
flexa ilium phena magna und parva verlaufen.
superficialis V. pudenda
externa
superficialis
Anterolaterale
V. femoralis
V. saphena Anatomische Varianten
accessoria
medialis
Das Venensystem der unteren Extremität kennt
Hauptstamm der
V. saphena magna zahlreiche anatomische Varianten, und selbst
erfahrene Untersucher treffen von Zeit zu Zeit
Abb. 12.5 Anatomie der Vena-saphena-magna-Crosse. auf immer neue Möglichkeiten. Paarig angelegte
168
Die Anatomie des oberflächlichen Venensystems 12.4
V. femoralis
communis
6
V.-saphena-
magna-Crosse
5
V. saphena
magna
4
Giaco-
minivene A
V
3
V
V. poplitea
1
2
Gastro-
cnemius- Abb. 12.7 Querschnitt einer doppelt angelegten oder
vene zweigeteilten V. femoralis superficialis; die Arterie (A)
V. saphena liegt neben den paarig angeordneten Venen (V).
parva
169
12 Anatomie des Venensystems der unteren Extremität und Veneninsuffizienz-Diagnostik
hohen Gegendrücken standhalten, typischerwei- Venen und Klappen, die die vielen Perforans-
se über 250 – 300 mmHg. Die Anzahl der Klappen venen schützen, sodass der Blutfluss vom ober-
pro Venenabschnitt ist individuell verschieden; flächlichen zum tiefen Venensystem gelenkt
die distalen Venen enthalten jedoch mehr Klap- wird. In sehr seltenen Fällen können die Venen-
pen als die proximalen Venen, da sie höheren klappen infolge einer kongenitalen Venenklap-
hydrostatischen Drücken standhalten müssen. penaplasie fehlen (Eifert et al. 2000), die bei sehr
Die V. cava inferior und die V. iliaca communis jungen Patienten die Ursache eines Refluxes im
verfügen nicht über Klappen; auch in der V. iliaca tiefen Venensystem sein kann.
externa oder V. femoralis communis weisen die
meisten Menschen keine Klappen auf. Gewöhn-
lich befindet sich eine Klappe am Abgang der Flussmuster des venösen Systems
V. femoralis superficialis, und durchschnittlich
drei bis vier Klappen finden sich im Verlauf der Die Flussmuster in den normalen tiefen Venen
V. femoralis superficialis und der V. poplitea bis werden in Kapitel 5 beschrieben. Je nach Patien-
zum Knie; ihre Anzahl kann jedoch variieren. Die tenlagerung und externen Faktoren wie der Um-
meisten Menschen haben eine Klappe in der in- gebungstemperatur können die venösen Fluss-
fragenual verlaufenden V. poplitea, die manch- muster in den oberflächlichen Venen variieren.
mal als „Gatekeeper“ (Pförtner) bezeichnet wird, Im Stehen oder Sitzen sollte normalerweise kein
da sie den venösen Rückstrom in die proximale oder nur ein sehr spontaner Fluss in der V. saphe-
Wade verhindert. Die tiefen Venen in der Wade na magna und der V. saphena parva nachweisbar
enthalten zahlreiche Klappen. In der V. saphena sein. Bei hohen Raumtemperaturen kann die Va-
magna und der V. saphena parva kommen im sodilatation in den oberflächlichen Venen einen
Verlauf ihrer Hauptstämme ca. 8 – 10 Klappen vor erhöhten Fluss hervorrufen. Lässt sich im Ruhe-
(Browse et al. 1999). Darüber hinaus befinden zustand ein spontaner hoher Volumenfluss oder
sich normalerweise Klappen an den Verbindun- ein kontinuierlicher Fluss in den oberflächlichen
gen zwischen den oberflächlichen und den tiefen Venen nachweisen, so ist Vorsicht geboten, da
dies auf einen tiefen Venenverschluss hindeuten
oder durch eine Infektion (z. B. Zellulitis) bedingt
sein könnte (Abb. 12.9).
170
Venöse Erkrankungen der unteren Extremität 12.5
171
12 Anatomie des Venensystems der unteren Extremität und Veneninsuffizienz-Diagnostik
V. saphena, entwickelt, die vielversprechende Er- Flüssigkeit aus dem Geweberaum führt. In Kom-
gebnisse zeigt. Dabei wird eine mittels Radio- bination mit einer Schädigung der Kapillarwände
frequenzenergie erhitzte Katheterspitze in die kann daraus eine lokalisierte Gewebehypoxie re-
Vene eingeführt; das Gefäß schrumpft durch das sultieren. Das Austreten von Erythrozyten durch
Erwärmen der Venenwand. Die Positionierung die geschädigte Kapillarwand in den interstitiel-
der Katheter erfolgt unter duplexsonographischer len Raum verursacht die mit vielen Ulzera assozi-
Kontrolle. ierte braune Pigmentierung, die durch die mit
dem Abbau der Erythrozyten verbundene Abla-
gerung von Hämosiderin entsteht. Venöse Ulzera
Hautveränderungen und venöse sind meist recht flach und von unterschiedlicher
Ulzera Größe; gelegentlich ist zirkulär der gesamte Un-
terschenkel betroffen (sog. „Gamaschenulkus“).
Als schwerwiegende Komplikation der oberfläch- Es kann zu Infektionen mit verschiedenen Arten
lichen oder tiefen Veneninsuffizienz gilt die von Bakterien kommen, und die Wunde kann
chronische venöse Hypertonie der unteren Extre- ausgesprochen schmerzhaft sein.
mität als Folge venöser Ulzera (Abb. 12.10). Zu Die ersten körperlichen Zeichen einer venösen
den mit Ulzera assoziierten Risikofaktoren gehö- Hypertonie sind Hautveränderungen im Bereich
ren das postthrombotische Syndrom, Adipositas, des Knöchels oder der distalen Wade, die typi-
Immobilität und arthritische Beschwerden, die scherweise als venöse Ekzeme und Pigmentver-
eine Bewegungseinschränkung des Knöchels be- änderungen imponieren und häufig mit lokalen
wirken und damit zum Versagen der Wadenmus- Hautreizungen oder Juckreiz einhergehen. Oft-
kelpumpe beitragen. Unbedingt zu bedenken ist, mals entwickelt sich auch eine Lipodermato-
dass manche Ulzera, deren Ursache venöser sklerose mit einer Verhärtung des subkutanen
Natur zu sein scheint, auch durch andere Erkran- Gewebes im Bereich der distalen Wade und des
kungen wie Vaskulitis, rheumatoide Arthritis Knöchels. Der betroffene Bereich fühlt sich hart
oder Hautkrankheiten bedingt sein können. Die und „hölzern“ an. Die Entstehung eines Ulcus
zugrunde liegende Ursache von venösen Ulzera cruris venosum beginnt manchmal mit einer
ist noch ungeklärt, man geht jedoch davon aus, geringfügigen Verletzung oder nicht heilenden
dass Veränderungen der Mikrozirkulation der Abschürfung. Nicht vergessen werden darf dabei,
Haut und subkutaner Gewebe als Reaktion auf dass einige venöse Ulzera auch mit Arterien-
eine lokale venöse Hypertonie an der Ätiologie erkrankungen assoziiert sein können; gerade Pa-
beteiligt sind. Die venöse Hypertonie ruft einen tienten mit gemischten venösen und arteriellen
Druckanstieg in Venolen und Kapillaren hervor, Ulzerationen stellen eine besondere diagnosti-
was zu lokaler Ödembildung und verringerter sche Herausforderung für das Gefäßlabor dar. Es
Rückresorption von Proteinen und interstitieller gehört daher zur Praxisroutine, bei allen Patien-
ten mit venösen Ulzera den Knöchel-Arm-Index
(ABPI) zu messen, um eine signifikante arterielle
Beteiligung auszuschließen. Gelegentlich kann
der ABPI aufgrund starker Schmerzen nicht be-
stimmt werden, sodass hier eine subjektive Aus-
wertung der aus dem Fuß abgeleiteten Doppler-
signale genügen muss. Zum Schutz von Ulkus-
und Blutdruckmanschette hat sich ein Folienver-
band zur Abdeckung der ulzerierten Areale be-
währt.
Traditionell wurde davon ausgegangen, dass ve-
nöse Ulzera primär durch eine tiefe Veneninsuf-
fizienz im Gefolge einer Klappeninsuffizienz,
eines postthrombotischen Syndroms oder eines
Abb. 12.10 Aufnahme eines Ulcus cruris venosum im Versagens der Wadenmuskelpumpe bedingt sind,
distalen Anteil der medialen Wade und im Knöchel- die in einer venösen Hypertonie der tiefen Bein-
bereich. Im Stromgebiet der V. saphena magna sind in venen resultiert. Neuere Studien haben jedoch
der Wadenmitte auch Varizen zu erkennen. gezeigt (Scriven et al 1997, Magnusson et al.
172
Praktische Tipps für die duplexsonographische Untersuchung von Varizen 12.6
2001), dass eine signifikante Anzahl von Patien- n Sind Sie schon einmal wegen Krampfadern be-
ten mit einem Ulcus cruris nur an einem ober- handelt worden, entweder chirurgisch oder mit-
flächlichen Reflux leiden, ohne dass die tiefen tels Sklerotherapie? Nicht selten wird man
Venen beeinträchtigt wären. Daher führt eine Li- feststellen, dass in der Krankenakte ana-
gatur des relevanten oberflächlichen Venenmün- mnestische Details fehlen, und möglicher-
dungsgebietes, mit oder ohne Stripping der ober- weise hat sich der Patient in der Vergangen-
flächlichen Venen, aufgrund einer verringerten heit bereits einer Behandlung unterzogen,
venösen Hypertonie auch zur Abheilung der die sich duplexsonographisch nachweisen
meisten Ulzera. Die Rolle einer Ligatur der Per- lässt.
foransvenen bleibt umstritten, es gibt jedoch n Hatten Sie schon einmal eine tiefe Venenthrom-
Hinweise darauf, dass die chronische Venenin- bose oder eine starke Beinschwellung? Hat der
suffizienz mit einer Zunahme der Anzahl und des Patient bereits eine tiefe Venenthrombose
Durchmessers der Perforatoren in der medialen durchgemacht, kann es zu einer chroni-
Wade assoziiert ist (Stuart et al 2000). Manche schen Schädigung des tiefen Venensystems
Gefäßlabors werden deshalb vor einer Operation gekommen sein, die eine tiefe Veneninsuffi-
auch um eine duplexsonographische Markierung zienz oder einen Venenverschluss ausgelöst
der insuffizienten Perforansvenen ersucht. hat, welche(r) die Ursache der gegenwärti-
Bei den durch eine signifikante tiefe Venen- gen Symptome sein könnte.
insuffizienz verursachten varikösen Ulzera wird Der Untersucher sollte Lage und Verteilung der
eine Ligatur oder ein Stripping der oberfläch- Varizen auch inspizieren, da dies Hinweise auf
lichen Varizen gewöhnlich nicht durchgeführt, ihre Blutversorgung geben könnte. Die Untersu-
da sich die zugrunde liegende Hypertonie des tie- chung erfordert keine besondere Vorbereitung;
fen Venensystems auf diese Weise nicht korrigie- nur die Beine sollten von der Leiste bis zum Knö-
ren lässt. Stattdessen hat sich bei diesen Ulzera chel frei zugänglich sein. Die Füße des Patienten
die Anwendung von Kompressionsverbänden zur sollten deutlich tiefer liegen als das Herz, um
Reduktion von Ödemen und venöser Hypertonie einen ausreichenden hydrostatischen Druck zu
als wirkungsvolle Heilmethode bewährt. Je nach erzeugen und so die Funktionstüchtigkeit der
klinischem Bild können Verbände mit unter- Venenklappen beurteilen zu können. Wenn der
schiedlichen Druckwerten angelegt werden (Lam- Patient ganz flach liegt, ist das Druckgefälle zwi-
bourne et al. 1996). Für die Anlage eines Vier- schen dem zentralen Venensystem und den Bei-
lagensystems ist jedoch ein ABPI > 0,8 erforder- nen zu gering. In diesem Falle wäre die Reflux-
lich, um eine Beeinträchtigung der Arterien im geschwindigkeit nach distaler Wadenkompres-
Gewebe unter dem Verband zu vermeiden – eine sion zu gering, um nachweisbar zu sein. Oftmals
schwerwiegende Komplikation, die im Extrem- liegt der Patient während der Untersuchung auf
fall zum Verlust des Beines führen kann. dem Rücken; die Untersuchungsliege wird dazu
in einem Winkel von mindestens 30 ° nach unten
geschwenkt (umgekehrte Trendelenburg-Position).
12.6 Praktische Tipps für die Alternativ kann der Patient auch am Rand der
Untersuchungsliege sitzen und die Füße auf
duplexsonographische einen Stuhl stellen. Viele Einrichtungen führen
Untersuchung von die Untersuchung am stehenden Patienten durch.
Varizen Das zu untersuchende Bein sollte jedoch nicht
belastet werden; zum Abstützen kann der Patient
Ziel der duplexsonographischen Untersuchung einen Handlauf oder eine andere geeignete Stüt-
ist es, die Suffizienz des oberflächlichen und des ze benutzen. Denken Sie daran, dass manchen
tiefen Venensystems zu beurteilen und die Vari- (vor allem jüngeren) Patienten während der
zenursache zu ermitteln. Für die beidseitige Un- Untersuchung häufig schwindelig wird. Bei Un-
tersuchung der Venen muss mindestens eine wohlsein sollte sich der Patient sofort hinlegen;
halbe Stunde veranschlagt werden. Ein logisches bei Bedarf ist entsprechender ärztlicher Rat einzu-
Vorgehen bei der Untersuchung ist sinnvoll, da holen.
sich die Untersuchungszeit dadurch verringert.
Stellen Sie dem Patienten vor der Untersuchung
folgende Fragen:
173
12 Anatomie des Venensystems der unteren Extremität und Veneninsuffizienz-Diagnostik
ANFANG
VALSALVA ENDE
174
Gradeinteilung des Refluxes im oberflächlichen und tiefen Venensystem 12.8
175
12 Anatomie des Venensystems der unteren Extremität und Veneninsuffizienz-Diagnostik
A B
Abb. 12.14 A: In diesem farbkodierten Bild der Vena-saphena-parva-Crosse strömt das Blut in der V. saphena
parva (S) und der V. poplitea (blau kodiert) während des distalen Provokationsmanövers in Richtung Herz. B: Nach
dem Loslassen der Wade ist oberhalb des Mündungsbereichs ein signifikanter retrograder Fluss (rot kodiert) in der
V. saphena parva und der V. poplitea zu erkennen, der auf die Insuffizienz der Vena-saphena-parva-Crosse hindeu-
tet. Unterhalb der Vena-saphena-parva-Crosse ist in der V. poplitea dagegen kein retrograder Fluss nachweisbar,
was auf die Kompetenz der V. poplitea in dieser Höhe schließen lässt (Pfeil).
