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Israel und die Völker


Ein Diskurs über Feindschaft und Überwindung
der Feindschaft am Ende des Psalters

Friederike Neumann

1. Einleitung

„Alles, was Atem hat, lobe JH! Halleluja!“ (Ps 150,6). Die Psalmen des klei-
nen Hallels stellen einen fulminanten und harmonischen Abschluss des
Psalters dar, der alle Psalmen, alles Klagen und Bitten, alles Danken und
/REHQ LQ HLQHU JUR¡HQ ۤ৒¾QIWHLOLJHQ +DOOHOXMD.DQWDWHۢ1 als universalen
Lobpreis beschließt. Oftmals wird diese Halleluja-Komposition als redakti-
onsgeschichtlich einheitlich verstanden.2 Aber erweisen sich diese letz-
ten Psalmen des Psalters wirklich als so kohärent und aufeinander abge-
stimmt, wie oft suggeriert wird? Oder lassen sich möglicherweise Indizien
entdecken, die gegen eine so einträchtige und ausgewogene Zusammen-
stellung sprechen?
Fragt man zum Beispiel nach der Thematik „Feindschaft und Überwin-
dung der Feindschaft“ am Ende des Psalters, dann zeigen die letzten Psal-
men ein sehr uneinheitliches Bild. Zwar werden die „Feinde“ im kleinen
Hallel nicht explizit erwähnt3, aber Motive von „Feindschaft“ finden sich
auch in diesen Texten. So wird auf der einen Seite eine starke Abgrenzung
von Gegnern gefordert, aber auf der anderen Seite wird der aus allen Völ-
kern – auch den feindlichen – gemeinsam erklingende Lobpreis als selbst-
verständliches weltweites Geschehen vorgestellt. Dabei ist schon immer
aufgefallen, dass direkt nebeneinander stehende Psalmen sich widerspre-
FKHQ:¦KUHQGGHUHLQH3VDOPHLQH(QJ৒¾KUXQJGHV/RESUHLVHVDOOHLQDXI
Israel-Zion vorbringt (Ps 147; 149), fordert der andere Psalm eine univer-
sale Öffnung bis hin zu einem Lobpreis des ganzen Kosmos (Ps 148). Es

1‫ۍ‬Hossfeld/Zenger, Psalmen (2008), 807.


2‫ۍ‬9JO]%HEGۤ'LH৒¾QI6FKOXVVSVDOPHQۙGHV3VDOWHUVELOGHQHLQHSODQYROO
arrangierte bzw. geschaffene Komposition“.
3‫'ۍ‬DDXFKGLHW\SLVFKHQ%HJULIIH৒¾Uۤ)HLQGHۢIHKOHQZHUGHQGLHVH3VDOPHQHQW-
sprechend auch nicht zu den sog. Feindpsalmen gezählt. Zur Begrifflichkeit und der
in Ps 146–150 vorkommenden Terminologie vgl. unten 2.1.

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finden sich zudem Abgrenzungen gegenüber verschiedenen Gegnern: So


wird sowohl aus theologischen Gründen eine Linie gegenüber den Frev-
lern als auch aus politischen Gründen eine Linie gegenüber anderen Völ-
kern gezogen.
Im kleinen Hallel zeigen sich demnach verschiedene theologische und
politische, abgrenzende sowie grenzüberschreitende Perspektiven im Blick
auf das Thema Feindschaft und insbesondere den Umgang mit den Völ-
kern. Ja, es ist in diesen Psalmen regelrecht eine Diskussion, ein Diskurs
zwischen unterschiedlichen Positionen über die Identität des eigenen Vol-
kes und die Abgrenzung von anderen Völkern zu erkennen.4 Dieser Dis-
kurs über die Frage nach dem Verhältnis Israels zu seinen Gegnern stellt so
aber doch die Einheitlichkeit des Schlusshallels als eine kohärent gestal-
tete, redaktionelle Komposition in Frage.
Bisherige Untersuchungen haben vor allem die Gemeinsamkeiten der
OHW]WHQ৒¾QI3VDOPHQEHWRQW=X5HFKWZHUGHQGDEHLGLHJHPHLQVDPH+DO-
leluja-Rahmung sowie die Dominanz des Verbes ++! („loben“), das alle
Psalmen prägt, genannt. Alle diese Psalmen sind als Loblieder, als Hymnen
zu bezeichnen. Zudem gibt es zahlreiche Verbindungslinien und Motiv-
und Stichwortbezüge zwischen den Psalmen.5 So geht etwa Erich Zenger
davon aus, dass sich hier eine Halleluja-Redaktion des Psalters zeigt, die
GLH+DOOHOXMD5XIHKLQ]XJH৒¾JWKDWXQGۤGLHGDV6FKOXVVKDOOHO3Vۙ
als Abschluss des Psalters geschaffen“6 hat. Die Unterschiede bei denjeni-
gen Adressaten, die zum Lobpreis aufgerufen werden, erklärt zum Beispiel
auch Joseph Reindl als absichtsvolle Komposition:

Man wird wohl nicht fehlgehen, wenn man in dieser Anordnung eine beabsich-
tigte Ausweitung des Aufrufs zum Gotteslob erblickt, innerhalb deren Ps. cl mit

4‫ۍ‬$XFKKörting, Israel (2012), 304 beschreibt die Frage nach Israel und den Völkern
als einen theologischen Diskurs, „der darauf ausgerichtet ist, Israels Stellung zu den
Völkern auf dem Hintergrund seiner eigenen Erfahrungen mit dem Gott der Heils-
geschichte und dem Schöpfergott stets wieder neu zu fassen.“ Ähnlich Hagedorn,
Spiegel (2011), 290: „Man schreibt Theologie, indem man (auch) auf den Anderen
blickt und in ihm wie in einem Spiegel sich selbst erblickt. Dieser Alteritätsdiskurs
dient dann der eigenen Identitätsbildung, welche in großem Maße vom Gegensatz
Israel – Völker bestimmt wird.“
5‫ۍ‬9JOGD]XDXV৒¾KUOLFK]%Risse, Untersuchungen (1995), 217–224; Hossfeld/Zen-
ger, Psalmen (2008), 807–809.
6‫ۍ‬Zenger, Psalmenexegese (2010), 64; vgl. auch Hossfeld/Zenger, Psalmen (2008),
808f., wonach die Psalmen 146; 149 und 150 als ganze sowie Ps 147,1–11 und
Ps 148,14 auf die Schlussredaktion des Psalters zurückgehen; vgl. ebenfalls Zenger,
Provokation (1997), 189–194; ders., Komposition (1997), 15–21.

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seinem v. 6 wiederum Höhepunkt und Schlußakkord ist. Die Psalmen des


Schlußteils stehen somit in einer inneren Beziehung und bilden eine gedankli-
che Einheit, die auf das gemeinsame Ziel des universalen Gotteslobes hingeord-
net ist.7

Im Folgenden sollen die Zusammenhänge zwischen den Psalmen nun auch


gar nicht geleugnet werden; gerade die Stichwortverbindungen sind auf-
৒¦OOLJ8 Aber diese und weitere Verbindungen innerhalb der Psalmen-
gruppe lassen sich nicht allein mit einem gemeinsamen Entstehungshin-
tergrund und als ein einheitliches Werk einer Schlussredaktion des Psalters
erklären.9 'HQQ ZDV 8OULFK %HUJHV ৒¾U GDV -HVDMDEXFK IRUPXOLHUW KDW LVW
DXFK৒¾UGDVNOHLQH+DOOHOIHVW]XVWHOOHQ'LH7H[WJUXSSHۤLVW]XGLVSDUDWXP
als einheitlich, und zu einheitlich, um als disparat gelten zu können.“10
Darum soll in diesem Beitrag ausgehend von der in den Texten selbst kon-
trovers diskutierten Frage nach Israel und den Völkern noch einmal neu
auf die Psalmen des kleinen Hallels und deren Zusammenstellung geblickt
werden. Dabei lässt sich dann möglicherweise gut – wenn nicht sogar bes-
ser – die Entstehung der Komposition mit dem Modell der Fortschreibung
erklären, welches dann neben den Gemeinsamkeiten zudem noch die
Unterschiede zwischen den Psalmen in formaler und inhaltlicher Perspek-
tive erklären kann.

7‫ۍ‬Reindl, Bearbeitung (1981), 337–338; ähnlich auch z.B. Hossfeld, Klage (2001), 20;
Ballhorn, Telos (2004), 299, dort auch noch weitere Literatur.
8‫ۍ‬9JO]XGHQ3VDOPHQۙLQVJHVDPWGHUHQ%H]¾JHQXQWHUHLQDQGHUXQG
der Intention der Komposition Neumann, Hymnen (2016); sowie ebenfalls die
neuen Arbeiten zum kleinen Hallel von Willgren, Formation (2016), 244–286; Bro-
dersen, End (2017).
9‫ۍ‬1HEHQGHU.RQ]HQWUDWLRQDXIGLH(LQKHLWOLFKNHLWGHVNOHLQHQ+DOOHOVVLQGDXFK
andere Ansätze zu nennen: So geht beispielsweise Leuenberger, Konzeptionen
(2004), 355f.; ders., Beobachtungen (2010), 641; ders., Jhwh-König-Theologie (2017),
GDYRQDXVGDVV3V]XVDPPHQPLW3VDۙ͢E͢HLQHQDFKNRPSRVLWLRQHOOH
Einschreibung darstellt, die die besondere Fokussierung auf Israel einträgt, vgl.
dazu unten 2.3. Auch Kratz, Tora (2004), 309; ders., Gnade (2004), 276f. geht von
Ps 149 als späterer Ergänzung aus. Risse, Untersuchungen (1995), 241 deutet vor-
sichtig an, dass das kleine Hallel nicht aus einem Guss ist und seine Entstehung
ۤHKHUDOVHLQ]HLWOLFKJHGHKQWHU9RUJDQJDQGHPPHKUHUH۠5HGDNWRUHQ۞PLWJHZLUNW
haben“, zu verstehen ist; vgl. zur Komposition des Hallels insgesamt Risse, Untersu-
chungen (1995), 217–224. Vgl. kritisch zur einheitlichen Lesart des Hallels auch
Willgren, Formation (2016), 275–282; Brodersen, End (2017), 1–4, 270–278.
10‫ۍ‬Berges, Zionstheologie (2000), 175; vgl. auch Neumann, Hymnen (2016), 431.

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Der Großteil der aktuellen Psalmenforschung ist bereits durch den


Umschwung von der Psalmenexegese hin zur Psalterexegese geprägt.11
Dieser Ansatz und die Betonung des literarischen Umfeldes eines Psalms
sollen auch hier aufgenommen werden. Die entstehungsgeschichtliche
Untersuchung beschränkt sich dann aber nicht allein auf die Zusammen-
stellung von Psalmengruppen und deren redaktioneller Einbindung in den
Psalterkontext. Darüber hinausgehend soll das Phänomen der Fortschrei-
EXQJ XQG GHU VFKULIWJHOHKUWHQ )RUW৒¾KUXQJ YRQ 7UDGLWLRQHQ XQG 7H[WHQ
das zuerst an den prophetischen Texten beobachtet wurde, im Blick auf die
Psalmen fruchtbar gemacht werden.12 Gerade diese späten Texte sind im
Horizont ihres „Sitzes im Buch“ entstanden und stehen in direkter Korres-
pondenz mit ihrem literarischen Ort; der literarische Kontext wird dabei
DXIJHQRPPHQXQGۙ]XZHLOHQNRQWURYHUVۙZHLWHUJH৒¾KUW
Anhand des Themas „Israel und die Völker“ und dem damit verbun-
denen Diskurs über Abgrenzung und Gemeinschaft, über Feindschaft und
ihre Überwindung in den Psalmen 146–150 soll darum im Folgenden die
Annahme einer diachronen Fortschreibung zur Erklärung der diskursiven
*HVWDOW GHV NOHLQHQ +DOOHOV HUO¦XWHUW ZHUGHQ 'D৒¾U ZLUG ]XQ¦FKVW GLH
Begrifflichkeit der Konstellationen von Feindschaft im kleinen Hallel dar-
gestellt. Sodann werden die Psalmen 147–149 im Blick auf ihre Konzep-
WLRQ GHU %H]LHKXQJ YRQ 9RON XQG 9¸ONHUQ DXV৒¾KUOLFKHU GDUJHVWHOOW
Anschließend, auch unter Berücksichtigung des theologiegeschichtlichen
Hintergrundes, wird dann der Diskurs über den exklusiven Lobpreis Isra-
els einerseits und die universale Lobgemeinschaft mit den Völkern ande-
rerseits beschrieben. Ein Ausblick auf das kleine Hallel als Feindschaft
überwindende Komposition mit seinem Ende in Ps 150 beschließt den
Beitrag.

11‫ۍ‬9JOGD]XJUXQGOHJHQGZenger, Psalmenforschung (2000); ders., Psalmenexegese


(2010); kritisch dazu Millard, Psalmenexegese (1996); Rendtorff, Anfragen (1996);
sowie die Erwiderung von Hossfeld/Zenger, Wege (1996); außerdem den Sammel-
band Zenger (Hg.), Composition (2010). Zur älteren und neueren Forschungsge-
schichte der Psalmen vgl. u.a. schon Crüsemann, Studien (1969), 1–15; Süssenbach,
Psalter (2005), 1–38.
12‫ۍ‬9JO GD]X Neumann, Hymnen (2016), 16–21, dort auch Hinweise auf weitere
Literatur.

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Israel und die Völker

2. Israel und die Völker im kleinen Hallel

2.1 Terminologische Hinführung: Feinde und Gegner in den Psalmen


am Ende des Psalters

+LQ৒¾KUHQG LVW ]XQ¦FKVW NXU] DXI GHQ WHUPLQRORJLVFKHQ %HIXQG DXI GLH
Begriffe und ihre Funktion einzugehen, die das Thema „Feindschaft“ in den
Psalmen 145–150 repräsentieren.13 In den Psalmen am Ende des Psalters,
LQVEHVRQGHUH LQ 3Vۙ NRPPHQ GLH W\SLVFKHQ 7HUPLQL ৒¾U ۤ)HLQGۢ
und „Gegner“ wie ' oder :8 selbst nicht vor.14 Anders als in den Klage-
psalmen15 werden in Ps 145–150 auch keine persönlichen Feinde des Beters
benannt. Ebenso wird das aktive Handeln der Feinde, empfunden als
Angriff oder Schmähung des Beters, wie es sonst in den Klagepsalmen
üblich ist, in diesen Psalmen nicht beschrieben. Vielmehr kommen kollek-
tivierte und typisierte Gegnergruppen der Beter in den Blick, von denen
sich die Lobgemeinschaft abgrenzt und distanziert.
Insgesamt lassen sich in den Psalmen 145–150 zwei verschiedene Kate-
gorien von Gegnern erkennen: Die erste Kategorie basiert auf einer theo-
logischen Abgrenzung; in theologischer Perspektive sind die Gottlosen
(-'3f:, Ps 145,20b; 146,9b; 147,6b) die Gegner der Beter. Auf der einen
Seite stehen diejenigen, die sich an JHWH halten (#'!¡+)¡=, Ps 145,20a;
-'#13, Ps 147,6a; vgl. 146,7–9a) und entsprechend auch von JHWH bewahrt
(:/f, Ps 145,20a; 146,9a) und aufgerichtet werden (3 3VDͣ
147,6a16). Auf der anderen Seite stehen die Frevler und Gottlosen, die dann
das entsprechende Handeln JHWHs erfahren, indem er sie erniedrigt und

13‫¾)ۍ‬UGLHWHUPLQRORJLVFKH%HWUDFKWXQJELHWHWHVVLFKDQQHEHQGHQ3VDOPHQGHV
kleinen Hallels auch Ps 145 hinzuzunehmen, da insgesamt viele Rückbezüge von
Ps 146–150 zu Ps 145 bestehen und das Hallel inhaltlich und konzeptionell eng mit
Ps 145 verbunden ist, vgl. dazu auch Neumann, Hymnen (2016); so auch z.B. schon
Kratz, Gnade (2004); ders., Psalm 145 (2015), 209; Leuenberger, Konzeptionen (2004),
346 mit Anm. 271; sowie jüngst auch Willgren, Formation (2016), 244–286, in Auf-
nahme von Wilson, Editing (1985), 227.
14‫ۍ‬6RILQGHWVLFK' („Feind“) als häufigster Terminus z.B. zuletzt in Ps 144,3.9.12;
' auch in Ps 138,7; 139,22; außerdem :8 in Ps 136,24. Zur Feind-Motivik gehört
auch 1g („hassen“), vgl. u.a. Ps 139,21–22; als substantiviertes Partizip 1#g paral-
lel zu '#, z.B. in Ps 106,10. Zur Terminologie von „Feind“ / „Feindschaft“ vgl. z.B.
Janowski, Konfliktgespräche (2006), bes. 105–108; Riede, Art. Feinde (2011).
15‫ۍ‬9JO]%3VRGHU
16‫'ۍ‬DVVHOWHQH9HUE#3 pol. („aufrichten“) findet sich nur in Ps 146,9; 147,6, was
৒¾U GLH $QQDKPH HLQHU GLUHNWHQ OLWHUDULVFKHQ $EK¦QJLJNHLW GHU EHLGHQ 3VDOPHQ
spricht.

