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ERSTER AKT

Der vordere Aussichtssalon des Raddampfers LOTUS in Khartum. Später Nachmittag.


Der Salon ist von grossen Glasfenstern umgeben, um einen ausgiebigen Blick des
Flusspanoramas zu ermöglichen. Türen re und li führen zum Deck. Neben den Türen
vorn weitere Fenster, durch die man die herannahenden sehen kann, bevor sie die Tür
öffnen. Alle Kabinen sind unterhalb des Achterdecks angenommen - Bü Re. Das
Fallreep zur Küste li, sodass Neuankömmlinge immer von li auftreten müssen. Der
Salon ist wie ein Foyer möbliert, mit Bambusstühlen an kleinen Tischen. Mi Bü ein
größerer Tisch auf dem Zeitschriften und Reisebroschüren liegen. Plakate in allen
Sprachen an den Wänden. Mme. Foliot sitzt mit ihren Reisebegleiterinnen und
Nichten, Christina und Isabelle Grant an einem der kleinen Tische. Sie trägt leichte
Touristenkleidung, neben ihr auf dem Tischchen ein Tropenhelm. Sie ist ca. 60,
versnobt, schlecht gelaunt. Christina ist ein nettes, vernünftiges Mädchen, ungefähr
20. An einem andern Tisch sitzt Smith, vielleicht 25. Er trägt ungebügelte
Flanellhosen, Hemd mit offenem Kragen. Er sieht vernachlässigt aus. Er liest in einer
Zeitschrift und sieht von Zeit zu Zeit zu Christina hinüber. Mme. Foliot bemerkt dies
unwillig.
Foliot: So aufdringlich, dieser Herr Smith – schlechte Kinderstube, keine
Erziehung, kommt bestimmt aus ganz ärmlichen Verhältnissen…..dass du
ja nicht seinen Blick erwiderst!!
Christina: Jawohl, Mme. Foliot
Dr. Agropulos kommt von li mit einem kleinen Koffer. Er ist ein
korpulenter Cyperer, etwa 50. Ein Händler mit Bauchladen ist ihm auf
den Fersen
Agropulos: Lassen Sie in Frieden, diese Perlen sind schlechteste Imitation!!
Händler: Alles echt….aus den Gräbern der Könige….
Steward tritt ein. Er ist ein pechschwarzer Sudanneger in langem,
weissem Kostüm mit Turban. In einer Sprache, die ans Arabische
anklingt, verjagt er den Händler. Händler und Steward ab, li
Foliot: Ich habe noch nie einen so schwarzen Neger gesehen….
Agropulos: In Khartum beginnt der wirklich schwarze Erdteil, wo der Weisse Nil in
den Blauen fliesst. Das ist ein typischer Sudanneger.
Gestatten, Agropulos, Dr. Agropulos.
Foliot ignoriert Agropulos bewusst und spricht zu Christina
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Foliot: Reich mir doch bitte meine Lektüre rüber, Christina….Wo ist eigentlich
meine Brille….ah, ich hab sie schon. Oh, Isabelle möchtest du noch
einen Tee?
Christina: Darf ich auch einen?
Foliot: Jetzt nicht!
Isabelle: Nein danke, doch das ist lieb Tante Helen.
Isabelle wirft Christina einen triumphierenden Blick zu. Foliot beginnt zu
lesen. Christina rollt mit den Augen und wendet sich Dr. Agropulos zu,
um das schlechte Benehmen ihrer Tante zu überspielen
Agropulos: Hocherfreut!
Foliot würdigt ihn kaum eines Blickes. Linnet, gefolgt von ihrem Mann,
tritt ein. Der Händler versucht wieder seine Ware loszuwerden. Simon,
ca. 28, ist gutmütig, von einfacher und herzlicher Art. Linnet, 24, einfach
aber teuer gekleidet. Sie hat das sichere Auftreten einer Frau, die es
gewohnt ist, Anordnungen zu erteilen.
Simon: Also, da wären wir….
Linnet: Der schreit so….Gib ihm Geld und sag er soll verschwinden!
Steward tritt ein
Steward: Herr und Frau Doyle? Willkommen auf der LOTUS. Möchten die