Flussverstärkung, fälschlich als insuffizient ge- beeinträchtigen (Walsh et al. 1994). Ein weiteres
deutet wird. Dies gilt insbesondere für die V. po- Problem stellt sich, wenn eine Vene sehr groß
plitea knapp oberhalb des Kniegelenks, da die oder dilatiert und die Refluxdauer relativ kurz ist,
Vene in dieser Höhe über und direkt unterhalb das Refluxvolumen aufgrund des großen Venen-
des Knies sich mit einer ganzen Reihe von Venen durchmessers aber sehr groß sein kann. In dieser
vereinigt und daher sehr groß ist. Situation kann der Verdacht auf einen schweren
Reflux aufkommen, wenn das Refluxmuster in
der Spektraldopplerkurve dieselbe Form zeigt wie
Probleme der Reflux-Klassifikation das Flussverstärkungsmuster (Abb. 12.18). Bei Pa-
tienten mit ausgeprägter venöser Stase kann sich
Da manche Refluxmuster schwer zu interpretie- die Verstärkung des venösen Blutflusses als
ren sind, wurde versucht, das Refluxvolumen mit- schwierig erweisen, weil es nach dem Loslassen
tels sonographischer Volumenflussmessungen zu der distalen Wade nur zu einem sehr geringen
bestimmen. In der Praxis erweist sich ein solches Reflux kommt. Im B-Bild allerdings erscheint die
Vorgehen als viel zu zeitaufwändig, um routine- Aggregation von Blut in der dilatierten Vene häu-
mäßig angewendet werden zu können; allerdings fig als Speckle-Muster (Abb. 12.19). Während der
ist die subjektive Beurteilung des Refluxvolumens Wadenkompression ist nur eine minimale Be-
nicht ohne Nutzen. Zu einem geringfügigen oder wegung im Speckle-Muster erkennbar. Die tiefen
sehr langsamen Reflux kann es infolge partiell in- venösen Sinus in der Wade können erweitert und
suffizienter Venenklappen kommen (Abb. 12.17). vermehrt mit Blut gefüllt sein, was mit einer tie-
Dieses Phänomen ist in vielen Venen zu be- fen Venenthrombose verwechselt werden kann
obachten, besonders häufig jedoch in der V. po- (siehe Kap. 13). Der überweisende Arzt sollte über
plitea Pars III. Man vermutet, dass eine ursprüng- solche Probleme in Kenntnis gesetzt werden,
lich tiefe Veneninsuffizienz aufgrund einer vari- indem dem Befund ein Ausdruck der relevanten
kösen Veränderung der oberflächlichen Venen Flussmuster beigefügt wird. In einigen Fällen
entsteht, was zu einer Überlastung des tiefen Ve- kann es erforderlich werden, die Duplexuntersu-
nensystems führt. In gewissem Maße kann dies chung durch weitere diagnostische Tests (z. B.
eine Dilatation der tiefen Venen im Unterschen- Messung des ambulatorischen Venendrucks oder
kel bewirken und die normale Klappenfunktion Plethysmographie) zu ergänzen.
176
Gradeinteilung des Refluxes im oberflächlichen und tiefen Venensystem 12.8
1 2
R R
A B
Abb. 12.16 Dauer und Schweregrad des venösen Refluxes lassen sich mittels Spektraldopplersonographie beur-
teilen. A: Mäßiger venöser Reflux von 0,55 s Dauer (R) im Bereich der Vena-saphena-magna-Crosse nach distaler
Flussverstärkung. B: Schwerer venöser Reflux (R) von > 2 Sekunden Dauer im Bereich der Vena-saphena-magna-
Crosse.
177
12 Anatomie des Venensystems der unteren Extremität und Veneninsuffizienz-Diagnostik
Map 2
150dB/C3
Insuffiziente Persist Med
Klappe 2D Opt:Gen
Fr Rate:Max
KOMPRESSION
A
DEKOMPRESSION
A 45.4cm/s
B 39.8cm/s A
0.80cm
178
Protokoll für Untersuchungen des Beinvenensystems 12.9
179
12 Anatomie des Venensystems der unteren Extremität und Veneninsuffizienz-Diagnostik
180
Protokoll für Untersuchungen des Beinvenensystems 12.9
Längsschnitt bewertet. Allerdings können lung aus der Kniekehle liegt die V. poplitea
die Varizen in der Wade so deutlich sichtbar über der gleichnamigen Arterie. Manche
sein, dass für die Beurteilung der V. saphena Ärzte fordern auch eine Beurteilung der
magna in dieser Ebene kaum Zeit aufgewen- Gastrocnemiusvenen an. Anschließend wird
det werden muss, wenn es sich dabei um die Untersuchung mit der Beurteilung der
das Versorgungsgefäß der Varizen handelt. V. saphena parva fortgesetzt.
Die V. saphena magna kann über insuffi-
ziente Äste, die über das vordere Schienbein
verlaufen, auch Varizen im lateralen Wa- Beurteilung der V. saphena parva
denanteil versorgen. Viel diskutiert wird die
Frage, ob es notwendig ist, alle Perforans- n Auch wenn ihre Lage stark variieren kann,
venen der Wade duplexsonographisch zu ist die Vena-saphena-parva-Crosse meist
untersuchen und ob diese Entscheidung knapp oberhalb der Hautfalte in der Knie-
von lokalen Untersuchungsprotokollen ab- kehle lokalisiert. Im Querschnitt kann die
hängt. In vielen Fällen sind die Perforans- V. saphena parva knapp unterhalb der Knie-
venen mit den Seitenästen der V. saphena kehle, wo man sie in der oberflächlichen
magna und nicht mit dem Hauptstamm Saphena-Loge sehen kann, problemlos iden-
verbunden. tifiziert werden (Abb. 12.2B und 12.23).
n Die supra- und infragenuale V. poplitea wird Manchmal ist diese Vene aber auch sehr
von der Kniekehle aus auf Durchgängigkeit klein und wird leicht übersehen. Die V. sa-
und Suffizienz untersucht. Bei der Darstel- phena parva wird im Querschnitt nach pro-
ximal bis in die Kniekehle verfolgt, wo sie
die Faszie perforiert und in die Tiefe zieht,
um sich an der Saphena-parva-Crosse mit
V. poplitea
der V. poplitea zu vereinigen. Zu beachten
ist, dass die V. saphena parva die Muskel-
VSM
VSM
VSP
VSP
VSP
PÄ
GV
MÄ GV
VSM
VP
AP
A B
181
12 Anatomie des Venensystems der unteren Extremität und Veneninsuffizienz-Diagnostik
faszie gelegentlich auch unterhalb der Knie- parva verwechselt, wenn sie oberhalb des
kehle durchdringt. Manchmal zieht die pro- M. gastrocnemius verlaufen. Bei der Abklä-
ximale V. saphena parva auch medial oder rung der anatomischen Verhältnisse in die-
lateral in einem Bogen in Richtung Saphe- sem Bereich ist Vorsicht geboten. Und
na-parva-Crosse (Abb. 12.24). Aus der Knie- schließlich finden sich, getrennt von der
kehle betrachtet kann der tatsächliche V. saphena parva, manchmal auch große
Mündungsbereich im ventralen, medialen, Perforansvenen in der Kniekehle, die vari-
lateralen oder gelegentlich auch dorsalen kös veränderte oberflächliche Venen versor-
Anteil der V. poplitea lokalisiert sein. In gen.
manchen Fällen können Crosse und proxi- n Die Darstellung der Saphena-parva-Crosse
male V. saphena parva stark geschlängelt und der proximalen V. saphena parva er-
verlaufen, wobei die Vene im Längsschnitt folgt im Längsschnitt (Abb. 12.25). Manch-
S-förmig auf sich selbst zurückläuft, wäh- mal verläuft die Crosse aber auch geschlän-
rend sie in medialer oder lateraler Richtung gelt, sodass der Schallkopf gedreht werden
einen geschlängelten Verlauf nimmt. Dies muss. Die Saphena-parva-Crosse und die
ergibt ein sehr verwirrendes Bild, auf dem in proximale V. saphena parva sollten dann
derselben Schnittebene sogar verschiedene unter starker Wadenkompression auf ve-
Abschnitte der proximalen V. saphena par- nösen Reflux untersucht werden. Wenn
va zu sehen sind. Um die Vene zur V. po- nicht bereits geschehen, sollte auch die Suf-
plitea zurückzuverfolgen, sollte der Schall- fizienz der supra- und infragenualen V. po-
kopf langsam und vorsichtig bewegt werden. plitea beurteilt werden.
Es kann auch vorkommen, dass man Äste n Im Gegensatz zur Saphena-magna-Crosse ist
der Gastrocnemiusvene mit der V. saphena die anatomische Lage der Saphena-parva-
VSP
S
C
V VP
AP
A
182
Protokoll für Untersuchungen des Beinvenensystems 12.9
183
12 Anatomie des Venensystems der unteren Extremität und Veneninsuffizienz-Diagnostik
184
Untersuchung von Varizenrezidiven 12.10
Insuffiziente Nebenäste
P
In manchen Fällen ist die Vena-saphena-magna-
Crosse zwar ligiert worden, die kleinen Neben-
äste aus dem inneren Anteil der Leiste versorgen
DV jedoch die varikösen Areale im Stromgebiet der
V. saphena magna oder im Bereich des Haupt-
stamms der V. saphena magna, falls kein Venen-
B stripping erfolgt ist. Häufig werden diese Neben-
Abb. 12.28 A: Das Phlebogramm zeigt eine zwischen äste von der V. pudenda und der V. perinealis
einer tiefen Vene (TV) und einer oberflächlichen vari- versorgt. Das Sonogramm zeigt typischerweise
kös veränderten Vene (VV) verlaufende Perforansvene varikös veränderte Venen oder einen intakten
(P). B: Das B-Bild zeigt eine große Perforansvene (P). Stamm (falls dieser im proximalen Oberschenkel
Die Pfeile zeigen auf die Faszie, und wo die Perforans- nicht extrahiert wurde), der sich in kleine Ne-
vene zwischen der tiefen Vene (TV) und der oberfläch- benäste aufteilt, bevor er in Richtung des inneren
lichen Vene (OV) verläuft, ist in der Faszie eine deut- Bereichs der Leiste verschwindet. Diese Neben-
liche Lücke zu erkennen. äste sind im farbkodierten Bild gewöhnlich als
feines, diffuses Netz von Venen zu erkennen.
Manchmal verlaufen diese Nebenäste nahe der
Femoralvene, ohne dass sich eine direkte Verbin-
Mögliche Ursachen von Varizenrezi- dung nachweisen ließe (Abb. 12.29C). Varizen-
diven im Stromgebiet der V. saphena rezidive können auch durch Venen von der un-
magna teren Bauchwand versorgt werden.
Unvollständige Ligatur der
Vena-saphena-magna-Crosse Neovaskularisierung
Normalerweise wird die Crosse ligiert, und etwai- Man vermutet, dass es nach einer Ligatur der
ge Nebenäste werden abgetrennt (Abb. 12.29A). Vena-saphena-magna-Crosse zwischen der Femo-
Bei fehlerhafter Gefäßidentifizierung oder inadä- ralvene und varikös veränderten Oberflächen-
quater Dissektion kann es jedoch vorkommen, venen in der Leiste zu einer Neovaskularisierung
dass während der Operation statt der Crosse oder einem erneuten Gefäßwachstum kommen
selbst möglicherweise nur ein kleiner Nebenast kann (Jones et al. 1996) (Abb. 12.31). Diese klei-
185
12 Anatomie des Venensystems der unteren Extremität und Veneninsuffizienz-Diagnostik
t
V. femoralis
A communis
V.
profunda
ALTV
VFS
B
VSM
Varizen
186
Untersuchung von Varizenrezidiven 12.10
Neovaskularisierung
an der V.-saphena- Sekundärvarizen
magna-Crosse
Nicht selten entwickeln sich in Oberschenkel
und Wade Sekundärvarizen, die beim ursprüng-
lichen Eingriff nicht sichtbar waren. Oftmals sind
sie als zahlreich geschlängelte Varizen darstellbar,
VSM die im Stromgebiet der V. saphena magna sehr
oberflächennah lokalisiert sind. Meist ist ihre
Blutversorgung recht diffus; gelegentlich sind die
oberflächlichen Nebenäste in der Leiste beteiligt.
ransvenen des Oberschenkels sind relativ leicht Mögliche Ursachen von Varizen-
zu identifizieren, wenn man im Querschnitt den rezidiven im Stromgebiet der Vena
varikös veränderten Stamm bis zum medialen saphena parva
Oberschenkel verfolgt, der, wie man sehen kann,
entweder direkt oder über Seitenäste mit den Per- Unvollständige Ligatur der
foransvenen verbunden ist. Die Verbindungs- Vena-saphena-parva-Crosse
venen zu den tiefen Venen können einen stark Ein Varizenrezidiv kann auftreten, wenn die
geschlängelten Verlauf nehmen. Werden die va- Vena-saphena-parva-Crosse bei einer Varizen-
rikös veränderten Gefäße in erster Linie von einer operation nur unvollständig ligiert oder falsch
Perforansvene im medialen Oberschenkel ver- identifiziert wurde. Die V. saphena parva kann
sorgt, dann sind oberhalb dieser Perforansvene im Querschnitt nach proximal verfolgt werden,
womöglich nur kleine oder überhaupt keine vari- wo die Vena-saphena-parva-Crosse deutlich zu
kös veränderten Venen zu sehen. Die Lokalisa- sehen sein sollte.
tion der Perforansvenen kann vor einem Eingriff
duplexsonographisch markiert werden.