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vernichtet (+'6f/, Ps 147,6b; '/f', Ps 145,20b) oder ihren Weg krümmt


(=#3'-'3f:(:#, Ps 146,9b).17
Warum oder inwiefern die Gottlosen zu Gegnern geworden sind, wird
dagegen nicht thematisiert, auch nicht wie ihre Gegnerschaft sich äußert.
Überhaupt bleiben die Gottlosen recht profillos in diesen Psalmen und fun-
gieren nur als Kontrastbild zu den Frommen, die durch Demut (-'#13,
Ps 147,6) und JHWH-Liebe (#'!¡+)¡=, Ps 145,20) geprägt sind.18 Durch
diesen Kontrast von Gerechten und Frevlern wird die religiös-soziale
Gesellschaft der Beter in zwei klar gegenüberstehende Größen aufgeteilt.19
Die frömmigkeitstheologische Abgrenzung ist zwar eine kollektive
Zuschreibung, sie ist aber auf das Individuum bezogen und bezeichnet
zudem eine innerisraelitische Grenzlinie. Unterscheidungsmerkmal ist
dabei die entweder zugesprochene oder abgesprochene Gottesbeziehung.
Beachtenswert ist, dass diese Zuschreibung zur Gruppe der Frevler oder
zur Gruppe der Frommen oder Gerechten immer von außen vorgenommen
wird und damit perspektivisch ist.20 Die Frevler sind immer „die Anderen“,
die sich Gott eben nicht in Liebe, Demut und Tora-Gehorsam zuwenden –

17‫ۍ‬$XI৒¦OOLJHUZHLVH ILQGHW VLFK GLH VRQVW K¦XILJH 2SSRVLWLRQ YRQ *HUHFKWHQ


(-'9'8) und Gottlosen (-'3f:) an keiner der drei Stellen in Ps 145; 146; 147 in
direkter Gegenüberstellung; nur in Ps 146,8b–9 wird die Opposition über vier Halb-
verse hinweg vorgebracht; vgl. die Diskussion um Literarkritik und Deutung dieser
Verse bei Neumann, Hymnen (2016), 139–149.
18‫ۍ‬9JODXFKLevin, Gebetbuch (1993), 372, der die Frevler als eine „Projektion der
Frommen, die sich ihr Gegenbild gleichsam selbst geschaffen haben als das die
eigene Identität spiegelnde negative Pendant“ deutet.
19‫ۍ‬9JOGD]XLeuenberger, König-Jhwh-Theologie (2017), 79: „Diese – anerkannter-
maßen typisch weisheitliche – soziale Welt-Konstruktion reduziert die reale Kom-
SOH[LW¦W GHU *HVHOOVFKDIW UDGLNDO DXI HLQHQ VLPSOHQ ۠LGHDOHQ۞ $QWDJRQLVPXV XP
dadurch ebenso radikale Lebensorientierung zu eröffnen“. Vgl. dazu auch Kratz,
Gerechte (2017), bes. 371, zu der (unlösbaren) Frage, wer sich hinter den Frevlern
und Gerechten konkret verbirgt. Wohl ab dem 5. Jh. setzte die Herausbildung einer
Opposition von Gerechten und Frevlern als einer Scheidung innerhalb des Gottes-
volkes ein, vgl. Albertz, Religionsgeschichte (1997), 541–549. Erste Ansätze lassen
sich vermutlich in Zef 2 erkennen, vgl. z.B. Koenen, Heil (1994), 22–42. Diese fröm-
migkeitstheologische Entwicklung lässt sich sodann in den folgenden Jahrhunder-
ten mit wachsender Bedeutung in hellenistischer Zeit weiter beobachten und setzt
sich bis zu den Texten von Qumran fort, vgl. dazu schon z.B. Wellhausen, Geschichte
(2004), 202–204; Levin, Gebetbuch (1993); jüngst Kratz, Gerechte (2017) sowie die
DXV৒¾KUOLFKH6WXGLH]XU$UPHQWKHRORJLHYRQBremer, Gott (2016).
20‫=ۍ‬XUXQWHUVFKLHGOLFKHQ6LFKWZHUZHQDOV)UHYOHUEHXUWHLOWXQGGDVVGLHVLPPHU
gruppeninterne Zuschreibungen sind, vgl. Kratz, Gerechte (2017), 375, der dies dort
DQGHP%HLVSLHOGHU*HPHLQVFKDIWYRQ4XPUDQDXV৒¾KUW$X¡HUGHPAlbertz, Reli-
gionsgeschichte (1997), 544f.

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Israel und die Völker

zumindest nicht nach den Maßstäben der eigenen Gruppe und wie diese es
৒¾UULFKWLJK¦OW
Neben der Abgrenzung von den Gottlosen erfolgt noch eine weitere
Gegenüberstellung innerhalb dieser Psalmen. Die zweite Kategorie von
Gegnern ist politisch-national: Die Völker erscheinen als allumfassende
Gruppe, zu denen alle zählen, die nicht Israel sind. In Ps 147,20 wird der
Unterschied zwischen Israel und den Völkern durch die Gabe des Gesetzes
markiert: „Alle Völker“ ('#¡+)+) erscheinen in Unkenntnis der Gesetze,
während diese aber Israel von JHWH verkündigt wurden (v. 19). Verschärft
wird der Kontrast zwischen Israel und den Völkern in Ps 149, wo ein Auf-
ruf zum Rachehandeln an den Völkern und ihren Machthabern erfolgt.
Den Völkern steht in Ps 149 das Volk Israel gegenüber, das lobend und
JHWH verehrend Rache und Züchtigung an den Völkern vollziehen soll.
Ganz anders ist die Perspektive in Ps 148,11: Im Zusammenhang der
Lobaufforderungen an die menschlichen Wesen werden auch die „Könige
der Erde und alle Völkerschaften“ sowie die „Fürsten und alle Richter der
(UGHۢLQGHQZHOWZHLWHQ/RESUHLV৒¾U-+:+ YJOY HLQEH]RJHQ
Schon dieser knappe Textbefund zeigt, dass die Frage nach den Geg-
nern des Beters in den Psalmen 145–150 vielschichtig gestaltet ist und dass
verschiedene Gegner-Konstellationen dargelegt werden. Einerseits werden
die Gegner durch theologische Termini beschrieben, indem sie in individu-
ell-weisheitlicher Perspektive als Frevler charakterisiert werden. Diese
Abgrenzung ist als innergesellschaftliches Phänomen wahrzunehmen.
Andererseits findet sich eine politische Terminologie, die eine universal-
nationale Perspektive erzeugt, und damit (Gesamt-)Israel von der Völker-
welt abgrenzt. Darüber hinaus kommt es dann sowohl zu einer Ver-
mischung dieser beiden Abgrenzungsvorgänge als auch zu einer
Überschreitung dieser festgelegten Linien: Einerseits erscheinen die Völ-
ker als Frevler (vgl. bes. Ps 147), andererseits zählen sie auch zu den
Gerechten, da sie offensichtlich als würdig erachtet werden, in den Lob-
preis JHWHs einzustimmen (vgl. bes. Ps 148).
Dieser mehrschichtige und eigentümlich widersprüchliche Befund
wird in einem Beitrag Martin Leuenbergers ganz deutlich, der auf die
Opposition „Gerechte vs. Frevler“ in Ps 1–2 und 146–150 eingeht. Interes-
sant ist hieran, dass in seiner tabellarischen Übersicht die „Völker“ (-'#/
-+) insgesamt wie auch die „Könige“ und „Richter“ der Erde (7:¡')+//
7:'&6f) sowohl auf der Seite der „Gerechten“ als auch auf der Seite der
„Frevler“ eingeordnet werden.21 Damit wird deutlich, dass im Gesamtblick
auf das Schlusshallel die frömmigkeitstheologische bzw. individuelle Per-

21‫ۍ‬9JOGLHžEHUVLFKWEHLLeuenberger, Jhwh-König-Theologie (2017), 79–81. Leu-


enberger geht in diesem Beitrag der Frage nach den Trägerkreisen der Psalmen

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spektive und die nationale bzw. politische Perspektive kombiniert werden.


Ja, mehr noch: Bei der Zuordnung sind die Grenzen offensichtlich nicht
starr, sondern die Völker können dabei geradezu die Seiten wechseln. Die
Völker erscheinen sowohl als Frevler als auch als Gerechte.
Wie ist nun dieser Befund zu erklären? Was ist die Rolle der Völker, auf
ZHOFKHU 6HLWH VWHKHQ GLH 9¸ONHU" 'LH $XI৒¦OOLJNHLW GLHVHU ZLGHUVSU¾FKOL-
chen Bewertung der Völker verstärkt sich durch die allgemein verbreitete
Annahme der Zusammengehörigkeit und Kohärenz der Psalmen des klei-
QHQ +DOOHOV 'LH IROJHQGHQ $XV৒¾KUXQJHQ VROOHQ QXQ $QQ¦KUXQJHQ DQ
diese Frage und einen diachronen Erklärungsversuch bieten, wie es zu die-
sen unterschiedlichen Perspektiven innerhalb der Textgruppe des kleinen
Hallels gekommen sein könnte.

2.2 Israel, Frevler und die Abgrenzung von den Völkern in Psalm 147

Neben der klaren Abgrenzung Israels von den Völkern zeigt sich in Ps 147
eine Vermischung der beiden oben beschriebenen Kategorien von Gegner-
schaft, der frömmigkeitstheologisch sowie der politisch-national definier-
ten Feindschaft. Im Folgenden wird zunächst knapp die inhaltliche Anlage
von Ps 147 und sodann die Konzeption von Abgrenzung und Identität nach
Ps 147 vorgestellt.22
Ps 147 ist ein Loblied, das die Heilstaten JHWHs in Schöpfung und
Geschichte besingt. Konkretisierungen dieser Heilstaten JHWHs zeigen sich
nach Ps 147 in der Restitution Jerusalems, in der Zuwendung und Versor-
gung von Tier und Mensch durch JHWHs Schöpfermacht sowie in der Wirk-
macht des göttlichen Wortes, welches sich in der Schöpfung und in der
Offenbarung der Gesetze an Israel erweist. Der Psalm ruft in drei Durchgän-
gen zum Lobpreis auf (v. 1–6.7–11.12–20). Jeweils am Anfang der Abschnitte
VWHKW HLQH $XIIRUGHUXQJ ]XP /REHQ RGHU 6LQJHQ ৒¾U -+:+ Y  (V
IROJHQGDQQ$XV৒¾KUXQJHQ¾EHU:HVHQXQG:LUNHQ-+:+VXQGVFKOLH¡OLFK
wird jeder Abschnitt mit einer Gegenüberstellung beschlossen.
Gleich dreimal wird so innerhalb des Psalms ein abgrenzender Ver-
gleich, ein Kontrast zwischen zwei gegnerischen Menschengruppen for-
muliert. Dabei profitiert die eine Gruppe von JHWHs Handeln (v. 6a.11.19),
während die andere Gruppe von ihm benachteiligt wird und die negativen
)ROJHQVHLQHVPDFKWYROOHQ+DQGHOQVHU৒¦KUW YE 

nach, sodass die Völker und ihre doppelte Verortung nicht weiter thematisiert
werden.
22‫ۍ‬9JO]XP)ROJHQGHQLQVJHVDPWNeumann, Hymnen (2016), 157–250, dort auch
weitere Literatur; sowie zu Ps 147 dies., Loblied (2019).

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Israel und die Völker

Ps 147,6.10–11.19–20
‫' ۑ‬HUGHUGLH'HP¾WLJHQDXIULFKWHWLVW-+:+
er erniedrigt die Gottlosen bis zur Erde.

10 Nicht an der Stärke des Pferdes hat er Gefallen,


nicht an den Schenkeln des Mannes hat er Wohlgefallen.
 :RKOJHIDOOHQKDW-+:+DQGHQHQGLHLKQ৒¾UFKWHQ
an denen, die harren auf seine Gnade.

19 Er verkündigt sein Wort Jakob,


seine Rechtsordnungen und seine Gesetze Israel.
20 Nicht hat er so an allen Völkern gehandelt,
und Gesetze haben sie nicht gekannt.
Halleluja!