Herrschaften Ihre Kabine besichtigen? Schönste Kabine an Bord. Sonne
den ganzen Nachmittag.
Linnet: Ist mein Mädchen schon da?
Louise tritt rasch ein
Linnet: Ah, da bist du ja…
Louise: Es ist alles bereit für Sie, Madame.
Simon: (tritt an Louise heran) Schwierigkeiten bei der Abfahrt?
Louise: (mit leicht unverschämten Ton) Nein, Sie brauchen sich keinerlei Sorgen
zu machen.
Simon: Gut.
Louise: Ich habe alles getan, wie Monsieur es wünschten!
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Simon: (etwas brüsk) Also schön. (zu Linnet) Wollen wir uns die Kabine
ansehen?
Linnet: Hoffentlich ist sie einigermassen….Louise, nehmen Sie das.
Der Steward zeigt ihnen den Weg, Linnet ab. Louise folgt ihnen und
schneidet Linnet eine Grimasse hinterher
Agropulos: Ich werde wohl meine Kabine selbst suchen müssen.
Simon: Tja, wenn man mit Hochadel reist….
Agropulos: Wie?
Simon: Mit Geldhochadel….dann darf man sich nicht wundern, dass man mit
dem Service etwas zu kurz kommt!
Agropulos: Ich werde es der Rederei melden. (mit einem kleinen Hankoffer ab)
Von draussen hören wie wieder den Händler, der ein neues Opfer
gefunden hat
Christina: Da ist dieser schreckliche Händler schon wieder….
Foliot: Man dürfte diese Leute gar nicht aufs Boot lassen.
Smith: Er hat ein neues Opfer gefunden, eine Mitreisende. Ich bin schon
neugierig was uns diesmal beschert wird. (schaut zur Tür und ruft
entrüstet) Auch das noch, eine Nonne!
Pennington tritt ein und versucht, den Händler loszuwerden
Händler: Ich habe Postkarten, Hochwürden.
Pennington: Nein, vielen Dank, mein Sohn.
Händler: Ich zeige Ihnen Postkarten von heiligen Städten….Alte koptische Kirche…
frühe christliche Kultur…sehr früh, sehr schön, sehr heilig…
Pennington: Vielen Dank, ich bin in den Ferien.
Händler: (grinst) Ich habe auch andere Postkarten…
Pennington: Zu spät, mein Freund, ich bin eine alte Frau.
Foliot: Nun gehen Sie doch endlich. Sie sehen doch, Sie belästigen
Hochwürden. (der Händler zieht sich zurück)
Pennington: Ich finde es wundervoll, wie hartnäckig diese Burschen sind, und wie sie
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für jeden etwas in ihrem Bauchladen haben. Och, ist das heiss heute…
Simon: Als ob sie den Sauerstoff abgestellt hätten.
Foliot: Da wir zusammen reisen, darf ich mich vorstellen. Ich bin Mme. Foliot
und das sind meine Nichten Christina und Isabelle Grant. (sie läuft
förmlich über mit zuckersüssem Charme, sie reicht die Hand zum
schütteln)
Pennington: (freundlich) Ja, auf diesem kleinen Boot findet man rasch zueinander. Ich
bin Pennington.
Steward: Pennington, willkommen auf der LOTUS. Ich zeige Ihnen Ihre Kabine.
Schönste Kabine an Bord.
Foliot: …und Sonne den ganzen Nachmittag (steht auf) Christina ich gehe jetzt
hinunter, bring mir meinen Mantel und das Necessaire. Isabelle, kann
man die etwas abnehmen?
Isabelle: Nein, nein das geht schon.
Foliot: Bist du dir sicher?
Isabelle: Ganz sicher. (lacht)
Foliot: Na gut.
(Isabelle und Foliot rauschen ab, Pennington macht ihnen höflich den
Weg frei. Christina erhebt sich. Der Steward ab, Pennington folgt ihm zur
Tür, wendet sich zur Christina um)
Pennington: Auf Wiedersehen, Mme. Grant und bis später…
(Christina geht zu Pennington und sagt leise)
Christina:

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