Insuffizienz der Giacominivene
In manchen Fällen kann eine große insuffiziente
Unvollständiges Stripping des Vena-saphena-
Giacominivene direkt in die V. saphena parva
magna-Stamms im Oberschenkel
oder varikös veränderte Venen in der Kniekehle
Manchmal wird die Saphena-magna-Crosse zwar münden. Die V. saphena parva wird im Quer-
ligiert, der Venenstripper dabei aber in nur einen schnitt unterhalb der Kniekehle aufgesucht und
Ast eines doppelt angelegten Stamms der V. sa- nach proximal verfolgt. Bei korrekt durchgeführ-
phena magna eingeführt, sodass ein Großteil des ter Ligatur sollte die Vena-saphena-parva-Crosse
Hauptstamms intakt bleibt. In diesem Fall lässt nicht zu sehen sein. Die V. saphena parva dage-
sich im Ultraschallbild ein insuffizienter Saphe- gen zieht als Giacominivene nach oben in den
na-magna-Stamm nachweisen, der sich, wie in dorsalen Oberschenkel. Alternativ können die
einigen der oben vorgestellten Beispiele beschrie- oberflächlichen Varizen auch direkt durch die
ben, in Richtung Leiste in kleine Nebenäste auf- Giacominivene versorgt werden. Die Giacomini-
187
12 Anatomie des Venensystems der unteren Extremität und Veneninsuffizienz-Diagnostik
vene selbst kann, wie bereits erwähnt, von ver- 12.11 Beurteilung von
schiedenen Gefäßen versorgt werden.
Patienten mit Haut-
Insuffizienz der Perforansvenen veränderungen und
Insuffiziente Perforansvenen können an unter-
venösen Ulzera
schiedlichen Stellen auftreten. Sie sind oberhalb
oder in der Kniekehle zu finden oder zweigen Bei vielen Patienten mit einem Ulcus cruris ve-
von der Vene des Gastrocnemius in der proxima- nosum wurde noch nie eine Varizenoperation
len oder mittleren Wade ab. Die Perforansvenen durchgeführt, während andere bereits mehrfach
im Kniekehlenbereich können einen stark ge- operiert wurden. Das Vorgehen bei der Beurtei-
schlängelten Verlauf nehmen. Perforansvenen, lung von Patienten mit einem Ulcus cruris ähnelt
die Varizen im Stromgebiet der V. saphena parva im Wesentlichen dem zur Varizendiagnostik
versorgen, lassen sich am einfachsten im Quer- angewendeten Verfahren. Viele Patienten sind
schnitt aufsuchen. schon älter und können eine Untersuchung im
Stehen nicht so gut tolerieren; um den venösen
Reflux beurteilen zu können, sollte das betrof-
Insuffizienz der V. saphena magna
fene Bein aber am besten von der Untersuchungs-
Varizen im Stromgebiet der V. saphena parva liege herabhängen. Der Fuß ruht auf einem Ho-
können aufgrund einer Insuffizienz der V. saphe- cker. Etwaige Druck- oder Kompressionsverbände
na magna entstehen. Insuffiziente posterior ver- müssen entfernt werden, da dies den venösen Re-
laufende Venen im Stromgebiet der V. saphena flux vermindern und damit zu falschen Ergeb-
magna, die an der Hautoberfläche nicht sichtbar nissen führen kann. Patienten mit einem Ulcus
sind, können in der proximalen posterioren cruris weisen eher eine Insuffizienz oder einen
Wade in das System der V. saphena parva mün- Verschluss der tiefen Venen auf als Patienten mit
den, wo die Venen stärker hervortreten. Mögli- einfachen Varizen. Eine sorgfältige Untersuchung
cherweise ist der Operateur bei einem früheren der tiefen Venen ist deshalb unverzichtbar. Am
Eingriff von einer Inkompetenz der Vena-saphe- besten beginnt man mit der Untersuchung der
na-parva-Crosse als Ursache der Varikosis ausge- V. poplitea von der Kniekehle aus, denn viele
gangen und hat den Mündungsbereich ligiert, Chirurgen führen keine oberflächliche Varizen-
obwohl die V. saphena parva oberhalb der Kom- operation durch, wenn in der supra- und infra-
munikationsstelle zwischen V. saphena magna genualen V. poplitea ein starker Reflux nach-
und V. saphena parva in Wirklichkeit suffizient weisbar ist; demnach braucht das oberflächliche
war, sodass die Varizen durch die Crossenligatur Venensystem wahrscheinlich nicht mehr so
nicht beseitigt wurden (Abb. 12.22A). gründlich untersucht zu werden.
Bei der Beurteilung von Patienten mit einem
Ulcus cruris venosum können verschiedene Pro-
Diffuse Varizen in der Kniekehle
bleme auftreten. So kann sich etwa die Darstel-
Diffuse Varizen in der Fossa poplitea können die lung der tiefen Venen von adipösen Patienten
V. saphena parva neu versorgen. In diesem Fall mit dicken Beinen als problematisch erweisen.
wird der Stamm der V. saphena parva trotz Liga- Lohnenswert erscheint in einem solchen Fall der
tur der Vena-saphena-parva-Crosse von zahl- Versuch, die tiefen Venen mit einer 3,5-MHz-Ab-
reichen kleinen oberflächlichen Nebenästen ver- dominalsonde darzustellen. Manchmal ist die
sorgt, deren Verlauf nur schwer nachverfolgt Wade auch zu stark ulzeriert oder zu wund, um
werden kann. die Wadenkompression zur Beurteilung des ve-
nösen Refluxes durchzuführen. Verlagern Sie in
einer solchen Situation die Kompression in den
proximalen Anteil der Wade, wo Ulzeration oder
Hautveränderungen möglicherweise weniger aus-
geprägt sind. Wenn Sie sich nicht sicher sind,
warnen Sie den Patienten vor, dass der Kompres-
sionstest schmerzhaft sein kann, da viele Patien-
ten zwar kooperationswillig sind, aber besorgt
188
Sonstige Erkrankungen des venösen Systems 12.12
reagieren, wenn sie vorher nicht auf mögliche oberflächlichen Venen (siehe Kap. 13), die par-
Unannehmlichkeiten während der Untersuchung tiell oder vollständig thrombosieren können. Ty-
hingewiesen werden. In seltenen Fällen kann pischerweise ist der von der Phlebitis betroffene
eine Analgesie erforderlich werden. Bei Patienten Bereich gerötet, druckempfindlich und heiß. Die
mit einem infektionsbedingten kontinuierlichen oberflächlichen Venen können geschwollen und
starken Volumenfluss (hyperämischen Fluss) in hart sein. Phlebitiden werden normalerweise mit
den oberflächlichen und tiefen Venen gelingt die Analgetika und entzündungshemmenden Medi-
Beurteilung der Venensuffizienz nicht immer kamenten behandelt. Gegebenenfalls muss die
problemlos. Der starke Volumenfluss in Richtung oberflächliche Vene extrahiert werden (Venen-
Herz kann zu einer Verringerung der Refluxdauer stripping), vor allem wenn die Thrombusspitze
führen (Abb. 12.32). Unter diesen Umständen ist in die Vena-saphena-magna-Crosse oder Vena-
es mitunter sehr schwierig, die Venenfunktion zu saphena-parva-Crosse hineinreicht.
untersuchen, sie kann aber ein Hinweis auf eine
Infektion des Beines sein. Möglicherweise müs-
sen zur Reduktion von Infektion oder Zellulitis Klippel-Trénaunay-Syndrom (KTS)
dann entsprechende Maßnahmen wie eine Anti-
biotikatherapie und Hochlagerung des Beines er- Das Klippel-Trénaunay-Syndrom ist eine konge-
griffen werden. Nach Abklingen der Hyperämie nitale Erkrankung und bezeichnet verschiedene
kann das Bein erneut beurteilt werden. Fehlbildungen, die die Hautkapillaren umfassen
können, die häufig Naevi (Feuermale oder Port-
weinflecken) verursachen. Ferner geht es auch
mit einer Knochen- und Weichteilhypertrophie
12.12 Sonstige Erkrankungen (übermäßiges Extremitätenwachstum) sowie Va-
des venösen Systems rizen einher. Jeder KTS-Fall ist einzigartig; oftmals
ist nur eine Extremität betroffen, aber auch an-
Oberflächliche Thrombophlebitis dere Körperregionen können beteiligt sein. An-
omalien des venösen Systems variieren in ihrem
Bei der oberflächlichen Thrombophlebitis han- Schweregrad (Browse et al 1999). Bei den sicht-
delt es sich um einen entzündlichen Prozess der baren varikösen Venen kann man geringfügige
bis schwere Veränderungen unterscheiden, die
sich über das ganze Bein verteilen können. Ge-
wöhnlich treten Varizen am lateralen Anteil des
Oberschenkels und der Wade auf. In einigen KTS-
Fällen können auch die tiefen Venen patholo-
gische Veränderungen aufweisen. Die Anomalien
umfassen das Fehlen von Teilen des tiefen Ve-
nensystems, ungewöhnlich kleine tiefe Venen
oder große, dilatierte tiefe Venen mit insuffi-
zienten Klappen. Vor der chirurgischen Therapie
großer oberflächlicher Varizen sollte daher bei
allen Patienten mit KTS unbedingt das gesamte
tiefe Venensystem untersucht werden, um etwai-
ge Anomalien der tiefen Venen auszuschließen
(Eifert et al 2000).
189
12 Anatomie des Venensystems der unteren Extremität und Veneninsuffizienz-Diagnostik
12.13 Dokumentation
Bei der duplexsonographischen Beurteilung vari-
köser Venen handelt es sich um ein dynamisches
Verfahren; allerdings kann diese Dynamik in Abb. 12.33 Die Benutzung von graphischen Befund-
einem Ausdruck nur schwer wiedergegeben wer- schemata erleichtert dem Arzt die Auswertung der Be-
den, auch wenn die Aufzeichnungen von Reflux- funde einer venösen Duplexuntersuchung (siehe Text).
mustern, wie sie etwa auf dem Monitor des Spek-
traldopplers zu sehen sind, nicht ohne Nutzen
sind. Leichter ist es, mit einer topographischen disciplinary consensus statement. Journal of Vascular
Surgery 36 (2): 416 – 422
Karte des Venensystems zu arbeiten (siehe Abb. Callam M J 1994 Epidemiology of varicose veins. British
12.33). Die oberflächlichen Venen können in Journal of Surgery 81 (2): 167 – 173
den graphischen Befundbogen eingezeichnet Eifert S, Villavicencio J L, Kao T C, et al 2000 Prevalence of
deep venous anomalies in congenital vascular malfor-
werden; in Richtung Herz zeigende schwarze
mations of venous predominance. Journal of Vascular
Pfeile zeigen normale suffiziente Venen an. Nach Surgery 31 (3): 462 – 471
kaudal zeigende rote Pfeile sind ein Zeichen für Evans C J, Allan P L, Lee A J, et al 1998 Prevalence of ve-
venösen Reflux. Ein graphisches Befundschema nous reflux in the general population on duplex scan-
ning: the Edinburgh Vene Study. Journal of Vascular
kann durch einen kurzen schriftlichen Bericht er- Surgery 28 (5): 767 – 776
gänzt werden, in dem auf etwaige Limitationen Evans C J, Fowkes F G, Ruckley C V, et al 1999 Prevalence
der sonographischen Untersuchung hingewiesen of varicose veins and chronic venous insufficiency in
wird. Für den in einer Ambulanz tätigen vielbe- men und women in the general population: Edinburgh
Vene Study. Journal of Epidemiology und Community
schäftigten Chirurgen ist ein solcher Bericht Health 53 (3): 149 – 153
leicht zu interpretieren und erweist sich auch im Georgiev M, Myers K A, Belcaro G 2003 The thigh exten-
Gespräch mit dem Patienten als nützliche Erklä- sion of the lesser saphenous vein: from Giacomini‘s ob-
rungshilfe. servations to ultrasound scan imaging. Journal of Vascu-
lar Surgery 37 (3): 558 – 563
Jones L, Braithwaite B D, Selwyn D, et al 1996 Neovascu-
larisation is the principal cause of varicose vein recur-
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saphenous vein. European Journal of Vascular and En-
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nous vein reflux without incompetence at the sapheno- Lambourne L A, Moffatt C J, Jones A C, et al 1996 Clinical
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Stuart W P, Adam D J, Allan P L, et al 2000 The relation- the veins, 2nd edn. Arnold, London
191
Duplexsonographische Diagnostik
193
13 Duplexsonographische Diagnostik tiefer Venenthrombosen und venöser Erkrankungen …
n Gerinnungsstörungen
n Immobilisation
n Operation und Trauma
n Maligne Tumorerkrankung
n Septikämie
n Orale Kontrazeptiva
n Fortgeschrittenes Alter
n Schlaganfall
n Herzinsuffizienz
n Früher durchgemachte tiefe Venenthrom-
bose
n Langstreckenflüge.
und dass diese Ausdehnung mit einem erhöhten Zeichen, Symptome und Therapie der
Lungenembolierisiko assoziiert ist. Seltener kommt TVT
es zu isolierten Thrombosen der proximalen
Venen wie den Femoral- oder Iliakalvenen; sie Die klinische TVT-Diagnostik ist in bis zu 50 %
können durch Trauma, Operation, Schwanger- der Fälle unzuverlässig und ungenau (Cranley et
schaft oder Tumorerkrankung ausgelöst werden. al. 1976). Zu den typischen Symptomen zählen
In dieser Situation kann es zur Ausbreitung des jedoch akute Wadenschmerzen in Verbindung
Thrombus nach proximal und distal kommen. mit lokalisierter Druckempfindlichkeit, Wärme-
Auch eine venöse Stase kann eine TVT verursa- gefühl und Schwellung. Auch die oberflächlichen
chen – ein Grund, warum Patienten, die längere Venen können dilatiert sein. Bei Beteiligung der
Zeit das Bett hüten müssen, oder immobile Pa- proximalen Venen kann der Oberschenkel stark
tienten ein höheres Thromboserisiko aufweisen. geschwollen sein. Leider können auch andere
Die Belege dafür, dass Langstreckenflüge mit Erkrankungen wie die Zellulitis und Ödeme die
einem erhöhten TVT-Risiko einhergehen, meh- Symptome einer TVT vortäuschen. In einigen
ren sich. Die wichtigsten mit der Entstehung TVT-Fällen kann der Patient – vor allem bei einem
von Venenthrombosen assoziierten Risikofak- kleinen Thrombus – auch asymptomatisch sein.
toren sind in Kasten 13.1 zusammengestellt. Im In extremen TVT-Fällen ist der venöse Abstrom
Frühstadium einer TVT haftet ein Großteil des aus dem Bein so stark reduziert, dass der arterielle
Thrombus nicht unbedingt an der Venenwand. Zustrom behindert wird und eine venöse Gan-
In diesem Fall, in dem wir von einem frei flot- grän entsteht. Dieses Krankheitsbild bezeichnet
tierenden Thrombus sprechen, besteht ein Risiko man als Phlegmasia caerulea dolens. Der Fuß wird
der Loslösung des Thrombus mit nachfolgen- schwarz, das Bein ist auch bei Hochlagerung blau
der Lungenembolie. Mit zunehmendem Alter und geschwollen.