Der jeweils positive Teil der Gegenüberstellung am Ende jeden Abschnitts


stellt eine Zusammenfassung des zuvor gerühmten Handelns Gottes dar;
gleichzeitig wird dieses heilvolle Handeln eingeschränkt: JHWH richtet
das Niedergeworfene auf – aber nur unter der Voraussetzung der Demut
(v. 6a); JHWH versorgt und erhält alles Leben – aber nur, wenn allein auf
JHWH vertraut und gewartet wird (v. 11); JHWH offenbart sein kraftvolles
Wort – aber nur Israel (v. 19). So tritt neben das umfassende Wirken Gottes
in Schöpfung und Geschichte eine Dimension von Separation und Gericht,
die eine Grenze zieht. Damit werden die Gottlosen (v. 6b), die Eigenmäch-
tigen (v. 10) und zusammenfassend alle Völker abseits des Gottesvolkes
(v. 20) aus dem heilvollen Machtbereich Gottes ausgeschlossen.
In diesen Gegenüberstellungen weist Ps 147 beide Kategorien von
Gegnerschaft auf, die oben bereits angesprochen wurden. Der Psalm grenzt
nach frömmigkeitstheologischen Kriterien ab, in Bezug auf Demut und
JHWH-Furcht (v. 6.11), und nach national-politischen Kriterien, indem das
Gegenüber von Israel und Völkern thematisiert wird (v. 19f.).
%HPHUNHQVZHUWXQGZLFKWLJ৒¾UXQVHUH)UDJHVWHOOXQJLVWQXQ]ZHLHU-
lei: Zum einen zeigt die Gestaltung des Psalms mit dreifacher paralleler
Lobaufforderung und Abgrenzung, dass die aufgestellten Oppositionen
ebenfalls zu parallelisieren sind. Die Angehörigen der Völker aus v. 20
erscheinen dann in der Zusammenschau mit v. 6 und v. 10f. als die Gottlo-
sen, die auf ihre eigene Macht vertrauen und eben kein Gottvertrauen
haben.23 Zum anderen wird diese negative Bewertung der Völker inner-

23‫ۍ‬3URPLQHQW ৒¾U GLH %HVWLPPXQJ GHU 9¸ONHU DOV )UHYOHU LVW 3V 'RUW ZHUGHQ
parallel die „Völker“ (-'#) und die „Frevler“ (-'3f:) der Vernichtung durch Gott
preisgegeben bzw. in die Scheol verbannt (vgl. Ps 9,6.18). In diesem späten weisheit-

309
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Friederike Neumann

halb des eigentlich politisch-nationalen Kontextes sodann gerade mit


einem theologischen Kriterium vollzogen: Die politische Abgrenzung Isra-
els von den Völkern wird mit der exklusiven Offenbarung der Tora an
Israel definiert und begründet (v. 19f.).24'DEHL৒¦OOW]ZDUGHU%HJULIIۤ7RUDۢ
nicht selbst, aber durch die Wendung #'&6f/##'9% („seine Rechtsordnun-
gen und seine Gesetze“ v. 19) ist ein indirekter Tora-Bezug hergestellt.25 In
Ps 147 zeigt sich die Vermischung der beiden Abgrenzungsdimensionen
somit ganz deutlich: Die Gegensatzpaare verschwimmen miteinander,
selbst Begründung und Kriterium der Abgrenzung können ineinander
geschoben werden.26

lich geprägten Psalm findet demnach eine Identifikation zwischen Völkern und
Frevlern statt. Beide sind Feinde des Beters und damit auch Gottes Feinde und wer-
den entsprechend behandelt (ähnlich auch Jes 26,9–10), vgl. Albertz, Religionsge-
schichte (1997), 645. Ähnlich dazu Kraus, Psalmen (1978), 222: „Die -'# sind Verkör-
perung einer außerhalb des Bundes und der Gottesordnung lebenden Fremdmacht.“
Damit liegt diese Vorstellung eng bei Ps 147 (zu dem sich auch noch weitere thema-
tische Verbindungen aufzeigen lassen würden): Denn wenn schon innerhalb des
eigenen Volkes eine Abgrenzung gegenüber den Gottlosen nötig erscheint
(Ps 147,6), wie viel mehr ist dann eine Abgrenzung gegenüber den Völkern nötig,
die nicht einmal die Tora, d.h. göttlich offenbarte Gesetze und Satzungen (Ps 147,19–
20), haben. Letztlich sind dann sowohl Frevler als auch Völker als auf Distanz zu
haltende Gegenüber. Vgl. dazu auch Nah 1, dazu unten Anm. 26.
24‫'ۍ‬LHKLHUDOVH[NOXVLYYHUVWDQGHQH2IIHQEDUXQJGHU7RUDDQ,VUDHOZLUGLQQHU-
halb der Psalmen und des Alten Testaments ganz unterschiedlich bewertet. Wäh-
rend hier die Gabe der Tora an Israel exklusiv verstanden wird, findet sich bei-
VSLHOVZHLVHEHL-HVDMDGLH9RUVWHOOXQJGHU2IIHQEDUXQJGHU7RUDDXFK৒¾UGLH9¸ONHU
dazu Fischer, Tora (1995), bes. 24–36; Berges, Zionstheologie (2000), 177. In dem
Zusammenhang ist das Kennen oder Erkennen der Gesetze JHWHs bzw. JHWHs
selbst von Bedeutung und stellt sich kontrovers dar: Ps 147,20 verneint das Kennen
(3') der Gesetze durch die Völker; ähnlich Ps 79,6, wo die Völker JHWH nicht
kennen (3'); demgegenüber formuliert aber Ps 87,4, dass einige Völker JHWH sehr
wohl kennen (3'); vgl. dazu Körting, Israel (2012), 309.
25‫ۍ‬9JO]XU'LVNXVVLRQXPGHQ7RUD%H]XJLQ3VNeumann, Hymnen (2016),
235–243, mit weiteren Hinweisen.
26‫ۍ‬9JO ]X GHQ 2SSRVLWLRQHQ LP NOHLQHQ +DOOHO XQG GHUHQ 9HUVFKU¦QNXQJ DXFK
Ballhorn, Telos (2004), 308f., 311–314; Leuenberger, Konzeptionen (2004), 362. Die
Überblendung der beiden Perspektiven findet sich auch in ähnlicher Form im Buch
Nahum: Neben der Gegenüberstellung von Frommen und Gottlosen in unspezifi-
scher Weise (Nah 1,2–8) wird jedoch durch den Kontext in Nahum eine Identifika-
WLRQGHU)UHYOHUPLWGHQ1LQLYLWHQKHUEHLJH৒¾KUW XQDEK¦QJLJGDYRQRE1LQLYHDOV
Chiffre verstanden wird). Somit läuft die Scheidelinie sowohl zunächst mitten
durch Israel, aber sodann und zugleich doch auch als Grenzlinie zu den (Feind-)
Völkern, vgl. dazu Koenen, Heil (1994), 165–169; Hagedorn, Spiegel (2011), 313f.
Darüberhinausgehend zeigt Wöhrle, Abschluss (2008), bes. 53–66 auf, dass die Ver-
schränkung der beiden Grenzlinien in Nahum ein Produkt redaktioneller Fort-

310
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Israel und die Völker

1DFK3V৒¾KUWDOVRGLH'LVWDQ]LHUXQJYRQGHQ)UHYOHUQXQGYRQGHQ
Eigenmächtigen zur Konstituierung einer frommen Gemeinschaft, die
durch Demut und JHWH-Furcht ausgezeichnet ist und die sich zudem als
Lobgemeinschaft vom Zion versteht. Darüber hinaus und gleichzeitig
damit verwoben wird der Unterschied Israels zu den Völkern betont. Die
Gegner der Beter des Psalms sind sowohl intern – also innerhalb der Volks-
gemeinschaft Israels – als auch extern – also außerhalb im Gegenüber zu
anderen Völkern – zu finden. Funktion und Intention der Formulierung
von Gegnerschaft hat dabei in erster Linie die Bestimmung der eigenen
Identität zum Ziel: Demut, JHWH-Furcht und Gottvertrauen sowie vor
allem eine an der Tora orientierte Frömmigkeit nehmen die Beter und Tra-
GHQWHQGHV3VDOPV৒¾UVLFKVHOEVWۙXQG]ZDUDOOHLQ৒¾UVLFKLQ$QVSUXFK
Entsprechend wird das Heilshandeln JHWHs, das der Psalm lobt, ebenfalls
auf diese exklusive Gruppe konzentriert, die sich am Zion lokalisiert.
Damit wird aber der Zion in Ps 147 gerade nicht als Ort universalen Heils
verstanden, wie dies andernorts möglich ist27, sondern als exklusiver (Ver-)
Sammlungsort des wahren frommen Israel (vgl. Ps 147,2).

2.3 Israel und der universale Lobpreis in Psalm 148

Im Gegensatz zu Ps 147 finden sich im darauffolgenden Psalm, in Ps 148,


nun gar keine Gegenüberstellungen und Abgrenzungen. Im Gegenteil:
Hier wird die gesamte Schöpfung mit allen belebten und unbelebten Ele-
PHQWHQ]XPJHPHLQVDPHQ]XPNRVPRVZHLWHQ/REJHVDQJ৒¾U-+:+DXI-
gerufen. Wie schon Ps 147 wird nun im Folgenden auch Ps 148 zunächst in
seiner inhaltlichen Anlage vorgestellt und sodann nach seinem Umgang
mit den Völkern befragt.28
Ps 148 ist durch zahlreiche Lobaufforderungen sowie durch umfang-
reiche Aufzählungen von Wesen und Elementen, die zu eben diesem Lob-
preis JHWHs aufgerufen werden, gekennzeichnet. In einem ersten Durch-

schreibung ist. Somit wurde in Nahum das Gericht an dem eigenen Volk und die
Abgrenzung gegenüber den Feinden JHWHs in einem späteren Schritt zu einem
Gericht an Ninive umgedeutet, und „vor dem Hintergrund der ganz allgemeinen
theologischen Bestimmung des zornigen Einschreitens JHWHs gegen seine Wider-
sacher … das Handeln JHWHs am eigenen Volk und das Handeln JHWHs an frem-
den Völkern zueinander in Beziehung [ge]setzt“ (Wöhrle, Abschluss [2008], 65).
27‫ۍ‬%HVRQGHUVLQSURSKHWLVFKHQ7H[WHQZLUGGHU=LRQ]XP2UWXQLYHUVDOHQ+HLOV
(u.a. in Jes 66,18–24; Sach 8,20–23), dazu z.B. Hagedorn, Spiegel (2011), bes. 303–308;
Schmid, Zion (2013); vgl. auch unten Anm. 36.
28‫ۍ‬9JO]XP)ROJHQGHQLQVJHVDPWNeumann, Hymnen (2016), 251–307, dort auch
weitere Literatur.

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Friederike Neumann

gang (v. 1–5) wird zunächst der Lobpreis vom Himmel her (v. 1) eingefordert
und sodann mit der Schöpfermacht JHWHs begründet (v. 5).

Ps 148,1a.5
‫ ۑ‬+DOOHOXMD
Lobet JHWH vom Himmel her!

‫ ۑ‬/REHQVROOHQVLHGHQ1DPHQ-+:+V
denn er befahl und sie wurden geschaffen.

Im zweiten Durchgang (v. 7–13) werden die irdischen Wesen zum Lobpreis
aufgerufen (v. 7), dessen Begründung in der Hoheit JHWHs liegt (v. 13).29
Zunächst ist nach dem Vorkommen der Völker in Ps 148 zu fragen.
Bemerkenswert ist dabei, dass im Rahmen der umfassenden Lobaufforde-
rungen ganz selbstverständlich und gemeinsam mit allen anderen belebten
und unbelebten Kreaturen auch die „Könige der Erde und alle Völkerschaf-
ten“ (-'/+¡+)# 7:¡')+/) sowie die „Fürsten und alle Richter der Erde“
(7:'&6f¡+)#-':g LQGHQ/RESUHLV৒¾U-+:+HLQEH]RJHQXQG]XU0LW-
wirkung aufgerufen werden (vgl. Ps 148,11).

Ps 148,7a.11–13
‫ ۑ‬/REHW-+:+YRQGHU(UGHKHU

11 Könige der Erde und alle Völkerschaften,


Fürsten und alle Richter der Erde,
12 junge Männer und auch junge Frauen,
Alte mit Jungen.
13 Loben sollen sie den Namen JHWHs,
denn erhaben ist sein Name allein,
seine Hoheit ist über Erde und Himmel.

Im Rahmen der Aufzählung verschiedener Gruppen der politisch-sozialen


Gesellschaftsordnung (v. 11f.) dürfen auch die Völker und Machthaber
QLFKWIHKOHQ'HP3VDOPLVWHQZDURIIHQVLFKWOLFKGLHYLHO৒¦OWLJH*HVDPWKHLW
der Menschheit wichtig: ohne Völker wäre der Kosmos nicht vollständig.
Außerdem bleibt auch den fremden Völkern und ihren Königen aufgrund
der universalen Herrlichkeit und Hoheit JHWHs (vgl. v. 13) nur, in den
Lobpreis miteinzusteigen, so postuliert es der Psalm.

29‫ۍ‬$XIJUXQGYRQIRUPDOHQLQKDOWOLFKHQXQGNRQ]HSWLRQHOOHQ%HREDFKWXQJHQVLQG
v. 6 und v. 14 als sekundäre Nachträge im Ps 148 anzunehmen, worauf später
zurückzukommen ist.

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Israel und die Völker

Ps 148 steht damit in konzeptioneller Verbindung zu den JHWH-


König-Psalmen, wo sich eine ähnlich universale Perspektive auf die Völker
findet sowie ein kosmologischer Lobpreis gefordert wird (vgl. bes. Ps 47;
96; 97; 98). Außerdem wird eine ähnliche Lobaufforderung an die „Könige
der Erde“ (7:¡')+/) in Ps 138,4f.30 sowie an die Völker in Ps 67,4–6 formu-
liert. Aber über diese Textstellen hinaus ist ein direkter Lobaufruf an die
Völker selten in den Psalmen.31
Mit dieser Vorstellung einer universalen Lobgemeinschaft von Israel
und den Völkern hebt sich Ps 148 also aus der Psalmensammlung heraus.
%HVRQGHUVLP.RQWH[WGHVNOHLQHQ+DOOHOV৒¦OOWGLHVHSUREOHPORVH6HOEVWYHU-
ständlichkeit der Integration von Fremdherrschern und Fremdvölkern in
das sich sonst allein zwischen JHWH und Israel vollziehende Lobgesche-
hen auf (vgl. bes. Ps 146,1f.10; 147,1f.12f.; 149,1–4), stellt doch Ps 148 das
Verhältnis zwischen Israel und den Völkern ganz anders dar als seine
Nachbarpsalmen: Während Ps 147 die Abgrenzung zu den Völkern betont,
ruft Ps 149 zu einem Rachehandeln an den Völkern auf.
Bevor aber auf das Verhältnis von Ps 148 zu seinen Nachbarpsalmen
eingegangen wird, ist zunächst nach der Deutung des universalen Lobprei-
ses in Ps 148 zu fragen. So meint Lothar Ruppert etwa, dass Ps 148 zeige:
„Israel, d.h. die Kultgemeinde, hat den Auftrag, im Gottesdienst alle Welt,
ja den Kosmos an die Aufgabe, ja Verpflichtung zu erinnern, Jahwe, den
Gott Israels … zu preisen.“32 Für Ruppert steht Israel als Lobgemeinschaft
dem Kosmos, und damit dann auch den „Königen der Völker und allen
9¸ONHUVFKDIWHQۢJHJHQ¾EHUXQG৒¾KUWGLHVHXQGGHQJHVDPWHQ.RVPRV]XP
Lobpreis.33
Ausgehend von Rupperts Überlegungen ist das Verhältnis von Israel
und den Völkern in Ps 148 aber noch einmal neu zu betrachten. Zunächst

30‫ۍ‬9JO]X3VXQWHQ
31‫ۍ‬9JO¦KQOLFKQRFK3VIGRUWDXFKPLWGHP$XVGUXFNۤ.¸QLJHGHU(UGHۢ
(7:¡')+/), der sich neben den bereits genannten Stellen nur noch in Ps 2,2 und
76,13, dort aber nicht im Kontext des Lobaufrufs findet. Aufrufe zu Lob und Anbe-
tung JHWHs durch die Völker (-'#) finden sich sodann noch in Ps 22,28f.; 72,11;
86,9; 117,1.
32‫ۍ‬Ruppert, Aufforderung (1987), 296.
33‫ۍ‬9JORuppert, Aufforderung (1987), 281–283, 296. Ähnlich auch Ballhorn, Telos
(2004), 319–322, nach dessen Deutung Israel zunächst nur allein loben kann, denn
von den Völkern und ihren Königen und Richtern kann der Aufruf „– derzeit –
nicht wirklich gehört und befolgt werden“. Damit muss Ps 148 nach Ballhorn
eschatologisch verstanden werden. Ps 148 stellt mit dem Aufruf zu Gotteslob und
Gotteserkenntnis an die Könige und Völker somit ein friedliches Gegenstück zu
Ps 2 dar, so ebd., 320. Zur Korrespondenz von Ps 148 und Ps 2, vgl. auch Neumann,
Hymnen (2016), 292.