(7 – 10 Tage) steigt der Organisationsgrad des frei Zu einer Lungenembolie kommt es, wenn sich
flottierenden Thrombus, und der Thrombus hef- ein Teil des Blutgerinnsels löst, die rechte Herz-
tet sich an die Venenwand. kammer passiert und sich in einem Ast der Lun-
genarterie festsetzt. Dies führt zu einem Perfu-
sionsdefekt im arteriellen Gefäßbett der Lunge.
Als Symptome einer Lungenembolie können auf-
treten:
194
Epidemiologie und Pathologie der TVT 13.2
Behandeln
Entlassung
TVT-Diagnostik Empfehlungsschreiben
an den Hausarzt
Im Rahmen der TVT-Diagnostik stellte die Phle-
BRW: Bewertung der Risikowahrscheinlichkeit
bographie traditionell die Hauptuntersuchung LE: Lungenembolie
dar. Dabei wird über eine Fußrückenvene ein NMH: Niedermolekulares Heparin
TVT: Tiefe Venenthrombose
Kontrastmittel in das Venensystem injiziert. In US: Ultraschall
einigen Fällen erweist sich die Punktion einer
Fußvene als unmöglich, und manchmal füllen Abb. 13.2 Beispiel für ein Ultraschallprotokoll im Rah-
sich die durchgängigen tiefen Wadenvenen nicht men der TVT-Diagnostik (in Anlehnung an Khaw 2002,
mit dem Kontrastmittel (Bjorgell et al. 2000). Ge- mit freundlicher Genehmigung).
195
13 Duplexsonographische Diagnostik tiefer Venenthrombosen und venöser Erkrankungen …
durch Plasmin gespaltet wird. Erhöhte D-Dimer- andere Erkrankungen, die eine TVT nachahmen,
Werte sind mit dem Vorliegen einer TVT assozi- lassen sich sonographisch identifizieren. Das
iert. Leider können die D-Dimer-Werte aber auch wichtigste diagnostische Kriterium zum Aus-
bei anderen Erkrankungen erhöht sein (z. B. bei schluss einer TVT ist der vollständige Kollaps der
malignen Tumorerkrankungen, Infektionen und Venen unter Sondenkompression. Farbkodierte
Traumata). Deshalb hat der D-Dimer-Test für das und Spektraldopplersonographie können im
Vorliegen einer TVT zwar eine hohe Sensitivität, Rahmen der TVT-Diagnostik ebenfalls zur An-
aber nur eine geringe Spezifität. Doch trotz der wendung kommen. Für eine komplette Untersu-
geringen Spezifität wurden schon negative Vor- chung, einschließlich der Wadenvenen, sollten
hersagewerte von nicht weniger als 98 % berich- 30 min veranschlagt werden.
tet (Bradley et al. 2000). Ein negativer prädiktiver Die Beine sollten frei zugänglich sein und der
Wert sagt aus, mit welcher Wahrscheinlichkeit Patient möglichst bequem liegen. Bei starken
der Patient bei einem negativen Testergebnis tat- Schmerzen im Bein kann in sehr seltenen Fällen
sächlich nicht erkrankt ist. Man geht davon aus, vor Untersuchungsbeginn eine Sedierung oder
dass eine niedrige Risikowahrscheinlichkeit in Analgesie erforderlich werden. Hilfreich ist, wenn
Kombination mit einem negativen D-Dimer-Test der Patient vor allem in der Wade die Bereiche
ein nützliches Vorauswahlinstrument darstellt, benennt, die Beschwerden verursachen oder
mit dem sich unnötige Duplexuntersuchungen druckempfindlich sind, da diese häufig über der
vermeiden lassen (Aschwanden et al. 1999). Zum Thrombose lokalisiert sind. Dieses Areal sollte
Nachweis der Venendurchgängigkeit wird bei duplexsonographisch besonders gründlich un-
den meisten Ultraschalluntersuchungen die Ve- tersucht werden. Um eine Vasokonstriktion zu
nenkompression angewendet. Dazu gehört nor- vermeiden, sollte das Untersuchungszimmer an-
malerweise die vollständige Untersuchung der genehm temperiert sein (> 20 °C). Die Untersu-
tiefen Venen von der Leiste bis zur Wade. Es liegt chung wird möglichst am herabhängenden Bein
jedoch Evidenz vor, dass ein Kompressionstest, durchgeführt, um für eine ausreichende Füllung
der sich auf zwei bis drei Punkte an der V. fe- und Dilatation der Venen zu sorgen. Im Idealfall
moralis communis, V. poplitea und der distalen wird der Patient in Anti-Trendelenburg-Position
V. poplitea (als drittem Kompressionspunkt) be- untersucht (Fußtieflage in einem Winkel von
schränkt, eine sichere und rasche Methode zum mindestens 30 °). Alternativ kann die Untersu-
Ausschluss einer TVT darstellt (Cogo et al. 1998, chung auch im Stehen durchgeführt werden;
Khaw 2002). dabei sollte das zu untersuchende Bein aber nicht
Zur Darstellung der Iliakalvenen und der V. cava belastet werden. Zu diesem Zweck kann sich der
werden Magnetresonanz- und Computertomogra- Patient an einem Handlauf o. Ä. festhalten. Die
phie angewendet, wenn die Durchführung ande- Wadenvenen und die Kniekehle sind bei gestreck-
rer Bildgebungsverfahren sich als unangemessen tem Bein leichter zu untersuchen, wobei das Bein
oder unmöglich erweist. Aufgrund der damit ver- seitlich über die Untersuchungsliege hängt und
bundenen hohen Kosten ist in naher Zukunft je- der Fuß auf einem Stuhl ruht. Wichtig ist, das
doch nicht damit zu rechnen, dass diese beiden Knie bei der Untersuchung der V. poplitea nicht
Verfahren im ambulanten Setting zum routine- zu überstrecken, da dies zum Kollaps oder Ver-
mäßigen TVT-Screening eingesetzt werden. schluss der Vene führen kann. Immobile oder
kranke Patienten sollten möglichst in Anti-Tren-
delenburg-Position gebracht werden; allerdings
13.3 Praktische Tipps für die gibt es auch Situationen, wie etwa auf der Intensiv-
station, in denen der Patient nicht bewegt wer-
duplexsonographische den kann.
TVT-Diagnostik
Ziel der sonographischen Untersuchung ist es,
das tiefe Venensystem auf seine Durchgängigkeit
13.4 Untersuchung der tiefen
zu überprüfen und das Vorliegen einer TVT aus- Venen auf akute TVT
zuschließen. Wichtig ist auch, abzuklären, ob die
Thrombose proximal lokalisiert ist, da dies die Zur Untersuchung der Femoral-, Popliteal- und
nachfolgende Therapie beeinflussen kann. Auch Wadenvenen wird am besten ein flacher 5-MHz-
196
Untersuchung der tiefen Venen auf akute TVT 13.4
197
13 Duplexsonographische Diagnostik tiefer Venenthrombosen und venöser Erkrankungen …
die benachbarte Arterie aufsucht; dies trifft vor n Zur Untersuchung der V. poplitea wird die
allem auf die Venen in der Wade zu. Zu weiteren Kniekehle im Querschnitt sonographiert. In
Einzelheiten über die Schallkkopfpositionen zur der Mitte der Kniekehle beginnend wird die
Darstellung der Wadengefäße sowie der Haupt- Vene so weit wie möglich nach proximal
gefäße im Oberschenkel- und Beckenbereich sei verfolgt, damit das Untersuchungsgebiet
der Leser auf Kapitel 9 verwiesen. mit dem vom medialen Anteil des distalen
n Die Darstellung der V. femoralis communis Oberschenkels erfassten Bereich überlappt.
beginnt in Leistenhöhe. Im Querschnitt Von der Kniekehle aus betrachtet liegt die
liegt sie medial der A. femoralis communis V. poplitea oberhalb der A. poplitea. Die
(Abb. 13.3A und 9.6). Komprimieren Sie die V. poplitea Pars III und die Gastrocnemius-
V. femoralis communis, um ihre Durchgän- Äste werden dann im Querschnitt darge-
gigkeit zu überprüfen, und verfolgen Sie sie stellt. Auch die V. poplitea kann paarig an-
nach distal bis über die Vena-saphena-ma- gelegt sein.
gna-Crosse hinaus, dem Mündungsbereich n Die Wadenvenen sind von distal oft leichter
von V. femoralis superficialis und V. profun- zu identifizieren. Sie werden dann nach
da femoris. Wenn möglich, sollte auch der proximal bis zum oberen Anteil der Wade
proximale Abschnitt der V. profunda femo- verfolgt. Die Vv. tibiales posteriores und die
ris auf Durchgängigkeit untersucht werden. Vv. fibulares lassen sich im Querschnitt vom
Das Flussmuster in der V. femoralis commu- medialen Anteil der Wade aus darstellen
nis wird mittels Farb- und Spektraldoppler- (Abb. 13.4A). Von dieser Ebene aus betrach-
sonographie im Längsschnitt beurteilt. Ist tet liegen die Vv. fibulares tief unter den
kein Abstromhindernis vorhanden, sollte Vv. tibiales posteriores. Manchmal sind die
die Strömung in dieser Höhe spontan und Vv. fibulares aus dieser Position nur schwer
phasisch erfolgen. Mit einem Wadenkom- komprimierbar. Zum Nachweis der Venen-
pressionstest kann eine gute Verstärkung durchgängigkeit kann auch der Einsatz der
des Flusses in der proximalen V. femoralis Farbdopplersonographie im Längsschnitt
superficialis nachgewiesen werden – ein von Nutzen sein (Abb. 13.5). Die Vv. fibula-
nützlicher Indikator, der auf die wahrschein- res sind häufig vom posterolateralen Anteil
liche Durchgängigkeit der V. femoralis su- der Wade darstellbar (Abb. 9.11). Der ge-
perficialis und V. poplitea schließen lässt. meinsame Stamm der Vv. tibiales posterio-
Alternativ lässt sich der venöse Fluss auch res und fibulares kann ebenfalls sehr schwie-
durch starke Fußflexion verstärken. rig darzustellen sein. Um diese Region im
n Um die Durchgängigkeit der V. femoralis su- oberen Teil der Wade zu untersuchen, kann
perficialis zu bestätigen, wird das Gefäß als mitunter eine mediale und posterolaterale
nächstes unter Anwendung von Druck im Sondenführung erforderlich sein.
Querschnitt entlang des medialen Ober- n Die Untersuchung der Vv. tibiales anteriores
schenkels bis zum Knie abgefahren. Norma- wird nicht sehr oft angefordert, da eine iso-
lerweise liegt die Vene in der Tiefe unter der lierte Thrombose dieser Venen selten ist
A. femoralis superficialis. Im Adduktorenka- (Mattos et al. 1996). Die Beurteilung der
nal ist die Vene mitunter nur schwer kom- Vv. tibiales anteriores gestaltet sich farbdopp-
primierbar. Manchmal hilft es, wenn der lersonographisch im Längsschnitt meist
Patient eine Hand unter den distalen Ober- aber einfacher, da die Venen klein sind und
schenkel legt und den Muskel in Richtung in B-Bildtechnik nur schwer darstellbar
Schallkopf schiebt; dadurch gelangen Vene sind.
und Arterie näher an den Schallkopf heran. n Auf Anfrage wird die Untersuchung der
Auch die Farbdopplersonographie kann zur Wade durch die Beurteilung der Soleus-
Bestätigung der Venendurchgängigkeit in venen und der im Soleusmuskel lokalisier-
diesem Segment eingesetzt werden, aller- ten Sinus ergänzt. Diese Venen werden von
dings könnten nicht okkludierende Throm- der dorsalen Wade aus dargestellt (Abb.
ben übersehen werden. Vergessen Sie nicht, 13.6). In der Praxis sind sie – vor allem beim
dass die Duplikation der V. femoralis super- Gefäßgesunden – mitunter sehr schwierig
ficialis relativ häufig vorkommt, sodass bei- aufzufinden.
de Stämme untersucht werden sollten. n Die Iliakalvenen werden in Rückenlage un-
198
Ultraschallbefunde in der Diagnostik der akuten TVT 13.5
F
GV VSP MG
MG
VTP
MF
ATP SM
SM
VTP
SV
V FIB
A FIB
Abb. 13.6 Das B-Bild des posterioren Anteils der mitt-
leren bis oberen Wade im Querschnitt zeigt die Lage
V FIB
des Soleusmuskels (SM) und einer Soleusvene (SV).
Der M. gastrocnemius (MG) liegt über dem Soleus-
muskel und ist von diesem durch ein Band echogener
Muskelfaszien (MF) getrennt. Im Muskel ist eine Gast-
rocnemiusvene (GV) zu sehen. In der über der Faszie
Abb. 13.5 Das Farbdopplerbild der medialen Wade
(F) liegenden oberflächlichen Loge ist auch die V.
weist die Durchgängigkeit der Vv. tibiales posteriores
saphena parva (VSP) sichtbar.
(VTP) nach, die zu beiden Seiten der gleichnamigen
Arterie liegen (ATP). Es wurde eine vollständige Farb-
füllung bis an die Venenwände erzielt. Die Vv. fibulares
auch farbdoppler- und spektraldopplerso-
(V FIB) und die A. fibularis (A FIB) liegen tief unter den
nographisch untersucht werden. Die Unter-
Vv. tibiales posteriores. Nicht immer sind die Vv. fibu-
suchung dieses Bereichs sollte aber von
lares in derselben Schnittebene sichtbar.
einem sehr erfahrenen Untersucher durch-
geführt werden. Generell sind andere Bild-
gebungsmodalitäten vorzuziehen.
tersucht, da sie hinter dem Darm liegen. Die
Iliakalvenen liegen etwas tiefer als und me-
dial der Iliakalarterien. Die Kompression
dieser Venen ist nicht möglich. Ihre Durch- 13.5 Ultraschallbefunde
gängigkeit sollte farbdopplersonographisch in der Diagnostik der
bestätigt werden. Zusätzlich kann der Spek-
traldoppler eingesetzt werden, um die Fluss-
akuten TVT
muster unter Anwendung von Provokations-
manövern zu untersuchen. Die wichtigste
B-Bildtechnik
Einschränkung bei der Untersuchung dieses
Normalbefunde
Bereichs ist die unvollständige Darstellung
infolge von Darmgasüberlagerung und da- Die Vene sollte deutlich zu sehen sein, und es
mit die Möglichkeit, partiell okkludierende dürfen keine Echos darin nachweisbar sein. In
Thromben zu übersehen. der Praxis enthält das Bild oftmals Speckle-Rau-
n In einigen Fällen muss auch die V. cava un- schen und Reverberationsartefakte; ihre Identi-
tersucht werden. Bei Darstellung im Quer- fizierung sollte dem geübten Untersucher aber
schnitt liegt dieses Gefäß rechts der Aorta keine Probleme bereiten. Kleinere Venen sind
(siehe Abb. 11.2). In der Transversalebene manchmal schwer gegen Gewebeschichten ab-
kann die Farbdopplersonographie für die zugrenzen. Gelegentlich kann es vorkommen,
Suche nach Füllungsdefekten eingesetzt dass stehendes oder langsam strömendes Blut
werden; dazu muss der Schallkopf mögli- im Gefäßlumen aufgrund von Erythrozytenaggre-
cherweise aber etwas quer gekippt werden, gation als Speckle-Muster dargestellt wird, die
um einen günstigen Dopplerwinkel zu er- Vene sollte unter Sondendruck jedoch kollabie-
zeugen. Der Blutfluss sollte im Längsschnitt ren (Abb. 13.3 und 13.4). Ohne Zuhilfenahme
199
13 Duplexsonographische Diagnostik tiefer Venenthrombosen und venöser Erkrankungen …
des Farbdopplers sind die tiefen Wadenvenen vollständigen Kollaps der Vene unter Kompres-
manchmal nur schwer zu identifizieren. Die sion nachweisen. Ältere (> 2 Wochen) Thromben
V. femoralis communis sollte sich durch Valsal- werden echodichter.
va-Manöver normalerweise erweitern, wenn der
venöse Abstrom durch die Iliakalvenen nicht be-
hindert ist. Farbdopplersonographie
Normalbefunde
Pathologische Befunde
In den größeren proximalen Venen ist gewöhn-
Bei Vorliegen eines Thrombus ist die Vene nicht
lich ein spontaner, phasischer Blutfluss nach-
komprimierbar (Abb. 13.7). In sehr frühen
weisbar. Sowohl im Längs- als auch Querschnitt
Thrombosestadien ist das Gerinnsel aufgrund der
sollte das Gefäßlumen während eines Waden-
Erythrozytenaggregation im Thrombus noch zu
kompressionstests vollständig mit Farbe gefüllt
einem bestimmten Grad echogen. Innerhalb von
sein. Gelegentlich können Farb-Aliaseffekte be-
1 oder 2 Tagen wird das Gerinnsel infolge von
obachtet werden, wenn die distale Flussverstär-
Veränderungen im Thrombus jedoch echoärmer
kung vorübergehend eine signifikante Zunahme
und lässt sich im B-Bild möglicherweise auch nur
des venösen Flusses verursacht. Wenn der Wa-
schwer identifizieren. In der Praxis können
denkompressionstest wegen der Größe oder
jedoch mit modernerer Schallkopftechnologie
Druckempfindlichkeit der Wade Probleme be-
häufig auch schwache Echos sichtbar gemacht
reitet, bitten Sie den Patienten, den Fuß zu heben
werden. Ist die Vene in der akuten Phase kom-
und zu beugen, um die Wadenmuskelpumpe zu
plett verschlossen, kann sie auch dilatiert ausse-
aktivieren. Die Vv. tibiales posteriores und fibu-
hen (Abb. 13.8). Der Thrombus kann frei flottie-
ren, wobei große Anteile nicht an der Venenwand
haften. Gewöhnlich lässt sich die obere Abgren-
zung der Thrombose ermitteln, und die Gerinn-
selspitze zeigt oftmals eine geringfügig erhöhte
Echogenität (Abb. 13.9). Die Thrombusspitze ist
sehr viel einfacher zu identifizieren, wenn sie in
die V. poplitea oder V. femoralis hineinreicht. Bei
frei flottierenden Thromben sollte die Sonden-
kompression vorsichtig angewandt werden, um
eine Loslösung des Thrombus zu vermeiden.
Kleinere Anteile eines nicht okkludierenden
Thrombus bewirken unter Umständen zwar keine
Dilatation der Vene, lassen sich aber durch un-
A A
V
V
A B
Abb. 13.7 A: Querschnitt der V. femoralis communis Abb. 13.8 B-Bild (Querschnitt) einer Thrombose in
(V) und A. femoralis communis (A). Die V. femoralis der V. fibularis (Pfeil). Das Bild stammt aus dem poste-
communis sieht dilatiert aus; es sind einige schwache rolateralen Anteil der Wade. Ein Stamm der Vene ist
Echos nachweisbar. B: Die V. femoralis communis er- stark dilatiert, während der andere im Bild nur schwer
scheint verformt, kollabiert aber nicht unter starkem abzugrenzen ist. Die Venen liegen neben der Fibula
Sondendruck, was die TVT-Diagnose bestätigt. (F).
200
Ultraschallbefunde in der Diagnostik der akuten TVT 13.5
lares sind normalerweise paarig angelegt, was im weisbar. Die Diagnose einer partiell okkludieren-
Farbdopplerbild eindeutig nachweisbar sein soll- den Thrombose sollte allerdings nicht allein auf
te (Abb. 13.5). Allerdings können auch hier ana- der Basis der farbdopplersonographischen Be-
tomische Varianten auftreten. Die farbdopplerso- funde gestellt werden; wenn möglich sollte zur
nographische Darstellung der Gastrocnemius- Bestätigung die Kompressionssonographie hin-
und Soleusvenen kann wegen der nach einem zugezogen werden.
Provokationsmanöver zu beobachtenden gerin-
gen Flussgeschwindigkeiten problematisch sein;
dies gilt insbesondere bei Vorliegen einer gewis- Spektraldopplersonographie
sen venösen Stase.
Normalbefunde
Die Spektraldopplersonographie wird in der Dia-
Pathologische Befunde
gnostik der Venenthrombose am seltensten
In verschlossenen Venen kann selbst bei Anwen- angewendet und sollte auch nicht das einzige
dung eines distalen Provokationsmanövers keine Untersuchungsverfahren darstellen. Durchgän-
Farbfüllung erzeugt werden. Außerdem sind im gige Venen zeigen normale venöse Flussmuster.
Bereich des Venenverschlusses Kollateralvenen Unserer Erfahrung nach sollte es möglich sein,
zu sehen. Ein charakteristisches Farbflussmuster die Flussgeschwindigkeit in den Hauptstämmen
zeigt sich im Bereich um einen flottierenden durch eine distal des Messortes angewandte Wa-
Thrombus: Sowohl im Längs- als auch im Quer- denkompression um mindestens 100 % zu ver-
schnitt ist zwischen dem Thrombus und der Ve- stärken. So sollte sich etwa der Fluss in der V. fe-
nenwand ein Blutfluss nachweisbar. Die Zuschal- moralis superficialis durch distale Wadenkom-
tung des Farbmodus kann sinnvoll sein, um die pression verstärken lassen (siehe Kap. 12); das
Lage der proximalen Thrombusspitze darzustel- Vorliegen kleiner nicht okkludierender Gerinn-
len, da eine vollständige Farbfüllung des Gefäß- selbereiche kann dadurch jedoch nicht unbe-
lumens unmittelbar proximal der Gerinnselspitze dingt ausgeschlossen werden. Das Dopplersignal
zu erkennen ist (Abb. 13.10). Kleinere Anteile in Höhe der V. femoralis communis sollte ein
eines nicht okkludierenden Thrombus sind als spontanes phasisches Flussmuster erkennen las-
Signalauslöschung (flow void) im Lumen nach- sen, das während einer tiefen Inspiration oder
201
13 Duplexsonographische Diagnostik tiefer Venenthrombosen und venöser Erkrankungen …
Pathologische Befunde
Bei komplettem Venenverschluss ist kein Spek-
traldopplersignal ableitbar. Das Vorliegen eines
Abb. 13.11 Die Dopplerkurve aus der Femoralvene
größeren partiell okkludierenden oder frei flottie-
distal eines Iliakaverschlusses zeigt häufig einen konti-
renden Thrombus in der Vene ist normalerweise
nuierlichen langsamen Blutfluss mit einem Verlust an
an einer reduzierten Flussgeschwindigkeit zu er-
phasischen Oszillationen.
kennen, wobei die distale Wadenkompression
nur zu einer geringfügigen oder zu keiner Ver-
stärkung des Blutflusses führt. Die Anwendung rige Situation ergibt sich, wenn zwischen V. po-
dieses Kriteriums birgt potenzielle Fehler, da sich plitea und V. profunda femoris eine große tiefe
zwischen dem Ort der distalen Wadenkompres- Femoralvene verläuft, da die V. femoralis superfi-
sion und der Sondenposition ein guter Kollate- cialis dann ungewöhnlich klein sein kann. Sowohl
ralkreislauf entwickelt haben kann. Eine okklu- die V. femoralis superficialis als auch die tiefere
dierende Thrombose im iliakalen Venensystem Vene sollten gründlich auf etwaige Defekte un-
führt gewöhnlich zu einem kontinuierlichen tersucht werden. Außerdem kann es vorkommen,
Flussmuster mit geringem Volumen in der V. fe- dass Venen im tiefen Venensystem falsch identi-
moralis communis, das auf ein Valsalva-Manöver fiziert und sogar mit oberflächlichen Venen ver-
nur wenig oder gar nicht anspricht (Abb. 13.11). wechselt werden. Das passiert am häufigsten in
Kniekehle und proximaler Wade. Die Gastrocne-
miusvene kann mit der V. poplitea oder der
Diagnostische Probleme V. saphena parva verwechselt werden. Wichtig
ist, dass man die Faszienschicht identifizieren
Die Untersuchung der TVT kann sich sehr schwie- kann, die das oberflächliche vom tiefen Venen-
rig gestalten. Deshalb ist es wichtig, bei der system trennt, damit solcherlei Irrtümer vermie-
Durchführung der Untersuchung nach einem den werden (siehe Abb. 12.1 und 12.2).
sinnvollen Protokoll vorzugehen. Die Anatomie Als ausgesprochen schwierig kann sich die Unter-
des Venensystems weist, wie in Kapitel 12 ausge- suchung der Iliakalvenen erweisen. Dies trifft vor
führt, beträchtliche Variationen auf. Nicht selten allem auf Situationen zu, in denen die Vene
sind V. femoralis superficialis und V. poplitea durch Beckenstrukturen oder Tumoren kompri-
doppelt angelegt. Einer Studie von Gordon et al. miert wird, da solche Phänomene fälschlicher-
(1996) zufolge wurde die Duplikation der V. fe- weise als partiell okkludierende Thromben ge-
moralis superficialis bei 25 % der gesunden Pro- deutet werden können. Eine Kompression der
banden gefunden. Dies könnte zu diagnostischen Iliakalvene kann auch in der Schwangerschaft
Irrtümern führen, wenn die eine Hälfte des Sy- vorkommen und wird häufiger linksseitig fest-
stems verschlossen und die andere durchgängig gestellt. Die Folge kann eine einseitige Extre-
ist, weil das verschlossene System bei der Unter- mitätenschwellung und eine Veringerung des
suchung potenziell übersehen werden könnte. normalen venösen Flusses in der Femoralvene
Doppelt angelegte Venensysteme sollten aber bei sein.
gründlicher Auswertung des Querschnittbildes
nachweisbar sein. Sehr verdächtig sind Venen,
die ein kleines Kaliber aufweisen oder im Verhält-
nis zu ihren entsprechenden Arterien auffällig
positioniert sind. Eine weitere potenziell schwie-
202
Natürlicher Verlauf der TVT 13.7
13.6 Genauigkeit der Duplex- Aktivität vollständig auflösen. In diesem Fall be-
obachtet man eine komplette Rekanalisation der
sonographie zum Nach- Vene, und das Lumen erscheint im Ultraschall-
weis einer TVT bild normal. Unter diesen Umständen kann die
Klappenfunktion erhalten werden. Bei einer
In vielen Studien wurde die Genauigkeit der Dup- großen Thrombuslast kann die Rekanalisation
lexsonographie im Vergleich zur Genauigkeit der mehrere Wochen dauern. Die Echogenität des
Phlebographie – allerdings mit unterschiedlichen Thrombus nimmt mit steigendem Organisations-
Ergebnissen – untersucht. Baxter et al. (1992) grad im Laufe der Zeit zu (Abb. 13.12A). Wenn
geben für die Femoral- und Poplitealvenen eine der Thrombus schrumpft, wird die Vene häufig
Sensitivität und Spezifität von 100 % und für die kleiner. Mit beginnender Rekanalisation kann
Wadenvenen eine 95 %ige Spezifität und 100 %ige der venöse Flusskanal im Venenlumen aufgrund
Sensitivität. Miller et al. (1996) erreichten für die der ungleichmäßigen Thrombolyse einen ge-
supragenualen Gefäße Sensitivitäten und Spezi- schlängelten Verlauf nehmen. Manchmal sind
fitäten von 98,7 % bzw. 100 % und für die infra- sogar mehrere Flusskanäle in einem Gefäß zu
genualen Venen Werte von 85,2 % bzw. 99,2 %. sehen. Bei partieller Rekanalisation kann man
Im Gegensatz dazu wurden in einer Studie von
Jongbloets et al. (1994), in denen ein Screening
asymptomatischer postoperativer Patienten mit
hohem TVT-Risiko durchgeführt wurde, für Ober-
schenkel- und Wadenvenen Sensitivitäten von
nur 38 % bzw. 50 % nachgewiesen.