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Friederike Neumann

ist dabei beachtenswert, dass im Rahmen der Aufzählung derer, die zum
Lob aufgerufen werden, die Völker und ihre Machthaber selbstverständlich
neben anderen genannt und ohne Unterscheidung eingereiht werden. Der
/REDXIUXIJLOWMHW]WXQGQLFKWDOOHLQ৒¾UGLH=XNXQIWXQG]ZDUGHUJHVDP-
ten Menschheit in ihrer Vielschichtigkeit, dem ganzen Kosmos. Damit ent-
৒¦OOWGLH0LWWOHUSRVLWLRQ,VUDHOVGLH5XSSHUWDQQLPPW=XGHPZLUG,VUDHO
(oder eine vergleichbare Bezeichnung des Volkes Gottes) in dieser Reihe
selbst eben nicht genannt34, sondern erst in Vers 14.

Ps 148,14
 8QGHUKDWHUK¸KWGDV+RUQ৒¾UVHLQ9RON
 (LQ/REOLHG৒¾UDOOHVHLQH)URPPHQ
 ৒¾UGLH6¸KQH,VUDHOVGDV9RONVHLQHU1¦KH
Halleluja!

Hier wird Israel dann auch nicht explizit zum Lob aufgerufen – wie aber
zuvor alle Elemente im Himmel und auf Erden. V. 14 grenzt gegenüber
v. 1–13 das die ganze Schöpfung umfassende Lobgeschehen auf die Söhne
Israels als das Gottesvolk ein. Während in v. 1–13 der gesamte Kosmos im
Blick war, geht es in dem Abschlussvers nur noch um Israel und um sein
individuelles Gottesverhältnis. Die Israelperspektive, die in v. 14 zum Aus-
druck kommt, steht damit im Widerspruch zu dem sonst vollkommen uni-
versal-kosmologisch ausgerichteten Lobaufruf. Durch die Israelperspek-
tive wird der charakteristische Zug des Psalms auffallend gestört, da das
Besondere des Psalms sich gerade im Fehlen der nationalen Dimension und
in der Betonung der universal-kosmologischen Perspektive darstellt.
'DPLWVSULFKWYLHO৒¾UGLH$QQDKPHHLQHUVHNXQG¦UHQ(UZHLWHUXQJLQ
v. 1435, die zudem durch die frömmigkeitstheologische Perspektive unter-

34‫ۍ‬9JO Spieckermann, Heilsgegenwart (1989), 57f. Er verweist zu Recht darauf,


GDVV৒¾UHLQHQDWLRQDOH1HQQXQJ,VUDHOVGLH6W¦QGHDXI]¦KOXQJ YI GHUJHHLJQHWH
2UWGD৒¾UJHZHVHQZ¦UHXP,VUDHOHQWVSUHFKHQGXQWHUGHQ9¸ONHUQKHUYRU]XKH-
ben. Dass das Volk Gottes dort aber nicht genannt wird, zeigt, dass die Grundfas-
sung von Ps 148 allein auf die universale Ausrichtung des Lobes fokussiert ist und
dass Israel selbstverständlich in der Gesamtheit der lobenden Völker mitgemeint
ist, ohne dass dies weiter thematisiert werden müsste.
35‫ۍ‬9JO]XYDOV(UJ¦Q]XQJDXV৒¾KUOLFKGLH'LVNXVVLRQEHLNeumann, Hymnen
 ۙۙ9DOVVHNXQG¦UH+LQ]X৒¾JXQJ]XVDPPHQPLW3V
sieht auch Zenger, Perspektiven (2008), 575f.; Hossfeld/Zenger, Psalmen (2008),
845f.; Zenger3VDOPHQH[HJHVH  I=XYDۙ͢E͢DOV=XVDW]YJOLeuenber-
ger, Konzeptionen (2004), 352f.; Ruppert, Aufforderung (1987), 276–278, mit Ergän-
zung in v. 14b („Unterschrift“): „Der Ergänzer vermißte nach dem an den ganzen

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Israel und die Völker

stützt wird. Diese kommt mit der Erwähnung der Frommen (-''2%) in den
Psalm hinein und passt ebenfalls nicht zum Vorherigen: Denn allein das
Geschaffensein der Welt und ihrer Elemente legitimiert diese zum Lob
Y XQGDOOHLQGLH(UKDEHQKHLWGHV6FK¸SIHUVUXIWGDV/RE৒¾ULKQKHUYRU
(v. 13). In diese Konzeption passt eine frömmigkeitstheologische Ein-
schränkung des kosmischen Lobpreises allein auf die Frommen Israels nur
schwer.
Gerade deshalb ist die universale Perspektive des Psalms zu würdigen.36
In Ps 148 – insbesondere in seiner Erstfassung, wo Israel als Volk gar nicht
HUZ¦KQWLVWۙZLUG¾EHUGLH5ROOH,VUDHOVLP%OLFNDXIGDV+HLO৒¾UGLH9¸O-
ker eben keine Aussage getroffen. Der Psalm nimmt einen (utopisch-)uni-
versalen Lobpreis in den Blick, der von Himmel und Erde her ertönen und
somit JHWH, den Schöpfer und Herrn der Welt, loben soll. In diesem alles
umfassenden Lobgesang verschwimmen dann die Grenzen zwischen Volk
und Völkern, zwischen Alten und Jungen, zwischen belebten und unbeleb-
ten Elementen des Kosmos. Weil alles Geschöpf Gottes ist und weil JHWH
allein erhaben ist, wird die gesamte Schöpfung zum Lobpreis des Schöpfers
JHWH aufgerufen.
Mit dieser Öffnung zu den Völkern und somit der Öffnung jeglicher
Grenzen und Begrenzungen steht Ps 148 in der Grundfassung im expliziten
Kontrast zu den vorangehenden Psalmen 146 und 147, die eine viel engere
Perspektive auf das Loben Gottes einnehmen und es vornehmlich auf Israel
bzw. den Zion konzentrieren. Noch stärker zeigt sich die unterschiedliche
.RQ]HSWLRQLP9HUJOHLFKPLW3V'HPJHJHQ¾EHU৒¾KUHQGLH1DFKWU¦JH

Kosmos gerichteten Lobaufruf eben Israel und verstand den Hymnus neu als Lob-
preis Jahwes durch Israel, was dieser freilich überhaupt nicht sein will.“ (ebd., 278).
'DVXUVSU¾QJOLFKH(QGHLVW৒¾U5XSSHUWGDQQPLWYDHUUHLFKW†KQOLFKWillgren,
Formation (2016), 262–265, der v. 14bc als sekundäre Ergänzung annimmt, und
MacKenzie3VEF  GHUYEFDOV VHNXQG¦UHQ 7LWHO৒¾U3VDQQLPPW
Spieckermann, Heilsgegenwart (1989), 57f. sieht v. 13b.14 als Zusatz. Anders Ball-
horn, Telos (2004), 315–319, der gerade den Höhepunkt in v. 14 sieht, auf den der
ganze Psalm zuläuft.
36‫ۍ‬,P%OLFNDXIGHQ8PJDQJPLWGHQ9¸ONHUQLQ3VLVWDXFKDXIGLHVFKRQRIW
gesehene Nähe der universalen Perspektive zu prophetischen Aussagen über den
Einschluss der Völker in die Heilshoffnung zu verweisen, vgl. dazu z.B. Ruppert,
$XIIRUGHUXQJ  I:HVHQWOLFK৒¾UGLH(LQELQGXQJGHU9¸ONHULQGDV+HLOLP
Rahmen der Zionstheologie bei Jesaja hält Berges, Zionstheologie (2000), 180 fol-
genden Schritt: „Die neue theologische Erkenntnis, daß JHWH der einzige Schöp-
fer von Mensch und Welt ist, wird mit der alten Tradition vom Zionsberg als Mit-
telpunkt der Welt gekoppelt“; vgl. z.B. Jes 2,2–4; Mi 4,1–5 sowie auch Sach 8,20–23.
Dazu z.B. auch Lohfink, Bund (1994), 41f.; Ego, Völkerchaos (2013), 126; Schmid,
Zion (2013); vgl. dazu auch oben Anm. 27.

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Friederike Neumann

in v. 6 und 14 nicht nur im Psalm selbst zu einer Verschiebung der Perspek-


tive, sondern diese Nachträge gleichen Ps 148 vor allem an seinen jetzigen
Psalterkontext nach vorne und hinten an.

Ps 148,6
6 Und er lässt sie bestehen auf immer, auf ewig,
eine Ordnung hat er gegeben und sie vergeht nicht.

So nähert v. 6 durch den indirekten Torabezug (vgl. 9%) den Psalm an


Ps 147 an und ergänzt die Zusage des ewigen Bestehens, wie sie bereits
ähnlich in Ps 146,6b zu finden ist.37 V. 14 wurde entweder schon zusammen
mit Ps 149 als Fortschreibung des Psalterendes oder erst nach der Ergän-
]XQJYRQ3VDQ3VDQJHK¦QJW'DEHL৒¾KUWYZLHEHUHLWVGDUJH-
legt, den universal-entschränkten Lobgesang (wieder – vgl. Ps 147) auf die
)URPPHQ,VUDHOV]XU¾FNZLHDXFK3VGHQ/REJHVDQJ৒¾U,VUDHOV6FK¸S-
fer allein der Versammlung der Frommen zubilligt (Ps 149,1f.). V. 14 expli-
ziert dadurch die exklusive Beziehung zwischen JHWH und dem „Volk sei-
ner Nähe“. Zudem sind die Wortverbindungen von v. 14 zu Ps 149 weitaus
intensiver als von v. 14 in den eigenen Psalmkorpus (Ps 148,1–13) hinein.38
Und erst durch den Nachtrag wird Israel dann zum lobenden Vorbild der
9¸ONHU XQG ৒¾U GHQ JHVDPWHQ .RVPRV ۤ]XP +HUPHQHXWHQ XQG 6SUHFKHU
des kosmischen Lobpreises, zu dem Ps 148,1–13 aufruft“39.
Entsprechend ist Ps 148 in seiner Erstfassung als großer harmonisie-
render Lobaufruf zu sehen, der alle Grenzen und Unterschiede durch den
gemeinsamen Lobpreis überwindet. Gegnerschaft und Abgrenzungen
werden erst durch den Nachtrag in v. 14 eingetragen. Hier, an dieser nur
einen Vers umfassenden Ergänzung, deutet sich schon an, dass diese Psal-
men einen kontroversen (literarischen) Diskurs darüber austragen, wie
das Verhältnis zwischen Israel und den Völkern zu gestalten und zu
bewerten ist. Darauf ist sogleich zurückzukommen. Zunächst ist aber
Ps 149 und sein Konzept mit Blick auf die Beziehung von Volk und Völ-
kern darzustellen.

37‫ۍ‬9JOGD]XDXV৒¾KUOLFKHUNeumann, Hymnen (2016), 261–263, 280–284.


38‫'ۍ‬LH1¦KH]ZLVFKHQYXQG3VZLUGGXUFKIROJHQGH%H]¾JHYHUVW¦UNW'DV
„Loblied“ (!+!=) findet sich auch in Ps 149,1; die „Frommen“ (-''2%) prägen durch
die dreimalige Nennung den nachfolgenden Psalm insgesamt (vgl. Ps 149,1.5.9); die
„Söhne Israels“ (+:f''1) könnten eine Zusammenschau von „Israel“ und „Söhne
Zions“ aus Ps 149,2 darstellen, vgl. dazu auch Leuenberger, Konzeptionen (2004),
352 mit Anm. 300; Neumann, Hymnen (2016), 301.
39‫ۍ‬Zenger, Weisheitstheologie (2003), 147.

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Israel und die Völker

2.4 Israel und die Rache an den Völkern in Psalm 149

Ps 149 beginnt als eine Aufforderung zum Lobpreis JHWHs, des Schöpfers
und Königs Israels (v. 1–4). Im zweiten Teil (v. 5–9) wird dann im Kontext
eben dieser Lobgesänge auch zum Rachehandeln an den Völkern und ihren
Königen und Hochgeehrten aufgerufen. Die Deutung des gleichzeitigen
Aufrufs zum Loben Gottes und zur Rache an den Völkern wurde in der
Auslegung des Psalms schon oft diskutiert.40 Im Blick auf die vorliegende
Fragestellung wird aber im Folgenden vornehmlich das Verhältnis zwi-
schen dem Volk Israel und den Völkern in Ps 149 dargestellt.41
In drei parallel aufgebauten Infinitivsätzen werden die Frommen zum
Rachehandeln „an den Völkern“ (-'#) und „an den Völkerschaften“ (¡+
-'/)42 sowie zur Fesselung ihrer Machthaber (-!')+/ „ihre Könige“;
-!')1 „ihre Hochgeehrten“) aufgerufen (v. 7–9a).43 Den Völkern, gegen
die vorgegangen werden soll, stehen in Ps 149 ganz verschiedene Gruppen-
bezeichnungen gegenüber, die aber parallel und synonym verwendet wer-
den: -''2% „Fromme“ (v. 1.5.9); +:g' „Israel“; 0#'8¡'1 „Söhne Zions“ (v. 2);
#/3 „sein Volk“; -'#13 „Demütige“ (v. 4). Diese als fromm und demütig
bezeichnete Gruppe repräsentiert das idealisierte und wahre Volk Israel.

Ps 149
1 Halleluja!
Singt JHWH ein neues Lied!
Sein Lobgesang >sei@ in der Versammlung der Frommen.
2 Freuen soll sich Israel über seinen Schöpfer,
die Söhne Zions sollen jauchzen über ihren König.
3 Loben sollen sie seinen Namen mit Tanz,
zur Pauke und Zither sollen sie ihm lobsingen.
4 Denn Wohlgefallen hat JHWH an seinem Volk,
er verherrlicht die Demütigen mit Rettung.

40‫¾)ۍ‬UGLH'LVNXVVLRQXPGLH'HXWXQJYRQ3VYJOXDFüglister, Lied (1987);


Vanoni, Bedeutung (1991); Zenger, Provokation (1997); Prinsloo, Psalm 149 (1997);
Sautermeister, Psalm 149,6 (2000); Leuenberger, Beobachtungen (2010); Neumann,
Gewalt (2017), 195–200.
41‫ۍ‬9JO]XP)ROJHQGHQLQVJHVDPWNeumann, Hymnen (2016), 308–379, dort auch
weitere Literatur.
42‫=ۍ‬XU/HVDUWGHV$XVGUXFNV-'/¡+ als -'/+ +  („an den Völkerschaften“) in
v. 7b vgl. Barbiero/Pavan, Ps 44,15 (2012), sowie Neumann, Hymnen (2016), 313f.
Anm. 28.
43‫'ۍ‬LH9HUVHۙDVLQGV\QWDNWLVFKDEK¦QJLJYRQYIYJOGD]XXQG]XU6WUXNWXU
von Ps 149 insgesamt Neumann, Hymnen (2016), 314–321.

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Friederike Neumann

5 Frohlocken sollen die Frommen in Herrlichkeit,


sie sollen jubeln auf ihren Lagern,
6 Loblieder Gottes >seien@ in ihrer Kehle,
und ein Schwert von doppelter Schneide in ihrer Hand,
7 um zu vollziehen Rache an den Völkern,
Züchtigung an den Völkerschaften,
8 um zu binden ihre Könige mit Fesseln,
und ihre Hochgeehrten mit Fußeisen,
9 um zu vollziehen an ihnen das aufgeschriebene Recht.
 (KUHLVWGDV৒¾UDOOHVHLQH)URPPHQ
Halleluja!