Möglicherweise spiegeln sich in diesen hetero-
genen Ergebnissen Faktoren wie unterschiedliche
Patientenpopulationen, Erfahrungen des Unter-
suchers oder Geräteausstattung wider. Um hoch-
wertige Sonographieleistungen erzielen zu kön-
nen, müssen das Personal angemessen geschult
und klar definierte Behandlungsprotokolle ver-
fügbar sein. Ferner sollten hausinterne Vergleiche
mit anderen Bildgebungsverfahren und -ergeb- A
nissen oder Qualitätskontrollen durchgeführt
werden, um die Genauigkeit der sonographischen
Leistungen sicherstellen zu können.
203
13 Duplexsonographische Diagnostik tiefer Venenthrombosen und venöser Erkrankungen …
Reste des alten Thrombus an der Venenwand er- verursacht erhebliche diagnostische Probleme.
kennen, was ein vernarbtes Aussehen hervorruft Liegen die Ergebnisse einer früheren Ultraschall-
(Abb. 13.12B). Gelegentlich kann man auch fi- untersuchung oder Phlebographie vor, kann das
brosierte Klappensegel sehen, die im B-Bild un- Ausmaß der Thrombose im letzten Befund mit
beweglich und echogen erscheinen. Zu den häu- dem aktuellen Ultraschallbild verglichen werden.
figen Langzeitfolgen einer langsamen oder nur Häufig sind ältere Befunde jedoch nicht verfüg-
partiellen Rekanalisation gehört die tiefe Venen- bar, oder bei einem Patienten wurden früher
insuffizienz. keine entsprechenden Untersuchungen durchge-
Bleibt die Vene permanent verschlossen, wird der führt. In diesen Fällen sollte die Vene gründlich
Thrombus aufgrund einer Fibrosierung echogen. mit der B-Bildtechnik und Farbdopplersonogra-
Im Laufe der Zeit schrumpft der Thrombus und phie untersucht werden, um nach frischen Ge-
damit auch die Vene, die zuweilen wie eine klei- rinnseln zu suchen. Im B-Bild imponieren sie als
ne Schnur neben der entsprechenden Arterie echoarme Bereiche, und farbdopplersonogra-
aussieht, und in manchen Fällen ist die Vene phisch sind Füllungsdefekte nachweisbar. In der
nur schwer von den umgebenden Gewebeschich- Praxis kann sich die Durchführung einer solchen
ten unterscheidbar. Farbdopplersonographisch Untersuchung als ausgesprochen schwierig er-
ist häufig die Entwicklung von Kollateralvenen weisen. Bei einem starken Rezidivverdacht kann
im Verschlussbereich nachweisbar. Im Fall eines die Ultraschalluntersuchung ein paar Tage später
chronischen Verschlusses der V. femoralis com- wiederholt werden, um festzustellen, ob sich das
munis und der V. iliaca communis sind über dem Aussehen der Vene verändert oder das Gerinnsel
Becken und der unteren Abdominalwand oftmals möglicherweise ausgedehnt hat.
erweiterte Oberflächenvenen sichtbar, die als
Kollateralen fungieren. Bei Vorliegen eines Ver-
schlusses der V. femoralis superficialis oder der
V. poplitea wird mitunter die V. saphena magna
13.8 Andere, eine TVT imitie-
zum Kollateralweg. Ein starker kontinuierlicher rende Erkrankungen
Volumenfluss in der V. saphena magna ist stets
verdächtig (siehe Abb. 12.9). Da eine Reihe von Krankheitsbildern Symptome
Die Genauigkeit der Duplexsonographie zur Be- hervorruft, die denen einer TVT ähneln, sollte
stimmung des Thrombusalters ist zwar um- der Untersucher in der Lage sein, diese Erkran-
stritten, als allgemein akzeptiert gilt aber, dass kungen zu erkennen.
sich damit die akute Phase (innerhalb der ersten
oder zweiten Woche) von der subakuten und der
chronischen Phase einer Venenthrombose ab- Thrombophlebitis
grenzen lässt. Sehr viel weniger Sicherheit besteht
dagegen hinsichtlich der Unterscheidung zwi- Eine Thrombophlebitis entsteht durch eine Ent-
schen einem subakuten und einem chronischen zündung der oberflächlichen Venen mit Throm-
Thrombus, was auf den Umstand zurückzufüh- busbildung im Venensystem der V. saphena
ren ist, dass der Prozess der Thrombusbildung magna oder parva (Abb. 13.13). Die betroffene
möglicherweise nicht homogen verläuft; ferner Vene ist im oberflächlichen Gewebe als harter
können auch Unregelmäßigkeiten bei der Lyse Strang zu spüren, häufig in Verbindung mit loka-
und Fibrose im Thrombus zu einem heterogenen lisierter Überwärmung, Schmerzen und Druck-
Erscheinungsbild beitragen. Viele Untersucher empfindlichkeit. Verglichen mit einer TVT wird
vermeiden deshalb bei der schriftlichen Befun- eine oberflächliche Thrombose im Allgemeinen
dung die Verwendung des Begriffs „subakut“. nicht als schwerwiegende Erkrankung erachtet.
Es gibt jedoch Situationen, in denen die Throm-
busspitze sich entlang der proximalen V. saphena
Thromboserezidive magna ausdehnt und über die Crosse in die V. fe-
moralis communis hineinragt. Eine ähnliche
Rezidivierende thrombotische Ereignisse treten Situation kann auch in der V. saphena parva ent-
häufig nach einer akuten TVT auf (Meissner et al. stehen, wenn sich die Gerinnselspitze über die
1995). Der Nachweis eines frischen Thrombus in Vena-saphena-parva-Crosse ausdehnt. Berichten
einer durch eine frühere TVT geschädigten Vene zufolge kann von einer solchen Thrombusspitze
204
Andere, eine TVT imitierende Erkrankungen 13.8
205
13 Duplexsonographische Diagnostik tiefer Venenthrombosen und venöser Erkrankungen …
206
Andere, eine TVT imitierende Erkrankungen 13.8
BC
207
13 Duplexsonographische Diagnostik tiefer Venenthrombosen und venöser Erkrankungen …
V. axillaris
13.9 Venen der oberen V. cephalica
Extremität
Anatomie der tiefen Armvenen
V. brachialis
Die Venen der oberen Extremität können eben-
V. mediana
falls in tiefe und oberflächliche Venen unterteilt V. basilica
cubiti
werden (Abb. 13.20), und auch hier sind ver-
schiedene anatomische Varianten anzutreffen.
Meist sind paarig angelegte Venen mit den Ra-
dial- und Ulnararterien assoziiert. Normalerweise
vereinigen sie sich am Ellenbogen zur V. brachia-
lis, können aber auch getrennt verlaufen und erst
im Oberarm in die V. brachialis übergehen. Die V. cephalica
V. brachialis ist meist paarig angelegt und mit der
A. brachialis assoziiert. Am oberen Ende des Arms
geht die V. brachialis in die V. axillaris über, die
meist aus einem Stamm besteht. An der 1. Rippe V. radialis V. ulnaris
geht die V. axillaris in die V. subclavia über. Die
V. subclavia zieht durch die obere Thoraxapertur,
verläuft aber getrennt von der Arterie vor dem
M. scalenus anterior. Die vom Hals kommende
V. jugularis interna mündet in die proximale
V. subclavia, deren Blut dann über die V. brachio-
cephalica in die V. cava superior abfließt. Die
linke V. brachiocephalica ist länger als die rechte. Abb. 13.20 Anatomie der Armvenen.
Eine deutliche sonographische Darstellung der
Vv. brachiocephalicae ist ausgesprochen schwie-
rig. M. pectoralis, und durchdringt dann die Fascia
clavipectoralis, um sich in der Subklavikular-
region mit der V. axillaris zu vereinigen. Die
Anatomie der oberflächlichen V. basilica sammelt das Blut aus der Handinnen-
Armvenen fläche und den ventralen Anteilen der Hand und
verläuft entlang der medialen Unterarmseite zum
Zwei wichtige oberflächliche Venen im Arm sind medialen Anteil der Fossa cubitalis. Danach pe-
die V. cephalica und die V. basilica (Abb. 13.20). netriert sie die Faszie im distalen Anteil des Ober-
Die V. cephalica sammelt das Blut aus dem Hand- arms, wo sie in die V. brachialis mündet. Ihr Ab-
rücken, zieht entlang des lateralen Unterarms in gang kann jedoch variabel sein, und manchmal
die Fossa cubitalis am Ellenbogen und setzt ihren mündet die V. basilica direkt in die distale V. axil-
Weg subkutan entlang des lateralen Anteils des laris.
Bizepsmuskels fort. In Richtung Schulter verläuft
sie im Trigonum deltoideopectorale, der Ver-
tiefung zwischen dem M. deltoideus und dem
208
Methoden zur Beurteilung der V. brachialis, V. axillaris und V. subclavia 13.10
209
13 Duplexsonographische Diagnostik tiefer Venenthrombosen und venöser Erkrankungen …
210
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211
Postoperative Bypass-
213
14 Postoperative Bypass-Kontrolle und Venenmapping vor Bypass-Operationen
VENE PTFE
Abb. 14.2 Beispiel für einen aus PTFE und Vene beste-
henden Composite-Bypass.
A
deshalb nicht entfernt werden müssen. Häufig
werden reversierte Venenbypässe im Oberschen-
kel in der Tiefe neben dem M. sartorius getunnelt
F
angelegt, was die sonographische Darstellung er-
schweren kann. Da die Vene gedreht wird, ist der
Durchmesser des proximalen Bypass-Abschnitts
meist geringer als der des distalen Segments. Dies
B
kann zu einer im Ultraschallbild erkennbaren
E
Lumeninkongruenz zwischen der proximalen
Zustromarterie und dem proximalen Bypass füh-
ren. Steht keine ausreichend lange native Vene
zur Verfügung, wird die Vene mit künstlichem
Material zu einem Composite-Bypass kombiniert
(Abb. 14.2).
214
Zweck der Bypass-Kontrolle 14.3
BYPASS
MANSCHETTE
A. POPLITEA
215
14 Postoperative Bypass-Kontrolle und Venenmapping vor Bypass-Operationen
suchungen auf 1 – 2 Monate verkürzt. Bei Pa- das sich auch auf den Fuß erstreckt. In dieser
tienten, die sich einer Angioplastie oder einer Situation ist zur Vermeidung eines Bypass-Ver-
chirurgischen Revision eines signifikanten By- schlusses eine dringliche Intervention erforder-
pass-Defektes unterziehen müssen, werden die lich. Die meisten Bypass-Defekte lassen sich zwar
Kontrollen von Anfang an durchgeführt. Solche durch Überwachungsprogramme erkennen; es ist
Überwachungsprogramme setzen ein erhebliches jedoch sinnvoll, dass Patienten eine Karte mit
Engagement des Gefäßlabors voraus, und die sich führen, auf der Informationen über ihre
Frage nach dem Nutzen und der Kosteneffekti- Therapie und für den Notfall nützliche Telefon-
vität von Überwachungsprogrammen hat heftige nummern vermerkt sind. Die meisten Bypass-
Diskussionen ausgelöst. Es gibt jedoch durchaus Stenosen lassen sich erfolgreich mittels Ballon-
Hinweise darauf, dass Verlaufskontrollen zur Auf- angioplastie behandeln (siehe Kap. 1). Manchmal
rechterhaltung der Bypass-Durchgängigkeit wirk- machen Restenosen jedoch auch eine chirur-
sam sind und geringere Kosten verursachen als gische Revision erforderlich, wobei der Defekt
die chirurgische Revision nach einer Bypass- durch eine lokalisierte Patch-Plastik versorgt oder
Thrombose oder die Rehabilitation nach einer ein Teil des Bypasses durch ein neues Venen-
Amputation (Lundell et al. 1995, Wixon et al. segment ersetzt wird. Frühzeitige Bypass-Ver-
2000). schlüsse können mittels Thrombolyse oder By-
pass-Thrombektomie behandelt werden. Häufig
liegen dem Verschluss korrekturpflichtige Ursa-
Künstliche Bypässe chen wie eine Bypass-Stenose, eine Stenose im
Bluteinstrombereich oder ein Verschluss im Blut-
Die Überwachung von Kunststoff-Bypässen bleibt abstrombereich zugrunde. Umgekehrt kann sich
umstritten, da viele Verschlüsse infolge einer in manchen Bypässen ein lokales Aneurysma
spontanen Bypass-Thrombose auftreten. In man- entwickeln, das so groß werden kann, dass ein
chen Gefäßzentren werden iliofemorale Cross- Prothesenabschnitt ersetzt werden muss.
over- und aortobifemorale Bypässe vor allem
dann kontrolliert, wenn Probleme mit den zu-
oder abführenden Arterien auftreten. Kunststoff- 14.5 Praktische Tipps für die
Bypässe weisen eine höhere Infektionsanfälligkeit
auf, und manchmal finden sich an der Infek- sonographische Unter-
tionsstelle – häufig in der Leistenregion – Flüssig- suchung von Bypässen
keitsansammlungen oder Eiter im Bereich der
Gefäßprothese. Die Bypass-Infektion ist eine Ziel der sonographischen Untersuchung ist die
schwerwiegende Komplikation, die zur Anasto- Erkennung möglicher Bypass-Defekte, die den
mosenzerstörung und somit zu unbeherrschbaren Blutfluss beeinträchtigen und zu einem Bypass-
Blutungen führen kann. Die Duplexsonographie Verschluss führen können. Im Allgemeinen wer-
hat sich als nützliche Methode zur Erkennung den die blutzuführenden und -abführenden Arte-
und Überwachung potenzieller Bypass-Infektio- rien ober- und unterhalb des Bypasses untersucht.