Wie schon in Ps 147 zeigt sich hier die Vermischung der abgrenzenden
Kategorien: Während mit relativ unspezifischer Formulierung die Völker
und ihre Machthaber genannt werden, tritt dieser politischen Macht die
Gruppe derer gegenüber, die durch frömmigkeitstheologische Kriterien
charakterisiert sind und sich selbst als das wahre Israel verstehen. Dem
frommen Israel stehen hier alle Völker samt deren Könige gegenüber. Und
diese fromme und demütige Lobgemeinde (vgl. Ps 149,1.4f.9) wird nun von
JHWH beauftragt, eben diese Mächtigen der Welt und aller Völker festzu-
setzen, um sie all ihrer Macht zu berauben und ihnen stattdessen Fesseln
zu verpassen. Dabei wirkt das anempfohlene Handeln geradezu bizarr; es
ist zudem sprachlich feinsinnig dargestellt: Während die Lobgemeinde
selbst über ihren König (-)+/ ۙ-+:+ۙMXEHOW Y XQG৒¾ULKQWDQ]W
(v. 3), soll sie die Könige der Völker (-!')+/) festsetzen, d.h. bewegungs-
XQ৒¦KLJ PDFKHQ Y  Z¦KUHQG GLH )URPPHQ PLW +HLO XQG (KUH YRQ
JHWH her geschmückt werden (v. 4.9) und selbst in Herrlichkeit (#),
v. 5) frohlocken, sollen sie die Hochgeehrten (-!')1, v. 8) der Völker
ihrer Herrlichkeit und Macht berauben. Der Psalm beschreibt also nichts
weniger als die vollständige Umkehrung der Verhältnisse von Macht,
Herrschaft und Ruhm.
Bemerkenswert ist dabei, dass es eben gerade die Demütigen (v. 4) und
die Frommen (v. 1.5.9) sind, die von sich aus machtlos sind, die nun zur
Machtergreifung und zum Rachehandeln aufgerufen werden.44 Somit sind
die eigentlich Machtlosen die wahrhaft Mächtigen – und zwar ermächtigt
durch Gott. Dieses Motiv der Ermächtigung der Machtlosen und Schwa-
chen findet sich in späten biblischen und außerbiblischen Texten immer
wieder.45 Bei aller gewaltgeprägten Sprache erscheint so das beschriebene

44‫†ۍ‬KQOLFKDXFKVFKRQKraus, Psalmen (1978), 1147.


45‫ۍ‬9JOEHLVSLHOVZHLVHGLH.ULHJVUROOHDXV4XPUDQGLHHEHQIDOOVLQGHU9HUELQGXQJ
mit dem Lobpreis der Frommen die Übertragung des Gerichts an den Völkern auf

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Israel und die Völker

Handeln unwirklich, unrealistisch, vielleicht sogar utopisch. Gleichwohl


darf der Aufruf zur Rache an den Völkern aber nicht sachte weginterpre-
tiert werden, sondern muss in seiner Härte und mit seinem Gewaltpoten-
tial ernstgenommen werden. Die Linie, die hier zwischen Israel und den
Völkern gezogen wird, ist messerscharf und steht somit in völligem Gegen-
satz zu Ps 148. Es wird hier das gerechtfertigte, das von Gott her legiti-
mierte Gericht und Rachehandeln an den Völkern herbeigerufen. Während
die Rache nach alttestamentlichem Verständnis zumeist Gott selbst über-
lassen wird46, wird hier die Gemeinde selbst dazu aufgerufen – wohlge-
merkt aber im Kontext des Lobpreises, als Demütige und Fromme. Das
heißt dann aber doch, dass es gerade nicht die Selbstermächtigten und
Eigenmächtigen sind, die hier das Schwert eigenständig in die Hand neh-
PHQ1XUGLHYRQ-+:+KHU%H৒¦KLJWHQGLHYRQLKPPLWGLHVHU*HZDOW]XU
Durchsetzung seiner Herrschaft Beauftragten und die an seiner Herrlich-
NHLW$QWHLOKDEHQGHQ Y N¸QQHQGLH5DFKHDXV৒¾KUHQ1XULQGHUORESUHL-
senden Gemeinschaft mit Gott selbst ist Rache und Gewalt legitim. Damit
HUZHLVWVLFK3VJHUDGHQLFKWDOV/HJLWLPDWLRQVWH[W৒¾UMHJOLFKHV9RUJH-
hen gegen die Völker und ist auch nicht als Kriegslied fehlzuinterpretie-
ren.47 Durch die Einbeziehung der Lobenden in das universal an den Völ-
kern erwartete Gerichtshandeln Gottes wird deutlich, dass es nicht um
persönliche Rache geht, sondern um die Durchsetzung des göttlichen Plans
einer gerechten Weltordnung mit JHWH als ewigem König.48
An dieser Stelle ist ein kurzer Seitenblick auf einen anderen sog.
„schwierigen Text“ des Alten Testaments angebracht. Ein ähnlich viel dis-
kutierter Text mit einer ähnlichen Problematik wie Ps 149 ist Ps 137.

Ps 137,7–9
7 Gedenke, JHWH, den Edomitern den Tag Jerusalems,
die sprachen: Legt bloß, legt bloß – bis zu ihrem Grund!

die Demütigen beschreibt (vgl. u.a. 1QM VI; XIV–XV; XVI); ähnlich auch Dan 7,26–
27 oder 1 Hen 91–93, wo Schafen das Schwert zum Gericht gegeben wird (1 Hen
 YJODXV৒¾KUOLFKHUGD]XBallhorn, Telos (2004), 326–331; Neumann, Hymnen
(2016), 359–361; dies., Gewalt (2017), 197–199; zur Entwicklung einer Theologie der
Machtumkehrung in späten Texten vgl. Albertz, Religionsgeschichte (1997), 633–
676, bes. 639.
46‫ۍ‬9JOHWZD'WQ EHVY 3V-HU EHVY (]
47‫ۍ‬3VZXUGHDXIJUXQGVHLQHU.ULHJVWHUPLQRORJLHDOVNXOWLVFKHV.ULHJVE]Z
Siegeslied gedeutet, so z.B. Gunkel, Psalm 149 (1975), 54; ders., Psalmen (1986), 620;
zu dieser These Gunkels kritisch Zenger, Provokation (1997), 182f., 187.
48‫ۍ‬9JO GD]X Neumann, Hymnen (2016), 367–371, dort auch zum Verhältnis von
Ps 149 zu Ps 2.

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Friederike Neumann

8 Tochter Babel, du Verwüsterin!


Glücklich sei, der dir dein Tun vergilt,
das du uns angetan hast.
9 Glücklich sei, der deine Kinder packt
und an den Felsen wirft.

Auch in Ps 137,7–9 werden brutale Rachevorstellungen in einem Gebetstext


YRUJHEUDFKW XQG ৒¾U OHJLWLP HUDFKWHW49 Ebenso ist zu beachten, dass der
Rachewunsch hier ebenfalls von den Benachteiligten und Machtlosen aus-
geht: den gedemütigten und verschleppten Israeliten im Exil.50 Von der
Konzeption des Textes her liegt die Möglichkeit zur Rache und damit zu
einem machtvollen Gewalthandeln keinesfalls bei den Sprechern, sondern
bei JHWH selbst. Der Psalm will die Erinnerung an Jerusalem und die
damit verbundene Zerstörung durch die Völker wachhalten und fordert die
J¸WWOLFKH9HUJHOWXQJ৒¾UGDV+DQGHOQGHU9¸ONHU KLHU(GRPVXQG%DE\-
lons) an Zion/Israel.51
In Ps 149 fehlt dagegen die Nennung der konkreten Vergehen der Völ-
NHUGHU*UXQG৒¾UGHQ9HUJHOWXQJVDXIWUDJEOHLEWRIIHQ$XFKGDU¾EHUKLQ-
aus zeigen sich manche Unterschiede zwischen beiden Psalmen (vgl. z.B.
Klagelied vs. Loblied). Und doch ist die durch Rache und Vergeltung mar-
kierte Abgrenzung zwischen denen, die zu Zion/Jerusalem halten, und den
Völkern vergleichbar. Bemerkenswert ist sodann eine weitere Gemeinsam-
keit: Wie im direkten Kontext von Ps 149 steht auch im Nachbarpsalm von
Ps 137 die Vorstellung des universalen Lobpreises.

Ps 138,4–6
4 Es sollen dich preisen, JHWH, alle Könige der Erde,
denn sie haben die Worte deines Mundes gehört.
5 Sie sollen singen von den Wegen JHWHs,
denn groß ist die Herrlichkeit JHWHs.
6 Denn erhaben ist JHWH, und den Niedrigen sieht er,
und den Hochmütigen erkennt er von fern.

49‫=ۍ‬XUNULWLVFKHQ'LVNXVVLRQGHU%H]¾JH]ZLVFKHQ3VXQGYJOLeuenber-
ger, Komposition (2004), 321f. Anm. 182.
50‫ۍ‬9JOAlbertz, Exilszeit (2001), 91; Hossfeld/Zenger, Psalmen (2008), 687f.
51‫ۍ‬9JOGD]XHossfeld/Zenger, Psalmen (2008), 697, und das Fazit zu Ps 137: „Es ist
einerseits der Hilfeschrei des offensichtlich immer noch verängstigten und poli-
tisch diskreditierten Israel, aber es ist andererseits die an JHWH gerichtete
%HVFKZ¸UXQJVHLQHPHLJHQHQ۠*RWWHVDQVSUXFK۞]XHQWVSUHFKHQۢ

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Israel und die Völker

Wie oben bereits erwähnt, weist Ps 138,4–6 in der Formulierung Parallelen


zu Ps 148 auf. Zugleich erweist sich Ps 138 als direkte Reaktion auf Ps 13752,
wie sogleich in v. 1 deutlich wird: Der Beter ruft sich selbst zum Lobpreis
auf – und dieses Singen und Musizieren soll ausgerechnet „vor Göttern“
((:/$-'!+1, Ps 138,1) stattfinden, also in der Fremde, gerade dort, wo
sich nach Ps 137 die Trauernden befinden und sich aus der Ferne an Jeru-
salem erinnern – und wo ihnen gerade angesichts Jerusalems der Lobpreis
unmöglich erscheint. Und mehr noch: Nicht nur der Beter selbst ruft sich
zum Loben auf, sondern „alle Könige der Erde“ (7:¡')+/¡+), vgl. Ps 148,11)
sollen JHWH danken und ihm singen, weil er herrlich und erhaben ist
(Ps 138,4–6). Damit scheint aber doch Ps 138 gezielt als Kontrastpsalm zu
Ps 137 formuliert zu sein53, indem hier nach dem Wunsch nach Rache an
den Völkern in Ps 137 nun die Gemeinschaft mit den Völkern im Lobpreis
präsentiert wird.
Der jeweilige Vergleich von Ps 148 und 149 sowie von Ps 137 und 138
zeigt also ein spannungsvolles Nebeneinander von Vergeltungshandeln an
den Völkern einerseits und einer harmonischen Gemeinschaft im Lobpreis,
die die Grenzen zwischen Volk und Völkern verschwimmen lässt, anderer-
seits. Es wurden viele Versuche unternommen, diese Diskrepanz zu erklä-
ren und entstehungsgeschichtlich zu deuten. Zwei der Psalmen, sowohl
Ps 137 als auch Ps 149, werden dabei oft als redaktionelle Psalmen verstan-
den, die nachträglich ergänzt worden sind und den eigentlichen Zusam-
menhang durchbrechen.54 Möglicherweise lässt sich aber noch eine anders
zugespitzte Erklärung finden, die diese „Sperrigkeit“ der Psalmen in ihrem
Kontext plausibel machen kann. Denn möglicherweise lässt sich an diesen
Psalmen und ihrer Singularität im Kontext geradezu ein literarischer Dis-
kurs über die Frage nach dem Verhältnis zu den Völkern ablesen, der sich
dann in sukzessiven Ergänzungen niedergeschlagen hat. Auf diese Frage
ist nun im Folgenden einzugehen.

52‫ۍ‬6RDXFKLeuenberger.RQ]HSWLRQHQ  IGHUGRUWDXFKHLQHDXV৒¾KUOL-


che Diskussion der Verbindungen von Ps 137 und 138 sowie der Einbindung in die
weitere Teilkomposition darstellt.
53‫ۍ‬9JO GD]X DXFK Leuenberger, Konzeptionen (2004), 325, 342. Anders Hossfeld/
Zenger, Psalmen (2008), 697–699, wo aufgrund der inhaltlichen Spannung zwischen
Ps 137 und 138 davon ausgegangen wird, dass „eine redaktionelle Hand Ps 137 an
VHLQHMHW]LJH6WHOOHDOV۠%U¾FNHQSVDOP۞E]Z۠žEHUJDQJVSVDOP۞]ZLVFKHQ3Vۙ
und Ps 138–145 gesetzt hat.“
54‫¾)ۍ‬U3VVHLH[HPSODULVFKDXIHossfeld/Zenger, Psalmen (2008), 697–699, ver-
ZLHVHQ৒¾U3VDXILeuenberger, Konzeptionen (2004), 355f., 362f.; ders., Beob-
achtungen (2010), 641f.

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Friederike Neumann

3. Israels Lobpreis oder Lobpreis der Völker? –


Ein Diskurs im Psalter
3.1 Der Lobpreis der Völker als Motiv zur Fortschreibung von Psalmen

Die bisherigen Textuntersuchungen haben gezeigt, dass im Blick auf die


Frage nach den Völkern und ihrem Verhältnis zu Israel ganz verschiedene,
sich zudem widersprechende Aussagen nebeneinander stehen. Dabei reicht
das Spektrum von der Aufforderung zur Vernichtung der Völker als Rache-
akt (Ps 149) über die Distanzierung von den gottlosen Völkern aus theolo-
gischen Gründen (Ps 147) bis hin zum gemeinsamen Lobpreis JHWHs als
Herrn der ganzen Welt, damit dann auch der Völker (Ps 148). In jeglicher
Hinsicht ergibt sich so ein sehr disparates Bild von dem Verhältnis des
Volkes Israel zu den Völkern.
Dieser Befund wurde in bisherigen Untersuchungen noch unbefriedi-
gend erklärt. Zumeist erscheint dabei auch nur die spezielle Aussage von
Ps 149 in besonderer Weise erklärungsnotwendig. So stellt Erich Zenger in
seinem redaktionsgeschichtlichen Ansatz, wonach die Redaktion mit
Ps 146–150 eine konzentrische Komposition geschaffen hat55, relativ lapi-
dar fest: „Psalm 149 ist Teiltext der Komposition Ps 146–150, die als ganze
gelesen werden will“56. Damit wird aber der Kontrast, den Ps 149 aufbaut,
im Rahmen des Kontextes eingeebnet. Zudem erklärt sich letztlich so auch
nicht, warum denn – durch die Redaktion oder wen auch immer – diese
kontrastreichen Psalmen auf diese Weise nebeneinander geordnet worden
sind. Auch Martin Leuenberger nimmt die Besonderheit von Ps 149 im
Rahmen seines Kontextes wahr und meint – weniger harmonisierend als
Zenger – entsprechend:

55‫ۍ‬9JOZenger, Provokation (1997), 192f.


56‫(ۍ‬EG  >+HUYRUKHEXQJ LP 2ULJLQDO@ 'LHVH +HUDQJHKHQVZHLVH DQ GHQ
ۤVFKZLHULJHQ3VDOPۢ৒¾KUWGDQQEHL=HQJHU]XIROJHQGHU'HXWXQJۤ$OOHKLVWR-
risierenden und kultischen Deutungen des Psalms übersehen, daß der Psalm sich
selbst ausdrücklich in die Komposition Ps 146–150 einbindet und als Teilelement
dieser Komposition gelesen werden will. Gerade diese Komposition macht deutlich,
daß auch Ps 149 von der Vision der universalen, eschatologischen Gottesherrschaft
JHWHs bestimmt ist, die nicht auf die Vernichtung der Völker hinzielt, sondern auf
GHUHQ۠(LQELQGXQJ۞LQGLH:HOWRUGQXQJGHVJXWHQ6FK¸SIHUJRWWHVGHUVLFKۙVFKRQ
jetzt – in der Geschichte seines Volkes Israel als rettender Gott offenbart.“ (ebd.,
188f. [Hervorhebung im Original]). Vgl. insgesamt zum Verhältnis von Ps 149 zu
seinem Kontext auch Hossfeld/Zenger, Psalmen (2008), 860f., 869f., dort auch gegen
Leuenberger (vgl. unten Anm. 57).

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Israel und die Völker

'DV۠QHXH/LHG۞YRQ3V৒¾JWVLFK]ZDUGXUFKGLH+DOOHOXMDK5DKPXQJLQV
Schlusshallel Ps 146–150 ein, sein Inhalt ist aber in der Tat neu und kein bün-
delndes Summarium, wie man es an diesem kompositionellen Ort erwarten
könnte; vielmehr setzt es dem Psalterabschluss eine zusätzliche Sinnspitze auf,
die eine außergewöhnlich signifikante theologiegeschichtliche Verortung zu
erkennen gibt.57

Seiner Ansicht nach ist Ps 149 eine nachkompositionelle Einschreibung in


den vorliegenden Kontext, da insbesondere der zweite Abschnitt von
Ps 149 „isoliert innerhalb des Schlusshallels“58 steht. Nur – auch wenn
Ps 149 sekundär in das Hallel hineingekommen sein sollte – klärt auch die
Annahme eines redaktionellen Nachtrags immer noch nicht die Diskre-
panz bei der Frage nach Abgrenzung von den Völkern oder gemeinsamem
Lobpreis mit den Völkern. Denn auch Ps 147 und 148 nehmen nach wie vor
sehr unterschiedliche Positionen im Blick auf die Völker ein. Zudem stellt
sich bei der redaktionellen Ergänzung von Ps 149 doch auch die Frage, aus
welchem Grund und mit welcher Intention Ps 149 ausgerechnet zwischen
3VXQGHLQJH৒¾JWZRUGHQVHLQVROO"7URW]PDQFKHUIRUPDOHQžEHU-
schneidung weisen auch diese Psalmen inhaltliche und konzeptionelle
Unterschiede auf, die nicht allein mit einer ursprünglichen Nachbarschaft
erklärt werden können.59
Somit kann weder die Annahme einer kohärenten Komposition noch
die redaktionelle Ergänzung von Ps 149 letztlich die Diskrepanz im Zusam-
menhang der Frage nach den Völkern erklären, die innerhalb der Psalmen
des kleinen Hallels aufscheint. Im Folgenden werden darum noch einmal
die einzelnen Texte, ihre Verbindungen untereinander und ihre Position
zum Thema „Israel und die Völker“ besprochen und es wird nach einer
alternativen diachronen Deutung dieses Befundes gesucht.60 Im Anschluss

57‫ۍ‬Leuenberger, Beobachtungen (2010), 635. Er kommt dann zu dem Ergebnis: Mit


Ps 149 scheint „ein – literarisch verfasstes und dabei eschatologisch gewendetes –
۠.DPSIOLHG۞MHQHUSURPDNNDE¦LVFKHQ+DVLGLPYRU]XOLHJHQGLHVHLWGHPIU¾KHQ-K
v. Chr. einen weitgespannten Einfluss auch in der frühjüdischen Literaturproduk-
tion ausüben“ (ebd., 642). Schmid, Literaturgeschichte (2014), 205 datiert Ps 149
etwas später in die makkabäische Zeit, vgl. so schon Steck, Abschluß (1991), 161.
Wahrscheinlicher ist aber eine vormakkabäische Ansetzung der Entstehung des
Psalms (um 200 v. Chr.), vgl. dazu Neumann, Hymnen (2016), bes. 344 Anm. 165, 475.
58‫ۍ‬Leuenberger, Beobachtungen (2010), 635; vgl. ders., Konzeptionen (2004), 355f.,
362f.
59‫ۍ‬9JO ]X %H]¾JHQ XQG 8QWHUVFKLHGHQ YRQ 3V XQG  Neumann, Hymnen
(2016), bes. 398f., 416f.
60‫ۍ‬9JO ]X GHQ 7H[WEH]¾JHQ LQQHUKDOE YRQ 3Vۙ LQVJHVDPW HEG ]XP
Folgenden auch bes. die zusammenfassende Darstellung 429–444.

323
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Friederike Neumann

daran lohnt dann ein knapper Blick auf den zeitgeschichtlichen Hinter-
grund dieser Abschlusspsalmen des Psalters.
Schon Zenger stellte fest: „Das Finale des Psalters wächst kompositio-
nell aus Ps 145 heraus.“61 Den Anfang dieses „Herauswachsens“ macht nun
3VDOVHUVWHU3VDOPGHVNOHLQHQ+DOOHOV'DEHLLVWGLH)RUW৒¾KUXQJGHV
Lobpreises, den Ps 146 formuliert, vermutlich durch den offenen Schluss in
Ps 145,21 motiviert.

Ps 145,21
21 Ein Loblied JHWHs soll reden mein Mund,
und preisen soll alles Fleisch seinen heiligen Namen
immer und ewig.

In Ps 146 lassen sich dann zahlreiche thematische Aufnahmen aus Ps 145


VRZLH GHUHQ )RUW৒¾KUXQJHQ XQG (UJ¦Q]XQJHQ HUNHQQHQ 6R ৒¾KUW 3V
das Thema des Königtum JHWHs fort, grenzt aber die universale Perspek-
tive von Ps 145, der letztlich „alles Fleisch“ in den Hymnus einstimmen
O¦VVW YJO3V ZLHGHUXPHLQ,P8QWHUVFKLHG]X3V৒¾KUW3V
das Königtum JHWHs und dessen Auswirkungen auf den Einzelnen hin,
der aufgrund der heilvollen Taten JHWHs, die den Schwachen und Bedürf-
tigen zugute kommen, zum (erneuten) Vertrauen auf diesen Königsgott
JHWH ermuntert wird. Zugleich wird die Königsherrschaft JHWHs an den
Zion gebunden, wie der Abschlussvers noch einmal eigens betont und
zusammenfasst:

Ps 146,10
10 König sei JHWH bis in Ewigkeit,
dein Gott, (o) Zion, von Generation zu Generation.
Halleluja!

Diese auf Zion konzentrierte Zuwendung JHWHs und der von dort ausge-
KHQGH/RESUHLV৒¾UGHQ.¸QLJVJRWWZLUGLQ3VVRGDQQDXIJHQRPPHQ
und noch verstärkt (vgl. bes. Ps 147,1f.12). Zudem wird in Ps 147 die
Abgrenzung von den Völkern, die eben nicht zur Gemeinschaft vom Zion
gehören und demnach auch keinen Anteil an der Wortoffenbarung Gottes
haben, gegenüber Ps 146 ergänzt und zum zentralen Thema von Ps 147.
6FKRQ GHU 9HUJOHLFK GLHVHU GUHL 3VDOPHQ ]HLJW :HLWHU৒¾KUXQJHQ XQG
Fortschreibungen von einzelnen Motiven sowie Ergänzungen von The-
men, die im jeweils vorangehenden Psalm so noch nicht vorhanden waren.
Dabei zeigt sich, zusammen mit weiteren Textbezügen, dass die Verbin-

61‫ۍ‬Zenger, Komposition (1997), 14.

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Israel und die Völker

dungen nur in einer Richtung sinnvoll nachzuweisen sind und dass die
Psalmen einander voraussetzen und rezipieren, und zwar jeweils ihre vor-
angehenden Psalmen, wie sie in der jetzigen Abfolge vorliegen. Umgekehrt
lassen sich keine Bezüge zu den je nachfolgenden Psalmen erkennen.
Würde es sich bei dem kleinen Hallel aber um eine homogene Gruppe han-
deln, die in einem Zug an das Ende des Psalters gestellt wurde, so wären
Bezüge zwischen den Psalmen nach vorne und nach hinten zu erwarten –
auch und gerade bei redaktionell verfassten und auf einer Textebene lie-
genden Psalmen.
Die Abfolge der Psalmen 147 – 148 – 149 verschärft nun, wie oben be-
UHLWVDXVJH৒¾KUWGLH8QWHUVFKLHGHLQGHUWKHPDWLVFKHQ$QODJHEHVRQGHUV
in der Deutung des Verhältnisses zwischen Israel und den Völkern.
3VLVWJDQ]DXIGDV+HLOVJHVFKHKHQLQXQG৒¾U,VUDHONRQ]HQWULHUW
GDEHLJLOWGLH6FK¸SIHUPDFKW*RWWHVDOV*DUDQW৒¾UGDVHUQHXWH(LQJUHLIHQ
Gottes in Gestalt der Restitution Jerusalems und der dauerhaften Siche-
rung der Stadt. In Ps 148 wird die Schöpfung in all ihren Bestandteilen zum
Lobpreis aufgerufen und damit zur Antwort auf das Heilshandeln Gottes in
Schöpfung und Geschichte aufgefordert. Dass dabei aber weit über Israel
und Zion hinausgeblickt wird, erweist Ps 148,1–13 sodann als einen Son-
derfall im Gesamtklang des kleinen Hallels. Auch die Erwähnung der in
den Lobgesang integrierten Völker, von denen in Ps 147 noch eine strikte
Abgrenzung erstrebt wurde, zeigt die ganz andere Perspektive der Verfas-
ser von Ps 148. Es ist darum gut möglich, dass gerade diese kosmisch-uni-
YHUVDOH 3HUVSHNWLYH GHV *UXQGSVDOPV YRQ 3V GLH ,QWHQWLRQ ৒¾U VHLQH
Abfassung war.62 Gerade im Gegenüber zu Ps 146 und 147, die eine engge-
৒¾KUWH =LRQV7KHPDWLN DXIZHLVHQ ZDU GLH XQLYHUVDOH $XVULFKWXQJ HLQ
JUXQGOHJHQGHV0RWLY৒¾UGLH)RUWVFKUHLEXQJ
In Entgegensetzung zu Ps 148* wurde dann durch die Fortsetzung mit
Ps 149 und dem Übergangsvers Ps 148,14 der umfassende Lobaufruf an alle
Welt wieder auf Israel beschränkt und dessen besondere Rolle im Weltge-
schehen und im Blick auf das Loben JHWHs erneut betont, indem der Lob-
preis explizit den Frommen des Volkes zugeschrieben wird: Lobpreis ist nur

62‫ۍ‬:¦KUHQG LQ 3V *HVFKLFKWH XQG 6FK¸SIXQJ HQJ PLWHLQDQGHU YHUVFKU¦QNW


sind, liegt in Ps 148 der Schwerpunkt auf der Schöpfung und dem Aufruf zum Lob
der gesamten Schöpfung. Aufgrund zahlreicher Aufnahmen und Bezüge von
Ps 148,1–5.7–13 zu Ps 146f. ist davon auszugehen, dass auch Ps 148* in Kenntnis der
YRUDQJHKHQGHQ 3VDOPHQ XQG ৒¾U GLHVHQ EHUHLWV EHVWHKHQGHQ .RQWH[W YHUIDVVW
wurde und damit eine Fortschreibung von Ps 146f. darstellt. Selbst bei der weniger
wahrscheinlichen Alternative, dass Ps 148* als überlieferter Text bereits vorlag,
dann an seinen Ort im Psalter gesetzt wurde, und v. 6 und v. 14 bei der Ergänzung
zur Angleichung an den Kontext nachgetragen worden sind, ergeben sich mar-
kante Unterschiede zu den Nachbarpsalmen, die zu beachten sind.

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Friederike Neumann

in der Versammlung der Frommen vorstellbar, so die Aussage von Ps 148,14;


149.63 Betont wird außerdem das den Psalmisten nach nötige und legitime
Gerichts- und Rachehandeln an den Völkern. Die Völker und ihre Mächti-
gen sind nicht mehr – wie von Ps 148 her gelesen – Bestandteil der großen,
weltweiten Lobgemeinschaft, sondern werden kraft des Lobgesanges und
der damit gestifteten Gemeinschaft zwischen JHWH und Israel gezüchtigt
und entmachtet (Ps 149,6–9). Ps 149 erscheint so als politisch-nationaler
Gegenentwurf zur universal-harmonischen Perspektive von Ps 148. Um die-
sen harten Übergang von Ps 148 zu Ps 149 zu entschärfen, wurde – zeit-
gleich oder eher wohl in einem späteren Schritt – v. 14 als Übergang in
3VHLQJH৒¾JWGHU]XJOHLFKHLQHJUR¡H1¦KH]X3VDXIZHLVW
Durch die Ergänzung von v. 14 zeigt sich die somit wohl schon während
der Entstehung der Psalmensammlung auffallende Diskrepanz zwischen
der Völkerperspektive in Ps 148 und der in Ps 149. Damit ist möglicherweise
zugleich eine Diskussion offengelegt, die sich unter verschiedenen Positio-
nen der Tradenten abspielte: die Frage nach dem Umgang und nach dem
Verhältnis Israels mit und zu den Völkern.
Wenn die Annahme richtig ist, dass die Psalmen des kleinen Hallels
eben nicht auf einer Linie und zeitgleich an den Psalter zur Gestaltung eines
K\PQLVFKHQ (QGHV DQJH৒¾JW ZRUGHQ VLQG VRQGHUQ GDVV GLHVH 7H[WH YLHO-
mehr sukzessive dem Psalter zugewachsen sind, dann eröffnet sich eine
neue Deutungsmöglichkeit: Mit der Annahme einer sukzessiven Fortschrei-
bung des Psalterendes wird ein Diskurs über die Frage nach dem Verhältnis
Israels zu den Völkern sichtbar. In theo-politischen Dimensionen vertreten
die einzelnen Psalmen unterschiedliche Positionen im Diskurs über die Öff-
nung zu den Völkern hin. Dies wird dann auf verschiedenen Ebenen disku-
tiert und es stellt sich die Frage nach der Reichweite des Handelns Gottes:
Ist dies nur partial und exklusiv auf Israel bezogen (vgl. Ps 146,10; 147,19–
20) oder kommt diesem eine universale Perspektive zu (Ps 148,5.13; vgl.
Ps 145,964)? Ist Israel exklusiv gemeint, oder ist – in naher oder ferner
Zukunft – dann mit Israel doch auch die ganze Welt gemeint? In welchem
Horizont ist dann der Lobpreis zu erwarten, nur von Israel her (Ps 147,12;
148,14; 149,1–2) oder von der ganzen Welt (Ps 148,1–13; 150,6)? Und wie soll
sich Israel gegenüber seinen theologischen und politischen Gegnern, den
Frevlern und den Völkern, positionieren? Reicht eine theologische und
frömmigkeitsorientierte Abgrenzung von den Anderen (Ps 147,6.10f.19f.)
oder müssen die Völker selbst entmachtet werden (Ps 149,6–9)? Ist Gemein-

63‫ۍ‬6RDXFKSpieckermann, Gott (2014), 388.