nen bewährt. Eine spezielle Vorbereitung ist nicht erforderlich,
und die große Mehrzahl der Bypass-Untersu-
chungen dauert nicht länger als eine halbe Stun-
14.4 Symptome und Behand- de. Die meisten Bypass-Kontrollen werden in
Rückenlage oder Lagerung mit erhöhtem Ober-
lung von Bypass-Stenosen körper durchgeführt. Beim Sonographieren von
oder Bypass-Versagen Venenbypässen sollte das Bein nach außen ro-
tiert sein und das leicht angewinkelte Knie unter-
Viele Patienten verspüren keine Symptome, polstert werden. Ist der Bypass mit der A. poplitea
wenn sich eine Bypass-Stenose entwickelt, und anastomosiert, muss sich der Patient manchmal
ein Bypass kann auch ohne vorherige Warnzei- auf eine Seite drehen, damit posteriorer distaler
chen versagen. Zu den Symptomen, die einem Oberschenkel, Kniekehle oder posteriore proxi-
drohenden Bypass-Versagen zuzuordnen sind, male Wade untersucht werden können. Die Po-
können der plötzliche Beginn einer schweren sitionen für die Sonographie der Tibialarterien
Claudicatio oder ein Kältegefühl gezählt werden, werden in Kapitel 9 erläutert. Das Ultraschallge-
216
Sonographische Untersuchungstechniken 14.6
rät sollte für die Bypass-Sonographie oder, wenn 14.6 Sonographische Unter-
entsprechende Voreinstellungsoptionen nicht
verfügbar sind, für die Untersuchung der Bein- suchungstechniken
arterien konfiguriert sein. Eine Korrektur der Ein-
stellparameter ist häufig vor allem bei geringem In-situ-Venenbypässe
Volumenfluss in der Gefäßprothese erforderlich
(siehe Kap. 7). Das Hauptstück eines In-situ-Venenbypasses liegt
Vor Beginn der Untersuchung müssen Position im Bein nahe an der Oberfläche und verläuft ent-
und Art des zu untersuchenden Bypasses bekannt lang des medialen Oberschenkels (Abb. 14.5).
sein. Entsprechende Informationen sollten auf Häufig ist es einfacher, den Bypass im proxima-
der Untersuchungsanforderung oder im Opera- len medialen Oberschenkel im Querschnitt auf-
tionsbericht vermerkt sein. Eine potenziell ver- zusuchen und dann bis zur proximalen Anasto-
wirrende Situation kann beim Verschluss eines mose zu verfolgen (Abb. 14.5A).
zu einem früheren Zeitpunkt angelegten Bypasses An der proximalen Anastomose wird der Schall-
entstehen. Ein alter thrombosierter Bypass kopf in eine longitudinale Schnittebene gedreht
könnte mit dem neuen Bypass verwechselt und (Abb. 14.5B). Zum Ausschluss einer Erkrankung
fälschlicherweise als verschlossen diagnostiziert sollte die blutzuführende Arterie im Idealfall auf
werden. Zur Bypass-Kontrolle in Oberschenkel einer Länge von mindestens 5 cm oberhalb des
und Wade eignet sich am besten eine Kombi- Bypassanfangs untersucht werden. So lassen etwa
nation aus flachen Linearschallköpfen mit 5 und gedämpfte Wellenformen in dieser Höhe wahr-
10 MHz oder einer entsprechenden Breitband- scheinlich auf eine signifikante Iliakalarterien-
sonde. Für die Darstellung von suprainguinalen erkrankung schließen. Die proximale Anastomose
oder sehr tief im Oberschenkel getunnelt ange- sollte sowohl farb- als auch spektraldopplersono-
legten Bypässen benötigt man einen 3,5-MHz- graphisch sorgfältig auf Stenosezeichen unter-
Schallkopf. sucht werden.
B Bypass
verschlossene
AFC AFS
A A. profunda
C Bypass
SFA
VFC
Bypass
C
TTF
Bypass
Abb. 14.5 Schallkopfpositionen zur Beurteilung eines In-situ-Venenbypasses von der A. femoralis zum Truncus
tibiofibularis (TTF). A: Querschnitt eines proximalen Bypasses. B: Proximale Anastomose im Längsschnitt. C:
Hauptstück des Bypasses im Längsschnitt. D: Längsschnitt der distalen Anastomose unterhalb der Kniekehle. Auch
bei der Sonographie aus einer medialen Position unterhalb des Knies kann man ein gutes Bild der distalen Anasto-
mose gewinnen.
217
14 Postoperative Bypass-Kontrolle und Venenmapping vor Bypass-Operationen
218
B-Bildtechnik 14.7
219
14 Postoperative Bypass-Kontrolle und Venenmapping vor Bypass-Operationen
Untersuchungstiefe ist eine eindeutige Darstel- flattern sehen. Streckenweise können Venenby-
lung der proximalen und distalen Anastomose pässe mit der Zeit auch geschlängelt verlaufen
nicht immer einfach. Die Darstellung eines tief und dilatieren. Etwaige Veränderungen des By-
angelegten reversierten Venenbypasses gelingt pass-Durchmessers sollten dokumentiert werden.
ohne Farbkodierung nur selten. In manchen Fällen sind in aneurysmatischen Ab-
schnitten Thrombus- oder Hyperplasiezonen zu
sehen. Das B-Bild zeigt in diesen Bereichen unter
Künstliche Bypässe
Umständen eine partielle Stagnation oder Stase
Künstliche Bypässe aus PTFE erzeugen ein cha- des Blutflusses, wobei sich in der dilatierten Zone
rakteristisches Bild, wobei Vorder- und Hinter- ein Wirbel ausbildet, der starke Spiegelreflexio-
wand aufgrund der starken Reflexion der Ultra- nen hervorruft und pulssynchron oszilliert. Die
schallwellen wie eine „Doppellinie“ aussehen leicht erkennbaren echten und falschen Aneu-
(Abb. 14.2). Manche PTFE-Bypässe werden außen rysmen in autologen oder alloplastischen Bypäs-
durch Ringe verstärkt, die im Bild auch zu sehen sen werden weiter unten erörtert.
sind (siehe Abb. 7.3). Die gewellte Struktur der
hauptsächlich für aortobifemorale Bypass-Ope-
rationen verwendeten Dacron-Prothesen ist ge- 14.8 Farbdopplersonographie
wöhnlich leicht erkennbar (siehe Abb. 14.16).
Wenn Venenmanschetten verwendet werden, Normalbefunde bei Venenbypässen
um das Implantat mit der distalen nativen Arte-
rie zu verbinden, sind diese häufig als kurzstre- Die Montage des Ultraschallbildes in Abbildung
ckige Dilatation an der Anastomose zu erkennen 14.9 zeigt einen In-situ-Bypass. Im farbkodierten
(Abb. 14.3). Bild sind deutliche Strömungsstörungen und
eine Strömungsumkehr an der proximalen Ana-
stomose erkennbar, die durch Größe, Geometrie
Pathologische Befunde und Richtung des Anschlusses des Implantats an
die native Arterie bedingt sind. Dieses Phänomen
Viele Venenbypass-Stenosen sind mit alleiniger ist auch in Höhe der distalen Anastomose zu be-
B-Bildtechnik nur schwer zu erkennen, da sie obachten und sollte, wenn das Spektraldoppler-
sehr kurz oder netzartig und nur schwach echo- spektrum keine signifikant veränderte Strömungs-
gen sein können. Ausgedehntere Hyperplasie- geschwindigkeit erkennen lässt, nicht als An-
zonen können als mäßig echogene Bezirke im omalie gewertet werden. Jenseits der proximalen
Gefäßlumen erscheinen (Abb. 14.8). Bei unzu- Anastomose sollte das Farbdopplerbild ein unge-
länglicher Klappendestruktion mit dem Valvu- störtes Strömungsmuster zeigen. Gefäßimplantate
lotom kann man gelegentlich auch die Reste der mit einem soliden bi- oder triphasischen Fluss-
Klappensegel im Lumen von In-situ-Bypässen profil weisen während der Diastole eine physio-
logische Strömungsumkehr (von Rot nach Blau
oder umgekehrt) auf. Neue Implantate können
einen hyperämischen Fluss aufweisen, der auf die
periphere Dilatation und die Durchblutungs-
erfordernisse des heilenden Gewebes zurückzu-
führen ist und sich im Herzzyklus als konstanter
Vorwärtsfluss darstellt. Hat das Implantat ein
großes Lumen, kann die Strömungsgeschwindig-
keit sehr gering sein, sodass die PRF möglicher-
weise deutlich herabgesetzt werden muss, um
eine Farbfüllung des Gefäßes erzielen zu können.
In den Zonen der Venenbypässe, die dem Sitz
von Venenklappen entsprechen, ist mitunter
eine Flussumkehr zu beobachten. In seltenen Fäl-
Abb. 14.8 Das vergrößerte B-Bild zeigt eine ausge- len, in denen die Vene über einen kurzen Ab-
dehnte Intimahyperplasie (Pfeil) in einem Venenby- schnitt zweigeteilt ist, kann man zwei Fluss-
pass. lumina erkennen. Die distale Anastomose eines
220
Farbdopplersonographie 14.8
Abb. 14.9 Farbdoppler-Bildmontage eines In-situ-Bypasses. Zonen mit Farb-Aliasing und gestörter Strömung im
Hauptstück des Gefäßimplantats können auf eine Bypass-Stenose hindeuten (Pfeil). Diese Zonen sollten spektral-
dopplersonographisch sorgfältig geprüft werden. Über der distalen Anastomose ist in einem kurzen Abschnitt der
A. poplitea ein retrograder Fluss erkennbar (gebogener Pfeil).
femorodistalen Bypasses ist farbdopplersonogra- obachten, da die Gefäßprothese mit der nativen
phisch meist einfacher zu identifizieren als mit Arterie häufig im rechten Winkel verbunden ist.
der B-Bildtechnik. Nicht selten sieht man auch,
dass der Bypass ein offenes Segment der nativen
Arterie sowohl oberhalb der Anastomose als auch Pathologische Befunde bei
distal versorgt, und im nativen Gefäß ist über der Venenbypässen
Anastomose ein retrograder Fluss nachweisbar,
der einen Y-förmigen Mündungsbereich erzeugt Eine signifikante Bypass-Stenose führt zu einer
(Abb. 14.9). Häufig besteht ein erheblicher Ka- deutlichen Strömungsstörung, die im Farbmodus
libersprung zwischen dem distalen (unter Um- gewöhnlich mit einem Alias-Effekt assoziiert ist
ständen sehr großen) Ende eines Venenbypasses (Abb. 14.9; siehe Abb. 14.12), und auch der Blut-
und der Abstromarterie, bei der es sich um ein fluss jenseits der Stenose kann erheblich gestört
kleineres Tibialgefäß handeln kann. Dabei kommt sein. Bei einem Bypass-Versagen beobachtet man
es infolge des Kalibersprungs zu einer natürlichen mitunter ein sehr geringes Flussvolumen, das
Flussbeschleunigung, die am Ort der Anastomose sich farbdopplersonographisch manchmal nur
und dem proximalen Abstromgefäß möglicher- schwer darstellen lässt, sodass fälschlich ein By-
weise ein Farb-Aliasing erzeugt. Ohne gründliche pass-Verschluss diagnostiziert wird. Ist in der Ge-
Spektraldoppleruntersuchung sollte man daraus fäßprothese kein Blutfluss nachweisbar, sollten
jedoch nicht auf eine signifikante Stenose schlie- die PRF- und Hochpassfilter-Einstellungen im
ßen. Farbmodus reduziert werden, um so den Ver-
schluss zu bestätigen. Darüber hinaus sollte der
Befund aber auch noch durch eine Spektraldopp-
Normalbefunde bei künstlichen lermessung überprüft werden. Andere farbdopp-
Bypässen lersonographisch nachweisbare Prothesendefekte
sind arteriovenöse Fisteln und Aneurysmen, die
Manchmal ist der Blutfluss in künstlichen By- weiter unten vorgestellt werden.
pässen mittels Farbdopplersonographie nur sehr
schwer nachweisbar, weil das Bypassmaterial das
Dopplersignal abschwächt, sodass eine höhere
Farbverstärkung gewählt werden muss. Am An-
fang und Ende künstlicher iliofemoraler oder fe-
morofemoraler Crossover-Bypässe ist gelegent-
lich eine signifikant gestörte Strömung zu be-
221
14 Postoperative Bypass-Kontrolle und Venenmapping vor Bypass-Operationen
222
Spektraldopplerkurven 14.9
223
14 Postoperative Bypass-Kontrolle und Venenmapping vor Bypass-Operationen
Abstromgefäßes jahrelang offen bleiben. Der als Speckle-Muster in Erscheinung tritt. Ein sol-
Grund dafür ist ein retrograder Fluss in einen of- cher Befund deutet auf einen drohenden Bypass-
fenen Abschnitt der Arterie über der Anastomose, Verschluss und sollte umgehend weitergeleitet
durch den Kollateralen versorgt werden (Abb. werden. Umgekehrt lässt eine gedämpfte Wellen-
14.13). form mit geringem Flussvolumen im proximalen
Bypass auf eine Stenose in der Einstrombahn
schließen.
14.10 Bypass-Versagen und
Bypass-Verschluss 14.11 Häufig auftretende
In manchen Fällen kommt es trotz aggressivster Probleme
Überwachungsprogramme zu einem Bypass-Ver-
schluss. Die Gründe dafür sind vielfältig. Mit der Die Untersuchung kräftigerer und adipöser Pa-
B-Bildtechnik lassen sich vor allem tiefliegende tienten kann sich schwierig gestalten; unter Um-
verschlossene Venenbypässe mitunter nur schwer ständen ist in einer solchen Situation ein Wech-
erkennen, da sie mit den Gewebsschichten ver- sel zu einem Schallkopf mit einer niedrigeren
schmelzen können. Kann ein solcher Bypass den- Sendefrequenz indiziert. Bei noch nicht abge-
noch identifiziert werden, ist im Lumen meist schlossener Wundheilung können frühzeitige
ein Thrombus zu sehen. In der Regel lässt sich postoperative Untersuchungen Schwierigkeiten
ein verschlossener Bypass am einfachsten in bereiten. In diesen Fällen hat sich das Sono-
Höhe der proximalen Anastomose identifizieren. graphieren über einem sterilen Folienverband
Die deutlichsten Zeichen für einen Bypass-Ver- bewährt. Fehlende Kenntnisse über die Art und
schluss sind das Fehlen eines Farbflusses und von Lage des Bypasses können beträchtliche Pro-
Spektraldopplersignalen. Auch der Knöchel-Arm- bleme verursachen. So ist etwa, wenn für einen
Blutdruck-Index ist verringert. Ein thrombosier- popliteotibialen Bypass die V. saphena magna
ter Bypass kann am distalen Ende ein Gerinnsel aus dem Oberschenkel verwendet wurde, da sie
enthalten, und die Spektraldopplersignale zeigen in dieser Etage größer ist, am Oberschenkel eine
im offenen Lumen in diesem Bereich ein charak- große Narbe zu sehen, auch wenn der Bypass
teristisches Hochwiderstandsflussmuster mit ge- nicht in dieser Etage lokalisiert ist. Es kann also
ringem Flussvolumen ohne Nettofluss (Abb. vorkommen, dass der Sonographeur automatisch
14.14). In einem solchen Fall zeigt das B-Bild davon ausgeht, dass diese Lokalisation der Po-
unter Umständen einen leichten Pendelfluss, der sition des proximalen Bypasses entspricht. Eine
Abb. 14.13 Das Farbdopplerbild vom distalen Ende Abb. 14.14 Das aus einem In-situ-Bypass abgeleitete
eines Venenbypasses zeigt einen Verschluss der A. ti- Spektrum zeigt ein extrem geringes Flussvolumen, was
bialis posterior (Pfeile) an der distalen Anastomose. We- für einen drohenden Bypass-Verschluss spricht. In die-
gen des retrograden Flusses (R), der einen nativen Ge- sem Beispiel war das distale Bypass-Ende bereits throm-
fäßabschnitt über der Anastomose versorgt, bleibt der bosiert, und das Dopplerspektrum zeigt keinen Netto-
Bypass jedoch offen. fluss.