64‫ۍ‬9JO]XP1HEHQHLQDQGHUYRQLQGLYLGXHOOH[NOXVLYHUXQGXQLYHUVDOHU3HUVSHN-
tive innerhalb von Ps 145 Neumann, Hymnen (2016), 87–92.

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Israel und die Völker

schaft mit den Völkern möglich oder ist bleibende Unterscheidung das
Gebot der Stunde?
Auf diese Fragen lassen sich keine einfachen Antworten finden. Dies
zeigen die Texte selbst, die möglicherweise bewusst in dieser Offenheit und
Mehrperspektivität nebeneinander gestellt worden sind. Diese Spannung
ist auch auf der Ebene von wissenschaftlicher Interpretation und Deutung
wohl nicht zu lösen. Vielmehr sind aber ein Ringen um Antworten sowie
verschiedene Positionen wahrzunehmen, die diese Psalmen am Ende auf-
zeigen. Diese letzten Psalmen des Psalters (und mit ihnen wohl andere, vgl.
u.a. Ps 137–139) weisen einen theologisch-politischen Diskurs auf und zwar
insbesondere im Blick auf das Verhältnis Israels zu den Völkern.
Eine Position innerhalb dieses Diskurses versteht die Hinwendung
]XP=LRQXQGGDPLW]X*RWWDOV9RUDXVVHW]XQJ৒¾UGLH,QWHJUDWLRQLQGHQ
universalen Lobpreis. Wie es mehrfach im Alten Testament heißt (vgl. z.B.
-HVۙ JHKW7RUDYRP=LRQDXVXQGQLFKWQXU৒¾U,VUDHOVRQGHUQDXFK
৒¾UGLH9¸ONHU65 Wird die Verschränkung der frömmigkeitstheologischen
Perspektive mit der politisch-nationalen Perspektive wahrgenommen,
dann geht es im Blick auf eine Tora-Frömmigkeit nicht mehr um „ganz
,VUDHOۢVRQGHUQQXUXPHLQH7HLOPHQJHGLH]XGHP৒¾UGLH,QWHJUDWLRQGHU
Gerechten aus den Völkern bereit ist (vgl. auch Ps 138,4, wo das Hören des
J¸WWOLFKHQ:RUWHV*UXQG]XP/RE৒¾UGLHۤ.¸QLJHGHU(UGHۢLVW 66 Offen-
sichtlich gab es die Vorstellung, vertreten von einer frommen Gruppe
innerhalb Israels, die – bei Hinwendung derer aus den Völkern hin zu
-+:+ۙHLQH,QWHJUDWLRQLQGDVZDKUH*RWWHVYRON৒¾UP¸JOLFKKLHOW6RPLW
erklärt sich im Umkehrschluss die dreifache Abgrenzung in Ps 147: von
den Gottlosen, den Eigenmächtigen, den (toralosen) Völkern. Aber in
Demut und Gottesfurcht, unter Verzicht auf die eigene Macht und Stärke,
und schließlich unter Anerkennung des Wortes vom Zion, der Tora, ist
dann ein gemeinsamer Lobpreis denkbar.67 Dann zählt nicht mehr die Eth-

65‫ۍ‬9JOGD]XLQVJHVDPWDXFKFischer, Tora (1995), sowie oben Anm. 24.


66‫ۍ‬9JOBerges, Zionstheologie (2000), 192.
67‫†ۍ‬KQOLFKDXFK3VZRLQGHQ5DKPHQWHLOHQ Y YRP-XEHOGHU9¸ONHUXQG
der Versammlung der Edlen der Völker zum Volk des Gottes Abrahams gesprochen
wird; dazwischen ist im Mittelteil (v. 3–4.9) aber von der Unterwerfung der Völker
unter Israel und der Königsherrschaft Gottes über die Völker die Rede. Es bleibt
also auch in Ps 47 eine Spannung erkennbar, die zwischen universal und partikular,
zwischen Gemeinschaft mit und Abgrenzung von den Völkern nicht aufgelöst
wird. Vgl. Körting, Israel (2012), 310; Ego, Völkerchaos (2013), 127f. Wahrscheinlich
stehen bei Ps 47 auch literarkritisch zu unterscheidende Fortschreibungen im Hin-
tergrund. In Ps 47 verschmelzen wie im Hallel verschiedene terminologische Ebe-
nen: Die politische und die kultische Kategorie werden miteinander verschränkt,
indem die Völker „zur Teilnahme am Festgottesdienst Israels gerufen [werden],

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Friederike Neumann

nie allein und als solche, sondern das Ethos, die Hinwendung zu JHWH,
die dann – nach den Psalmen (und auch nach Jesaja) – im Lobpreis
geschieht und erkennbar wird.68 „Dem einzigen Schöpfergott gebührt ein
Kult auf seinem heiligen Berg, der nicht mehr von Israel allein, sondern
nur noch von den Gerechten aus Israel und den Völkern vollzogen werden
kann.“69 Diese Möglichkeit der Integration, wie sie vor allem in späten
Jesajatexten repräsentiert wird, ist eine weitere Stimme im Diskurs über
die Frage nach dem Verhältnis von Volk und Völkern.

3.2 Der Lobpreis der Völker und der entstehungsgeschichtliche


Hintergrund des kleinen Hallels

1DFKGLHVHQ$XV৒¾KUXQJHQ¾EHUGHQ'LVNXUVۤ,VUDHOV/RESUHLVRGHU/RE-
preis der Völker“ ist nun abschließend auf den theologiegeschichtlichen
Hintergrund der Psalmen und damit auf die entstehungsgeschichtliche
Einordnung der Texte einzugehen. Auch wenn die Datierung von Psalmen
grundsätzlich schwierig ist, lässt sich doch etwas zum Abschluss des Psal-
ters und damit dann auch zu den besprochenen Psalmen sagen.
Beate Ego hat jüngst noch einmal die Entwicklung der Vorstellung
vom Völkerchaos hin zum Völkerkosmos dargestellt und auch theologiege-
schichtlich eingeordnet.70 Nach Ego sind die Voraussetzungen einer Öff-
nung hin zu den Völkern in friedvoller Absicht wohl in der persischen
Reichspolitik zu sehen, deren Fortsetzung und Steigerung sich dann bis in
die hellenistische Zeit hinein beobachten lässt.71 Die Vorstellung des einen
universalen Schöpfergottes bringt die Vorstellung einer Völkerwallfahrt

aber eben mit dieser Teilnahme auch zur politischen Anerkenntnis Jahwes als ihres
Oberherrn,“ so Jeremias, Königtum (1987), 66; vgl. auch Ego, Völkerchaos (2013),
128. Bei aller inklusiven Perspektive, die den Völkern in Ps 47 gilt, bleibt festzuhal-
ten, dass „die Völker“ vor allem durch ihre Opposition zum Volk Israel bestimmt
sind. Vgl. dazu auch Körting, Israel (2012), 313, die zudem darauf hinweist, dass die
KHEU¦LVFKHQ%HJULIIH৒¾Uۤ9¸ONHUۢLQ3VJHPLVFKWXQGSDUDOOHOYRUNRPPHQY
-'/3; v. 4: -'/+; v. 9: -'#; v. 10: -'/3''1. Ganz vergleichbar werden in den Hallel-
3VDOPHQ HEHQIDOOV PHKUHUH %HJULIIH ৒¾U GLH 9¸ONHU SDUDOOHO YHUZHQGHW YJO GD]X
oben. Es zeigt sich also sowohl in Ps 47 als auch in den Hallel-Psalmen eine allge-
meine Opposition von Volk und Völkern; betont wird der chiffrenartige Charakter
der Völker als „die Anderen“ im Gegenüber zum Volk Israel.
68‫ۍ‬9JOBerges, Zionstheologie (2000), 189.
69‫ۍ‬Berges, Zionstheologie (2000), 189 [Hervorhebung im Original].
70‫ۍ‬9JOEgo, Völkerchaos (2013); außerdem grundlegend Steck, Friedensvorstellun-
gen (1972).
71‫ۍ‬9JOEgo, Völkerchaos (2013), 136f.; vgl. zur Entwicklung der Völkerwallfahrt in
Jesaja in nachexilischer Zeit auch Berges, Zionstheologie (2000), bes. 188–190.

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Israel und die Völker

zum Zion mit sich, denn JHWH ist dann nicht mehr nur Gott Israels, son-
GHUQDOVHLQ]LJHU*RWWHUK¦OWHUXQLYHUVDOH%HGHXWXQJ৒¾UXQG$QVSUXFKDXI
die Völker. Die Texte postulieren – durchaus in herrschaftskritischem Ton
und gegen die Perser gerichtet – den Gott Israels als den wahren Herrscher
über die Welt (und nicht den persischen Großkönig). Die theologische
Konzeption einer Völkerwallfahrt stellt dabei aber nicht eine allgemein
und überall gültige Überzeugung dar.72 So bemerkt Ego zu Recht:

Das Motiv einer Partizipation der Völker am Kult auf dem Zion und einer Aner-
kennung der Königsherrschaft JHWHs ist darüber hinaus aber auch ein
Gedanke, der in historischer und theologischer Hinsicht eine enorme Spreng-
NUDIWEHVHVVHQKDWXQGGHULQVJHVDPW]XHLQHUJHZLVVHQ3RODULVLHUXQJ৒¾KUWH73

Demzufolge lässt sich in den verschiedenen Traditionen des Alten Testa-


ments quer durch alle Textbereiche ein Diskurs über die Frage nach dem
Verhältnis Israels zu den Völkern erkennen.
Zu Beginn des 3. Jh., im Zusammenhang der aufkommenden Helleni-
sierung, lässt sich insgesamt eine weiter zunehmende Öffnung gegenüber
den Völkern und deren Einbeziehung in das Heil beobachten.74 Entspre-
chend zeigt sich in hellenistischer Zeit die Frage nach der Identität des
eigenen Volkes und der Abgrenzung von den Völkern, nach Feindschaft
und Freundschaft und damit letztlich auch die Frage nach Kampf, Wider-
stand, Frieden und Integration als bleibende Herausforderung.75 Letztlich
hat wohl auch die unterschiedliche Auffassung in Hinsicht auf die Öffnung
GHV9RONHV৒¾UGLH9¸ONHU]XGHQUHOLJLRQVSROLWLVFKHQ$XVHLQDQGHUVHW]XQ-
JHQ LP 5DKPHQ GHU PDNNDE¦LVFKHQ .ULVH JH৒¾KUW 'DEHL LVW GLHVH .ULVH
nicht primär als Konflikt zwischen Juden und Griechen zu verstehen, son-
dern vornehmlich als innerjüdische Auseinandersetzung – eben als
zunächst literarischer Diskurs und sodann auch als militärischer Konflikt
unter anderem um die Frage der Integration der Völkerwelt in die eigene
Religion.76

72‫ۍ‬6R VLQG EHLVSLHOVZHLVH GLH %¾FKHU (VUD XQG 1HKHPLD DOV *HJHQNRQ]HSWH ]X
verstehen, die sich in mehrfacher Hinsicht gegen eine Integration und gegen jegli-
FKHQ (LQIOXVV YRQ )UHPGHQ XQG VRPLW ৒¾U GLH $EJUHQ]XQJ YRQ GHQ 9¸ONHUQ ]XU
Identitätswahrung aussprechen, vgl. u.a. Berges, Zionstheologie (2000), 178f.
73‫ۍ‬Ego, Völkerchaos (2013), 137.
74‫ۍ‬9JO]%Wöhrle, Abschluss (2008), 351–354; Hagedorn, Spiegel (2011), 307f.
75‫ۍ‬9JOKLHUDXFKGLHDX¡HUELEOLVFKHXQG]ZLVFKHQWHVWDPHQWOLFKH/LWHUDWXUGD]X
oben Anm. 45; vgl. auch Haag, Zeitalter (2003), bes. 30–32; sowie auch Hagedorn,
Spiegel (2011), 290.
76‫ۍ‬9JO GD]X XD Ego, Völkerchaos (2013), 138f.; Albertz, Religionsgeschichte
(1997), 591–605; Kratz, Israel (2013), 72–78.

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Friederike Neumann

Die Psalmen des kleinen Hallels und mit ihnen auch der Abschluss der
gesamten Psalmensammlung ist nun genau in diese Zeit des späten 3. Jh.
bis zum Beginn des 2. Jh. zu datieren77 und damit vor dem Hintergrund
eines Diskurses zu verorten, der sich immer weiter zuspitzt, bis er dann
schließlich in der makkabäischen Krise eskaliert. Schon in den Jahrzehnten
davor zeichnet sich bereits die Frage nach dem Umgang mit den Völkern
ab – und wird unter anderem am Ende des Psalters diskutiert: Rufen die
Psalmen zu einem Lobpreis auf, der allein Israel vorbehalten ist, oder kann
sich der hymnische Lobpreis auf die Völker hin öffnen? Und wenn ja, unter
welchen Bedingungen ist dies denkbar? Reicht allein das Geschaffensein
der Schöpfung aus, um den Schöpfergott zu loben, oder ist eine (toraorien-
tierte) Frömmigkeit Voraussetzung?78 Diese und andere mehr sind die Fra-
gen der Theologen, die den Abschluss des Psalters gestaltet haben. Und es
liegt nahe, dass verschiedene Meinungen hier eingeflossen sind und somit
]XHLQHU)RUWVFKUHLEXQJGHV(QGHVLQPHKUHUHQ6WXIHQJH৒¾KUWKDEHQ79
Dass diese Frage nach den Völkern bedeutend war, zeigen auch Fort-
schreibungen im Zwölfprophetenbuch, die in das 3. Jh. datiert werden und
die die Einbindung der Völker in das Heilsgeschehen Gottes unter Bewah-
rung und Bekräftigung der eigenen Tradition und Theologie bedenken
(vgl. insb. auch das Jonabuch). In späten prophetischen Texten wird die
Zionstheologie universalisiert, indem das Heil vom Zion her nun nicht
mehr auf das eigene Volk beschränkt ist, sondern darüber hinaus auch
Angehörige der Völker mit hineinnimmt – unter der Voraussetzung der
Hinwendung zu JHWH (vgl. z.B. Sach 14,16–19).80 Somit werden die
Völker auf der einen Seite nicht mehr grundsätzlich und pauschal als
Feinde und Gegner vorgestellt, sondern es wird sogar eine Gemeinschaft
mit den Völkern erwogen – aber nur unter den Bedingungen der Aner-

77‫ۍ‬9JO Neumann, Hymnen (2016), 475; sowie auch Hossfeld/Zenger, Psalmen


(2008), 809; Zenger datiert die Hallelujah-Redaktion, die seiner Meinung nach auch
das Hallel als Abschluss gestaltet hat, zwischen 200 und 150 v. Chr. Er hält aller-
GLQJVDXFKVFKRQGDV-K৒¾UP¸JOLFK†KQOLFKGDWLHUW]%DXFKSchmid, Literatur-
geschichte (2014), 204f., den Abschluss des Psalters in das 2. Jh. in Aufnahme von
Steck, Abschluß (1991), 157–166.
78‫=ۍ‬XU DXINRPPHQGHQ 7RUD)U¸PPLJNHLW GLH GXUFKDXV 3URYRNDWLRQHQ KHUYRU-
rief, vgl. auch Albertz, Religionsgeschichte (1997), 623–633, bes. 632.
79‫ۍ‬9JOGD]XREHQVRZLHDXV৒¾KUOLFKNeumann, Hymnen (2016), 429–444.
80‫ۍ‬9JO GD]X XQG ]XU $QQDKPH HLQHU ۤ+HLO৒¾UGLH9¸ONHU%HDUEHLWXQJۢ Wöhrle,
Abschluss (2008), 335–361; vgl. mit Unterschieden auch Hagedorn, Spiegel (2011),
ۙ†KQOLFKHVJLOW৒¾UGLH3VDOPHQYJOGD]XKörting, Israel (2012), 319: „Die
Hinwendung Israels zu den Völkern zieht sich durch das Zeugnis der Psalmen. Die
Unterscheidung zwischen Israel und den Völkern bleibt jedoch bestehen.“