224
Entrapment von Bypässen 14.13
FA G
Abschrift des Operationsberichts könnte die Lo- Falsche Aneurysmen entstehen dadurch, dass
kalisierung des Bypasses erleichtern. durch eine defekte Gefäßwand Blut ein- und aus-
Außerdem werden Bypässe mitunter in unge- treten kann (siehe Kap. 11). Typisch ist ein Wir-
wöhnlichen Richtungen eingesetzt, etwa entlang belfluss in einem abgeschlossenen Hohlraum au-
dem anterolateralen Oberschenkel zur A. tibialis ßerhalb des echten Flusslumens, der auch einen
anterior in der Wade. Bei einigen Patienten Thrombus enthalten kann. Zur Ausbildung eines
könnte ein früher angelegter, jetzt aber verschlos- falschen Aneurysmas kann es kommen, wenn die
sener Bypass mit dem neuen, noch durchgän- Anastomosennaht undicht wird; oder es entsteht
gigen Bypass verwechselt werden. Auch native als Komplikation einer Ballonangioplastie infolge
Gefäße wie etwa die A. femoralis superficialis, die eines Risses der Bypasswand durch den hohen
abschnittsweise offen sein können, können für Druck, der zum Aufblasen des Ballons angewen-
Verwirrung sorgen oder fälschlich sogar für den det wird (Abb. 14.16). Auch im Bereich von Ka-
Bypass gehalten werden. theter-Punktionsstellen können falsche Aneurys-
men entstehen (siehe Kap. 11).
225
14 Postoperative Bypass-Kontrolle und Venenmapping vor Bypass-Operationen
BYPASS
GRAFT GRAFT
BYPASS
A B
Abb. 14.17 Beispiel für das Entrapment eines Bypasses. A: Zwischen zwei Muskeln im distalen Oberschenkel ver-
läuft ein Venenbypass; der Pfeil deutet auf eine mittelgradige Bypass-Stenose. B: Bei der Beugung des Beins wird
der Bypass zwischen den Muskeln komprimiert, was einen Beinahe-Verschluss (Pfeil) verursacht.
G
14.14 Arteriovenöse Fisteln V
226
Serome, Flüssigkeitsansammlungen und Bypass-Infektionen 14.15
VB
227
14 Postoperative Bypass-Kontrolle und Venenmapping vor Bypass-Operationen
In-situ-
Venen-
bypass
Stenose,
4fache
G
Strömungsbe-
schleunigung
A
Stenose,
4fache
Strömungs-
beschleunigung
228
Mapping des oberflächlichen Venensystems für arterielle Bypass-Operationen 14.17
229
14 Postoperative Bypass-Kontrolle und Venenmapping vor Bypass-Operationen
230
Literatur 14.18
231
A Anhang
Dezibelskala
100 20 0
10 10 3
2 3 1,4
0,5 −3 0,7
0,1 − 10 0,3
0,01 − 20 0,1
0,0001 − 40 0,01
0,000001 − 60 0,001
233
B Anhang
Sensitivität und Spezifität
Wenn ein neuer diagnostischer Test entwickelt Die Werte der Sensitivität und Spezifität ändern
wird, muss ein Schwellen- oder Grenzwert festge- sich, wenn der Schwellenwert des jeweiligen Tests
legt werden, ab welchem die Testergebnisse auf geändert wird. Wird der Schwellenwert beispiels-
das Vorhandensein bzw. die Abwesenheit einer weise geändert, um die Sensitivität zu erhöhen,
Erkrankung schließen lassen. Zu diesem Zweck verringert sich die Spezifität. Durch Änderung
werden die Testergebnisse mit einer anderen des Schwellenwertes und Berechnung der Spezi-
Nachweismethode, dem sog. Goldstandard, ver- fität und Sensitivität kann der optimale Schwel-
glichen. Leider überlappen die Ergebnisse, die bei lenwert bestimmt und der Nutzen des betref-
Vorliegen einer Krankheit erzielt werden, meist fenden diagnostischen Tests beurteilt werden.
mit den Testergebnissen bei Abwesenheit der Weitere, damit eng verwandte Testeigenschaften,
fraglichen Erkrankung. Das bedeutet, dass man- die in der Literatur häufig angegeben werden,
che Patienten hinsichtlich der betreffenden sind der positive prädiktive Wert (positiver Vor-
Krankheit fälschlicherweise als erkrankt und an- hersagewert), der negative prädiktive Wert (nega-
dere fälschlicherweise als gesund diagnostiziert tiver Vorhersagewert) und die Genauigkeit. Der
werden. Die Auswahl des für den jeweiligen Test positive prädiktive Wert bezeichnet die Wahr-
am besten geeigneten Schwellenwertes hängt scheinlichkeit, dass ein Patient mit einem posi-
zum Teil von der Krankheitsprävalenz in der un- tiven Testergebnis (d. h. die Krankheit wurde
tersuchten Gruppe ab, zum anderen aber auch nachgewiesen) auch tatsächlich erkrankt ist.
von den Folgen einer falschen Klassifikation (d. h. Unter dem negativen prädiktiven Wert versteht
dem Übersehen der Erkrankung oder der fehler- man die Wahrscheinlichkeit, dass ein testnega-
haften Diagnose der Erkrankung bei einem ge- tiver Patient (d. h. die Krankheit wurde nicht
sunden Patienten). Die Leistungsfähigkeit eines nachgewiesen) auch wirklich nicht erkrankt ist.
diagnostischen Tests lässt sich durch seine Sen-
sitivität und Spezifität bestimmen, die wie folgt
definiert sind: Weiterführende Literatur
Anzahl der Patienten mit Bland M 1995 An introduction to medical statistics.
der korrekt diagnostizierten Oxford University Press, Oxford
Erkrankung
Sensitivität =
Anzahl der Patienten mit der
Erkrankung
234
R Register
235
R Register
236
Register R
– Bestimmung durch Duplexsono- – Stenosen, Symptome und Behand- DGC siehe Depth Gain Compensation
graphie 33 lung 216 Diabetes mellitus 117, 120, 131
– Bestimmung durch Farbdoppler- – Überwachung 215 – 216 Digitalarterien, Darstellung 140
sonographie 43 – Venenbypässe siehe daselbst Dodd-Venen 167
– Bestimmung durch Umwandlung – Venendurchmesser 229 Dopplereffekt 23 – 24
von Dopplerfrequenzen 68 – 69, 73, – Venenmapping 229 – 231 – Entdeckung 24
74, 75 Bypass-Infektionen 216, 227, 228 – und Gefäßultraschall 24 – 26
– Bestimmung, Fehlerquellen 69 – 71, – durch MRSA 227 Doppler Shift siehe Dopplerverschie-
72 Bypass-Kontrolle bung
– Bestimmung, Methoden 36 – 37 – autologe Bypässe 215 – 216 Dopplersonographie 1, 23 – 33
– Bestimmung, Optimierung des – Dokumentation 228 – Ableitung des Dopplersignals
Beschallungswinkels 71 – 72 – künstliche Bypässe 216 26 – 28
– Geschwindigkeitsverhältnisse, – Zweck 215 – 216 – Alias-Effekte 32
Bestimmung 69, 71 – 72, 130 – 131 Bypass-Stenosen – Analyse des Dopplersignals 29
– langsame Blutflüsse 43, 80, 81 – Symptome 216 – CW-Doppler 29
– mittlere 36 – Graduierung 223 – Dopplereffekt siehe daselbst
Blutgefäße Bypass-Versagen 213, 221 – farbkodierte (FKDS) 32
– Gefäßdurchmesser, Bestimmung 74 – frühes 215 – gepulster Doppler 31
– Gefäßwandstruktur 50 – Hauptursachen 215 Dopplerspektrum, Einflussfaktoren
– geschlängelte, Darstellung 40 – sonographische Zeichen 224 65 – 68
Boyd-Venen 167 – spätes 215 Dopplerverschiebung 24 – 25
Brechung 8, 79 – Symptome und Behandlung 216 Druckenergie 50
Breitbandschallkopf 5, 19, 90 – Verschluss 216, 221, 223, 224 Duplexsonographie 2, 33
British Medical Ultrasound Society – Aneurysmadiagnostik 147 – 164
(BMUS) 84 – Armarterien 135 – 146, 208 – 210
Bypass – Beinarterien 113 – 134
– alloplastischer siehe künstliche C – Geschwindigkeitsmessungen 33
Bypässe – Probleme 126
– Anatomie 213 – 215 Caliper, Kalibrierung 73 – TVT-Diagnostik 193 – 208
– Aneurysmen 225 CEAP-Klassifikation 171 – Varizen 173 – 191
– aortobifemoraler siehe aortobi- chronisch kritische Bein- Dwell Time 43
femorale Bypässe ischämie 118 – 119 Dynamikbereich siehe Signaldynamik
– Arten 214, 219 Circulus arteriosus Willisii dynamische Fokussierung 16, 17
– arteriovenöse Fisteln 221, 226 – 227 – Anatomie 88 Dysphasie 89, 90
– autologer 213 – Umgehungskreisläufe 88
– axillobifemoraler 219, 227 Claudicatio intermittens
– B-Bilder 219, 220 – ABPI 117
– Bypass-Kontrolle, Zweck 215 – 216 – Belastungstests 118 E
– Bypass-Versagen siehe daselbst – Bypass-Versagen 216
– Composite-Bypass 213 – 214 – Therapie 118 ECST-Studie 100, 103
– Crossover-Bypass 214 – Ursachen 118, 132 – 133 Eindringtiefe 11, 19
– Dokumentation 228 Clutter-Artefakte 37 Einfallswinkel siehe Beschallungs-
– Entrapment 225 – 226 Clutter-Filter 37, 39 winkel
– Farbdopplerbilder 220 – 221 Cockett-Venen 167 Einfluss des Beschallungswinkels auf
– femorodistaler siehe femorodistale Composite-Bypass 213, 214 das Farbdopplerbild 41
Bypässe Compound Imaging 15, 16 Einlaufeffekt 54
– femorofemoraler Crossover- Computertomographie (CT) 1, 196 Ektasie 147
Bypass 219, 225 Continuous-Wave-Doppler siehe elastische Arterien 49
– femoropoplitealer PTFE- CW-Doppler Emboli 119, 137
Bypass 214, 219 CT siehe Computertomographie akute Ischämie 119 – 120
– Flüssigkeitsansammlungen 227 – 228 CW-Doppler 29, 139, 140 Aneursymen 142
– Hämodialyseshunts 145 – Auflösung 29 Arterienerkrankungen 135
– häufig auftretende Probleme 225 – Bestandteile 27 pulmonale 193
– iliofemoraler Crossover- – Limitationen 32 Thromboembolie der Arterien 90
Bypass 214, 216, 219, – vs. gepulster Doppler 32 Endarteriektomie siehe Karotisend-
221, 227 arteriektomie
– In-situ-Technik 218 Endoleak, Typen 151, 158 – 160
– Infektionen 216, 227 – 228 Endoprothesen, Verlaufskontrollen
– Kontrollsonographie 213 D 152
– künstlicher 215, 219 – 220 Endotension 157, 160
– reversierter (Umkehr-) 2w14, D-Dimer-Test 196 Endothel 49
218 – 219 Dämpfung 9, 18 endovaskuläre Aneurysma-
– Serome 227 – 228 Dämpfungskoeffizienten 9 behandlung 2, 160
– sonographische Untersuchung, Demodulation 26 endovaskuläre Operations-
Praxis 217 Depth Gain Compensation (DGC) 12 techniken 1
– Spektraldopplerkurven 222 – 224 – Optimierung 78 endovenöse Obliteration der
– Stenosen, Graduierung 223 Dezibelskala 12 V. saphena 171 – 172
237
R Register
238
Register R
239
R Register
240
Register R
241
R Register
242
Register R
venöse Hypertonie 172, 173, 193 visuell-räumliche Wahr- Wandfilter 74, 126, 157, 178, 197
venöser Fluss, Einflussfaktoren nehmungsstörungen 89, 90 Warfarin 195
– Atmung 61 – 62 Volumenfluss (VF) Weißfingerkrankheit, vibrations-
– Herzzyklus 61 – Definition 69 bedingte 146
– Wadenmuskelpumpe 62 – 63 – Messung 72 – 74 Wellenformen
venöser Reflux – Analyse 74 – 76
– Graduierung 175 – 176 – pathologische 130 – 132
– Klassifikationsprobleme 176 – 178 W Wellenlänge 3 – 4
– Provokationsmanöver 174 – 175 Widerstandsindex nach Pourcelot 74
– Quantifizierung 178 Wadenkompression 169, 173, 174, World Federation of Ultrasound in
venöse Ulzera 198, 201 Medicine and Biology (WFUMB) 84
– Behandlung 173 Wadenmuskelpumpe 62 – 63, 166, „Write Zoom“ 157
– Beurteilung von Patienten 189 172, 200
– Symptome 172 Waden-TVT 195
– Ursachen 172 Wadenvenen Z
Verankerungsleckage 159 – Sonographie 198
Verstärkung 12 – Thrombosen 193, 195 Zellulitis 170, 189, 206
Vibrationssyndrom 137 wall thump siehe Wandbewegungen zystische Adventitia-Degeneration, A.
Virchow-Trias 193 Wandbewegungen 28, 73, 100 poplitea 133
243