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Israel und die Völker

kennung JHWHs als des Herrn der Welt. Umgekehrt gilt bei fehlender
Zuwendung zu JHWH den Völkern nach wie vor das Gericht Gottes.81
Nach zwei völkerfeindlichen Bearbeitungen im 4. und bis zur Wende zum
3. Jh. lässt sich im Zwölfprophetenbuch eine Fortschreibung aus dem 3. Jh.
DQQHKPHQGLHDXVGU¾FNOLFKGDV+HLODXFK৒¾UGLH9¸ONHUYRUVLHKW82 Damit
erfolgt die Auseinandersetzung um die Frage nach den Völkern auf jeweils
unterschiedlichen literarischen Stufen. Was also nach diesen Beobachtun-
gen über gut 100 Jahre hinweg zeitlich nacheinander geschieht, zeigt sich
am Ende des Psalters auf engstem Raum nebeneinander und parallel. Der
Diskurs über Israel und die Völker war also im ausgehenden 3. Jh. noch
längst nicht beendet und spitzt sich dann u.a. im Kontext des Lobpreises
zu, der als exklusives oder inklusives Geschehen verstanden wird. So lässt
sich die Entstehung der Psalmen des kleinen Hallels gut vor dem Hinter-
grund der theologisch-politischen Kontroverse der hellenistischen Zeit
verstehen.
Der Diskurs über Israel und die Völker stellt sich als vielschichtig und
kontrovers dar. In zahlreichen Texten und Traditionen des Alten Testa-
ments lässt sich die Diskussion um Abgrenzung von oder Gemeinschaft
mit den Völkern beobachten, die sich literarisch in Fortschreibungen und
redaktionellen Ergänzungen durch die Zeiten hindurch niedergeschlagen
hat. Bereits Ps 138 mit seinem Lobaufruf an die Völker erweist sich als
Fortschreibung des völkerfeindlichen Ps 137. Beide Psalmen zeigen also
verschiedene Auffassungen im Kontext der Beziehung zwischen Israel und
den Völkern. Ebenso lassen sich kontroverse Positionen in den Psalmen
des kleinen Hallels nachweisen. Allein die drei Psalmen 147–149 bestim-
men das Gegen- bzw. Miteinander von Volk und Völkern sehr verschieden.
Damit lässt sich ein literarischer Diskurs erkennen, der ein theologisches
Ringen und politisches Verhandeln während des 3. Jh. in zunehmend helle-
nistisch geprägter Gesellschaft widerspiegelt und der dadurch geprägt ist,
aus verschiedenen Perspektiven die Identität der eigenen Volksgemein-
schaft gegen andere Einflüsse zu bewahren und gleichzeitig eine Möglich-
keit der Öffnung hin zu den Völkern, „den Anderen“, theologisch zu
begründen. Dabei zeigen sich Abgrenzungen auf verschiedenen Ebenen,
innerhalb der eigenen frommen exklusiven Gemeinschaft und darüber hin-
aus in weltpolitischen Zusammenhängen.

81‫ۍ‬9JOGD]XWöhrle, Abschluss (2008), 354–358.


82‫ۍ‬9JO GD]X LQVJHVDPW GLH 6WXGLH YRQ Wöhrle, Abschluss (2008); sowie Albertz,
History (2012), etwas anders Hagedorn, Spiegel (2011).

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Friederike Neumann

4. Überwindung der Feindschaft im Lobpreis

Eine Frage, die sich am Ende noch zu stellen lohnt, ist: Lässt sich bei aller
Vielfalt und trotz aller Unterschiede im Blick auf den Umgang mit den
Völkern doch auch eine gemeinsame Linie in den vorgestellten Psalmen
erkennen? In diesem Zusammenhang ist es bedeutend, den Ort des Diskur-
ses wahrzunehmen: Es ist nach dem literarischen Ort, nach der literari-
schen Gestalt zu fragen, in denen uns das Thema präsentiert wird. Ohne
Zweifel sind die Psalmen 146–150 Lobpsalmen bzw. Hymnen, deren Haupt-
DQOLHJHQGDV/RE-+:+VLVW*HPHLQVDPLVWGHQ৒¾QI7H[WHQVRGDQQGLH
Halleluja-Rahmung und die Prägung durch das Verb ++! („loben“).
$XFK৒¾U3VGHQY¸ONHUIHLQGOLFKVWHQ3VDOPGHU*UXSSHLVWOHW]W-
lich der Lobpreis die Grundbestimmung. Und bei aller kämpferisch gepräg-
ten Formulierung zeigt dieser Psalm zugleich ganz deutlich, wem hier der
Kampf auferlegt wird: der demütigen Lobgemeinschaft. Macht zur Bekämp-
fung der Macht der Völker und ihrer Könige kann nur von JHWH selbst
herkommen – denn die Kämpfenden sind von sich aus machtlos, ohnmäch-
tig. Erst durch den Lobpreis wird die Gemeinschaft konstituiert, die dann
DXFK ]XP PDFKWYROOHQ 5DFKHKDQGHOQ EH৒¦KLJW ZHUGHQ 6RPLW ]HLJW DXFK
Ps 149: An erster Stelle steht der Lobpreis, und nur im Lobpreis kommt es
zur Umkehrung der Macht und letztlich ganz zum Ende aller Hierarchien
XQG0DFKWJH৒¾JH
In theo-logischer Perspektive kann im Loben dann alle Feindschaft
überwunden werden, indem JHWH allein die Ehre gegeben wird und ihm
auch alle Feindschaft und Rache überlassen wird (so z.B. Ps 13783) oder
indem sie durch das aufgeschriebene, rechtmäßige göttliche Gericht getilgt
wird (so z.B. Ps 149,9). In schöpfungstheologischer Hinsicht wird Feind-
schaft im Loben überwunden, indem die lobende Gruppe sich ihrer Ver-
bundenheit als Geschöpfe Gottes bewusst wird (so Ps 148,5). Diese dop-
pelte Begründung der Überwindung von Feindschaft im Loben in theo-
logischer wie in schöpfungstheologischer Perspektive wird in Psalm 150
dann aufgenommen.

83‫ۍ‬$XFKLQ3VEOHLEWHVOHW]WOLFK*RWWHV5DFKHLQGHP*RWWDQGLH9HUZ¾VWXQ-
gen Jerusalems durch Babel und unterstützt durch Edom erinnert wird. Es geht in
all diesen Psalmen immer um das Gotteshandeln an den Feinden, es sind letztlich
Gottes Feinde (vgl. z.B. Ps 139,20). Vgl. auch Zenger, Gott der Rache (2003), 108–113;
Hossfeld/Zenger, Psalmen (2008), 697, 701. Die Psalmen stellen damit keinen Aufruf
zu (menschlicher) Rache und Gewalt dar. Zugleich ist der Lobpreis aber auch ein
Ort, wo gerade auch die Klage über Gegner und Feinde bis hin zu Rachewünschen
Platz finden kann.

332
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Israel und die Völker

Mit Ps 150, auf den bisher noch nicht weiter eingegangen wurde, ist
nun das Ende des Hallels und zugleich auch das Ende des gesamten Psal-
ters erreicht.84 Auch wenn dieser Psalm der letzte des Psalters ist, klingt
dieser Text so gar nicht nach Ende und Abschluss. Die durchgehende Auf-
forderung zum Lob betont vielmehr die Offenheit und Unabgeschlossen-
heit des Gotteslobs. Auf singuläre Art und Weise innerhalb des Alten Tes-
taments stellt Ps 150 einen Psalm dar, der allein auf das Loben Gottes
ausgerichtet ist. So tritt am Ende des Psalters die eigentliche Zielbestim-
mung der Psalmen, das reine Gotteslob, noch einmal in prägnanter Form
KHUYRU$OOHDQGHUHQ$VSHNWHNRQNUHWH*U¾QGH৒¾UGDV/REHQRGHUDXFK
die Frage, wer denn loben soll und darf, geraten in den Hintergrund, wenn
der Psalm mit diesem Ausruf in v. 6 endet:

Ps 150,6
Alles, was Atem hat, lobe JH!
Halleluja!

Damit greift Ps 150,6 die schöpfungstheologisch zentrale Aussage von Gen


2,7 auf, wo der Mensch durch die göttliche Gabe von -''%=/f1 zum leben-
digen Wesen wird.85 Nur hier ist ein Adressat der zuvor vorgebrachten
Aufforderungen und damit ein Subjekt des Lobpreises genannt. Durch die
recht unspezifische Formulierung „aller Atem“ (!/f1!+)) wird eine große
Anzahl an Lobenden „als eine einzige Größe gesehen; ihr gemeinsames
Tun macht sie zu einem einzigen großen Subjekt.“86 Der Lobauftrag geht
dabei über die fromme Gemeinde hinaus und nimmt damit eine ganz
andere Bestimmung vor als noch Ps 149,1. In Ps 150 ist es nicht die am
Tempel oder sonst irgendwo versammelte Gemeinschaft JHWHs, die hier
im Blick ist, sondern die Perspektive geht viel weiter über jede kultisch-
fromme Kategorisierung und über jede national-politische Gruppierung
hinaus. Entsprechend schränkt Ps 150 den Lobpreis auch nicht auf das Got-
tesvolk ein, wie Ps 147,19f. durch das Gesetz, sondern sieht die Grundlage
৒¾UGDV/REHQDOOHLQLQGHU$WPXQJV৒¦KLJNHLWXQGVFKOLH¡WGDUXPDXFKGLH
Völker und ihre Angehörigen potenziell mit ein. Damit nimmt Ps 150
wiederum eine andere Position ein als die vorangehenden Psalmen87 und

84‫ۍ‬9JO]XP)ROJHQGHQLQVJHVDPWNeumann, Hymnen (2016), 380–425, dort auch


weitere Literatur.
85‫ۍ‬9JO]XU$EK¦QJLJNHLWYRQ3VYRQ*HQXQG]XU'HXWXQJYRQ!/f1!+)
insgesamt ebd., 414–418, sowie bereits schon Koch, Überlegungen (1991), bes. 242;
Zenger, Perspektiven (2008), 570f.
86‫ۍ‬Zenger, Mauern (2003), 63.
87‫'ۍ‬XUFKGLH(LQJUHQ]XQJGHV/RESUHLVHVDXIGLHPLW$WHPEHJDEWHQ0HQVFKHQ
unterscheidet sich Ps 150 nochmals von dem universalen Konzept des Lobpreises in

333
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Friederike Neumann

৒¾KUWGHQ'LVNXUV¾EHUGLH9¸ONHUHLQH5XQGHZHLWHUۙXQGEHK¦OWGDEHL
schließlich das letzte Wort.
Während in den anderen Hallel-Psalmen noch konkrete Gruppen
EHQDQQW ZHUGHQ GLH GHQ /RESUHLV DXV৒¾KUHQ VROOHQ RGHU GLH ]XPLQGHVW
namentlich genannt werden (Israel und Jakob, Zion und Jerusalem, Fromme
und Gerechte, belebte und unbelebte Elemente der Schöpfung), tritt in
Ps 150 alles Partikulare zurück; es gibt keine Eigennamen oder Personen-
gruppen mehr.88 Allein der Name Gottes wird genannt und so zur Ehre
gebracht (vgl. die besondere Kurzform JH ganz am Ende des Psalms). Damit
erhält der Psalm eine spezifisch theo-logische Ausrichtung. Am Ende des
Psalters steht ein Hymnus, der keine Grenzen und keine Beschränkungen
kennt, der weder an Ort noch an Zeit gebunden ist. Er nennt nicht Art oder
Form, nicht Personen, weder Volk noch Völker. Sondern Ps 150 bedenkt
nur noch das Loben JHWHs als solches: Das Loben wird so alles in allem,
weil alles, was lebt und atmet, zum Lobe Gottes dient und klingt.89

5. Fazit

Die vorgestellten Psalmen, insbesondere die Psalmen des kleinen Hallels


am Ende des Psalters, bestimmen die Feinde der Beter in sehr unterschied-
lichen Perspektiven: Die Gruppe der Beter, im Selbstverständnis fromm
und demütig, grenzt sich zum einen gegenüber den Frevlern ab. Parallel
dazu und damit verschränkt findet sich hier zum anderen eine Abgrenzung
Israels gegenüber den Völkern; ja, sogar die Rache an den Völkern wird
vorgebracht. Theologische und national-politische Grenzbestimmungen
greifen ineinander; Scheidungen innerhalb des Volkes gehen über in Dis-
tanzierungen nach außen. Neben den vielen auch kriegerischen Abgren-
zungen gibt es aber auch die friedvolle Inklusion der Völker in den univer-
salen Lobpreis, der die ganze Schöpfung umfasst.90
Die Psalmen zeigen also einen vielstimmigen Diskurs über die Frage,
wie das Verhältnis der Beter zu ihren Feinden und damit das Verhältnis

Ps 148, wo selbst unbelebte Elemente in die Lobpreisgemeinschaft eingebunden


werden. Der unterschiedliche Adressatenkreis der Lobaufforderungen spricht
gegen eine enge Verbindung von Ps 148 und 150 und macht auch eine ursprüngli-
FKH1DFKEDUVFKDIWYRUGHU(LQ৒¾JXQJYRQ3V YJO/HXHQEHUJHU ZHQLJZDKU-
scheinlich, vgl. Neumann, Hymnen (2016), 416f., dazu auch oben Anm. 57.
88‫ۍ‬9JOGD]XMathys, Psalm CL (2000), 343.
89‫=ۍ‬XU(QWVFKU¦QNXQJGHV+\PQXVLQ3VYJONeumann, Hymnen (2016), 420–
424.
90‫†ۍ‬KQOLFKDXFKVFKRQZenger, Perspektiven (2008), 579.

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Israel und die Völker

Israels zu den Völkern zu bestimmen und dann auch zu gestalten ist. Dieser
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These im Blick auf die Komposition des kleinen Hallels. Denn an der
Widersprüchlichkeit der nebeneinander stehenden Psalmen zeigt sich,
dass die Psalmengruppe in ihrer Zusammenstellung nicht kohärent und
nicht als Einheit zu lesen ist. Sie stammt darum wohl auch eher nicht von
einer redaktionellen Hand, sondern ihre Zusammenstellung ist vielmehr
Ergebnis von kontroversen, theologisch-politischen Auseinandersetzun-
gen. Die Psalmen des kleinen Hallels sind daher sehr wahrscheinlich suk-
zessive dem Ende des Psalters zugewachsen. In ihrer Vielschichtigkeit
spiegeln sie einen Diskurs aus hellenistischer Zeit wider, der sich in der
Frage nach Öffnung des Volkes zu den Völkern hin beispielhaft darstellen
lässt. Verschiedene Positionen haben zu einem Prozess der Fortschreibung
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den Lobaufforderung an „alles, was Atem hat“ in Ps 150 gefunden hat.

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